Mittagsjournal vom 28. Juni 1994 [Ausschnitt]
Erinnerungen an den 28. Juni 1914
Sonntag, 28. Juni 1914, in der Erinnerung – Wenige Ereignisse haben sich so tief in die Erinnerung der Zeitgenossen eingeprägt wie die Ermordung des Erzherzog Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajewo.
Obwohl er durchaus nicht beliebt war, wurde sein plötzliches gewaltsames Ende doch als Fanal betrachtet. Daher konnten sich viele damals Lebende noch Jahrzehnte später genau daran erinnern, wann und wo die Meldung von der Gewalttat sie erreichte – an einem strahlenden Sommersonntag, der für viele in der Rückschau die lange Zeit des Friedens, der "Welt der Sicherheit", beschloss. Im Lichte der Ereignisse danach erschien die Tat von Sarajewo als Beginn, ja Auslöser, der folgenden Weltumwälzungen.
Kindheitserinnerung
Augenzeuge
Die Militärkapelle bricht ihr Spiel ab ...
Das Ende der "Welt der Sicherheit"
Blitz aus heiterem Himmel
Das ist der Krieg!
Nicht die kleinste Wolke zeigte sich ...
Arbeiterzeitung
Reichspost
Krieg war für uns nicht Reales
... das bedeutet den Krieg
Chronologie der Ereignisse
1900
Sigmund Freud veröffentlicht "Die Traumdeutung" und damit zentrale Thesen der Psychoanalyse.
An der medizinischen Fakultät der Universität Wien werden Frauen als ordentliche Hörerinnen zugelassen.
Reichsratswahlen. Von den 425 Abgeordneten erhalten die Massenparteien modernen Zuschnitts aufgrund des ungleichen Wahlrechts wenig Abgeordnete: Christlichsoziale (25), Sozialdemokraten (10). Wesentlich mehr Abgeordnete hatten verschiedene liberale und deutschnationale Parteien und die Jungtschechen (75) oder der Polenclub (63).
1. Jänner
Die Krone wird neue Währung. 1 Krone = 100 Heller (1 Gulden der alten Währung entspricht 2 Kronen).
28. Juni
Erzherzog Franz Ferdinand verzichtet für seine Kinder auf die Thronfolge, Grund ist seine Ehe mit der "nicht standesgemäßen" Sophie Gräfin Chotek. (Hochzeit am 1. Juli 1900 in Reichstadt).
14. – 22. Juli
Zweite Olympische Spiele in Paris.
29. Juli
Ermordung des italienischen Königs Umberto I. (* 1844), Nachfolger wird Viktor Emanuel III.
17. August
Besetzung Pekings durch eine gemeinsame westliche Streitmacht.
30. Oktober
Eröffnungskonzert der Wiener Symphoniker.
1901
Wegen angeblicher Angriffe auf den Ehrenkodex des österreichischen Militärs in seiner Novelle "Leutnant Gustl" wird dem Arzt und Schriftsteller Arthur Schnitzler der Rang eines Reserveoffiziers aberkannt.
Sigmund Freud publiziert seine Arbeit "Zur Psychopathologie des Alltagslebens".
Abschluss eines Bündnisses zwischen Rumänien und Österreich-Ungarn, das gegen die Balkanpolitik Russlands gerichtet ist.
Der Arzt Karl Landsteiner (1868–1943) entdeckt das System der Blutgruppen, wofür er 1930 den Nobelpreis erhält.
17. Juni
Auf einer Konferenz in Berlin beschließen Vertreter des Deutschen Reichs und Österreich-Ungarns eine einheitliche deutsche Rechtschreibung (in Kraft getreten mit 1. Jänner 1903). Grundlage ist der "Duden".
14. September
Nach einem Attentat auf den US-Präsidenten William McKinley, an dessen Folgen er stirbt, wird der bisherige Vizepräsident Theodor Roosevelt neuer Präsident.
2. – 6. November
2. Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Wien. "Wiener Programm": Forderung nach arbeitsrechtlichen Reformen (u. a. 8-stündiger Maximalarbeitstag).
10. Dezember
Erste Nobelpreisverleihungen (benannt nach dem Stifter des Preises, Alfred Nobel), in Stockholm und Oslo.
1902
28. Jänner
Elektrifizierung der letzten Pferdestraßenbahnlinie in Wien.
