Mittagsjournal 1990.09.22

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Schönen Samstag und willkommen bei Mittagschanal.
    Louis Glück führt Sie heute durch die Sendung und das sind unsere Themen.
    Staatsvertrag, Neutralität und Souveränität aus der Sicht des Völkerrechtlers Professor Manfred Rotter, er ist heute im Journal zu Gast.
    Eine Presseschau und eine Franitzki-Stellungnahme zu Koalitionskombinationen.
    Ein Symposium über Kärnten und seine Slowenen.
    Die Debatte um die sowjetische Wirtschaftsreform, eine fast schon unendliche Geschichte.
    Eine Kontroverse in Frankreich um den Film »Die Österreicherin«, es geht um Marie Antoinette.
    Und eine Ausstellung in Wien über die Fluxusbewegung, eine der wichtigsten Kunstströmungen der 60er Jahre.
    Vorerst aber sind Elisabeth Mahners und Josef Hensel-Natek am Wort, die Redakteurin und der Sprecher der Nachrichten.
    USA nahe Osten.
    Der amerikanische Präsident Bush hat gelassen, auf die Drohung des irakischen Staatschefs Saddam Hussein reagiert, der Irak werde bis zum Endsieg kämpfen.
    Bush sagte, ein Krieg mit dem Irak sei weiter vermeidbar.
    Er glaube, Saddam Hussein werde unter dem Druck der UNO-Sanktionen in der Auseinandersetzung um das besetzte Kuwait nachgeben.
    Als Beweis dafür, dass Saddam Hussein zur Änderung seiner Haltung fähig ist, führte Bush die Verständigung des Iraks mit dem Iran nach dem acht Jahre dauernden Golfkrieg an.
    Der syrische Präsident Assad will den Iran zu einer anti-irakischen Haltung im Golfkonflikt bewegen.
    Assad reist heute nach Teheran.
    Syrien, einer der engsten Verbündeten des Irans, hat den irakischen Einmarsch in Kuwait scharf verurteilt und Truppen zur Unterstützung Saudi-Arabiens entsandt.
    Im Iran gibt es widersprüchliche Reaktionen.
    Einerseits ist man gegen die Eroberung Kuwaits, andererseits wird der westliche Truppenaufmarsch vor allem von geistlichen Führern verdammt.
    Die Folgen der Golfkrise für das Wirtschaftswachstum sind das beherrschende Thema der Internationalen Währungskonferenz, die heute in Washington beginnt.
    Eine Studie der Weltbank hält einen weiteren Anstieg der Rohölpreise für möglich.
    Derzeit kostet Rohöl 33 Dollar pro Fass.
    Im Falle eines Krieges am Persischen Golf könnte der Preis innerhalb von nur 15 Monaten auf 65 Dollar je Fass steigen.
    Bulgarien
    Ministerpräsident Lukjanov hat von der Gefahr eines Bürgerkrieges in seinem Land gesprochen.
    In Anspielung auf die Opposition, sagte Lukjanov, es gebe Kräfte in Bulgarien, die ihre Rolle einzig und allein in außerparlamentarischen Aktionen sehen.
    Diese Gruppen verschärften die Konfrontation und provozierten die Gefahr von Blutvergießen.
    Sowjetunion.
    Mehrere konservative Parteien und Gruppierungen in der Sowjetunion wollen einen sogenannten antikommunistischen Block gründen.
    Ziel der Organisation ist es nach Worten eines ihrer Sprecher, die kommunistische Ideologie auf parlamentarischem Weg auszurotten.
    Deutsche Soldatenfriedhöfe in Stalingrad sollen mit deutscher Hilfe wieder hergerichtet werden.
    Außerdem will man bisher unzugängliche Archive öffnen, damit das Schicksal vermisster Soldaten aufgeklärt werden kann.
    Diese Zusicherungen erhielt der ehemalige Mainzer Oberbürgermeister Fuchs bei einem Besuch in der Sowjetunion.
    Fuchs sagte, in spätestens einem Jahr sollen die Angehörigen gefallener deutscher Soldaten ihre Toten auf diesen neugestalteten Friedhöfen ehren können.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Die zwei mit 100.000 amerikanischen Giftgasgranaten beladenen Spezialfrachter sollen den Hafen von Nordenham heute Nachmittag verlassen.
    Schwere Nordweststürme über der Nordsee haben das schon für Mittwoch vorgesehene Auslaufen der Schiffe verhindert.
    Die Giftgasgranaten sollen auf einem Atoll im Südpazifik vernichtet werden.
    Schweiz.
    In der Schweiz gibt es an diesem Wochenende eine Abstimmung über die Zukunft der Nutzung der Atomenergie.
    Umweltschützer treten für den Ausstieg aus der Kernenergienutzung ein, die Regierung lehnt dies ab.
    In diesem Sinn äußerte sich auch der Schweizer Energieminister Albert Ogi in der Sendung Zeit im Bild 2.
    Ogi konnte auch den Plan von Bundeskanzler Franitzki wenig abgewinnen, in Mitteleuropa eine atomkraftfreie Zone zu schaffen.
    Jugoslawien.
    Mit der Umweltsituation in Ost- und Südosteuropa befasst sich ab heute eine UNO-Sonderkonferenz in Dubrovnik.
    Mehr als 100 Experten aus Wirtschaft und Umweltschutz nehmen an der Tagung teil.
    Zum ersten Mal auch Vertreter Albaniens.
    Zehn betroffene Länder haben ihre Umweltbelastungen gegenüber den Vereinten Nationen offengelegt.
    Demnach wird die Luft vor allem durch ungefilterte Abgase aus Kohle- und Ölkraftwerken sowie Fabriken belastet.
    Frankreich.
    An der südfranzösischen Mittelmeerküste und auf Corsica wüten verheerende Waldbrände.
    Tausende Hektar Wald stehen in Flammern.
    Die Brände werden durch starken Miststrahlwind mit Geschwindigkeiten bis zu 100 Kilometern in der Stunde immer wieder angefacht.
    Hunderte Menschen mussten in diesen Gebieten bereits evakuiert werden.
    Nordirland.
    Bei Zusammenstößen zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland sind in der Nacht auf heute 15 Menschen verletzt worden.
    In Belfast kam es zu einer Geiselnahme.
    Vier maskierte, bewaffnete Männer drangen in ein Haus ein und hielten stundenlang sechs Bewohner fest.
    Sie schossen auf einen Beobachtungsposten der Armee und konnten dann entkommen.
    Das waren die Meldungen.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im Osten Österreichs teilweise aufgelockerte, sonst aber veränderliche bis starke Bewölkung und strichweise Regen oder Regenschauer.
    Mäßiger bis lebhafter Wind aus westlicher Richtung.
    Nachmittagstemperaturen heute Samstag 14 bis 19 Grad, Frühtemperaturen morgen 7 bis 13 Grad.
    Hier die Wetteraussichten für morgen Sonntag.
    Im Westen und Südwesten Bewölkungsverdichtung, nachfolgend strichweise Regen.
    Im übrigen Bundesgebiet meist noch aufgelockerte Bewölkung.
    Temperaturanstieg im Gebirge.
    Wind aus Südwest bis West, Tageshöchsttemperaturen am Sonntag 17 bis 22 Grad.
    Das Wetter übermorgen Montag verbreitet Störungseinfluss und Temperaturrückgang in allen Höhen.
    Die Messwerte von heute 12 Uhr Mittag.
    Wien stark bewölkt 12 Grad, Eisenstadt bedeckt 12, St.
    Pölten stark bewölkt 13, Linz bedeckt Nieseln 10 Grad, Salzburg bedeckt leichter Regen 11 Grad, Innsbruck stark bewölkt 11, Bregenz stark bewölkt 16 Grad, Graz bedeckt 11 Grad und Klagenfurt stark bewölkt bei 14 Grad.
    12 Uhr 7 beginnen wir im Inland, beginnen wir beim Wahlkampf zunächst mit einer aktuellen Stellungnahme.
    Zu Koalitionskombinationen hat heute nämlich Bundeskanzler und SPÖ-Chef Franz Franitzki Stellung genommen.
    Es ging um das Thema rot-blaue Koalition.
    Franitzki hat ja ein Zusammengehen mit FPÖ-Chef Haider schon vor Jahren ausgeschlossen.
    Dazu sagte er heute in Klagenfurt.
    Ich habe ja, was die Person des Herrn Dr. Haider betrifft, 1986 mich klar entschieden.
    Meine Partei hat
    diese Entscheidung voll unterstützt und daran hat sich nichts geändert, weder an meiner persönlichen Einstellung noch an der Meinung der Partei dazu.
