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Marker setzen in: Mittagsjournal 1990.05.26
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Und ich sage Ihnen Grüß Gott beim Mittagsjournal.
Ilse Oberhofer führt Sie heute durch die Sendung.
Samstag, der 26.
Mai ist es.
Und das sind unsere Themen für die kommende Stunde.
Hochspannung in Moskau um die Wahl des Präsidenten der Republik Russland.
Man nimmt an, dass Gorbatschows Gegenspieler Yeltsin das Rennen macht, wenn er auch im ersten Durchgang die absolute Stimmenmehrheit verfehlt hat.
Tagung des UNO-Weltsicherheitsrates in Genf.
Es geht um Israel und die Palästinenser.
Kommunalwahlen in Polen, die ersten freien seit Kriegsende, werden es Denkzettelwahlen für die Regierung, das ist eine Frage.
Wahlkampf in Bulgarien gewählt wird am 10. und 17.
Juni.
Und Themen aus Österreich?
Pressestimmen zur Auseinandersetzung rund um die GSFR-Kernkraftpolitik.
Proklamation des Neusiedlersees und des Seewinkels zur Landschaft des Jahres 1990.
Im Journal zu Gast heute Dr. Maria Schaumeier, die neue Präsidentin der Österreichischen Nationalbank.
Und im Kulturteil des Journals gibt es dann ein Gespräch mit dem deutschen Dramatiker Heiner Müller.
Zunächst aber stehen wie immer die Nachrichten auf dem Programm.
Verantwortlicher Redakteur heute Josef Schweinzer und Sprecherin Maria Piefel.
Sowjetunion.
Der Radikalreformer Boris Jelzin hat bei der Wahl zum Präsidenten der Sowjetrepublik Russland die notwendige absolute Mehrheit verfehlt.
Die Entscheidung fällt nun heute in einem zweiten Wahlgang des russischen Sowjets.
Nach einem inoffiziellen Ergebnis kam Jelzin auf 497 Stimmen.
Sein Gegenkandidat, der konservative Kommunist Ivan Poloskov, erhielt 473 Stimmen.
34 Mandatare enthielten sich der Stimme.
Vor der Wahl hatte der von Präsident Gorbatschow unterstützte russische Ministerpräsident Vlasov seine Bewerbung überraschend zurückgezogen.
Wegen zunehmender Hamsterkäufe vor der geplanten Wirtschaftsreform hat Moskau Beschränkungen erlassen.
Lebensmittel werden in der sowjetischen Hauptstadt künftig nur noch an Moskauer Bürger verkauft.
Einkäufer müssen sich mit dem Meldezettel ausweisen.
Die Abschaffung der Subvention dürfte die Lebensmittelpreise verdoppeln bis verdreifachen.
Gorbatschow schließt eine Sonderregelung für den Weg Litauens in die Unabhängigkeit offenbar doch aus.
Gorbatschow wies gestern darauf hin, dass die sowjetische Verfassung für die Entlassung in die Unabhängigkeit einen Zeitraum von fünf Jahren vorsehe.
Litauische Abgeordnete hatten vorher gemeint, der Präsident habe die Loslösung von Moskau innerhalb von nur drei Jahren angeboten, sollten die Litauer ihre Unabhängigkeitserklärung vom 11.
März aussetzen.
Bei einem Besuch des französischen Staatspräsidenten Mitterrand in Moskau hat Präsident Gorbatschow neuerlich eine NATO-Mitgliedschaft des Vereinten Deutschlands abgelehnt.
Gorbatschow drohte damit, dass Moskau seine Haltung zur Abrüstung ändern könnte, sollte Gesamtdeutschland Vollmitglied der NATO werden.
Mitterrand sprach sich für eine souveräne Entscheidung Deutschlands über seine Bündniszugehörigkeit aus.
Österreich.
Im Konflikt um die Atomkraftpläne der Tschechoslowakei hat Prag die scharfe Reaktion der amtlichen Nachrichtenagentur CTK abgeschwächt.
Der stellvertretende tschechoslowakische Botschafter in Wien, Josef Banasz, sagte, der Kommentar sei der Beitrag eines einzelnen Journalisten.
Die Regierung in Prag verstehe die Sorgen der Österreicher.
Die Tschechoslowakei könne aber als Alternative zu ihren Braunkohlekraftwerken zunächst nicht auf Atomkraft verzichten.
Vielleicht werde es in Zukunft einen Ausweg geben, meinte Banasz.
Jugoslawien.
Ministerpräsident Markovic will eine neue Partei gründen.
Markovic ist Kommunist und befürwortet zugleich wirtschaftliche sowie politische Reformen.
Gegenüber westlichen Journalisten sagte der Regierungschef, er denke an eine Partei, die sich um das Regierungsprogramm formieren und bei den ersten Freien Wahlen in ganz Jugoslawien Ende des Jahres antreten soll.
Markovic wollte noch nicht sagen, ob die neue Partei gegen den Regierenden Bund der Kommunisten Jugoslawiens antreten wird.
Der 14.
Außerordentliche Parteitag der Kommunisten wird heute in Belgrad fortgesetzt.
Im Jänner war der Kongress durch den spektakulären Austritt der slowenischen Parteimitglieder abgebrochen worden.
Die regionalen Verbände der Slowenen und Kroaten haben sich von der Gesamtorganisation abgespaltet.
Polen.
Ministerpräsident Mazowiecki hat die streikenden Eisenbahner im Nordwesten Polens heftig kritisiert.
Mazowiecki sagte, man könne die Löhne nicht wie gefordert um fast 30 Prozent erhöhen.
Die Regierung werde außerdem nicht unter dem Druck eines Streiks verhandeln.
Arbeiterführer Walesa rief neuerlich dazu auf, die Situation nicht weiter anzuheizen.
Der Streik hat weite Teile Polens nahezu lahmgelegt.
Vereinte Nationen.
Der Weltsicherheitsrat berät heute weiter über die Lage in den israelisch besetzten Gebieten.
Beim gestrigen Sitzungstag in Genf hatten die Vertreter Israels die Forderung von PLO-Chef Arafat nach Entsendung von UNO-Beobachtern in die Unruhegebiete als grotesk zurückgewiesen.
Arafat seinerseits hat der Israel des Rassismus beschuldigt und den Israelis den Bruch des Völkerrechts vorgeworfen.
Nicaragua.
Die Verhandlungen zwischen der Regierung und den Contras über die Entwaffnung der rebellen Verbände sind unterbrochen worden.
Ein Sprecher von Präsidentin Chamorro erklärte, Grund dafür seien Vorwürfe, Regierungssoldaten hätten 18 ehemalige Contra-Kämpfer ermordet.
Die Armeeführung hat sich dazu bisher nicht geäußert.
Der Chef der Rebellen hat die etwa 1.500 Kontras, die in den vergangenen zwei Wochen ihre Waffen abgegeben hatten, zur Rückkehr aufgerufen.
Großbritannien.
Premierministerin Thatcher hat Maßnahmen gegen den sogenannten Treibhauseffekt angekündigt.
Bis zum Jahre 2005 soll in Großbritannien der Ausstoß von Kohlendioxid um 30 Prozent gesenkt werden.
Damit bliebe London allerdings weit hinter den Forderungen der übrigen EG-Länder zurück.
Britische Experten sagen unterdessen in einer neuen Studie voraus, dass die Temperatur der Erdatmosphäre bis zum Jahre 2005 weltweit um ein Grad steigen wird, sollten nicht rasch Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Die Folge wäre ein Anstieg des Meeresspiegels.
Nun zum Wetter, die Aussichten bis morgen früh.
Zunächst aufgelockert bewölkt regional, auch heiter.
Im Laufe des Nachmittags vorerst im Westen und im Südwesten, während der kommenden Nacht auch im übrigen Bundesgebiet Bewölkungszunahme, nachfolgend Regen oder teils gewittrige Regenschauer.
Schwacher bis mäßiger Wind aus nördlicher Richtung.
