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KI-generiertes Transkript
Die Zeit in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
Zwölf Uhr.
Hier ist der österreichische Rundfunk.
Grüß Gott sage ich Ihnen beim Mittagsjournal des aktuellen Dienstes.
Redakteurin heute im Studio ist Ilse Oberhofer.
Tagesgespräch heute sicher nicht nur in Österreich, das sind die furchtbaren Vorfälle von gestern Abend im Brüsseler Hazel-Stadion.
41 Tote, mehr als 250 Verletzte, teilweise ja Schwerverletzte, sind die vorläufige blutige Bilanz von Ausschreitungen rabiater britischer Fußballfans vor dem gestrigen Europacup-Finale.
Der Europa Cup ging über Leichen, schrieb ein Kommentator hier und vielen mag es noch immer unverständlich sein, wie in einer solchen Situation der Ampfiff für ein Fußballspiel gegeben werden konnte.
Ein Großteil unserer Berichterstattung im Mittagsschanal beschäftigt sich heute mit diesem einen Thema.
Wir berichten aus Brüssel, wo man sich fragt, wie es zu solchen Ausschreitungen hat kommen können.
Nun laufen die Ermittlungen an.
Wir berichten aus London.
Hier hat Premierministerin Setscher bereits von einem großen Schock und einer großen Schande gesprochen, die die Verantwortlichen für dieses Massaker über ihr Land gebracht hätten.
Wir berichten aus Rom, wo Trauer und Bestürzung über die toten Landsleute herrschen, aber auch lautstarke nächtliche Freudenkundgebungen über den Sieg von Juventus.
Außerdem versuchen wir natürlich, das im Grunde ja unfassbare Phänomen dieser Massenaggression zu analysieren.
Der österreichische Soziologe Ernst Gemacher hat sich in einer Studie mit den Aggressionsauswüchsen zwischen Rapid und Austria-Fans auseinandergesetzt und Gemacher glaubt, hier schon auch einige allgemeingültige Schlüsse ableiten zu können.
Das Ereignis in Brüssel entspricht durchaus den Erfahrungen, dass heute der Fußballplatz
von einer winzigen Minderheit krankhaft aggressiver dazu benutzt wird, um ihre Aggressionen abzuführen.
Das ist ein bekanntes Phänomen, entspricht in etwa den Kirtagsrauffereien früherer Zeiten, bei denen es auch oft Tote gegeben hat, weil Einzelleute jedes Maß verloren haben.
Andere Programmpunkte, wir hoffen schon auch dafür Zeit noch zu haben.
Die Donaukraftwerke ziehen Bilanz über das Geschäftsjahr 1984.
Die deutschen Conti-Werke sollen heute den Kaufvertrag für Semperit unterschreiben.
Pessimismus herrscht vor der zweiten Abrüstungsgesprächsrunde in Genf und Kultur im Mittagsschanal.
Da wollen wir über die Ausstellung 1945 davor und danach im Rahmen der Wiener Festwochen berichten.
Zunächst aber stehen Nachrichten auf dem Programm.
Verantwortliche Redakteurin heute Elisabeth Manners.
Gelesen werden die Meldungen von Josef Knatek.
Großbritannien, Belgien, Österreich.
Nach dem gestrigen Fußballdrama von Brüssel, eine bisherige Bilanz spricht von 41 Toten und 350 Verletzten, hat die britische Regierungschefin Margaret Thatcher ihr Kabinett zu einer Sondersitzung eingerufen.
Sportminister Neil McFarlane wird dabei den Regierungsmitgliedern einen ausführlichen Bericht vorlegen.
Auch in den britischen Zeitungen wird die Schuld an den Ausschreitungen in erster Linie den Anhängern des FC Williverpool zugewiesen.
Der belgische König Baudouin hat heute in einem Telefongespräch dem italienischen Ministerpräsidenten Sandro Pertini seine Solidarität ausgedrückt und zugleich bedauert, dass die Polizei seines Landes die Vorkommnisse nicht verhindern konnte.
Der österreichische Außenminister Leopold Graz sagte, Margaret Thatcher habe Recht, wenn sie die Meinung vertrete, man müsse die Fußballveranstaltungen wie Varieté und Theater behandeln, weil es ein Showbusiness mit Massencharakter sei.
Bei kleineren Amateurvereinern könne man noch von Sport sprechen, meinte Graz.
Dies aber sei Show- und Gladiatorenkampf.
Er befürchte, sagte der österreichische Außenminister, dass aus den Ereignissen von Brüssel falsche Schlüsse gezogen würden, etwa in dem Sinne, dass dem Sport jegliche völkerverbindende Rolle abgesprochen werde.
Österreich
Die Entscheidung über den geplanten Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung des Autoreifenherstellers Semperit an die deutsche Reifenfirma Continental soll heute fallen.
Am Nachmittag findet im Finanzministerium ein Gespräch auf höchster Ebene statt.
Geplant ist, dass die deutsche Firma 75 Prozent von Semperit rückwirkend ab 1.
Jänner 1985 übernimmt.
Vereinbart wurde ferner eine Option über die Übernahme der restlichen 25 Prozent.
Die vom Bund zugesagten Förderungsmittel in Höhe von 1,2 Milliarden Schilling sollen nach den neuen Eigentümern zur Verfügung gestellt werden, allerdings unter der Auflage, die Arbeitsplätze zu halten.
Die Diskussion um das umstrittene Panzergeschäft der Steyr Daimler Puch AG mit Marokko geht weiter.
Betriebsratsobmann Hermann Leitenmeier sagte heute, die Belegschaft würde wünschen, dass dieses Geschäft zustande kommt.
Leitenmeier, auch sozialistischer Nationalratsabgeordneter, sprach aber die Hoffnung aus, die Bundesregierung werde die derzeitige Situation in Marokko genau prüfen und nach Möglichkeiten suchen, den Panzerexport zu realisieren.
Gerade für den Bereich Wien der Steuerwerke sei dies von weitreichender beschäftigungspolitischer Bedeutung.
Nach Angaben Leitenmeiers drohe zurzeit im Wiener Steuerbetrieb die Kündigung von 50 Mitarbeitern.
Schweiz Nach fünfwöchiger Pause nehmen die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion heute in Genf die Verhandlungen über Maßnahmen zur Rüstungskontrolle wieder auf.
In öffentlichen Erklärungen vor Beginn der Gespräche haben beide Supermächte jeweils der anderen Seite die Verantwortung für die Erfolglosigkeit der ersten Verhandlungsrunde zugeschoben.
Die amerikanische Delegation forderte die Sowjets zu mehr Flexibilität auf.
In sowjetischen Erklärungen wurde neuerlich das geplante amerikanische Weltraumverteidigungssystem kritisiert.
Italien, Sowjetunion.
Der italienische Regierungschef Beddino Caxi hat seinen knapp dreitägigen Aufenthalt in Moskau beendet und hat in den Vormittagsstunden die Heimreise angetreten.
Caxi war der erste Regierungschef eines NATO-Landes, der seit der Amtsübernahme von Parteichef Michael Gorbatschow die Sowjetunion besuchte.
Der italienische Ministerpräsident hat bei seiner Aussprache mit Gorbatschow eine getrennte Behandlung der drei Themen bei den Genfer Rüstungskontrollgesprächen vorgeschlagen.
Die Sowjetunion besteht bisher auf einer zusammenhängenden Diskussion aller drei Bereiche.
Gorbatschow bestätigte Kaxi gegenüber die Bereitschaft des Kremls, keine weiteren Raketen im Westen der Sowjetunion aufzustellen.
USA
König Hussein von Jordanien hat bei einem Meinungsaustausch mit Präsident Reagan im Weißen Haus die Einberufung einer internationalen Nahostkonferenz vorgeschlagen.
Hussein sprach in diesem Zusammenhang von einer letzten Chance für den Frieden.
Teilnehmer der Konferenz sollten neben Israel und einer gemischten palästinensischen Delegation die fünf ständigen Mitglieder des Weltsicherheitsrates, die USA, die Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und China, sein.
Hussein betonte, er habe die volle Zustimmung der PLO, dass eine gemischte Delegation mit Israel auf Grundlage der UNO-Resolution 242 verhandeln werde.
Diese Resolution spricht Israel das Existenzrecht innerhalb gesicherter Grenzen zu.
Die Palästinenser werden darin nur als Flüchtlinge erwähnt.
Von ihrer Eigenstaatlichkeit ist nicht die Rede.
Italien.
Der weltberühmte Regisseur Giorgio Strehler ist heute unter der Beschuldigung des Drogenbesitzes festgenommen worden.