Mai
Beendigung des Burenkrieges, die Burenrepubliken werden britische Kronkolonien.
9. August
Krönungsfeierlichkeiten für Eduard VII.Bündnissysteme in London.
November
Die Annäherung Italiens an Frankreich unterläuft den im Juni verlängerten Dreibundvertrag zwischen Österreich-Ungarn, Deutschland und Italien.
31. Dezember
Abkommen zwischen der cisleithanischen Reichshälfte und Ungarn über den Fortbestand des gemeinsamen Wirtschaftsgebietes. Bestrebungen Ungarns zur Loslösung aus der Doppelmonarchie können eingedämmt werden.
1903
12. Mai
Gründung der "Wiener Werkstätte" durch Josef Hoffmann und Kolo Moser.
15. Juni
Nach einem Staatsstreich und der Ermordung von König Aleksandar Obrenović wird Peter I. Karadjordjevic zum König von Serbien gewählt. Ende des österreichfreundlichen Kurses. Zu den führenden Mitgliedern des Staatsstreiches gehört Dargutin Dimitrijevic, ab 1913 Chef des serbischen Militärgeheimdienstes. Unter seinem Sptiznamen "Apis" Führer der anti-österreichischen, pro-großserbischen Terror-Organisation "Vereinigung oder Tod", auch als "Schwarze Hand" bekannt, die die Ermordung des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand plant, organisiert, die Attentäter anwirbt, ausbildet und nach Sarajewo schleust.
2. August - 4. August
Veto von Kardinal Puzyna gegen die Wahl von Mariano Rampolla zum Papst. Hinter diesem Veto steht Kaiser Franz Joseph, Grund ist die österreichfeindliche Haltung des Kardinal-Staatssekretärs. Abschaffung des Vetorechts am 11. Dezember 1904.
Wahl Giuseppe Sartos zum Papst (Pius X.).
16. September
Armeebefehl von Chlopy. Veranlasst durch Angriffe auf die gemeinsame Armee in Ungarn unterstreicht Kaiser Franz Joseph die Notwendigkeit einer einheitlichen Sprache in der k. u. k. Armee. "Gemeinsam und einheitlich, wie es ist, soll Mein Heer bleiben ...". Proteste in Ungarn waren die Folge.
30. September – 3. Oktober
Treffen Kaiser Franz Josephs mit Zar Nikolaus II. von Russland in Mürzsteg. Abstimmung der gemeinsamen Politik gegenüber dem Osmanischen Reich.
17. Dezember
Erster Motorflug eines Flugzeugs (Brüder Wright).
1904
Russisch-Japanischer Krieg: Kriegserklärung Japans und japanischer Sieg in der Seeschlacht von Port Arthur.
April
Weltausstellung in St. Louis (U.S.A.).
8. April
Großbritannien gibt seine bisherige "splendid isolation" auf und schließt die Entente cordiale mit Frankreich; dadurch bildet sich in der Folge eine Bündnissystem, das dem Zwei- bzw. Dreibund (Österreich-Ungarn, Deutsches Reich, Italien) gegenübertritt.
August
Der Aufstand der Herero in Deutsch-Südwestafrika wird von der deutschen Kolonialmacht brutal niedergeschlagen.
Dritte Olympische Spiele in St. Louis (U.S.A.); der österreichische Turner Julius Lenhart – oft als US-Amerikaner geführt – erringt im Mehrkampf Einzel eine Goldmedaille, eine weitere im Mannschafts-Mehrkampf und eine Silbermedaille im Neunkampf.
3. September
Der Begründer des Zionismus, Theodor Herzl (* 2. Mai 1860), stirbt in einem Sanatorium in Edlach.
1905
Krise in Ungarn: nach dem Wahlsieg der Unabhängigkeitspartei setzt Kaiser Franz Joseph einen General als Ministerpräsidenten ein; der Versuch, die Unabhängigkeitspartei durch Einführung des allgemeinen Wahlrechts in die Schranken zu weisen, wird schließlich aufgegeben, verstärkt aber die Diskussion um ein allgemeines Wahlrecht im österreichischen Reichsteil.
Jänner
Nach Rücktritt des Ministerpräsidenten Koerber (Dezember 1904) bildet Paul v. Gautsch ein neues Kabinett.
