Mittagsjournal 1988.06.04

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Einen guten Tag wünsche ich, hier ist das Samstag-Mittagschanal mit Louis Glück am Mikrofon und einem dicht gedrängten Programm.
    Die Themen Südautobahn, sieben Tote durch einen Geisterfahrer, Riesaprozess, der Richter annulliert das milde Urteil, die Folge, politische Debatte um die Laiengerichtsbarkeit,
    Trotz Ensemblekritik, nicht um die Burg will Paimann gehen.
    Frankreich, sozialistische Favoriten in der morgigen Parlamentswahl.
    Palas Athene, eine Klinikoper, erstmals in Österreich zu hören.
    Und drei Wochen vor dem Papstbesuch, wo steht Österreichs Katholizismus?
    Ein Gespräch mit Eduard Pleuer von der katholischen Aktion in der Reihe im Journal zu Gast.
    Vorerst das Wichtigste in einer Nachrichteneinleitung.
    Christian Teiritzbacher hat Redaktion, Sprecher ist Josef Fenzl-Natek.
    Österreich.
    Der Prozess gegen den als Wagner-Attentäter bekannten Franz Rieser muss überraschend neu aufgeholt werden.
    Die Geschworenen entschieden gegen halb zwei Uhr früh nach stundenlangen Beratungen mit sieben gegen eine Stimme auf fahrlässige Körperverletzung.
    Einen Schuldspruch wegen Mordversuches lehnten sie einstimmig ab.
    Das Strafausmaß setzten sie mit zwei Jahren Haft an.
    Das Gericht setzte daraufhin das Urteil wegen Rechtsirrtums der Geschworenen aus.
    Das Verfahren muss jetzt mit acht anderen Geschworenen außerhalb Kärntens wiederholt werden.
    Die Anklage wird wieder auf Mordversuch lauten.
    Ein Antrag der Verteidigung auf Haftentlassung Riesers wurde abgelehnt.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Knapp drei Tage nach dem verheerenden Explosionsunglück im Bergwerk Stolzenbach bei Borken in Hessen sind heute früh sechs verschüttete Bergleute lebend geborgen worden.
    Die Kumpel sind erschöpft, jedoch unverletzt.
    Sie überlebten in einer Luftblase in etwa 100 Metern Tiefe.
    Die Rettungsmannschaften hatten in der vergangenen Nacht einen Lüftungsschacht gebohrt, um das giftige Kohlenmonoxid-Gas aus den Stollen abzuleiten.
    Dabei wurden Klopfzeichen der Eingeschlossenen bemerkt.
    Kurz vor 6 Uhr früh konnten die Kumpel befreit werden.
    Noch gestern hatte die Einsatzleitung erklärt, mit Überlebenden sei nicht mehr zu rechnen.
    Jetzt wird intensiv nach den noch vermissten 15 Bergmännern gesucht.
    Bisher wurden 36 Arbeiter tot aufgefunden.
    Philippinern, Südafrika.
    Mindestens 27 Bergleute sind gestern in einer Goldmine im Süden der Philippinern verschüttet worden.
    Bisher konnten nur ein Arbeiter schwer verletzt geborgen werden.
    Ein Schacht war nach anhaltenden Regenfällen eingestürzt.
    In der tiefsten Goldmine der Welt, in der südafrikanischen Provinz Transwal, verursachte heute offenbar eine unsachgemäße Sprengung, einen Stolleneinsturz.
    Drei südafrikanische Bergmänner wurden getötet.
    Nach vier Verschütteten wird noch vermisst.
    Österreich.
    Bundespräsident Waldheim reist heute zu einem dreitägigen Staatsbesuch in Saudi-Arabien ab.
    Waldheim folgt einer Einladung von König Facht.
    Der Bundespräsident wird von seiner Frau, von Außenminister Mock und von verstaatlichten Minister Streicher begleitet.
    Vertreter von etwa 20 österreichischen Unternehmern werden sich in Saudi-Arabien um die Vertiefung der Handelsbeziehungen bemühen.
    USA Präsident Reagan ist bei seiner Heimkehr vom Gipfeltreffen in Moskau auf einem Luftwaffenstützpunkt bei Washington von tausenden Amerikanern mit Jubel empfangen worden.
    In einer kurzen Ansprache meinte Reagan, bei seinen Gesprächen mit Parteichef Gorbatschow seien greifbare Fortschritte erzielt worden.
    Er sei von der Tatsache überrascht gewesen, dass die sowjetischen Menschen genauso ausgesehen hätten wie Amerikaner, meinte der Präsident.
    Nahe Osten.
    Der amerikanische Außenminister Scholz ist zum Auftakt seiner vierten Nahostfriedensmission in Kairo zu Gesprächen mit dem ägyptischen Präsidenten Mubarak zusammengekommen.
    Scholz wird anschließend nach Jordanien, Israel und Syrien weiterreisen.
    Der amerikanische Friedensplan wurde bisher eher ablehnend aufgenommen.
    Schulz will eine internationale Nahostfriedenskonferenz einberufen.
    Der israelische Regierungschef Shamir lehnt dies jedoch strikt ab.
    Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen israelischen Soldaten und der Bevölkerung in den besetzten Gebieten sind gestern neuerlich zwei Palästinenser getötet worden.
    Bundesrepublik Deutschland
    Eine der Schlüsselfiguren der Devisenbetrugsaffäre beim Volkswagen-Konzern, der Frankfurter Hans-Joachim Schmidt, ist heute von den USA den deutschen Behörden übergeben worden.
    Die Staatsanwaltschaft Braunschweig beschuldigt den Devisenmakler, den VW-Konzern, um umgerechnet etwa 3,5 Milliarden Schilling betrogen zu haben.
    Nach Bekanntwerden der Devisenspekulationen im März vergangenen Jahres hatte sich Schmidt in die USA abgesetzt.
    Er wird noch heute dem Untersuchungsrichter vorgeführt.
    Österreich
    Ein Geisterfahrer hat am frühen Vormittag auf der Südautobahn im Bereich der steirisch-niederösterreichischen Landesgrenze einen verheerenden Unfall ausgelöst.
    Sieben Menschen unter ihnen der schuldtragende Lenker kamen ums Leben, zwei wurden schwer verletzt.
    Der brückenländische Geisterfahrer prallte mit seinem PKW gegen einen vollbesetzten kleinen Bus aus Pöllauberg in der Oststeiermark.
    An der Unfallstelle auf der Fahrbahn Richtung Wien waren neben Rettung und Feuerwehr auch Sanitätshubschrauber im Einsatz.
    Die Fahrbahn musste für mehrere Stunden gesperrt werden.
    Soweit die Meldungen.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im Westen meist stark bewölkt, gebietsweise recht heftige Gewitter, zum Teil auch mit Hagel.
    In den übrigen Landesteilen vorerst noch sonnig.
    Während der Nachtstunden, während der Nachmittagsstunden aber von Westen her Bewölkungszunahme und gegen Abend auch im Osten und Süden Ausbildung von Gewittern.
    Dabei auffrischender Wind aus Südost bis West.
    Nachmittagstemperaturen im Westen 18 bis 23, sonst noch bis 27 Grad.
    Tiefstemperaturen der kommenden Nacht 10 bis 15 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Sonntag im Südosten zeitweise aufgelockert bewölkt.
    Sonst aber allgemein stark bewölkt oder bedeckt und verbreitet zum Teil recht intensiver Regen.
    Örtlich auch Gewitter.
    Mäßiger gebietsweise recht lebhafter Wind aus Südost bis West.
    Tageshöchsttemperaturen am Sonntag 14 bis 18 im Südosten bis 22 Grad.
    Die Wetterforscher auf übermorgen Montag meist stark bewölkt und weitere Niederschläge.
    Kühl am Montag.
    Die Messwerte von 12 Uhr Mittag.
    Wien Heiter 23 Grad, Ostwind 20 Kilometer in der Stunde.
    Eisenstadt stark bewölkt 22, St.
    Pölten Heiter 22, Linz Heiter 21, Salzburg stark bewölkt 19, Innsbruck stark bewölkt 22 Grad, Ostwind 20 Kilometer in der Stunde.
    Bregenz bedeckt Regen 15 Grad, Heiter 22 und Klagenfurt ebenfalls Heiter bei 22 Grad.
    12 Uhr 8 ist es jetzt, an vielen Beiträgen wird noch gearbeitet.
    Beginnen wir im Ausland.
    Man kann es wohl ohne Boulevardesca-Übertreibung das Wunder von Borken nennen.
    Das Überleben von sechs Bergleuten in der am Mittwoch durch eine riesige Explosion fast völlig zerstörten Braunkohlengrube von Borken in Nordhessen.
