Im Vorfeld des März 1938

Der „Anschluss“ an das Deutsche Reich im März 1938 beendete die Eigenständigkeit Österreichs als souveräner Staat. Die nationalsozialistische Machtübernahme bedeutete staatlichen Terror als politisches Mittel – der auf fruchtbaren Boden fiel, denn Ideen wie der „Anschluss“ an Deutschland und antisemitisches Gedankengut existierten schon vor 1938 in Österreich. 

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Ich habe die Abschiedsrede von Schuschnigg im Kaffeehaus gehört

Erinnerungen eines Zeitzeugen

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Radiohören – Abschiedsrede Schuschniggs

Erinnerungen eines Zeitzeugen

Die Ereignisse im März 1938, die dem sogenannten „Anschluss“ unmittelbar vorausgingen, waren von Dynamik und Emotionalität geprägt, die zu einem Bestandteil der kollektiven Erinnerung wurden. Die österreichische Regierung geriet ab Februar 1938 verstärkt unter Druck des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland, unterstützt von illegalen Nationalsozialisten in Österreich. Die Straße war beherrscht von Anhängern des autoritären „Ständestaates“ auf der einen und von Nationalsozialisten auf der anderen Seite. Bundeskanzler Kurt Schuschnigg verteidigte am 24. Februar vor dem Bundestag den Anspruch auf ein unabhängiges Österreich mit einer Rede, die im Ausruf „… bis in den Tod: Rot-Weiß-Rot“ gipfelte.  Mit der Festsetzung einer Volksbefragung zum Thema des möglichen Anschlusses an das Deutsche Reich versuchte Schuschnigg, die Situation noch zugunsten eines unabhängigen Österreichs zu entscheiden. Die massive Intervention des nationalsozialistischen Deutschlands, das den Rücktritt Schuschniggs erzwang, sowie der Einmarsch der deutschen Truppen in den Morgenstunden des 12. März beendeten die Eigenständigkeit Österreichs als souveräner Staat.

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Letzte Rundfunkansprache als Österreichischer Bundeskanzler von Kurt Schuschnigg am 11. März 1938

Die Rundfunkansprache von Bundeskanzler Kurt Schuschnigg am Abend des 11. März 1938, bei der er seinen Rücktritt bekannt gab und die mit den Worten „...Gott schütze Österreich!“ endet, ist ein zentrales Tondokument aus dem März 1938.
Oft ist es die Vielschichtigkeit, die eine Quelle in den Fokus der Erinnerung rückt. Dieses Tondokument bekommt durch die nachfolgenden Ereignisse während des Nationalsozialismus und die Wiedererrichtung Österreichs nach 1945 eine zusätzliche und nachträgliche Bedeutungsebene – konzentriert vor allem auf den Schlusssatz. 

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Heinz Fischer zum Jahr 1938

Die Schilderung historischer Ereignisse durch Zeitzeug/innen ist das Ergebnis eines Erinnerungsprozesses. Die Ereignisse werden im Kontext der nachfolgenden Geschehnisse erzählt und gedeutet – eingebettet in das damalige persönliche Erleben: sei es der Kaffeehausbesuch oder die Erinnerung an das Radiohören im Familienkreis.

Österreich war vor dem „Anschluss“ an das nationalsozialistische Deutsche Reich kein demokratischer Staat. Die Jahre des sogenannten „Ständestaates“ von 1933 bis 1938 sind in der Erinnerung noch immer Gegenstand unterschiedlicher Deutungen. Die damaligen tiefen Gräben zwischen den beiden ideologischen Lagern, den Christlichsozialen auf der einen Seite und den Sozialdemokraten auf der anderen sind auch heute noch bemerkbar: sowohl im Ringen um eine ‚offizielle’ Darstellung der Ereignisse durch politische Repräsentant/innen als auch in den Erinnerungen der Zeitzeug/innen.

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Die Trabrennplatzrede – Ansprache von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit Prinzipienerklärung des autoritären Regimes am 11. September 1933

Die Interpretation historischer Ereignisse anlässlich von Gedenk- und Erinnerungsjahren ist immer wieder Mittel, um politische Positionen zu untermauern. So auch in der sogenannten „Trabrennplatzrede“ von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, in der das Gedenken an 250 Jahre „Türkenbelagerung“ (den Sieg über die türkische Armee anlässlich der Belagerung Wiens 1683) dazu genutzt wurde, die Ideologie des autoritären „Ständestaates“ historisch zu legitimieren.

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Auch vorher gab es politische Verfolgungen

Erinnerungen