September
Nach weiteren japanischen Siegen (Mukden, Tsushima) gibt Russland seine Expansion in Fernost auf (Friede von Portsmouth); in der Folge Rückwendung Russlands zu einer aktiven Balkanpolitik.
27. November
Mährischer Ausgleich: Landtagswahlen nach nationalen Kurien, auch Einigung zwischen Tschechen und Deutschen in Sprach- und Schulfragen.
1906
"Schweinekrieg" Österreich-Ungarns gegen Serbien (1906–1911): vergeblicher Versuch, durch Unterbindung von serbischen Agrarimporten in die Monarchie politischen Druck auszuüben.
Mit der Rehabilitierung des fälschlich als Spion verurteilten jüdischen Offiziers Alfred Dreyfus findet die sogenannte Dreyfus-Affäre, die seit 1894 Frankreich in zwei einander bitter bekämpfende Lager gespalten hat, ein vorläufiges Ende.
Frühjahr
Konferenz von Algeciras zur Beendigung der ersten Marokkokrise; sie wurde ausgelöst durch den vergeblicher Versuch des Deutschen Reiches, den dominierenden französischen Einfluss in Marokko zu bekämpfen; es zeigt sich eine Lagerbildung der Großmächte: Isolierung des Deutschen Reiches gegenüber Großbritannien, Frankreich und Italien.
1. Jänner
Helmuth Johannes Ludwig von Moltke wird Nachfolger von Alfred Graf von Schlieffen als deutscher Generalstabschef.
18. April
USA - Ein Erdbeben der Stärke 8,4 (Richterskala) und ein dadurch verursachtes Feuer zerstört weite Teile von San Francisco.
30. April
Rücktritt des Kabinetts Gautsch, gefolgt vom Kabinett Max Wladimir Beck (2. Juni).
Oktober – November
Alois Lexa von Aehrenthal wird neuer Außenminister der Monarchie, Franz Conrad von Hötzendorf neuer Generalstabchef der k. u. k. Armee; aktivistischere Außen- und Militärpolitik.
16. Oktober
Der "Hauptmann von Köpenick" – ein Schuster, der als Hauptmann verkleidet, ein Rathaus besetzt – führt preußischen Gehorsamskult und Militarismus ad absurdum.
Dezember
Großbritannien stellt das ausschließlich mit großen Kanonen bewaffnete, bisherigen Kriegsschiffen weit überlegene Schlachtschiff "HMS Dreadnought" in Dienst; dies löst eine neue Welle maritimen Wettrüstens aus.
1. Dezember
Das Abgeordnetenhaus des Reichsrates beschließt das allgemeine gleiche (Männer-)Wahlrecht.
1907
Jänner
Wahlen in Cisleithanien (österreichischer Reichsteil) nach dem neuen Wahlrecht; Christlichsoziale und Sozialdemokraten stellen die größten Parlamentsfraktionen.
Mai – Juli
2. Haager Konferenz zur friedlichen Regelung internationaler Konflikte; Verfeinerung der Landkriegsordnung und Regeln für den Seekrieg; in der Rüstungsbeschränkung wird, vor allem wegen des von Österreich-Ungarn gestützten Widerstandes des Deutschen Reiches, kein Fortschritt erreicht.
8. Juni
40-jähriges Krönungsjubiläum in Budapest: 1867 – nach dem "Ausgleich" zwischen Österreich und Ungarn – wurde Kaiser Franz Joseph zum König von Ungarn gekrönt.
5. August
Der britische Polarforscher Ernest Shackleton bricht zu seiner ersten Antarktis-Expedition auf.
31. August
Abkommen zwischen Großbritannien und Russland, Interessensausgleich in Asien; damit ist ein englisch-russisch-französisches Bündnissystem – die Triple-Entente – entstanden.
8. Oktober
Erneuerung des Ausgleiches mit Ungarn: 63,6 Prozent der Ausgaben sind von Cisleithanien, 36,4 Prozent von Ungarn zu tragen.
1908
60-jähriges Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph.
Festigung der britisch-russischen Beziehungen: Treffen Edward VII. mit Nikolaus II. in Reval.
Der Zeichner Alfred Kubin (1877–1959) veröffentlicht seinen fantastischen Roman "Die andere Seite".
Der Architekt Adolf Loos (1870–1933) veröffentlicht seine Schrift "Ornament und Verbrechen".
