FFV1 an der Österreichischen Mediathek

Fragen & Antworten

von Marion Jaks (Österreichische Mediathek)

Auf dieser Seite:

Die Entscheidung der Österreichischen Mediathek für FFV1 als Archivcodec für Videodigitalisate fiel im Jahr 2010. Damals handelte es sich durchaus um eine mutige Entscheidung, war die Mediathek doch zu diesem Zeitpunkt eine der ersten Institutionen weltweit, die diesen Codec für die Langzeitarchivierung ihrer Archivkopien einsetzte.
Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung für FFV1 keine leichtfertige: Intensive Recherchen und Tests gingen ihr voraus.

Seit 2011 digitalisiert die Österreichische Mediathek erfolgreich ihre Videobestände in FFV1.
Mehrere andere Institutionen haben sich in den folgenden Jahren zum Nutzerkreis von FFV1 dazugesellt (VGL. Liste der Institutionen, die FFV1 verwenden).
Gerade in den letzten Jahren gibt es intensive Bewegung im Bereich FFV1 durch das Projekt PREFORMA und die Bemühungen zur Standardisierung von FFV1 in der Arbeitsgruppe CELLAR (Codec Encoding for LossLess Archiving and Realtime transmission).

Diskussion

Obwohl die Geschichte von FFV1 gerade in den letzten Jahren eine sehr erfolgreiche war und es sich nach mehrjähriger der Praxis bestätigt hat, dass Institutionen, die damit arbeiten, sehr erfolgreich agieren, gibt es nach wie vor kritische Stimmen.
Nachdem die Mediathek sehr stark mit FFV1 verbunden ist, werden wir häufig mit Fragen und Kritik konfrontiert.

Im folgenden Abschnitt werden häufige Fragen, wie sie tatsächlich an die Mediathek gestellt wurden, aufgegriffen und beantwortet. Ziel dieser Darstellung ist es, anhand der Fragen Unsicherheiten auszuräumen und die Argumente zu klären, welche die Mediathek zu ihrer Entscheidung bewogen haben und sie auch nach wie vor bestätigen.

Fragen & Antworten

FFV1 braucht so viel Speicherplatz. Warum nicht in einem verlustbehafteten (lossy) Codec archivieren? Die Rundfunkarchive machen das doch auch so.

Die Speicherplatzfrage ist keine FFV1-spezifische Frage. Dabei wird die Grundsatzfrage jeder digitalen Archivierung berührt: verlustfrei (lossless) oder verlustbehaftet (lossy)?
Jede Art der verlustfreien Speicherung von Videoinhalten ist sehr speicherplatzintensiv. Nimmt man hingegen Verluste in der Bildqualität in Kauf – wie es z.B. bei vielen Rundfunk – und Produktionsarchiven üblich ist – reduziert sich naturgemäß der benötigte Speicherplatz: ein Teil der ursprünglich vorhandenen Information geht jedoch verloren.
Bei Rundfunkarchiven liegt der Schwerpunkt meistens in der raschen Verfügbarkeit der digitalen Videos und der einfachen Verwendbarkeit in den entsprechenden Schnittabläufen. Die Prämisse auf rasche Verfügbarkeit und Optimierung für die Schnittanwendung ist der Hintergrund, weshalb viele Rundfunkarchive in verlustbehafteten Codecs archivieren.
Bei Archiven, wo weder die rasche Verfügbarkeit noch die Optimierung für Schnittanwendung die erste Priorität sind, sollte jedoch der Grundsatz verfolgt werden, Medieninhalte möglichst ohne zusätzliche Verluste zu erhalten.

