1958–1967 Aufschwung, Konsum und Maschinen

Parallel zum wirtschaftlichen Aufschwung zogen seit Ende der 1950er Jahre Maschinen in allen Bereichen des Lebens ein und begannen großflächig, die Arbeitskraft des Menschen zu ersetzen. Der Einsatz des Traktors ist so ein Beispiel, durch ihn veränderte sich der Alltag in der Landwirtschaft von Grund auf. Im Privathaushalt war die Waschmaschine ähnlich revolutionär, beendete sie doch die Praxis des Waschtages, dessen Mühseligkeit in vielen Interviews des Projekts MenschenLeben zur Sprache kommt und dessen einzelne Handgriffe von denjenigen, die sie damals ausführten, bis heute klar im Gedächtnis sind. Schließlich revolutionierte auch der Fernseher das gemeinschaftliche Zusammensein, das in seinen ersten Jahren durchaus noch nicht die dörfliche Gaststube verlassen hatte. Supermarktfilialen von „Selbstbedienungsläden“ tauchten an mehreren Ecken der Städte auf und der Autoverkehr nahm zu. Seit Mitte der 1960er Jahre ist der öffentliche Raum von der Besetzung durch das Automobil geprägt, es veränderte das Stadtbild und das Leben, die Geräusche und Gerüche, den Alltag in der Stadt gänzlich.

1958 – Auf der Suche nach dem Yeti

1958 begleitete der Alpinist und Filme­macher Norman Dyhrenfurth eine wissen­schaft­liche Expedition auf den Himalaya, die Beweise für die Existenz des Yetis suchte. Geboren 1918 in Schlesien, lebte Dyhrenfurth zunächst in Salzburg und Zürich, bevor er seiner Mutter in die USA folgte und dort Filmemacher wurde. Eine be­sondere Leistung Dyhrenfurths war 1963 die erfolgreiche Über­schreitung des Mount Everest, wofür ihm Präsident John F. Kennedy die Hubbard-Medaille der National Geographic Society verlieh. Seinen Lebensabend verbrachte Dyhrenfurth wieder in Salzburg, wo er 2017 im Alter von 99 Jahren verstarb.

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1958 – Norman Dyhrenfurth spricht über Sein oder Nichtsein des Yeti
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1959 – Inge Wolf erinnert sich an die Modernisierung ihres landwirtschaftlichen Familienbetriebes

1959 – Der erste Steyr Traktor

Mit dem ersten Steyr Traktor begann auf dem Hof der Familie Wolf die Moderni­sie­rung, weitere Geräte, wie die Egge und die Dreschmaschine kamen bald dazu. Sie erleichterten die Arbeit unge­mein und veränderten einen land­wirtschaft­lichen Hof gänzlich, so auch die Zusammensetzung des Personals: Knechte und Mägde wurden mit dem Einzug der landwirtschaftlichen Maschinen immer weniger. Der erste Traktor, häufig war das der Steyr Typ 80 (wegen seiner 15 PS landläufig als „15er Steyr“ be­zeichnet), leitete auch in anderen Interviews diese Entwicklung meist Mitte/Ende der 1950er Jahre ein, wie auf dem Foto aus dem Familienbesitz von Herrn Hans zu sehen ist.

1960 – Die Löwinger-Bühne

In dem kleinen Dorf in der Oststeiermark, in dem Anton Prischink aufgewachsen ist, war es für das gesamte Dorf Pflicht, einmal im Monat die Übertragung der Löwinger-Bühne anzuschauen. An diesen Tagen war das Gasthaus bis vor die Tür rappelvoll. Einer entzog sich allerdings dem sehnsuchtsvollen Blick nach Wien ins ferne Theater: Anton Prischinks Vater konnte diesem neuen Trend so gar nichts abgewinnen. Die Stücke der Löwinger-Bühne wurden seit 1956 im österreichischen Fernsehen übertragen und begeisterte das Publikum dermaßen, dass der Verkauf von neuen Fernsehern vor einer neuerlichen Übertragung rasant in die Höhe schnellte. Bis 1998 begeisterte die Löwinger-Bühne das Fernsehpublikum, dann wurde die Produktion eingestellt.