Nachmittagstemperaturen 14 bis 20 Grad, Frühtemperaturen morgen 7 bis 13 Grad.
Die Wetteraussichten für morgen Sonntag veränderliche vielfach auch starke Bewölkungen, gebietsweise Regen, Kühl, Wind aus nördlicher Richtung, Tageshöchsttemperaturen 12 bis 17 Grad, eine Vorschau auf übermorgen Montag,
Entlang der Alpen-Nordseite noch bewölkt und regnerisch, sonst bereits teilweise sonnig, weiterhin recht kühl.
Noch die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
Wien wolkig, 16 Grad.
Eisenstadt stark bewölkt, 14 Grad.
Aus St.
Pölten sind keine Werte eingetroffen.
Linz wolkig 14°, Salzburg stark bewölkt 14°, Innsbruck stark bewölkt 15°, Bregenz stark bewölkt 15°, Graz wolkig 15° und Klagenfurt wolkig 16°.
Das waren der Wettebericht und die Nachrichten.
Maria Piefl hat gelesen, 8 Minuten nach 12 Uhr ist es zu unseren Beiträgen jetzt, also ins Detail.
Hochspannung herrscht derzeit in Moskau rund um die Wahl des neuen Präsidenten der Sowjetrepublik Russland.
Denn zur Wahl steht ein Mann, der derzeit der politisch einflussreichste Widersacher von Staatspräsident Gorbatschow ist, Boris Jeltsin.
Seine Chancen auf das Amt des Republikpräsidenten sind ja seit gestern sprunghaft gestiegen, nachdem Gorbatschows Favorit Vlasov seine Kandidatur aus welchen Gründen auch immer zurückgezogen hat.
Und Jelzins Chancen stehen nach wie vor gut, auch wenn er nun, wie man heute früh erfuhr, im ersten Wahlgang nicht die absolute Stimmenmehrheit erreicht hat.
Jelzin, der in seiner Wahlrede vor den mehr als tausend Abgeordneten mehr Souveränität und mehr Rechte auch für die Teilrepublik Russland forderte, muss sich nun einer Stichwahl stellen.
Sein Gegner, der orthodoxe Kommunist und Reformgegner Ivan Poloskov.
Auch er übrigens ein Gegner Gorbatschows.
Wie auch immer also letztlich diese Wahl im Parlament der Sowjetrepublik Russland ausgehen wird, ein Verlierer steht jetzt schon fest.
Staats- und Zentralpräsident Gorbatschow aus Moskau, Raimund Löw.
Sogar die sonst so gestrengen Angehörigen der Kreml-Garde sind vom politischen Fieber erfasst.
Was spielt sich ab, wer wird gewinnen, wird man als ausländischer Korrespondent von den an jeder zweiten Ecke im Kreml-Inneren stationierten Posten gefragt.
Eine Voraussage zu treffen ist nicht einfach, denn im russischen Volkskongress herrscht seit heute früh ein politisches Pakt.
Boris Jelzin liegt im Kampf um die Präsidentschaft mit 497 Stimmen zwar eindeutig vorne, aber die nötige absolute Mehrheit hat er um 34 Stimmen verfehlt.
Sein Gegner Ivan Palaskov, der Kandidat des konservativen Parteiapparats,
ist mit 473 Stimmen zwar an die zweite Stelle verwiesen, aber so wie es scheint, wäre der Apparat rein rechnerisch stark genug, um den Weg Yeltsins an die Spitze der russischen Föderation zu blockieren.
Zur Zeit läuft eine Stichwahl zwischen Yeltsin und Palaskov.
Aber die Polarisierung zwischen den beiden Kandidaten war schon bis jetzt so total, dass nur die wenigsten mit einem Ergebnis rechnen.
Denn das Forum von über 50 Prozent aller gewählten Abgeordneten gilt auch im zweiten Wahlgang.
Wenn auch dieser zweite Wahlgang kein Ergebnis bringt, dann beginnt nach der Verfassung das ganze Wahlprozedere mit Aufstellung neuer Kandidaten wieder von vorne.
Politisch ist schon die relative Mehrheit, die Boris Jelzin gegen den expliziten Willen des gesamten Politbüros erreicht hat, ein Bombenerfolg.
Und die Stimmung im Land ist so, dass die Führung es sich wohl dreimal überlegen wird, ob sie es sich leisten kann, Jelzin zu verhindern.
Die Anschlagsbretter in den Gängen des großen Kreml-Palastes sind übersät mit wütenden Telegrammen von Belegschaften, Parteiorganisationen und Versammlungen aus allen Himmelsrichtungen, in denen die Abgeordneten aufgefordert werden, den Willen des Volkes auszuführen und zu Geld hinzustimmen.
Für morgen ist die erste Großdemonstration in Moskau angesetzt.
Kundgebungen und politische Streiks in ganz Russland stehen im Raum.
Die Russen tendieren dieser Tage zu katastrophistischen Übertreibungen.
Und ihnen tausend geht unter den Abgeordneten das Wort herum.
Wenn Jelzin nicht gewählt wird, dann gibt es einen Bürgerkrieg.
Im Berat des Stabs Jelzins erwägt man zwei Vorgangsweisen, sollte es heute Nachmittag in der Stichwahl bei dem Pakt bleiben.
Entweder eine Volksabstimmung über die Präsidentschaft oder Verhandlungen mit dem Zentrum, also mit Gorbatschow, um Jelzin auch für parteitreue Abgeordnete wählbar zu machen.
Eine Volksabstimmung, das wäre der Weg der Konfrontation gegen den Kreml-Herrn.
Hätte doch ein aus allgemeinen Wahlen hervorgegangener russischer Präsident eine ungleich stärkere demokratische Legitimation als der sowjetische Präsident selbst, der ja nur vom Parlament gewählt wurde.
Besonnene Kräfte im Jelzin-Lager drängen daher darauf, eine Brücke zu Michael Gorbatschow zu bauen und zum Beispiel einen für die zentristische Gruppe in der Partei akzeptablen Ministerpräsidenten vorzuschlagen.
Wenn es keine absoluten Mehrheiten im Parlament gibt, so ein Mann aus dem Yeltsin-Stab, dann muss das Volk entscheiden oder es muss Koalitionen geben.
So sind die Regeln der Politik.
Raimund Löw war das aus Moskau.
In Genf tagt derzeit der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen.
In Genf deshalb, weil PLO-Chef Arafat vor das Gremium geladen worden ist und der Palästinenser-Führer ja nach wie vor kein Einreisevisum in die Vereinigten Staaten bekommt.
Auf der Tagesordnung des hochrangigen UNO-Gremiums die Situation in Israel angesichts der eskalierenden Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Palästinenser.
Nachdem ja am vergangenen Sonntag ein junger israelischer Amokläufer acht Palästinenser ermordet hatte, kam es wieder zu großen Demonstrationen in den von Israel besetzten Gebieten, flammte also die Intifada, der Widerstand der Palästinenser gegen die Israelis wieder auf.
Wobei die Israeli diese Demonstrationen so brutal niederschlugen, dass es nun schon fast 20 Tote und Hunderte Verletzte gibt.
Arafat hat gestern vor dem Weltsicherheitsrat einen Fünf-Punkte-Plan zu Israel vorgelegt, unter anderem mit der Forderung nach Stationierung einer UNO-Friedenstruppe in den besetzten Gebieten.
Eine Forderung, die die Israelis vehement ablehnen.
Aus Genf, Marion Lorenz.
Die Stimmung heute Vormittag im Genfer Palast der Nationen auf der Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates glich der aufgeputschten Atmosphäre in einem Kampfstadion.
Wie zwei Kampfhähne schaukelten sich die verfeindeten Kontrahenten Israel und PLO durch immer geschmacklosere, blutrünstigere Anwürfe gegenseitig hoch.