Die verlustfreie Archivierung von Medieninhalten spielt vor allem dort eine Rolle, wo unikate, kulturell wertvolle Aufnahmen auf bedrohten Trägern gespeichert sind.
Ein Beispiel sind hier Videoaufnahmen auf Magnetband zu nennen. Hier stellt der Digitalisierungsprozess die einzige Möglichkeit dar, die Inhalte der Aufnahmen in digitaler Form zu erhalten. Da die Lebensdauer analoger Videoformate aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit, sowie der begrenzten Lebensdauer von Abspielgeräten begrenzt ist (in wenigen Jahren werden die meisten nicht digitalisierten Inhalte verloren sein), sollte der Digitalisierungsvorgang in der bestmöglichen Qualität stattfinden. Später ein besseres Digitalisat herzustellen, wird sehr wahrscheinlich nicht mehr möglich sein.
Aus diesen Gründen ist „verlustfrei“ das Paradigma in der digitalen Langzeitarchivierung von bedrohten analogen Beständen.

Im Bereich der digitalen Erhaltung von bedrohten Tonträgern ist das Prinzip der verlustfreien digitalen Archivierung in dem Whitepaper TC-03 der IASA (International Association of Sound and Audiovisual Archives) festgehalten:

"Datenreduktion ist ein wichtiges Instrument bei der Verbreitung von Audiosignalen. Ihre Anwendung in der Archivierung verstößt jedoch gegen das ethische Prinzip der möglichst vollständigen Bewahrung der Primärinformation. Datenreduktion erlaubt nicht die Wiedergewinnung der originalen akustischen Verhältnisse und schränkt überdies die weitere Verwendung der Aufnahmen durch das Entstehen von Artefakten beim wiederholten Kopieren (Kaskadieren) ein, z. B. bei der Zusammenstellung eines neuen Programms aus datenreduzierten Originalen."
(Quelle: IASA-TC 03, 2005:9)


Der wesentliche Grund, weshalb es im Videoarchivbereich bisher keine Einigung auf eine Art und Weise der Erhaltung digitaler Videodateien gab, liegt in der großen Diversität von Videoarchiven, deren oft unterschiedlichen Zielsetzungen und Arbeitsumgebungen. Auch hier seien wieder die unterschiedlichen Schwerpunkte von Rundfunk- und Produktionsarchiven mit dem obersten Ziel von Verfügbarkeit und Schnitt sowie Archive mit dem reinen Fokus auf Erhaltung als Zielsetzung genannt.
Vor diesem Hintergrund scheint es nicht realistisch, dass es in den nächsten Jahren zu einer Vereinbarkeit dieser Gegensätze in der Wahl eines generell in Archivkreisen verwendeten Codecs kommt.

FFV1 ist ein Codec, der ausschließlich Verfahren zur verlustfreien Kompression von Videoinhalten anwendet. Darin liegt auch der große Vorteil, da die Kompression eine Verringerung der zu speichernden Datenmenge zu Folge hat. Gerade für Archive, die einerseits dem Grundsatz einer verlustfreien Archivierung folgen, andererseits, aber aufgrund von Infrastruktur und budgetären Fragen die Speicherplatzmenge möglichst klein halten wollen, ist die Verwendung von FFV1 von Vorteil.
 

FFV1 ist in der professionellen Videoproduktion komplett unbekannt. Wäre der Codec eine gute Wahl, würde man ihn ja kennen.

Verlustfreie Codecs sind im Produktionsbetrieb wie auch im Bereich der Privatanwendung kaum verbreitet, da hier andere Kriterien für die Auswahl eines Codecs angelegt werden als im Archivbereich.
Die vorgesehene Anwendung eines Videos bestimmt die Wahl eines Codecs. Da weder im Bereich der Produktion noch im privaten Bereich die verlustfreie Erstellung von Archivkopien Thema ist, finden verlustfreie Codecs hier derzeit noch keine Anwendung. Bei Audio ist Verlustfrei, aufgrund der wesentlich kleineren Dateigröße der Daten, schon der Standard – auch in Rundfunk- und Produktionsarchiven, und teilweise sogar im Privatbereich.

Daher ist es nicht verwunderlich, wenn Vertreter aus Videoproduktion oder auch Privatpersonen noch nie von bestimmten lossless Codecs – wie z. B. FFV1 – gehört haben.