Ein Polizeisprecher gab bekannt, dass in der norditalienischen Stadt Bergamo ein Vorführungsbefehl gegen den Regisseur ausgestellt worden sei.
Einzelheiten dazu sind zunächst nicht bekannt.
Strehler, der das berühmte Mailänder Piccolo Teatro gegründet hat, leitet derzeit das die Pariser Odeon Theater angeschlossene Theater de l'Europe.
USA.
Anlässlich des 30.
Jahrestags der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags ist in Washington ein Ball veranstaltet worden.
Den mehr als 400 Besuchern wurde eine Botschaft Präsident Regens verlesen, in der die Leistungen Österreichs auf den Gebieten der Wirtschaft und der Friedenssicherung gewürdigt wurden.
Soweit die Meldungen.
Die Wetterlage.
Der Alpenraum befindet sich im Bereich einer nördlichen Strömung, mit der teilweise feuchte Luftmassen herangeführt werden.
Die Wetteraussichten bis morgen früh.
Im Süden und Westen teilweise heiter.
Sonst aufgelockerte bis starke Bewölkung, örtlich Regen.
Im weiteren Tagesverlauf dann vereinzelt auch Gewitter möglich.
Mäßige Winde, Nachmittagstemperaturen 17 bis 24, Tiefstemperaturen der kommenden Nacht 9 bis 15 Grad.
Die Wetteraussichten für morgen Freitag.
Im Süden und teilweise im Westen sonnig, sonst veränderliche bis starke Bewölkung und einzelne gewittrige Regenschauer.
Mäßige, im Norden und Osten zeitweise auch lebhafte Winde aus West bis Nord, Tageshöchsttemperaturen 17 bis 23 Grad.
Die Wetterforscher auf das Wochenende, Samstag und Sonntag, zeitweise sonnig, nur vereinzelt gewittrige Regenschauer.
Keine wesentliche Temperaturänderung.
Hier die Messwerte von 12 Uhr Mittag.
Wien bedeckt 17 Grad, Nordwestwind 15 Kilometer in der Stunde.
Eisenstadt stark bewölkt, 18 Grad, Nordwind 20.
Linz stark bewölkt, 17 Grad, Westwind 15 Kilometer in der Stunde.
Salzburg bedeckt 17, Innsbruck wolkig 18, Bregenz stark bewölkt, 16 Grad.
Graz stark bewölkt, leichter Regenschauer, 17 Grad und Klagenfurt wolkig bei 21 Grad.
Zwölf Uhr und zehn Minuten ist es jetzt.
Millionen Menschen waren gestern Augenzeuge unfassbarer Vorgänge im Brüsseler Hazel-Fußballstadion.
Vor Beginn des Europa-Cup-Spiels Liverpool gegen Juventus, es ist ja in viele Länder live übertragen worden, wurde die Szene praktisch zum Schlachtfeld.
Ausgelöst wurde das dadurch, dass man unverständlicherweise eine Gruppe Liverpool-Fans in einen Stadionsektor ließ, in dem sich hauptsächlich Italiener, also Juventus-Anhänger befanden.
Die britischen Fußballfans auf der ganzen Welt gefürchtet, begannen fast sofort mit wilden Attacken.
Feuerwehrkörper und Flaschen flogen, die Italiener gerieten in Panik, tausende Menschen versuchten von der Tribüne auf den Rasen zu flüchten.
Dabei stürzte eine Betonmauer ein, die den Zuschauerraum vom Spielfeld trennte
und begrub dutzende Menschen unter sich.
Im Stadion und vor den Toren, wo die Toten provisorisch aufgebaut wurden, spielten sich erschütternde Szenen ab.
Es gab zunächst überhaupt nur zwei Ärzte und zwei Rot-Kreuz-Schwestern.
Die Verletzten wurden unzureichend versorgt.
Im Stadion selbst dauerte es fast eine Stunde, bis die aus allen Bezirken Brüssels herbeigerufene Polizei halbwegs Ordnung schaffen konnte.
Daheim vor den Bildschirmen konnte schließlich wohl kaum jemand fassen, dass nach diesen albtraumhaften Ausschreitungen und Szenen, die wirklich an ein Gemetzel erinnerten, das Fußballspiel kurz vor 22 Uhr dennoch angepfiffen wurde, als wäre nichts passiert.
Als wären nicht 41 Menschen zu Tode gekommen, niedergeschlagen, niedergetrampelt, erstickt.
In Brüssel sucht man heute nach den Schuldigen für diese Tragödie.
Ihrem Traut Richardson berichtet.
Gewonnen hat gestern Abend nur der Tod.
Diese Schlagzeile einer belgischen Tageszeitung heute macht deutlich, wie entsetzt die Gastgeber die Belgier über das Drama im Heisel Fußballstadion sind.
Sie können es kaum fassen, dass dieses Europapokalspiel, das sie voller Stolz ausrichteten, sich in einen schrecklichen Albtraum verwandelt hat, der die Bevölkerung, vor allem die Brüsseler, noch lange verfolgen wird.
Die Stimmung in der Hauptstadt ist bedrückt.
Heute Vormittag erwiesen der belgische König Baudoin und Königin Fabiola den Toten, die in der Trauerkapelle des königlichen Militärkrankenhauses in einem Fort von Brüssel aufgebaut sind, die letzte Ehre.
Die Königin sowie der Bruder des Königs und dessen Frau, Prinzessin Paola, besuchen den ganzen Tag über die zahlreichen Verletzten, die inzwischen in fünf Krankenhäusern in Brüssel zusammengelegt wurden.
Und natürlich bewegt jetzt vor allem eine Frage die Gemüte.
Wie konnte es zu dieser Katastrophe kommen?
Vor gut einer Stunde begann im Amtssitz des belgischen Premiers Wilfried Martens eine Krisensitzung, an der auch der Innenminister sowie die Verantwortlichen der Sicherheitsbehörden, also Polizei und Reichsgendarmerie und Vertreter des europäischen wie belgischen Fußballverbandes teilnehmen.
In einer ersten Stellungnahme von heute früh 3.14 Uhr ließ die belgische Regierung wissen, dass sie alles nur erdenklich Mögliche getan habe, um eine Tragödie solchen Ausmaßes zu verhindern.
Doch der belgische Innenminister Nouton musste sich bereits heftige öffentliche Kritik gefallen lassen.
Es wurde darauf hingewiesen, und die Fernsehbilder, die heute Vormittag in Sondersendung über den Bildschirm flimmern, belegen dies, dass im entscheidenden Moment nicht ausreichend Sicherheitskräfte in der Zone des Stadions anwesend waren, in der sich die Katastrophe ereignete.
Die meisten Beamten der Polizei und Gendarmerie haben sich zu diesem Zeitpunkt außerhalb des Stadions befunden und wurden offensichtlich nicht schnell genug aufs Spielfeld beordert, um einzugreifen, als die Ausschreitungen eskalierten.
Dazu kommt, dass es im Flügel Z des Stadions, dort wo sich das Unglück ereignete, nicht ausreichend Trennbarrieren gab.
Denn ursprünglich war diese Zone einmal ausschließlich für belgische Fans vorgesehen.
Doch diese haben offensichtlich ihre Tickets auf dem Schwarzmarkt an italienische und britische Schlachtenbummler verkauft.
sodass auf einmal die beiden feindlichen Lage viel dichter aneinander gerückt standen, als dies von den Sicherheitsbehörden geplant war.
Eine Vorsichtsmaßnahme wurde auf diese Weise zunichte gemacht.
Kritik auch an den Sicherheitseinrichtungen im Stadion selbst.
Es ist rund 50 Jahre alt und an vielen Stellen ziemlich baufällig.
Renovierungsarbeiten sind schon lange fällig.
Und Augenzeugen berichten darüber hinaus, dass zu viel Zeit verstrichen ist, bevor die Rettungsmannschaften gestern Abend zum Unfallort vordringen konnten.
Verwirrung auch, was die offiziellen Angaben über die Zahl der Verletzten und Toten angeht.
Hier gibt es Widersprüche zwischen Innenministerium einerseits, das einen Sonderdienst eingerichtet hat, und der Brüsseler Polizei andererseits.
Der letzten Meldung des Innenministeriums zufolge sind 39 tot zu beklagen.
32 davon Italiener, ein Britte, ein Franzose und fünf Belgier.
107 Verletzte, 11 davon schwer.
Sie befinden sich noch im Koma.
Eine offizielle Liste aller Toten und Verletzten ist bislang nicht veröffentlicht worden.