13. Jänner
Henri Farman gelingt mit seinem Doppeldecker der erste Motorflug über eine Distanz von einem Kilometer.
26. – 28. April
Erster Internationaler Psychoanalytischer Kongress in Salzburg. Sigmund Freud hält den Eröffnungsvortrag.
12. Juni
Kaiserhuldigungsfestzug in Wien, anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Thronbesteigung von Franz Joseph I.
15. September
Treffen in Buchlau zwischen dem österreichisch-ungarischen Außenminister Aloys Graf Lexa von Aehrenthal und dem russischen Außenminister Alexander Petrowitsch Iswolski. Ankündigung der österreichisch-ungarischen Annexion von Bosnien-Herzegowina.
5. Oktober
Annexionskrise – Österreich-Ungarn annektiert Bosnien-Herzegowina, zwei seit dem Berliner Kongress (1878) von der Monarchie besetzte und verwaltete türkische Provinzen; dieses Vorgehen wurde ursprünglich vage mit Russland akkordiert (Außenministertreffen von Buchlau, 15. September), aber nach Scheitern russischer Pläne bezüglich der türkischen Meerengen von diesem und vor allem von Serbien bekämpft; schon vor der offiziellen Bekanntgabe der Annexion bekannt geworden, erregt die Annexion europäische Ablehnung; die Unterstützung der Monarchie durch das Deutsche Reich festigte zugleich die Entente der anderen Großmächte; im Februar und März 1909 wird die Annexion – bei Rückgabe des Geländestreifens des Sandschak Novi Pazar – durch die Türkei und die anderen Mächte anerkannt.
7. November
Rücktritt der Regierung Beck: Erfolg beim neuen Ausgleich mit Ungarn, aber klerikaler Widerstand (Affäre Wahrmund), Ungnade des Hofes und Scheitern der Ausgleichsverhandlungen mit den Tschechen und Deutschen in Böhmen.
15. November
Leopold II., König der Belgier, verkauft nach internationalem Druck, seinen Privatbesitz Kongo-Freistaat dem belgischen Staat, der ihn in die Kolonie Belgisch-Kongo umwandelt. Grund für den Druck sind die Kongo-Gräuel, die bis zu 10 Millionen Menschen im Kongobecken seit 1888 das Leben gekostet haben.
28. Dezember
Durch ein Erdbeben und die folgende Flutwelle werden Messina, Reggio Calabria und Palmi vollständig zerstört. Zwischen 70.000 und 120.000 Menschen fallen dieser größten Naturkatastrophe in Europa im 20. Jahrhundert zum Opfer.
1909
Der deutsche Arzt und Forscher Paul Ehrlich wendet erstmals die Chemotherapie beim Menschen an.
The "Naval Scare" – Der "Marine Schrecken" in Großbritannien führt zu dem kuriosen Ergebnis, dass die Admiralität sechs neue Großkampfschiffe verlangte, die Regierung vier anbot und man sich schließlich auf acht neue Großkampfschiffe einigte.
25. Jänner
Uraufführung der Oper "Elektra" von Richard Strauss nach einem Libretto von Hugo von Hofmannsthal in Dresden.
26. Februar
In einem Abkommen zwischen Österreich-Ungarn und der Türkei, anerkennt die Türkei die Annexion Bosniens und der Herzegowina durch die Doppelmonarchie, welche dafür auf den Sandschak von Novi Pazar verzichtet.
4. März
William Howard Taft wird als 27. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika angelobt.
25. März
Russland anerkennt die Annexion von Bosnien-Herzegowina durch Österreich-Ungarn. Die Annexions-Krise endet mit einem außenpolitischen Erfolg des Habsburgerreiches. Doch weder Russland noch Serbien vergessen, geschweige den vergeben, die tatsächliche oder vermeintliche Demütigung.
25. Juli
Der Franzose Louis Blériot überquert, als erster Mensch in einem Flugzeug, den Ärmelkanal. Die Pionierleistung ist eine doppelte, denn er benutzt den von ihm selbst entwickelten und gebauten Eindecker Blériot XI.
24. Oktober
Abkommen von Racconigi zwischen Italien und Russland, der staus quo am Balkan soll gewahrt und ein Vordringen Österreich-Ungarns verhindert werden.
12. November
Uraufführung der Operette "Der Graf von Luxemburg" von Franz Lehár in Wien.