Während sich Israels Vize-Ausminister Netanyahu in seiner Replik auf Arafats Forderungen nach Entsendung von UNO-Truppen in die besetzten Gebiete in den unglaublichen Sarkasmus verstiegen hatte, die PLO hätte um das Blutbad vom letzten Sonntag, bei denen ein junger Israeli sieben Palästinenser getötet hatte, gebetet wie ein Bauer um den Regen nach langer Trockenheit.
ließ sich auch der derart beschuldigte PLO-Führer auf seiner Genfer Pressekonferenz heute Morgen nicht lumpen.
Gestern Nachmittag noch, bei seinem bisher einzigen Auftritt vor dem Weltsicherheitsrat, hatte Arafat den bedacht redenden, diplomatisch umsichtigen Staatsmann hervorzukehren versucht.
Doch heute Vormittag war es mit dieser Kontenance vorbei.
Arafat griff voll in die Kiste der Demagogie.
Good morning.
We welcome you all.
Let me highlight my views at the beginning.
We are facing a very dangerous and explosive situation in West Bank, Gaza and East Jerusalem.
Die Situation ist hochexplosiv, meinte Arafat und weiter.
Israels Ministerpräsident Shamir sagt Nein zur Nahost-Friedenskonferenz, Nein zum Dialog mit der PLO, Nein zum amerikanischen Baker-Plan, Nein zum Gewaltverzicht.
Er ist schlichtweg Mr. No.
Aber wir, die Palästinenser, haben genug von all den Massakern, Morden, Folterungen.
Wir verlieren langsam die Geduld, wetterte der PLO-Chef in altbekannter Manier.
Was das denn genau heißen solle, wollte ein Journalist wissen und Arafat verwies auf den für Montag anberaumten Gipfel der Arabischen Liga in Bagdad und ließ seine Hoffnung auf tatkräftige Rückendeckung von Seiten der arabischen Welt durchblicken.
Dieses Treffen wird für uns ein historischer Gipfel werden, ein Wendepunkt in der Geschichte der arabischen Völker.
Wie tatkräftig sich Arafat diese im arabischen Lage durchaus nicht unumstrittene Unterstützung vorstellt, mochte der PLO-Führer, hier wieder ganz vorsichtiger Diplomat, dann aber doch nicht genau präzisieren.
Da sieht der israelische Vize-Außenminister Netanyahu schon klarer.
Er bezeichnete die Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates hier in Genf nicht nur als völlig ungerechtfertigt, sondern vielmehr als Vorspiel für einen Krieg und den arabischen Gipfel am Montag als Kriegsrat der arabischen Liga.
Dieser Schlagabtausch mag eine vage Idee davon geben, wie aufgestaut der Hass auf beiden Seiten ist und wie weit beide Gegner noch von einer friedlichen Lösung des Konfliktes entfernt sind.
Die Debatte vor dem Weltsicherheitsrat geht mit überwiegenden arabischen Wortmeldungen bis Samstagnachmittag weiter.
Zur Abstimmung über Arafats Forderungen, insbesondere nach Entsendung von UNO-Truppen in die besetzten Gebiete, wird es jedoch erst am Dienstag in New York kommen.
Offensichtlich will man eventuell neue Anstöße vom Gipfel der Arabischen Liga am Montag noch abwarten.
Sowohl die Amerikaner als auch einige westeuropäische Vertreter haben jedoch schon vorab durchblicken lassen, dass sie vorerst nur mit der Entsendung einer UNO-Beobachterdelegation auf Zeit, nicht aber mit UNO-Truppen einverstanden sind.
Den ganz großen Durchbruch auf dem Weg zu einer Friedensregelung im Palästina-Konflikt dürfte diese Weltsicherheitsratssitzung also noch nicht bringen.
Marion Lorenz berichtete aus Genf und jetzt zunächst nach Österreich.
Erstes Thema der Streit zwischen Österreich und der GSFR in Sachen Atomenergie.
Ein Streit, der an sich ja schon jahrelang wehrt, sind die österreichischen Initiativen gegen das grenznah geplante Atomkraftwerk Temelin ja bereits Legende.
Nun aber erhielte die Diskussion zusätzliche Brisanz, da auch die neuen Verantwortlichen in Prag dezidiert erklärten, für sie gäbe es keine Alternative zur Kernkraft, ganz im Gegenteil, man müsse die Atomkraft massiv ausbauen.
Woraufher die österreichische Bundesregierung Anfang der Woche mit dem Angebot an Prag konterte, man wolle tun, was man könne, um der GSFR doch eine Alternative zum Ausstieg aus der Atomkraft anzubieten.
Von 5 Milliarden Schilling Wirtschaftshilfe war da die Rede, von beratender Unterstützung für neue Wege in der Energiepolitik und zum Energiesparen in der GSFR.
Ein erster Kommentar aus Prag wirkte allerdings eher wie eine kalte Dusche.
Die amtliche Nachrichtenagentur GTK kommentierte knapp, Österreich sei zu inkompetent, um die Situation der GSFR-Atomreaktoren überhaupt beurteilen zu können.
Nun, diese Prager Stellungnahme ist gestern vom stellvertretenden tschechoslowakischen Botschafter in Wien, Jozef Banas, zurückgenommen worden.
Dabei handele es sich lediglich um die Meinung eines einzelnen Journalisten.
Das sei nicht der offizielle Standpunkt Prags.
Allerdings, in der Sache selbst blieb auch Banas letztlich hart.
Die GSFR können ja als Alternative zu ihren Braunkohlekraftwerken derzeit nicht auf Atomkraft verzichten.
Vielleicht in Zukunft lässt Varnasch eine Diskussionsmöglichkeit offen.
Ein heißes Thema also für Österreich.
Das merkt man heute auch an den Zeitungskommentaren, die Franz Simbürger zusammengestellt hat.
Spaltet Atomenergie die Nachbarschaft?
So lautet die Frage, die Franz Ferdinand Wolf im Kurier an die Spitze seines Kommentars stellt.
Man liest, schneller als erwartet weicht die gipfelstürmerische Freude über die friedliche Revolution in der Tschechoslowakei handfesten Interessenkollisionen.
Die Mühen der politischen Ebene haben uns eingeholt.
Nutzung und Ausbau der Atomenergie drohen die neue Nachbarschaft zu spalten.
dass die GSFR zumindest das weitere Ausbauprogramm aller Voraussicht nach nicht im geplanten Umfang durchziehen werde.
Das sei nur ein schwacher Trost, meint Wolf.
Und er wird unterstützt vom Kurierredaktionsoriginal, dem Weinstein, der anmerkt, die GSFR sagt, ihre Atomkraftwerke gehören zu den besten der Welt.
Damit kann höchstens die dritte Welt gemeint sein.
Scharfe Kritik an der tschechoslowakischen Atompolitik findet sich auch im Kommentar von Ulrich Perzinger in der kommunistischen Volksstimme.
Dort heißt es, der Vorwurf der GSFR, die massive österreichische Kritik an der Prager Atompolitik sei eine Mystifikation, kann getrost an den Absender zurückgeschickt werden, soweit es um die Frage der Sicherheit geht.
Mystifikationen betreiben jene Verantwortlichen in der GSFR, die wie ihre Vorgänge das ehrgeizige AKW-Ausbauprogramm unter Berufung auf die Sicherheit ihrer Atommeiler rechtfertigen.
Der Vorwurf aus Prag, Österreich sei in der Atomenergiedebatte nicht kompetent, der erzürnt auch das Redaktionsoriginal der Kronenzeitung, den Herrn Strudel.
Er resoniert, die Prager sagen, dass wir in Fragen der Kernenergie zu wenig kompetent sind, wie wann die Wolken von Tschernobyl damals auf Kompetenzen Rücksicht genommen hätten.
Auf List und Durchhaltevermögen der Österreicher im Kampf gegen tschechoslowakische Atomkraftwerke setzt Gerhard Steininger in einer Glosse in den Salzburger Nachrichten.
Unter dem Titel «Atomschweig» schreibt Steininger, Doch es gibt jemanden, der es vielleicht noch besser weiß.
Wenn unseren Prager Freunden die Volksabstimmung 1978 über Zwentendorf als Nachweis unserer kernenergischen Kompetenz nicht genügt, sollten sie einmal in der Bayerischen Staatskanzlei anläuten und sich nach Wackersdorf erkundigen.
