Lotte Tobisch

Lotte Tobisch-Labotýn war eine österreichische Managerin, Schauspielerin und Autorin. Sie organisierte von 1981 bis 1996 den Wiener Opernball und galt als Grande Dame der Wiener Society. Lange Jahre war sie u. a. Präsidentin des Vereins „Künstler helfen Künstlern“ in Baden (Niederösterreich). Sie war bis zu ihrem Tod am 19. Oktober 2019 sehr involviert in aktuelle gesellschaftliche Debatten und eine gefragte Kommentatorin des aktuellen Zeitgeschehens.

Ihre Leben spiegelt beinahe die gesamte Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts wider. Im Interview sprach Lotte Tobisch über erste Erinnerungen Radiohören mit dem Detektorradio. Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte sie in Wien im Radio mit. Anschaulich beschreibt sie den Moment, als sie im Volksempfänger „Radio Wien, Österreich“ hörte und dachte, „Jetzt hamma’s überstanden“. Als Schauspielerin wirkte sie nach dem Zweiten Weltkrieg am Beginn des Fernsehzeitalters im österreichischen Versuchsfernsehen mit und beschreibt die Nachkriegszeit als eine Zeit, „die den Menschen zum Denken, zum Probieren, zum Ausprobieren angeregt hat.“ Als Medienkonsumentin erlebte sie die Schellackära, die Tonbandära und die digitale Revolution mit, als Akteurin war sie über Jahrzehnte aktiv am Theater, im Fernsehen und auch im Radio. Aufnahmen sind für Lotte Tobisch wichtig, können jedoch ihrer Ansicht keine Live-Erlebnisse ersetzen. Ein lebenslanges Interesse an Literatur, Musik und Politik schlägt sich in einer Vielzahl von Anekdoten nieder. Lotte Tobisch war auch im Alter eine sehr politische Person und beteiligte sich aktiv am aktuellen Zeitgeschehen.

Lotte Tobisch verstarb am 19. Oktober 2019 im Alter von 93 Jahren in Wien.
Im Mai durften wir sie noch für „Meine Mediathek – Curated By …“ interviewen und über die Tondokumente sprechen, die sie hier versammelt sehen wollte. Leider konnte sie das Endergebnis nicht mehr sehen – und hören.
Wir hoffen, dass ihr unsere Ausführung ihrer Ideen gefallen hätte und bedanken uns für einen unvergesslichen Nachmittag (und die Vanillekipferl)!

00:04:15
Raoul Aslan trägt vor: Julius Cäsar, Rede des Antonius

Schellackaufnahme aus dem Jahr 1928

Lotte Tobisch über Raoul Aslan

"Mein Gott, der Aslan, das ist eine Jugenderinnerung, außerdem war er auch mein Lehrer. Heute weiß kein Mensch mehr, wer das ist. Den hab ich sehr gern gehabt. So etwas gibt’s gar nicht mehr. So einen Typus wie den Aslan."

Raoul Aslan war von 1945 bis 1948 auch Direktor des Wiener Burgtheaters. Als eine seiner letzten Rollen spielte er den Hornung in „König Ottokars Glück und Ende“ bei der Wiedereröffnung des Burgtheaters im Jahr 1955.

01:12:08
Vortrag von Theodor Adorno an der Universität Wien (1967)

Aspekte des neuen Rechtsradikalismus

Lotte Tobisch und Theodor W. Adorno

"Was kann man bewahren? Ich kann Ihnen heut schon sagen, wenn irgendjemand 10 Jahre nach meinem Tod noch weiß, wer ich bin, dann kann ich sagen, das ist, weil es einen Band gibt, eine Korrespondenz mit Theodor Adorno und das ist ein wirklich weltberühmter, großer Mann gewesen, und den gibt’s, die Korrespondenz zwischen der kleinen Tobisch und dem Theodor Adorno. Da wird sich immer wieder wer wundern, was is’ ihm eing’fallen?"

Lotte Tobisch und Theodor Adorno hatten von 1962 bis 1969 einen regelmäßigen Briefkontakt. Adorno war in dieser Zeit auch öfter in Wien und spielte mit dem Gedanken, sich nach seiner Emeritierung in Wien niederzulassen. Aus dieser Zeit stammen auch die von ihm in Wien gehaltenen Vorträge, die von der damaligen Österreichischen Phonothek aufgenommen wurden.

00:29:18
"Von Tag zu Tag"

Lotte Tobisch spricht über den Opernball 1985

"Der Opernball, den werd’ ich nicht los, da kann man nix machen …
Das ist eine der komischsten Sachen, dass ich einmal den Opernball [organisiert habe].
Wenn mich etwas nicht interessiert, dann ist das der Opernball!"

Die Ö1-Gesprächs- und Anrufsendung „Von Tag zu Tag“ wurde von 13. Juni 1977 bis 28. April 2017 jeweils Montag bis Freitag nachmittags gesendet. Die Österreichische Mediathek archiviert die gesamte Sendereihe; viele Sendungen können auch online nachgehört werden.

Erhard Buschbeck (1959)

"Von der Süße des Lebens"
Lesung in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek

Lotte Tobisch hatte in den 1950er Jahren über mehrere Jahre eine Liebesbeziehung mit dem Schriftsteller Erhard Buschbeck.
Die Liaison mit dem um 37 Jahre älteren Chefdramaturgen des Wiener Burgtheaters war damals ein großer Skandal.

"Eine schöne Stimme is was Schönes! Ich hab die großen Sänger alle erlebt. … also den Caruso hab ich nimma gehört, aber den Gigli hab ich noch gehört. Ich hab gern diese mittleren Stimmen. Wenn er dann auch noch ein Künstler ist, dass er sich nicht nur hinstellt und prachtvoll singt, sondern dass er auch etwas ausstrahlt!
Ein wirklich großer Liedersänger, das ist für mich das Schönste! Ein guter Liedersänger ist was Herrliches! Da hör ich schon gern stundenlang zu …"

00:04:35
Dietrich Fischer-Dieskau: Du bist die Ruh' (1951)

Lied von Franz Schubert nach einem Text von Friedrich Rückert