Beispiele für andere Codecs mit verlustfreier Kompression wären z.B.:
•    JPEG2000 lossless
•    Dirac (BBC)
•    H.264 lossless
•    Huffyuv
•    Lagarith
•    Snow

Warum nicht einfach uncompressed?

„Uncompressed“ bezeichnet die Speicherung der Daten ohne Verfahren zur Datenreduktion, d. h. die Daten liegen in vollem Umfang vor. Diese Art der Speicherung benötigt das größte Speicherplatzvolumen. Gleichzeitig beanspruchen Files derartiger Größe die Infrastruktur (Netzwerk, Wiedergabe auf Rechnern, …).
Bei unkomprimierten Videodaten sind die sichtbaren Auswirkungen bei Datenschäden geringer als bei komprimierten (im Fall von Datenverlust sind bei Kompressionsverfahren tendenziell größere Bild-Bereiche betroffen) und bieten dem Problem der Formatobsoleszenz keine Angriffsfläche.
Die Nachteile von „uncompressed“ liegen vor allen in der großen Speicherplatzmenge, die von vielen Archiveinrichtungen finanziell nicht geleistet werden kann, und dem Fakt, dass "uncompressed" im Normalfall keine Möglichkeiten zur Fehlererkennung bietet.

Zur Risikominimierung von Datenverlust ist es allgemein empfehlenswert mindestens 3 Kopien der zu erhaltenden digitalen Daten zu erstellen (in unterschiedlichen Speicherpools, auf unterschiedlichen physischen Trägern). Gerade bei der Speicherung von „uncompressed“ ist das oft finanziell nicht möglich. Bei der Verwendung von verlustfreien Codecs können um die Speicherplatzmenge von einem unkomprimierten File zwei bis drei Kopien erstellt werden.

FFV1 (Version 3) bietet zusätzlich zur Speicherplatzreduktion den Vorteil von multithreading encoding (schnellere Verarbeitung bei Encodierung/Decodierung) und eine Prüfsumme (CRC) für jeden einzelnen Frame, wodurch Datenfehler eindeutig identifiziert werden können.

Warum verwendet die Österreichische Mediathek nicht den bekannten und weit verbreiteten Codec JPEG2000?

JPEG2000 ist ein Videocodec, der in seiner verlustbehafteten Variante sehr weit verbreitet ist. JPEG2000 lossy findet zum Beispiel seine Anwendung im Digital Cinema Package (DCP), welches für die Kino-Distribution verwendet wird und daher auch im Produktionsbereich sehr bekannt ist.

JPEG2000 kann auch verlustfrei eingesetzt werden. In dieser Variante ist JPEG2000 lossless in einigen Archiven als Archivcodec im Einsatz. Das wohl bekannteste Archiv, welches mit JPEG2000 lossless arbeitet ist die U.S. Library of Congress.
Die Vorteile von JPEG2000 lossless liegen – wie auch bei FFV1 – vorrangig in der verlustfreien Kompression von Videodaten. Für SD-Material (Standard Definition) bietet FFV1 ungefähr dieselbe Kompression wie JPEG2000 lossless, jedoch bei wesentlich geringerer Rechenleistung.
Die größten Nachteile liegen bei JPEG2000 lossless in Kompatibilitätsproblemen durch unterschiedliche Versionen verschiedener Hersteller. Diese entstehen größtenteils auch aufgrund der Komplexität dieses Formats. Weiters sind die benötigten Algorithmen ein Grund für den signifikant-höheren Rechenbedarf, was sich negativ auf Hardwareanforderungen und die Geschwindkeit beim Öffnen und Umwandeln in andere Formate auswirkt.
Trotz seiner Popularität als Industrieformat wird JPEG2000 – vor allem in seiner lossless Variante – nur von wenigen Applikationen unterstützt.
 

