Beethoven und die Wiener Klassik

Als klassische Musik wird in der Alltagssprache Kunstmusik, im Gegensatz zu Popularmusik, bezeichnet. In der Musikwissenschaft hingegen meint man damit Musik aus der Zeit der (Wiener) Klassik.
Die Wiener Klassik ist eine musikalische Stilepoche Ende des 18. bis Anfang des 19. Jahrhunderts (ca. 1770–1830) mit den Komponisten Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven als Hauptvertreter. Beethoven gilt dabei als „Vollender“ der Klassik und Wegbereiter für die Romantik. Sein Hauptwerk umfasst Sonaten, Symphonien, Solokonzerte und Streichquartette, welche neben der Oper zu den bedeutendsten Gattungen der Wiener Klassik zählen.
Heute nimmt die Musik Haydns, Mozarts und Beethovens einen wichtigen Stellenwert im Konzertwesen ein und erfreut sich großer Beliebtheit.

Darum geht’s:

Dieses Unterrichtspaket behandelt das Thema „Wiener Klassik“ und ihre Hauptvertreter. Im Fokus stehen Ludwig van Beethoven, seine Klaviersonaten und deren biographischer Zusammenhang sowie sein symphonisches Werk und dessen Auswirkung auf die Musikwelt. Ziel ist es, den musikgeschichtlichen, -rezeptiven und -produktiven Erfahrungshorizont der Schüler/innen mittels Recherchearbeit, Rezeption von Hörbeispielen und musikpraktischer Verklanglichung einer vorgegebenen Szene zu erweitern. Darüber hinaus werden die eigenen Hörgewohnheiten reflektiert und ein Bezug zwischen gehörten Musikbeispielen und der Lebenswelt der Schüler/innen hergestellt.

1. Joseph Haydn

1732 in Rohrau (Niederösterreich) geboren, erhielt Joseph Haydn seine erste musikalische Ausbildung als Sängerknabe im Stephansdom in Wien in Gesang, Klavier, Violine und Musiktheorie. Mit 17 Jahren verließ er aufgrund seines Stimmbruchs die Sängerknaben und versuchte als freischaffender Musiker, hauptsächlich durch Unterrichten und gelegentlich durch Komponieren, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
1761 wurde Haydn Kapellmeister beim Fürsten Esterházy in Eisenstadt und verblieb in dieser Funktion bis zu dessen Tod 1790. Während dieser Zeit entstanden 70 seiner 107 Symphonien, Kirchenmusik, unzählige Opern und Kammermusik. Er durfte allerdings nur im Auftrag des Fürsten oder wenn dieser seine Erlaubnis dazu gab, auch für andere komponieren.
Danach feierte er große Erfolge in England und ganz Europa mit den „Londoner Symphonien“ und seinen Oratorien. Sein Spätwerk entstand jedoch in Wien (u.a. seine letzten Klaviersonaten), wo er 1809 starb. Joseph Haydn wird als „Begründer“ der klassischen Symphonie und vor allem des Streichquartetts betrachtet.

00:01:30
Vollendet ist das große Werk aus „Die Schöpfung“

 J. Haydn

 

00:01:20
Konzert für Klavier und Orchester op. 21

 J. Haydn

2. Wolfgang Amadeus Mozart

Wolfgang A. Mozart wurde 1756 in Salzburg geboren und von seinem Vater ausgebildet. Mit vier Jahren erhielt er bereits seinen ersten Klavierunterricht und mit sechs Jahren begannen die Konzertreisen durch ganz Europa, in denen das Wunderkind dem Adel präsentiert wurde.
Bereits mit 13 Jahren war Mozart dritter Konzertmeister am fürsterzbischöflichen Hof zu Salzburg. In seinen weiteren Jugendjahren gab es erneut viele Konzertreisen durch ganz Europa und rege Kompositionstätigkeit bis er 1779 wieder in den Dienst des Fürsterzbischofs zu Salzburg eintrat, diesmal als Hoforganist, zu dessen Aufgaben auch das Komponieren gehörte.
1781 ließ sich Mozart in Wien nieder, wo er ohne Anstellung war und so selbst als Pianist, Lehrer und Komponist Einkommen generieren musste. Der große Erfolg seiner Kompositionen ließ jedoch nicht allzu lange auf sich warten. Ein ausschweifender Lebensstil und das Unvermögen mit seinem Geld zu haushalten führten aber dazu, dass er oft finanzielle Probleme hatte.
Obwohl Mozart 1791 mit nur 35 Jahren in Wien starb, komponierte er Zeit seines Lebens über 600 Werke. Dazu zählen u.a. 60 Symphonien, 19 Opern und Singspiele und unzählige Sonaten. Mozarts Genie fasziniert nach wie vor und viele seiner Kompositionen sind weltberühmt.