    65 Stunden nach der Katastrophe, die 51 Menschenleben gefordert hat, konnte man die sechs Kumpel heute früh ausgraben.
    Ein Bericht direkt vom Schauplatz von Holger Senzel.
    Beifall von den Journalisten für die überlebenden Bergleute.
    Beifall, aber auch der Zuruf, bitte noch mal lächeln, bitte winken, bitte umarmen Sie sich.
    Eine halbe Minute hatten die Fotografen den Überlebenden abgerungen, eine halbe Minute dastehen für die Kameras, ohne ein Wort zu sagen, gegen das Ehrenwort der Journalisten, die Bergleute und deren Familien nicht zu belästigen.
    Es waren fast alles junge Leute, die sechs, die da standen.
    Sie wirkten erschöpft, mit Bartstoppeln, aber sie waren wohl auf.
    50 Stunden lang haben sie im Nordbereich des Stollens Untertage ausgehalten.
    Kalt sei es gewesen, aber sie hätten Decken gehabt, hieß es, und Getränke für einen Tag.
    Sie selbst wollten nach Hause, müssen sich ärztlich untersuchen lassen, auch wenn, wie Bürgermeister Bernd Hesser sagte, sie topfit sind.
    Doch sie sind eben erschöpft.
    Ein Arzt soll sie untersuchen.
    Und ich denke, sie wollen vor allem Ruhe haben.
    Doch der Bruder von einem der Überlebenden, von Winfried Dünsch, er war bereit, uns von den Erlebnissen der Eingeschlossenen zu berichten.
    Ja, die Stimmung war so, also er sagt, sie hätten schon ein paar mal fast aufgegeben und sie haben dann immer den Bohrer gehört.
    Und ganz zu Anfang am Mittwoch haben sie ja über Funk eine Bestätigung erhalten, dass sie gehört worden sind und sie sollten aufhören zu funken, dass noch andere sich melden können.
    Ja, und wie gesagt, durch das Bohrgeräusch hat es immer neue Hoffnungen gegeben.
    Und sie haben das ja laufend gehört.
    Und wo dann die letzte Bohrung eingebracht wurde und der Bohrer da war,
    Da ist natürlich die Freude groß gewesen.
    Der Begriff des Wunders von Stolzenbach ist längst durch die gesamte Republik gegangen.
    Seit Donnerstagnachmittag hatte man die eingeschlossenen Bergleute, die 57 insgesamt, aufgegeben.
    Wer nicht durch die Explosion getötet worden sei, der müsse erstickt sein.
    Am Kohlenmonoxid hieß es.
    Doch gestern Nacht wurde durch eine Bohrung im Nordfeld der Grube klar, es gibt atembare Luft unter Tage.
    Ein Fernsehteam des Hessischen Rundfunks aus Kassel ließ ein Richtmikrofon in den Schacht.
    Die Rettungsmannschaften hatten keines.
    Auch kein Verlängerungskabel stand zur Verfügung.
    Es musste aus dem nahegelegenen HR-Studio in Kassel herbeigeschafft werden.
    Doch dann, der große Augenblick, man hörte Rufe und Klopfgeräusche über das Richtmikrofon.
    In großer Eile begannen die Rettungsmannschaften, sich zu den eingeschlossenen Kollegen vorzuarbeiten.
    erzählt Erwin Braun, Leiter des Bergamtes in Kassel und Einsatzleiter vor Ort.
    Was haben seine Männer empfunden, als sie die totgeglaubten Kollegen im Schacht antrafen?
    Ein Staunen, eine sehr, sehr große Freude und andererseits die Besorgnis darüber, ob wir sie überhaupt rauskriegen.
    Warum das?
    Weil es ein sehr weiter Weg war und die Sauerstoffvorräte sehr gering.
    Haben Sie Hoffnung auf weitere Überlebende?
    Dieses Ereignis in diesem Feldesteil berechtigt leider nicht, auch für die anderen Feldesteile solche Chancen zu kalkulieren.
    Wunderfrei dich begrüßen, aber nicht berechnen.
    Trotz aller Freuden tränen über die wundersame Rettung also keine große Hoffnung mehr für die übrigen fünf Vermissten.
    Dennoch, die Bergungsarbeiten gehen mit Hochdruck weiter.
    Und nach dieser wundersamen Rettung glaubt ohnehin niemand mehr an Prognosen.
    Und wir bleiben beim Stichwort Katastrophen.
    Sieben Tote forderte ein Autounfall mit einem Geisterfahrer auf der Südautobahn in der Nähe von Aspang heute Vormittag.
    Ein Bericht dazu von Günter Schilharn vom Landesstudio Steiermark direkt aus dem Schnellreportagewagen am Unglücksort.
    Gegen 8 Uhr früher eignete sich hier im Bereich Schäffern bei Pingau an der steirisch-niederösterreichischen Grenze dieser schreckliche Unfall.
    Ein Geisterfahrer, der sich bereits seit mindestens 10 Kilometern auf der falschen Fahrbahn in Richtung Graz befand, stieß mit einem überholenden Kleinbus zusammen.
    Es war in einer unübersichtlichen Kurve.
    Der Fahrer des Busses konnte den Geisterfahrer nicht sehen.
    Das überholte Fahrzeug fuhr weiter.
    Der Geisterfahrer war auf der Stelle tot.
    Es handelt sich dabei um den 29-jährigen Gerhard Hutter aus Wiesfleck im Burgenland.
    Im Kleinbus befanden sich acht Personen.
    Wie durch ein Wunder konnten der Lenker und eine Beifahrerin schwer verletzt geboren werden.
    Alle anderen sechs Personen im Bus kamen ums Leben.
    Der Bus stammt aus Böllauberg.
    Der 51-jährige Lenker heißt Johann Kliem.
    Bei den anderen Personen dürfte es sich um eine Wiener Urlaubergruppe, die sich auf dem Heimweg befand, handeln.
    Auf den Koffern befinden sich folgende Namen.
    Erika Zellenka, Maria Russwurm, Richter, der Vorname ist unbekannt, Anton Freund und Hanna Heinrich.
    Sie wohnen alle in Wien.
    Es muss nicht sein, dass diese Personen die Getöteten sind.
    Es ist aber leider sehr wahrscheinlich.
    Die Feuerwehr war sofort an der Unfallstelle.
    Der Feuerwehrmann Friedrich Hiebaum berichtet.
    Der Bus ist auf der linken Seite, praktisch auf der Fahrerseite ist er gelegen.
    Und im vorderen, vorne sind zwei Leute noch eingeklemmt gewesen.
    Die anderen sind im Bus hinten im Fahnen gelegen drin.
    Und einer, da hat der Arzt gerade eine Infusion angebraucht bei der Hand.
    Und wir haben dann hinten einen rausgezogen.
    Und der vordere Mann, der ist da geklemmt drin, den haben wir dann ausgedrückt, aber es ist nicht gegangen.
    Und dann haben wir die Bier aufgemacht mit einem Brecheisen, weil Spreize und Schere haben wir keine.
    Und ich hab dann gesagt, die Binger Feuerwehr ist verständigt worden, die kommen mit Spreize und Schere.
    Und der, der da geklemmt ist drin, hat gesagt, das hilft dem nix, der ist eh schon zu spät für mich.
    Und der ist, glaub ich, dann gestorben.
    Der Geisterfahrer hatte bereits vier Kilometer vor dieser Unfallstelle einen Kärntner-BKW gerammt und den Fahrer leicht verletzt.
    Warum der Geisterfahrer so lange auf der falschen Fahrbahn blieb, ist bisher ungeklärt.
    Und wie die schon der Marie meint, wird es das wahrscheinlich auch bleiben.
    Die Autobahn wurde inzwischen wieder freigegeben und damit zurück ins Studio nach Wien.
    Günter Schilharn vom Landesstudio Steiermark hat live berichtet von der Südautobahn, wo ein Geisterfahrer einen Autounfall mit sieben Toten verschuldet hat.
    Und jetzt zum kulturpolitischen Thema dieser Tage.
    Peimann, eine Erregung, titelt die Wochenpresse ganz im Thomas Bernhard-Stil.
    Peimann kämpft um Kopf und Kragen, macht der Kurier auf, Bilanz seines Scheiterns, kommentiert die Presse.
    Das Theater um das Burgtheater schlägt eine Woche nach dem umstrittenen Interview des Direktors Klaus Peimann anhaltend hohe Wellen.
    Wir sind keine Königsmörder, sagt der Schauspieler Karl-Heinz Hackl, aber so sein Kollege Franz Morag, der Wortführer der rebellierenden Darsteller, zwei Jahre Ego-Trip sind genug.
    Gemeint ist der Führungsstil Klaus Peimanns.