Exkurs in die Geschichte der Österreichischen Mediathek…
 

In der Österreichischen Mediathek gab es ursprünglich die Überlegung JPEG2000 lossless als Archivformat zu wählen. In den folgenden Tests kamen wir allerdings zu dem Ergebnis, dass es Probleme mit den unterschiedlichen Implementierungen von JPEG2000 lossless gibt und, dass wir damals (2010) diese Files nicht ohne entsprechende Hardware-Karte abspielen konnten. Für uns schien es zu riskant, in einem Format zu Archivieren, welches wir nur mit Hilfe von spezieller Hardware wiedergeben konnten. Zum Öffnen und Umwandeln dieser Dateien gab es damals nur ein proprietäres Programm weltweit, wodurch der Zugang zu unserer digitalen Sammlung ausschließlich von einem Hersteller abhängig gewesen wäre.

Mit diesen Erfahrungen im Hintergrund startete die Suche nach anderen Möglichkeiten einer Archivierung mittels verlustfreier Kompression.
Im Zuge einer intensiven Recherche stießen wir auf FFV1. Nach intensiven Tests mit FFV1 kamen wir zu dem Schluss, dass wir unseren kompletten Archivierungs-Workflow problemlos mit FFV1, ohne spezielle Hardware und ohne Einschränkungen auf proprietäre Software durchführen konnten. Bereits 2011 standen (dank FFmpeg – siehe unten) ausreichend Open Source Tools zur Verfügung, um auf Standard-Hardware eine direkte Digitalisierung in FFV1 durchzuführen.
Nachdem unsere ursprünglichen Versuche mit JPEG2000 lossless in eine Sackgasse geführt hatten, haben wir mit FFV1 einen Weg gefunden, die für uns notwendigen Workflows von Digitalisierung und Transkodierung umzusetzen. FFV1 war für die Österreichische Mediathek zum Zeitpunkt der Entscheidung alternativlos.
Da bis zum heutigen Tag alle Workflows der Österreichischen Mediathek mit FFV1 problemlos umgesetzt werden können, gibt es für uns keinen Grund für einen Wechsel zu einem anderen verlustfreien Codec.

Windows Media Player kann FFV1 nicht wiedergeben. Daher ist dieses Format zur Archivierung ungeeignet.

Welche Formate ein Player wiedergeben kann, hängt davon ab, welche Codec-Programmbibliotheken ("codec libraries") dieser Player verwendet. Einige Player verwenden als Codec-Library FFmpeg. FFmpeg ist ein Open Source Projekt, welches neben Programmen zur Konvertierung, Aufnahme, Streaming und Remuxing/Rewrapping eine umfassende Codec-Library darstellt. FFV1 wurde als Teil des FFmpeg-Projektes entwickelt. Das bedeutet, dass jeder Player, der mit der Codec-Library von FFmpeg arbeitet, FFV1 auch wiedergeben kann.

Damit ist FFV1 ein Codec, der in Anbetracht seines Spezialanwendungsfalls (verlustfreie Kompression), eine vergleichsweise sehr weite Verbreitung hat.

Windows Media Player ist eine proprietäre Software. Welche Codecs von einer proprietären Software unterstützt werden ist Firmensache. Als Benutzer/in eines proprietären Players ist man auf Codecs festgelegt, welche in der entsprechenden Zielgruppe des Produktes weit verbreitet sind. Spezialisierte Codecs wie FFV1 werden im Regelfall nicht berücksichtigt, wenn eine Firma einen Player produziert, dessen Zielgruppe in erster Linie aus Privatpersonen besteht.

Mit „DirectShow“ gibt es die Möglichkeit, auf Windows Rechnern zusätzliche Codecs auf Systemebene zu installieren.

Ein sehr weit verbreiteter Player, der FFmpeg als Library verwendet und daher auch FFV1 abspielen kann, ist z. B. VLC Media Player. VLC ist als Open Source Software für jedermann/frau frei verfügbar. Da VLC Open Source Software ist, ist Zugang und Nutzung dieses Programms unbeschränkt. VLC gibt für es auch für alle Plattformen: Windows, MAC, Linux.