    Sollte es ein anderer Exponent der Freiheitlichen Partei sein, dann würde ich eben mir sehr genau überlegen, in welcher unmittelbaren Abhängigkeit zu Heider diese Frau oder dieser Mann stehen und welche
    welchen autonomen Entscheidungs- und Handlungsspielraum so jemand hätte, um in einer Bundesregierung mitarbeiten zu können.
    Das heißt, das hängt vom Fall ab.
    Kein dezidiertes Nein im Voraus, solange die Person und auch das Programm und die politische Haltung dieser Person nicht bekannt ist.
    Franziskis Absage also an einen Koalitionspartner Haider, aber nicht an einen potenziellen Koalitionspartner Freiheitliche Partei unter einem anderen Vizekanzler.
    Morgen in zwei Wochen also sind fünfeinhalb Millionen Österreicherinnen und Österreicher aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen.
    Die Umfragedaten versprechen einen spannenden Wahltag.
    Der Abstand zwischen den Großparteien hat sich verkleinert.
    Freiheitliche und Grüne sind, glaubt man, den Meinungsforschern im Aufwind.
    Mögliche, vor allem schwarz-blaue Koalitionskombinationen nach der Wahl stehen im Mittelpunkt zahlreicher Kommentare in den Samstagzeitungen.
    Eine Auslese von Bettina Reuter.
    Wer mit wem?
    Diese Frage beleuchten einige Kommentatoren.
    Und Franz Ferdinand Wolf kleidet es im Kurier in die Feststellung.
    Spannend wird es erst nach dem Wahlkampf.
    Und gegenseitige Absetzbewegungen der derzeitigen Koalitionsparteien hätten natürlich viel mit Parteitaktik zu tun, meint Wolf.
    Die Parteien wollten sich eben alle Optionen offen halten.
    Möglicherweise wird es nach diesem Wahlkampf für die Volkspartei schwierig, die Kurve zurück zu einer großen Koalition zu nehmen.
    Mittelschwere Verluste der Volkspartei und große Gewinne der Freiheitlichen könnten sehr schnell zu dem Versuch führen, eine kleine Koalition zu installieren.
    Sozialistische Spitzenfunktionäre plagt eine Vision.
    Jörg Haider spricht am Wahlabend von einer breiten, nicht sozialistischen Mehrheit und verlangt von der ÖVP, diesen Wählerwillen zu verwirklichen.
    Dann fehlte nur noch das Versprechen, selbst als Landeshauptmann in Kärnten zu verbleiben.
    Ob Josef Riegler dann noch bei seiner kategorischen Ablehnung einer Koalition mit Jörg Haider bleibt?
    Eine totale Veränderung der Politik ist möglich geworden.
    Und das ist es, was diesen Fadenwahlkampf spannend macht.
    Mit Koalitionsspielen beschäftigt sich auch Peter Pehlinger in der ehemals sozialistischen AZ.
    Ausgehend vom Vorschlag des steirischen ÖVP-Obmannes Gerhard Hirschmann, die Volkspartei solle nach den Wahlen eine Minderheitsregierung bilden, kommt er zu noch weitergehenden Überlegungen, allerdings noch nicht für die kommende Legislaturperiode.
    Es habe schon einmal 1970 eine Minderheitsregierung Kreisky mit Unterstützung der FPÖ gegeben.
    Was, wenn unter gänzlich umgekehrten Vorzeichen die FPÖ diesmal einer doch noch vorhuschenden ÖVP das Regieren ermöglichen würde, ohne dass die ihr Nein zu Jörg Haider widerrufen muss?
    Der FPÖ-Friedrich Peters hat das ein freundlicheres Wahlrecht, dann freilich zwölf weitere Jahre sozialistischer Alleinregierung beschert.
    Den Kaufpreis würde der Kärntner Landeshauptmann, dem steirischen Jüngst sehr zugetan, im aktuellen Fall sicher anders sehen.
    Vier Jahre später, im Jahr 1994, eine schwarz-blaue Regierung mit einem Kanzler Haider.
    Und so meint Thomas Korherr in der Presse, Verglichen mit Franz Franitzki ist Hiob, der Unglücksrabe des Alten Testaments, ein Glückspilz gewesen.
    Die Dimension der politischen Pechsträhne, in der sich die SPÖ und somit ihr Vorsitzender befinden, und das Ausmaß der befürchteten Stimmenverluste nähern sich wenig mehr als zwei Wochen vor den Nationalratswahlen, jenen von 1965, die dann in die Wahlniederlage von 1966 mündeten.
    Es ist das Reichsbrückensyndrom.
    Als diese Wiener Brücke einstürzte, musste schließlich der ÖVP-Obmann der Bundeshauptstadt zurücktreten.
    Sollte heißen, es wäre nicht die Volkspartei, würde sie nicht das Lukrieren sozialistischer Hiobsbotschaften durch interne Querelen, siehe Wien, versäumen.
    Lachen kann vorerst nur Jörg Haider.
    Aber ob er auch zuletzt lachen wird, ist ungewiss.
    Denn noch immer schwimmen Prognose-Leichen die Donau hinunter.
    Einen Wählertraum träumt angesichts der vielerorten bemerkbaren Ratlosigkeit Eva Rossmann in den oberösterreichischen Nachrichten.
    Sie meint, mir geht es auch so.
    Ich weiß nicht, wen ich wählen soll.
    Und Rossmann weiter?
    Was mich so irritiert, ist die Feigheit in der Politik.
    Auch Ehrenwerte, sogar kluge Politiker, und die gibt es, haben Angst zu sagen, was sie sich denken.
    Da muss auf die Partei Rücksicht genommen, da muss Sprach geregelt und Konsens gefunden werden.
    Mit der Nähe zu Wahlen sinkt zudem die Schamgrenze vor Verdrehungen, also vor Lügen.
    Ich suche jene Partei, die Demokratie als offenen, sachlichen Dialog zwischen Bürgern versteht, nicht als Vermittlung von Desinformationsbrocken für angeblich unwissende Wähler.
    Eine Presseschau von Bettina Reuter.
    Die österreichische Regierung wird den Staatsvertrag im Licht der 2 plus 4-Vereinbarungen mit Deutschland prüfen und dann entscheiden, welchen Weg man gehen soll.
    Das hat gestern Bundespräsident Waltheim in einem Presseinterview angekündigt.
    Die Diskussion um Österreichs internationalen Status ist also mehr als Wahlkampf.
    Auch im Außenministerium ist man schon emsig dabei, Grundsatzpapiere zum Themenkreis Souveränität, Neutralität und Staatsvertrag vorzubereiten.
    Tatsächlich haben sich die Rahmenbedingungen geändert.
    Aktuell vor allem durch den Deutschlandvertrag, der Deutschland mehr Souveränität gibt, als sie Österreich seit dem Staatsvertrag von 1955 hat.
    Außerdem durch die Golfkrise und die UNO-Sanktionen, die zu einer Debatte über die enge oder weite Auslegung der Neutralität führen.
    Eine Debatte, die ja schon im Blick auf den angestrebten EG-Beitritt seit längerem läuft.
    Sie wollen nichts ändern an Staatsvertrag und Neutralität, sagten die meisten Politiker als Reaktion auf Jörg Haiders Münchner Vorstoß.
    Und der Bundespräsident schlägt eine flexible Interpretation vor.
    Wie sieht all das ein Völkerrechtler?
    Der Linzer Universitätsprofessor Dr. Manfred Rotter, der auch Leiter des Forschungsinstitutes für Europarecht an der Uni Linz ist, ist bei Roland Machatschke im Journal zu Gast.
    Herr Professor Rotter, es sollen jetzt nicht zwei Verträge verglichen werden, der österreichische Staatsvertrag mit dem Vertrag, den Deutschland bekommen hat, der kein Friedensvertrag ist.
    Aber die Frage ist aufgetaucht, vor allem in Österreich.
    Ist Deutschland dann souveräner als Österreich, das in seinem Staatsvertrag ja eine ganze Reihe von Einschränkungen drinnen stehen hat, von denen man sagen könnte, dass sie die Souveränität eines Staates berühren?
    Formulieren wir die Frage anders, sind die Beschränkungen der Handlungsfreiheit des neuen Deutschlands, wie immer es sich dann nennen wird,
    weniger intensiv als die Beschränkungen der Handlungsfreiheit Österreichs als Ergebnis des Staatsvertrages von 1955.
    Vordergründig, glaube ich, muss man sagen, dass der Eindruck entsteht, dass Österreich mehr Verpflichtungen hat auf sich nehmen müssen im Jahr 1955, um seine volle Unabhängigkeit zu erlangen, als das neue Deutschland im Jahre 1990.