    An dem das Ensemble gestern in einer Pressekonferenz kein gutes Haar ließ, Peimann selbst bat in einer weiteren Pressekonferenz um weiteres Vertrauen.
    Am Abend kam es zu einer von den Schauspielern nur teilweise frequentierten Aussprache, die kein greifbares Ergebnis brachte.
    Nächsten Dienstag soll nun Unterrichtsministerin Hilde Havlicek in die Auseinandersetzung eingeschaltet werden.
    Im folgenden Beitrag rekapituliert Hans Langsteiner den momentanen Stand der Dinge.
    Das ist der Versuch des Alten, das Neue zu zerstören.
    Was Burkhard Klaus Peimann als Kampf von quasi-archetypischen Dimensionen erscheint, begann vorletzten Freitag fast unbemerkt.
    An einem zwei große Zeitungsseiten langen Interview Peimanns für die Hamburger Zeit wurden zunächst nur jene Passagen kommentiert, in denen von einem angeblichen Schulterkuss des Bundespräsidenten für Peimann die Rede bzw.
    die Schreibe war.
    Erst nach Tagen wich das anfängliche Amüsement ernsteren Reaktionen.
    Man las nochmals nach und stieß auf unkonventionell kritische Peimann-Sätze zu seinem Haus, das es abzureißen gelte, und zu Österreich, wo unter dem Deckmantel des Katholizismus alles legalisiert werde.
    Politiker meldeten sich zu Wort, als erster Jörg Haider mit einer Rücktritts-Aufforderung, Zeitungskolumnisten schärften ihre Formulierungskünste und auch die Burgschauspieler selbst griffen zur Feder.
    In offenen Briefen kritisierten sie vornehmlich jene Aussagen Peimanns, in denen sich der Regisseur zu einem durchaus autoritären Inszenierungsstil bekannt hatte.
    Das war gleichsam Stufe 2 der Peimann-Erregung.
    Stufe 3 wurde gestern gezündet.
    Das ganze Interview sei nur der letzte Anlass gewesen, um die nach Ansicht der Ensemblevertretung krisenhafte Entwicklung des Burgtheaters öffentlich zu machen.
    Spielplanverarmung, Besucherschwund und wachsende Entösterreicherung wurden Peimann auf einer Pressekonferenz der Ensemble-Vertretung vorgeworfen.
    Ensemble-Sprecher Franz Morag
    Viele wertvolle Kollegen leben in der inneren Emigration, gehen gerne in Pension und das war nicht immer so.
    Die Stimmung am Haus ist zerschlagen.
    Motivation und Disposition liegen im Argen.
    Beim Regisseur Paimann überwiegen die Fähigkeiten und sein Glanz seine negativer bei weitem.
    Für die Mängelliste ist der Direktor zuständig, der Manager Herr über 177 Millionen.
    Und die Frage ist, können wir uns diesen Direktor leisten?
    Peimann, der sich bis dahin eher bedeckt gehalten hatte, replizierte umgehend mit seiner Sicht der Dinge.
    Es gehe nicht um Organisatorisches, sondern um Politik.
    Vielleicht fehlt es der ÖVP an Munition und an Profil, um sich deutlicher gegen die FPÖ abzusetzen.
    Das Theater ist ein wunderbarer Schauplatz für Amateurkünstler, vom Schlage des Herrn Mock und des Herrn Lichal.
    Und das Theater ist zu schade, zum Spielball mangelnder Koalitionsprofilierung zu werden.
    Das ist der Fall.
    Und das ist etwas sehr Trauriges, weil das Theater ist eine sehr zarte Pflanze.
    Zu schade, um Herrn Mock gegen Herrn Bronitzki abzusetzen.
    Ob die Kluft noch überbrückbar scheint, ist fraglich, auch wenn die Haltung der Burg-Schauspieler zu dem Konflikt in sich durchaus differenziert ist.
    Viele Ensemble-Mitglieder, darunter durchaus Prominente, scheinen der Direktion des als Regisseur durchaus geschätzten Klaus Peimann in der Tat nichts Positives mehr abgewinnen zu können.
    Susi Nicoletti in der gestrigen Zeit im Bild 2
    Es geht nur sicher nicht um den Regisseur Palman.
    Und es geht nicht um die Privatperson Palman.
    Es geht lediglich um die Funktion der Direktion.
    Und da stimmt was nicht.
    Und zwar ziemlich heftig.
    Ein Direktor, der das Theater niederreißen möchte.
    Einen Tag.
    Österreich beschimpft.
    alles schrecklich findet, was hier passiert, die Mitglieder beschimpft, die Schauspieler runtermacht, in sehr merkwürdig billiger Sprache sich da ausdrückt und mir zehn Tage später, also heute, das genaue Gegenteil übers Fernsehen mitteilt.
    Ich weiß nicht, wie ich mit so einem Menschen sprechen soll.
    Andere Burgschauspieler und nicht nur die von Paimann aus Bochum mitgebrachten Neuzugänge sehen noch Konsenschancen.
    Karl-Heinz Hackl gestern vor Journalisten.
    Ich will noch einmal sagen, dass wir, die hier sitzen, immer noch konsensbereit sind.
    Nur die Bedingungen, unter denen das jetzt stattfinden müsste,
    müssten wir das Ensemble einmal festlegen.
    Zu einer von der Ensemble-Vertretung nicht unterstützten Aussprache mit Klaus Paimann erschien gestern Abend immerhin ein Drittel des künstlerischen Personals.
    Die emotionsgeladene Aussprache dauerte bis 10 Uhr nachts.
    Resultate erbrachte sie keine, auch wenn Burgtheater-Direktoriumsmitglied Uwe Jens Jensen, der aus Solidarität mit Paimann übrigens jetzt doch an der Burg bleiben will, im Fernsehen von hoffnungsvollen Signalen sprach.
    Ich finde eins besonders schön, dass trotz des Boykotts dieses Gesprächs seitens der Ensemblevertretung so viele Kollegen gekommen sind, was ja auch deutlich ausdrückt und was auch in dem Gespräch deutlich wurde, dass sich eben ein großer Teil des Ensembles und sicherlich noch mehr als heute dort waren, sich durch die Ensemblevertretung keineswegs repräsentiert fühlt.
    Ich finde es einen ganz wichtigen Punkt für unsere Arbeit.
    Kommenden Dienstag setzt sich Ressortchefin Hilde Havlicek mit den Vertretern des Burgstreits an den Verhandlungstisch.
    Sie war heute für eine Stellungnahme für uns ebenso wenig erreichbar wie Bundestheatergeneralsekretär Scholten.
    Die Affäre hat also endgültig politische Dimensionen erreicht.
    Und es ist durchaus nicht mehr auszuschließen, dass Klaus Peimann gegen seinen Willen Recht behält.
    Wenn er resignierend resümiert,
    Wir wollten ein österreichisches Nationaltheater für alle Bewohner dieser Stadt, für alle Bewohner dieses Landes möglich machen.
    Vielleicht war es am Ende nur ein kurzer Frühling.
    Es war längst nach Mitternacht, so um 2.30 Uhr, als die Bombe platzte.
    Im Klagenfurter Landesgericht sprachen die Geschworenen den sogenannten Wagner-Attentäter Franz Rieser nur der absichtlichen Körperverletzung und nicht des Mordversuchs schuldig.
    Das Urteil hätte bloß zwei Jahre Haft bedeutet.
    Es wurde aber überraschenderweise ausgesetzt, wegen offensichtlichen Rechtsirrtums der Laienrichter, wie der Vorsitzende Helmut Kaiser meinte.
    Ein fast beispielloser Vorgang in der fast 40-jährigen Geschichte der geschworenen Gerichtsbarkeit in Österreich.
    Wolfgang Dietmar und Walter Genser, unsere Prozessbeobachter, berichten.
    Das Urteil der Geschworenen heute um halb zwei Uhr früh.
    Zwei Jahre Gefängnis für Franz Rieser wegen fahrlässiger Körperverletzung und gefährlicher Drohung.
    Das war dem Richtersenat aber zu wenig.
    Den Laienrichtern wurde Rechtsirrtum vorgeworfen, ihr Urteil damit nicht anerkannt.
    Wie es das Gesetz vorsieht, muss der Prozess gegen den Fährlacher Hauptschullehrer Franz Rieser wiederholt werden.
    Der neue Prozess wird nicht mehr in Kärnten stattfinden, sondern in einem anderen Bundesland.
    Voraussichtlicher Termin in zwei bis drei Monaten.
    ist zu dieser sensationellen Wende gekommen.
    Nichts deutete am zweiten Prozestag auf eine derartige Überraschung hin.
    Von Beginn an versuchte Rieser immer wieder in Konfrontation mit Richtern und Zeugen seine Unfallversion zu untermauern.
