Mittagsjournal 1995.11.11

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    Rechtliches

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    Mittagsjournal.
    Zu einer Stunde Information an diesem Samstag, dem 11.
    November, begrüßt Sie Ursula Stenzel.
    Ausschluss Nigerias aus dem Commonwealth, das ist die bisher stärkste Reaktion auf die Hinrichtung des Bürgerrechtlers Ken Saro-Viva und acht seiner Mitstreiter durch das Militärregime in Lagos.
    Wir berichten aus Auckland in Neuseeland, wo die Commonwealth-Konferenz tagt, und aus London über die Politik des Erdölkonzerns Shell, der in Ogoniland, dessen Minderheit Ken Saro vertrat, die reichen Erdölvorräte fördert.
    Anlässlich der morgigen Wahlen in Guatemala kommt die Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú zu Wort, die die Rechte der Indios in Guatemala vertritt.
    Keine Überraschungen wird es bei den Wahlen in der Kaukasus-Republik Aserbaidschan geben.
    Das deutsche Kirchenvolksbegehren ist beendet.
    Sein Resultat dürfte hinter den Erwartungen zurückbleiben.
    In Österreich gibt es ab Montag die Chipkarte, also eine Art elektronische Geldbörse.
    Im Journal zu Gast heute der Wirtschaftssprecher der Grünen, Alexander van der Bellen.
    Und die Kultur bringt eine Vorschau auf Klaus Peimanns Eröffnungsinszenierung über die österreichische Lyrikerin Ingeborg Bachmann an der Burg.
    Zunächst aber Nachrichten, redigiert von Edgar Theider, gelesen von Josef Wenzel Nattig.
    Nigeria Die Militärregierung Nigerias ist nach der Hinrichtung des Oppositionellen Ken Saro-Viva unter starken internationalen Druck geraten.
    Die USA haben bereits ein Waffenembargo gegen Nigeria verhängt.
    In der UNO wollen sie sich für Sanktionen einsetzen.
    Die Mitgliedschaft Nigerias im Commonwealth ist auf Antrag des südafrikanischen Präsidenten Mandela bis auf weiteres suspendiert worden.
    Mehrere Staaten, darunter auch Österreich, haben ihre Botschafter aus Nigeria zur Berichterstattung heimbeordert.
    Saroviva hatte sich für den Schutz seines Volksstammes, der Ogoni, im erdölreichsten Gebiet Nigerias eingesetzt.
    Die Militärregierung ließ ihn wegen angeblich vierfachen Mordes zum Tod verurteilen.
    Zahlreiche internationale Interventionen zugunsten Sarovivas blieben erfolglos.
    Vereinte Nationen.
    Die seit 1992 gegen Rest-Jugoslawien bestehenden UNO-Sanktionen sind abermals gelockert worden.
    Rest-Jugoslawien darf in den kommenden Monaten Erdgas und Heizöl für humanitäre Zwecke importieren.
    Dies beschloss der Sanktionsausschuss des UNO-Sicherheitsrates in New York.
    Für die Erleichterung dürften Fortschritte bei den Friedensgesprächen in Dayton maßgeblich gewesen sein.
    Damit ist erstmals das umfassende Wirtschaftsembargo gegen Rest-Jugoslawien gelockert worden.
    Im Vorjahr waren bereits Beschränkungen im Luftverkehr und bei den Sportkontakten rückgängig gemacht worden.
    Damals hatte die Regierung in Belgrad dem bosnischen Serbenführer Karadzic offiziell die Unterstützung entzogen.
    Österreich-USA.
    Bundeskanzler Fanitski ist optimistisch, dass Österreich die Rahmenbedingungen für eine Beteiligung an der geplanten Bosnien-Friedens-Truppe akzeptieren kann.
    Nach einer Unterredung mit dem amerikanischen Generalstabschef Charlie Cashwedy in Washington, sagte Franitzki, er habe den Eindruck gewonnen, dass die Kommandostruktur der Friedenstruppe genügend Flexibilität bieten werde, um auch Österreich eine Teilnahme an diesem UNO-Einsatz zu ermöglichen.
    Die USA bestehen auf einem NATO-Oberkommando für die Bosnien-Friedenstruppe.
    Bundeskanzler Walicki erhält heute den Fulbright-Preis für internationale Verständigung.
    Er wird damit für seine Verdienste um Osteuropa nach dem Zusammenbruch des Kommunismus gewürdigt.
    Deutschland Außenminister Kinkel sieht keinen Grund für einen Rücktritt.
