Das ist Berlin
Krieg 1939 – 1945
Die Gegnerschaft zum NS-Regime kennzeichnete für Günther Schifter die Jahre 1939–1945. Allein sein Interesse an der englischsprachigen Welt und die ungebrochene Leidenschaft für Jazz und Swing, von den Machthabern als "entartete Musik" eingestuft, war Zeichen des Widerstands.
Erste Probleme mit den Nationalsozialisten bekam er als Gymnasiast. Sein Englischlehrer fand bei ihm eine Notiz, die auf das Hören so genannter "Feindsender" schließen ließ, und brachte dies zur Anzeige. Er wurde im berüchtigten Gestapo-Hauptquartier am Wiener Morzinplatz vorgeladen, die Strafe verlief vorerst mit der Ablieferung des Radios noch glimpflich. Nach der Matura wurde Schifter zur Wehrmacht eingezogen, wurde jedoch nach nur vier Monaten als untauglich entlassen. Zum Arbeitsdienst verpflichtet, gelang es ihm, der Firma Schrack, die Radiogeräte herstellte, zugewiesen zu werden. Dies ermöglichte ihm, dort durch fortgesetztes heimliches Hören von "Feindsendern" z. B. von der Invasion der Alliierten in der Normandie im Juni 1944 zu erfahren, was ihn auf ein baldiges Ende der NS-Herrschaft hoffen ließ.
Plakat "Gegen Schlurfs", Wien, NS-Zeit
Der auch mit Freunden im Verborgenen gemeinsam weiter gepflegte Musikgeschmack führte, verraten durch einen vermeintlichen Gesinnungsgenossen, im Dezember 1944 zur Verhaftung und zur Überstellung in das "Arbeitserziehungslager" nach Oberlanzendorf bei Wien. Als Anfang April die alliierten Truppen auf Wien vorrückten, konnte er in den Wirren der letzten Kriegstage entkommen und erlebte den Zusammenbruch des NS-Regimes in Wien.
Obwohl von den nationalsozialistischen Machthabern verfolgt, wurde Jazz auch in den Kriegsjahren weiterhin gespielt. Sei es, dass Bands amerikanische Nummern mit deutschen Texten versahen und so zur Aufführung brachten, sei es, dass Schellacks mit dieser Musik nach wie vor unter der Hand verkauft wurden – was die Sammlung Günther Schifters auch in den Kriegstagen weiter anwachsen ließ.
Spaziergänger beim Schloss Schönbrunn in Wien um 1941.