Prinzipiell ist die Frage, wie viele Player FFV1 abspielen können, für die Wahl eines Archivcodecs wenig relevant. Von Relevanz hingegen ist die Frage, ob der Zugang zur Wiedergabe meines Formates in irgendeiner Weise eingeschränkt oder bedroht ist (z. B. Von Patenten/Lizenzen, Obsoleszenz proprietärer Programme). Hier kommt der große Vorteil zu tragen, dass FFV1 Teil des Projektes FFmpeg ist. Da es sich hier um ein Open Source Projekt handelt, gibt es keine Einschränkungen, die plötzlich den Zugang zur Wiedergabe der Files verwehren können.

Auch wenn als schlimmstes Szenario FFmpeg den Support für FFV1 einstellen würde, kann man noch immer auf alten Source Code zugreifen, um die Files in ein anderes Format zu überführen. Dies ist ein ganz entscheidender Vorteil im Vergleich zu geschlossener (proprietärer) Software, wo eine Firma unilateral den Zugang zu Abspielmöglichkeiten von firmeneigenen Formaten enden kann, um z. B. neu entwickelte Formate zu promoten.

Open Source-Implementierungen von Codecs bieten eine wichtige und notwendige Rückversicherung für die langfristig geplante Archivierung von Medieninhalten. Damit ist die Frage, ob eine bestimmte Firma in ihrer Software den Codec unterschützt von geringer Relevanz. Bedeutend ist für die Archivierbarkeit die Frage einer dauerhaften Verfügbarkeit des Source Codes eines Codecs.

Literaturtipp:
Mehr zum Thema "Risk Assessment" bezüglich FFV1 als Archivcodec:

FFV1 kann ich nicht in jedem Schnittprogramm direkt verwenden.

Mit welchen Formaten ein Schnittprogramm arbeiten kann, hängt davon ab, welche Codec-Libraries verwendet werden. Wird z. B. FFmpeg verwendet, ist das direkte Arbeiten mit FFV1 kein Problem.
Liste, von Programmen, die mit FFV1 umgehen können (Wikipedia, in englisch) 

FFV1-Support in den meisten Open Source Schnittprogrammen von Haus aus inkludiert. Bei manchen kann man durch die zusätzliche Installation einer Codec-Library mit FFV1 direkt arbeiten. Windows basierte Programme können mit z. B. FFV1 arbeiten, wenn eine passende Codec-Library mit „DirectShow“-Unterstützung installiert ist.

Ist ein direktes Arbeiten mit FFV1 in einer Schnittsoftware nicht möglich, kann das Problem auch damit gelöst werden, indem die Archivkopie in ein anderes Format transkodiert wird, mit welchem das jeweilige Schnittprogramm umgehen kann. Das ist übrigens derzeit noch bei den meisten verlustfreien Codecs notwendig.

Der direkte Umgang mit FFV1 in einem Schnittprogramm war für die Österreichische Mediathek kein Kriterium, ob ein Format für die Langzeitarchivierung von Video tauglich ist.

Nichtdestotrotz führen wir unsere Schnittprojekte ohne zusätzlichen Transkodierungsschritt direkt in FFV1 mit folgenden Programmen durch:

Beispiele Schnittsoftware mit direktem FFV1-Support:

Shotcut, Openshot, Natron, u. A.

Muss ich mit der Kommandozeile arbeiten, um mit FFV1 arbeiten zu können?

Es gibt genug Player und Schnittprogramme mit graphischen User Interfaces (GUI), um FFV1 direkt wiedergeben und bearbeiten zu können. Generell ist allerdings im Bereich der Videoarchivierung der Umgang mit dem Programm FFmpeg äußerst empfehlenswert. FFmpeg ist ein Open Source Projekt, welches Programme zu Konvertierung, Aufnahme, Streaming und Remuxing offen anbietet.

Es gibt Programme, welche eine GUI für FFmpeg zur Verfügung stellen, allerdings kann hier die volle Funktionalität von FFmpeg oft nicht ausgeschöpft werden.