Dass Österreichs Atomkraftgegner auch in den Nachbarstaaten tätig sind, das weiß auch der Jockel, das Redaktionsoriginal des ÖVP-Organs Neues Volksblatt.
Jockel meint, schön langsam wird der Kampf gegen die Kernkraft unser wichtigster Exportartikel.
Eine Presseschau war das heute, zusammengestellt von Franz Simbürger.
Und jetzt acht Minuten vor halb eins zu unserer Samstag-Mittag-Journal-Serie.
Im Journal zu Gast.
Im Journal zu Gast, das ist heute eine Frau, die nicht nur für österreichische Verhältnisse, sondern vermutlich auch international betrachtet, so etwas wie ein Phänomen darstellt.
Eine Frau, die nicht nur in irgendeine sonst von Männern behauptete Spitzenposition eingedrungen ist, sondern gleich in eine Domäne, wo Frauen bisher wirklich so gut wie nicht vorgekommen sind.
Die Rede, es ist nicht schwer zu erraten, ist von Dr. Maria Schaumeier, der neuen Präsidentin der Österreichischen Nationalbank.
Ihre Bestellung vor zwei Wochen sorgte für eine kleine Sensation.
Die 58-Jährige genießt einen Ruf als unumstrittene Spitzenmanagerin und Wirtschaftsexperte.
Für sie gibt es Vorschusslorbeeren von Politikern aus allen Lagern, Vorschusslorbeeren aus der Wirtschaft, aus Bankkreisen.
Begonnen hat die 1931 in Graz geborene Maria Schaumeier ihre Karriere nach einem Welthandelsstudium in der CA, dann zehn Jahre Politik für die ÖVP im Wiener Stadtsenat, ebenfalls in frauenunspezifischen Ressorts.
Und zuletzt war die alleinstehende, kinderlose Managerin Finanzchefin des Mineralölkonzerns ÖMV, aus dem sie sich Ende des Vorjahres in die Pension zurückzog, um nun, nach dem überraschenden Tod von Helmut Klaus, an die Spitze der Nationalbank berufen zu werden.
Alles andere als ein typisches Frauenschicksal.
Vielleicht abgesehen davon, dass sich auch eine Frau mit dieser Karriere in ersten Interviews fragen lassen musste, ja trauen sie sich das überhaupt zu?
Sie traute sich zu.
Maria Schaumeyer heute im Gespräch mit Ulrich Brunner.
Frau Dr. Schaumeyer, es ist jetzt etwas mehr als eine Woche her, seit bekannt gegeben wurde, dass Sie Nationalbankpräsident werden.
Wie ist es denn Ihnen persönlich so ergangen in dieser Woche?
Es hat sich also zu meiner innigen und herzlichen Freude eine Welle von Telegrammen und Briefen, und zwar keine Pflichtbriefe und keine Pflichttelegramme über mich,
Ergossen muss ich fast sagen und die Telegram-Boten und Postboten sind meine Zeugen, dass sie mit Gummibandeln und Spagatschnüren arbeiten mussten, um also die Lieferungen vollständig herzubringen.
Und eigentlich hat sich bei dieser Welle meine ganze Vergangenheit wieder aufgerollt und es sind aus allen Stationen meines Lebens
diese Bekundungen des Vertrauens, der Sympathie, der Ermutigung auf mich zugekommen, worüber ich sehr glücklich und wofür ich sehr dankbar bin.
Lässt sich aus diesen Telegrammen und Glückwünschen auch herauslesen, eine gewisse Frauensolidarität?
Ich habe es nicht statistisch erfasst, aber ich glaube, dass auch diese lieben Glückwünsche dem partnerschaftlichen Prinzip, das ich immer hochhalte, entsprechen.
Ich würde vermuten, dass Männer und Frauen etwa gleich
stark vertreten sind.
Es kommt natürlich auch bei vielen Kolleginnen und Damen und Frauen, die mir geschrieben haben, geht durch alle Bevölkerungsschichten heraus, dass sie glücklich sind und sich ermutigt fühlen, dass erstmals eine Frau die Chance bekommt zu zeigen,
dass Leistung nicht vom Geschlecht abhängig ist.
Sehen Sie sich da ein bisschen als Vorbild für jene Frauen, die nun eine Karriere anstreben, eine quasi Ermutigung durch ihre Karriere?
Ich habe in meinem ganzen Berufsleben immer wieder ein Tabu durchbrechen können und ich habe mich immer dazu bekannt,
dass wenn man selbst Erfolg hat als Frau, dass darin auch Ermutigung für andere Kolleginnen liegen muss.
Und wenn es mir möglich war, selbst fördernd einzugreifen in den einen oder anderen Lebensweg und Berufsweg einer Kollegin, dann habe ich das immer mit großer Freude getan.
Haben Sie in Ihren bisherigen Funktionen Frauen bevorzugt in den Karrieren?
Nein, ich bin ein Mensch, der sich strikt dem Leistungsprinzip verpflichtet fühlt, der allerdings auch darauf achtet, dass es Chancengleichheit auch bei gleicher Leistung gibt.
Also ich habe keine Bevorzugung, sondern eher eine Förderung und eine Ermunterung, mich auszuüben bemüht.
Ich habe gelesen, ich weiß nicht ob das stimmt, dass bei der ÖMV doch in der zweiten Entscheidungsebene sie doch mehr Frauen angestellt haben als ihre Vorgänger.
Ich hatte einfach das Glück in eine Zeitspanne zu kommen, wo durch einen Generationenwechsel
auch schon es möglich war, Kolleginnen, die sich bewährt haben, um ein oder zwei Stufen aufrücken lassen zu können.
Aber das ist in keiner Weise gegen die Herren geschehen, sondern im vollen und besten Einvernehmen und meist sind die Vorschläge im Gespräch
von den männlichen Vorgesetzten gekommen.
Und das ist ja das großartige, weil man daraus sieht, dass Vorurteile überwunden sind und dass die Einstellung, die Haltung wohl auch Bestand haben wird, wenn ich nicht mehr dabei bin.
Von Quotenregelungen halten Sie nichts?
Ich halte nichts von Quotenregelungen, weil ich jeden Menschen
für eine Persönlichkeit eigener Art halte und ich glaube, man soll ihn nicht unter ein statistisches Joch stellen, sondern als Einzelpersönlichkeit werten, beurteilen und dann fördern, wenn es gerechtfertigt ist.
Nun sagen aber Emanzen, ich sage sogenannte Emanzen, die Gleichberechtigung der Frau ist erst dann erreicht, wenn die Hälfte der Funktionen, etwa der Spitzenfunktionen von Frauen, belegt wird.
Sehen Sie das auch so?
Es täte mir leid, wenn man diesen Gesichtspunkt anwenden könnte, denn ich möchte scherzhaft einwenden.
Es könnte ja auch sein, dass 60 Prozent einmal besser qualifizierte Frauen sind und die Männerquote dann auf 40 Prozent zurückgeht.
Aber eben, das zeigt ja schon, dass Quotendenken eigentlich dem Einzelnen und seiner Persönlichkeit nicht gerecht wird.
Es soll der geeignete, die geeignete auf den richtigen Platz kommen.
In den Kommentaren zu Ihrer Bestellung heißt es, Sie wurden ausgewählt nicht, weil Sie eine Frau sind und auch nicht, obwohl Sie eine Frau sind, sondern wegen Ihrer Qualifikation.
Und das ist sicher etwas, was Ihnen gefallen wird.
Da gibt es aber nicht trotzdem etwas, was Sie als Frau in eine Spitzenfunktion einbringen.
Was können Frauen als Manager einbringen, was Männer nicht können?
Also ich glaube, dass ich für diese Formulierung, die Sie zitiert haben, am dankbarsten war bei allem schönen Presseecho, weil ich gerade darin eben die Bestätigung meiner Auffassung sehe, dass es jeweils um die Einzelpersönlichkeit geht, die gewertet wird.