    Mit dieser Feststellung reagierte Kinkel in Fernsehinterviews auf diesbezügliche Gerüchte, nachdem er im Bundestag eine Abstimmungsniederlage hatte hinnehmen müssen.
    Der Bundestag hatte Kinkel aufgefordert, die Einladung des iranischen Außenministers Velayati nach Bonn rückgängig zu machen.
    Grund dafür ist die offenkundige Genugtuung, mit der die iranische Führung auf die Ermordung des israelischen Ministerpräsidenten Rabin reagiert hat.
    Kinkel argumentiert, das Votum des Bundestages habe keine Grundsatzfrage der Außenpolitik betroffen, sondern eine Einzelentscheidung.
    Sri Lanka.
    Das Armeehauptquartier in Colombo war heute Ziel eines Angriffs tamilischer Rebellen.
    Bei der Explosion eines Sprengkörpers und den anschließenden Kämpfen kamen nach Angaben der Polizei mindestens zwölf der Angreifer ums Leben, etwa 25 wurden verletzt.
    An mehreren Gebäuden entstand hoher Sachschaden.
    Die tamilischen Separatisten kämpfen für einen unabhängigen Staat im Norden Sri Lankas.
    Nach Beginn einer neuen Aktion der Regierungstruppen sind sie in die Defensive geraten.
    China Die Gesetze gegen Luftpiraterie sind verschärft worden.
    Flugzeugentführern droht künftig die Todesstrafe, sollten sie Menschen verletzen oder töten.
    Die Mindeststrafe für Androhung von Gewalt gegenüber Piloten beträgt künftig zehn Jahre Gefängnis.
    In den vergangenen beiden Jahren kam es in der Volksrepublik China zu einer Serie von Flugzeugentführungen.
    Als Luftpiraten betätigten sich zumeist Personen, die in Taiwan politisches Asyl suchen wollten.
    Frankreich.
    Der Damenriesentorlauf, mit dem heute in Tignes der alpine Weltcup 1995-96 hätte beginnen sollen, ist abgesagt worden.
    Dies wurde aufgrund eines Föhnstürmes notwendig.
    Am ersten Durchgang des Rennens hatten nur 18 Läuferinnen teilnehmen können.
    Auch der für morgen geplante Herrenriesentorlauf ist gefährdet.
    Das Wetter ändert sich, zumindest in Tien.
    Bei uns hält sich der Nebel beständig.
    Wie es sonst ausschaut und wie das Wochenendwetter wird, weiß Peter Sterzinger.
    Ja, das typische Novemberwetter hält an.
    Übrigens gibt es bei uns auch ein bisschen Föhn demnächst.
    Der Druck ist nach wie vor relativ hoch und warme Luft aus Südwesten lässt es in mittleren Höhen ab 1000 Meter immer milder werden.
    Weiter unten hingegen ist es so feucht, dass Nebel und Hochnebel weiterhin überwiegen.
    Ein markanter Wechsel zeichnet sich vorerst auch nicht ab.
    Die aktuellen Meldungen, Wien Nebel und Nieseln 1°, Eisenstadt Nebel 1°, St.
    Pölten Nebel 2°, Linz stark bewölkt 3°, Salzburg wolkig 8°, Innsbruck wolkig, hier hat es sehr schnell 14° bekommen und hier wird es gerade föhnig.
    Bregenz-Heiter 9, Graz stark bewölkt 5 und Klagenfurt-Wolkig 11 Grad.
    Nebel und Nieseln beschert uns auch der Nachmittag in den flachen Gebieten Ober- und Niederösterreichs, in Wien im Burgenland und Südosten der Steiermark.
    Sonst wechseln Wolken und Sonne.
    Mehr Sonne gibt es in Westösterreich bei leichtem Föhn, nur wenig Sonne in Osttirol und Oberkärnten.
    Im Bereich des Alpenhauptkamps muss außerdem mit etwas Regen, oberhalb 2000 Meter Höhe, auch mit leichtem Schneefall gerechnet werden.
    Die Nachmittagstemperaturen um 4 Grad bei Nebel, bei Sonne aber 11 bis 16.
    Über Nacht wird es nur in manchen Alpentälern etwas frostig, sonst bleiben die Tiefstwerte meist über 0 Grad.
    Morgen Sonntag wiederholt sich der Ablauf im Wesentlichen.
    Es gibt wieder viel Nebel, der sich am Nachmittag nur stellenweise lichtet.