    Man darf aber nicht übersehen, nach meinem Urteil, dass die beiden Verträge
    nur einen Teil der Aspekte der Neuregelung, der Stellung dieser beiden Staaten ausmachen.
    Ich glaube, man muss, wenn man den jetzt vor wenigen Wochen abgeschlossenen Vertrag zur Wiederherstellung eines souveränen Deutschland ansieht, vorweg einmal in Rechnung stellen, dass dieser Staat gemessen an den Grenzen
    des Jahres 1937 und dann natürlich vorher, also gemessen an den Grenzen von später, ja enorme territoriale Einbußen hat hinnehmen müssen, während für Österreich sich territoriale Fragen an und für sich, gemessen an dem Status 1938, nicht gestellt haben.
    Dann kommt noch etwas anderes hinzu, was auch für den Vergleich sehr wichtig ist.
    Das Gebiet des heutigen, ich nenne es nun einmal, neuen Deutschlands ist ein Gebiet, das mehr oder minder eine ethnisch geschlossene Bevölkerung umfasst.
    Es gibt kein Minderheitenproblem.
    Damit wird jetzt schon deutlich, wie schwierig ein solcher Vergleich ist.
    Für Österreich ist ein ganz wichtiger Bestandteil der politischen Bestimmungen unseres Staatsvertrages der Artikel 7 und all die Bestimmungen, die sich eben mit der Stellung von ethnischen
    Minderheiten, wir sprechen ja von Volksgruppen richtigerweise, auf unserem Territorium beschäftigen.
    Wiederum mit der Einschränkung natürlich der Souveränität, dass die Staatsvertragsmächte in der Behandlung der Minderheiten sozusagen zumindest theoretische Mitspracherecht haben.
    Das ist richtig.
    Das ist ein ganz ernster Punkt.
    Die Alliierten haben, also die ehemaligen Alliierten, muss man ja heute sagen, haben, ich will noch nicht sagen ein Mitspracherecht, aber sie haben ein Kontrollrecht.
    Ein Recht, die Einhaltung des Staatsvertrages durch Österreich zu kontrollieren, nach einem eigens im Vertrag vorgesehenen Verfahren.
    So gesehen stehen wir unter einer stärkeren Kontrolle, als wir das nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtslage von dem neuen Deutschland erwarten können.
    Da haben Sie ganz recht.
    Was nun das übrige Kapitel anlangt, der politischen Bestimmung an unsere Staatsverträge, ich meine jetzt die Rüstungsbeschränkungsmaßnahmen, so sind die vergleichbar.
    Beide Staaten haben ziffernmäßige Beschränkungen auf sich genommen.
    Bei uns geht das noch ein bisschen weiter.
    Dem Stand der Waffenentwicklung des Jahres 1955 entsprechend haben wir noch ein Raketenverbot, wenn ich das einmal sehr verkürzt ausdrücken darf in unserem Staatsvertrag.
    Theoretisch jetzt nur noch, weil nach all den vorliegenden, natürlich nicht zitierbaren Informationen, jetzt offenbar eine Art stillschweigende Einigung mit den Alliierten, insbesondere der Sowjetunion, gegeben hat, dass wir also auch diese Art von Waffen besitzen dürfen.
    Es gibt Beschränkungen hinsichtlich der Benutzung von Fluggerät und von Waffen deutscher Entwicklung und deutscher Provenienz.
    Da wird dann noch ein feiner Unterschied gemacht zwischen Waffen und Fluggerät.
    Es gibt noch Beschränkungen hinsichtlich der Ausbildung von Piloten und dergleichen mehr.
    Aber insgesamt gesehen kann man sagen, dass die Beschränkungen, die Österreich im Staatsvertrag auf dem Rüstungssektor hat eingehen müssen, vergleichbar sind.
    Auch die Bundesrepublik Deutschland verzichtet auf Atomwaffen, verzichtet auf chemische Waffen.
    verzichtet auf bakteriologische Waffen.
    Bekanntlich ist im Staatsvertrag das Wort Neutralität nicht enthalten.
    Neutralität ist kein Bestandteil des Staatsvertrages.
    Das ist, glaube ich, schon allgemeines Wissensgut in Österreich.
    Trotzdem besteht natürlich eine Verknüpfung zwischen Neutralität und Staatsvertrag.
    Und zusammen mit der Neuordnung in Europa, die sich also seit vorigem Jahr anzubahnen beginnt oder im Begriff ist, zu entstehen,
    ist in Österreich natürlich auch die Diskussion hochgekommen, Neutralität bedeutet, die Neutralität, zu der sich Österreich verpflichtet hat in einem Verfassungsgesetz, bedeutet die eine Einschränkung der österreichischen Souveränität, um es jetzt einmal wirklich etwas überspitzt zu formulieren.
    Unsere Handlungsfreiheit ist ohne Zweifel in die Richtung eingeschränkt, dass wir keinen Militärbündnissen beitreten dürfen und dass wir ganz allgemein das Eingehen von Verpflichtungen meiden müssen, die es uns unmöglich machen würden, im Fall eines Krieges die Stellung eines neutralen Staates einzunehmen.
    Also das ist, wenn ich es sehr, sehr verkürze, etwa der Kern der Verpflichtungen, die wir
    In letzter Zeit hat Österreich Handlungen gesetzt, wie zum Beispiel Überflugsrechte für amerikanische Flugzeuge gestattet, die unterwegs sind in den Golf.
    Und auch Beteiligung am Embargo, das die Vereinten Nationen gegen den Irak verhängt haben.
    Theoretisch wären das natürlich Handlungen, die letzten Endes dazu führen könnten, dass Österreich in einem bewaffneten Konflikt verwickelt wird, wenn nämlich aus dem, was sich jetzt im Golf abspielt, wirklich ein bewaffneter Konflikt werden sollte.
    Wäre das eine Verletzung der Neutralität dann?
    Ich hole tief Luft, zögere mit der Antwort und rette mich in die Feststellung, dass das eine Gretchenfrage ist.
    Warum?
    Seit es den Versuch gibt, kollektive Sicherheit zu erzeugen, das heißt seit dem Beginn des Völkerbundes, stellt sich die Frage,
    Kann es in seinem System, darf es in einem System der kollektiven Sicherheit noch Neutralität geben?
    Denn die Grundidee ist ja, dass die einzelnen Staaten nicht mehr individuell für ihre Sicherheit verantwortlich sind, sondern dass die Sicherheit auch des kleinsten, des schwächsten Staates vom Kollektiv sichergestellt wird.
    Durch eine entsprechende organisatorische Struktur.
    Wenn Sie diese Frage hier an mich richten, so muss ich sagen, dass das der Punkt ist, an dem ich auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt mir vorstellen könnte, dass wir neu nachdenken müssen.
    Sollte es, was leider Gottes alles andere als unwahrscheinlich ist, zum Einsatz bewaffneter Mittel im Golfkrieg kommen,
    Dann erwarte ich von der österreichischen Bundesregierung, dass sie eine Mitwirkung an den bewaffneten Maßnahmen der Vereinten Nationen ausschließt.
    Und meine Idee wäre, dass wir, wenn das alles vorbei ist, jetzt wäre das kein guter Zeitpunkt, einmal darüber nachdenken sollten, ob nicht unter Umständen eine gewisse Modifikation unserer Grundhaltung dergestalt denkmöglich wäre.
    zu sagen, wir halten an unserer Neutralität, an unserer integralen Neutralität fest, es sei denn, dass es auf der Ebene des Umsetzens der Prinzipien der kollektiven Sicherheit, Vereinte Nationen, zu entsprechenden Beschlüssen kommt.
    Ich glaube, dass das ein Weg wäre, mit dessen Hilfe wir
    der unverkennbar eintretenden Veränderung des internationalen Systems Rechnung tragen könnten, wenngleich ich davor warnen muss, von dem jetzt sich abzeichnenden, ja doch wohl erstmaligen Funktionieren des Systems der kollektiven Sicherheit der Vereinten Nationen
    gleich darauf zu schließen, dass das auch in aller Zukunft ohne jedes Problem funktionieren wird.
    Es sieht so aus, als würde die EG ebenfalls beginnen, ein eigenes System der kollektiven Sicherheit aufzubauen.
    Für den Fall, dass Österreich bei der EG wäre, wären also sozusagen diese Kollektiveinbindungen in Sicherheitsbeschlüsse der EG ebenfalls ein höherwertiges Gut, ich weiß nicht, ob man das so sagen kann, als zum Beispiel die österreichische Neutralität in einer strikten Interpretation.