Das Innenministerium will auch nicht Berichte bestätigen, wonach zwei Personen an den Folgen von Schussverletzungen starben.
Für heute, 14.30 Uhr, hat der belgische Innenminister Nothomb eine Pressekonferenz angesetzt, auf der der bisherige Stand der Ermittlungen über die Ursachen dieser Katastrophe bekannt gegeben werden soll.
Bislang gibt es für die belgische Regierung nur einen Schuldigen, die britischen Fans des FC Liverpool, die durch ihre Aggressivität eine Panik im italienischen Lager ausgelöst hätten.
Und deshalb will sich, so war zu hören, die belgische Regierung dafür einsetzen, dass künftig britische Mannschaften von internationalen Begegnungen ausgeschlossen werden.
Ihrem Traut Richardson war das aus Brüssel.
Und bei uns jetzt am Studiotelefon Helmut Brandstätter an sich, Redaktionskollege im Wonner Korrespondentenbüro.
Er ist aber gestern Abend noch nach Brüssel geflogen, nachdem man ja via Fernsehen sehen konnte, was sich da im Fußballstadion abgespielt hat.
Herr Brandstätter, Sie haben Kollegin Richardson ja gehört und ihren Bericht.
Ich möchte Sie gleich nach ihren Eindrücken fragen, jetzt in Brüssel.
Ja, ich komme soeben aus dem Stadion, da wo internationale Fernsehteams sind, wo das alles gefilmt wird, wo auch anwesend war eine Kommission der Polizei, die das Ganze untersucht.
Und wo auch anwesend war eine Delegation aus Liverpool, die sind also auch heute gekommen vom Präsidium des FC Liverpool.
Und natürlich sind die Leute sehr bestürzt, die Engländer, schieben aber sehr viel Verantwortung auf die belgischen Behörden und nicht nur auf die Polizei, sondern die Kollegin hat das auch schon erwähnt.
Sie sagen, dass dieser Sektor ursprünglich den Briten zugesagt war und dass diese Tickets daneben auf dem schwarzen Markt verkauft wurden und dass deswegen Italiener und Briten zugleich da waren und dass das mit Ursache sei.
Das kann das Ganze natürlich nicht entschuldigen, aber die Engländer sind jetzt offensichtlich drauf und dran, alles zu verhindern.
um, auch das wurde ja schon angedeutet, den Ausschluss aus dem internationalen Fußballsport zu verhindern.
Weil da sind ja sich die belgischen Zeitungen jedenfalls einig, da gibt es Schlagzeilen, Engländer raus, heißt es da ganz einfach, sie wollen oder hier in Brüssel will man keine englischen Fußballfans mehr sehen.
Das Thema ist Tagesgesprächsthema in Brüssel.
Kann man annehmen, wie reagieren die Leute?
Also sind sie wirklich betroffen, die Belgier selbst?
Ja, wir sind also auch durch die Stadt gefahren und an den Zeitungsständen, wo die aktuellen Zeitungen sind, bleiben überall Leute stehen und sind also noch immer fassungslos.
Weil hier hat man das ja alles im Fernsehen auch mitverfolgen können, während ja etwa das deutsche Fernsehen abgeschaltet hat, das Fußballmatch jedenfalls.
Ja, ja, ich kann Sie noch hören, Herr Brandstetter.
Und fassungslos.
Ich war dann auch in Spitälern, wo man nicht zu den Kranken oder zu den Verletzten natürlich hingelassen wird.
Und das Schlimme ist, dass man mir gesagt hat, in einem Spital allein hat man mir gesagt, dass acht Leute, acht Italiener noch bewusstlos sind und akut lebensgefährdet.
Das heißt, die Bilanz von 38, wenn man mir hier so im Innenministerium gesagt hat, 38 Toten können
Was man sich jetzt natürlich hier fragt, ich glaube nur die Frage ist für Sie auch schwer zu beantworten an Ort, wie will man jetzt die Ermittlungen durchführen?
Wie will man Schuldige finden?
Alle Liverpool-Fans, alle die in dieses, man kann ja wirklich sagen, Massaker verstrickt waren, sind ja einfach wieder ausgereist.
Wie will man da Ermittlungen durchführen?
Es sind nur wenige verhaftet worden und man kann nicht sagen ausgereist, sondern die wurden regelrecht hinausgeschnitten.
Abgeschoben praktisch, ja.
Das war erstaunlich, ich war ein bisschen nach.
waren so ungefähr Mitternacht etwa eine Stunde nach Ende des Spiels sind wir zum Stadion gekommen und da war das schon fast leer, weil die Polizei, also das hat dann endlich funktioniert, das einzige was organisatorisch funktioniert hat, man hat nach dem Spiel die Fans nicht mehr aufeinander gelassen, sondern die würden sofort in die Autobusse und zu den Bahnhöfen und per Person, die meisten sind ja per
Sonderzug gekommen, Richtung Ostende verkarrt.
Aber die Polizei hat es natürlich schwer, das jetzt festzustellen.
Besonders schwierig ist auch noch die Frage, ob es denn nur Leute, die da niedergetreten wurden oder ob nicht auch sogar Pistolen im Spiel war.
Sicher ist, dass einige durch Messerstiche verwundet oder auch getötet wurden.
Und das, obwohl man zum Teil ja die
die Fans kontrolliert hat vorher.
Und das auch, obwohl die belgische Polizei erst zwei Wochen vor dem gestrigen Abend in Liverpool war, dort am Fußballplatz war und sich dort überzeugen konnte, wie es dort zugeht.
Es ist umso erstaunlicher, dass man nicht mehr Polizisten da eingesetzt hat.
Eine ganz kurze Frage noch zur allgemeinen Stimmung, was die Tatsache betrifft, dass man dieses Fußballspiel durchgeführt hat.
Wie reagiert man da in Brüssel?
Haben die Leute dafür Verständnis?
Ich glaube schon, das wird auch von der UEFA, wir sind hier, ich bin hier am Innenministerium, da ist gerade eine Sitzung, wo auch UEFA-Vertreter teilnehmen, die sind im Moment jedenfalls noch zu keiner Stellungnahme bereit.
Nur soviel sagen sie, sie sind überzeugt davon, wenn man nicht gespielt hätte, wäre alles anschließend noch viel schlimmer gekommen.
Herr Branstetter, ich danke Ihnen für diese Informationen hier bei uns im Mittagsschneller, auf Wiedersehen.
Ja, danke wieder, Herr.
Weiter jetzt zu Reaktionen aus Großbritannien und aus Italien.
In Großbritannien herrschen Bestürzung und Trauer.
Wir haben es auch schon im Morgenjournal berichtet über diese gestrigen Schrecken-Szenen im Brüsseler Fußballstadion.
In ersten Reaktionen verlangten britische Parlamentsabgeordnete, alle britischen Teams müssten aus den europäischen Bewerben zurückgezogen werden.
Wir werden unserer Raudis nicht Herr und bleiben so ewig die Aussätzigen des Fußballs, sagt man.
Margret Sescher, die Premierministerin, hat von großem Schock und großer Scham gesprochen, von einer großen Schande, die die Verantwortlichen für dieses Gemetzel über ihr Land gebracht hätten.
Der Terror britischer Fußballfans ist ja auch im eigenen Land gefürchtet.
Erst vor wenigen Wochen nach einem Spiel mit schweren Ausschreitungen in Luton hatten Verantwortliche unter anderem gefordert, dass die im wahrsten Sinn des Wortes Schlachtenbummler nur mehr in Viehwaggons transportiert werden dürfen, da sie anderswo alles kurz und klein schlagen.
Ein seltsames Phänomen, dieses Verhalten vor allem jugendlicher britischer Fußballfans.
Die der Leverparty nahestehende Presse
betrachtet den Hooliganism, wie sie es nennt, als soziales Problem und sagt hier schreckend hohe Jugendarbeitslosigkeit, schlechte Wohnverhältnisse und kulturelle Verarmung schafften ein solches Klima der Gewalt.
Aber hören Sie jetzt Gundemar Aibecker.
Die Frage, die man sich heute Vormittag in Großbritannien stellt, lautet, gibt es Möglichkeiten, künftig die Teilnahme britischer Fußballfans an Spielen ihrer Mannschaften im Ausland zu unterbinden?
Das Kabinett wird noch heute diese Frage untersuchen.
Vor einem Jahr bereits, nach den Auseinandersetzungen in Spanien und Italien, hat die britische Regierung diesbezügliche Maßnahmen erörtert, sie aber dann nicht verwirklicht.
Die Hauptmaßnahme könnte darin bestehen, den Kartenverkauf für Spiele englischer Mannschaften im Ausland in Großbritannien zu verbieten.