    Fraglich ist, ob es im Klagenfurter Becken wie heute überhaupt sonnig wird.
    Die Nebel-Obergrenze bleibt in einer Höhe von etwa 1000 Meter und wieder finden wir in den mittleren Höhen recht hohe Temperaturen.
    Die Höchstwerte bei Sonne 10 bis 16 Grad, bei Nebel wieder nur um 4, in 1500 Meter Höhe 8, in 2000 Meter 5.
    Die Null-Grad-Grenze wandert also weiter nach oben.
    Auch am Montag ändert sich am hartnäckigen Nebel kaum etwas, allerdings gibt es auch sonst weniger Sonne und in Vorarlberg, Tirol und Kärnten mitunter Regen, oberhalb 2000 Meter Schneefall.
    Und wie geht es weiter?
    Der gestern noch vermutete Kälteeinbruch Mitte der Woche dürfte doch nicht stattfinden.
    In der Nacht zum Dienstag kann es zwar in ganz Österreich regnen und so wird am Dienstag es auch trüb und feucht, ab und zu wird es auch noch ein bisschen regnen und auch im Gebirge gibt es nur ab und zu Sonne.
    Mittwoch und Donnerstag dann im Flachland und im Süden wieder Hochnebel, in Vorarlberg und im Innenviertel etwas Regen und am Donnerstag wacht auch der Föhn im Westen wieder auf.
    Am Freitag dann wird es etwas kälter.
    12.08 Uhr ist es mittlerweile geworden.
    Weltweite Ächtung des Militärregimes in Nigeria, das sich über alle Proteste hinweg setzte und gestern den prominenten Bürgerrechtler Ken Saro-Viva und acht seiner Mitstreiter hinrichten ließ.
    Abgesehen von verbalen Protesten und der Rückberufung von Botschaftern ist die Reaktion des Commonwealth am deutlichsten ausgefallen.
    Es hat Nigeria, den volkreichsten Staat Afrikas, aus dem Verband der ehemaligen britischen Kolonien und Großbritannien bis auf Weiteres ausgeschlossen.
    Direkt aus Auckland, Neuseeland, wo die Commonwealth-Vertreter tagen, Rainer Wolfgramm.
    Vom Gastgeber der diesjährigen Gipfelkonferenz in Auckland von Neuseelands Premierminister John Bolger über den britischen Premier John Major, über Präsident Mugabe aus Zimbabwe bis hin zu Präsident Mandela aus Südafrika schlug den Nigerianern heute Morgen einstimmige Kritik entgegen.
    Die Inrichtung von Ken Saro-Viva und neun anderen Bürgerrechtlern wurde nicht nur als Unmenschlichkeit oder als Justizmord angeprangert, sondern auch als affront verstanden.
    Auch gestern hatten Mandela und einige andere Commonwealth-Führer für ein bedächtiges Vorgehen plädiert.
    Die Rede war von Nicht-Ausgrenzen, Engagement, Dialog und Überredung.
    Gemeint war, auf das Militärregime so einzuwirken, dass es die Exekutionen aufschieben und letztendlich Gnade walten lassen sollte.
    In dem Sinne hatte sich auch der Sohn von Saro-Viva, der nach Auckland geflogen war, an den neuseeländischen Premier mit der Bitte um Hilfe gewandt.
    Doch der Chef der nigerianischen Delegation, Außenminister Ekimi, reagierte erst kühl.
    Die Herren Kollegen sollten sich doch lieber um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern.
    Und dann gereizt.
    Lautstark verbarrt er sich in den geschlossenen Sitzungen und dann vor der Presse jede Einmischung in die inneren Angelegenheiten seines Landes.
    Die meisten der anderen Delegationsführer fühlten sich dennoch noch nicht so provoziert, dass sie sofortige Konsequenzen fordern mochten.
    Über das Wochenende sei man ja in einer Ferienanlage im weit abgelegenen Queenstown unter sich.
    Da könne man das alles sicher noch einmal in Ruhe besprechen, lautete die Losung.
    Als sich dann aber heute Morgen um sechs Uhr Ortszeit in Auckland die Nachricht über die vollzogenen Hinrichtungen wie ein
    vorbei und aus den Plauderstündchen oder Golfrunden in Queenstown wurde nichts.
    Stattdessen wurden Krisensitzungen anberaumt.
    Das Instrumentarium für den Umgang mit Nigeria war da schon vorbereitet.
    1991 hatten die Commonwealth-Führer auf ihrem Gipfel in Harare eine Deklaration verabschiedet, in der sie die zukünftigen Hauptaufgaben ihrer Organisation beschrieben.