00:04:26
Symphonie Nr. 40, 4. Satz

W. A. Mozart

00:02:33
Là ci darem la mano aus „Don Giovanni“

W. A. Mozart

Arbeitsblatt 1: Recherche

Welche Berührungspunkte gab es zwischen Haydn, Mozart und Beethoven?

Arbeitsblatt 2: Gruppenaktivität, Musikrezeption

Wie empfinden Schüler/innen klassische Musik? Diese Gruppenaktivität mit Hörbeispielen dient zur Veranschaulichung von individuellen Wahrnehmungen und infolgedessen als Diskussionsgrundlage.

3. Ludwig van Beethoven

Beethoven wurde 1770 in Bonn geboren. Seine Kindheit war vom Ehrgeiz seines Vaters, selbst Sänger, geprägt, da dieser ihn als Wunderkind wie Mozart vermarkten wollte als er sein Talent erkannte. Mit fünf Jahren bekam er den ersten Klavierunterricht und trotz der Strenge des Vaters verlor er nicht die Freude am Klavier spielen.
Nach einer Anstellung als Hoforganist mit nur 14 Jahren in Bonn und einer zwischenzeitlichen Reise nach Wien, kam er 1792 erneut nach Wien und blieb dann endgültig. Dort nahm er Kompositionsunterricht bei Haydn, gelang in adelige Kreise und wurde zunächst als Pianist erfolgreich bevor er sich, seinem beginnenden Gehörleiden zum Trotz, als Komponist profilieren konnte.
Die folgenden Jahre waren die kompositorisch produktivsten: Es entstanden u.a. ein Großteil seiner Symphonien, zwei Klavierkonzerte, fünf Streichquartette und die einzige Oper Beethovens, „Fidelio“. Leider verschlechterte sich Beethovens Hörvermögen zunehmend, was auch seinen psychischen Zustand negativ beeinflusste. Er stürzte in eine persönliche Existenzkrise, was vermutlich der Grund dafür ist, dass er als unliebsame und missmutige Persönlichkeit galt. Schließlich konnte er nur mehr über Konversationshefte mit seinen Mitmenschen kommunizieren und starb 1827 in Wien an Leberzirrhose.

01:05:54
Einblick in Beethovens Leben

Lesung

00:02:44
Fidelio (Ausschnitt)

L. v. Beethoven

00:00:26
Goethe über Mozart bzw. "außerordentliche Individuen"

Text

00:00:59
Kaiserquartett, 2. Satz

 J. Haydn

00:04:04 [00:00:01 bis 00:01:24]
Symphonie Nr. 5, 1. Satz

L. v. Beethoven

00:04:56 [00:00:01 bis 00:01:25]
Symphonie Nr. 41, 1. Satz

W. A. Mozart

00:00:51
Sechs kleine Klavierstücke op. 19 Nr. 6

 A. Schönberg

00:00:59
Symphonie Nr. 6, 3. Satz

L. v. Beethoven

Arbeitsblatt 3: Einzelarbeit, Reflexion

Beantworten Sie die folgenden Fragen zu Ihren Hörgewohnheiten!

4. Beethovens Klaviersonaten und deren Widmungsträger/innen

Ludwig van Beethoven, selbst ein ausgezeichneter Pianist, komponierte 32 Klaviersonaten, die ein wichtiger Bestandteil seines Schaffens sind. 25 davon widmete er großzügigen Gönnern, Personen der Aristokratie und Personen seines persönlichen Umfelds. Die Widmungen stellen einen Berührungspunkt zwischen Beethovens Biografie und Werk dar, nehmen auf seine Kompositionen jedoch keinen Einfluss, denn Beethoven ließ sich in seiner künstlerischen Arbeit nicht einschränken.
Die Gründe dafür, eine Komposition einer Person zuzueignen sind zahlreich. Einerseits war es eine Methode mithilfe des Bekanntheitsgrades der Widmungsträger/innen Aufmerksamkeit für die eigene Arbeit zu generieren, auch wenn man diese vielleicht persönlich gar nicht kannte. Eine Widmung musste allerdings vor der Veröffentlichung von der betroffenen Person genehmigt werden. Andererseits dienten Zueignungen auch als Einnahmequelle, da sie normalerweise mit Geldgeschenken verbunden waren. Darüber hinaus drückten Komponist/innen dadurch ihren Dank für finanzielle Förderung oder ihre persönliche Verbundenheit aus.
Beethoven widmete z.B. die Sonate Nr. 21 C-Dur op. 53, die sogenannte „Waldsteinsonate“, dem Grafen Ferdinand von Waldstein, einem einflussreichen Mitglied des Hochadels, der ihn finanziell unterstützte und seinen Erfolg in Wien ebnete, da er den Kontakt zwischen Beethoven und in Wien ansässigen Adeligen herstellte. Auch Erzherzog Rudolph, der Beethovens Schüler war, und sogar Joseph Haydn erhielten solche Dedikationen.
Die Widmungen der Klaviersonaten geben somit interessanten Einblick in Beethovens Biografie. Leider lassen sie nicht auf „die unsterbliche Geliebte“, die Beethoven in einem Brief adressiert, schließen, sodass deren Identität bis heute umstritten bleibt.