    Nein, weil eine Ausstattung der europäischen Gemeinschaften mit militärischen Mitteln ja nicht die Errichtung eines Systems der kollektiven Sicherheit wäre.
    Denn es würde ja dann nur das Innenverhältnis der Mitgliedstaaten, also der gegenwärtigen zwölf oder dann allenfalls mit Österreich der dreizehn Staaten bedeuten.
    Nun geht ja niemand ernstzunehmenderweise davon aus, dass es zu einem Krieg innerhalb der Ägyptischen Staaten kommt.
    Dann könnte ich sagen, es wäre ein regionales System der kollektiven Sicherheit.
    Wir müssen viel mehr sagen.
    Dass die Erweiterung der europäischen Gemeinschaften um die militärische Komponente ja nur bedeutet, dass ein neuer, wesentlich mächtigerer als die einzelnen Mitgliedstaaten, ein neuer militärischer Akteur auftritt.
    Und das ist alleine auch schon an dem Umstand zu erkennen, dass elf der zwölf gegenwärtigen Mitglieder Mitglieder der NATO sind.
    Im Übrigen spricht die Logik der Integrationsentwicklung dafür.
    dass es irgendwann einmal so weit kommt.
    Nur das, was der italienische Premierminister nach den Agenturmeldungen gestern oder vorgestern als Arbeitspapier den europäischen Gemeinschaften vorlegt, ist, glaube ich, Theaterdonner.
    Ich kann mir nicht vorstellen, und es gibt kein Indiz dafür, dass die Mitgliedstaaten der europäischen Gemeinschaften und der Einfachheit halber, klammern wir Irlander mal aus, das immer deutlich an gewisse Absetzbewegungen zeigt,
    bereit wären, ihre sicherheitspolitische Autonomie zugunsten einer europäischen Armee aufzugeben.
    Das ist völliger Unsinn.
    Ich meine, sie bringen das noch nicht einmal bei den Notenbanken zustande und die stehen der staatlichen Identität doch wohl nicht so nahe wie die sogenannte Wehrhoheit.
    Das wäre noch kein System der kollektiven Sicherheit, sondern
    Ein neuer Akteur würde auf der Ebene militärischen Agierens, auf der Ebene der internationalen Militärpolitik entstehen und das würde für uns als neutrale Österreicher überhaupt keine Legitimation sein, auf die Neutralität zu verzichten.
    Welches System der kollektiven Sicherheit können Sie sich überhaupt vorstellen, in dem auch neutrale Länder gleichberechtigt eine Rolle spielen?
    Nach meinem Urteil müsste ein solches System der kollektiven Sicherheit doch einen räumlichen Einzugsbereich haben, der es wahrscheinlich erscheinend ist, dass alle potenziellen Konfliktträger von ihm erfasst sind.
    Soll heißen, Westeuropa e.g.
    wäre zu klein, ich habe es dargestellt,
    Aber ich könnte mir vorstellen, ein System der kollektiven Sicherheit für Gesamteuropa.
    Also KSZE-Bereich?
    KSZE-Bereich.
    Ganz recht.
    KSZE-Bereich.
    Und braucht ein solches neues System neutrale Staaten?
    Das hängt jetzt sehr von der Struktur ab.
    Ich würde so sagen, bliebe es bei einer Struktur, die im Wesentlichen der gegenwärtigen KSZE entspricht.
    dann wäre wahrscheinlich Platz für die Neutralen.
    Kommt es zu einem System kollektiver Sicherheit, in etwa nach dem Muster der Vereinten Nationen, dann könnte ich mir vorstellen, und das wäre eine solche in Zukunft zu berücksichtigende Bedingung, dann könnte ich mir vorstellen, dass die Neutralen, ich sage sehr vorsichtig,
    über ihre Neutralität noch einmal grundlegend nachdenken.
    Was sagen Sie zu den kurzfristigen Erwägungen, weil es Probleme geben könnte mit der EG, was die Aufnahme Österreichs betrifft, dass man die Neutralität sozusagen über Bord wirft, wie das von mancher Seite geäußert wird?
    Ich stehe dem verständnislos gegenüber.
    Nach meinem Urteil würde
    die Berücksichtigung der dauernden Neutralität Österreichs durch die europäischen Gemeinschaften, was den ökonomischen Teil der Mitwirkung Österreichs am Integrationswerk anlangt, näherungsweise null beeinträchtigen.
    Probleme gibt es beim politischen Teil der Integration.
    Probleme gibt es bei dem Weg, den die Gemeinschaften derzeit einzuschlagen scheinen, in Richtung politische Union.
    Aber diese Frage, Herr Machatschke, müssen wir uns doch dann auch stellen, wenn wir jetzt nicht ein neutraler Staat wären.
    Wir könnten doch auch sonst nicht so einfach die Segel streichen und sagen, wir sind jetzt Bestandteil eines neuen, in Entstehung begriffenen europäischen Bundesstaates, einer europäischen Föderation.
    Darüber müsste man doch allemal nachdenken.
    Wie halten wir es mit dieser österreichischen Identität?
    Das heißt,
    Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es, sofern die europäischen Gemeinschaften wollen, möglich ist, an jenen Stellen des europäischen Vertragswerkes Vorkehrungen dafür zu treffen, dass wir im Fall des Falles eine gewisse Autonomie zurückbehalten können.
    Es gibt Schwierigkeiten, dass dann allenfalls
    in der konkreten Situation dann auch rechtzeitig durch Abkoppelungen auch wahrzunehmen.
    Das sei nicht verschwiegen.
    Aber insgesamt sehe ich hier keinen Grund.
    Und ich sehe vor allem keinen Grund, die Neutralität über Bord zu werfen und zu sagen, wir gehen also befreit von der Neutralität in die europäischen Gemeinschaften hinein.
    Da gibt es noch eine Vielzahl von Gründen, darüber noch sehr genau nachzudenken, denn nicht umsonst hat die österreichische Bundesregierung, und ich unterstütze das, eine Reihe von Bedingungen geknüpft, unter denen Österreich nur beitreten kann, und da ist die Neutralität eines davon.
    Das geht bis hinein zum Umweltschutz, Transitproblematik, Soziales, Landwirtschaft, dergleichen mehr.
    Ja, scheint aber offenbar die Angst zu bestehen, dass die EG uns halt unter diesen Bedingungen nicht nehmen will, weil sie sich das einfach nicht antun will.
    Herr Machatschke, wenn ich mir die Ereignisse und die Äußerungen so mancher Funktionäre von Mitgliedstaaten, der europäischen Gemeinschaften, allein der letzten Wochen ansehe, beginne ich langsam eine ganz andere Angst zu entwickeln, nämlich die, dass man sagt, wir müssen Österreich aufnehmen, wurscht wie.
    nur um das Transitproblem vom Tisch zu haben.
    Und das sei hier vielleicht auch einmal an dieser Stelle denjenigen gesagt, die sich der Illusion hingeben, wir könnten jetzt durch eine Vereinbarung mit den europäischen Gemeinschaften einen Sonderstatus für unsere Transitregionen aufbauen, den wir auch als Mitglieder der europäischen Gemeinschaften aufrechterhalten können.
    Ich halte das für
    Also mehr als überprüfungswürdig.
    Ich bin gar nicht so sicher, dass das wirklich geht.
    Nein, sondern ich meine, die Zeit ist schnelllebig geworden.
    Wir haben ein Signal bekommen, gestern oder vorgestern, vom Bundeskanzler Kohl.
    Österreich könnte 95 dabei sein.
    Der bayerische Staatsminister hat gesagt, Österreich soll so schnell wie möglich in die europäischen Gemeinschaften aufgenommen werden.
    Italien überpurzelt sich förmlich auf einmal, um Österreich in einem, wie es dort hieß, verkürzten Verfahren in der europäischen Gemeinschaft aufzunehmen.
    Also ich glaube, unsere Diplomatie wird jetzt schon eine gewisse Umarmungsermüdung erkennen lassen, denn im Moment wollen uns alle drinnen haben, aus, wie ich fürchte, sehr durchsichtigen Gründen.
    Dankeschön.
    Im Journal zu Gast war der Linzer Völkerrechtler Professor Manfred Rotter.
    Roland Machatschke hat mit ihm gesprochen.
    Vom Staatsvertragsartikel 7 über die Rechte der Volksgruppen war in dem Interview ja auch die Rede.
    Ein Artikel, der noch nicht ganz erfüllt ist und deshalb permanenten Konfliktstoff vor allem in Kärnten mit den slowenischsprachigen Mitbürgern bedeutet.