Und wenn wir diese Linie beibehalten, dann müssten wir eben auch ganz natürlich wegkommen von gewissen Vorurteilen, die Frauen manchmal noch im Wege stehen.
Ich bin also für diese Formulierung wirklich dankbar in bestverstandener Solidarität.
Und was können Frauen jetzt einbringen, was Männer nicht einbringen können?
Ich glaube, dass wir einfach ein bisschen Common Sense, ein bisschen gesunden Hausverstand einbringen können und dass wir nicht alles nach starren Grundregeln betrachten, dass wir Frauen vielleicht sehr wenig Zugang für das Motto, das ist immer so gemacht worden, haben.
Ich glaube, wir sind neuerungsfreudiger als Männer und anpassungsfähiger.
Und ich würde eines auch sagen, dass wir vielleicht den Umgangston etwas vermenschlichen können.
Wie reagieren denn Männer, deren Chefin Sie bisher waren?
Gibt es da nicht welche, die irgendwie das nicht akzeptieren?
ist mir, muss ich sagen, glücklicherweise nicht untergekommen.
Ich habe eigentlich immer mit klugen Männern zu tun gehabt und meine Erfahrung ist, dass selbstbewusste Männer keinerlei Schwierigkeiten mit Kolleginnen haben.
Ich möchte an dieser Stelle eine persönliche Frage stellen.
Sie haben keine Familie.
Ist das der Preis für die Karriere, die Sie gemacht haben?
Sie waren immer, entweder politisch oder beruflich, voll belastet.
Darüber kann man in einem Rückblick auf das eigene Leben sicherlich lange nachdenken, was ursächlich war.
Fest steht, dass eine allzu starke Familienpflicht wahrscheinlich
Karrieren erschwert.
Spitzenkarrieren.
Spitzenkarrieren erschwert.
Auf der anderen Seite aber natürlich gibt eine harmonische Familie wieder ungeheure Kraftreserven her, auch für das Berufsleben.
Also ich glaube, ich kann nicht sagen, wie sich mein Leben entwickelt hätte, wenn ich
zuerst Familienglück gefunden hätte, wahrscheinlich dann nicht mehr nach der Karriereausschau gehalten hätte.
Aber ich meine, dass wir auch hier Mittel und Wege werden suchen und finden müssen, um die Frauen ein bisschen von ihrer Doppelbelastung, nämlich von der mechanischen, möchte ich fast sagen, Doppelbelastung, noch weiter zu befreien.
Frau Dr. Schaume, ich habe Sie die ganze Zeit mit dem Namen angesprochen, weil ich nicht sicher war, wie ich Sie mit dem Titel ansprechen sollte.
Frau Präsidentin oder Frau Präsidentin.
Ja, aber Sie werden vor die Frage gestellt werden.
Frau Präsident oder Frau Präsidentin?
Wir haben also schon eine Umfrage darüber bei Sprachgelehrten veranstaltet, weil es ist ja das erste Mal, dass die Österreichische Nationalbank vor der Frage steht, ob das Nationalbankgesetz, in dem natürlich der Präsident steht, 1984 vom Nationalrat beschlossen,
ob Strikte anzuwenden ist oder ob die weibliche Form ebenfalls den verfassungsmäßigen Gegebenheiten entspricht.
Die Antwort war salomonisch.
Beides ist möglich.
Frau Dr. Schaumeier, haben Sie schon recherchiert, ob es außer Ihnen noch irgendwo auf der Welt eine weibliche Notenbankpräsidentin gibt?
Nach den Informationen, die mir gegeben wurden, bin ich zur Zeit die Einzige.
Und Sie haben da keine Scheu, in diesem Männerverein aufzutreten?
Also der Männerverein ist ja nicht als Männerverein gegründet, sondern hat Aufgaben wahrzunehmen.
Mir stellen sich genau dieselben Aufgaben und ich bin ganz zuversichtlich, dass es hier ein sehr angenehmes Klima und ein gutes, sachliches Gespräch geben wird.
Frau Dr. Schaumeier, noch eine Frage zu einem ganz anderen Thema.
Sie hatten jetzt einige Jahre Zeit, die Politik von außen zu beobachten.
Was fällt Ihnen denn zu dem Stichwort Politikverdrossenheit ein?
Ich habe dieses Stichwort eigentlich immer für irreführend gehalten.
Ich war eher der Meinung, dass es eine Politiker-Verdrossenheit gegeben hat, also das heißt Verdrossenheit mit einzelnen Akteuren der politischen Szene.
Was man zweifellos beobachtet ist, dass der längerfristige Aspekt der Politik in den letzten
Jahrzehnten, muss man schon sagen, etwas zurückgetreten ist gegenüber der Zeit nach dem Kriege, nach dem Staatsvertrag, wo es naturgemäß mit Wiederaufbau und Neustrukturierung des Heimatlandes Österreich längerfristige Ziele gegeben hat.
Was heißt das?
Das heißt die Politiker suchen nach einem schnellen Erfolg und vergessen darüber die langfristigen Perspektiven?
Sie vergessen sicher nicht darauf, aber auch von den Medien werden Sie eigentlich in die tagespolitische Aktion gedrängt und das bedauere ich zuweilen, denn man kann nicht zu allem und jedem im Leben ad hoc eine feste Meinung
ein festes Programm präsent haben, vor allem wenn es sich um Fragen handelt, die weit in die Zukunft reichen.
Und da würde ich mir manchmal wünschen, erstens, dass sich die Politiker nicht selbst abwerten und zweitens, dass sie sich selbst etwas mehr Zeit geben, um sich mit neuen Gegebenheiten und Vorhaben auseinanderzusetzen.
Das heißt, mehr Abstinenz von den Medien?
Ich weiß nicht, ob eine Zeitung je schreiben würde, dass wir über ein Thema gerade nachdenken.
Ich weiß nicht, ob das möglich ist.
Es würde mich freuen.
Wenn ich Sie recht verstanden habe, dann meinen Sie, dass an der Politik oder Politikerverdrossenheit auch die Medien schuld sind.
Es ist eine Wechselwirkung.
Ich sehe da keine Schuld und keine Schuldzurechnung.
Aber es ist sicher eine Wechselwirkung.
Früher konnte man in Klausuren gehen.
Es gab kein Fernsehen.
Man konnte in Ruhe auch bei einem abendlichen Spaziergang Meinungen und Programme fassen und formulieren.
Heute ist eigentlich jede Klausur auf den Endtermin der ZIB oder des Journals oder was immer ausgerichtet.
Wäre noch kein Unglück, wenn man anschließend von Neuem beginnen würde.
Aber dazu fehlt dann meist auch wieder die Zeit.
Frau Dr. Schaumer, einer der Kritikpunkte im Zusammenhang mit der Politikverdrossenheit ist der, dass der Einfluss der Parteien zu groß ist.
Das betrifft etwa den Proporz in der Verstaatlichten, der jetzt weitgehend abgebaut ist.
In der Notenbank gibt es diesen Proporz noch.
Werden Sie sich verwenden, den abzuschaffen, zu mildern?
Eine Ausgewogenheit der Vertretung jener Gruppierungen, die den Staat tragen, halte ich nicht von vornherein für abträglich.
wenn Hand in Hand damit Qualifikation und Leistung gehen.
Für mich ist Proporz um des Proporzes willen das, was ich für nachteilig für dieses Land erachte.
Aber ich glaube, dass ich in der Nationalbank ein ganz hohes Potenzial an Fähigkeit und Ambition vorfinden werde.
Ich habe
kein dramatisches Reformprogramm auf diesem Sektor.
Ganz abgesehen davon, dass der Betrieb vom Generaldirektor und dem Direktorium geleitet wird und nicht vom Präsidenten.
Gewisse Möglichkeiten muss der Präsident aber haben, das zu lenken, zu leiten.
Sie haben meine Frage nicht ganz beantwortet, ob Sie den Proporz in der Nationalbank abschaffen wollen, mildern wollen.
