... und steht die ganze Welt in Flammen - hipp, hipp, hurra!

Die naive Selbstverständlichkeit, mit der der Kriegsgegner verunglimpft wird, die Schein-Gemütlichkeit des Wiener Dialekts, die Scherzchen, die mit Entsetzlichem getrieben werden, machen Richard Waldemars „Politische Briefe“ zu einem interessanten akustischen Beleg für eine zum Teil bewusst hervorgerufene Volksstimmung.

Die Kriegspropaganda während des Ersten Weltkriegs entfaltete sich in einer Öffentlichkeit, die noch durch Druckerzeugnisse, vor allem die Tagespresse, charakterisiert war. Akustische Propaganda – Reden, Gesang, Kabarett – konnte in einer Welt noch ohne Radio nur entweder unmittelbar an öffentlichen Stätten stattfinden – oder durch das Abspielen einer Grammophonplatte.
(Schellack-)Schallplatten und Tonwalzen waren bereits vor dem Krieg zu einem wichtigen Medium geworden. Besonders beliebt waren Marschmusik und patriotische Lieder. Zahlreiche Kabarettisten verbreiteten ihre Kleinkunst ebenfalls auf dem Weg der schwarzen Scheiben, so in Wien z. B. Heinrich Eisenbach und Richard Waldemar. Hieraus entwickelte sich ab dem Kriegsausbruch eine Produktion an Platten, die den Patriotismus zum Chauvinismus steigerte und Kabarett-Gstanzl zu Hetzliedern.
Waldemars „Politische Briefe“ aus dem Jahr 1915 geben recht unmittelbar den „Volkston“ der Kriegspropaganda (im Vergleich dazu die offizielle Propaganda von Generalen und Kaiserhaus) wieder. Karl Kraus hat ihn in seinen „Letzten Tagen der Menschheit“ evoziert.

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Wir halten fest zusammen ... und steht die ganze Welt in Flammen - hipp, hipp, Hurra!
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Wie der Generalfeldmarschall von Hindenburg an den russischen Generalstabschef schreibt ...
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Wie der Zar an den Generalfeldmarschall von Hindenburg schreibt ...
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Wie nach dem großen Karpatenrückzug ein russischer General an den Kommandanten Nikolajewitsch schreibt …
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Wie der Nikita von Montenegro an seinen lieben Freund Peter von Serbien schreibt …

Die Nachwelt flicht doch Kränze …

Wie geht man um mit Personen, die aus heutiger Sicht zu bestimmten Zeiten falsch gehandelt haben? – Bei aller Schwierigkeit eines Konsenses in dieser Frage läßt sich doch sagen, dass dies erstens davon abhängt, wie schwerwiegend ein solches Fehlverhalten war, und dass zweitens jedenfalls nichts verschwiegen werden darf. Dies gilt keineswegs nur für Waldemar, sondern ebenso z. B. für viele österreichische Schriftsteller, die oft sehr willig an der Kriegspropaganda teilgenommen haben.

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Wie der Präsident Poincaré an seine Pariser schreibt ...
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Wie die englische Regierung an Frankreich schreibt ...
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Wie England an seine Wehrpflichtigen schreibt ...
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Wie der Kommandant der Festung Namur an König Albert schreibt
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Wie ein bayrischer Infanterist an seine Geliebte nach München schreibt …
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Wie die Zentralmächte an den lieben ehrlichen Japaner schreiben …
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Wie König Peter von Serbien an die russische Regierung schreibt ...

Chronologie der Ereignisse

1915

2. Jänner
Karl Goldmark (18. Mai 1830 - 2. Jänner 1915)

Der Komponist Karl Goldmark (18. Mai 1830 - 2. Jänner 1915) stirbt in Wien.
Zu seinen bekanntesten Werken gehört die Oper "Die Königin von Saba"

13. Jänner

Stephan Burián Freiherr von Rajecz wird k. u. k. Außenminister

8. März

Um Italien von einem Kriegseintritt auf Seiten der Entente abzuhalten, erklärt sich Österreich-Ungarn bereit, das Trentino an Italien abzutreten.

15. März

Uraufführung des Films "Der Traum eines österreichischen Reservisten". Der Film basiert auf dem Orchesterwerk Carl Michael Ziehrers "Der Traum eines österreichischen Reservisten" aus dem Jahr 1890.

23. März

Nach dem Scheitern des Entsatzes der Festung Przemysl durch k. u. k. Truppen Ende Februar / Anfang März fällt die Festung am 23. März.

März / April

Der Krieg hat Auswirkungen auf die Versorgungslage der Zivilbevölkerung. In Wien ergehen Appelle zum sparsamen Brotverbrauch, es werden die ersten Lebensmittelkarten für Brot und Mehl ausgegeben, weiters steigen die Lebensmittelpreise für Grundnahrungsmittel wie etwa Milch.