    Die Vier-Prozent-Minderheit sieht eine langsame Besserung der Situation und hat auch im Vorjahr erstmals den Volksgruppenbeirat beschickt, den man schon 1976 beschlossen hatte.
    Die Große Koalition hat mehr für die Slowenen getan als die vorigen Regierungen Kreisky und Sinovac, sagt man bei den Slowenen.
    Und auch mit Landeshauptmann Haider geht es besser als befürchtet.
    Aber vor allem Schulfragen sind es immer wieder, die für Konflikte sorgen.
    Am 10.
    Oktober feiert man in Kärnten den 70.
    Jahrestag der Volksabstimmung, mit der sich die Slowenen in Kärnten zu Österreich bekannt haben.
    Über die Gestaltung der Gedenkferien gibt es auch eine Kontroverse.
    In Klagenfurt hat man heute Vormittag in einem Symposium der katholischen Aktion das Verhältnis zwischen den deutschen und slowenischen Kärntnern diskutiert.
    Das berichtet Gerhard Seyfried.
    Mit einer von einem Mitglied der Laibacher Regierung bisher nicht gehörten Klarheit bochte Ministerin Boch auf die volle Souveränität Sloweniens, bevor sie auf das eigentliche Thema der gegenseitigen Beziehungen zwischen Kärnten und Slowenien zu sprechen kam.
    Katja Boch heute im Klagenfurter Europahaus.
    bestehen auf einer vollkommenen Selbstständigkeit, auf einer autonomen slowenischen Stadt, sind aber immer vorbereitet, uns mit den anderen jugoslawischen Teilrepubliken zu einigen, zu verhandeln.
    Slowenien und Kroatien werden jetzt auch den ersten Entwurf eines konfederativen Vertrages vorlegen,
    Und wir werden sehen, wenn das auch für die anderen drei Republiken annehmbar sein wird.
    Die slowenische Besucherin versicherte, dass es in ihrer Heimat keine Gebietsansprüche an Teile von Kärnten der Steiermark oder Friaul gebe.
    Katja Boch trat für eine größere kulturelle Integration über die Grenzen hinweg ein.
    Die Beziehungen könnten nicht genug gepflogen werden.
    Doch dazu seien höchste Toleranz und gegenseitiger Respekt notwendig.
    Dann kam die Ministerin auf ein heißes Eisen, die in wechselnden Abständen immer wieder heiß diskutierte Minderheitenschulfrage in Kärnten zu sprechen.
    Die das Problem der slowenischen Schulen in Kärnten
    in Kärnten entfaltet habe.
    Ich möchte jetzt in diese Frage wirklich nicht eingehen, aber ich äußere nur meine eigene Meinung.
    Ich finde es absurd.
    Ich finde es vollkommen unvernünftig.
    Das ist sinnlos.
    und führt natürlich nicht zu den besten Beziehungen zwischen den zwei Ländern.
    Deshalb hatte auch unser Präsident, Herr Peterle, den Besuch von Herrn Haider abgesagt.
    Diese Absage hatte Sloweniens Regierungschef Loise Peterle mit der, wie er sagte, ablehnenden Haltung Haiders zu einer zweisprachigen Handelsakademie in Klagenfurt begründet.
    Mittlerweile ist der zweisprachige Hackunterricht in der Kärntner Landeshauptstadt angelaufen.
    Als erster Referent hatte sich der Leiter des Institutes für Ost- und Südosteuropaforschung, Universitätsdozent Arnold Suppan, mit der gemeinsamen Geschichte der Nachbarschaft zwischen Kärnten und Slowenien beschäftigt.
    Ein im Laufe des Jahrhunderts durchaus konfliktreiches Zusammenleben, wenn man an die spannungsgeladene Situation zu Beginn des Ersten Weltkrieges denkt.
    An Abwehrkampf und Propaganda vor der Volksabstimmung, an das durch die Minderheitenfrage permanent belastete Klima während der Zwischenkriegszeit, an den Zweiten Weltkrieg, an die Zusammenstöße und Verschleppungen gegen Kriegsende, die Diskussionen um den Staatsvertragsartikel 7, den Ortstafelkonflikt anfangs der 70er und nicht zuletzt den Dauerbrenner Minderheiten- und Minderheitenschule.
    Und das, obwohl es im Laufe der Jahrhunderte ein über weite Strecken friktionsfreies Miteinander gegeben hatte.
    Historiker Supan,
    So haben wir zwischen 1903, wenn Sie so wollen, und 1976 eigentlich eine Fülle an Auseinandersetzungen.
    Und ich kann diesen verschiedenen Auseinandersetzungen, die in den 80er Jahren noch weitergegangen sind in der Frage des Minderheitenschulwesens, das ich jetzt nicht mehr weiter ausführen will, eben auch zu entsprechenden
    Missverständnissen und Auseinandersetzungen zwischen Kärnten und Slowenien geführt.
    Man muss sich abschließend die Frage stellen, warum standen eigentlich immer diese nationalpolitischen Auseinandersetzungen im Vordergrund?
    Die Antwort auf diese Frage blieb dann freilich weitgehend offen.
    Als Zukunftsrezept empfahl der Wissenschaftler, auf den relativ gut funktionierenden kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen aufzubauen und gemeinsame Forschungsprojekte, gemeinsame Geschichtsbücher oder etwa Schüler- und Lehreraustausch zu forcieren.
    Das Symposium geht in diesen Minuten zu Ende.
    Aus Kärnten hat Gerhard Seyfried berichtet.
    Ins Ausland, schnell oder langsam, radikal oder vorsichtig, von der Plan zur Marktwirtschaft.
    Eine solche Debatte wird in allen ehemaligen Staatshandelsländern geführt.
    Dort, wo jetzt die Konservativen regieren, in Ungarn und Polen, der GSFR und der Nord-DDR, ist man für die schnelle Tour.
    Dort, wo reformierte Kommunisten das Sagen haben, etwa in Bulgarien oder Rumänien, macht man es bestenfalls halbherzig.
    Auch in der UdSSR polarisiert diese Überlebensfrage die politische Führung mit der besonderen Schwierigkeit, dass Russland auch geschichtlich gesehen keine Erfahrungen mit der freien Wirtschaft hat.
    Die gestern im Parlament geplante Abstimmung scheiterte an Mangel der Präsenz der Abgeordneten.
    Eine Tatsache, die das ganze Dilemma illustriert, in dem sich die ökonomisch dann niederliegende UdSSR befindet.
    Doch allen ist klar, wie auch immer man es angeht, es werden harte Zeiten werden.
    Versorgungskrise, Arbeitslosigkeit, Firmenschließungen mit all dem sozialen Sprengstoff, den das mit sich bringt.
    Raimund Löw aus Moskau.
    Während die berühmtesten Ökonomen des Landes in den letzten Tagen vergeblich versuchten, den obersten Sowjet zu einer Entscheidung für das eine oder das andere Wirtschaftsprogramm zu drängen, studierten die meisten Abgeordneten im Kreml einen Autor aus einer ganz anderen Disziplin.
    Alexander Solzhenitsyn, der mit einem 16-seitigen Manifest über die Wiederbelebung Russlands erstmals in die Debatte um den Kurs der Perestroika eingegriffen hat.
    Der Autor des Archipel Gulag plädiert, wie zu erwarten war, für die Ausmerzung der letzten Überreste der, wie er sagt, marxistisch-leninistischen Utopie, um den Weg freizumachen zur russischen Seele und einem Anknüpfen an den vorrevolutionären Traditionen.
    Von der Einführung rein kapitalistischer Verhältnisse hält Solzhenitsyn nichts.
    Und auch dem Mehrparteiensystem westlichen Typs steht er skeptisch gegenüber.
    Eine starke Hand, legitimiert durch das Vertrauen des Volkes, erscheint ihm unvermeidlich als Garantie gegen Chaos und Verfall.
    Die Sowjetunion als Vielvölkerstaat zu erhalten, so schreibt Solzhenitsyn, das würde den Tod für unser eigenes, das russische Volk, bedeuten.
    Er plädiert für einen Bund der drei slawischen Republiken, Russland, Ukraine und Weißrussland.
    Und er will alle anderen Völker und Republiken sich selbst überlassen.
    Michael Gorbatschow können solche Vorschläge, vorgebracht von einer Persönlichkeit mit der riesigen moralischen Autorität, soll schienitzend nur nützlich sein.
    Die Phrasiologie des Marxismus-Leninismus spielt bei ihm seit dem letzten Parteitag sowieso kaum eine Rolle.