    Beseitigung der Armut, umweltschonende Entwicklungspolitik und Förderung der Demokratie und Schutz der Menschenrechte wurde darin gefordert.
    Die Experten arbeiteten vier Jahre an den Ausführungsprozessen
    Aktionspläne verabschiedet werden.
    Aus dem aktuellen Grund namens Nigeria wurde das Thema Demokratie und Menschenrechte bevorzugt behandelt und zum Instrumentarium, mit dem Mitglieder zur Raison gerufen werden sollen, gehören auch vorübergehende Suspendierung der Mitgliedschaft im Commonwealth oder gar Ausschluss.
    Was genau mit Nigeria passieren soll, welche weiteren Maßnahmen sich die Staatenorganisation vorbehält, das alles soll erst morgen nach Rückkehr aus dem Wochenendausflug in Auckland bekannt gegeben werden.
    Doch diplomatische Kanäle aus Queenstown deuten an, dass man sich dort der Schwierigkeiten bewusst sei, starken Einfluss auf die nigerianischen Militärherrscher ausüben zu können.
    Nigeria hat Erdöl und damit sind kaum die anderen Commonwealth-Staaten, sondern ist vor allem der Öl-Multichall in der Lage, wirtschaftlichen Druck auszuüben.
    Der Konzern jedoch hat zwar offiziell seine Betroffenheit über die Hinrichtungen mitgeteilt, sieht nach eigenen Angaben zu weiteren Aktionen bislang keinen Anlass.
    Obwohl die britische Öffentlichkeit geschockt ist, angefangen vom Premierminister Major, ist die Rolle Großbritanniens und des britischen Erdölkonzerns Shell in Nigeria zweideutig.
    Denn Shell beutet die größten Ölreserven Nigerias in der Provinz Ogoniland aus, dessen Minderheit Kensaro nicht zuletzt gegen die Interessen der Ölindustrie vertreten hat.
    Aus London dazu Claudia Neuhauser.
    Der hingerichtete Ken Saro-Weaver hat besonders einen Konzern in seinem Land immer wieder öffentlich angegriffen, den Öl-Multichell.
    Shell ist der größte Ölkonzern in Nigeria und arbeitet eng mit dem nigerianischen Militärregime zusammen, sagt Ölexperte Max Mantley von Petroleum Arga.
    Sie sind Teil eines Joint Ventures mit der nigerianischen Regierung, die die Mehrheitsanteile hat.
    Daher muss Shelley in permanentem Kontakt mit der Regierung stehen.
    Shelley ist de facto eine Geisel und die Entscheidungen trifft die nigerianische Regierung.
    Die enge Zusammenarbeit nützt beiden.
    95% der nigerianischen Exporte bestehen aus Öl.
    Nigeria und seine Militärjunta sind total abhängig vom schwarzen Gold.
    Shell fördert pro Tag Öl im Wert von umgerechnet 50 Millionen Schilling und verdient gut daran.
    Im Südosten Nigerias, im Niger-Delta, liegt ein besonders reiches Ölgebiet, in dem die Volksgruppe der Ogoni ihre Heimat hat.
    Die Ogoni haben die Ölmultis seit Jahren beschuldigt, ihr Gebiet durch ausgelaufenes Erdöl, sauren Regen und rücksichtsloses Vorgehen beim Verlegen von Rohrleitungen verwüstet zu haben.
    Ein Vertreter der Ogoni in London sagt, was sein Volk von Shell hält.
    Jeder Ogoni macht Shell verantwortlich für das, was im Gebiet dieser Volksgruppe passiert.
    Shell hat an dem ganzen Unglück von Anfang an mitgewirkt.
    Der Direktor von Shell in Nigeria, Brian Anderson, verteidigt die Rolle seines Konzerns.
    Wir wollen den Lebensstandard für ganz Nigeria verbessern.
    Wir sind seit 50 Jahren hier und fördern seit 37 Jahren Öl und das hat den Alltag der Menschen in diesem Land verbessert.
    Wir haben bereits elf verschiedene Regimes erlebt, aber wir haben unsere Arbeit immer im Interesse des gesamten Landes gesehen.
    Aber das Öl hat nur wenige reich gemacht.
    Verdient haben am meisten die Machthaber und ihre korrupten Basalen.
    Die Ogoni, von denen es nur noch eine halbe Million gibt, haben so wie viele andere Nigerier nicht viel von dem entdeckten Reichtum in ihrer Region gehabt.