    Obwohl im Verlauf des zweiten Verhandlungstages klare Zeugenaussagen gegen diese Version sprachen.
    Die deutlichsten Argumente
    Das hohe Abzugsgewicht an der Tatwaffe von mehr als sechs Kilopont, die nur mit einem Finger bewältigt werden müssen, damit sich ein Schuss auslöst.
    Der Sachverständige stellte fest, die Schüsse können sich nicht unabsichtlich gelöst haben.
    Der zweite Schuss, der zur Verletzung führte, wurde aus einer Entfernung von zwei bis zweieinhalb Metern abgefeuert.
    Das würde der Erklärung Riesers, dieser Schuss sei im Gerangel gefallen, widersprechen.
    Zugunsten Riesers lautete etwa die Aussage jenes Waffenhändlers, bei dem der Angeklagte die Tatwaffe gekauft hatte.
    Dieser konnte nicht bestätigen, ob er Rieser gezeigt habe, dass der Revolver auch auszulösen ist, ohne dass man den Hahn vorspannen muss.
    Rieser verantwortete sich ja immer wieder damit, er wusste gar nicht, dass der Revolver auch ohne den Hahn vorzuspannen funktioniert und unterstrich damit seine Unfallversion.
    Auffallend gegenüber dem ersten Prozestag eine deutliche Klimaverschärfung.
    Das begann mit einem heftigen Dialog zwischen Richter und Rieser am frühen Vormittag.
    Da setzte sich fort bei der Einvernahme des Waffenhändlers, als der Verteidiger den Vorsitzenden Richter kritisierte, er möge die Beweisführung den Geschworenen überlassen und nicht Suggestivfragen stellen.
    Und es setzte sich fort bei der Einvernahme des Kriminaloberst Herbert Bichler, dem Rieser-Anwalt Wegrustek vorwarf, entscheidende Fragen bei der ersten Einvernahme des Angeklagten einfach nicht gestellt zu haben.
    Und dann die erste Sensation.
    Nach einer Verhandlungsunterbrechung hat Franz Rieser ein Geständnis abgelegt.
    Ich habe die Schüsse auf Landeshauptmann Leopold Wagner bewusst abgegeben.
    Ich wollte ihn erschrecken und ich habe eine Verletzung Wagners in Kauf genommen.
    Die 20 Stunden lang verteidigte Unfallversion war damit gefallen.
    Die Wende war ein verhandlungstaktisches Manöver.
    Bis dahin gab es nämlich nur zwei mögliche Urteilsentscheidungen.
    Mordversuch oder Unfall.
    Das taktische Manöver hat nun auch weitere Urteilsmöglichkeiten eröffnet.
    Erstens Mordversuch.
    Das Urteil der acht Geschworenen.
    Achtmal nein.
    Zweitens, vorsätzliche Körperverletzung.
    Einmal ja, siebenmal nein.
    Drittens, fahrlässige Körperverletzung.
    Siebenmal ja, einmal nein.
    Viertens, gefährliche Drohung.
    Achtmal ja.
    Fünftens, Unzurechnungsfähigkeit.
    Achtmal nein.
    Maximales Strafausmaß aus dem Urteil der Geschworenen, zwei Jahre Haft für fahrlässige Körperverletzung unter gefährlichen Bedingungen.
    Nur knappe Kommentare nach diesem Sensationsurteil, das durch das Veto der Berufsrichter nun doch keines ist.
    Der Verteidiger Dr. Eduard Wegrustek, ich habe mit so einem milden Urteil gar nicht gerechnet.
    Der Vorsitzende Richter Dr. Helmut Kaiser, kein Kommentar.
    Schwer abzuschätzen ist, in welchem Ausmaß die Plädoyers die Geschworenen beeinflusst haben.
    Der Staatsanwalt konzentrierte sich dabei auf eine, seiner Ansicht nach, lückenlose Beweiskette.
    Die Verteidigung verlagerte sich auf den Menschenrieser, der 60 Jahre lang unbescholten blieb und dann
    eine Verrücktheit beging.
    Die Überraschungsserie war aber damit noch nicht zu Ende.
    Der Richter wollte die Verhandlung schon beenden, als der Verteidiger Dr. Weckerusdecker einen Antrag auf Enthaftung von Franz Ries erstellte.
    Der dringende Tatverlacht sei aufgrund des Beweisverfahrens nicht mehr gegeben, argumentierte die Verteidigung.
    Der Staatsanwalt und der Richtersenat lehnten ab.
    Bis zur Neuauflage seines Prozesses bleibt Franz Rieser damit in Haft.
    Am Wort ist jetzt der oberste Gerichtshof.
    Er wird feststellen, wann und wo der zweite Rieser-Prozess stattfinden wird.
    Wolfgang Dietmar und Walter Genser vom Landestudio Kärnten haben berichtet.
    Das Urteil oder besser Nicht-Urteil von Klagenfurt wirft eine Reihe schwerwiegender rechtspolitischer Fragen auf.
    Vor allem stellt sich die Frage nach der Laiengerichtsbarkeit überhaupt.
    Erich Aichinger und Franz Himbürger sprachen mit Justizexperten in den politischen Parteien.
    Hier Bericht und Analyse.
    Dass die Beteiligung von Laien, von Menschen aus dem Volk an der Rechtsprechung ihre historische Begründung, aber auch ihre Problematik hat, ist den Juristen seit langem bekannt.
    Ihren Ursprung hat die Laiengerichtsbarkeit als Errungenschaft der französischen Revolution, als Gegengewicht gegen Staatswillkür ausgeübt durch Richter.
    In Österreich waren zumindest nach Ansicht der Anklagebehörde Anfang dieses Jahrhunderts mehr als 800 Fehlurteile von Laien ergangen.
    Während der Nazizeit war die geschworene Gerichtsbarkeit abgeschafft.
    Ihre Wiedereinführung 1950 war heftig umstritten.
    Und auch seither ist die theoretische Diskussion nie völlig abgerissen.
    So meinte 1970 beim Juristentag der Ministerialrat im Justizministerium, Egmont Foregger,
    Der Umstand, dass die Entscheidung der Geschworenen über die Schuldfrage keiner umfassenden Begründung bedürfe, sei eines der wesentlichsten Bedenken gegen die Einrichtung der Geschworenengerichte.
    Und 15 Jahre später schlug Vorrecker beim 9.
    Juristentag vor, die Geschworenen sollten zwar allein beraten, der Vorsitzende solle aber das Urteil begründen müssen.
    Eine aktuelle Stellungnahme Vorreckers des heutigen Justizministers war nicht erreichbar.
    Er hält sich in Moskau auf.
    Aber am Rande der Juristentagung in Weißenbach am Attersee erreichten wir die Justizsprecher von ÖVP Michael Graf, SPÖ Sepp Rieder und der Grünen Walter Geier.
    Pech hatten wir bei der Suche nach einem Vertreter der Freiheitlichen.
    Den Politikern, so der durchgehende Tenor, ist bewusst, dass nun offensichtlich eine Diskussion über das Ausmaß der Beteiligung von Laien an der Strafrechtspflege losgehen dürfte.
    Soll es dabei bleiben, dass bei den mit schweren Strafen bedrohten Delikten wie Mord oder bei politischen Delikten acht Geschworene und drei Richter entscheiden?
    In der Praxis, so ein zusätzlicher Aspekt, sind allerdings weite Teile des Volkes von der Tätigkeit als Geschworener oder Schöffe ausgeschlossen oder können sich entschuldigen.
    So zum Beispiel sind von vornherein öffentliche Bedienstete, Geistliche, Rechtsanwälte und Notare von der Tätigkeit als Geschworener oder Schöffe ausgeschlossen.
    Obwohl Geschworene im Gerichtsverfahren in der Regel besser vorbereitet sind als andere Strafverfahren, bleibt ein Fazit.
    Vom Gesetz her sind die Geschworenen übermächtig.
    In der Praxis scheinen sie manchmal überfordert.
    Wie kommentieren nun die Justizsprecher grundsätzlich die Überraschung aus Kärnten?
    Michael Graf, ÖVP.
    Dieses Ergebnis des Verfahrens zeigt,
    ganz deutlich die große Problematik des geschworenen Prozesses, wie wir ihn hier haben.
    Nämlich einerseits, dass wir in einem sehr komplizierten Verfahren die Entscheidung letztlich allein
    den Laien überantworten, in der an und für sich richtigen Überlegung, dass das Volk an der Rechtsprechung mitwirken soll, dass aber andererseits die Entscheidung, wenn sie dann nicht so ausfällt, wie die Berufsrichter es nach ihrer Überzeugung für richtig halten,
    nun dieser Spruch weggewischt, beseitigt wird und das ganze aufwändige Verfahren noch einmal durchgeführt wird.