1910
Die letzte Volkszählung der Monarchie ergibt eine Einwohnerzahl von fast 51 Millionen. Rund 25 Prozent bekennen sich zur deutschen Umgangssprache.
Robert von Lieben (1878–1913) erhält ein Patent auf seine "Verstärkerröhre".
Ausgleich der Nationalitäten in der Bukowina nach dem Muster des Mährischen Ausgleichs (1905).
10. März
Der Wiener Bürgermeister Karl Lueger (* 24. Oktober 1844) stirbt in Wien. Der christlichsoziale Politiker war maßgeblich für die Stadterneuerung verantwortlich (u. a. II. Wiener Hochquellwasserleitung, Kommunalisierung der Strom- und Gasversorgung, sowie der Straßenbahn, Errichtung zahlreicher Sozial-, Kranken- und Schulbauten), politisch und ideologisch vertrat er eine Stärkung des gewerblichen Kleinbürgertums, verbunden mit scharfem Antisemitismus.
April
Besuch des US-Präsidenten Theodor Roosevelt in Wien.
September
Der ehemalige russische Außenminister Iswolski wird Botschafter in Paris und verfolgt einen stark anti-österreichischen Kurs. Iswolski war als russischer Außenminister der Verlierer der Annexions-Krise von 1908/09.
20. November
Die Mexikanische Revolution gegen Langzeitpräsident Porfirio Díaz beginnt unter der Führung von Francisco Madero sowie Emiliano Zapata und Pancho Villa.
1911
26. Jänner
Uraufführung der Oper "Der Rosenkavalier" von Richard Strauss nach dem Libretto von Hugo von Hofmannsthal in Dresden.
18. Mai
Der Komponist, Dirigent und Direktor der Wiener Hofoper von 1897–1907, Gustav Mahler (* 7. Juli 1860), stirbt in Wien.
Juni
Reichsratswahlen, Erfolge deutschnationaler Parteien, Verluste für Sozialdemokraten und Christlichsoziale.
1. Juli
Ankunft des deutschen Kanonbootes SMS Panther in Agadir. Damit beginnt die zweite Marokkokrise. Zuvor hatten im Mai 1911 französische Truppen Fès und Rabat besetzt. Deutschland protestierte mit dem "Panthersprung", der Entsendung des Kanonenbootes, dagegen. Im November wird schließlich ein deutsch-französisches Abkommen über Afrika geschlossen, das einer diplomatischen Niederlage Deutschlands gleichkommt (Kamerun wird deutsch).
September
Unruhen in Wien wegen Teuerungen.
November
Bildung einer neuen Regierung unter Karl Graf Stürgkh.
10. Dezember
Alfred Hermann Fried (1864–1921), der Gründer der Zeitschrift "Die Waffen nieder!", erhält den Friedensnobelpreis.
1912
Verhandlungen über eine Flottenvereinbarung zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich scheitern.
Rudolf Steiner gründet die "Anthroposophische Gesellschaft".
Erscheinen des Werks "Kolloidchemie" von Richard Zsigmondy (1865–1929). 1925 erhielt er den Nobelpreis für Chemie.
Erste Gedichtveröffentlichung von Georg Trakl.
1. Jänner
Am 1. Jänner 1912 wird die Republik China gegründet, damit endet die über 2000-jährige Zeit der Kaiser von China.
März
Bildung des Balkanbundes (Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro).
Mai
Aufstand in Albanien gegen die türkische Herrschaft.
20. Juni – 22. Juli
Fünfte Olympische Spiele der Neuzeit in Stockholm.
Juli – August
Französisch-russische Flottenkonvention. Besuch des französischen Ministerpräsidenten Poincaré in Petersburg.
Herbst
1. Balkankrieg, nach Mobilisierung des Balkanbundes gegen die Türkei vergebliche Vermittlung durch Österreich-Ungarn und Russland, nach der türkischen Niederlage soll deren europäischer Besitz aufgeteilt werden; Spannungen zwischen Österreich-Ungarn und Russland, Österreich-Ungarn verhindert Ausweitung Serbiens in Richtung auf die Adria und setzt mit italienischer Unterstützung einen selbständigen Staat Albanien durch.
Oktober
Italienisch-französisches Abkommen: italienische Neutralität bei Krieg Frankreichs gegen Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich.