    Vor zwei Jahren begannen gewalttätige Anschläge gegen die Ölkonzerne im Ogoni-Gebiet.
    Und Shell hat seine Arbeiter daher 1993 aus diesem Teil des Niger-Deltas abgezogen.
    Der Konzern investiert allerdings auch in Entwicklungsprojekte, um verlorene Sympathien wieder wettzumachen.
    Es hat manchmal Probleme bei der Ölförderung gegeben und auch Verschmutzung.
    Aber die Anschuldigungen der Ogoni, dass wir das gesamte Gebiet ruiniert hätten, sind einfach falsch.
    Nicht alle Ogoni sind gegen uns.
    Es gibt zwei Seiten in dieser Geschichte.
    Ein Teil der Leute will, dass wir wieder in das Gebiet zurückkehren, das wir vor zwei Jahren verlassen haben, da man uns attackiert hat und die Sicherheit unserer Mitarbeiter nicht mehr zu garantieren war.
    Nicht alle Ogoni sind gegen uns.
    Shell hat genauso wie Südafrikas Nelson Mandela nur für eine stille Diplomatie hinter den Kulissen argumentiert, um Ken Saro-Viva und die anderen acht Verurteilten zu retten.
    Aber die Wortspenden der Commonwealth-Politiker aus dem neuseeländischen Auckland und ein schriftliches Bittgesuch um Begnadigung, verfasst vom Konzernvorsitzenden von Shell in Amsterdam, stießen bei Nigerias Militärdiktatoren auf taube Ohren.
    Ken Saro-Viva war eine schillernde Figur.
    Er gehörte der intellektuellen Elite seines Landes an.
    Der Erträger des Kreisky-Menschenrechtspreises und des Alternativen-Mobelpreises hätte sich ohne finanzielle Probleme ins Privatleben zurückziehen können.
    Stattdessen kämpfte er für sein von der nigerianischen Regime brutal unterdrücktes Volk, die Ogonis, und bezahlte diesen Kampf mit seinem Leben.
    Ein Porträt von Alfred Schwarz.
    Ken Saro-Viva war die Symbolfigur im Kampf gegen die Verwüstung des Ogoni-Landes im Süden Nigerias durch die Ölförderung des Shell-Konzerns.
    Und deshalb geriet er den Machthabern in die Quere, die selbst gut an dem Ölgeschäft verdienten.
    Dabei hatte die Karriere Saro-Vivas ganz anders begonnen.
    Der 1941 geborene Ken Saro-Viva gehörte in den 60er Jahren zur jungen, britisch geschulten Elite des Landes.
    Mit dem Aufbruch Nigerias in die Unabhängigkeit in den 60er Jahren begann auch sein Aufstieg.
    Zunächst arbeitete er sich als Lebensmittelhändler und als Immobilienmakler hoch.
    Zeitweise war er auch als Hochschullehrer tätig.
    Gleichzeitig brachte er es zu mehreren Ministerposten in nigerianischen Teilstaaten, doch immer mehr entwickelte er sich zum Aktivisten für seine Volksgruppe der Ogoni.
    Und auch seine schriftstellerische Tätigkeit trat immer mehr in den Vordergrund.
    Sein Roman Sosa Boy, zu deutsch Soldatenbub, der sich mit der Tragödie Biafras beschäftigte, machte Saro-Viva weit über die Grenzen Nigerias bekannt.
    Insgesamt schrieb er 22 Bücher mit Gedichten, Romanen und Kurzgeschichten.
    Bestärkt durch seinen literarischen Erfolg betätigte sich Saro-Viva dann auch als Fernsehproduzent.
    Seine Serien, halb politisches Cabaret, halb Seifenopern, sorgten für Popularität auch in den breiten Teilen der Bevölkerung, auch bei denen, die nicht lesen und schreiben können, und das sind in Nigeria etwa 80 Prozent.
    Seit Beginn der 90er Jahre widmete sich Saro-Viva nur noch dem Anliegen seines Volkes, der Ogoni, gegen den Shell-Konzern und die Regierung.
    Dabei hätte Saro Viva genügend Geld gehabt, um sich, wie viele seiner Generation, in England niederzulassen und ein gemütliches Leben zu führen.
    Doch stattdessen fand man den Mann mit der Pfeife, der fast immer lächelte, meist in seinem kleinen Verlag zwischen den Kleiderläden und Ersatzteilhändlern von Surulere, einem Stadtteil von Lagos.