Darüber hinaus untersucht man die Frage,
ob es rechtlich denkbar wäre, die Reisepässe der Fanclub-Mitglieder vorübergehend einzuziehen, wenn ihre Mannschaft ins Ausland fährt.
Beide Maßnahmen berühren entschieden die Freiheitsrechte.
Doch allein die Überlegung zeigt, wie hilflos die britischen Behörden dem Phänomen der Gewalt auf den Fußballplätzen gegenüberstehen.
Die Brüsseler Tragödie war der Höhepunkt einer Serie von Zwischenfällen, die Englands Fußballanhänger international in Verruf gebracht haben.
1980 wurde England mit einer Strafe von 8.000 Pfund belegt, nachdem in Turin britische Fans mit Italienern in Kampf geraten waren.
1981 verursachten englische Fußballraudis in Basel einen Schaden von mehr als 60.000 Pfund, als die englische Mannschaft eine Niederlage gegen die Schweiz hinnehmen musste.
16 Personen wurden damals verletzt, 59 verhaftet. 1982
Nach einem Unentschieden gegen Dänemark randalieren englische Raudes in Kopenhagen.
41 Verhaftungen.
1983 Luxemburg.
Erst nach Einsatz der Hälfte aller Sicherheitsstreitkräfte des Großherzogdoms gelingt es, der Schläger aus England Herr zu werden.
Der Schaden beträgt mehr als 100.000 Pfund.
Luxemburg beschließt, nie mehr Gastgeber für ein Spiel gegen eine englische Mannschaft zu werden. 1984
Ein englischer Fußballanhänger wird nach Auseinandersetzungen in Brüssel beim Spiel gegen Anderlecht erschossen.
Bei Spielen auf englischen Plätzen müssen heutzutage hunderte Polizisten eingesetzt werden, um die Fanatiker im Zaum zu halten.
Die Zeit ist nun gekommen, meinen heute englischen Blätter, drastische Maßnahmen zu setzen.
Die Daily Mail, die üblicherweise Premierminister Margaret Thatcher nahe steht, verlangt ein sofortiges Verbot für alle englischen Mannschaften im Ausland zu spielen.
Das Volk Großbritanniens hat nun genug, schreibt sie in ihrem Leiter-Digi.
Die Menschen in Europa haben mehr als genug.
Die schrecklichen Ereignisse beim Europacup-Finale in Brüssel haben das Fass zum Überlaufen gebracht.
Die Regierung Thatcher, der Apostel für Recht und Ordnung, hat bei der Lösung des Problems ebenso versagt wie die Führungen der Fußballvereine.
Die Zeit ist nun vorüber, da man eine neuerliche Untersuchung verlangen, einen neuerlichen Bericht erstellen kann.
Es gibt nur eine Antwort auf den Export der Gewalt.
Alle britischen Vereine müssen so lange von europäischen Fußballplätzen verbannt bleiben, bis ihre Anhänger nachgewiesen haben, dass sie in der Lage sind, ein ausländisches Fußballspiel mit der nötigen Selbstdisziplin und Zurückhaltung zu verfolgen.
Keine andere Maßnahme genügt, meint die Daily Mail.
Der Daily Mirror, der lieber Bate nahestehend, schreibt, Brüssel wurde gestern zum Todesfeld des Fußballs.
Wir haben der Welt das Fußballspiel gegeben.
Die sogenannten Fans von Liverpool haben uns die nationale Schande gebracht.
Was immer die Konsequenzen sind, wir müssen sie tragen.
Die Fußballvereinigung und die Fußballliga haben versagt.
Auch der Mirror sieht als einzige Möglichkeit den Ausschluss britischer Vereine von internationalen Spielen für einige Zeit.
Er fordert die Einsetzung einer nationalen Fußballkommission, die die Kontrolle der Vereine übernehmen soll.
Wenige Meilen von Brüssel entfernt, schreibt der Abschließende.
ist das Schlachtfeld von Waterloo.
Wenn nicht sofort drastische Maßnahmen gesetzt werden, die eine Wiederholung dessen, was gestern geschah, verhindern, könnte Brüssel sehr wohl zum Waterloo des britischen Nationalspieles werden.
Reaktionen aus Italien.
Natürlich auch hier Trauer, Bestürzung, Zorn.
Man ist fassungslos.
Auf der anderen Seite haben sich tausende italienische Fußballfans aber auch nicht davon abhalten lassen, den Sieg von Juventus lautstark noch mitten in der Nacht zu feiern.
Offizielle Reaktionen der italienischen Regierung gibt es noch nicht.
Ministerpräsident Craxi befindet sich derzeit erst auf dem Heimflug von einem offiziellen Besuch in Moskau.
Hören Sie Rolf Gallos.
Was von allen Zeitungen gleichfalls schärfstens angeprangert wird,
und insbesondere natürlich von La Stampa, ist, dass die Juventus-Fans der Stadt gleich nach dem 1-0-Sieg ihrer Mannschaft über Liverpool bis in die Morgenstunden mit motorisierten, lärmenden, fahnenschwenkenden, jubelnden und schreienden Hubkonzert-Umzügen ganz Turin auf den Kopf gestellt haben.
ohne Rücksicht, ohne ein bisschen Mitgefühl für die vielen Opfer von Brüssel, Tote und Verletzte, überwiegend Italiener, deren grauenhaftes Massenschicksal wenige Stunden zuvor in schrecklichen Szenen alle entsetzt und bestürzt auf den Bildschirmen verfolgt hatten.
Noch in der Nacht, noch vor Spielende, richtete das römische Außenministerium in ständigem Kontakt mit der italienischen Botschaft in Brüssel einen telefonischen Notauskunftsdienst ein, dessen Anschlussnummern schon während der Fernsehübertragung des letzten Teils der zweiten Halbzeit
laufend eingeblendet wurden.
Zur Stunde geben die Radionachrichtendienste in Abständen so, wie sie nach und nach aus Brüssel bekannt werden und einlaufen die Namen der Toten und Verwundeten durch.
Und natürlich bangen immer noch Hunderte vielleicht
Tausende italienischer Familien um das Schicksal ihrer Angehörigen, die nach Brüssel zum Europapokal Juventus-Liverpool gefahren waren, in der Erwachtung, ein großes Sport, ein Fußballfest zu erleben und dann anstattdessen in eine Hölle geritten.
Die Schuldfrage bleibt zu klären, aber gewiss befanden sich auch unter den italienischen Fans.
Raudis und Gewalttäter, die es auf eine Herausforderung mit den Engländern abgesehen hatten.
Gleichwohl scheint erwiesen, dass der Ansturm der rabiaten britischen Fans auf die Tribünen der Juventus-Anhänger einer wohl überlegten, gezielten Provokation entsprungen ist.
Das ist die grundsätzliche Auffassung hier.
Die erste und bisher einzige offizielle Reaktion war eine kurze Stellungnahme Staatspräsident Sandro Pertinis, wenige Minuten nach Mitternacht.
Er habe die energische Erklärung Frau Premier Thatchers zu den Vorfällen im Brüsseler Stadion zur Kenntnis genommen, hieß es in einem lakonischen Kommuniqué des Quirinals.
Der Präsident der Republik
sei zutiefst bestürzt darüber, dass ein Fest des Sports in eine blutige Tragödie und in Trauer ausgeartet ist.
Inzwischen erreichte Staatschef Pertini ein Beileidstelegramm der britischen Botschaft in Rom.
Die Chronik von Skandalspielen mit Toten und Verletzten wird in jüngster Zeit immer dichter und immer blutiger.
Wurden bedeutende Spiele schon seit langem als Fußballkämpfe oder Fußballschlachten bezeichnet, so sind sie in den letzten Jahren häufig überhaupt zu geplanten kriminellen Ereignissen geworden, die mit Sport nichts mehr zu tun haben.
Politische Streitigkeiten und Aversionen zwischen Volksgruppen, soziale Spannungen, das alles findet oft auf den Fußballplätzen den Funken, der das Fass zum Explodieren bringt.
Jürgen Jungwirth berichtet im folgenden Beitrag von den schwersten Unglücksfällen im Zusammenhang mit Fußballspielen.
Nur zu gut in Erinnerung ist noch der sogenannte Fußballkrieg zwischen den mittelamerikanischen Staaten Honduras und El Salvador.
Zwei Ausscheidungsspiele für die Fußballweltmeisterschaft in Mexiko waren am 18. und 17.
Juni 1969 der vordergründige Anlass für die schweren Ausschreitungen.
