Der Blick des Auslands auf die Ereignisse in Österreich im März 1938

Der Einmarsch deutscher Truppen in Österreich wurde von ausländischen Rundfunkstationen genau beobachtet. Die Korrespondent/innen wurden zu wichtigen Zeug/innen der Vorgänge und lieferten wesentliche Dokumente zum politischen Geschehen.

Nachrichten-Konferenzschaltungen mit Radioberichten ausländischer Korrespondent/innen waren 1938 auch eine technische Herausforderung: Notwendig war ein Rundfunkstudio (genutzt wurden die Studios der nationalen Radiogesellschaften) mit Mikrofon und einer Telefonleitung zu einem Kurzwellensender – wobei erschwerend hinzukam, dass innerhalb des Deutschen Reiches die Zensur tätig war – um die Sendung in das Radionetz der jeweiligen ausländischen Sendeanstalten einzuspeisen. Darüber hinaus war Radio zu dieser Zeit überwiegend ein Live-Medium und die Aufzeichnungsmöglichkeiten von Beiträgen waren mit den damaligen technischen Mitteln nur sehr eingeschränkt möglich. Wochenschauberichte waren – bei allen Produktionsfirmen – gestaltete Filme mit einem eingeschränkten Live-Charakter, vor allem, was Zusammenspiel von Bild und Ton betrifft.

Wenn diese Dokumente als historische Quelle gelesen werden, muss das Element der bewussten medialen Gestaltung mitgedacht werden. Audiovisuelle Quellen transportieren eine Ebene an Information, die über das rein Sprachliche (und Bildliche) hinausgeht. Der hohe Gehalt an Emotionalität und die Unmittelbarkeit, die sie vermitteln, machen diese Quellen jedoch nicht authentischer oder objektiver. 

Trotz dieser technischen Hürden war es die politische Situation in Österreich im Zusammenhang mit der weltpolitischen Lage wert, dass darüber von ausländischen Medien ausführlicher berichtet wurde. In der Analyse der Situation war sowohl der Aspekt des militärischen Einmarsches in ein souveränes Land als auch der begeisterte Empfang der Truppen durch die Bevölkerung Thema. Darüber hinaus zeigte man Besorgnis, wie sich diese aggressive Expansionspolitik weiter entwickeln würde – vom Krieg, der sich zu einem Weltkrieg entwickelte, war allerdings noch nicht die Rede.

00:05:47
Radiobericht über die Reaktion der USA auf den „Anschluss“ Österreichs

US-Sendergruppe MBS

00:22:28
US-Radioreportage zum Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Österreich

CBS-Bericht

Historische Ton- und Filmdokumente existieren oft in unterschiedlichen Varianten etwa hinsichtlich der Spieldauer oder auch der Zusammenstellung der einzelnen Szenen beziehungsweise der Unterlegung der einzelnen Szenen mit nachträglich erstellten Kommentaren.
In vielen Fällen ist es schwer festzustellen, was das Original ist (sofern man bei Massenmedien überhaupt von einem Original im klassischen Sinn sprechen kann) und oft lässt sich auch die Genese der konkreten Aufnahme nicht lückenlos dokumentieren.
Aus diesen Gründen müssen bei der wissenschaftlichen Arbeit Ton- und Filmdokumente (wie historische Dokumente generell) einer Quellenkritik unterzogen werden, die sich diesen Fragen widmet.