    Die angebliche Schwäche des Präsidenten gegenüber den rebellischen Republiken wie Litauen, Moldawien und den Kaukasusvölkern wird ihm hier von kompetentester Stelle als ureigenstes russisches Interesse dargestellt.
    Und auch sein jüngster Versuch, möglichst alles, was von der sowjetischen Zentralmacht noch geblieben ist, in der Hand des Präsidenten zu vereinen, scheint vom Ruf des Dichters nach Sicherheit und Ordnung gedenkt.
    Ob das sowjetische Parlament es in der nächsten Woche doch noch schaffen wird, eine Weichenstellung in Sachen Wirtschaftspolitik vorzunehmen, erscheint höchst ungewiss.
    So gut wie sicher ist es aber, dass Gorbatschow die gewünschten Sondervollmachten erhält.
    Nach dem Entwurf, der den Abgeordneten gestern vorgelegen ist, könnte der Präsident dann Dekrete mit Gesetzeskraft in faktisch allen wirtschaftspolitischen und sicherheitspolitischen Bereichen erlassen.
    Er kann dann neues Eigentumsrecht schaffen,
    Löhne und Preise festsetzen, das Budget selbst erlassen und im Fall von Unruhen gewählte Organe auf allen Ebenen außer Kraft setzen.
    Zeitliche Beschränkung ist keine vorgesehen.
    Im vorliegenden Entwurf heißt es nur allgemein, diese Sondervollmachten gelten für die Zeit des Übergangs zur Marktwirtschaft.
    Der oberste Sowjetrat gegen Präsidialdekrete, zwar ein theoretisches Vetorecht, muss aber vom Präsidenten nicht einmal konsultiert werden.
    Ernsthaften Widerstand gegen diesen Plan darf man kaum erwarten.
    Das Chaos im Land ist so groß, dass sowohl Konservative als auch Liberale sich nicht vorstellen können, wie es ohne stärkere Exekutivgewalt weitergehen soll.
    Besser ein Präsident Gorbatschow mit quasi-diktatorischen Vollmachten als ein General, der sich plötzlich berufen fühlt, auszuräumen, meint resigniert ein liberaler Deputierter.
    Kritisiert wurde der Präsident in den letzten Wochen eher von der anderen Seite, dass nämlich seine zahlreichen Dekrete bisher völlig wirkungslos geblieben sind.
    Praktisch bedeuten die bevorstehenden Sondervollmachten für Gorbatschow, dass ein Beschluss des Parlaments über den Kurs in der Wirtschaftspolitik weniger wichtig geworden ist.
    Der Präsident kann schrittweise alle nötigen Entscheidungen selbst treffen.
    Auch der umstrittenen Regierung Rischkow wird durch die Sondervollmachten der Boden unter den Füßen weggezogen.
    Zur Zeit stellt sich der Präsident noch demonstrativ hinter Rischkow.
    Der gewiefte Taktiker Gorbatschow
    will sich einen auf die Dauer unvermeidlichen Regierungswechsel wahrscheinlich für später aufheben, wenn an die Stelle des jetzigen Kabinetts eine Art Regierung der nationalen Einheit treten könnte, zusammengesetzt aus allen maßgebenden politischen Strömungen des Landes.
    Vorher muss Gorbatschow allerdings einen Modus vivendi mit den Republiken und vor allem mit der von Boris Jelzin geführten russischen Föderation finden.
    als fast unbeschränkter Herr über die Zentralgewalt, die er demnächst sein wird, wird er auch dazu in einer günstigeren Position sein.
    Raimund Löw hat berichtet und wir bleiben auch in der Sowjetunion.
    Auch nach mehr als zwei Jahren Dauer ist der Kaukasus-Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan und die Enklave Bergkarabach weit von einer Lösung entfernt.
    Im Gegenteil, vergangenen Sommer haben antisowjetische Nationalisten die Schlüsselpositionen in Armenien übernommen.
    Die ehemaligen Oppositionellen Levon Ter-Petrosyan und Vasken Manoukian lösten KP-Funktionäre als Präsident und Regierungschef ab.
    Bewaffnete Milizen sind trotz Verbot aktiv, ein Parlamentsabgeordneter wurde im August in Tiflis ermordet.
    Aserbaidschan weigert sich, trotz immer stärkeren Drucks aus Armenien, Konzessionen in der Karabach-Frage zu machen.
    Aus Karabach selbst bekommt man kaum zuverlässige Informationen über die dortige Lage.
    Dem deutschen Journalisten Heribert Kötting ist es gelungen.
    Hier sein Bericht.
    Seit vier Wochen ist die Gaspipeline gesperrt.
    Seit einem Monat hat kein Zug mehr Armenien erreicht.
    Die verfeindete Nachbarrepublik Aserbaidschan hat wieder eine Blockade verhängt.
    Baku hat zu dieser drastischen Maßnahme gegriffen, nachdem radikale armenische Milizen aserbaidschanische Grenzdörfer überfallen haben.
    Nahezu täglich gibt es auf beiden Seiten Tote.
    Die Sowjetarmee und die Truppen des Moskauer Innenministeriums stehen hilflos zwischen den Fronten.
    Hauptstreitpunkt der verfeindeten Sowjetrepubliken Bergkarabach, eine armenische Enklave in der von Moslems bewohnten Republik Aserbaidschan.
    Als die dort lebenden Armenier im Zuge der Perestroika den Anschluss an Armenien verlangten, kam es zu regelrechten Pogrom.
    Die Erevaner Universitätsdozentin Karina Atoyan.
    Ich habe einen Schuhmeister.
    Und ich bin gestern gegangen, er ist aus Baku vor einigen Monaten gekommen.
    Zuerst war er so, mit ihm war es möglich zu sprechen.
    Gestern war er ganz verrückt.
    Man hat ihn mit dem Kopf gegen die Wand zwei Stunden hintereinander geschlagen.
    Und selbstverständlich, alles verloren.
    Die Frau vor seinen Augen ermordet und verbrannt.
    Den Sohn vor seinen Augen ermordet, verbrannt.
    Ihn aus seiner Wohnung verjagt, ja.
    Die Psyche eines Menschen kann das nicht aushalten.
    Derzeit sind die Positionen so.
    Radikale Nationalisten in Armenien wollen Berkarabach sofort gewaltsam befreien.
    Azerbaidschan will das Problem der 150.000 Berkarabacher ebenfalls mit Gewalt lösen.
    Moskau versucht einen dritten Weg.
    Die Armenier des umstrittenen Gebietes sollen durch Druck zum Verlassen ihrer Heimat bewegt werden.
    Wie die sowjetischen Truppen diesen Auftrag umsetzen, davon kann man sich derzeit kein eigenes Bild machen.
    Berkarabach ist nur auf dem Luftweg zu erreichen und das Gebiet ist selbst für Sowjetbürger gesperrt.
    Dem international bekannten Filmregisseur Ruben Gevorkians gelang es, vor wenigen Tagen für zwei Stunden auf den Flughafen von Stepanakert in Berkerabach zu kommen.
    Ich habe gesehen, wie die Menschenrechte völlig vernichtet werden.
    Ich habe gesehen, wie die Soldaten auf die Leute losschlagen, auf die Männer, Frauen, weil sie ihr Gepäck nicht in ihren Händen gehalten, sondern auf den Boden gestellt haben.
    Man darf dort nicht rauchen, das ist klar, nicht mal draußen.
    Aber die Soldaten kommen zu dir und fragen dich, hast du Zigaretten?
    So hat ein jünger Mann gedacht, er sollte den Soldaten eine Zigarette geben.
    Holt die Schachtel heraus.
    Ach so, du hast Zigaretten?
    Das heißt, du hast ja geraucht, wir haben es nicht gesehen.
    Sie haben einen besonderen Raum am Flughafen, der Verteiler heißt, und sie haben mit den Knüppeln diesen jungen Mann in diesen Raum reingesteckt.
    Und wir haben dann Schrei gehört.
    Und diese zwei Stunden lang habe ich nur solche Szenen gesehen und gehört.
    Auf beiden Seiten, im christlichen Armenien und dem muslimischen Aserbaidschan, stehen hochgerüstete Milizen.
    Auf den Straßen Armeniens haben derzeit die Milizen der gemäßigten armenischen Volksbewegung die Macht.
    Diese Bewegung, nach den jüngsten Wahlen stärkste Gruppe im Erevaner Parlament, diese Gruppe hat am 23.
    August die Unabhängigkeit Armeniens von der Sowjetunion beschlossen.
    Das höchste Staatsamt in diesem unabhängigen Armenien hat Parlamentspräsident Ter Petrosian inne.