    Der Staat reagierte mit zunehmender Härte auf den Widerstand, an dessen Spitze sich Saro-Viva gestellt hatte.
    Besonders schlimm wurde es nach der Machtübernahme des jetzigen Militärherrschers Abadsche Ende 1993.
    Seither wurde Saro-Viva drangsaliert und immer wieder von der Polizei verfolgt.
    Seinem Kampf gegen die Regierung und den Shell-Konzern ist er schließlich zum Opfer gefallen.
    Dass die Anklage gegen ihn, die ihn schließlich das Leben kostete, von der Militärregierung konstruiert war, steht so gut wie fest.
    Die Hinrichtung von Saro-Viva ist also ein politischer Mord.
    Doch längerfristig wird es dem Militärregime nichts nützen.
    Ken Saro-Viva wird als Märtyrer in die Geschichte seines Landes eingehen und damit auch nach seinem Tod ein Kämpfer gegen das Militärregime bleiben.
    Alfred Schwarz war das mit einem Portrait Ken Saro-Vivas.
    12.19 Uhr.
    In Guatemala finden am Sonntag Präsidentschafts-, Parlaments- und Kommunalwahlen statt.
    Erstmals seit 35 Jahren hat die Untergrundbewegung die Bevölkerung zur Wahlbeteiligung aufgerufen und einen bis Montag befristeten Waffenstillstand verkündet.
    Seit 1991 verhandeln Regierung und Guerilla unter Vermittlung Mexikos über ein Friedensabkommen in diesem vom Bürgerkrieg schwer betroffenen mittelamerikanischen Land.
    Klaus Theer war dort und sprach mit der Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú über die Bedeutung dieser Wahlen.
    Würde Rigoberta Menchú am kommenden Sonntag für das Amt des Präsidenten kandidieren, ihre Chancen stünden gut.
    Doch die Nobelpreisträgerin gibt nicht einmal eine Wahlempfehlung ab, welchen der 19 Kandidaten sie für den besten hält, Guatemala wieder zu einer Demokratie zu machen.
    Stattdessen hat sie in den letzten Monaten eine Kampagne für die Demokratie gestartet, ist durchs Land gezogen, um politische Aufklärungsarbeit zu leisten und besonders den Indios, das ABC der Mitbestimmung, zu erklären.
    Diese stellen zwar drei Viertel der Einwohner des kleinen, mittelamerikanischen Landes, haben aber bis heute trotzdem keinerlei politischen Einfluss.
    In manchen Landesteilen haben 95 Prozent unserer Frauen keine Ausweise und haben noch nie bei Wahlen teilgenommen.
    Auch diesmal sind sie wieder nicht in den Wahllisten.
    Ziel unserer Kampagne ist deshalb in erster Linie, den Indios ihre Rechte zu erklären.
    Sie müssen lernen, dass sie frei stimmen dürfen, dass man seine Stimme nicht verkaufen kann, dass es unakzeptabel ist, dass die Parteien die Leute erpressen und einschüchtern, den oder den Kandidaten zu wählen.
    Ich will, dass die Leute am 12.
    November gegen die Angst stimmen, dass die herrschenden Parteien nicht immer wieder Militärkommandanten als lokale Kandidaten aufstellen, die dann kurzfristig so tun, als wären sie Zivilisten.
    Die Herrschaft der Militärs hat Guatemala in den letzten 20 Jahren geschätzte hunderttausend Tote und zehntausende Vertriebene gekostet.
    Opfer der Politik der verbrannten Erde waren zumeist Indios, die verdächtigt wurden, mit der Guerilla zu sympathisieren.
    Nach Friedensverhandlungen unter der Schirmherrschaft der UNO herrscht jetzt ein Waffenstillstand.
    Erstmals kandidiert jetzt auch die Front für ein neues Guatemala, eine Partei, die der Guerilla nahesteht und bisher Wahlen stets als Fars ablehnte.
    Ich bin jetzt 36 Jahre alt und weiß nur, bis zum heutigen Tag habe ich noch nie wählen können.
    Nicht zu den Urnen gehen und die Wahlen prokrutieren, wie bisher, ist aber keine Lösung.
    Ich finde, es ist endlich an der Zeit, dass wir zu einer Art politischen Mitbestimmung finden.
    In Guatemala hat lange Zeit ein korruptes und gewalttätiges Regime geherrscht.
    Menschenrechtsverletzungen konnten straflos begangen werden.