    Ich glaube, die Lehre müsste sein, zu einer neuen Art des Verfahrens Unterleihenbeteiligung für schwere Delikte zu finden,
    nämlich die Geschworenen oder Schöffen, die Laien, auch in einer größeren Zahl, das Laienelement kann ruhig überwiegen, gemeinsam mit den Berufsrichtern beraten zu lassen und dann nicht einen unbegründeten sogenannten Wahrspruch fällen zu lassen, sondern eine begründete, gemeinsam erarbeitete Entscheidung zu
    Am Auswahlmodus der Geschworenen haben sie nichts auszusetzen.
    Es ist ja heutzutage schon so, dass eine große Gruppe des Volkes von vornherein sich entschlagen kann oder gar nicht zugelassen wird.
    Also öffentlich Bedienstete, Priester etc.
    etc.
    Also ein echter Querschnitt durch das Volk sitzt ja heute schon nicht auf der geschworenen Bank.
    dass bei der Auswahl der Geschworenen wirklich nur jene Gruppen sozusagen übrig bleiben, die viel Zeit haben und das sind nicht immer und unbedingt die qualifiziertesten Leihrichter.
    Etwas abweichender Meinung der sozialistische Justizsprecher Sebrida.
    Der Ausgang ist jedenfalls überraschend, zeigt meines Erachtens, dass man vielleicht besser beraten gewesen wäre seitens der Justiz,
    den Delegierungsanträgen mehr Sorgfalt zuzuwenden.
    Ich glaube, das Verfahren wäre besser in einem anderen Bundesland und nicht in dem Bundesland durchgeführt worden, wo der Landesabmann selbst Opfer der Tat ist.
    Prinzipiell stellt sich in dem Zusammenhang ja die Frage, Leihengerichtsbarkeit, ist das richtig überhaupt?
    Ist das sinnvoll?
    Die geschworene Gerichtsbarkeit hat einen guten Platz in unserer
    Justiz.
    Sie ist der Ausdruck der unmittelbaren Beteiligung der Bürger an der Rechtsprechung und das entspricht eigentlich einem sehr modernen Gedanken.
    Das ändert nichts daran, dass es gelegentlich Fehlentscheidungen gibt.
    Es gibt ja eben auch Fehlentscheidungen der Berufsrichter.
    Und dass die Fehlentscheidungen der Geschworenen spektakulärer in Erscheinung treten, weil es dann zur Aussetzung kommt, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es ja zahlreiche Urteile gibt der Berufsrichter, die dann durch die zweite Instanz geändert werden.
    Also da sehe ich keinen grundsätzlichen Unterschied.
    Vor allem glaube ich, dass eines ganz wichtig wäre, die Geschworenen besser auf den Prozess vorzubereiten.
    Könnten Sie sich dem Gedanken anschließen, den der Dr. Graf vorher geäußert hat, nämlich dass Laienrichter und Berufsrichter den Wahrspruch gemeinsam finden, dass sie ihn begründet finden müssen?
    Nein, dem könnte ich mich nicht anschließen.
    Ich glaube, dass hier etwas anderes herauskäme, nämlich dass in vielen Fällen dann die drei Berufsrichter die nicht entsprechend vorbereiteten Laien dann einfach
    Und damit wäre die Beteiligung der Nichtjuristen oder besser gesagt der Bürger eigentlich nur eine Farce.
    Und bei der Straffindung wirken ohnehin nach dem Gesetz Laien und Berufsrichter zusammen.
    Und noch eine Spur anders sieht es der Grüne Walter Geyer.
    Zum Ersten, ich halte das Geschworenengericht an sich für eine gute, sinnvolle Sache.
    Wobei man sich allerdings durchaus überlegen kann, in welchem Ausmaß sollen Geschworene entscheiden.
    Das ist der eine Punkt.
    Der zweite Punkt, für eine Kontrolle durch die Berufsrichter in der derzeitigen Form bin ich nicht.
    Es fällt mir auch auf, dass die Berufsrichter von ihrem Aussetzungsrecht regelmäßig nur dann Gebrauch machen, wenn der Betreffende entweder freigesprochen oder ihrer Ansicht nach einem zu milden Strafgesetz
    Strafgesetzbestimmung unterzogen worden sind.
    Mir ist aber kein Fall in Erinnerung, dass ein Urteilsspruch ausgesetzt worden wäre, weil jemand nach einer zu strengen Bestimmung verurteilt worden wäre.
    Heißt das, Sie würden im Verhältnis Laien-Berufsrichter das Gewicht der Laien verstärken?
    Ich würde diese Möglichkeit der Aussetzung des Wahrspruches durch die Geschworenen überdenken
    Sie haben gesagt, das Ausmaß der Entscheidungen der Laienrichter könnte überdacht werden.
    Was heißt das?
    Auch der Anwendungsbereich des geschworenen Gerichtes ist ja in der, zumindest in der Verfassung, nicht so fixiert, dass alle die Fälle darunter fallen würden, wo derzeit das geschworene Gericht tätig ist.
    Das heißt, es wäre denkbar, das geschworene Gericht zu reduzieren auf die wirklich politischen Strafsachen.
    Und im Strafverfahren, im normalen Kriminalstrafverfahren, keine geschworenen Gerichte mehr?
    Zur Auswahl der Laienrichter, ist das Ihrer Meinung nach, so wie es jetzt läuft, richtig?
    bedenklich, weil viele qualifizierte Personen entweder von vornherein ausgeschlossen sind oder sich relativ leicht von der Verpflichtung als Geschworene tätig sein zu müssen, wenn man so will drücken können.
    Das ist auch etwas, was man überdenken sollte, wo man auch darüber nachdenken sollte.
    Wäre es nicht sinnvoll, zuerst sicherzustellen, dass ein gewisser Personenkreis prozentuell auch noch
    Politische Reaktionen auf das überraschende Ende des Klagenfurter Riesaprozesses waren das eingeholt von Erich Eichinger und Franz Simböger.
    Zuletzt hörten wir den grünen Justizsprecher Walter Geier.
    Es ist 12.36 Uhr.
    Themenwechsel jetzt.
    Die 38.
    Auslandsreise seines neunjährigen Pontifikates führt Papst Johannes Paul II.
    in drei Wochen zum zweiten Mal nach 1983 nach Österreich.
    Seit damals hat sich viel verändert.
    Weite Teile des österreichischen Katholizismus zählen der Visite ihres Oberhauptes mit Skeptizismus, ja mit Kritik entgegen.
    Der Versuch einer konservativen Kurskorrektur irritiert die Christen,
    Die Aufregung um die Bischofsernennungen Coa, Ken, Kosteletzki war nur die augenfältigste Artikulation dieses Unbehagens.
    Als Auskunftsperson zu dieser Problematik ist heute Eduard Fleuer.
    im Journal zu Gast.
    Eduard Pleuer ist Präsident der katholischen Aktion Oberösterreichs.
    Vorher war er Vorsitzender der gesamtösterreichischen katholischen Aktion, der größten Laienorganisation der Kirche in Österreich.
    Eduard Pleuer, 57 Jahre alt und Direktor des katholischen Bildungshauses Buchberg, wurde bekannt in den 70er Jahren als Kämpfer gegen die sogenannte Fristenlösung.
    1983 war Pleuer Präsident des Papstbesuchvorbereitungskomitees und für den gleichzeitigen Katholikentag verantwortlich.
    Das Interview führt Ulrich Brunner.
    Herr Pleuer, Sie waren führend bei der Vorbereitung des Katholikentages und Papstbesuches 1983 beteiligt.
    Wenn Sie die Stimmung von damals mit der heutigen Stimmung vergleichen, in knapp drei Wochen kommt der Papst, wie ist denn die Stimmung in der katholischen Gemeinde heute?
    Man soll nicht verleugnen, dass die Stimmung heute in der katholischen Kirche bei den Christen differenzierter ist als damals 1983.
    Was heißt differenzierter?
    Es gibt Christen, die überlegen sich, ob sie zu den Veranstaltungen des Papstes gehen sollen.
    Daraus haben wir aber noch nicht eine prinzipielle Gegnerschaft zur Kirche oder zur Zugehörigkeit herauslesen.
    Ich glaube, dass es seit 1983 in der Kirche in Österreich, wie auch in der Weltkirche, doch eine Reihe Ereignisse gab, die verschiedene Christen verstimmt haben oder verletzt haben.
    Und ich kenne eine Reihe von Christen, die mir sagen, ich gehe erst dann zu den Veranstaltungen des Papstes, wenn ich mich mit ihm versöhnen könnte.
    Und damit wir konkretisieren, es gab die Bischofsbestellungen in Österreich, aber auch im Ausland, wo doch sehr gegen das Empfinden vieler Christen vorgegangen wird.