Beispiel: WinFF, Virtualdub FFV1

Unabhängig von der Verwendung von FFV1 stellt FFmpeg ein „Schweizer Taschenmesser“ in der Arbeit mit digitalem Video dar. Gerade für den Archivbereich ist FFmpeg das Programm der Wahl, wenn sorgfältige Transkodierungen vorgenommen werden müssen. Um das volle Potenzial von FFmpeg auszuschöpfen, empfiehlt es sich grundlegende Kommandozeilenkenntnisse anzueignen. FFmpeg gibt es für Windows, Mac und Linux.

Video/Filmarchivare haben eine Reihe von Beispiel-Kommandos und Hilfestellungen gesammelt, um ArchivarInnen den Einstieg in die Verwendung von FFmpeg auf der Kommandozeile zu erleichtern.

FFV1 ist nicht standardisiert und daher nicht für die Archivierung geeignet.

Die Standardisierung von FFV1 ist aktuell gerade im Gange. Durchgeführt wird die Standardisierung von FFV1 von der Arbeitsgruppe CELLAR (Codec Encoding for LossLess Archiving and Realtime transmission) über die IETF (Internet Engineering Task Force) im Rahmen des PREFORMA Projekts.

Einige der Hauptakteure in der CELLAR Arbeitsgruppe sind u. A. Reto Kromer, Kieran O'Leary (vom Irish Film Institute), Peter Bubestinger (AV-RD), sowie Dave Rice und Jérôme Martinez, von dessen Firma "MediaArea" das im Archivbereich weit verbreitet und geschätzte Programm "MediaInfo" stammt.

Die Österreichische Mediathek entschied sich 2010 für die Verwendung von FFV1 als Archivcodec, obwohl dieser zu diesem Zeitpunkt nicht standardisiert war. Grundlage für die Entscheidung die fehlende Standardisierung nicht als Ausschlusskriterium für einen Archivcodec zu sehen, war das Faktum, dass FFV1 mit seiner Einbettung in FFmpeg nur in einer einzigen Implementierung vorliegt. Die Implementierung von FFmpeg stellt somit eine Referenzimplementierung dar. Durch die freie Zugänglichkeit von FFmpeg gibt es auch keine Motivation für Firmen, welche FFV1-Support anbieten wollen, eigene Implementierungen zu entwickeln, was eventuell Inkompatibilitäten zur Folge hätte. Weiters kann durch das Mit-Archivieren von FFmpeg's Programmquellcode ("source code") die Verfügbarkeit in Zukunft garantiert sichergestellt werden.

Durch die Einbindung in FFmpeg gab und gibt es daher keine Gefahr für die Entstehung nicht kompatibler oder nicht mehr verfügbarer Versionen.

Nichtsdestotrotz war in Vergangenheit die fehlende Standardisierung einer der am häufigsten genannten Kritikpunkt an FFV1. Durch die Bemühungen der CELLAR Working Group wird diese Kritik in naher Zukunft obsolet sein.

Mittlerweile gibt es auch von FFV1 unterschiedliche Versionen. Ist hier die Kompatibilität gegeben?

In der Zwischenzeit wurden 2 Versionen von FFV1 veröffentlicht: FFV1.1 und FFV1.3.

Bei FFV1.3 handelt es sich um eine weiterentwickelte Version von FFV1 mit folgenden Verbesserungen: Multithreading (encoding/decoding), CRC Prüfsummen und Speicherung des Display Aspect Ratios (DAR).

Probleme in puncto Kompatibilität gibt es nicht, da in FFmpeg, welches die Referenzimplementierung darstellt, beide Versionen dauerhaft unterstützt werden. Sogar der FFmpeg-Fork "LibAV" unterstützt beide Versionen problemlos.

Aufgrund der vielen Verbesserungen in Version 3 ist es empfehlenswert, diese zu verwenden.

Mit welchen Programmen kann ich arbeiten, um FFV1 zu enkodieren oder daraus zu transkodieren?