27. April

Das k. u. k. U-Boot U5, unter Kommando von Georg Ludwig Ritter von Trapp, dem Vater der singenden Trapp-Familie, versenkt den französischen Panzerkreuzer Leon Gambetta in der Straße von Otranto.

2. Mai
Die Zahl der russischen Soldaten, die in Gefangenschaft gerieten überstieg die Millionenmarke.

Ostfront – Angriffsverbände der Mittelmächte durchbrechen die Front zwischen Gorlice und Tarnow. Am 3. Juni wird Przemysl zurückerobert und am 23. Juni ziehen Turppen der Mittelmächte im befreiten Lemberg ein. Die Offensive erzwingt ab Mitte Juni 1915, bis in den September, den "Großen Rückzug" der russischen Armee. Fast ganz Polen, der größte Teil von Galizien und Teile des Baltikums kommen unter Kontrolle der Mittelmächte. Die massiven russischen Verluste an Menschen und Material verhindern größere russische Angriffsabsichten in den folgenden Monaten.

3. Mai

Italien kündigt den Dreibund mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich auf.

7. Mai

Seekrieg - Das deutsche U-Boot U 20 versenkt das britische Passagierschiff RMS-Lusitania vor der Südküste Irlands. Heftige Proteste von Seiten der USA, 128 US-Bürger verlieren ihr Leben, führen zur Einstellung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges.

9. Mai bis 23. Juli

Westfront - Französischer Großangriff in der Lorettoschlacht im Artois. Das Rezept mit mehr Infanterie und mehr Artillerie anzugreifen führt, außer zu höheren Verlusten, kaum zu einem nennenswerten Ergebnis. Ebenfalls am 9. Mai, allerdings nur einen Tag lang, erfolgt ein erfolgloser britischer Großangriff bei Aubres zur Unterstützung der französischen Offensive.

15. Mai bis 27. Mai
Das 13th Battaillon London Regiment, The Kensingtons, war einer der Truppenteile, die bei den britischen Unterstützungs-Angriffen zum Einsatz kamen. Viele britische Kommandante hatten Zweifel an den Erfolgsaussichten, doch bestand der britische Kriegsminister Lord Kitchener, auch aus politischen Gründen, auf einer britischen Beteiligung bei den Frühjahrsoffensiven. Das zahlenmäßig noch immer viel schwächere BEF, somit das britische Weltreich, mußte wenigstens den Willen zum Angriff beweisen.

Westfront – Ein weiterer britischer Großangriff bei Festubert, zur Unterstützung der französischen Armee, wird ebenfalls von den deutschen Verteidigern abgewiesen. Die mangelnde Artillerieunterstützung - zu wenige moderne Geschütze und viel zu wenig Munition,  diese auch noch von schlechter Qualität - führt zur "Shell Crisis", der Munitions-Krise von 1915. Als direkte Folge davon werden in Groß Britannien Maßnahmen zur Ausnutzung der gesamten Industriekapazität ergriffen, bei gleichzeitiger Steigerung der Aufträge für Kriegszwecke in den USA. Ein weiterer Aspekt dieser Krise war der beschleunigte politische Aufstieg von David LLoyd George.

23. Mai
Der wohl bekanntesten Tiroler Standschütze war der Bergführer und Gastwirt Sepp Innerkofler, hier von Franz Defregger gemalt. Innerkofler fiel noch im Juli 1915 bei Kämpfen in den Sextner Dolomiten.

Italien erklärt Österreich-Ungarn, aber nicht dem Deutschen Reich, den Krieg. Die italienische Armee versäumt einen schnellen Angriff. Österreich-Ungarn kann mit letzten Reserven, darunter die berühmten Tiroler Standschützen, eine Abwehrfront errichten. Die Südfront, wird einerseits vom Krieg im Hochgebirge, andererseits vom Kampf im Karst am Isonzo-Unterlauf geprägt. Im Gegensatz zur Ostfront oder zur Balkanfront, wird Italien von beinahe allen Bevölkerungsteilen der Monarchie als Feind und wortbrüchiger Angreifer empfunden.

27. Mai

Die Deportationsgesetzte in der Türkei gegen die armenische Minderheit werden auf Druck der Jung-Türken beschlossen. Beginn des Völkermordes an den Armeniern, in dessen Verlauf im Jahr 1915 bis zu 1,5 Millionen Opfer zu beklagen sind.

31. Mai

Luftkrieg - Erste Angriffsfahrt eines deutschen Zeppelins auf London. Das nächtliche Luftbombardement soll die Rüstungswirtschaft schwächen. An Tagen nach Luftschiff-Angriffen sinkt die Produktivität in den Fabriken erheblich ab.

