NS-Propaganda – März 1938

Mit dem Einmarsch deutscher Truppen rollte auch die nationalsozialistische Propagandawelle über Österreich. Im öffentlichen Raum und in den Medien – in Zeitungen und im Radio – konnte man sich dieser Propaganda, die alles übertönte, nur schwer entziehen.

Die neuen nationalsozialistischen Machthaber waren geübt in der Inszenierung von Massenveranstaltungen und im gezielten Einsatz der Massenmedien für ihre politischen Zwecke. Das, was wir heute an historischen Originalquellen im Bereich der Ton- und Filmdokumente aus dieser Zeit vorfinden, ist zu einem großen Teil nationalsozialistische Propaganda, die auch als solche einzuordnen und zu verstehen ist. Aus heutiger Perspektive ist die Wirkung, die diese Propaganda auf den überwiegenden Teil der Bevölkerung ausübte, oft schwer zu verstehen. Damals fiel sie auf fruchtbaren Boden, denn Radikalität in der Aktion und in der Sprache bestimmten in den 1930er Jahren die politische Auseinandersetzung. Inhaltlich war der Boden für die nationalsozialistische Propaganda aufbereitet: Der Anschluss an Deutschland war ein Wunsch, der nach dem verlorenen Krieg ab 1918 – also weit vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten – bei unterschiedlichen Parteien zum politischen Programm gehörte.  Und auch antisemitische Strömungen und Übergriffe hatten eine lange Vorgeschichte.

00:02:33
Hitler-Rede 1938 zum „Anschluss“ vom Balkon des Hotel Imperial in Wien
00:02:34
„Für mich war das eine furchtbare Zeit ...“

Erinnerungen eines Zeitzeugen

00:00:29
Radioreportage vom Besuch Adolf Hitlers in Wien. Ansprache Joseph Goebbels [Ausschnitt]

Regimekritische zeitgenössische Ton- und Filmaufnahmen sind mit Ausnahme von Berichten ausländischer Medien nicht existent. Dies liegt einerseits – und vor allem – am politischen Terror, mit dem die nationalsozialistischen Machthaber jeden Widerstand unterdrückten, aber auch an den – im Vergleich zu heute – limitierten technischen Möglichkeiten zur Herstellung von Ton- und Filmaufzeichungen.
Den Opfern des Nationalsozialismus wurde im größeren Stil erst einige Jahrzehnte nach dem Ende der NS-Herrschaft – vor allem im Rahmen von Interviewprojekten – eine Stimme und ein Gesicht gegeben.
Bei der Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus haben wir es deshalb auch mit einer Ungleichzeitigkeit der Quellen zu tun: Originalquellen, die überwiegend die Perspektive der Täter/innen widerspiegeln, sowie viele Jahre später entstandene Quellen, die die Opferperspektive zum Inhalt haben.

00:01:24
„Vor Unterrichtsbeginn und nach Unterrichtsbeginn: Heil Hitler...“

Propaganda in der Schule

Friedrich Zawrel spricht über die Propaganda für das NS-Regime an Schulen.
Wie schwer sich Österreich mit der Vergangenheitsbewältigung tat und dass Täter/innen des NS-Regimes nach 1945 oft unbehelligt blieben, zeigt die Biografie Friedrich Zawrels. Als Kind Opfer der NS-Verbrechen am Spiegelgrund in Wien traf Zawrel 30 Jahre nach Kriegsende wieder auf seinen damaligen Peiniger Heinrich Gross – der ungeachtet seiner Mitbeteiligung am Euthanasieprogramm während der NS-Zeit als Gerichtspsychiater tätig war.

00:01:30
Wochenschau zur deutschen Okkupation Österreichs, Tonspur [Ausschnitt]

Nationalsozialistische Propaganda

00:03:43
Aufmarsch auf der Wiener Ringstraße

Propaganda im Radio

00:01:11
Ludwig van Beethoven: Fidelio: Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 [Ausschnitt]

Befreiungsoper?

Kulturelle Veranstaltungen standen und stehen auch im Dienst der Politik und werden von dieser instumentalisiert. Die Oper „Fidelio“ von Ludwig van Beethoven wird auf Grund ihres Librettos häufig als „Befreiungsoper“ tituliert und politisch entsprechend eingesetzt: an der Wiener Staatsoper am 27. März 1938 bei einer „Festvorstellung aus Anlaß der Anwesenheit des Ministerpräsidenten Generalfeldmarschall Herman Göring“ genauso wie am 5. November 1955 zur Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper nach dem 2. Weltkrieg.
Die Biografie von Hans Knappertsbusch, dem Dirigenten der Aufführung an der Wiener Staatsoper und auch dieser Einspielung, zeigt, wie unscharf und veränderbar die Grenzen zwischen Mitläufertum, Profiteur/innen des Systems und innerer Emigration sein konnten.