Der wahre Grund war aber das jahrelange zum Teil illegale Einströmen von Einwohnern des übervölkerten El Salvador in das dünnbesiedelte Honduras.
Bei den folgenden Auseinandersetzungen kamen 2000 Menschen ums Leben.
Der Fußball war dabei nur der Katalysator.
Die häufigsten Ursachen für Katastrophen waren aber Schlamperei, mangelnde Sicherheitsvorkehrungen und Versagen des Ordnungsdienstes.
Erst vor drei Tagen mussten aus diesen Gründen in Mexico City zehn Fußballanhänger erleben lassen.
Mehr als 50 wurden verletzt.
Zum Endspiel um die mexikanische Meisterschaft waren 10.000 Zuschauer ohne Karten in das Stadion geströmt.
Die Polizei ließ die Tore schließen und das Licht abschalten.
In der entstandenen Panik wurden zahlreiche Menschen zu Tode getrampelt.
Zu gut in Erinnerung ist auch noch die Katastrophe von Bradford.
Am 11. dieses Monats stürzte in der nordenglischen Stadt eine veraltete Holztribüne ein.
Kurz darauf kam es zu einem Brand.
Die traurige Bilanz 53 Tote und 60 Schwerverletzte.
Die größte Katastrophe bei einem Fußballspiel gab es im Mai 1964.
Beim Länderspiel Chile gegen Brasilien in Santiago kam es zu den bisher blutigsten Tumulten.
350 Menschen starben bei den Auseinandersetzungen, 500 wurden schwer verletzt.
Immer umfangreicher wird diese Chronik in den letzten fünf Jahren.
21 Tote und 54 Verletzte am 8.
Februar 1981 in Griechenland.
Beim Spiel Olympiakos Piraeus gegen AEK Athen kam es kurz nach dem Abpfiff zur Tragödie.
Zuschauer standen vor einem geschlossenen Ausgangstor und wurden von den Nachströmenden niedergetrampelt oder gegen die Mauern gedrückt.
Neun Monate später sterben in Kolumbien 17 Menschen.
Im Stadion Manuel Murillo Toro stürzt eine Tribüne im Stadion ein.
Zu einer Panik kommt es wieder am 20.
Oktober 1982 in der Sowjetunion.
Nach dem UEFA-Pokalspiel zwischen Spartak Moskau gegen Haarlem kommen vermutlich 60 Menschen, die genaue Zahl steht nicht fest, ums Leben, als sie die Stadionmauern verlassen wollen.
Weniger als ein Monat später in Kolumbien 24 Tote und 50 Verletzte nach dem Spiel der Mannschaft Amerika gegen Deportivo Cali.
Zuschauer hatten von einer Tribüne des Stadions auf den unteren Rang uriniert.
Nach ersten Auseinandersetzungen kommt es dann zu einer blutigen Stadionschlacht.
Diese Aufzählung der schwarzen Tage rund um den Fußball ist aber lückenhaft.
Immer mehr kommt es auch bei Spielen der unteren Spielklassen zu Auseinandersetzungen, zu Ausschreitungen, die meist schon vorher geplant waren.
Wissenschaftler untersuchen seit längerem die Gründe für die zunehmend gewalttätigen Ausschreitungen von Fußballanhängen.
Der Meinungsforscher und Sozialwissenschaftler, Diplom-Ingenieur Ernst Gemacher, Chef des SPÖ-nahen Instituts IFES, hat vor kurzem eine Analyse der österreichischen Verhältnisse erarbeitet.
Seines Erachtens ist in Österreich bereits einiges gegen Krawalde in den Fußballstadien unternommen worden.
Darüber und über die gestrigen Vorkommnisse sagte er im Gespräch mit Leopold Esterle.
Das Ereignis in Brüssel entspricht durchaus den Erfahrungen, dass heute der Fußballplatz von einer winzigen Minderheit krankhaft aggressiv war, dazu benutzt wird, um ihre Aggressionen abzuführen.
um dort also handgreiflich und randalierend zu werden.
Das ist ein bekanntes Phänomen, entspricht in etwa den Kirtagsrauffereien früherer Zeiten, bei denen es auch oft Tote gegeben hat, weil Einzelleute jedes Maß verloren haben.
Das ist aber eine winzige Winderheit und die würde natürlich auch nicht 40 Tote verursachen.
Es kommt dazu, dass in Brüssel eine Panik ausgebrochen ist.
Die Vergleichbarkeit einer Panik bei einem Theaterbrand.
Und das hat dieses Ereignis dann in eine solche Dimension gebracht.
Bei einem Zuschauersport, einem Massenzuschauersport wie beim Fußball, gibt es immer eine hohe Aufbuttschung von Emotionen.
Allgemein.
Aufregung.
Und das schlägt dann in Hurra-Stimmung.
Und das schlägt dann in Panik um, wenn plötzlich es zu solchen schweren Aggressionen kommt.
Dass sich das so massiv zu so einem katastrophalen Ausmaß gesteigert hat, ist auch dadurch, dass es hier eben um ein Europa-Cup-Finale ging, um sozusagen ein Ereignis im medialen Weltdorf.
Dass er so riesige Zuschauermaßnahmen anzieht und
aus weiten Teilen und natürlich damit auch die ärgsten solcher klankhaften Aggressoren mit hineingezogen hat.
Also ein Zusammenkommen eigentlich normaler Phänomene dort.
Was soll man in einer solchen Lage tun?
Wie soll man darauf reagieren?
Als Sozialwissenschaftler kann ich nur sagen, eines darf man nicht, das bloß akzeptieren.
Das führt sonst zu einer weitergehenden Brutalisierung der Gesellschaft, wenn man darüber hinweg geht.
Dann kommen wir gleich zum Zirkus-Maximus-Syndrom und werden die Gladiatoren umbringen mit vollen Zuschauermassen.
Der Weg wird zu einer Brutalisierung viel weiter gehen.
Das heißt, man muss dagegen auftreten.
Ich würde sagen, da gibt es zwei klare Richtungen.
Das erste ist, dass man diese krankhaft-aggressiven Leute identifiziert und aussperrt.
Man hat das teilweise ja schon auf lokalen Fußballplätzen tätigt man das ja so.
dass man zweitens alle Aggressionswaffen und Aggressionsmittel, und das sind auch schon Lärmgeräte, vom Fußball absolut strikt verbannt.
Und da schwerstens bestraft wird Leute, die immer solche Dinge dort hinkommen und nicht hineinlässt.
Das heißt, es muss einem klar sein, dass der Fußballplatz mit seiner Emotionsladung etwas ähnliches ein Schlachtfeld wie die Straße ist, bei dem Ordnungsprinzipien herrschen müssen.
Als dritten Punkt möchte ich sagen,
Es bedürfte einer großen Diskussion überhaupt über die Sportmoral, dass hier immer noch, zwar unter dem Titel des völkerverbindenden Sportes, eigentlich ein ärgster Sportchauvinismus seine Blüten treibt.
Auch in der Berichterstattung.
Hier wäre eine Selbstbesinnung aller Sportprivaten und auch aller Sportberichterstatter am Platze.
Warum sind denn ausgerechnet englische Fußballfans international so gefürchtet?
Haben Sie da eine Erklärung dafür?
Das handelt sich um die Frage, wie gewalttätige Subkulturen, solche krankhaft-aggressiven Menschen, bilden ja immer Gruppen, wo sie das ausleben können.
Und irgendwo schließt sich doch so etwas an.
Das mag in manchen Bereichen, in manchen Ländern geht das eher ins Politische.
Und die bilden vielleicht politische Kampftruppen, extremistische.
In anderen Ländern schließt sich ein Sport hinein.
Das ist eine Frage der Subkulturen, die da entstehen.
Und offensichtlich hat der Sport, der in England eine sehr lange Tradition hat, noch viel solcher starken, gewalttätigen Gruppierungen angezogen.
Woanders bilden sie dann Kampfsportgruppen oder irgendetwas.
Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, woanders können sie sich auch politisch in wenigen entwickelnden Ländern wo noch.
Also sicher wird es keinem Palästinenser einfallen, auf dem Sportplatz sozusagen in dieser Weise aufzutreten.
Solange es Kriege gibt, haben die Leute dort auch eine große Rolle gespielt, weil das meistens auch sehr
tollkühne Kämpfer sind in Aggressionssituationen, also in echten Kampfsituationen.
Das heißt, wir haben zu lange Frieden gehabt, Herr Diplom-Ingenieur.
Das heißt, wir haben zu lange Frieden gehabt und jetzt reagieren wir uns auf den Fußball-Fehler an.