28. November
Ausrufung der Unabhängigkeit Albaniens.
5. Dezember
Verlängerung des "Dreibund"-Vertrags zwischen Österreich-Ungarn, Deutschland und Italien.
14. Dezember
Der Beginn der deutschen Militärmission in der Türkei, auf Bitte der türkischen Regierung, führt zur internationalen außenpolitischen Liman-Sanders Krise, benannt nach Generalleutnant Otto Liman von Sanders, dem Kommandanten der Mission. Besonders Russland sah seine Interessen an den Meerengen durch die deutsche Präsenz massiv bedroht. Frankreich und Großbritannien protestierten zwar, aber eher um den Schein zu bewahren.
1913
4. März
Thomas Woodrow Wilson wird als 28. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt.
31. März
"Skandalkonzert": Aufführung der "Fünf Orchesterlieder nach Ansichtskarten-Texten von Peter Altenberg" von Alban Berg unter der Leitung Arnold Schönbergs im Großen Musikvereinssaal in Wien.
Sommer
2. Balkankrieg, im Zuge der Auseinendersetzungen um die Verteilung der eroberten türkischen Provinzen zerfällt der Balkanbund: Angriff Bulgariens auf Serbien (Juni), Bulgarien wird von einer Koalition aus Serbien, Rumänien, Griechenland und der Türkei besiegt, Neuaufteilung der ehemals türkischen Provinzen durch den Frieden von Bukarest (10. August); Österreich-Ungarn, das Bulgarien zu unterstützen suchte, entfremdet sich von Rumänien.
4. Juni
Beim Galopprennen in Epsom läuft die englische Suffragette Emily Davison auf die Rennbahn, vermutlich um für das Frauenwahlrecht zu demonstrieren. Sie stößt mit dem Pferd König George V. (geritten vom Jockey Herbert Jones) zusammen und erleidet dabei so schwere Kopfverletzungen, dass sie vier Tage später daran stirbt.
10. Juni
Graf Stephan Tisza wird abermals ungarischer Ministerpräsident (Führer der liberalen Partei, die seit gelenkten Wahlen 1910 über eine starke Mehrheit verfügte).
Herbst
Fortschritte im Ausgleich zwischen Tschechen und Deutschen in Böhmen (nur mehr "papierdünne Wand").
7. Oktober
Henry Ford führt zur Herstellung des Ford Modell T zunächst im Probebetrieb die Fließbandfertigung ein.
Jänner – Juni 1914
1. Jänner
Die 30-jährige Urheberrechtsfrist für Wagners Oper Parsifal läuft aus: Bayreuth hat nicht mehr das Monopol auf Aufführungen dieser Oper.
1. Wiener Parsifal am 14. Jänner 1914. (mit Erik Schmedes als Parsifal, Anna von Mildeburg als Kundry und Friedrich Weidemann als Klingsor).
5. Jänner
Ankündigung des 8-Stundentages in den Ford-Werken (USA). In Österreich-Ungarn gilt zu dieser Zeit in der Industrie weitgehend der 10-Stundentag.
17. Mai
Der Wiener Associationfootball-Club sichert sich durch ein 1:1 gegen SK Rapid Wien den Fußball-Meisterschaftstitel in der Wiener 1. Klasse.
22. Mai
Der erste Propaganda-Dokumentarfilm Österreich-Ungarns wird in den Kinos aufgeführt, er trägt den Titel "Unsere Kriegsflotte".
Juni
Trotz Interventionsversuchen von russischer Seite stehen zwei, in Großbritannien gebaute, "Dreadnought"-Schachtschiffe kurz vor Fertigstellung und Übergabe an die türkische Marine. Die Regierung Asquith beharrt auf ihrem liberalen Standpunkt, sich nicht in die Geschäfte britischer Firmen einzumischen. Hintergrund ist die Furcht Russlands nicht nur die Passage durch die Meerengen (Dardanellen und Bosporus) verwehrt zu bekommen, sondern auch im Schwarzen Meer gegenüber der türkischen Marine ins Hintertreffen zu geraten.
6. Juni
Der Chemiker Adolf von Lieben (* 3. Dezember 1836) stirbt in Wien.
21. Juni
Die Schriftstellerin und Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner (* 9. Juni 1843) stirbt in Wien.