Ich kenne ihn heute noch nicht.
Ich glaube, dass wir ihn überall dorthin anstellen müssen, wo wir mit einer Betonung des Proporzes Leistung und Qualifikation verletzen würden.
Frau Dr. Schaumer, Sie wollen vor Ihrer Bestellung naturgemäß nichts zur Währungspolitik sagen, nichts Konkretes, aber nur ganz allgemein gefragt.
Wird es zu einer Fortsetzung der Hartwährungspolitik kommen?
Dazu kann ich auch heute schon ein uneingeschränktes Ja sagen.
Österreich, seine Wirtschaft, seine Sparer sind mit diesem Kurs außerordentlich gut gefahren.
Wir werden diesen Kurs beibehalten und ich selbst bin ein konservativer Mensch, der gerne Wertvolles bewahrt und weiterentwickelt.
Ich habe daher keinerlei Schwierigkeit, mich zur Kontinuität zu bekennen.
Ein Problem könnte auftauchen, der Schilling ist an die D-Mark gebunden.
Die D-Mark könnte im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung ins Trudeln kommen.
Muss man diese Bindung an die D-Mark dann nicht überdenken?
Ich würde sehr bitten, dass sich hier wirklich niemand Furcht macht.
Die D-Mark ist im europäischen Währungsverbund der Stabilitätsfaktor.
Die Bundesrepublik Deutschland hat ihre Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion so konzipiert, dass das nötige wirtschaftspolitische Instrumentarium
für den Ressourcentransfer ohne Gefährdung der Stabilität zur Verfügung steht.
Ich bitte herzlich, lassen wir uns in keiner Weise Angst machen.
Es gibt keinen Anlass dafür.
Wir sind ganz überzeugt, dass die D-Mark der Anführer der Stabilität im europäischen Währungsgefüge bleiben wird.
und demgemäß alle wohltätigen Wirkungen auch weiterhin dem Schilling zugutekommen.
Ich danke für das Gespräch.
Ulrich Ebruner sprach mit Dr. Maria Schaumeier, der neuen Präsidentin der Nationalbank.
In Mörbisch im burgenländischen Seewinkel treffen heute Naturfreunde aus Österreich und Ungarn zusammen, um über einen Nationalpark am Neusiedler See zu beraten.
Die Pläne für ein grenzüberschreitendes Naturschutzprojekt am Neusiedler See bestehen ja bereits seit längerer Zeit.
Das Umweltministerium hat bereits den Vorschlag für einen Staatsvertrag über einen Nationalpark gearbeitet.
Heute hält sich unter anderem Bundeskanzler Franz Franitzski am Neusiedler See auf, um gemeinsam mit ungarischen Naturschützern das in Frage kommende Gebiet anzusehen.
Hören Sie dazu einen Bericht direkt aus dem Seewinkel von Gerald Gross vom Landesstudio Burgenland.
Sonnenschein, nur vereinzelt Wolken und eine Krise für Fortgeschrittene.
Ideale Bedingungen für Surfer und Segler also.
Aber die Begünstigung durch den Wettergott reklamierten heute die Naturfreunde Österreichs und Ungarns für sich.
Die Wassersportler durften mitnaschen.
Zwei Boote standen bereits am Morgen am Mörbischer Hafen unweit der Seebühne für eine handverlesene Schar prominenter Naturfreunde bereit.
An ihrer Spitze Bundeskanzler Franz Franitzki mit dunkler Brille und hellem Sakko, SPÖ-Klubobmann Fischer als Vorsitzender der österreichischen Naturfreunde-Organisation und Burgenlandslandeshauptmann Hans Schipholz.
Der gebürtige Seewinkler demonstrierte übrigens mittels Aufschrift auf dem sportlichen Pullover, dass er hier der Boss ist.
Für manche hatte es Symbolcharakter, als Gewitterwolken just dann über dem See aufzogen, als das österreichische und das ungarische Boot beim Grenzpunkt B0 zusammentrafen.
Auch die Diskussion bei der gemeinsamen Nationalparkplanung schien ja erst vor kurzem ein wenig getrübt.
Im März kehrten die burgenländischen und österreichischen Experten von einer Gesprächsrunde im ungarischen Keshtej mit der Botschaft zurück, die Ungarn preschen mit OECD-Mitteln ausgerüstet vor und proklamieren den Nationalpark Neusiedlersee.
Der Traum vom grenzüberschreitenden Reservat schien kurzfristig geplatzt, die Verhandlungen in Österreich mit den Grundbesitzern und der esterhasischen Güterverwaltung eingeschlafen.
Umso mehr Eintracht herrschte heute.
Für den ungarischen Umweltminister Jandor Kerestes war es heute die erste öffentliche Rede.
Für die neue Regierung, versicherte er, stünde der Mensch als Teil der Natur im Mittelpunkt.
Zu Beginn dieser Woche hat ja seine österreichische Amtskollegin Marilis Fleming wieder Schwung in die Nationalparkdiskussion gebracht.
Sie schickte Landeshauptmann Schiepötz den Entwurf für einen Staatsvertrag und die burgenländische Landesregierung setzte umgehend eine Planungsgesellschaft ein.
Umgeklärt ist nach wie vor das Problem der Finanzierung, wenngleich Bundeskanzler Franz Franitzki heute eine konkrete Zusage machte.
Mindestens zwei Leute in Österreich, die von besonderer Hartnäckigkeit charakterisiert sind.
Der eine ist der Landeshauptmann des Burgenlandes, der unbedingt den Nationalpark hier will, zu Recht.
Der andere ist der österreichische Finanzminister, der für fast nichts Geld hergibt.
Was ist jetzt die gute Nachricht daran?
In den Vorgesprächen hat sich der Landeshauptmann des Burgenlandes als Hartnäckiger erwiesen.
zwischen der Republik und der Landesregierung des Burgenlandes eine finanzielle und organisatorische, verbindliche Vereinbarung zu schließen zur Errichtung, zur Führung und zur Finanzierung des Nationalparks Neusiedlersee.
Der Neusiedler See und der angrenzende Seewinkel sind schutzbedürftig.
Das haben Wissenschaftler in den letzten Tagen und Wochen eindringlich genug klargemacht.
Die Belastung des Wassers durch den Düngereintrag aus der Landwirtschaft, die Verhüttelung der Buchten und die Überbelastung durch Badende in den Sommermonaten haben dem See zugesetzt.
Auf dem Spiel steht einiges.
Der Lebensraum von 300 zum Teil seltenen Vogelarten, ebenso wie der Fremdenverkehr.
Vielleicht sollte zum Motto werden, was der Biologe Rupert Riedl heute sagte.
Am besten, wir verschwinden hier gleich wieder.
Zumindest Bundeskanzler Franz Franitzki wird sich daran halten.
Er hat nämlich am Nachmittag noch einen Termin.
Am Wasser, er fährt zum Donauinselfest.
Das war ein Beitrag vom Studio Burgenland, eine Minute vor dreiviertel eins wieder ins Ausland.
In den nächsten zwei Beiträgen geht es um Wahlgänge in Bulgarien und Polen, gemeinsame Überschrift, die ersten freien Wahlen seit Kriegsende.
Beginnen wir aber zunächst in Polen, wo auf Parlamentsebene der Übergang vom kommunistischen Regime zur demokratischen Regierung bereits ja vollzogen ist.
Nicht vollzogen allerdings auf Gemeinde- und Kreisebene.
Nun finden die ersten freien Kommunalwahlen seit 1945 statt, sollen nun also auch in den kleineren Bereichen die letzten alten Strukturen aus der kommunistischen Epoche zerschlagen werden.
Allerdings überschattet werden diese Kommunalwahlen von der drückenden Wirtschaftslage im Land.
Dagegen häufen sich ja die Streiks, zuletzt jener der Eisenbahner, und es bleibt abzuwarten, ob die Polen bei ihren Gemeindewahlen nicht womöglich der Zentralregierung, aber auch der Solidarnosc, die sich immer häufiger gegen die Streiks ausspricht,
einen Denkzettel verabreichen wollen.