Ab Juni

Westfront - langsames und systematisches Vorrücken deutscher Truppen im Bereich der Argonnen und vor Verdun. Das von General Mudra entwickelte Angriffsverfahren ist viel kleinteiliger als die großen französischen Offensiven, dadurch ist die örtliche Überlegenheit, besonders an effektiver schwerer Artillerie, sehr viel erdrückender. Zu diesem Zeitpunkt ist auch noch eine erhbebliche technische Überlegenheit bei der schweren Artillerie auf Seite der Mittelmächte vorhanden.

23. Juni bis 3. August
Die italienischen Alpini waren als Gebiergstruppen das Gegenstück zu den Kaiserjägern und Standschützen auf österreichischer Seite.

Italienfront - Die italienische Armee beginnt mit der Ersten und Zweiten Isonszoschlacht eine ganze Reihe von Offensiv-Schlachten am Isonzo-Unterlauf. Es ergibt sich ein ähnliches Bild, wie bei den Schlachten an der Westfront. Hohen Verlusten, besonders für die Angreifer, stehen kaum messbare Geländegewinne gegenüber. Auch der Gebirgskrieg wird nun von italienischer Seite mit erhöhtem Einsatz geführt. Die verlorene Zeit zwischen der Kriegserklärung und den ersten großen Angriffen kann aber nicht mehr wettgemacht werden.

Von Juli bis Frühjahr 1916
Fokker EII Eindecker mit dem synchronisierten Maschinengewehr.

Luftkrieg - Westfront - Beginn der "Fokker-Plage" an der Westfront. Durch ein synchronisiertes Maschinengewehr, so kann durch den sich drehenden Probeller geschossen werden, ist der deutsche Fokker-Eindecker allen Flugzeugen der Entente im Luftkampf vorübergehend überlegen.

19. August
Gemälde von Carl Bössenroth.

Seekrieg – Der britische Passagier-Dampfer Arabic wird von U 24 versenkt. Weil unter den Opfern wieder US-Bürger sind wird der U-Boot-Krieg weiter eingeschränkt. Am selben Tag kommt es zum Baralong-Zwischenfall. Die britische U-Boot-Falle Baralong setzt U 27 kampfunfähig. Als U-Boot-Fallen wurden bewaffnete Schiffe bezeichnet, die als Handelsschiffe getarnt waren, ein klarer Verstoß von britischer Seite gegen das Prisen-Recht und einer der Gründe für den uneingeschränkten U-Boot-Krieg von deutscher Seite. Der britische Kapitän lässt alle überlebenden Matrosen der U-Boot Besatzung erschießen, ein klares Kriegsverbrechen.

21. August

Gallipolifront - Der letzte Versuch britischer, australischer und neuseeländischer Truppen die Brückenköpfe an der Meerenge auszuweiten scheitert.

Mitte September
Österreichisch-ungarische Proviantkolonne in Wolhynien (Russisch-Polen; letzter Ort vor der russischen Festung Dubno)<br /><br />Welt-Preß-Photo<br /><br />In: Illustrierte Zeitung, Leipzig, 30. 9. 1915

Nach russischen Gegenangriffen (Schlacht bei Tarnopol 6. – 19. September) kein weiteres Vordringen österreichisch-ungarischer Truppen in Galizien; der Frontverlauf verfestigt sich

September bis November

Ergebnislose französische Herbstoffensive in der Champagne

Oktober bis November
Österreichisch-ungarische Truppen überschreiten, gedeckt durch das Feuer der Donaumonitore, die Donau bei Belgrad<br /><br />Gez. Willy Stöwer<br /><br />In: Illustrierte Zeitung, Leipzig, 8. 10. 1915

Eroberung Serbiens und Montenegros durch die Mittelmächte

6. Oktober Beginn der Offensive, Besetzung Belgrads 
24./25. Oktober entscheidender Erfolg über die serbischen Truppen am Amselfeld bei Pristina

Mitte Oktober
Vor einer Buchhandlung, die eine&nbsp;Karte des Krieges ausgehängt hat<br /><br />In: Illustrierte Zeitung, Leipzig, 25. 11. 1915

Kriegseintritt Bulgariens auf Seiten der Mittelmächte und Teilnahme am Feldzug gegen Serbien

Oktober bis Dezember
Durch Artilleriebeschuss zerstörtes Haus<br /><br />In: Illustrierte Zeitung, Leipzig, 23. 12. 1915

Dritte und Vierte Isonzoschlacht; vergebliche italienische Angriffe (u. a. auf Görz); hohe Verluste auf beiden Seiten