In der Österreichischen Mediathek arbeiten wir mit der Open Source Software VirtualDub, Kdenlive, Avidemux und VLC.

Für Transkodierungen arbeiten wir in der Regel mit FFmpeg direkt auf der Kommandozeile. FFmpeg stellt gerade im Archivbereich, wo genaues Arbeiten in der Transkodierung notwendig ist, ein besonders empfehlenswertes Tool dar.

Als Einstieg empfiehlt sich hier die Seite: amiaOpen Source.github.io/ffmprovisr/

Weitere Software mit FFV1-Unterstützung:

Shotcut, Openshot, Handbrake, WinFF, MediaCoder

Wie sieht es mit der Performance aus? Es dauert so lange, in FFV1 zu kodieren.

Die Berechnung von Videoinhalten, die in einem verlustfreien Codec gespeichert wurden, ist immer ressourcenintensiv, da eine große Menge an Daten verarbeitet werden muss. Im Vergleich zu anderen verlustfreien Codecs z. B. JPEG2000 lossless oder Dirac schneidet FFV1 beim Tempo für Encodierung/Decodierung sehr gut ab, da einfachere Algorithmen verwendet werden. Das bedeutet, dass eines der Argumente, die für die Verwendung von FFV1 sprechen, gerade seine gute Performance (encoding/decoding) und geringeren Ansprüche an die CPU des Rechners sind.

Tests bei denen die Performance unterschiedlicher lossless Codecs getestet wurde, zeigen, dass FFV1 im Vergleich zu den anderen lossless Codecs in kürzester Zeit die kleinsten Files produzieren kann.

Wer steht hinter FFV1? Wo sind meine Ansprechpartner bei Problemen?

FFV1 ist ein Codec, der im Rahmen des Open Source Projektes FFmpeg entwickelt wurde. FFV1 wurde von Michael Niedermayer im Jahr 2003 entwickelt. Aktuell arbeitet die „CELLAR“ Arbeitsgruppe in enger Zusammenarbeit mit Niedermayer an der Standardisierung von FFV1. Wie bereits erwähnt sind einige der Hauptakteure in der CELLAR Arbeitsgruppe u. A. Reto Kromer, Kieran O'Leary (vom Irish Film Institute), Peter Bubestinger (AV-RD), sowie Dave Rice und Jérôme Martinez.

Da FFV1 als Codec in "Free and Open Source Software" (FOSS) implementiert ist, gelten für ihn auch die 4 Freiheiten von FOSS: „use, study, share and improve“.

Der Source Code von FFV1 in der Implementierung von FFmpeg steht der Öffentlichkeit unter einer Freien Softwarelizenz zur Verfügung. Demnach kann jede/r Programmierer/in bei FFV1 Weiterentwicklungen vornehmen. Nach einem genauen Test- und Review-Verfahren durch Entwickler/innen von FFmpeg werden die vorgenommenen Änderungen angenommen oder entsprechend abgelehnt. Etwaige Probleme oder Fehler können entweder auf der CELLAR Mailinglist oder bei Bedarf auch direkt in den FFmpeg Mailing Listen gemeldet und diskutiert werden.

Die Entwicklung von FFV1 Version 3 wurde von Peter Bubestinger und Dave Rice initiiert. Finanziert wurde dieses Projekt von der Österreichischen Mediathek gemeinsam mit anderen Einrichtungen und Firmen. Diese Weiterentwicklung wurde möglich durch ein direktes Inkontakttreten mit Michael Niedermayer.

Ein Beispiel, wo ein weiterer, unabhängiger Entwickler eine Verbesserung an FFV1 vorgenommen hat, war die Erweiterung um den Farbraum 48bit/16bpc RGB im Jahr 2016 von Georg Lippitsch. Diese Verbesserung ergab sich aus der Initiative des Archivars und Filmspezialisten Reto Kromer, der auch die Finanzierung des Projektes übernehmen konnte. Dieses Beispiel zeigt, dass auch unabhängige Fachleute nach Wahl beauftragt werden können, auch falls in Zukunft die aktuellen Entwickler nicht mehr zur Verfügung stehen sollten.