28. Juni
Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand (* 18. Juli 1863) und seiner Gattin Sophie Herzogin von Hohenberg (* 1. März 1868) durch Gavrilo Princip in Sarajewo.
Juli – Dezember 1914
5. bis 6. Juli
Die "Mission Hoyos" bringt den erhofften außenpolitischen "Blankoscheck" von Berlin für Wien. Kaiser Wilhelm II. und die deutsche Regierung versichern Österreich-Ungarn der unbedingten und uneingeschränkten Bündnistreue, die vielzitierte "Nibelungentreue". Berlin drängt auf rasches Vorgehen gegen Serbien. Dazu fehlt aber die Einigkeit in Wien, der ungarische Ministerpräsident Tisza ist gegen ein sofortiges militräisches Vorgehen.
14. Juli
Einigung in Wien auf ein so gut wie unannehmbares Ultimatum an Belgrad. Der Diplomatie soll so genüge getan werden, die Kriegsschuld aber bei Serbien liegen. Die Übergab ist erst nach dem Staatsbesuch der französischen Regierungspitze in Russland geplant. Das Treffen soll nicht zur Abstimmung der Vorgehensweise Frankreichs und Russlands genützt werden.
20. bis 23. Juli
Französisch-russisches Regierungstreffen in Petersburg. Seit dem 17. Juli sind Russland, Frankreich, Serbien, Italien und Rumänien, teils durch Entzifferung des österreichisch-ungarischen Telegraphencodes und teils durch Indiskretionen des österreich-ungarischen Außenministers Berchtold selbst, über das geplante Ultimatum informiert.
23. Juli
Überreichung des Ultimatums an Serbien.
25. Juli
Russische Teilmobilmachung gegen Österreich-Ungarn, wofür es keinen Plan gibt. Der russische Generalstab macht auf die Unmöglichkeit der Abwandlung des Mobilmachungsplanes aufmerksam. Also eigentlich Beginn der russischen Mobilmachung. Aber auch eine Teilmobilmachung hätte die deutsche Mobilmachung ausgelöst. Serbien lehnt das Ultimatum ab und leitet Generalmobilmachung ein. Österreichisch-ungarische Teilmobilmachung für Fall "B" – Balkan.
28. Juli
Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien.
30. Juli
Russland geht von der verdeckten Mobilmachung ab und verkündet nun offiziell die Generalmobilmachung.
31. Juli
Österreich-ungarische Generalmobilmachung. Entgegen den Versprechungen von Generalstabschef Conrad geht die Überleitung von Mobilmachung Fall "B" wie Balkan, auf Mobilmachung "R" wie Russland alles andere als reibungslos vor sich. Deutsches Ultimatum an Russland, seine Mobilmachung einzustellen, und Ultimatum an Frankreich, sich neutral zu erklären.
1. August
Frankreich erklärt Generalmobilmachung.
Deutschlands Generalmobilmachung und Kriegserklärung an Russland.
2. August
Deutsches Ultimatum an Belgien für Durchmarschrechte. Neutralitätserklärung Italiens, das mit Österreich-Ungarn und Deutschland im Dreibund ist. Zwei moderne Schlachtschiffe für die Türkei, die in britischen Werften gebaut wurden, werden am Tag der Übergabe an die türkischen Besatzungen von der britischen Admiralität beschlagnahmt, obwohl sie bereits bezahlt waren. Die von Istanbul erhoffte maritime Überlegenheit über Russland kommt dadurch nicht zustande.
4. August
Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Reich. Beginn des deutschen Angriffes auf die belgische Festung Lüttich.
6. August
Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Russland.
8. August 1914
Kriegserklärung Großbritanniens an Österreich-Ungarn.
9. August
Beginn der Verschiffung der britischen Truppen über den Ärmelkanal.
10. August
Der deutsche moderne Schlachtkreuzer SMS Goeben und der Kreuzer SMS Breslau laufen in türkische Gewässer, die Dardanellen, ein. Die Schiffe werden am 16. August, mit Besatzungen, von der Türkei übernommen. Dadurch wird die Beschlagnahme zweier Schlachtschiffe für die Türkei, durch die britische Admiralität und in britischen Werften, teilweise kompensiert. Istanbul verfügt nun über das mit Abstand stärkste Kriegsschiff im Schwarzen Meer. Der unmittelbare Auslöser, warum die Türkei auf die Seite der Mittelmächte trat.