    Und ich finde es einfach verschrecklich, dass bei Bischofswein
    die Gäste, wenn sie in die Kirche gehen, über Menschenteppiche hinweg schreiten müssen, dass dann so wie in Chur die Kirche verschlossen wird und Christen nicht zugelassen werden zu diesen Feierlichkeiten, weil man Angst hat.
    Das finde ich für einen ganz schrecklichen Zustand und doch für eine Verletzung von Gefühlen von Menschen, die mit dieser Kirche denken wollen, die sich zu dieser Kirche dazugehörig fühlen.
    Würden Sie also sagen, dass der Papst hier eine zerrissene, verunsicherte Kirchengemeinde vorfinden wird oder übertreibe ich da?
    würde ich sagen, eine zerrissene, sicher eine Übertreibung, aber sicher eine verunsicherte Kirchengemeinde.
    Es wird eine Kirchengemeinde Christen vorfinden, die gerne mit ihm verschiedene Fragen und Probleme ausreden möchten, klären möchten und vor allem klären möchten, dass aus den Diskussionen, die heute geführt werden, über die Fragen der Geburtenregelung, über Fragen der Behandlung der
    geschiedenen, wiederverheirateten Christen über die Fragen der Bischofsbestellung möchten Sie gerne mit ihm reden und ihm mitteilen, dass das, wenn man darüber diskutiert, nicht eine prinzipielle Gegnerschaft zu Prabst und Kirche ist, sondern dass es hier verschiedene Anschauungen und Auffassungen gibt, die man akzeptieren soll und vor allem, dass bei den verschiedenen Gruppen in Österreich
    keine der Gruppen beanspruchen soll, die ganze Wahrheit zu besitzen, die einzig wahre Kirche zu sein, sondern dass man diese vielen Strömungen und Gruppierungen, die es hier gibt, als Farbe, als Reichtum sehen könnte, die miteinander diskutieren.
    Wie verstehen Sie in diesem Zusammenhang die Unfehlbarkeit des Papstes?
    Ich glaube, das ist ja genau formuliert bei dem vorletzten Konzil, dass wenn der Papst definiert, dass es jetzt verbindlich ist für die ganze Kirche, dann wird das ausdrücklich betont als eine Ex-Kathedra.
    Und da sehe ich hier keine Schwierigkeiten, denn das sind Prozesse, wo die Gesamtkirche miteinbezogen wird, die Bischöfe.
    die Theologen und nach einem langen Meinungsbildungsprozess und nach langem Überdenken und Forschen wird das erklärt.
    Also das kommt aber gar nicht sehr oft vor.
    Und alle anderen Meinungen des Papstes finde ich als sehr qualifizierte Äußerungen des Papstes, die wir Christen
    überdenken sollen, ernst nehmen sollen, die wir diskutieren sollen, aber die mich noch nicht verpflichten im Sinne der Unfällbarkeit.
    Die aber auch kritisierbar sind.
    Die sind natürlich auch kritisierbar und sie sind für mich nicht unbedingt verbindlich, sondern sie sind hochqualifiziert.
    Der Wiener Weihbischof Krenn hat sich vor kurzem in einer Diskussion darauf aufmerksam gemacht, dass sie als Laie natürlich in eine Hierarchie eingebunden sind.
    Soll heißen,
    ganz unten sind und sich in diese Hierarchie irgendwie einfügen müssen.
    Diese Aussagen, die höre ich, sind sie mir nicht böse.
    Ich nehme sie nicht sehr ernst, diese Aussagen, denn ich habe ein anderes Verständnis von Christsein.
    Durch Taufe und Firmung und durch die Mitfeier der Eucharistie, das heißt der Messe, fühle ich mich als Christ gleichwertig mit allen anderen Christen gleich, welches Amt sie in der Kirche innehaben.
    Und die Berufung zum Apostolat, das will heißen, diese Botschaft des Evangeliums zu leben und weiter zu sagen, braucht mir nicht erst von einem Bischof oder Papst delegiert werden, sondern diese Berufung habe ich, weil ich getauft bin, weil ich gefirmt bin und weil ich die Eucharistie, die Messe mit feiere,
    Und diese Messe hat unter anderem nur dann Sinn, wenn sie in das Leben hinaus wirksam wird.
    Und daher kann ich derartige Aussagen nicht verstehen.
    Denn als Christ habe ich meine, wenn Sie wollen auch mein Amt, nämlich das des Christseins.
    Und das ist das Entscheidende.
    Weil wir schon bei Weihbischof Krenn sind, es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass der Linzer Bischof Eichern nach Salzburg befördert werden soll, damit Linz für Krenn frei wird.
    Eine Frage an den obersten Laien Oberösterreichs, was passiert dann?
    Befördert kann Bischof Eichern überhaupt nicht werden.
    Er ist Bischof in Linz und fühlt sich in der Diözese sehr wohl.
    Richtig ist, dass es diese Gerüchte gibt.
    Die Gerüchtebörse ist ja voll und ich kenne keinen österreichischen Bischof, der nicht irgendwo schon einmal gehandelt wurde.
    Ich glaube, dass es die Oberösterreicher kaum verstehen würden und dass das in Oberösterreich sehr viel Diskussionen, wenn nicht auch Aggressionen, wachrufen würde.
    wenn der Bischof Eichern von der Diözese Linz weggelobt werden würde.
    Tatsache ist, dass ja ein Bischof nicht versetzt werden kann und dass ein Bischof ja selber wollen muss, wenn er Bischof wird.
    oder wenn er in eine andere Diözese geht.
    Ich nehme an, dass sich Bischof Eichern in Linz so beheimatet hat, so wohlfühlt, dass er kaum die Zusage geben würde, wenn diese Frage tatsächlich an ihn gestellt werden würde.
    Was verlangen Sie eigentlich?
    Verlangen Sie eine echte Mitbestimmung der Gläubigen oder mehr Einfühlsamkeit des Papstes des Vatikans bei der Bestellung?
    Beides, glaube ich, ist möglich.
    Nämlich einen Prozess der Meinungsbildung mit den Christen, wobei ich durchaus nicht der Meinung bin, dass man hier Volkswahlen veranstaltet.
    Das ist gar nicht möglich.
    Die Kirche hat aber heute in Österreich sehr viele differenzierte Gremien, Priesterrat, Dechantenkonferenz, Laienräte.
    Pastoralräte, die hier mit einbezogen werden könnten.
    Dem Papst steht das letzte Recht zu, zu entscheiden, wer Bischof wird und daher auch das zweite, doch die Stimmung in einer Ortskirche zu hören.
    Ich bin nämlich der Meinung, dass die Diozösen nicht Filialkirchen von Rom sind, sondern die Bischöfe in den Diozösen direkte Nachfolger der Apostel sind, so wie der Papst.
    Und daher soll man, glaube ich, hier diese Bischofsbestimmung
    Nämlich die Ortskirche sehr hören und mithören und mitbestimmen und die Wünsche sehr ernst nehmen.
    Und sollte der Papst sich diesen Wünschen einer Ortskirche nicht anschließen können, dann könnte man immer noch einen Prozess vorsehen, wie es dann zu einer Übereinstimmung kommt.
    So wie es jetzt geht, dass das so geheimnisvoll vor sich geht, führt das, wie wir ja in den letzten Jahren die Diskussionen sehen, zu nichts Gutem.
    Da diese Geheimnistuerei führt dann zu Denunzierungen.
    Es werden Menschen unmöglich gemacht, Priester vorher schon beschimpft, die vielleicht in Aussicht kämen, Bischöfe zu werden.
    Man gibt ihnen, macht ihnen Unterstellungen.
    Die haben nie eine Möglichkeit,
    gehört zu werden, sich zu verteidigen, das ist ja gegen die Menschenrechte.
    Und hier ist es hoch an der Zeit, einen transparenten, also durchschaubaren Prozess zu entwerfen.
    Die grundsätzliche Haltung schaut so aus, der Vatikan ist konservativ, die Landeskirchen, einzelne Landeskirchen sind progressiv.
    Und da scheiden sich die Geister.
    Wenn ich da einen Punkt herausgreifen darf, der ja auch zu einer Verstimmung zwischen dem Vatikan und den österreichischen Bischöfen geführt hat, das Problem der Empfängnisverhütung.
    Der Vatikan bringt das auf den Punkt, Empfängnisverhütung ist Sünde.
    Die österreichischen Bischöfe sagen ja, aber letztendlich muss das jeder mit seinem persönlichen Gewissen ausmachen.
    Ist das in dieser Verkürzung eigentlich richtig?
    Der Vatikan sagt nicht, dass grundsätzlich Empfängnis, Verhütung, Sünde ist, sondern der Vatikan unterscheidet zwischen natürlichen und scheinbar nicht natürlichen Methoden.