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1960 – Anton Prischink erinnert sich an den ersten Fernseher im Dorf

1961 – Die erste Waschmaschine

Erika Resch erinnert sich, dass sie sich 1961 ihre erste Waschmaschine kaufte. Diese erleichterte ihr das Wäschewaschen ungemein. Der vermehrte Einsatz von „Waschvollautomaten“ im Haushalt kam einer technischen und gesellschaftlichen Revolution gleich. Seit den 1950er Jahren wurden die teuren Maschinen in privaten Haushalten verwendet, seit den 1960er Jahren wurden sie für breitere Schichten leistbar und somit zum Standard im Haushalt. An die Marke der Waschmaschine erinnert sich Erika Resch nicht mehr ganz genau. Möglicherweise war es Panasonic, die 1960 die erste Waschmaschine mit zwei Wäschekammern herausbrachten.

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1961 – Erika Resch erzählt von ihrer ersten Waschmaschine

1962 – Sauschädlstehlen

Als 14-Jährige schafften es Anton Prischink und sein Freund, den Sauschädl eines benachbarten Bauern zu stehlen. Weil der Bauer aber keinen Spaß verstand, fand in ihrem Fall das traditionelle Fest inklusive Gerichtsverhandlung und Sau­schädl­schmaus nicht statt.

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1962 – Anton Prischink spricht über eine steirische Tradition

1963 – Am Mount Everest

Norman Dyhrenfurth leitete 1963 die erfolgreiche Überschreitung des Mount Everest, die gleichzeitig die allererste Überschreitung eines Achttausenders überhaupt war. Dafür verlieh ihm Präsident John F. Kennedy, der noch im selben Jahr ermordet wurde, die Hubbard-Medaille der National Geographic Society. Die Erstbesteigung des Mount Everest war 1953 Edmund Hillary und Tenzing Norgay gelungen.
 

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1963 – Schwierige aber erfolgreiche Expedition
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1964 – Hans Kulisch erzählt vom Greisler seiner Eltern

Das Geschäft der Familie Kulisch befand sich in der Nähe von drei Fabriken, die dem Greisler viel Umsatz brachten. Nachdem die Fabriken Mitte der 1960er ihren Standort im 19. Bezirk aufließen, wurden dort Wohnungen gebaut. Damit wurde die Gegend auch für den Billa interessant und Familie Kulisch musste sich etwas Neues überlegen. Die Discount-Parfümerie von Karl Wlaschek hatte 1960 einen Lebensmittelbereich eingeführt, 1961 kam der Name „Billa“ – für „billiger Laden“ – dazu, Mitte der 1960er Jahre besaß der Konzern bereits 109 Filialen.

1964 – Der Billa kommt

1965 – Zillenmeisterschaft auf dem Donaukanal

Im Jahr 1965 fanden Meisterschaften statt, bei denen sich die Zillenfahrer aus ganz Österreich messen konnten. Helmut Niederhuber erinnert sich an den Wettkampf auf dem Donaukanal, bei dem er zusammen mit seinem Bruder teilgenommen hatte.

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1965 – Helmut Niederhuber nahm an den österreichischen Meisterschaften im Zillenfahren teil
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1966 – Erika Rosenberger erzählt von dem etwas anderem Beruhigungsmittel bei ihrer Führerscheinprüfung

1966 – Führerscheinprüfung

Erika Rosenberger fiel das erste Mal bei der praktischen Führer­scheinprüfung durch. Mit Ach und Krach erhielt sie schließlich den rosaroten Schein, musste aber versprechen, erst­mal nur aus­wärts zu fahren. Irgend­wann jedoch konnte sie keine noch so schwierige Straße mehr vom Autofahren abhalten. Während Frauen in Österreich die Möglich­keit, einen Führerschein zu machen, stets offenstand, sah das bei Verkehrsmitteln des Öffentlichen Dienstes anders aus. Die Wiener Verkehrsbetriebe ließen Frauen als Straßen­bahn­fahrerinnen erst 1970 zu, U-Bahn-Fahrerinnen im Jahr 1991 und Busfahrerinnen gar erst 1992.

Kuratierung, Text: Eva Hallama

1967 – Zugang zur Pille

Ruth Kässmann war 19 Jahre alt, als sie 1967 ihren ersten Sohn bekam. Sie spricht über die sexuelle Aufklärung jener Zeit, der die „sexuelle Revolution“ 1968 kurz bevorstand. Der von ihr erwähnte Oswald Kolle war damals durch seine Auf­klärungs­serien in Illustrierten sehr populär. Außerdem erzählt Ruth Kässmann vom Zugang zur Pille, der für nicht verheiratete Frauen sehr eingeschränkt war.

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1967 – Ruth Kässmann erinnert sich an den eingeschränkten Zugang zur Pille