    Auf die Frage, wie die neue Republik Armenien das Problem Bergkarabach lösen will, sagt er, wir sind bereit zu verhandeln, Moskau muss sich raushalten.
    Aber eins ist klar, Bergkarabach wird wieder armenisch werden, denn...
    Wir können nicht unsere Brüder dort verlassen.
    Das ist für uns eine Lebensfrage, die Frage der Existenz der Nation.
    Diese Aufgabe ist nämlich selbstverständlich.
    so fest in dem Bewusstsein unseres Volkes verankert, dass im Notfall wir auch mit Gewalt dieses Problem lösen werden müssen."
    Fest steht, je schwächer in der Sowjetunion die Zentralgewalt wird, desto stärker werden die Nationalitäten.
    Für den Süden des Landes heißt das, die Gefahr eines innersowjetischen Krieges steht konkret im Raum.
    Und jetzt nach Frankreich.
    Marie-Antoinette sorgt knapp 200 Jahre nach ihrer Hinrichtung noch einmal für Aufregung in Frankreich.
    Die Tochter Maria Theresias und Gemahlin des von der französischen Revolution verjagten und ebenfalls guillotinierten Bourbonenkönigs Ludwig XVI.
    steht im Mittelpunkt eines Filmes, der L'Autrichienne, die Österreicherin, heißt.
    Das Streifen mit dem deutschen Musical-Star Ute Lemper in der Titelrolle ist nicht das Aufregende, sondern die Werbekampagne für den Film.
    Sie trägt deutlich fremdenfeindliche, fast rassistische Züge und schwimmt damit auf der xenophoben Strömung in Frankreich, die sich nicht nur durch die Umtriebe von Jean-Marie Le Pen immer mehr verstärkt.
    Lorenz Galmezza war in Paris bei der Premiere.
    Wir werden nach der Wahl des 5.
    April 1793 an Ihren Beratungskommissar stellen.
    Wir sind im Oktober 1793 vor einem Gericht des revolutionären Frankreich in Paris.
    Die deutsche Sängerin und Schauspielerin Ute Lemper verkörpert die 38-jährige Marie Antoinette, spielt sie als eine zerbrechliche, aber zugleich würdige Frau, die hilflos den Anklagen des revolutionären Gerichts ausgeliefert ist.
    Sie habe als Königin durch ihren verschwenderischen Lebensstil in Versailles das Land ruiniert,
    frivol und arrogant geherrscht.
    Sie habe ihren Gatten, Ludwig XVI., zum Schießbefehl gegen das sich erhebende Volk von Paris ermuntert.
    Sie habe schließlich das Land verraten, die französischen Truppenbewegungspläne an den Wiener Hof weitergeleitet.
    Deshalb ist sie die Salle étrangère, die schmutzige Ausländerin, einfach l'Autrichienne, die Österreicherin, oder die Garce-Autrichienne, das österreichische Lude.
    Der Film behandelt ausschließlich die letzten vier Tage ihres Lebens und versucht nicht wirklich eine Rehabilitierung Marion Tournetz.
    Er zeigt vor allem das menschliche Schicksal einer von vornherein zum Tode verurteilten hilflosen Frau, die zum öffentlichen Feindbild gestempelt geopfert werden muss.
    Obwohl der Film schon vor einem Jahr fertiggestellt wurde, wollten ihn die Produzenten erst jetzt in die Kinos bringen, um nicht in die Nähe der 200-Jahr-Feiern für die Revolution zu geraten.
    Nun hat allerdings ein ganz anderer Aspekt für Polemik gesorgt, die Werbung für den Film.
    In sämtlichen Zeitungen war nämlich auf schwarzem Hintergrund der Satz zu lesen, man wird nicht zur Französin, nur weil man einen Franzosen heiratet.
    Und auf der nächsten Seite, La Salle Tranchère, die dreckige Ausländerin.
    Erst auf der dritten Seite, wenn der Leser noch immer die Anzeige sucht, versteht man, dass es sich vermutlich um den Film handelt, L'Autrichienne, die Österreicherin.
    Ähnlich die Plakatkampagne, dreiteilig mit demselben Text, aber auf die Silhouette einer Frau mit offenem Haar geschrieben, die allerdings nicht an Marie Antoinette oder an die Filmdarstellerin Ute Lemper erinnert, sondern eher an eine Frau aus dem Mittelmeerraum.
    Radio, Fernsehen und Zeitungen griffen den Vorfall auf und verurteilten die offene Benutzung rassistischer und ausländerfeindlicher Untertöne als Werbemittel für einen Film, dessen Heldin ohnehin bis heute umstritten ist.
    So schreibt der Nouvelle Observateur, die Werbeleute, die diese zweideutige Plakatserie entworfen haben, hätten sich vorstellen können, welchen Schmerz sie damit gewissen Menschen ausländischer Herkunft zufügen.
    In der Tat schockiert die Anzeigen- und Plakatserie dann besonders, wenn man weiß, dass die Pariser Metroschächte, Häuserwände und Verkehrsschilder immer wieder mit ausländerfeindlichen Parolen vollgeschmiert werden, die der anonymen Filmreklame oft sehr ähnlich schauen.
    Zum Publikumserfolg für L'Autrichien hat die Werbung jedenfalls nicht beigetragen.
    In der gestrigen Abendvorstellung auf den Champs-Élysées konnten wir knappe 50 Kinobezucher zählen.
    Zur umstrittenen Werbeaktion meinten sie, das ist vielleicht nicht sehr angebracht.
    Ich glaube, es ist als Provokation gedacht, um zu zeigen, dass sie nicht mehr Ausländerin war als andere Königinnen Frankreichs.
    Mir gefällt das Leben Marie-Antoinette, nur das interessiert mich.
    Lorenz Galmezer hat aus Paris berichtet, wir kommen nach Wien, bleiben aber bei Kulturellem.
    Fluxus, eine der wichtigsten Kunstströmungen der 60er Jahre, steht im Mittelpunkt einer Ausstellung, die gestern Abend in der Wiener Galerie Grinzinger eröffnet wurde.
    Von Josef Beuys bis Daniel Spöry reicht die Palette der ausgestellten Arbeiten, ein Beitrag von Robert Bilek.
    Wenn die aktuelle Kunst nach Blutauffrischung schreit, lässt der Griff in die Mottenkiste der Moderne nicht lange auf sich warten.
    Und wie Ursula Krenzinger bereits mit ihrer Man Ray Marcel Duchamp Ausstellung gezeigt hat, wird dabei nicht selten überraschend Frisches und immer noch Gültiges zutage gefördert.
    Fluxus war die einzige neue Avantgarde Bewegung nach 1945.
    während sozusagen die erste Avantgarde doch noch im Tafelbild hängen geblieben ist, hat Fluxus in einer unglaublichen panischen Turbulenz alle bisherigen Raster und Geometrien der Kunst von Bord gefegt, hat es aber der nachfolgenden Generation ermöglicht,
    Fluxus heißt ja auch Fluss.
    Es erschien ein kleines Bächlein von Fluxus, einen ganzen breiten Strom einer Kunstbewegung zu machen, sagt der Medienkünstler Peter Weibel.
    Fluxus, das war die kongeniale Fortsetzung des Dadaismus in den 60er Jahren, sogenannte Antikunst, Verschmelzung von Kunst und Leben, die Auflösung der Heerenkultur und des Monumentalismus in philosophische Witzeleien und Konzepte.
    Fluxuskünstler schufen keine erhabenen Werke, sondern kleine Holz- oder Plastikschächtelchen, in die sie ihre Ideen verpackten, sie ließen eine nackte Frau Cello spielend in die Lüfte schweben und verbreiteten ihre Texte und Objekte, ohne jemals groß ins Geschäft zu kommen, in kleinen Editionen.
    Ursula Grenzinger hat die wesentlichen Kunstrelikte der Fluxus-Ära in einer Ausstellung von Museumsqualität vereinigt.
    Seit ich in Wien bin, hatte ich immer die Absicht, hier mal eine Fluxus-Ausstellung zu zeigen, weil es mich ja auch interessiert hat, eben in Verbindung mit der Sammlung Hahn.
    Mich hat es immer sehr negativ beeindruckt, dass das Museum diese Sammlung zweitrangig behandelt hat.
    Und so kam diese wirklich sehr umfangreiche Schau zustande, die ja ein paar hunderte Arbeiten zeigt.
    Jetzt stellt sich die Frage, es gibt nicht nur viele Exponate, es kommen viele Künstler her, es gibt Performances, Fluxus-Aktionen, das ist wahnsinnig teuer sicher, kann sich die Galerie das leisten?
    Das frage ich mich auch.