Ja, das Problem wird sicher in einer sehr friedlichen Gesellschaft viel stärker.
Wie werden wir mit diesen Aggressionen, die außenseitig sind, die krankhaft sind, weil sie selten sind, aber die eben doch auftreten,
Und wie werden wir mit denen fertig?
Was tun wir mit den Leuten?
Auf keinen Fall sollten wir sie in solche Massenveranstaltungen lassen.
Was gestern in Brüssel geschehen ist, könnte das auch in Österreich passieren?
Beispielsweise hat sich ja auch Wien schon des Öfteren um die Veranstaltung großer internationaler Fußballspiele beworben.
Diese Frage stellte Erich Aichinger telefonisch an Innenminister Karl Blecher.
Theoretisch kann so etwas passieren, in der Praxis ist es uns noch nie passiert, weil die Bundespolizeidirektion Wien
ein ganzes Sicherheitspaket in den vergangenen Jahren gegen Gewalt am Fußballplatz entwickelt hat.
Wir haben vom Bundesministerium für Inneres eine ganze Reihe von Studien in Auftrag gegeben.
Ganz interessant ist, dass gerade heute uns die letzte in Auftrag gegebene Arbeit, Fußball, Sport und Gewalt,
ein umfangreicher Studienbericht übergeben worden ist, der im Zusammenwirken mit dem Kuratorium Sicheres Österreich erstellt wurde.
Sie sehen, wir haben uns also eingestellt auf das, was unter Umständen durch Raudis auf Fußballplätzen passieren kann.
Und wir haben eine ganze Reihe von Maßnahmen bei Spielen mit englischen Vereinen bereits in Wien zur Anwendung gebracht, vor allem also die hier Vorsorge treffende Bundespolizeidirektion Wien.
hat bei den Spielen Rapid gegen Bandi United, gegen Celtic Glasgow, Austria gegen Liverpool doch der österreichischen Öffentlichkeit bewiesen, dass sie mit Problemen fertig wird, die man anderswo nicht in den Griff bekommen hat.
Und wir haben daher eine ganze Reihe von Maßnahmen auch schon durchgespielt, die von der verschärften Einlasskontrolle über
das Alkoholverbot bis zu dem freiwilligen Ordnerdienst der Vereine in den Fan-Blocks, zur Separierung, zur Trennung der rivalisierenden Fans in voneinander getrennte und distanzierte Zuschauerblöcke reicht bis zu einem Hausverbot für gewalttätige Fans, was dann möglich ist, wenn man also zusammenarbeitet mit den Fan-Clubs.
Und auch noch zum Thema jetzt ein Programmhinweis.
Heute mit dem österreichischen Aggressionsforscher Professor Friedrich Hacker.
Sein Kommentar zum Fußballkrieg von Brüssel.
So erschütternd und schrecklich dieses gestrige Ereignis, das wir ja alle am Fernsehschirm miterlebt haben, auch ist, kommt es leider nicht unvorhergesehen, wenn Sportereignisse zu nationalen Großveranstaltungen, in denen die nationale Größe am Spiel steht,
hinaufstilisiert werden, das noch dazu durch Kommerzialisierung unterstützt wird, ist vorauszusehen, dass der Sport, der ja ursprünglich der Menschen- und Völkerversöhnung dienen sollte, nicht eine Aggressionskontrolle oder eine Aggressionseindämmung oder ein Aggressionsersatz, sondern im Gegenteil eine Aggressionsquelle und eine Aggressionsauslösung ist.
Und genau das ist gestern
geschehen.
Natürlich ist in gewisser Weise das, was auf dem Fußballfeld, beziehungsweise auf den Zuschauern vorgeht, ja auch eine Reflexion dessen, was Probleme der Gesellschaft als solche sind.
Und wenn eben das Leistungsprinzip und das Erfolgsprinzip derart übersteigert ist und sich mit Nationalismus und Kommerzialismus mischt,
so entsteht daraus eine ungemein explosive Mischung, die unter ungünstigen Umständen eben zu derartigen Katastrophen führen mag.
Analysen zur Aggressivität im Fußball und Vorschläge zur Lösung des Problems.
Heute Abend in einem Gespräch mit Professor Friedrich Hacker vom Österreichischen Institut für Konfliktforschung.
Österreich 1, 18.30 Uhr.
Im Journal Panorama.
Sie machen Angst, diese Ausbrüche von Gewalt, Hass, Zerstörungswut, Blutrausch.
Fehlt hier wirklich der Krieg, damit Menschen ausleben können, was an Aggressivität in ihnen steckt?
Krieg, der ja diese Form von Aggression legitimiert und auszeichnet.
Warum aber überhaupt diese Aggressionen?
Was ist kaputt in den Menschen?
Warum funktioniert der Mensch in der Masse, als Masse, so besonders mörderisch?
Wir wollen diesen gesamten Berichtsblock im Mittagsschanal abschließen mit einem Zitat von Elias Canetti aus seinem Essay Masse und Macht.
Gisela Hopfmüller hat das Zitat ausgesucht.
Von der Zerstörungssucht der Masse ist oft die Rede.
Es ist das Erste an ihr, was ins Auge fällt und es ist unleugbar, dass sie sich überall findet, in den verschiedensten Ländern und Kulturen.
Sie wird zwar festgestellt und missbilligt, doch wird sie nie wirklich erklärt.
Der einzelne Mensch selbst hat das Gefühl, dass er in der Masse die Grenzen seiner Person überschreitet.
Er fühlt sich erleichtert, da alle Distanzen aufgehoben sind, die ihn auf sich zurückwarfen und in sich verschlossen.
Mit dem Abheben der Distanzlasten fühlt er sich frei und seine Freiheit ist die Überschreitung dieser Grenzen.
Was ihm geschieht, soll auch den anderen geschehen.
Er erwartet von ihnen dasselbe.
An einem irrdenen Topf reizt ihn, dass er nichts als Grenze ist.
An einem Haus reizen ihn die verschlossenen Türen.
Riten und Zeremonien, alles was Distanzen hält, bedroht ihn und ist ihm unerträglich.
In diese vorgebildeten Gefäße überall wird man die Masse, zersplittert, zurückzuführen suchen.
Sie hasst ihre künftigen Gefängnisse, die ja immer Gefängnisse waren.
Der nackten Masse erscheint alles als Bastille.
Und jetzt eine Zeitansage mittags schon als 12 Uhr und 43 Minuten ist es, zwei Minuten vor dreiviertel eins.
Wir kommen zu den geplanten übrigen Berichten.
Seit Tagen verdichten sich die Gerüchte, dass der heimische Reifenhersteller Semperit an die deutsche Continentale verkauft werden soll.
Semperit, eine Industriedochter der CA, hatte jahrelang mit schweren Problemen und hohen Verlusten zu kämpfen, weil gewaltige Überkapazitäten auf den Weltmärkten die Preise tief in den Keller fielen ließen.
Erst in den letzten Jahren ist ein Konzept für die Sanierung zügig vorangetrieben worden, das die Verluste von Jahr zu Jahr reduziert hat.
Mit einem starken Partner wie Continentale wäre nun die Zukunft gesichert, meint man in der CA und hat deshalb seit Jahren über einen Verkauf verhandelt.
Verhandelt wird heute Nachmittags abermals, und zwar auf höchster Ebene.
Und deshalb liegt die Vermutung nahe, dass der Vertrag so gut wie unterschriftsreif ist.
Was an spärlichen Informationen über die Ausgangssituation der Gespräche zu erhalten war, hat Hans-Christian Unger im folgenden Beitrag zusammengefasst.
Als Vertreter des derzeitigen Eigentümers der Semperit-Reifen GSMBH hat heute Vormittag Hannes Androsch, Generaldirektor der Kreditanstalt Bankverein, folgende kurze Stellungnahme zum geplanten Verkauf des Unternehmens an den deutschen Reifengiganten Continental abgegeben.
Es sei nachmittags damit zu rechnen, dass die seit vier Jahren diskutierte Transaktion nun endgültig über die Bühne gehen und das Conti in Zukunft eine substanzielle Mehrheit an der Semperit halten werde.
In der Vorstandsetage von Semperit selbst herrscht dagegen absolute Informationssperre.
Nur aus Kreisen des Betriebsrats tönt ein vorsichtiges Ja zur geplanten Reifenehe.
Grundsätzlich habe man nichts gegen eine Übernahme, da es sich in den letzten Jahren herausgestellt habe, dass Semperit allein zu klein ist, um im beinharten Wettbewerb der internationalen Pneu-Industrie bestehen zu können.