FFV1 ist gratis – ich bin skeptisch, ob das was taugt.

Es ist keine Seltenheit, dass Open Source Software aufgrund ihrer gratis Verfügbarkeit mit Skepsis begegnet wird. Dahinter steckt oft die Sorge, dass etwas faul sein muss, wenn jemand eine Anwendung gratis zur Verfügung stellt.
 

Das einfachste Mittel, um dieser Skepsis zu begegnen ist es, selbst auszutesten, ob eine Anwendung das hält, was sie verspricht. Gerade bei Open Source Anwendungen gibt es oft die Möglichkeit, diese ohne finanziellen Aufwand zu testen.
 

Darüber hinaus ist der wesentlichste Punkt (wie der Name „Open Source“ schon sagt), der, dass der Programmcode dieser Software unter einer “Free Open Source Software” (FOSS) Lizenz verfügbar ist. Das bedeutet, dass die Software bei Bedarf sogar von ExpertInnen selbst evaluiert werden kann.

Bei proprietärer Software sind Tests oft nur nach Kauf möglich und auf sogenanntes "Black Box Testing" beschränkt. Der Programmcode ist üblicherweise geheim und kann daher weder evaluiert noch korrigiert, noch verbessert werden.
 

Die freie Verfügbarkeit von Open Source Produkten geht oft auf Kosten der Entwickler/innen und ist im Wesentlichen ein Resultat ihres persönlichen Engagements und ein oft wenig beachtetes Entgegenkommen an die Nutzergruppe. Leider werden oft die eigentlichen Vorteile von Open Source Software übersehen, überschattet von der Möglichkeit einer "gratis" Nutzung. Die größten Vorteile von Open Source für Langzeitarchivierung sind vor Allem die Möglichkeit und Erlaubnis die Technologie nicht nur verwenden zu können, sondern auch verstehen, verbreiten und verbessern zu dürfen (=4 Freiheiten von FOSS). Unter diesen Umständen kann man in Zusammenarbeit mit Programmierer/innen selbst Weiterentwicklungen finanzieren oder bestehende Fehler ausbessern. Mit diesen Möglichkeiten im Hintergrund ist Open Source Software nicht notwendiger Weise kostenfrei. Diese Möglichkeiten erlauben es den Nutzer/innen selbst teil zu nehmen, das Produkt mit zu gestalten und einen Beitrag zu Weiterentwicklung und Verbesserung zu leisten. Während eine Investition in ein proprietäres Produkt häufig aus den reinen Anschaffungskosten besteht, kann eine Investition in ein Open Source Produkt verwendet werden, um Änderungen und Verbesserungen zu initiieren, von denen die ganze NutzerInnengruppe profitieren kann.

FFV1 und seine Weiterentwicklungen zu Version 3 sind ein Beispiel dafür, wie Open Source Produkte auf eigene Initiative verbessert werden können.

Wie sieht es bei FFV1 mit Patenten aus?

Im Rahmen des PREFORMA Projektes wurde diese Frage u. A. von wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen der Skövde Universität in Schweden bearbeitet.
Das Ergebnis ist, dass es derzeit keine bekannten Patentansprüche auf die Techniken in FFV1 gibt.
Sollte sich, wider Erwarten, in Zukunft jedoch jemand diesbezüglich melden, stellt dies kein Problem für die Zugänglichkeit von FFV1 dar. 
Zu Gute kommt hier, dass Softwarepatente nur in wenigen Ländern Verbreitung gefunden haben, und außerdem der Source Code von FFmpeg zur Verfügung steht. Vor diesem Hintergrund scheint es kaum möglich, FFV1-Unterstützung einfach "wegzuklagen". Sollte dieser Fall jedoch trotzdem eintreten, gäbe es immer noch mehr als genug Zeit und Möglichkeiten, auf ein beliebiges anderes Format zu konvertieren.

Mit speziellem Dank an Peter Bubestinger.