    Das heißt, es geht gegen künstliche Eingriffe, wie zum Beispiel die
    Pille.
    Und ich glaube, dass in dieser Frage noch sehr viel diskutiert werden muss.
    Für mich ist einfach zum Beispiel nicht verständlich, das Wort natürlich, was heißt natürliche Methoden, gehört nicht auch zur Natur des Menschen die Freiheit?
    Nämlich, wenn der Vatikan sagt, und hier sehe ich sehr viele Widersprüche, dass die Menschen und die Eltern, die Ehepaare, die Kinderzahl verantworten müssen.
    Es gibt das Wort der verantworteten Elternschaft.
    Und nun, wenn eine Ehe da ist, die vielleicht erst 30 Jahre alt sind, die Ehepartner, und sie haben jetzt jene Kinderzahl erreicht, die sie verantworten können, mehr ist nicht mehr drin.
    um dann zu sagen, also jetzt nur mehr natürliche Methode, also sich nach dem Monatszyklus zu halten und das ist einfach vielleicht für diese Menschen nicht möglich, dann steht doch um Gottes Willen ungeheuer viel auf dem Spiel.
    Es steht auf dem Spiel die Beziehung, diese Partnerschaft, diese Ehe, wenn man hier so eingreift und ich glaube, dass die österreichischen Bischöfe
    wirklich Recht haben, wenn sie den Primat des Gewissens betonen.
    Der galt nämlich immer in der Kirche.
    Gleich welche Gesetze hier sind, muss der Mensch zunächst von seinem Gewissen her abwägen.
    Und die österreichischen Bischöfe betonen nur, und das können wir mitvollziehen, dass diese Gewissensbildung nicht ohne Orientierung an den Aussagen der Kirche geschehen kann,
    Aber ich bleibe dabei, das ist Kompetenz der Ehepaare, wie sie die Kinderzahl regeln.
    Denn es stehen hier ganz andere Werte auf dem Spiel.
    Nämlich nicht nur, welche Methode sie anwenden, sondern es steht auf dem Spiel die geglückte Beziehung, die gelungene Ehe.
    Und es tut mir so ungeheuer weh und leid, dass wir wegen dieser Diskussion, wo wir uns nur um diesen Bereich des Geschlechtsverkehrs, verzeihen Sie diesen Ausdruck, in dieser Direktheit, kümmern und die anderen wichtigen Dinge
    die die Kirche zur Ehe zu sagen hätte, nämlich wie Beziehungen glücken, wie man eine Beziehung aufbaut, wie man Ehekultur gestaltet.
    Und da stehen ungeheuer schöne Sachen in der bekannten Enzyklika Humanae Vitae, wo der Eigenwert der Liebe betont wird.
    dass die eheliche Beziehung auch dann Wert für sich hat, auch dann, wenn man Kinder ausschließt oder keine Kinder bekommen kann.
    Das sind ja alles ganz wunderbare Visionen, die nicht immer so da waren in der Kirche, dass das alles verdeckt wird und vielleicht machen wir uns sogar schuldig daran, dass so viele Ehen scheitern, weil wir in der Kirche zu wenig diese Hilfen anbieten, wie Leben zu zweit glücken kann.
    Nun kommt der Papst nach Österreich, wird viele Reden halten.
    Besteht nicht die Gefahr, dass sich dieser Konflikt vertieft?
    Der Papst wird ja in seinen Reden darauf Bezug nehmen, dass dieser Besuch eher die Gräben vertiefen wird, als sie zuzuschütten.
    Ich weiß nicht, welche Reden und welche Aussagen der Papst in Österreich machen wird.
    Ich kann mich nur zurückerinnern auf den Katholikentag 1983, wo ich selbst in Rom im Staatssekretariat tätig war und darauf hingewiesen habe, wenn man den Papstbesuch noch 200 Jahre in Wien in Österreich
    durch Aussagen nur festlegt auf diese Frage der Empfängnisregelung, auf die Frage Zölibat und auf die Frage geschiedene Wiederverheiratete, dann wird das Bild der Kirche und das Bild des Papstes ungeheuer verfälscht werden und ich nehme an, dass der Papst doch das für sich sehr bedenken wird.
    Dieser Papst hat so viel zu sagen,
    Und es wäre ihm zu raten, durch derartige Aussagen das andere dann nicht so zu überschatten, dass man dann nur mehr diesen einen schmalen Bereich diskutiert.
    Ja, und ich muss dazu sagen, denn viele Menschen ja gar nicht mehr ernst nehmen, weil sie sagen, hier hat er keine Kompetenz.
    Was ich wieder für schade finde.
    In welchem Bereich stehen Sie vorbehaltlos hinter der Politik des Vatikan, hinter den Aussagen des Papstes?
    Man soll überhaupt nie vorbehaltslos stehen, sondern man soll immer ein hörender Mensch sein und der Christ soll ja im Wesen noch ein hörender sein und soll dann nachdenken und soll das mit seiner Position vereinbaren und vergleichen.
    Aber ich denke an die Reden und Aussagen, die der Papst in Weltfragen macht, zu den Sozialfragen, zu den Fragen der Armut in der Welt.
    Hier bin ich bereit, ihm sehr zu folgen, mitzugehen, weil das geradezu Visionen sind.
    Oder wenn er den Satz sagt in einer Enzyklika, der Weg der Kirche ist der Weg des Menschen, dann kann ich mit ihm gehen und wir werden auch dann immer wieder diese Aussage einfordern.
    Der Weg der Kirche ist der Weg des Menschen.
    Das heißt,
    mit diesem Menschen, so wie wir sind, mit diesem sündigen, gebrechlichen, verführbaren Menschen zu gehen.
    Und es sollte halt dann auch der Kirche nichts Menschliches fremd sein.
    Und Jesus ist der Sünder wegen gekommen und nicht der Heiligen wegen.
    Rechnen Sie damit, dass kritische Christen sich zu Wort melden, ihre Kritik artikulieren bei den verschiedenen Veranstaltungen?
    Man hört verschiedentlich, dass es vor allem jüngere Menschen gibt, die überlegen, wie sie bei diesen Veranstaltungen ihren Willen, ihren Protest äußern können.
    Das wird man vielleicht gar nicht verhindern können und ich glaube, das gehört zum Leben dazu.
    Ich bin aber der Meinung, dass derartige Anlässe der Großkundgebungen sicher nicht die Orte sind, wo man solche Fragen ausdiskutieren und klären kann.
    Ich habe beim letzten Katholikentag, wo es ja auch einzelne Stimmen gegeben hat, man müsste das und jenes,
    mit dem Papstbesprechen immer betont, dass es nicht der Ort ist, so eine Großgrundgebung dafür zu missbrauchen, denn hier sollte man, glaube ich, in kleineren, überschaubaren Kreisen diskutieren.
    Es wurde uns damals ja auch zugesagt von österreichischen Bischöfen,
    Man wird die Gelegenheit nach dem Papstbesuch wahrnehmen.
    Ich muss schon mit einem gewissen Bedauern sagen, dass man wieder sehr viel Zeit verstreichen hat lassen.
    Und ich komme hier wieder auch zu der einen Frage, ob man nicht allmählich überlegen müsste, derartige Pastoralreisen des Papstes, die ich durchaus begrüße und für sinnvoll finde, so zu organisieren, dass es tatsächlich auch Gelegenheit gibt zu einem wirklichen Dialog.
    Hier müsste man nur noch denken,
    Ich denke zurück, ich war voriges Jahr in Äquator, habe dort auch in Peru mit einigen Bischöfen gesprochen, die wir ganz gleich, wo die Bischöfe nun theologisch stehen, einhelliger gesagt haben, diese Pastoralreisen sind gut, aber man müsste jetzt doch bei einer zweiten Welle dieser Reisen überlegen, ob man nicht so gestalten und organisieren kann, dass es nicht immer nur Großkundgebungen sind,
    sondern dass man sich auch manchmal Stunden und vielleicht manchmal Tage auseinandersetzen kann, reden kann, Gespräche führen kann.
    Dabei erwartet niemand, dass der Papst dann bei diesen Gesprächen abschließend klärend und dogmatisch feststellt, aber er müsste doch hören, zuhören, wie die Stimmung ist und vielleicht sich auch davon überzeugen lassen, dass jene Menschen, die kritisch sich äußern,
    ja um Gottes Willen nicht Gegner des Papstes und der Kirche sind, sondern mit dieser Kirche leiden und mit dieser Kirche sich freuen.
    Ich danke für das Gespräch.
    Eduard Pleuer von der katholischen Aktion als Gast im Journal zum Papstbesuch ein Interview, das Ulrich Brunner geführt hat und jetzt noch ins Ausland im Mittagsschanal.