14. August
Weitere französische Offensiven im Elsass und in Lothringen.
15. August
Russische Truppen dringen in Ostpreußen ein. Der Befehlshaber der deutschen 8. Armee von Prittwitz plant den Rückzug hinter die Weichsel.
16. August
Die belgische Festung Lüttich kapituliert. Beginn der österreich-ungarischen Offenisve gegen Serbien.
17. bis 19. August
Kämpfe in Ostpreußen, Beginn der Grenzschlachten zwischen Frankreich und Deutschland. Die Offensive der k.u.k. Truppen gegen Serbien kommt nur schleppend voran.
22. August
Paul von Hindenburg übernimmt den Oberbefehl über die 8. Armee in Ostpreußen, sein Stabschef wird Erich Ludendorff. Vorstoß russischer Truppen auf österreich-ungarisches Gebiet, Beginn der Schlacht um Galizien. Bei den Grenzschlachten im Westen werden alleine an diesem Tag, nur auf französischer Seite, 27.000 Mann getötet.
23. bis 25. August
Kämpfe in Ostpreußen, Fortdauer der Grenzschlachten, erste Schlacht der britischen Truppen bei Mons, Kämpfe in Galizien und an der Balkanfront. Vorgehen der Entente gegen deutsche Kolonien.
26. August bis 2. September
Beginn der Schlacht von Tannenberg in Ostpreußen. Österreichischer Sieg bei Komarow wird durch die Niederlage bei Gnila Lipa wertlos. In der Schlacht um Lemberg müssen sich die k.u.k Truppen nach schweren Verlusten zurückziehen, Lemberg fällt am 2. September an die angreifenden Russen.
28. August
Das erste große Seegefecht des Krieges vor Helgoland endet mit einem britschen Sieg. Beginn der Belagerung der französischen Festung Maubeuge.
31. August
Auf Anordnung des Zaren wird Sankt Petersburg in Petrograd umbenannt.
2. bis 10. September
Zweite Schlacht bei Lemberg. Die Rückeroberung scheitert; die Truppen der k. u. k. Armee müssen sich bis an den Dunajec zurückziehen.
5. September bis 12. September
Schlacht an der Marne. Der deutsche Vormarsch stoppt, gefolgt von einem Rückzug auf eine besser verteidigbaren Frontverlauf.
6. bis 14. September
Serbische Offensive an der unteren Save.
8. September
Offensive der k. u. k. Armee gegen Nordwestserbien.
11. September
Serbisch-montenegrinischer Vorstoß auf Sarajewo.
12. September bis 20. September
Schlacht an der Aisne. Ende des deutschen Rückzuges nach der Marne-Schlacht, erfolglose Angriffe der französischen und britischen Truppen, die Westfront beginnt zu erstarren.
14. September bis 19. Oktober
Westfront – Wettlauf zum Meer. Gegenseitige Versuche zur Überflügelung durch Angriffe immmer weiter nördlich, bis die Kämpfe die Nordseeküste vor Ypern erreichen.
20. Oktober bis 18. November
Erste Flandernschlacht.
22. bis 26. Oktober
Schlacht bei Iwangorod (bei Warschau). Rückzug der k. u. k. Armee unter General Dankl.
Rückzug der Verbündeten auf die Linie Warthe - Krakau - Karpaten.
3. November
Selbstmord des Lyrikers Georg Trakl in Krakau. Trakl, der im September als Sanitätsoffizier an der Schlacht von Grodek teilnahm, erlitt aufgrund der schrecklichen Leiden der Verwundeten und der Grausamkeit der Schlacht einen Nervenzusammenbruch. Er wurde in ein Militärhospital in Krakau eingewiesen.
6. November
Beginn der östereichisch-ungarischen Großoffensive gegen Serbien (bis 15. Dezember)
9. November
Neuerliche Belagerung Przemysls durch russische Truppen
19. bis 25. November
Erfolgreiche Kämpfe der k. u. k. 2. Armee bei Krakau und Tschenstochau
27. November
Neuerliche Räumung von Czernowitz durch die österreich-ungarische Armee
10. Dezember
Der Laryngologe Robert Bárány erhält den Nobelpreis für Medizin
Ende Dezember
Schwere Kämpfe mit russischen Truppen in den Karpaten. Beginn der französischen Offensiven in der Champagne und im Artois.