    Dieses repressive System wird sich nur in dem Maße ändern, indem wir unsere Rechte als politisch mündige Bürger erlangen und die Menschenrechte akzeptiert werden.
    Besonders optimistisch ist Rigoberto Menchú aber nicht, denn trotz internationalem Druck auf Guatemala und steigendem Selbstbewusstsein der Indios trägt das Land immer noch neokoloniale Züge.
    Schutzherr der 16 Großgrundbesitzer, die 80 Prozent des fruchtbaren Landes besitzen, ist die Armee, die sich jetzt wieder in die Kasernen zurückgezogen hat.
    Das politische System hat sich nicht wesentlich verändert.
    Die Armee ist der eigentliche Machthaber im Land.
    Mich beunruhigt sehr, dass der jetzige Präsident Ramiro de León in seiner Amtszeit fast alles getan hat, um das blutige Image des Militärs wieder weiß zu waschen.
    Wenn sich die Armee nicht wirklich ändert, wird die Politik nicht glaubwürdig sein.
    Gewählt wird morgen auch in der Kaukasus-Republik Aserbaidschan.
    Überraschungen sind hier kaum zu erwarten.
    Es geht in erster Linie um eine Stärkung des aserbaidschanischen Präsidenten Aliyev, berichtet Georg Dox.
    Wer von der ehemaligen sowjetischen Republik Aserbaidschan nach Moskau telefonieren will, hat Pech gehabt.
    Kontakte nach draußen sind nicht erwünscht und werden daher erschwert.
    Die Lage in der Kaukasus-Republik am Kaspischen Meer ist gespannt.
    Westliche Beobachter sprechen von einer Atmosphäre der Angst und des Terrors.
    Die Ergebnisse der morgigen Parlamentswahlen sind unter solchen Voraussetzungen vorhersehbar.
    Sie dienen vor allem dazu, die Macht von Präsident Gaida Aliyev weiter zu festigen.
    Acht Parteien sind zugelassen, eine kann als gemäßigt oppositionell gelten.
    Auch das gleichzeitig abgehaltene Referendum, in dem über eine neue Verfassung abgestimmt werden soll, hat im Wesentlichen einen Zweck, den Präsidenten in seinem Amt weiter zu stärken.
    Mehrere Putschversuche hat Gaidar Aliyev bereits niederschlagen können.
    Selbst die Katastrophe in der U-Bahn von Baku, nach Aussagen von Experten ein Unfall, sollte politisch benutzt werden.
    Fast 300 Personen fanden bei dem Brand im U-Bahn-Schacht den Tod.
    Die Kaukasus-Republik befindet sich in einem militärischen Konflikt mit dem Nachbarn Armenien um Bergkarabach.
    Ein Teil ihres Standsgebietes ist also besetzt.
    Präsident Aliyev ist es gelungen, die Opposition so weit einzuschüchtern, dass niemand öffentlich diesen Umstand benutzt.
    um gegen ihn Stimmung zu machen.
    Seine Vorgänger im Amt waren nicht zuletzt deshalb immer gestürzt oder entmachtet worden, weil ihnen Erfolglosigkeit im Krieg mit Armenien unter Ausverkauf aserbaidschanischer Interessen vorgeworfen wurde.
    Soweit hat es Al-Jeef erst gar nicht kommen lassen.
    Gefährlich wurde es für ihn nur, als er Russland bei dem größten Erdölgeschäft der Region, dem sogenannten Jahrhundertvertrag, nicht genügend bedachte.
    Bei dem Vertrag, der letztes Jahr die reichen Erdölvorkommen vor der Küste Bakus aufteilte, war Russlands Ölkonzern Look Oil mit nur 10 Prozent dabei.
    Das wurde nun durch einen neuen Vertrag wiedergutgemacht.
    Russland erhält nun zusammen mit italienischen und amerikanischen Partnern fast ein Drittel eines anderen Erdölfeldes.
    Vertragsvolumen 20 Milliarden Schilling.
    Russlands Erdölminister Juri Schafranik verlockte, so einen Vertrag könnten wir jedes Jahr unterzeichnen.
    Gute Beziehungen zu Moskau sind in den Kaukasus-Republiken immer noch die beste Überlebensgarantie.
    Die Bevölkerung ist aber durch die instabile politische Lage die Putschversuche mit den anschließenden Verhaftungen und Anschuldigungen eingeschüchtert.
    Das Interesse an den Wahlen morgen dürfte daher auch eher gering sein.
    Vor allem dürften die Wahlen keinen Ausweg aus der schwierigen wirtschaftlichen Lage bringen.