Johanna Ratziner aus Warschau.
Gradmesser für die politische Tragweite dieser Wahlen ist die Höhe der Wahlbeteiligung.
Ist diese Wahlbeteiligung hoch, wird die politische Führung viel eher bereit sein, die Parlamentswahlen und die Wahl des Präsidenten zu beschleunigen.
Eine niedrige Wahlbeteiligung hingegen wird dazu beitragen, die ohnehin schon sichtbaren Risse innerhalb der neuen politischen Führung zu vertiefen.
Immer deutlicher zeigen sich nämlich in den Reihen der Mannschaft Lech Wałęsas politische und ideologische Kämpfe ab.
Erst vor wenigen Tagen entstand so eine sogenannte Verständigung des Zentrums.
Dieses Zentrum ist nichts anderes als der Versuch, in Opposition zu den bisher bestimmenden Kräften rund um den Vorsitzenden des Bürgerkomitees des Solidarność im Parlament, Geremek, eine Art Partei Lech Wałęsas zu bilden.
Das Zentrum ist bereits mit der Initiative an die Öffentlichkeit getreten, schon im Herbst den Präsidenten zu wählen und Lech Wałęsa damit zum stärksten und mächtigsten Mann Polens zu gehören.
Eine niedrige Wahlbeteiligung und damit die Gleichgültigkeit der Bürger dem gegenüber, was sich oben in den Sphären der Politik abspielt, wäre, so befürchten hier jetzt viele, der Anfang einer gefährlichen Entwicklung.
Anstelle großer, von Millionen Menschen unterstützter politischer Interessenvertretungen würde sich Polens politische Landschaft in ein Mosaik von hunderten Kleinstparteien verwandeln, die einander fruchtlos bekämpfen.
Ein so instabiles Polen würde nur wenige Chancen auf die Hilfe des Westens haben.
Die ökonomische Lage würde sich also noch mehr verschlimmern.
Und schließlich käme es wirklich zu jenem befürchteten Zustand, den Ministerpräsident Masowiecki als die polnische Hölle bezeichnet.
Auch in der Politik führt der Weg von der Hölle ins Paradies durchs feige Feuer.
Der Hölle des Totalitarismus ist Polen entkommen, die Demokratie ist noch nicht voll verwirklicht.
Noch ist die Armut allgegenwärtig und mit ihr ein zivilisatorisch-technischer Nachholbedarf von Jahrzehnten.
Noch lauern der jungen Demokratie Gefahren auf, die das kommunistische Regime nur unterdrückt, nicht aber aufgearbeitet hat.
Es drohen nationalistische und chauvinistische Auswüchse.
Vor allem aber die Folgen der geistigen Verkrüppelung, die das Regime hinterlassen hat.
Der Eisenbahnerstreik im Nordwesten Polens ist ein Beispiel dafür.
Wie schwer es doch den unzufriedenen Arbeitnehmern fällt zu begreifen, dass die Regierung ihre Lohnpostulate nicht erfüllen will.
Unter dem alten Regime war die Befriedigung solcher Postulate einfach.
Man druckte eben mehr Geld.
Fünf Monate lang hat sich die Regierung Mazowiecki in der Illusion wiegen können, dass die Bürger Polens reif sind für das schmerzliche Sanierungsexperiment.
Fünf Monate lang hatte die Gesellschaft trotz sinkender Kaufkraft und anderen materiellen Opfern mit heldenhafter Geduld ihr grundsätzliches Verständnis für die Erfordernisse der Umstellung auf die Marktwirtschaft demonstriert.
Der Eisenbahnerstreik ist ein Alarmsignal.
Und noch einmal ist von Wahlen die Rede, und zwar von den Parlamentswahlen in Bulgarien, die am 10. und 17.
Juni stattfinden sollen.
Der Umbruch in Bulgarien verläuft ja sicher nicht ganz so dramatisch wie die Revolutionen in der GSFR, in der DDR oder in Rumänien.
Aber das politische Fieber vor diesen ersten freien Wahlen hat nun auch die Balkanrepublik voll erfasst, wobei sich aber auch jetzt bereits in Bulgarien abzeichnet, was zuletzt in Rumänien deutlich geworden ist.
Ein Land, in dem so lange demokratische Strukturen so absolut unterdrückt worden sind, kann nur mit Schwierigkeiten in den neuen Prozess einsteigen.
Aus Sofia Helmut Opletal.
An allen Auslagenscheiben in der Sofioter Innenstadt hängen politische Plakate und an vielen Straßenecken werden bisher unbekannte Zeitungen verkauft, darunter auch zahlreiche Neugründungen der Oppositionsparteien.
Viele Bulgaren tragen ihre politischen Sympathien jetzt im Wahlkampf offen zur Schau, mit Ansteckknöpfen am Rever oder mit Fähnchen aus dem Auto oder Wohnzimmerfenster eben.
Doch zwei Wochen vor diesen ersten freien Wahlen in Bulgarien hat sich der politische Umgangston zwischen den beiden Hauptrivalen deutlich verschärft.
Die regierenden Kommunisten, die sich im März in bulgarische sozialistische Partei umbenannt haben, blasen jetzt zur propagandistischen Generalattacke auf die Opposition.
mit demagogischen Untergriffen und unfairen Methoden behauptet die Union der demokratischen Kräfte, in der die wichtigsten nichtkommunistischen Gruppen wie Grüne, Sozialdemokraten und Christdemokraten vertreten sind.
Die meisten von ihnen haben sich vor ein paar Tagen geweigert, ein von den Kommunisten vorgeschlagenes Abkommen zum Gewaltverzicht im Wahlkampf zu unterzeichnen.
Die kommunistischen Regierungspolitiker reagierten mit einem Aufschrei.
Aber die Opposition sieht allein in diesem Ansinnen schon eine subtile Unterstellung potenzieller Aggressivität.
Viel eher sollten sich der kommunistische Innenminister oder der Verteidigungsminister zur Gewaltlosigkeit verpflichten.
Und die Regierungspartei müsste sich endlich zu einer friedlichen Machtübergabe nach einer Wahlniederlage bereit erklären, fordert die Opposition.
Tatsächlich sprechen die Kommunisten bisher nur vom Wunsch nach einer breiten Zusammenarbeit aller politischen Kräfte nach den Wahlen.
Und unablässig fügen Regierungsfunktionäre hinzu, dass die jetzige Opposition Bulgarien in ein wirtschaftliches Chaos stürzen würde und dass das Volk unter Galoppieren der Inflation und Arbeitslosigkeit zu leiden hätte, falls die Opposition ihr marktwirtschaftliches Privatisierungsprogramm
allein und unkontrolliert umsetzen könnte.
Die Demokratische Union nennt das kommunistische Angstpropaganda, mit der die Partei, die Bulgarien 45 Jahre lang in die Katastrophe geführt habe, ihren Abschied von der Macht hinauszögern wolle.
Seit ein paar Wochen geben sich die bulgarischen Kommunisten wieder recht siegessicher und selbstbewusst.
und sie verweisen dabei auf jüngste Meinungsumfragen, die sie durchwegs als stärkste Partei bei den kommenden Wahlen ausweisen.
Aber das Oppositionsbündnis SDS liegt nur rund 10 Prozentpunkte dahinter und andere nicht-kommunistische Gruppen wie die Bauernpartei und eine abgespaltene sozialistische Reformfraktion
erscheinen stark genug, um zumindest eine absolute Mehrheit der Kommunisten am 10. und 17.
Juni zu verhindern.
Ein Wahlrecht und eine Wahlmöglichkeit gibt es übrigens auch für in Österreich lebende Bulgaren.
Informationen, wie man da vorzugehen hat, bekommt man über die Konsularabteilung der Botschaft.
Jetzt noch unser Kulturbericht im Mittagschanal.
Heiner Müller ist einer der meistgespielten deutschen Dramatiker.
Vor 61 Jahren in Sachsen geboren, wurden seine Stücke, der Auftrag, die Schlacht oder Philoktet, am Bühnen in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich gespielt.