00:00:59
Sonate Nr. 21, „Waldsteinsonate“

L. v. Beethoven

00:05:15 [00:00:01 bis 00:01:24]
Sonate Nr. 14, Nr. 2, „Mondscheinsonate“

L. v. Beethoven

00:55:48 [00:48:43 bis 00:51:55]
Die unsterbliche Geliebte

Informationen und Verfilmung

00:29:36 [00:00:01 bis 00:01:24]
Für wen schreiben die Komponisten heute?

Gespräch

Arbeitsblatt 4: Gruppenaktivität, Verklanglichung

Vertonen Sie mit den Instrumenten, die Ihnen zur Verfügung stehen die folgende fiktive Szene.

5. Beethovens symphonisches Schaffen

Ludwig van Beethoven setzte mit seinen Symphonien einen Meilenstein in der Musikgeschichte sowie einen Maßstab für die Komponisten der nachfolgenden Romantik. Johannes Brahms z.B. schrieb dementsprechend mit der Befürchtung, immer an Beethoven gemessen zu werden, in einem Brief:
„Ich werde nie eine Symphonie komponieren! Du hast keinen Begriff davon, wie es unser einem zumute ist, wenn er immer so einen Riesen­-Beethoven hinter sich marschieren hört.“
Beethovens symphonisches Werk war demnach, obwohl es als Inspirationsquelle diente, für die Romantiker Fluch und Segen zugleich. Er komponierte insgesamt neun Symphonien, die im Zeitraum 1799-1824 entstanden.
Die 1. und 2. Symphonie werden als Bezug zu Haydns späten Symphonien aufgefasst, die er gewissermaßen zu übertreffen versuchte und dabei etwas Grundverschiedenes schaffen wollte. Die 3. Symphonie mit dem Beinamen „Eroica“ hat heroischen Charakter, was anders als bei Revolutionsmusik und Opern der Zeit, für diese Gattung neu war. Angeblich wollte er sie Napoleon widmen, welcher sich dann zur Enttäuschung Beethovens selbst zum Kaiser krönte. Daraufhin soll Beethoven das Titelblatt zerissen haben.
Seine wohl berühmteste Symphonie ist jedoch die 5., bekannt als „Schicksalssymphonie“, mit vergrößerter Orchersterbesetzung und einem nochmals verstärkten revolutionären Charakter. Die 6. Symphonie („Pastorale“) steht im Gegensatz zur 5. Symphonie, denn sie thematisiert ländliches Leben und Naturidyll. Trotzdem sind beide denselben Mäzenen gewidmet und wurden auch gemeinsam uraufgeführt.
Mit seiner 9. und letzten Symphonie brach Beethoven schließlich alle Konventionen. Der Schlusssatz beinhaltet zusätzlich Gesangssolisten und einen Chor („Freude schöner Götterfunken“) und ist nun als Europahymne bekannt. Während ihrer Enstehung war Beethoven jedoch schon vollkommen taub.

00:03:28 [00:00:01 bis 00:01:24]
Symphonie Nr. 1, 1. Satz

L. v. Beethoven

00:04:20 [00:00:01 bis 00:01:24]
Symphonie Nr. 3, 1. Satz

L. v. Beethoven

00:04:04
Symphonie Nr. 5, 1. Satz

L. v. Beethoven

00:00:59
Symphonie Nr. 6, 3. Satz

L. v. Beethoven

00:04:27
Symphonie Nr. 9, 4. Satz

L. v. Beethoven

00:03:59
Symphonie Nr. 6, 1. Satz

L. v. Beethoven

Wie kommt man als Komponistin zum Thema der eigenen Musik. Interview mit der Komponistin Elisabeth Schimana (bis 3:06)

7. Literatur

Cooper, Barry; Berktold, Christian: Das Beethoven-Kompendium: Sein Leben - Seine Musik. Droemer Knaur, 1992.
Finscher, Ludwig (Hg.). Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite Ausgabe, Sachteil, Band 5 (Kassel – Meiningen). Bärenreiter/Metzler, Kassel u. a.: 1996.
Hiemke, Sven. Beethoven Handbuch. Bärenreiter [U.a.]: 2009.
Loesch, von Heinz. Raab, Claus (Hg.). Das Beethoven-Handbuch: Das Beethoven-Lexikon. Laaber-Verlag: 2008.
Uhde, Jürgen. Beethovens 32 Klaviersonaten: Mit über 2500 Notenbeispielen. Reclam: 2012.

Als Quellen wurden weiters auch die angegebenen Internetlinks (Weiterführende externe Links) verwendet.

(Text und Inhalt: Katja Bauer, 2020)