Und das noch dazu in einem Land, das keine eigene Autoproduktion als Hauptabnehmer aufweisen kann und deshalb größtenteils auf den Export angewiesen ist.
Und nicht dagegen ist man auch deswegen, weil es eine Zusage des Managements gibt, dass der neue Herr im Hause Semperit die bisherigen Sozialleistungen an die 3600 Mitarbeiter weiterführen will.
Ob nun heute Nachmittag schon unterschrieben wird oder nicht, dass die Gespräche in ein letztes Stadium getreten sind, dafür ist die Anreise von Conti-Chef Helmut Werner aus Hannover ein Indiz.
An den Verhandlungen im Finanzministerium werden sich er auf der einen Seite, sowie Androsch, Semperit-General Franz Leibenfrost und auch Finanzminister Franz Wranitzki gegenüber sitzen.
Welche Probleme noch zu klären sind, darüber hat Leibenfrost heute Vormittag keine Auskunft geben wollen.
Ebenso wenig war bereit, den Erfolg des Verkaufs bereits hundertprozentig vorherzusagen.
Der Verkauf soll der CA einige hundert Millionen bringen.
Eine der noch zu diskutierenden Fragen könnte sicherlich jene des Zuschusses des Bundes für die Modernisierung des Reifenwerks Dreißkirchen sein.
Die Regierung hat ja dafür insgesamt 1,2 Milliarden Schilling zugesichert und die Frage könnte sein, ob und in welcher Form auch kontinental diese Finanzspritze bekommen wird.
Sollte der größte deutsche Reifenhersteller tatsächlich der neue Mehrheitseigentümer werden, man spricht von einer Beteiligung von 75 Prozent, dann ist das sicherlich das Resultat der erfolgreichen Rationalisierungs- und Sanierungsmaßnahmen bei Semperit während der letzten Jahre.
Es ist immerhin gelungen, aus dem pressthaften Sorgenkind, Semperit hat während der letzten zehn Jahre fast nur Verluste geschrieben, eine attraktive Braut zu machen, die man nun mit einem starken Partner verheiratet.
Und der starke Partner Continental gewinnt nicht nur anerkannte Neuentwicklungen im Reifenbereich für seine Produktpalette, sondern auch neue Marktanteile.
Und das in einer Branche, in der die Größe eines Unternehmens lebens- ja überlebenswichtig geworden ist.
Und jetzt noch ein Kulturbeitrag im Mittagsjournal.
Wien baut auf hieß eine Ausstellung 1947, in der eine erste Bilanz über den wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes nach den Zerstörungen des Weltkriegs versucht wurde.
Niemals vergessen hieß eine zweite Schau, ebenfalls 1947, in der die Auswirkungen des Dritten Reiches auf Österreich drastisch vorgezeigt wurden.
Gewissermaßen in der Nachfolge dieser heute schon historischen Bilanzen könnte eine Ausstellung gesehen werden, in der nun, vier Jahrzehnte später, Krieg und Nachkrieg, vor allem am Beispiel der Kultur, aufgearbeitet werden.
Die Dokumentation, eine Koproduktion der Wiener Festwochen mit dem ORF, heißt schlicht 1945, davor, danach.
Eine kritische Bestandsaufnahme.
Zur Eröffnung dieser Ausstellung heute Abend im Wiener Museum des 20.
Jahrhunderts hat Rüdiger Wischenbart den folgenden Beitrag gestaltet.
Auf einem Plakat vom 2.
April 1945 steht zu lesen, Wien ist zum Verteidigungsbereich erklärt worden.
Frauen und Kindern wird empfohlen, die Stadt zu verlassen.
Was dann unmittelbar folgte, waren nicht nur die letzten Kämpfe und Zerstörungen im Stadtgebiet und schließlich das Ende des NS-Regimes,
Proklamiert wurde nur wenige Wochen später das neue Österreich der Zweiten Republik.
1945 markiert ohne Zweifel eine tiefgreifende Zensur.
Eine Stunde Null, von der später gesprochen wurde, gab es aber nur in ganz wenigen Bereichen.
Immer deutlicher wird in neuen zeitgeschichtlichen Forschungen belegt, wie stark auch eine Kontinuität weiter wirkte, von der Ersten Republik über die NS-Zeit bis in die Nachkriegszeit.
Diese Verbindungen anschaulich darzustellen, ist nun die Absicht der Organisatoren der Ausstellung 1945, davor, danach im Wiener Museum des 20.
Jahrhunderts.
Ausgehend von der Kultur im weitesten Sinn mit breit gestreutem Material aus dem Alltag, der Hoch- und auch der Randkultur des Jahrzehnts zwischen 1940 und 1950, sollen zum Teil sehr widersprüchliche, kontroversielle Entwicklungen nachgezeichnet werden.
Lisbeth Wächter-Böhm hat in Zusammenarbeit mit Harald Stärk das Konzept entwickelt, der Architekt Luigi Blau hat die Aufbauten entworfen.
Die Grundidee zu der Ausstellung stammt von dem Maler Georg Eisler.
Der Stunde-Null-Aspekt ist ein bisschen eine Verlegenheitsformulierung, um das Wort Befreiung zu vermeiden.
Das Wort Befreiung wird sehr gerne in Anführungszeichen gesetzt.
so ein bisschen hämisch, ja, da kamen die Russen, nahmen uns die Uhren weg, etc., etc., die vielen Vergewaltigungen.
Dass dahinter ein wirklicher Akt der Befreiung stattgefunden hat, wird, glaube ich, hier schon dokumentiert, denn wir zeigen auch, was uns diese sogenannte Stunde Null als Stunde Null Plus
eigentlich gebracht hat, nämlich die Befreiung von einem unerträglichen, mörderischen Regime, das sich auch auf kulturellem Gebiet ausgewirkt hat.
Die Ausstellung ist in zweieinander ergänzende Abschnitte gegliedert, in denen die grundlegenden Tendenzen sowie beispielhafte Lebensläufe nachgezeichnet werden.
Wie haben verschiedene Personen den Zeitraum vor und nach 1945 durchlebt?
In Anbiederung an das NS-Regime oder durch Widerstand, Verfolgung, erzwungenes Exil?
Wo wurde im neuen Österreich eine Trennungslinie gegenüber der NS-Zeit gezogen?
Wo gab es Kontinuitäten?
Das wird in einem Teil auf Säulen mit Fotos und Dokumenten sichtbar gemacht.
Rekonstruiert werden die Lebensläufe von Personen wie Heimito von Toderer oder Jura Seifer, von Arnold Schönberg oder Paula Wessely.
Eine verbindende Gesamtschau im Überblick bietet dann der zweite Teil.
Lisbeth Wächter-Böhm.
Der zweite Weg durch die Ausstellung führt fast durch ein Gefängnis.
Da geht man also im Uhrzeigersinn durch eine Abfolge von Räumen durch.
Ein Raum, wo NS-Ideologie
Dargestellt wird am Beispiel der Rassentheorie, der Parteipropaganda und der Ideologisierung der Männerrolle und der Frauenrolle.
Dann kommt man in einen Raum, wo der Alltag ein bisschen dargestellt ist.
Der Alltag im Krieg zuerst.
dann in einen Raum, wo die Massenmedien, die letzten und die ersten Zeitungen gezeigt werden und dann noch einmal ein Raum, wo es um den Alltag geht, um Alltagskultur nach dem Krieg.
Das sind ziemlich auffällige Entsprechungen eigentlich, denn die Kulisse ist dieselbe fast, nur die Requisiten ändern sich, der Aufdruck auf den Lebensmittelmarken ist halt ein bisschen anders, aber
Die Bezugsscheine, die Lebensmittelmarken, die Passierscheine, die Verbote, die Erlaubnisscheine gleichen sich sehr, die dominieren da sehr stark.
Auch Folgeerscheinungen, die zum Teil bis heute nachwirken, sollen den Besucher vor Augen geführt werden.
Georg Eisler?
Ich glaube, wir stellen hier eine ganze Reihe von Fragen, die auch unangenehm sind.
Und ziemlich klar werden hier Fakten gezeigt, ohne irgendwelche Häme oder denunziatorische Absicht, aber es wird ein Zustand gezeigt, in dem sich unserer Stadt, unser Kulturkreis,
in einer historisch sehr wichtigen Periode gefunden haben.
In Ergänzung zur Ausstellung wurde auch ein Filmprogramm zusammengestellt mit Dokumentar- und Spielfilmen, die Krieg und Nachkrieg behandeln.
Zu sehen sind diese Filme bis einschließlich 7.
Juli jeweils am Samstag und Sonntag um 14 und um 16 Uhr im Museum des 20.
Jahrhunderts in Wien.
Und jetzt noch ein Auslandsbeitrag.
In Genf beginnt heute die zweite Runde der Abrüstungsgespräche zwischen den USA und der Sowjetunion.
Beide Seiten verhandeln mit getrennten Delegationen über die Themenkomplexe Interkontinentalraketen, Mittelstreckenraketen und weltraumgestützte Raketenabwehrsysteme.
In einem Akt seltener Übereinstimmung ließ das Weiße Haus gestern wissen, dass Präsident Reagan die Ansicht von Parteichef Gorbatschow teile, die erste Verhandlungsrunde sei völlig fruchtlos verlaufen.
Die erste Verhandlungsrunde hatte vom 12.
März bis zum 23.
April getauert.
Sie war wie nicht anders zu erwarten, vor allem mit der Darlegung der jeweiligen Standpunkte ausgefüllt.
Worum es von heute an in Genf wieder gehen wird, analysiert Roland Machatschke.
Auch der vielbeschworene Geist des österreichischen Staatsvertrags hat da nichts ausrichten können.
Die Fronten zwischen den Großmächten sind unverändert.
Sechs Stunden CS-Ringen zwischen den Außenministern Schulz und Gromyko in der sowjetischen Botschaft in der Wiener Reisener Straße am 14.
Mai und eine weitere Viertelstunde im Belvedere nach dem Festakt der Bundesregierung haben offenbar nichts gebracht.
Die Meinungsverschiedenheiten reichen bis ins Fundament hinunter.
Schulz sagte, er und Gromyko seien sich jetzt sogar darüber uneinig, worüber sie sich im Jänner in Genf einig geworden wären.
Die zweite Verhandlungsrunde muss also im gleichen Geist des Pessimismus betrachtet werden wie die Runde in Genf.
Und das zeigen auch die Erklärungen der beiden Delegationsleiter gestern bei ihrer Ankunft in der Konferenz statt.
Die Sowjetunion ist nur dann bereit, Atomwaffen abzubauen, wenn die USA auf ihr Programm der Weltraumrüstung verzichten, sagte Karpov.
Und sein amerikanischer Gegenspieler Campbellman erklärte, er erwarte Flexibilität von den Sowjets und habe ansonsten weitgehende Vollmachten des Präsidenten, um eine radikale Verminderung offensiver Atomwaffen zu erreichen.
Aufschlussreicher sind da schon Äußerungen des Staatssekretärs im amerikanischen Außenministerium, Richard Byrd.
Die Situation jetzt unterscheidet sich nicht allzu sehr von der Situation vor einem Jahr, sagte Byrd.
Und die USA haben bisher nicht entdecken können, ob die Sowjetunion wirklich verhandeln wolle.
Börth gehört in einer Regierung, in der viele am Sinn von Verhandlungen mit der anderen Großmacht zweifeln, zu den eher liberalen, keine Taube zwar, aber auch kein Falke.
Die Hürde, die sich, wie es aussieht, auch in absehbarer Zeit nicht überwinden lassen wird, heißt SDI, Strategic Defense Initiative.
Die Sowjets stehen dem amerikanischen Programm zur Entwicklung eines im Weltraum operierenden Schutzschilds gegen Atomraketen mit höchstem Misstrauen gegenüber und lassen sich auch nicht von den amerikanischen Beteuerungen beruhigen, dass es zur Zeit ohnehin erst um Forschung und technische Entwicklung gehe.
Für die Sowjets würde durch SDI die Grundlage der geltenden Doktrin vom strategischen Gleichgewicht zerstört, dass nämlich jede Seite durch die Atomwaffen der anderen Seite in so gleichgearteter Weise bedroht ist, dass ein Erstschlag nationalem Selbstmord gleichkäme und wahrscheinlich auch das Ende der Welt bedeuten würde.
Natürlich ist den Sowjets die skeptische bis ablehnende Haltung einiger europäischer Bündnispartner der USA zur SDI bekannt.
Und auch das ist ein Grund, warum Moskau es mit Verhandlungsergebnissen in Genf nicht eilig haben wird.
Andererseits ist offenkundig, dass die Sowjetunion fürchtet, auf einem Gebiet der Rüstungstechnik von den USA überholt zu werden, auf dem sie sich ohnehin schwer tut, die Anwendung modernster Elektronik.
Die Angst vor einem neuen Rüstungswettlauf mit dem damit verbundenen Konsumverzicht könnte die Sowjetunion zu Schritten veranlassen, die sie in der Geschichte der Atomrüstung noch nie gesetzt hat, zum Abbau schon aufgestellter Waffen.
Wie weitgehend diese Abrüstung wäre und wie sie überprüfbar gemacht werden könnte, davon wird der Verlauf der Genfer Gespräche abhängen.
Schnelle Ergebnisse sind unwahrscheinlich.
Zum Teil auch deshalb, weil im nächsten Jahr einer der seltenen Parteitage der KPDSU stattfinden wird und Gorbatschow bis dahin seine politische Stellung sicher nicht durch Zugeständnisse an die USA schwächen will.
Und in der Zwischenzeit geht das Rüsten weiter.
Beide Seiten stellen neue Interkontinentalraketen auf.
Die USA, die MX, die Sowjetunion, die SS-25.
Und zum Abschluss des Mittagsschanals gibt es jetzt noch wichtige Kurzmeldungen.
Belgien.
Das Innenministerium in Brüssel hat die Zahl der Toten bei den gestrigen Ausschreitungen bei dem Europacup-Spiel FC Liverpool gegen Juventus Turin korrigiert.
Nach der jüngsten Bilanz sind 38 Menschen getötet und 19 schwer verletzt worden.
Zwei der Schwerverletzten liegen im Koma.
Insgesamt wurden mehr als 100 Menschen verletzt.
Die meisten der Toten sind Italiener.
Die belgische Regierung hat Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen im Bristoler Stadion zurückgewiesen und zugleich die unglaubliche Gewalttätigkeit britischer Schlachtenbummler für das Blutbad verantwortlich gemacht.
In der belgischen Öffentlichkeit gibt es allerdings noch heftige Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen der Behörden.
Großbritannien
Premierministerin Thatcher hat das Kabinett wegen des Fußball-Dramas in Brüssel zu einer Sondersitzung einberufen.
Der Spart-Minister wird dabei den Regierungsmitgliedern einen ausführlichen Bericht vorlegen.
In den britischen Zeitungen wird die Schuld an den Ausschreitungen in erster Linie den Anhängern des FC Liverpool zugewiesen.
Italien.
In der italienischen Öffentlichkeit gibt es heftige Kritik am Verhalten der englischen Fußballanhänger, aber auch an den mangelnden belgischen Sicherheitsvorkehrungen.
Ungeachtet dessen wurde der Sieg der Turiner Mannschaft ausgiebig gefeiert.
Juventus Turin siegte in dem Spiel, das nach den Ausschreitungen doch abgehalten wurde, mit 1 zu 0.
Österreich.
Innenminister Blecher erklärte in einer ersten Reaktion, derartige Vorfälle könnte es in Österreich zwar theoretisch auch geben, in der Praxis sei es aber nie passiert.
Das Innenministerium und die zuständigen Behörden hätten immer Vorsorge getroffen, dass solche Ausschreitungen unterbleiben.
Der Meinungsforscher Ernst Gemacher sagte, auf dem Fußballplatz mache eine krankhaft-aggressive Minderheit ihren Aggressionen Luft.
Gemacher verglich die Gewalt beim Fußball mit Kirtagsraffereien früherer Zeiten, bei denen es auch immer wieder Tote und Verletzte gegeben hat.
Gehmacher schlug folgende Maßnahmen gegen die Aggressionen auf dem Fußballplatz vor.
Das Identifizieren und Aussperren krankhaft aggressiver Leute, das Verbannen aller Aggressionsgeräte vom Fußballplatz und die Bekämpfung des Sportchauvinismus auch in der Berichterstattung.
Der Aggressionsforscher Friedrich Hacker meinte, der Sport sei zu einer Aggressionsquelle und Aggressionsauslösung geworden, weil die Veranstaltungen zu nationalen Großereignissen hochstilisiert würden, die man auch noch durch Kommerzialisierung unterstütze.
Die Wetteraussichten bis heute Abend.
Im Westen und Süden teilweise sonnig, sonst veränderlich bis stark bewölkt und etwas Regen, Nachmittagstemperaturen 17 bis 24 Grad.
Das war ein Mittagsschnall des aktuellen Dienstes, durch das Sie heute Ilse Oberhofer geführt hat.