    Eigentlich ist es ja eine Non-Profit-Veranstaltung und wir hoffen einfach, dass wir doch noch nachträglich Unterstützung bekommen können.
    Oder dass Sammler zugreifen, das ist die andere Hoffnung.
    Dann könnte es auch kostendeckend sein.
    Bemerkenswert ist die Fluxusschau nicht allein wegen der gebotenen, aus der ganzen Welt zusammengetragenen Materialfülle, sondern ebenso wegen des Konzepts.
    Vier Künstler und ein Verleger haben je einen Fluxusraum gestaltet.
    Der Franzose Ben Vautier hat eine Rauminstallation aus Fluxusarbeiten aufgebaut,
    Der tschechische Fluxist und Rektor der Prager Kunstakademie Milan Knizak rekonstruierte Konzepte bereits verstorbene Fluxus-Künstler.
    Francesco Kontz aus Verona präsentiert seine Sammlung an Multiples, Editionen und Skizzen und Hermann Nitsch verweist in seinem Raum auf die Parallelen zwischen Wiener Aktionismus und Fluxus.
    Beide Bewegungen waren eben sehr unorthodox und haben sich vollkommen neu auf einmal ermittelt.
    Eben die Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit.
    Eine besondere Stellung nimmt als Vertreterin der jüngeren Künstlergeneration Brigitte Kowanz mit ihrem Raum ein.
    Sie konzentriert sich ganz auf die Starfluxistin und John-Lennon-Witwe Yoko Ono.
    Sie macht alle Arbeiten, die sie in den 60er Jahren gemacht hat, in Plexiglas oder im Siebdruck, noch einmal in Bronze.
    Das heißt, sie macht quasi Denkmäler der Arbeiten der 60er Jahre.
    Das krasse Gegenteil eigentlich zu dem, was die ursprüngliche Intention von Fluxus war.
    Sie deklariert es und das finde ich sehr richtig, sehr ehrlich auch.
    Irgendwie ist es damit ja nicht nur die Witwe von John Lennon, sondern auch sozusagen die Witwe von Fluxus.
    Ähm, in gewisser Weise ja.
    Gioccono scheint mit ihrer Strategie richtig zu liegen, denn nach Venedig und Wien sind nun auch in Frankreich, Holland und den USA umfangreiche Fluxus-Ausstellungen geplant.
    Und das Museum moderner Kunst in Wien hat der Sammlung Hahn bereits einen zusätzlichen Raum gewidmet.
    Abzuwarten bleibt, ob es damit gelingt, Fluxus stärker als bisher in den Kunstmarkt und in die Museen zu integrieren.
    Nochmals Ursula Grinzinger.
    Wien, insbesondere das Museum, hätte jetzt die Chance, die erstklassige Fluxussammlung, die Hahn zusammengetragen hat, zu ergänzen.
    Es fehlen dort ganz wichtige Künstler wie Ben Wautier und noch einige andere.
    Und das wird jetzt interessant sein.
    Reagiert das Museum?
    Im Bericht von Robert Billig und jetzt gibt es im Mittagsschinal noch zwei Minuten Schlussmeldungen.
    Österreich.
    SPÖ-Vorsitzender Franitzki schließt seine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen nicht grundsätzlich aus.
    Ein Zusammengehen mit Jörg Haider kann er sich aber nicht vorstellen.
    In einer Pressekonferenz in Klagenfurt sagte Franitzki, er verschließe sich den Freiheitlichen nicht von Haus aus.
    Seine, Franitzkis, Haltung zur Person Haider habe sich seit 1986 nicht geändert.
    Dies sei auch die Einstellung der SPÖ.
    Würden die Freiheitlichen einen anderen Spitzenmann präsentieren, so würde er die Abhängigkeit dieser Person zu Haider genau prüfen, ergänzte Franitzki.
    USA nahe Ostern.
    Trotz wachsender Spannungen und der irakischen Unnachgiebigkeit hält der amerikanische Präsident Bush einen Golfkrieg für vermeidbar.
    Bush sagte, Präsident Saddam Hussein werde unter dem Druck der UNO-Sanktionen in der Auseinandersetzung um das besitzte Kuwait nachgeben.
    Hussein habe seine Fähigkeit zur Flexibilität bereits bewiesen, meinte Bush in Anspielung auf die Annäherung zwischen dem Irak und dem Iran nach dem acht Jahre dauernden Golfkrieg.
    Der syrische Präsident Assad will den Iran zu einer eindeutig anti-irakischen Haltung im Golfkonflikt bewegen.
    Assad reiste heute Nacht hier heran.
    Syrien hat den irakischen Einmarsch in Kuwait klar verurteilt und acht Truppen zur Absicherung Saudi-Arabiens entsandt.
    USA.
    Die möglichen Folgen der Golfkrise für die Wirtschaft sind beherrschendes Thema der internationalen Währungskonferenz, die heute in Washington beginnt.
    In einer Studie der Weltbank wird ein weiterer Anstieg der Rohölpreise für möglich gehalten.
    Zurzeit kostet Rohöl 33 Dollar pro Fass.
    Die Wetteraussichten für ganz Österreich bis heute Abend.
    Im Osten teilweise länger sonnig, sonst aber wechselhaft.
    Nachmittagstemperaturen heute zwischen 14 und 19 Grad.
    Und das war's wieder, unser Mittagschanal.
    Im Namen aller Mitarbeiter verabschiedet sich Louis Göck.
    Ein schönes Wochenende.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Rot-blaue Koalition anlässlich Wahlkampf-Pressekonferenz in Klagenfurt
    Einblendung: Franz Vranitzky
    Mitwirkende: Mitsche, Willy [Gestaltung] , Vranitzky, Franz [Interviewte/r]
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten
    IPS zu Wahlkampf
    Kommentare österreichischer Medien zur anstehenden Nationalratswahl
    Mitwirkende: Roither, Bettina [Gestaltung]
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Medien und Kommunikation ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Zu Gast: Prof. Rotter zu Souveränität, Neutralität und Staatsvertrag
    Einblendung: Manfred Rotter
    Mitwirkende: Machatschke, Roland [Gestaltung] , Rotter, Manfred [Interviewte/r]
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Symposion über Slowenen und Kärnten
    Einblendung: Katja Boh, Arnold Suppan
    Mitwirkende: Seifried, Gerhard [Gestaltung] , Boh, Katja [Interviewte/r] , Suppan, Arnold [Interviewte/r]
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Ort: Klagenfurt
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; Bildung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Sowjetunion: Das Hin und Her um die Wirtschaftsreform
    Manifest des bekannten russischen Autors Alexander Solschenizyn, das für Marktwirtschaft und die Auslöschung von kommunistischen Gedankengut plädiert, erregt Aufmerksamkeit unter den sowjetischen Abgeordneten. Solschenizyn möchte zu den vorrevolutionären Traditionen zurückkehren und spricht sich für einen Bund der Slawen aus, der aus Russand, der Ukraine und Weißrussland bestehen soll.
    Mitwirkende: Löw, Werner [Gestaltung]
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Lokalaugenschein in Armenien
    Einblendung: Karina Atujan, Universitätsdozentin aus Eriwan. Ruben Geworkjan. Weiterhin Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Berg-Karabach, die armenische Enklave im aserbaidschanisch besiedelten Gebiet.
    Mitwirkende: Köttnig, Heribert [Gestaltung] , Atujan, Karina [Interviewte/r] , Geworkjan, Ruben [Interviewte/r]
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Frankreich: Kontroverse über den Film "L'Autrichienne"
    Einblendung: Filmausschnitt. Kinobesucher
    Mitwirkende: Gallmetzer, Lorenz [Gestaltung] , Anonym, Kinobesucher, Kinobesucherin, Kinobesucherinnen [Interviewte/r]
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medien und Kommunikation ; Film ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Ausstellung über die Fluxus-Bewegung
    Einblendung: Peter Weibel, Ursula Krinzinger, Hermann Nitsch, Brigitte Kowanz
    Mitwirkende: Bilek, Robert [Gestaltung] , Weibel, Peter [Interviewte/r] , Krinzinger, Ursula [Interviewte/r] , Nitsch, Hermann [Interviewte/r] , Kowanz, Brigitte [Interviewte/r]
    Datum: 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Bildende Kunst ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten

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    Titel Mittagsjournal 1990.09.22
    Spieldauer 00:59:29
    Mitwirkende Glück, Luis [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1990.09.22 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Politik Österreich ; Politik ; Nachrichten ; Regierung ; Parteien / SPÖ ; Parteien / ÖVP ; Parteien / FPÖ ; Wahlen ; Neutralität ; Staatsvertrag ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
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