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Einblicke und Rückblicke. Private Tondokumente zum Zweiten Weltkrieg (1939–1945)
Die Ausstellung bietet einen ungewöhnlich kontrastreichen Zugang zur Geschichte dieser Jahre. Einerseits hören wir einige der wenigen privaten Tonaufnahmen aus der Kriegszeit: persönliche Grüße und sogenannte „sprechende Feldpostbriefe“ – ein Quellentyp, der bisher kaum Beachtung gefunden hat, aber berührende und unmittelbare Einblicke in damalige Stimmungslagen ermöglicht. Andererseits kommen österreichische ZeitzeugInnen mit Erinnerungen an den Kriegsbeginn – reflektierende Rückblicke nach vielen Jahrzehnten – zu Wort.
Sprechende Feldpostbriefe und Grußaufnahmen
Private Aufnahmen im Zweiten Weltkrieg
Noch vor nicht allzu langer Zeit war es nicht einfach, Sprachnachrichten – wie jetzt etwa über WhatsApp – aufzunehmen und zu verschicken. In den 1930er und beginnenden 1940er Jahren mussten für Sprachaufnahmen in recht aufwändiger Weise Schallplatten erzeugt – „geschnitten“ – werden; solche „Selbstschnittfolien“ dienten auch – in einem sehr geringen Ausmaß – als Aufnahmemedium für Privatpersonen und waren filigrane Unikate. Nicht viele von ihnen haben sich bis heute erhalten.
Private Aufnahmen aus einem Schallplattenstudio in Wien
Die Aufnahmen vermitteln den Alltag eines damaligen Tonstudios: Werbung um Kunden, Ringen um eine bessere Aufnahmequalität.

Alltägliches und Erschreckendes
In den sehr intimen und emotionalen Grußaufnahmen ist der Hintergrund des Krieges mit unterschiedlicher Intensität spürbar. In einer Probeaufnahme werden aus einer Zeitung ohne Betroffenheit erschreckende Details der NS-Herrschaft vorgelesen ...
Kriegsalltag unmittelbar
Soldaten über Kriegserlebnisse, ihren Urlaub, ihre Emotionen.
Lokale Reportagen fürs Radio und Probeaufnahmen von Radiosendungen
Zwischen den Sprach- und Musikmitschnitten des Studios finden sich auch Aufnahmen, die für das Radio hergestellt wurden und solche von Radiosendungen. Sie sind ein interessanter Kontrast zu den sehr individuellen Äußerungen in den sprechenden Feldpostbriefen und Grußbotschaften.
Alltagsgeplauder mit Verwandten und Freunden
Aufnahmen dieser Art sind die Ausnahme und waren nur Personen mit Zugang zu einem Plattenschneidegerät – wie hier den Inhabern des Tonstudios – möglich.
"Sprechende Feldpostbriefe"
Da die billigsten Plattenschneidegeräte mindestens den Monatslohn eines Bankangestellten kosteten, waren diese Maschinen im privaten Gebrauch kaum verbreitet. Genutzt wurde die Aufnahme-Schallplatte als Speichermedium vor allem für Musikproduktionen der Plattenfirmen, aber auch für Radiosendungen bei wichtigen Aufnahmen, die nicht live gesendet werden konnten. Allerdings gab es auch Plattenstudios, die Privataufnahmen als Dienstleistung anboten, auch während des Zweiten Weltkrieges, und sogar in den besetzten Gebieten. Wenige dieser Aufnahmen haben sich erhalten. Die hier präsentierten Sprachbotschaften mit Lokalbezug stellen die erste Edition dieses Quellentypus in Österreich dar.
Der sprechende Feldpostbrief als Emotionsträger
Für Soldaten, die wöchentlich oft mehrere Briefe an ihre Angehörigen schrieben, stellte der Besuch in einem Tonstudio und die Anfertigung einer Sprachaufnahme für die Familie offenbar eine attraktive Abwechslung dar: die eigene, oft emotionell stark bewegte Stimme heimsenden, gleichsam mit den Seinen sprechen. Diese Möglichkeit bestand allerdings vor allem für Soldaten, die bei oder in der Nähe von sogenannten Propagandakompanien stationiert waren, da diese die nötige Aufnahmeausrüstung für ihre tägliche Arbeit (z. B. für Soldatensender) mitführten.

Eine Kunstoffplatte (Decelith) auf der aufgenommen werden konnte.
Der sprechende Feldpostbrief des Deutschen Roten Kreuzes (DRK)
Auch das Deutsche Rote Kreuz bot mit einem mobilen Aufnahmeteam den verwundeten Soldaten in den Lazaretten die Möglichkeit für persönliche Grüße aus dem Krankenbett. In diesem Fall wurde die Aufnahme der „sprechende, singende, klingende Feldpostbrief“ oder kurz „der sprechende Feldpostbrief“ genannt.
Während der monate- oder oft sogar jahrelangen Trennung von der Familie ersetzte der Brief als einfache und greifbare Form der Kommunikation das Gespräch mit den Eltern, Kindern oder der Ehefrau/Verlobten.
Urlaube waren selten bzw. kurz und durch Feldpostbriefe wurde die Verbundenheit zwischen „Front“ und „Heimat“ gefördert. Das NS-Regime unterstützte das Schreiben von Feldpostbriefen, weil es sich davon eine Stärkung der „Kampfmoral“ erhoffte. Organisiert von Wehrmacht und Reichspost, konnten Feldpostbriefe eine unterschwellig systemstabilisierenden Wirkung ausüben. – Es wurden hochgerechnet etwa 30 bis 40 Milliarden (!) Sendungen allein auf deutscher Seite verschickt.
Perspektivewechsel: Vom Einblick zum Rückblick …
Nach den Originalquellen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs – den sprechenden Feldpostbriefen – kommen nun Menschen zu Wort, die sich an Lebensumstände und Ereignisse der Kriegszeit Jahrzehnte später erinnern – ZeitzeugInneninterviews, ein Quellentypus ganz anderer Art!
Zeitzeuginnen und Zeitzeugen
Kriegsbeginn und das Gesicht des Krieges
Versorgung und Lebensmittel sind zentral
Erinnerung an die großen Ängste
Druck des NS-Regimes und sein Terror, Gefallenenmeldungen und schließlich, ab Herbst 1943, die Luftangriffe.