In der DDR hatten viele seiner späten Stücke jahrelang Aufführungsverbot.
In Wien bei den heurigen Festwochen ist Heiner Müller mit zwei Produktionen zu Gast.
Am 29. und 30.
Mai mit Germania tot in Berlin, ein Gastspiel aus Bochum, und am 14., 16. und 17.
Juni mit Hamlet, Maschine.
Beides im Theater an der Wien.
Zu einem kurzen Gespräch legt sich Heiner Müller einige Stunden in Wien auf, Brigitte Hofer berichtet.
Als einer der meistgespielten heutigen Autoren denkt man, müsste er auch in der DDR viel beachtet sein.
Heiner Müller aber verneint.
Das Einzige, was ich besitze oder nicht mal besitze, ist eine Neubauwohnung, wo es sechs Jahre lang durchgeregnet hat.
Seit einem Dreivierteljahr regnet es nicht mehr durch.
Hochgehalten ist übertrieben.
Ich bin Gott sei Dank nirgends so unbekannt wie in der DDR oder in Ostberlin.
Das ändert sich jetzt wahrscheinlich ein bisschen, da wird es dann unangenehm, aber das war in Deutschland immer so.
Ich kann da nicht über Österreich reden.
Es gibt drei Feindbilder, die Juden, die Kommunisten und die Intellektuellen.
Und dann gibt es so historisch glückliche Momente, wo das zusammenfällt, wo man die Konkurrent hat.
Und das ist wieder so ein glücklicher Moment.
Damit muss man eben leben.
Ich meine, das Problem ist wirklich, dass natürlich da, das muss man auch sagen, 40 Jahre lang eine Bevölkerung gelebt hat im Gefühl der Demütigung, auch der nationalen Demütigung.
Keine Partei war so devot gegenüber den Russen wie die DDR-Partei.
Und das beleidigt einfach und das schafft Frustration und Aggression.
Und dann war diese Wende ein paar Jahre zu spät.
und die Grenzöffnung zu früh.
Und daraus ist nun so ein Sumpf entstanden, wo man erstmal sehen muss, was für Monster da sich bilden.
Zum Teil monströs, aber auch grotesk nach Art des Zaubertheaters geht es auch in Müllers Stück »Germania Tod in Berlin« in der Produktion des Schauspielhauses Bochum zu, das bei den Wiener Festwochen gastiert.
Es ist ein Versuch vielleicht, die Entstehung der DDR, also dieses inzwischen gescheiterten
Versuchs, Marx zu widerlegen.
Das war es ja eigentlich.
Das ganze System war ein Versuch, Marx zu widerlegen.
Der ist gescheitert.
Marx hat geschrieben schon sehr früh, Sozialismus auf der Basis einer Mangelwirtschaft endet in der alten Scheiße.
Genau das ist passiert.
Es ist ein Versuch eigentlich, die Entstehung der DDR und auch die Verkrampfung, die da
entstanden und immer schlimmer geworden sind, zu verstehen aus dem Kontext der deutschen Geschichte.
Es setzt sich auch zusammen natürlich aus vielen ganz realen Erfahrungen oder ist viel Realitätsmaterial drin.
Zum Beispiel die Geschichte eines DDR-Kommunisten im Zuchthaus, im DDR-Zuchthaus.
Der saß dort 53, unter anderem hat also aus dieser Gefängnissituation den 17.
Juni erlebt.
Und diese paradoxe Haltung.
Er hat dauernd fast gebetet, dass die Panzer kommen, obwohl er in einem DDR-Gefängnis saß.
Er hatte Angst davor, dass dieser Aufstand gelingt.
Das ist so der Kern des Stücks, so ein Paradox.
Das war auch der Grund, warum das Stück verboten war.
Und wie beurteilt Heiner Müller die Entwicklung des Theaters in der DDR in naher Zukunft?
Was fehlt, ist natürlich jetzt diese schöne schwarze Folie der Diktatur.
Die war für Theater immer angenehm.
Solange das Theater noch atmen konnte in dem Griff, hat es eben geräuschvoller geatmet als in einer Demokratie.
Die Funktion von Literatur und Theater war, glaube ich, in der DDR-Zeit immer doch eine Störung nach oben und nach unten.
Also auch eine Störung des Schweigens zwischen oben und unten.
Und Literatur ist Gedächtnis und war immer Gedächtnis und das wird immer wichtiger.
Als Dramatier ist man sowieso doch im Allgemeinen etwas
unharmonischer und böser Mensch, sonst würde man keine Dramen schreiben.
Und da hat man auch eine Freude daran, Leute zu stören, zum Beispiel in diesem Vergessens- und Verdrängungsprozess zu stören.
Und das, glaube ich, geht sehr gut jetzt.
Heiner Müller in Wien.
Über die achtstündige Aufführung seiner Hamlet-Maschine ab 14.
Juni wird noch ausführlich zu berichten sein.
Für Germania – Tod in Berlin am 29. und 30.
Mai im Theater an der Wien gibt es noch einige Restkarten.
Und wir schließen das Journal jetzt mit Kurzmeldungen.
Zu ihrer Funktion in der Nationalbank sagt Schaumeier, sie sehe ihre Karriere als Ermutigung für andere Frauen.
Den Proporz bei der Postenbesetzung in der Nationalbank will Schaumeier zwar zurückdrängen, aber nicht abschaffen.
Sowjetunion.
Der Radikalreformer Boris Jeltsin hat bei der Wahl zum Präsidenten der Sowjetrepublik Russland die notwendige absolute Mehrheit verfehlt.
Die Entscheidung soll heute in einem zweiten Wahlgang des russischen Sowjets fallen.
Wegen zunehmender Hamsterkäufe vor der geplanten Wirtschaftsreform hat Moskau Beschränkungen erlassen.
Einkäufe müssen sich mit dem Meldezettel ausweisen.
Vereinte Nationen.
Der Weltsicherheitsrat berät heute weiter über die Lage in den israelisch besetzten Gebieten.
Beim gestrigen Sitzungstag in Genf hatten die Vertreter Israels die Forderung von PLO-Chef Arafat nach Entsendung von UNO-Beobachtern in die Unruhegebiete als grotesk zurückgewiesen.
Arafat seinerseits hatte Israel des Rassismus beschuldigt und den Israelis den Bruch des Völkerrechts vorgeworfen.
Nun noch die Wetteraussichten bis heute Abend.
Im Westen und im Südwesten Wetterverschlechterung, sonst heute noch teilweise sonnig.
Das war das Mittagsjournal.
In einer halben Minute ist es 13 Uhr.
Für Redaktion und Technik verabschiede ich mich von Ihnen.
Situation in Israel, eskalierende Gewalt zwischen israelischer Armee und Palästinensern, 5-Punkte-Plan Arafats für Israel
Mitwirkende:
Lorenz, Marion [Gestaltung]
Datum:
1990.05.26 [Sendedatum]
Ort:
Genf
Schlagworte:
Politik
;
Radiosendung-Mitschnitt
;
20. Jahrhundert - 90er Jahre
Typ:
audio
Inhalt:
Nachrichten
Wahlen von Streiks und wirtschaftlichen Problemen überschattet. Politische Kämpfe innerhalb von Solidarnosc.
Mitwirkende:
Radzyner, Joana [Gestaltung]
Datum:
1990.05.26 [Sendedatum]
Schlagworte:
Politik
;
Radiosendung-Mitschnitt
;
20. Jahrhundert - 90er Jahre
Typ:
audio
Inhalt:
Nachrichten
Schwieriger Weg zur Demokratie, schmutziger Wahlkampf zwischen Kommunisten und Opposition
Mitwirkende:
Opletal, Helmut [Gestaltung]
Datum:
1990.05.26 [Sendedatum]
Ort:
Sofia
Schlagworte:
Politik
;
Radiosendung-Mitschnitt
;
20. Jahrhundert - 90er Jahre
Typ:
audio
Inhalt:
Nachrichten