    Einen Monat nach François Mitterrands 54% Wahlsieg und nach dem dann gescheiterten Versuch des wiedergewählten sozialistischen Präsidenten ohne Parlamentswahlen die bürgerliche Regierung durch eine Mitte-Links-Regierung zu ersetzen, ruft der Staatschef die 37 Millionen französischen Stimmbürger nun doch zur Neuverteilung.
    der 577-köpfigen Nationalversammlung für die nächsten fünf Jahre.
    Morgen findet der erste Durchgang der Wahlen statt, am nächsten Sonntag der zweite.
    Wie 1981 greift Mitterrand im Sog eines Präsidentenwahlerfolgs auch nach der linken Regierungsmehrheit, zumal die zweijährige Kohabitation sich nicht bewährt hat.
    Und das Vorhaben dürfte gelingen, sagen die Meinungsforscher.
    gelingen nicht zuletzt durch ein Paradoxon.
    Das kolistische Mehrheitswahlrecht, durch das die Linke 1981 triumphierte, das Mitterand dann aber abschaffte, als es den Sozialisten schlechter ging, dieses stark mehrheitsbildende Wahlrecht führten die Konservativen wieder ein zum eigenen Schaden, denn mit 40 Stimmprozenten steuern die Sozialisten nun wieder eine absolute Mehrheit an.
    Aus Paris, Helmut Obletal.
    Ein Wahlkampf ohne Höhepunkte, ohne Enthusiasmus, ohne große politische Themen ist zu Ende gegangen.
    Bei vielen Veranstaltungen blieben die Zuhörer aus.
    Die großen Parteien verzichteten überhaupt auf spektakuläre Abschlusskundgebungen in Paris.
    Nur der rechtsradikalen Führer Le Pen, der im Präsidentschaftswahlkampf die größten Massen an sich gezogen hatte, versuchte es.
    Aber auch zu ihm in eine Halle mit 17.000 Plätzen kamen bloß 5.000 Zuhörer.
    Viele Franzosen sind politikmüde nach den beiden Präsidentschaftswahlkämpfen und haben das Gefühl eigentlich nochmals über genau die gleiche Frage abstimmen zu müssen, ob sie dem sozialistischen Präsidenten Mitterrand eine Mehrheit zum Regieren geben wollen oder nicht.
    Im Sog des triumphalen Wahlsieges von François Mitterrand erhofft sich die Sozialistische Partei jedenfalls eine klare, absolute Mehrheit im Parlament.
    Das Wahlrecht kommt ihr dabei zu Hilfe.
    Gewählt wird in zwei Durchgängen, wobei in jedem der 577 Wahlkreise nur ein einziger Kandidat zum Zug kommt.
    Im morgigen ersten Wahlgang braucht ein Kandidat 50% der Stimmen.
    Im zweiten Wahlgang, am Sonntag darauf, genügt dann die relative Mehrheit.
    Aber nur mehr jene Kandidaten dürfen teilnehmen, die beim ersten Mal mindestens 12,5% der Wahlberechtigten hinter sich hatten.
    Wenn die Sozialisten landesweit 40% der Stimmen auf sich vereinigen und die Linke morgen insgesamt auf etwa 50% kommt, dann können die Sozialisten mit einer soliden, absoluten Mehrheit der Abgeordneten rechnen.
    Sie treten übrigens diesmal nicht unter ihrem Parteinamen an, sondern unter der Bezeichnung Mehrheit des Präsidenten, was auch das Bemühen ausdrückt, politische Persönlichkeiten von außerhalb der sozialistischen Partei einzubinden.
    Die große Öffnung im Sinne von Mitterau ist allerdings nicht ganz gelungen.
    Nur wenige bürgerliche Zentristen haben sich bereit gefunden, für die Sozialisten zu kandidieren.
    Trotzdem hat der neue Premier Michel Rocard versprochen, auch im Fall eines sozialistischen Wahlsieges, das Angebot eines Bündnisses mit dem liberalen Zentrum aufrecht zu erhalten.
    Die bürgerliche Rechte hat sich trotz ihrer inneren Spannungen wieder zu einem Wahlbündnis, unter der Abkürzung URC,
    Union, der Einheit und des Zentrums zusammengefunden und fast überall gemeinsame Kandidaten präsentiert.
    An einen rechten Wahlsieg glaubt allerdings kaum jemand in Frankreich und das Bündnis zwischen Kulissen und Zentristen wird nach der Wahl mit großer Wahrscheinlichkeit auseinanderbrechen.
    Auf eine leichte Verbesserung ihres Stimmenanteils gegenüber den Präsidentenwahlen, wo sie unter 7% geblieben sind, hoffen die Kommunisten.
    Einen Abgeordnetensitz können sie jedoch nur mit sozialistischer Unterstützung im zweiten Wahlgang erreichen.
    Ebenso schwer wird es diesmal für die rechtsradikale Nationale Front werden, der die Meinungsforscher zum ersten Mal seit vier Jahren einen deutlichen Rückgang der Popularität bei ihren Wählern auf unter 10% voraussagen.
    Und kurz vor eins noch Kurzmeldungen.
    Der Richter im Klagen vor Theresa-Prozess um das Schuss aus den Tat auf Landeshauptmann Wagner hat den Spruch der Acht Geschworenen wegen Rechtsirrtums annulliert.
    Die Laienrichter erkannten nicht auf Mordabsicht, sondern nur auf Körperverletzung, was nur zwei Jahre Haft bedeutet hätte.
    Der Prozess wird in einem anderen Bundesland wiederholt.
    Ein Autounfall auf der Südautobahn, der von einem Geisterfahrer verschuldet wurde, forderte heute Vormittag bei Aspang sieben Menschenleben.
    In der am Mittwoch durch eine Explosion zerstörten deutschen Kohlengrube von Borken in Hessen wurden heute früh sechs Überlebende geborgen.
    Die Kumpel überlebten in einer Luftblase in 100 Meter Tiefe.
    Die Wetteraussichten bis zum Abend beginnen der Wettersturz mit zum Teil schweren Gewittern.
    Morgen allgemein kalt und regnerisch.
    Das Hansaimittag-Journal im Namen aller Mitarbeiter verabschiedet sich.
    Louis Glück einen schönen Samstag.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    BRD: Grubenunglück Borken / Hessen, Bericht von der Pressekonferenz mit 6 Geretteten
    Einblendung: Atmo (Applaus), Bruder eines Überlebenden, Einsatzleiter Braun
    Mitwirkende: Senzel, Holger [Gestaltung] , Anonym, Bruder des Überlebenden Dünch [Interviewte/r] , Braun, Erwin [Interviewte/r]
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Ort: Borken [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    7 Tote auf der Südautobahn in Steiermark / Niederösterreich durch Geisterfahrer
    Einblendung: Feuerwehrmann Hiebaum
    Mitwirkende: Schilhan, Günther [Gestaltung] , Hiebaum, Friedrich [Interviewte/r]
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Burgtheaterkrise um Peymann - Stand der Dinge
    Einblendung: Direktor Peymann, Ensemblevertreter Morak, Schauspielerin Nicoletti, Schauspieler Hackl, Direktoriumsmitglied Jensen
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung] , Peymann, Claus [Interviewte/r] , Morak, Franz [Interviewte/r] , Nicoletti, Susi [Interviewte/r] , Hackl, Karlheinz [Interviewte/r] , Jensen, Uwe Jens [Interviewte/r]
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Verfahren gegen Rieser wird neu aufgerollt
    Mitwirkende: Dittmar, Wolfgang [Gestaltung] , Genser, Walter [Gestaltung]
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Ort: Klagenfurt [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Hintergrund Rieser-Prozeß: Rechtsirrtum der Geschworenen? Probleme der Laienrichter
    Einblendung: Justizsprecher Graff (ÖVP), Rieder (SPÖ), Geyer (Grüne)
    Mitwirkende: Eichinger, Erich [Gestaltung] , Simbürger, Franz [Gestaltung] , Graff, Michael [Interviewte/r] , Rieder, Josef [Interviewte/r] , Geyer, Walter [Interviewte/r]
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Eduard Ploier, Katholische Aktion in Oberösterreich, anläßlich Papstbesuch
    Interview: Präsident Ploier
    Mitwirkende: Brunner, Ulrich [Gestaltung] , Ploier, Eduard [Gestaltung]
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wahlkampf / französische Nationalversammlung
    Mitwirkende: Opletal, Helmut [Gestaltung]
    Datum: 1988.06.04 [Sendedatum]
    Ort: Paris [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1988.06.04
    Spieldauer 00:59:50
    Mitwirkende Glück, Luis [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1988.06.04 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-880604_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt