Mittagsjournal 1983.05.28

Video-Player wird geladen.
Advertisement
Aktueller Zeitpunkt 00:00
Dauer 00:00
Geladen: 0%
Streamtyp LIVE
Verbleibende Zeit 00:00
1x
  • Marker
  • Beschreibungen aus, ausgewählt
  • Untertitel aus, ausgewählt
    x
    ZOOM HELP
    Drag zoomed area using your mouse or a finger.
    100%

    Rechtliches

    Zitieren

    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Und hier meldet sich Udo Bachmeier mit dem Samstag-Mittag-Journal.
    Guten Tag, meine Damen und Herren.
    Wir stellen Ihnen heute weitere neue Köpfe der rot-blauen Regierungsmannschaft vor.
    Den freiheitlichen Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager und den neuen Staatssekretär im Handelsministerium Norbert Stegers, den Sozialisten Erich Schmidt.
    Der Chef des Verteidigungsressorts Frischenschlager betont in dem heutigen Mittagsjournalgespräch neuerlich den Grundsatz für seine künftige Arbeit, dass es ihm nämlich in erster Linie auf den Verteidigungswillen der Gesamtbevölkerung ankomme.
    Die Landesverteidigung dürfe nicht allein dem Heer überlassen werden.
    Seine, Frischenschlagers Arbeit in der Öffentlichkeit sehe er zudem darin, wenig zu schwätzen, aber eine breite Sachdebatte über die Landesverteidigung in Gang zu bringen.
    Der neue Handelsstaatssekretär Erich Schmidt will seinen Arbeitsschwerpunkt auf die Energiepolitik legen.
    In der Frage Zwentendorf äußerte sich Schmidt zurückhaltend, abwartend, nachdem sich Handelsminister Steger gestern auch in seiner neuen Funktion vehement gegen die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks quergelegt hatte.
    Die wieder aufgeflammte Diskussion über die Sparguthaben, besonders rund um die Anonymitätsabgabe, ist zentrales Thema der heutigen Inlandspresseschau.
    Im Journal zu Gast ist heute Günther Nenning, schillernde Figur der sozialistischen intellektuellen Szene mit starkem politischen Grünanstrich.
    In seinem neuen Buch mit dem Titel »Vorwärts zum Menschen zurück« gibt er ein rot-grünes Plädoyer ab.
    Die Industriegesellschaft
    Der Sozialstaat, sie leiden an Gefühlsdefizit und mangelnder Menschlichkeit, beklagt Nenning.
    Ziel sei eine neue Romantik, getragen von der Grünen Bewegung als neue Form des Sozialismus, eines Sozialismus der Kopfarbeiter.
    Die Sozialdemokratie gehe in eine Sackgasse, wenn sie ihre einzige Leistung darin sehe, die Menschen mit Konsumplunder zuzudecken, warnt Günther Nenning.
    Die weiteren geplanten Mittagsjournalthemen in Chile nehmen die inneren Spannungen zu.
    Das Militärregime unter General Pinochet gerät wegen der Wirtschaftsmisere und wegen der Vorwürfe im Zusammenhang mit weitreichenden Menschenrechtsverletzungen immer mehr in Bedrängnis.
    Die Kulturredaktion würdigt den bekannten Schriftsteller Hans Weigl aus Anlass seines 75.
    Geburtstages.
    Zunächst zum Nachrichtenüberblick.
    Verantwortlicher Redakteur für die Meldungen ist heute Mittag Ferdinand Olbort und gelesen werden sie von Maria Piffl.
    USA.
    In Williamsburg, 200 Kilometer südlich von Washington, beginnt heute das neunte Wirtschaftsgipfeltreffen der sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten.
    Teilnehmer sind die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, der Bundesrepublik Deutschland und Japans.
    Sie wollen über dringende Probleme der Weltwirtschaft beraten.
    Vor allem sollen Möglichkeiten eines Wirtschaftsaufschwunges und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erörtert werden.
    Differenzen dürfte es möglicherweise über die von einigen Ländern angewandten Beschränkungen des freien Handels zum Schutz der eigenen Wirtschaft geben.
    Offene Meinungsverschiedenheiten, wie beim Gipfeltreffen in Versailles im Vorjahr, sollen allerdings vermieden werden.
    Präsident Reagan erklärte, er sehe der Konferenz als Gastgeber im Geiste eines realistischen Optimismus entgegen.
    Der brasilianische Präsident Figueiredo hat an die Staats- und Regierungschefs der Industriestaaten appelliert, bei ihren Entscheidungen in Williamsburg auf die Entwicklungsländer Rücksicht zu nehmen.
    Die Vereinigten Staaten haben eine neue sowjetische Warnung vor der Stationierung amerikanischer Atomraketen in Westeuropa als Manöver zur Spaltung des Westens bezeichnet.
    Washington reagierte damit auf eine Veröffentlichung der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS.
    Darin war gedroht worden, die Sowjetunion würde auf einem eigenen Territorium und in anderen Ostblockstaaten neue Mittelstreckenraketen stationieren, falls die NATO derartige Waffen in Westeuropa aufstellen sollte.
    Der frühere deutsche Bundeskanzler Schmidt hat Präsident Reagan zu mehr Engagement für die Abrüstung aufgefordert.
    Schmidt sagte vor Journalisten in Cambridge im amerikanischen Bundesstaat Massachusetts, Reagan habe sich bisher noch nicht den Präsidenten zugeordnet, die Abrüstungsvereinbarungen geschlossen hätten.
    Der frühere deutsche Regierungschef betonte, der Westen sollte gegenüber dem Osten eine Strategie des Wettbewerbes und der Zusammenarbeit einleiten.
    Die Regierung in Washington hat bestätigt, dass amerikanische Militärberater Mitte Juni mit der Ausbildung von 2.400 salvadorianischen Soldaten in Honduras beginnen.
    Ziel der Übungen, für die mehr als 100 Offiziere und Soldaten der USA zur Verfügung gestellt werden, ist die Schaffung eines 1.000-Mann-starken Bataillons für schnelle Einsätze.
    Außerdem sollen vier Infanterieeinheiten von je 350 Mann gebildet werden.
    Präsident Reagan hat vor Journalisten nicht eindeutig ausgeschlossen, dass die USA gegebenenfalls Truppen nach Zentralamerika entsenden würden.
    Reagan sagte, befreundete Länder in Mittelamerika hätten bisher noch nicht um amerikanische Kampftruppen ersucht.
    Auf die Frage, was er im Falle eines solchen Wunsches machen würde, antwortete der Präsident, darüber könne er noch nicht offen diskutieren.
    Zugleich äußerte sich Reagan besorgt über die Rolle der UEDSSR in Mittelamerika.
    Er sagte, Nicaragua habe von der Sowjetunion in den ersten fünf Monaten dieses Jahres genauso viel Hilfe erhalten wie im gesamten Jahr 1982.
    Nicaragua.
    Die linksgerichtete Regierung in Managua hat amerikanische Meldungen dementiert, dass die Sowjetunion in dem zentralamerikanischen Land Atomraketen stationieren wolle.
    Es wird betont, Nicaragua sei ein blockfreies Land, das sich an die von ihm unterzeichneten internationalen Abkommen halte.
    Der Ausnahmezustand in Nicaragua ist um ein Jahr verlängert worden.
    Er ist seit März 1982 in Kraft.
    Begründet wird er mit der Bedrohung Nicaraguas durch rechtsgerichtete Untergrundkämpfer.
    Panama.
    Die Außenminister von neun lateinamerikanischen Ländern beginnen heute in Panama Gespräche mit dem Ziel, die Kämpfe in verschiedenen zentralamerikanischen Ländern zu beenden.
    Den Außenministern wird unter anderem ein Bericht über die bewaffneten Auseinandersetzungen in Nicaragua vorgelegt werden.
    El Salvador.
    Die Regierung in San Salvador hat in den vergangenen Tagen nach eigenen Angaben mehr als 90 politische Gefangene freigelassen.
    Unter den Entlassenen sollen acht prominente Oppositionspolitiker sein.
    In einem Amnestie-Gesetz, das Mitte Mai in Kraft getreten ist, wird Regimegegnern, die ihre Waffen niederlegen, Straffreiheit zugesagt.
    Sprecher privater Menschenrechtsgruppen erklärten, die meisten Antragsteller auf Amnestie wollten allerdings das Land verlassen, da sie den Zusagen der Regierung nicht trauen würden.
    Libanon.
    In der vergangenen Nacht ist es in der Umgebung von Beirut neuerlich zu schweren Kämpfen zwischen rivalisierenden muslimischen und christlichen Milizen gekommen.
    Auch die libanesische Hauptstadt selbst war von Artillerieduellen betroffen.
    Im Christenviertel von Beirut schlugen mehrere Artilleriegeschosse ein.
    Nach ersten Meldungen sollen acht Personen verletzt worden sein.
    Vereinte Nationen.
    Der Weltsicherheitsrat hat seine Debatte über Nabibia auf kommenden Dienstag vertagt.
    Die Sowjetunion forderte das UNO-Gremium auf, einen klaren Zeitplan für die Unabhängigkeit dieses von Südafrika verwalteten Landes zu beschliessen.
    Außerdem verlangte die Sowjetunion Sanktionen gegen Südafrika und Massnahmen, die Pretoria am Erwerb von Atomwaffen hindern.
    Bundesrepublik Deutschland.
    In der Koalition aus Unionsparteien und Freien Demokraten gibt es, nach Ansicht des FDP-Vorsitzenden Genscher, unterschiedliche Auffassungen, vor allem in der Rechtspolitik.
    In einem Interview sagte Genscher außerdem, weitgehende Übereinstimmung herrschte dagegen in der Außen-, Sicherheits- und Deutschlandpolitik.
    Österreich.
    Der Arbe wendet sich heute gegen Spekulationen der Mineralölwirtschaft über eine baldige Treibstoffpreiserhöhung.
    Arbe-Präsident Christian Broder erklärte heute bei einer Veranstaltung in Kärnten, eine derartige Preiserhöhung wäre nicht glaubwürdig zu begründen.
    Auf keinen Fall könnte man die Bleireduktion im Superbenzin ab 1.
    Juli dafür heranziehen.
    Die Bleireduktion betreffe nur Superbenzin und verursache nach Meinung unabhängiger Experten Kosten von 7 Groschen je Liter.
    Die Mineralölwirtschaft wolle aber auch für Normalbenzin und für Dieselöl gleich um 20 Groschen mehr verlangen, sagt die Broder.
    Die ÖVP kritisierte heute vehement die Forderung von Finanzminister Salcher, dass Namenssparbücher nach der geplanten Einführung der Anonymitätsabgabe überprüfbar sein müssen.
    Die stellvertretende Parteivorsitzende Marga Hubinek meint im ÖVP-Pressedienst, dies würde zur totalen Verunsicherung der Sparer führen.
    Es würde sich auch auf die Spargesinnung schlagartig negativ auswirken und könnte nur der Startschuss zu einer Ausweitung des Einschaurechtes auf andere Konten sein.
    Schweden.
    Einem sowjetischen Zivilpiloten ist gestern Abend mit einem einmotorigen Doppeldecker die Flucht nach Schweden gelungen.
    Das Flugzeug landete auf der Insel Gotland.
    Der Flüchtling ist ein 28-jähriger Litauer, der in Schweden um politisches Asyl ansuchen will.
    Nun zum Wetter, die Wetterlage.
    Das für den Alpenraum zur Zeit wetterbestimmende Tief über der Nordsee schwächt sich ab.
    An seiner Südflanke werden mit einer westlichen Strömung allmählich wärmere und nur noch mäßig feuchte Luftmassen nach Mitteleuropa geführt.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im Osten zum Teil sonnig, sonst bei stark unterschiedlichen Bevölkerungsverhältnissen örtlich noch etwas Regen.
    Mäßiger Westwind.
    Nachmittagstemperaturen 9 bis 15, im Osten bis 17 Grad.
    Frühtemperaturen 6 bis 13 Grad.
    Die Vorschau für morgen.
    Im Osten und im Süden zeitweise sonnig, sonst unterschiedliche, zum Teil auch noch starke Bewölkung und vor allem am Nachmittag einzelne Regenschauer oder Gewitter.
    Beginnender Temperaturanstieg in allen Höhen.
    Westliche Winde.
    Frühtemperaturen 6 bis 13, Tageshöchsttemperaturen 12 bis 17 Grad im Osten und im Süden bis zu 20 Grad.
    Die Vorschau auf übermorgen Montag.
    Bei aufgelockerter Bewölkung vielfach sonnig.
    Weiterer Temperaturanstieg.
    Nun noch die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
    Wien heiter 17 Grad, Ostwind mit 10 Kilometern pro Stunde.
    Eisenstadt-Heiter 17 Windstille, Linz-Heiter 14 Windstille, Salzburg-Heiter Nordwestwind 10 km pro Stunde, Innsbruck-Heiter 13 Grad Windstille, Bregenz-Wolkig 12, West 3, Graz bedeckt 15 Grad Südwind mit 5 km pro Stunde und Klagenfurt bedeckt 12 Grad Windstille.
    Zwölf Uhr und zwölf Minuten ist es nun.
    Auch im heutigen Mittagsjournal präsentieren wir Ihnen einen neuen aus der Ministerriege des Kabinetts, Sinowaz Steger.
    Fünf Tage nach seiner Angelobung als Bundesminister für Landesverteidigung steht Dr. Friedhelm Frischenschlager Rede und Antwort.
    Frischenschlager, der Otto Rösch, Medienbezeichnung der Schweiger, nach dessen sechsjähriger Amtszeit als Minister ablöst, ist mit 39 Jahren das jüngste Regierungsmitglied dieses Kabinetts.
    Der Jurist Frischenschlager ist verheiratet, hat zwei Kinder und arbeitete in Salzburg als Universitätsassistent für Politikwissenschaft.
    1977 zog er als Abgeordneter in den Nationalrat ein, wo er vor allem als Mitglied des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung und des Verfassungsausschusses tätig war.
    Mit dem Bundesheer verbindet ihm in außer großem Interesse für außenpolitische und sicherheitspolitische Entwicklungen die Erinnerung an den ordentlichen Präsenzdienst, den Frischenschlager vom Herbst 1962 bis Sommer des darauffolgenden Jahres bei der Fliegerabwehrtruppe in Salzburg-Sietzenheim geleistet hat.
    sein Dienstgrad Gefreiter in der Nomenklatur der Fliegerabwehr Vormeister der Reserve.
    Über seine Vorstellungen zu seinem neuen Amt befragte Leopold Esterle, den neuen Verteidigungsminister.
    Herr Dr. Friedhelm Fritzschenschlager, Sie haben Verteidigungsminister Otto Rösch, Medienbezeichnung der Schweiger, als Verteidigungsminister jetzt beerbt.
    Werden Sie seinen Kurs, das Bundesheer aus der tagespolitischen Diskussion herauszuhalten, werden Sie diesen Kurs fortsetzen oder werden Sie die Fragen und die Probleme des Bundesheers
    wieder in die Öffentlichkeit und der Öffentlichkeit zugänglich in einem demokratischen Meinungsbildungsprozess, wenn man so will, einbringen.
    Herr Dr. Esterle, die Landesverteidigung ist ein politischer Bereich, der davon lebt, dass er einerseits mit viel Vorsicht, was die Öffentlichkeit, was die öffentliche Debatte betrifft, an sie herangegangen werden muss,
    Es nutzt dem Herr nichts, wenn darüber geschwätzt wird.
    Auf der anderen Seite, die Landesverteidigung, die nicht auf einer informierten Öffentlichkeit aufbaut, begibt sich eines Großteils ihrer Wirkung.
    Ich werde daher, das habe ich zumindest vor, wenig schwätzen, aber ich werde sehr bewusst die öffentliche, sachliche Debatte um die Landesverteidigung suchen.
    Als die Ministerliste des Kabinetts Sinovac-Steger bekannt wurde, war wohl eine der größten, wenn nicht die größte Überraschung überhaupt, die Nominierung des Salzburger FPÖ-Kandidaten Dr. Friedhelm Fritschenschlagers zum Verteidigungsminister.
    Allgemein hat man eher erwartet, dass der in langen Jahren profilierte FPÖ-Wehrsprecher und Vorsitzende des Parlamentarischen Verteidigungsausschusses, Abgeordneter Helmut Jossek, zum Zug kommen würde.
    Wollte die Partei durch die Nominierung eines jungen Mannes
    ein politisches Signal setzen.
    Es war sicherlich die politische Absicht, dass mit meiner Person jemand die Leitung dieses Ressorts übertragen bekommen hat, der einen anderen Zugang zu der Materie gewählt hat.
    Nämlich, ich komme von der Außenpolitik her, von der Sicherheit dieses Landes und sehe daher vielleicht, das ist ein akzentueller Unterschied zu Jossack, diese allgemeine sicherheitspolitische Linie in der Verteidigungspolitik als besonders wichtig an.
    Jossek ist sicherlich der klassische Militärpolitiker.
    Das ist in Nuancen ein Unterschied, der vielleicht damit zum Ausdruck gebracht werden sollte.
    Sind Sie für den Ankauf von Abfanggegern?
    Ich halte die Anschaffung derartigen Gerätes deshalb für notwendig, weil Österreich es sich nicht leisten kann, dass seine Neutralität irgendwo ein paar Meter über dem Boden aufhört.
    Unser derzeitiges Fluggerät ist in einigen Jahren nicht mehr flugtauglich, daher wird etwas geschehen müssen.
    Wir sind als dauerneutraler Staat nicht nur verpflichtet, sondern das ist eine politische Notwendigkeit, dass wir unseren Luftraum wenigstens in gewissem Umfang sichern.
    Sie haben anlässlich der Angelobungszeremonie und der Verabschiedung von Otto Rösch davon gesprochen, dass
    die Landesverteidigung nicht nur ausschließlich Sache des Militärs sein kann, sie muss in erster Linie und ganz primär auf dem Willen und dem Wollen der Gesamtbevölkerung liegen.
    Ich möchte mit dieser starken Betonung der Verankerung des Verteidigungswillens in der Gesamtbevölkerung eines klar zum Ausdruck bringen.
    In einem demokratischen Staat geht der Auftrag, aber auch die Wirksamkeit eines Heeres nur so weit,
    soweit das Volk will.
    Ich finde, dass die Sicherheit dieses Landes nicht nur eine Sache des materiell gut ausgestatteten Heeres ist, sondern es geht vor allem darum, um eine geistige Kategorie.
    Es geht darum, dass der politische Wille zur Verteidigung als solcher gegeben ist.
    Das ist ja nicht der Fall im notwendigen Ausmaß.
    Wir wissen, dass ein Großteil der Bevölkerung dem Herr zwar
    positiv gegenübersteht, aber von seiner Notwendigkeit und den Opfern dafür nicht so überzeugt ist.
    Deshalb ein Schwerpunkt, die politisch-geistige Auseinandersetzung, um ein Mehr an politischen Wollen zur Verteidigung, zur Sicherheit.
    Das ist ein Punkt.
    Der zweite.
    Natürlich geht es darum, mehr Geld für die Sicherheit zu bekommen, aber das wird sich jeder Ressortminister wünschen.
    Ich halte daher nichts davon, jetzt mit großen Klagen hinauszugehen.
    Ich möchte so und so viele Prozent des Gesamtbudgets bekommen.
    Mir wird es in der ersten Phase darum gehen, dass wir trachten, mit den vorhandenen Mitteln mehr zu machen.
    Ein dritter
    Österreich hat im wehrpolitischen Bereich eine Fülle von guten Doktrinen und Konzepten.
    Also die politischen Richtlinien sind vorhanden.
    Mir wird es darum gehen, nun bei der Durchführung voranzukommen.
    Ich meine, dieses Heer braucht eine Konsolidierungsphase.
    Das war ein Gespräch mit dem neuen Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager.
    Die Fragen an ihn hat Leopold Esterle gerichtet.
    Norbert Steger, ein genauer Hörer des Mittagsschonals, hat soeben im Studio angerufen.
    Er will aufgeklärt wissen, dass nicht, wie ich erwähnt habe, Friedhelm Frischenschlager jüngstes Regierungsmitglied ist, sondern eher Norbert Steger.
    Der neuen Bundesregierung und der Kanzler Sinovac gehören neben 15 Ministern auch 8 Staatssekretäre an.
    Einer der Staatssekretäre ist Dr. Erich Schmidt im Handelsministerium.
    Schmidt, Jahrgang 1943, kommt aus dem Gewerkschaftsbund und zählte dort zu den engsten Beratern von ÖGB-Präsident Anton Peña.
    Seit vier Jahren ist er Parlamentsabgeordneter und hat sich vor allem in Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik engagiert.
    Staatssekretär Schmid wurde dem Handelsminister und Vizekanzler Steger beigestellt und in manchen Zeitungskommentaren konnte man zwischen den Zeilen lesen, dass Schmid als der heimliche Handelsminister angesehen wird.
    Welche Schwerpunkte sieht der neu gebackene Staatssekretär in seiner Regierungsarbeit?
    Michael Kerbler hat mit Erich Schmid ein ausführliches Gespräch geführt.
    Hören Sie dazu den folgenden Beitrag.
    Die Kompetenzaufteilung im neu besetzten Handelsministerium steht fest.
    Während der neue Handelsminister und Vizekanzler Norbert Steger sich überwiegend um die Arbeitsbereiche Außenhandel, Gewerbe und Fremdenverkehr kümmern wird, soll sich der gelernte Jurist und Volkswirt Erich Schmidt um Industrie-, Energie- und Rohstoffpolitik sorgen.
    Gemeinsames Credo der beiden Spitzenpolitiker am Stubenring ist das Arbeitsübereinkommen der Sozialistischen und der Freiheitlichen Partei.
    Insbesondere die Punkte 6 und 9 dieses Übereinkommens, die die Klein- und Mittelbetriebe betreffen, beziehungsweise die Energiepolitik betrifft, bilden das Fundament für die Kooperation Steger-Schmidt.
    Der neue Staatssekretär sieht daher einen wesentlichen Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit im Bereich Energie.
    Nun, es ist überhaupt keine Frage, dass die Energiepolitik einen ganz wesentlichen Stellenwert weiterhin einnehmen wird.
    Wir werden sehr umfassend dieses Problem sehen.
    Das heißt, von der Energieproduktion im Inland über die Frage der Importe bis zu dem Bereich des Energiesparens und einer möglichst effizienten Verwendung von Energie werden wir uns in den nächsten Wochen und Monaten intensiv
    zu beschäftigen haben.
    Während es keine Frage mehr ist, dass das Kraftwerk Hainburg gebaut wird, der Errichter, die Donaukraftwerke AG, hat jüngst eine umweltschonende Bauvariante ins Spiel gebracht, die einen Kilometer unterhalb des ursprünglichen Standortes errichtet werden soll, gibt es nach wie vor das Kernkraftwerk Zwentendorf, über dessen Zukunft sich Steger und Schmidt hausintern noch einigen werden müssen.
    Steger hat ja gestern im Mittagsjournal davon gesprochen, dass Zwentendorf abzuwracken sei.
    Sein Staatssekretär Schmidt formuliert, um die Zukunft von Zwentendorf befragt, deutlich zurückhaltend.
    Nun, hier gibt es eine klare gesetzliche Gegebenheit, die anzuerkennen ist.
    Es gibt ein Volksbegehren, dass sie in einem entsprechenden Unterausschuss des Handelsausschusses behandelt wird.
    Wir werden die Ergebnisse dieser Behandlungen abzuwarten haben.
    Das heißt vorläufig Zwentendorf auf Eis?
    Das heißt, wir warten auf die Ergebnisse des Unterausschusses im Parlament.
    Geht es nach dem Willen von Handelsminister Steger, so soll noch innerhalb der nächsten Monate eine Entscheidung darüber fallen, was mit Zwentendorf geschieht.
    Im Verbundkonzern hält man in der Zwischenzeit drei Umbauvarianten parat, von denen auch Staatssekretär Erich Schmidt weiß.
    Einigkeit zwischen den beiden Politikern im Handelsministerium gibt es im Bereich der Exportförderung.
    Für die Gründung von Exportringen zum Beispiel sollen Klein- und Mittelbetriebe eine Starthilfe bekommen.
    Besonders hebt der neue Staatssekretär im Handelsministerium die Schaffung eines investitionsfreundlichen Klimas als wichtigen Arbeitsauftrag hervor.
    Es ist überhaupt keine Frage, dass nur dann es möglich ist, die aktive Beschäftigungspolitik erfolgreich fortzusetzen, wenn wir ein Klima haben, wo verstärkt durch Unternehmerinitiative eine Investitionstätigkeit in verstärktem Ausmaß stattfindet.
    Es wurden einige neue Instrumente geschaffen in den letzten Jahren.
    Es ist zu überprüfen, wie weit diese neuen Instrumente tatsächlich ihre Wirksamkeit gebracht haben.
    Und es wird darüber hinaus in Fortsetzung der Beschäftigungsprogramme
    und des 30-Milliarden-Programms, das wenige Wochen vor den Wahlen verkündet worden ist, für Klein- und Mittelbetriebe und für den industriellen Bereich zusätzlich wesentliche Mittel zur Verfügung gestellt werden, um Investitionstätigkeit zu erleichtern.
    Aus allen Stellungnahmen Schmidts wird deutlich, dass er den sozialpartnerschaftlichen Konsens vor allem mit der Bundeswirtschaftskammer suchen will, deren Zentrale vis-à-vis vom Handelsministerium liegt.
    Und obwohl Erich Schmidt seine ÖGB-Funktionen mit dem Eintritt in die Koalitionsregierung zurückgelegt hat, dürfte er so rasch den Gewerkschafter Schmidt nicht abstreifen können.
    Soviel über den neuen Staatssekretär Schmidt sowie auch über Verteidigungsminister Frischenschlager, die ja beide nach Norbert Steger mit jeweils knapp 40 Jahren die jüngsten Regierungsmitglieder sind.
    Innerhalb der rot-blauen Regierung, in welcher Form die Anonymitätsabgabe bei Sparbüchern kommen soll und das letzte Wort von Bundeskanzler Fred Sinowaz, wonach nicht gedacht sei, den Finanzämtern eine Einschau in die Sparbücher zu ermöglichen, obwohl vorher Finanzminister Herbert Salcher eine solche Einschau als notwendig bezeichnet hatte, wenn die Einführung einer Steuer auf anonyme Sparzinsen Sinn haben solle.
    Das beschäftigt heute die Zeitungskommentatoren.
    Auswahl der Zitate, Erich Aichinger.
    In der Kronenzeitung schreibt Georg Weiland unter dem Titel Striptease der Sparer.
    Es ist grotesk.
    Der Staat hat noch keinen Groschen an zusätzlicher Steuer gesehen.
    Die Sparer aber wurden verunsichert wie noch nie.
    Was soll dieses Geschäft mit der Angst?
    Jahrelang hat man den Österreichern gepredigt, dass wir das beste Bankgeheimnis der Welt haben, dass es gut und richtig ist, dass bei uns anonym gespart werden kann.
    Und jetzt auf einmal sollen die Sparer einen Striptease über ihre Vermögensverhältnisse beginnen?
    Wer sich namentlich deklariert, muss mit einer Reihe von Überraschungen rechnen.
    Bei einer Erbschaft, bei einer Schenkung, bei einer Finanzprüfung.
    Die Abgabe wird daher nicht in erster Linie die Reichen und Superreichen treffen, sondern viele verunsicherte österreichische Sparer.
    Und in der kleinen Zeitung Graz meint Erwin Zanke?
    Salcher wollte die Ausnahmeklausel zur Regel machen und von allen Sparern, die ein steuerfreies Namenssparbuch eröffnen, die schriftliche Erklärung verlangen, dass die Bank dem Finanzamt die Höhe der Einlagen und Zinsen bekannt geben darf.
    Der große Bruder wäre allgegenwärtig.
    Und das ausgerechnet 1984?
    Fred Sinowatz schreckte vor dieser Vision und der Aussicht zurück, noch vor der Regierungserklärung einen Koalitionskrach ausstehen zu müssen.
    Da der neue Bundeskanzler soeben erlebte, welchen politischen Kopf er in Salcher von seinem Vorgänger übernommen hat, sollte er den Satz zu Ende denken, den der Finanzminister aussprach.
    Welchen Sinn hat die in Anonymitätsabgabe ungetaufte Sparbuchsteuer?
    Der Wähler hat seine Antwort bereits gegeben.
    Und nun ein Blick in die Parteipresse.
    In der Südost-Tagespost der ÖVP stellt Barbara Stiegelmeier die Frage, was ist los in der Koalition?
    Jeder gibt munter von sich, was ihm so einfällt.
    Vom Anti-Häfen-Urlaub über die Schulpolitik ohne ÖVP bis hin zur Zentralkartei für brave Sparer.
    Sinowaz ist als Feuerwehrmann pausenlos im Einsatz.
    Was ist los?
    Können sie doch nicht miteinander?
    Offenbar.
    Sie können aber auch den eigenen Bart noch nicht.
    Die einen müssen erst regieren lernen, vor allem das Reden darüber.
    Die anderen, die bisher das Sagen hatten, müssen sich das Versagen mancher Dinge wieder anerziehen.
    Und weiter heißt es in der Südost-Tagespost der ÖVP.
    Was aber, wenn Herbert Salcher nur gesagt hätte, was die SPÖ tatsächlich unter der Anonymitätsabgabe versteht?
    Was, wenn sein Staatssekretär Holger Bauer nunmehr dahinter gekommen ist, was da sein Parteiobmann wirklich ausgehandelt hat?
    Indizien, dass das der Grund des ersten Koalitionsstreites ist, gibt es genug.
    Norbert Steger weiß, der von sich aus nach einer Koalitionsrunde verkündet hatte, niemand wolle die Steuerhinterzieher schützen.
    Genau um von ihnen befreit zu werden, hat Salcher die Zentralkartei erfunden, gegen die jetzt Bauer ist.
    Wollte man uns damals, als man die Sparbügelsteuer in Anonymitätsabgabe umbenannt hat, täuschen?
    Will man es jetzt?
    Oder war es damals Theater, um den freiheitlichen Umfall zu vertuschen?
    Was ist es dann heute?
    Auch wieder nur Theaterdonner?
    Soweit das ÖVP-Organ Südosttagespost.
    Im Organ der Sozialistischen Partei für Oberösterreich und Salzburg, dem Tagblatt, nimmt Gerald Höchtl Stellung.
    Einleitend heißt es, es habe zu den nicht gerade positiven Traditionen der Regierung Kreisky gehört, dass immer wieder interne Differenzen zwischen einzelnen Ministern öffentlich ausgetragen wurden.
    Jetzt geht's schon wieder los.
    Sinovac pfeift im kleinen Format seinen Finanzminister zurück, der wieder tags zuvor in einer anderen Zeitung Ankündigungen gemacht hatte, die offensichtlich in der Regierung nicht abgesprochen waren.
    Die FPÖ will auch nicht zurückstehen und zeigen, dass sie das Regieren schnell gelernt hat.
    Salchers Staatssekretär Bauer legt sich prompt mit seinem Ressortchef an.
    Nicht im Büro, sondern via Parteipresse, Dienst und Zeitungen.
    Aber die Widersprüche sind nicht auf die neue Regierung beschränkt.
    ÖGB-Präsident Benja kann es sich nicht verkneifen, dem Sozialminister eine aufs linke Auge zu geben und erteilt ihm im Rundfunk und via TV einen ordentlichen Rüffel.
    Irgendein findiger Journalist könnte jetzt wieder auf die Idee kommen, Dallinger ein paar unfreundliche Worte über Benja zu entlocken.
    Das Spielchen ließe sich sicher noch wochenlang fortsetzen.
    Und weiter heißt es im sozialistischen Tagblatt.
    Beim Sonderparteitag der SPÖ ist viel über Loyalität gesprochen worden.
    Der Neo-Abgeordnete Ciab hat sich sagen lassen müssen, dass das eine Selbstverständlichkeit sein sollte.
    Völlig richtig.
    Aber was für Ciab gilt, sollte genauso selbstverständlich für alle gelten.
    Bis hin zum ÖGB-Präsidenten.
    Und in der Presse meint schließlich Thomas Korherr, allein der Gedanke, dem Finanzamt eine Einsichtnahme in die Konten zu ermöglichen, werfe die Frage auf, wie lange sich Herbert Salcher ohne seinen Mentor Kreisky in der Regierung halten wolle und könne.
    Genau das aber ist das Problem in diesem neuen Kabinett.
    Und der Fall Salcher ist da nur eine Facette.
    Das Spektrum ist so breit, dass der Bruch fast vorprogrammiert scheint.
    Ein Bogen, der von Dallinger bis Offenreicht, vom linken Sozialreformer bis zum rechten Justizhüter neigt dazu, überspannt zu werden.
    Das war die Inlands-Presse-Schau.
    Die Zitate hat Erich Eichinger ausgewählt.
    im Journal zu Gast.
    Das ist heute Günther Nenning, sozialistischer Intellektueller, Publizist, Journalist und Bücherschreiber.
    Und um ein neues Buch von Günther Nenning geht es auch in dem folgenden Interview.
    Titel des Buches Vorwärts zum Menschen zurück.
    Untertitel Ein rot-grünes Plädoyer.
    Das Buch ist in diesen Tagen im Bundesverlag erschienen.
    Günther Nenning, ein ewig politisch jung gebliebener Kopf, inzwischen 62 Jahre alt geworden, schreibt in dem Buch, woran die Industriegesellschaft seiner Meinung nach krankt.
    Zu wenig Natur, zu viel Dreck, zu wenig Leben, zu viel unnütze Arbeit, könnte man Nennings Analyse auf eine Formel bringen.
    Rudolf Nagiller sprach mit ihm.
    Günther Nenning in der Wochenpresse vor fünf Jahren auf die Frage nach seiner Lieblingsfarbe.
    Rot, was sonst?
    Was würdest du heute auf diese Frage antworten?
    Ich muss vielleicht noch erklären, ich habe jetzt Du gesagt, wir sind per Du, aber wir sind nicht verhabert.
    Ich glaube, ich kann das Interview unbefangen führen, soweit man das überhaupt kann.
    Also ich sage es jetzt auch im Interview, das Du.
    Also was würdest du heute sagen auf die Frage nach deiner Lieblingsfarbe?
    Ich habe die Lieblingsfarbe gewechselt und sage, das schönste Rot ist Grün.
    Grün ist dir heute lieber?
    Es ist unverdächtiger.
    Mit Rot bist du in so vielen Assoziationen drinnen, die du nicht willst.
    In Harmlosen, mit der Sozialdemokratie, das ist eher rosarot, willst aber auch nicht so ganz.
    Und natürlich in Unguten, nicht?
    Kommunistisch und so.
    Ja, wir reden heute aber nicht vom roten Nenning, sondern vom grünen Nenning, über das neue Buch.
    Was ist denn so die zentrale These dieses Buches, wenn du es selbst formulierst?
    Die zentrale These ist gerichtet an meine roten Freunde und lautet, entweder wir kümmern uns um das, was da unterwegs ist, um eine neue Form von Politik, wie es die Jugend will, nämlich es geht um Natur und nicht nur Menschen und Gesellschaft, oder wir werden auf dem Misthaufen der Geschichte landen, als Rote.
    Das wäre das Ende der Sozialdemokratie, des Sozialismus?
    Ich weiß nicht, ob das Ende des Sozialismus, das glaube ich nicht, denn was die grüne Bewegung ist, das ist meines Erachtens eine neue Form von Sozialismus.
    Sozialismus junger Kopfarbeiter, Sozialismus überhaupt von Kopfarbeitern zum Unterschied von der klassischen Handarbeiterklasse.
    Das Ende der Sozialdemokratie wäre es insofern ausgedrückt in Stimmen.
    Allmählich ist es der lange Marsch zu den 35 oder 45 Prozent bei Wahlen.
    Ein zentraler Begriff des Buches, habe ich den Eindruck gehabt beim Lesen, ist der Begriff der Schönheit.
    etwas ungewöhnlich bei politischen Büchern.
    Und du schreibst ja auch selbst in dem Buch, Schönheit und Politik sind absolute Gegensätze.
    Schönheit scheint ja jetzt sehr wichtig geworden zu sein, geht aus dem Buch hervor.
    Ich glaube, Schönheit muss Gegenstand der Politik werden, damit Politik wieder Politik wird.
    Ich glaube, es ist ein ungeheurer Einwand gegen eine Gesellschaft, Gesellschaftsordnung, Gesellschaftsunordnung,
    wenn hauptsächlich Hässlichkeit produziert wird mit Budgetmilliarden um Budgetmilliarden.
    Und das ist so?
    Das ist eine Beschreibung der Wirklichkeit jetzt?
    Ich glaube, das ist so.
    Nur ganz erstklassige Künstler, Architekten und so weiter bringen noch Schönheit zustande.
    Aber wirkliche Schönheit heißt, jeder oder fast jeder Mensch produziert Schönheit.
    Und das stimmt heute überhaupt nicht.
    Heikel wird es bei dem, was ich jetzt anschneide.
    Heikel nämlich für dich in der Sozialdemokratie, für Sozialdemokraten.
    Du verhöhnst nämlich in dem Buch das, worauf die Sozialdemokratie am meisten stolz ist, nämlich den Wohlstand.
    Du redest von Konsumplunder, von nutzlosem Klumpert und so weiter und hast das Karl-Kautski-Wort von Messer- und Gabelsozialismus da einmal erwähnt.
    Das ist also alles nix wert.
    Und das ist natürlich jetzt etwas, was einem österreichischen Durchschnittssozialdemokraten schon sehr ins Gesicht hüpft.
    Es ist sehr ungerecht gegenüber meinen Genossen.
    Ich glaube nur, die halten das aus und auch unsere Freundschaft hält das aus.
    Man muss es einmal sagen, wir sind in einer Sackgasse als Sozialdemokraten, wenn wir glauben, wir haben was geleistet, wenn wir die Menschen mit Konsumplunder zudecken.
    Das ist nichts wert, sagst du?
    Das ist sehr wenig wert, verglichen mit dem, was wir auch geleistet haben.
    Wir haben die Arbeitslosigkeit der Seele geleistet.
    Lang, bevor die materielle Arbeitslosigkeit eine Rolle spielte.
    Das klingt wiederum wunderschön, vor allen Dingen für bürgerliche oder rot-grünbürgerliche Intellektuelle, wie du ja letztlich einer bist.
    Aber wie soll das ein einfacher Mensch verstehen?
    Ich weiß es nicht.
    Ich will es ausprobieren.
    Wenn man mit sogenannten einfachen Menschen redet, von Mensch zu Mensch, verstehen die unheimlich viel.
    Ich glaube, wir Intellektuelle unterschätzen das Volk.
    Glaubst du, dass ein Mindestrentner zum Beispiel folgende Passage verstehen würde aus dem Buch?
    Ich lese einige Sätze vor.
    Der moderne Sozialstaat, eine moderne Barbarei.
    Eine Negerfamilie, deren Sozialversicherung aus zehn Kindern besteht, von denen fünf sterben und fünf überleben, und die pflegen und füttern die Alten und Kranken.
    Eine urtümliche Barbarei, aber weniger kalt als der Sozialstaat ist das.
    Der Staat ist das Kälteste aller Ungeheuer, meinte Nietzsche.
    Als Kälter erwies sich nur noch der Sozialstaat.
    Rüttelst du ziemlich an einem Tabu?
    Ach, das ist ungerecht.
    Ich glaube nur, der Mindestrentner mit seinen Erfahrungen mit den Ämtern des Sozialstaates würde mich recht gut verstehen.
    Aber er hat die Rente, die seine Großeltern nicht gehabt haben.
    Ja, aber das ist das Minimum, was man ihm gibt.
    In Wahrheit hätte er Anspruch darauf, als ein Mensch behandelt zu werden.
    Stattdessen kriegt er Geld.
    Besser wie nichts.
    Zugegeben auch, dass er mehr kriegt durch die Tätigkeit der Sozialdemokraten als ohne diese.
    Ich will halt einfach Sachen sagen, worüber die Leute erzürnt sind, weil ich glaube, Wut ist eine Kommunikationsform.
    Und machst du das nur aus dem Grund, um die Leute zum Nachdenken zu bringen, oder glaubst du wirklich, dass das die ursprüngliche Sozialversicherung, also die zehn Kinder, von denen fünf überlebt haben, das hat es ja bei uns früher auch gegeben, die dann die Eltern erhalten haben, wenn sie alt waren, dass das das bessere System war, wie das, was wir jetzt haben, den Sozialstaat, die Sozialmaschine?
    Ich glaube, die Großfamilie, der Zusammenhalt einer Gruppe von Menschen ist besser als jeder Sozialstaat.
    Der Sozialstaat ist nur die Aushilfe, die Nothilfe.
    Insofern bin ich dafür als Gewerkschafter, als Sozialdemokrat.
    Aber man sollte endlich einmal sehen, was für eine kalte Aushilfe das ist.
    Und man sieht es natürlich jetzt leichter, weil er bankrott geht, der Sozialstaat.
    Lebst du selbst eigentlich arm?
    In einem bestimmten Sinn, ja.
    Ich lebe insofern arm, als ich mich ängstlich und auf luxuriöse Weise von Konsumklumpert freihalte.
    Kein Auto?
    Kein Auto.
    Keine schöne Wohnung?
    Keine schöne Wohnung, ein Zimmer.
    Unterm Zimmer oder was?
    Im Anschluss an meine Redaktion ein Raum mit Bett, großem Schreibtisch und Badezimmer.
    Du lebst also sozusagen in deinem Büro, heißt das?
    Das heißt es.
    Hast du die Familie verlassen, glaube ich?
    Die Familie habe ich verlassen, räumlich und wenn man es ungehörig formulieren will, sexuell.
    Ich habe sie nicht verlassen, glaube und hoffe ich, mit Bezug auf die eigentliche Treue.
    Meine Frau weiß, ich kann
    Ich bin immer da, wenn sie mich braucht, und ich glaube und hoffe, sie ist immer da, wenn ich sie brauche.
    Ich gehe wieder zurück zum Buch, wieder zu dieser Grundthese, dass man einen neuen Sozialismus braucht und so weiter, der Schönheit bringt, und zitiere wieder einige Sätze.
    Der alte Sozialismus ist tot.
    Tot ist der Sozialismus als eine Fortsetzung des Kapitalismus mit anderen Mitteln.
    Nur noch mit ärgeren Mitteln, schreibt er dann woanders auch noch.
    Beides sei falsch.
    Der neue Sozialismus ist die neue Romantik.
    Um nach vorwärts zu gelangen, blickt die neue Romantik nach hinten, wird konservativ, wird reaktionär.
    Günther Nenning wird reaktionär.
    Es könnte vielleicht ein Altersphänomen sein.
    Ich hoffe aber, dass es mehr ist.
    Ich glaube, der Grundirrtum von Sozialismus und insbesondere von Sozialdemokratie ist die Anhimmelung der materiellen Seite der bürgerlichen Kultur.
    Wenn es ginge um die Akzeptierung der ideellen, der literarischen, der Schönheitsseite der bürgerlichen Kultur, wäre sie in Ordnung.
    Aber es geht fast ausschließlich um die materielle Seite.
    Und das ist eine ungeheure Sackgasse.
    Wenn jemand vor zehn Jahren gesagt hätte, Günther Nenning wird reaktionär, hättest du noch ganz anders reagiert?
    Ja und nein.
    Nicht sicher?
    Es war ein Schilfwort damals, heute offensichtlich nicht mehr.
    Mir war das viel weniger klar, als es mir klar geworden ist durch die grüne Bewegung.
    Ich habe aber immer schon geglaubt, dass Faule an der Sozialdemokratie ist ein glatter Anschluss an den bürgerlichen Liberalismus und ich habe immer geglaubt, dass Marx auch ein großer Konservativer war.
    der in Zustände zurück will, vor dem Bürgertum, vor dem Kapitalismus.
    Und insofern reaktionär, ist in der eigenen marxistischen Terminologie.
    Richtig.
    In den Worten von Karl Marx, die Rückkehr, um die ging es ihm auf der ganzen Höhe der bisher erreichten Entwicklung.
    Aber Rückkehr.
    So gesehen ist also reaktionär für dich kein Schimpfwort mehr, sondern eher ein Lob dann?
    Es ist ein Lob und es ist ein Missverständnis.
    Ich sage aber auch aus diesem Grunde, notfalls muss man reaktionär sein, um wiederum jene Bestürzung hervorzurufen, die vielleicht zum Nachdenken führt.
    Es geht aber noch weiter, eine andere Stelle, die da gedanklich anschließt aus dem Buch,
    Kultur, schreibst du, Kultur heißt Wissen, woher und wohin.
    Das heißt, woher wir kommen und wohin wir gehen sollen.
    In dieser Reihenfolge.
    Also das Woher ist wichtiger als das Wohin.
    Und dann, Faschismus habe das besser begriffen, schreibst du dann, als der sozialistische Sozialdemokratismus und so weiter.
    Und jetzt wieder wörtlich.
    Der Faschismus hat nämlich geistige Wurzeln, nicht bloß ökonomische, wie Krise und Arbeitslosigkeit.
    Er überwand die ökonomische Krise nicht eigentlich ökonomisch, auch nicht militärisch, durch Entfesselung des Weltkrieges.
    Voraussetzung für das alles war, der Faschismus, wie manipuliert und verkitscht auch immer, bezog Kraft aus der Vergangenheit.
    Das könnte ich sagen, um dich ein bisschen zu provozieren, aber offensichtlich lassen sich die Worte alle ziemlich kalt.
    Du könntest sagen, trotzdem Günther Nenning, der Reaktionär und der Faschist.
    Ja, ich bin in einem schwierigen Eck begriffen damit.
    Ich selber fühle mich dadurch erleichtert, dass ich einmal denke, nicht in Nebensätzen um mich abzusichern, sondern einmal sage, insbesondere auch meinen sozialistischen Freunden, ihr begreift den Faschismus gar nicht.
    Ihr glaubt, das war eine Verschwörung mit dem Kapital und der Hitler war ein Wahnsinniger.
    Ob das stimmt oder nicht, ist nebensächlich.
    wissen muss man, wieso der Faschismus Millionen Menschen ergreifen konnte.
    Und das nur dadurch, dass er ihr Gefühl, ihren Sinn für Heimat, Tradition, Geschichte auf eine kriminelle Weise, aber eben doch tief angesprochen hat.
    Das heißt, du lässt dem Faschismus ein gutes Haar?
    Ich sehe daran, dass Ideen so stark sind, dass sie noch in ihrer Verkümmerung und Verzehrung wirksam sind, während der Mangel an Ideen durch nichts gut zu machen ist.
    Ich glaube, die Demokratie leidet an einem Gefühlsdefizit.
    Mit all diesen Thesen wirst du sehr, sehr viel Widerspruch ernten, gerade auch in der Bewegung, zu der du gehörst.
    Ich war vorgestern Abend bei deiner Buchvorstellung und da hat man das schon sehr stark gespürt, den Widerspruch.
    Naming, Blut und Boden, verklärte Vergangenheit und eigentlich ziemliches Unverständnis.
    Ja, aber das Unverständnis ist sozusagen noch eine liebenswürdige Reaktion gegen das, was passiert wäre noch vor ganz wenigen Jahren.
    Es war nicht aggressiv, das Unverständnis?
    Es war nicht aggressiv und wenn man weitergeredet hätte, würde man auf Gemeinsamkeiten gekommen sein.
    Vielleicht ist das Unverständnis auch nicht mehr so aggressiv, jetzt sage ich was Böses, ohne es aggressiv zu meinen, weil man den Günther Nenning nicht mehr so ernst nimmt.
    Jetzt ist er eingültig der Wurstl.
    Ja, nur ist der Wurstl eine wichtige Figur.
    In allen schekspirischen Komödien und auch in der Geschichte sonst kann der Wurstl Sachen sagen, die die anderen nicht sagen können oder wollen oder sich nicht getrauen.
    Mir tut das nicht besonders weh.
    Sicher wäre ich lieber Bundeskanzler als Wurstl.
    Aber als Wurstl habe ich eine Funktion.
    Rede ich mir ein.
    Ich kann sagen, was ich will und irgendwo hören die Leute zu.
    Man muss halt zäh sein.
    Bei der letzten Wahl vor einigen Wochen, bei der Nationalratswahl, hättest du eigentlich müssen, nach all dem, was du jetzt sagst, wenn du überhaupt gewählt hast, hättest du müssen wahrscheinlich die alternative Liste wählen, aber ich nehme an, du hast die Sozialdemokratie, die SPÖ gewählt.
    Ich habe es auch öffentlich erklärt und öffentlich dazu aufgefordert, sogar mit Bezug auf Wien, wo man wahrhaftig mit den Zähnen knirschen und den Ketten rasseln muss, ehe man in die Wahlzelle geht.
    Wenn man SPÖ wählen will, meinst du?
    Warum hast du sie gewählt und dazu aufgerufen?
    Ich glaube nicht, dass die beiden anderen grünen Parteien eine Alternative sind.
    Außerdem, der Mensch braucht Wurzeln.
    Ich bin seit Jahrzehnten in dieser Partei daheim.
    Für mich ist der Zeitpunkt nicht da und hoffentlich kommt er auch nie, wo ich sagen muss, jetzt geht es nicht mehr.
    Ich glaube, als Grüner in der Sozialdemokratie kann man mehr tun, als indem man herausgeht.
    Die Sozialisten sollen in der sozialistischen Partei drinnen bleiben.
    Der Mensch braucht Wurzeln.
    An sich eine grüne Idee.
    Weil du grün bist, hast du rot gewählt.
    Nämlich, du bist zu Hause geblieben.
    Wo sind denn die Grünen?
    Wo sind die Grünen?
    Die Politiker hoffen, sie sind nur in diesen beiden Miniparteien zusammen drei Prozent.
    In Wahrheit, wenn Sie von der Höhe Ihres Sturmes hinunter blicken, finden Sie in der eigenen Partei viel, viel mehr Grüne als in diesen anderen neuen Parteiformationen.
    Das gilt fast ebenso für die ÖVP.
    Danke für das Gespräch.
    Im Journal zu Gast war Günther Nenning, das Gespräch mit ihm führte Rudolf Nagilla.
    Noch einmal zur Erinnerung, der Titel des im Interview erwähnten neuen Nenning-Buches, es heißt Vorwärts zum Menschen zurück, ein rot-grünes Plädoyer.
    12.47 Uhr, ein Bericht aus dem Ausland.
    Das Militärregime von General Augusto Pinochet in Chile gerät immer mehr in innere Bedrängnis.
    Erstes äußeres Anzeichen dafür waren die großen Demonstrationen in Santiago und anderen chilenischen Städten vor zwei Wochen.
    Die größten Demonstrationen chilenischer Bürger übrigens seit die rechte Junta General Pinochets vor fast zehn Jahren in einem blutigen Putsch gegen den demokratisch gewählten linken Präsidenten Allende die Macht übernommen hat.
    Der neu erwachte Widerstand vieler Chilenen dürfte seine Ursache neben der wachsenden Kritik an den Menschenrechtsverletzungen vor allem in der wirtschaftlichen Misere des Andenstaates haben.
    Denn hohe Arbeitslosenraten und steigende Inflation betreffen nach den Armen im Lande nun auch die Mittelschicht.
    Hören Sie mehr von Brigitte Fuchs.
    Für General Augusto Pinochet, dem chilenischen Diktator, ist ganz klar, wer hinter der wachsenden Unruhe der Bevölkerung seines Landes steht.
    In einer Fernsehrede, die er als unmittelbare Reaktion auf die Demonstrationen der letzten Woche hielt, sagte er, die Sowjetunion versuche Arbeiter und andere Schichten Chiles aufzuwiegeln, um die Regierung zum Sturz zu bringen.
    Die Forderung der Opposition nach demokratischen Wahlen bezeichnete General Pinochet in der gleichen Rede wörtlich als eine verrückte Idee.
    Er gedenke bis 1989, also noch sechs Jahre im Amt des Staatspräsidenten zu bleiben.
    Diese Rede des Generals hat die Hoffnung vieler gedämpft.
    Das Regime könnte angesichts der drückenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten den Kontakt zur Opposition und den Gewerkschaften suchen.
    Denn unmittelbar nach den Demonstrationen von vor zwei Wochen hatte ein erstes Treffen des chilenischen Innenministers mit Gewerkschaftsführern seit sieben Jahren stattgefunden.
    Dieses Treffen hat aber vorerst keine Annäherung gebracht.
    Im Gegenteil.
    Die fünf größten Gewerkschaften des Landes haben sich in ein nationales Komitee der Arbeiter zusammengeschlossen.
    Dieses Komitee hat als erklärtes Ziel die Wiederherstellung der Demokratie in Chile.
    Federführend bei diesem Gewerkschaftsverband, der nach eigenen Angaben rund 95 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer Chiles vertritt, federführend bei diesem Komitee also, ist die Gewerkschaft der Arbeiter im Kupferbergbau.
    Diese Kupferarbeitergewerkschaft war es auch gewesen, die vor zwei Wochen die größten Protestaktionen der Bevölkerung seit dem Butsch von vor zehn Jahren organisiert hatte.
    Diese Gewerkschaft ist deshalb so wichtig in Chile, weil rund die Hälfte der chilenischen Erlöse aus dem Export auf Kupferausfuhren beruhen und Kupfer damit der mit Abstand wichtigste Wirtschaftsfaktor im Lande ist.
    Streikaktionen in diesem Bereich können große Teile der gesamten chilenischen Wirtschaft lahmlegen.
    Im Augenblick legen sich aber nicht nur Arbeitergewerkschaften mit der Regierung Pinochets an.
    Auch der Mittelstand, auf dessen Sympathien Pinochet bisher weitgehend bauen konnte, geht verstärkt auf einen regimekritischen Kurs.
    So etwa wurde nun die Gründung eines Nationalrates für Landtransporte bekannt, ein Zusammenschluss der privaten Transportunternehmer Chiles.
    In einem Kommuniqué, das diese Transportunternehmer in Santiago veröffentlicht haben, heißt es wörtlich, die Wirtschaftspolitik General Pinochets sei gescheitert.
    Chile befindet sich heute in der schwersten Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren, heißt es in dem Kommuniqué weiter, und die derzeitige Lage sei gekennzeichnet durch eine Lähmung der Produktion, durch Arbeitslosigkeit, durch Konkurse und eine maßlose Verteuerung der Produktionsmittel.
    Diesem neu gegründeten Transportunternehmerverband, der sich ausdrücklich von jeglicher parteiischer Einflussnahme der Opposition fernhalten will, diesem Verband also gehören die privaten Taxi-, Autobus- und Lastwagenbesitzer an.
    Wie groß ihr Einfluss in der Vergangenheit auf die Politik in Chile war, zeigt die Erinnerung an das Jahr 1973, das Jahr des Militärbutsches.
    Damals hatten eben die gleichen Transportunternehmerverbände, die jetzt auf regimekritischen Kurs gegen General Pinochet gehen, ganz wesentlich zum Sturz der Regierung Salvatore Allendes beigetragen.
    Beigetragen, indem sie monatelang immer wieder durch Boykottaktionen das gesamte wirtschaftliche Leben Chiles lahmlegten.
    Gleichzeitig mit dem wachsenden Widerstand aus den Gewerkschaften gibt es also jetzt auch Proteste aus dem chilenischen Mittelstand.
    Ob sich dieser Widerstand allerdings auch politisch umsetzen lassen wird, bleibt völlig offen.
    Denn die Parteien Chile sind verboten.
    Aktivste Kraft im Untergrund sind die Christdemokraten, die sich auch bereits mit einigen ehemaligen konservativen Parteien auf eine gemeinsame Oppositionslinie einigen konnten.
    Eine Einigung der gesamten Opposition scheitert aber noch an der Frage, wie die Kommunisten in diese Front einzugliedern werden.
    Die Kommunisten gelten als die stärkste Bewegung bei den chilenischen Arbeitern.
    Mit ihnen aber wollen die Christdemokraten keine gemeinsame Sachen machen.
    Ein Bericht von Brigitte Fuchs über die Lage in Chile.
    12.52 Uhr ist es gleich.
    Der bekannte österreichische Schriftsteller Hans Weigl feiert morgen seinen 75.
    Geburtstag.
    Aus diesem Anlass steht Weigl in diesen Tagen im Mittelpunkt zahlreicher Ehrungen.
    Aus der Feder Weigls stammen zahlreiche Essays, Romane und Theaterstücke.
    Von den Romanen sei etwa der grüne Stern genannt, viel gespielt wurde auch Weigls Stück Axel an der Himmelstür.
    Große Popularität erlangte Hans Weigl auch durch Bücher wie Die Leiden der jungen Wörter, Götterfunken mit Fehlzündung, Ad absurdum und durch den zuletzt erschienen Band Das Schwarze sind die Buchstaben.
    Brigitte Hofer hat den folgenden Beitrag über Hans Weigl gestaltet.
    Hans Weigl, der unverwechselbare Mann mit Pfeife und dicker Brille, mit bedächtigem Blick und bedächtigem Gang, der von sich selbst immer wieder neben etlichen guten Eigenschaften auch betont, namenlos ekelhaft zu sein, je zornig und streitsüchtig, normalerweise gerecht, im Zustand der Gereiztheit aber auch sehr ungerecht,
    Dieser Mann ist auch unverändert fleißig.
    Wie sonst könnten Sie ihn so oft im ORF hören, in den Journalen lesen, in den Buchhandlungen immer wieder seinen neuen Büchern begegnen.
    Und er kümmert sich um seine Zeitgenossen, vor allem um die Schreibenden.
    Und da es keinen Geburtstag ohne Geburtstagswunsch geben darf, lautet Hans Weigls Wunsch natürlich so.
    Bei uns gibt es großartige Schriftsteller und die meisten von ihnen leben entsetzlich.
    Das ist natürlich viel besser, als dass es entsetzliche Schriftsteller gäbe und die meisten leben großartig.
    Aber mein Geburtstagswunsch wäre es,
    dass die vielen großartigen Schriftsteller wenigstens halbwegs leben können.
    Hans Weigl lebte ein bewegtes Leben mit verschiedensten Arbeitsplätzen in Buchverlagen und Zeitschriftenredaktionen, vor allem aber und am liebsten an seinem Schreibtisch.
    Ein kreatives Leben, wie es auch seine Kollegin Hilde Spiel charakterisiert.
    Sein Wesen ist, würde ich sagen, ebenso bestimmt von einem kritisch-satirisch-polemischen Geist wie von einem nachsichtigen, toleranten, ja ausgesprochen gütigen Gemüt.
    Er ist für mich ein Zerrissener, er hat ja auch mit Nestor sehr viel zu tun, aber mit allen Anzeichen äußerer Harmonie.
    Als jüngerer Mensch war er natürlich, wie wir alle wissen, ein Raunzer, ein Rabauker, ein Nörgler, ein Einsager in der Nachfolge von Karl Kraus und dadurch hat er ja auch eine in Wien notwendige, eigentlich unverzichtbare, aber natürlich nicht immer sehr dankbare Rolle auf sich genommen.
    In seinen Idiosynkrasien, ob sie jetzt von Kraus stammen oder ob er sie sich selbst ausgedacht hat, da habe ich ihm nicht immer Recht geben können.
    Zum Beispiel im Fall von Hofmannsthal oder Bernard Shaw, da gab es einen Brecht-Boykott.
    Und wenn er in der letzten Zeit zunehmend eine Art von göttlicher Allgegenwart angenommen hat, dann ist das ja auch in seiner Weise liebenswert.
    Und auch Marcel Reich-Harnitzky, der deutsche Literaturkritiker, ist Hans Weigl durch zahllose heftige Streitgespräche verbunden, in Dankbarkeit.
    Ich habe sehr, sehr viel gelernt aus seinen Schriften.
    Und vor allem eins, ich habe gelernt, auch von ihm eben gelernt,
    wie man über komplizierte, ästhetische, literar-historische Phänomene ganz klar, einfach, prägnant spricht und schreibt.
    Und das ist unendlich wichtig, da wir ja alle auf einem Gebiet tätig sind, in dem unendlich viel geschwafelt wird.
    Ich erinnere mich ganz besonders an seine Arbeiten über Artur Schnitzler.
    Sie gehören zum Schönsten, zum Wichtigsten und Ernsthaftesten, was je über Schnitzler geschrieben wurde.
    Und wenn er nicht mehr geschrieben hätte, der Weigel, nur das, was er über Schnitzler veröffentlicht hat, hätten wir schon Anlass genug, ihm dankbar zu sein.
    Und dankbar sind Hans Weigl nicht nur Journalisten, die über Orfeigenprozess und Wagner-Beschimpfungen Sensationelles berichten konnten, sondern vor allem die Schriftsteller, Jüngere und Ältere, als deren verständnisvollster Förderer Hans Weigl heute gilt.
    Auch der spitzzüngige Werner Schneider erinnert sich da an eine wichtige persönliche Begegnung.
    Kennengelernt habe ich wie alle Leute meiner Generation den Hans Weigl als Theaterkritiker und man hat sich meistens über ihn sehr geärgert.
    Seine Urteile waren
    überzogen, ungerecht.
    Wenn man heute sozusagen den Bodensatz seiner Kritiken aber betrachtet, dann merkt man, wie unheimlich literarisch wach der Mann war und wie viel Qualität er sehr früh erkannt hat.
    Vor allen Dingen auf der Autorenseite.
    Auf Kritikerlandschaft nach ihm ist unendlich langweilig geworden.
    Möglicherweise gerechter, aber viel langweiliger.
    Und dann gab es eine ganz prägende persönliche Begegnung.
    Im Jahre 1965 im Salzburger Café Bazaar treffe ich Hans Weigl und er sagt zu mir, na, was machen Sie jetzt Schneider?
    Und ich sage, ich bin aus dem Engagement, ich bin jetzt im freien Beruf.
    Schaut er mich an und sagt, sind Sie fleißig?
    Und ich sage, warum?
    Und er sagt, sonst endet das nämlich mit einer Katastrophe.
    Und das war so warnend gesagt und mir ist in dieser Sekunde so schlagartig bewusst geworden, dass man wirklich sehr viel arbeiten muss, wenn man das existenziell
    überstehen soll, dass ich fleißig wurde.
    Es war ein Vater-Sohn-Erlebnis, ich werde es nie vergessen.
    Bei so viel Lobesworten zu einem nicht einmal runden Geburtstag, wie fühlt sich da der so gepriesene Jubilar heute?
    Ich fühle mich merkwürdig, denn ich muss mich jetzt einige Tage, vielleicht 14 Tage im Ganzen sehr zurückhalten.
    feierlich sein, das ist sehr schön und etwas ungewohnt, aber ich möchte keine Zweifel über meine Kraft und über meine Fitness im Geistigen aufkommen lassen und ich freue mich schon, wenn ich dann spätestens am 10.
    Juni wieder aggressiv und boshaft sein darf.
    Hans Weigl wird 75.
    Und jetzt noch einmal Maria Biffl mit Kurznachrichten.
    Österreich.
    Der neue Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager forderte heute eine Konsolidierungsphase für das Bundesheer.
    Frischenschlager sagte, das Bundesheer habe ausgezeichnete wehrpolitische Doktrinen, brauche jedoch die politisch-geistige Verankerung in der Bevölkerung.
    Der neue Staatssekretär im Handelsministerium, Erich Schmid, wird die Bereiche Industrie, Energie und Rohstoffpolitik übernehmen.
    Zur Frage des Kernkraftwerks Zwentendorf sagt die Schmid, man müsse auf die Ergebnisse der Untersuchungsberatungen im Parlament warten.
    Handelsminister Norbert Steger hat gestern erklärt, das Kernkraftwerk werde nicht in Betrieb gehen.
    Der Präsident der Journalistengewerkschaft Günther Nenning hält die grüne Bewegung für eine Form des Sozialismus.
    Nenning sagte in der Serie im Journal zu Gast, lange bevor die materielle Arbeitslosigkeit zu spüren gewesen sei, habe bereits eine Arbeitslosigkeit der Seele begonnen.
    Man befinde sich als Sozialdemokrat in der Sackgasse, wenn man glaube, etwas geleistet zu haben, weil man die Menschen mit Konsumplunder zudecke.
    USA.
    In Williamsburg, südlich von Washington, beginnt heute das Wirtschaftsgipfeltreffen der sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten.
    Hauptthemen der Beratungen sind Möglichkeiten eines Wirtschaftsaufschwungs und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.
    Differenzen könnte es wegen der von einigen Ländern angewandten Beschränkungen des freien Handels zum Schutz der eigenen Wirtschaft geben.
    Nur noch die Wetteraussichten für ganz Österreich bis heute Abend.
    Im Osten zum Teil sonnig, sonst weiterhin wechselhaft.
    Nachmittagstemperaturen 9 bis 15, im Osten bis zu 17 Grad.
    Das Mittagsschonal ist nun kurz vor 13 Uhr beendet.
    Bis zum Sonntagsschonal morgen um 17 Uhr in den Programmen Österreich 1 und Ö3 verabschiedet sich Udo Bachmeier.
    Einen angenehmen Samstag noch.
    Auf Wiederhören.
    Untertitel der Amara.org-Community

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Interview mit dem neuen Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager zu Verteidigungsminister Rösch, FPÖ-Wehrsprecher Helmuth Josseck, Abfangjäger, Raketen und Dotierung
    Interview: Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager
    Mitwirkende: Esterle, Leopold [Gestaltung] , Frischenschlager, Friedhelm [Interviewte/r]
    Datum: 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Technik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Staatssekretär Schmidt skizziert Arbeitsschwerpunkte im Handelsministerium
    Interview: Staatssekretär Schmidt
    Mitwirkende: Kerbler, Michael [Gestaltung] , Schmidt, Erich [Interviewte/r]
    Datum: 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Technik ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Inlandspresseschau: Anonymität und Sparbuch
    Mitwirkende: Eichinger, Erich [Gestaltung]
    Datum: 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Medien und Kommunikation ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Günther Nenning
    Interview: Günther Nenning
    Mitwirkende: Nagiller, Rudolf [Gestaltung] , Nenning, Günther [Interviewte/r]
    Datum: 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Kultur ; Medien und Kommunikation ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Literatur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Zunehmende Spannungen in Chile
    Mitwirkende: Fuchs, Brigitte [Gestaltung]
    Datum: 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Hans Weigel zum 75. Geburtstag
    Einblendung: Hans Weigel, Hilde Spiel, Marcel Reich-Ranicky, Werner Schneyder
    Mitwirkende: Hofer, Brigitte [Gestaltung] , Weigel, Hans [Interviewte/r] , Spiel, Hilde [Interviewte/r] , Reich-Ranicki, Marcel [Interviewte/r] , Schneyder, Werner [Interviewte/r]
    Datum: 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Kultur ; Medien und Kommunikation ; Literatur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1983.05.28
    Spieldauer 00:59:57
    Mitwirkende Bachmair, Udo [Moderation]
    Henke, Reinhold [Regie] [GND]
    ORF [Produzent]
    Datum 1983.05.28 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-830528_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
    Mediathek Logo