    Vom Ölreichtum bleibt der normalen Bevölkerung nämlich kaum etwas.
    Das Durchschnittseinkommen in Aserbaidschan liegt bei etwa 100 Schilling im Monat.
    Und nun zu unserer Samstagsserie.
    Im Journal zu Gast ist heute Alexander van der Bellen, Wirtschaftssprecher der Grünen.
    Professor Alexander van der Bellen skizziert die Budgetsanierung aus dem Blickwinkel der Grünen.
    Der 51-jährige Universitätsprofessor für Wirtschaftswissenschaften gehört seit dem Vorjahr dem Parlament an und wurde jüngst am Grünen-Bundeskongress wieder auf einen sicheren Listenplatz gereiht.
    Van der Bellen, ein grüner Quereinsteiger mit ausgewiesener Wirtschaftskompetenz, hatte innerhalb der Grünen massive Überzeugungsarbeit pro EU geleistet.
    Er sieht in der EU nicht nur eine große Chance für den Wirtschaftsstandort Österreich, sondern auch einen Gegenpol zu nationalistischen Tendenzen.
    Universitätsprofessor Alexander Van der Bellen ist heute bei Michael Kerbler im Journal zu Gast.
    Herr Professor Van der Bellen, ich möchte unser Gespräch mit einem Zitat beginnen.
    Gewinn zu machen, also Profit zu erwirtschaften, ist der zentrale Motor der Marktwirtschaft und dieser Motor ist so stark, so wirksam, dass er für die Überwindung der ökologischen Krise eingespannt werden muss.
    Zitat Ende.
    Dieses Zitat stammt von Ernst Ulrich von Weizsäcker aus seinem jüngsten Buch.
    Teilen Sie Weizsäckers Meinung und ist es aus Ihrer Sicht legitim, Profit zu machen?
    Sicher ist es legitim, Profit zu machen.
    Wir müssen überhaupt die marktwirtschaftlichen Instrumente stärker nützen als bis jetzt.
    Also ich habe kein Problem mit diesem Zitat.
    Sie mögen diese Auffassung vertreten.
    Haben Sie den Eindruck, dass diese Auffassung auch ein großer Teil der Grünen mitträgt?
    Oder gibt es da nicht noch immer diesen antikapitalistischen Reflex?
    Den gibt es bei einem Teil der Grünen schon noch.
    Aber es ist ein Reflex, glaube ich.
    Wir müssen auch bei den Grünen
    die Botschaft, die Nachrichten noch stärker verbreiten, dass es keine Schande ist, Geld zu verdienen, insbesondere dann, wenn wir Geld verdienen auf sogenannten Umweltgütermärkten.
    Es gibt einen rasch wachsenden Markt auf diesem Bereich, der von den End-of-Pipe-Technologien reicht bis zum Know-how über sogenannte saubere Produktionsweisen, saubere Technologien.
    Was sind End-of-Pipe?
    End-of-pipe-Technologien sind solche, wo sozusagen am Schluss beispielsweise ein Filter aufgesetzt wird auf den Produktionsprozess, um Emissionen noch abzufangen.
    Also Schadstoffe zu filtern.
    Schadstoffe zu vermeiden, genau.
    Während eine saubere Technologie jene wäre, die von Anfang an versucht, die Stoffkreisläufe so zu gestalten, dass die Emission erst gar nicht entsteht.
    Und hier ist der Staat schon gefordert, also die Marktwirtschaft allein schafft das nicht, das muss man schon dazu sagen, sondern der Staat ist gefordert durch ordnungspolitische Vorschriften, umweltpolitische Vorschriften und den Einsatz der Steuergesetzgebung dafür zu sorgen, dass diese neuen Märkte entstehen, auf denen die Firmen dann Geld verdienen können und natürlich Profite machen können.
    Der Streit zwischen den inzwischen geschiedenen Koalitionspartnern hat sich entzündet und konzentriert sich nach wie vor im Wahlkampf auf die Frage, ist das Budget besser durch Kürzungen auf der Ausgabenseite zu sanieren oder sind zusätzliche Steuern, ob nun zeitlich befristet oder nicht, nicht der vernünftigere Weg?
    Welchen Weg wollen die Grünen gehen?
    Ich habe noch kein Programm gesehen, weder von der SPÖ, geschweige noch von der ÖVP.
    Das zeigt, dass man kurzfristig, ich betone kurzfristig, das Budget konsolidieren oder sanieren kann, nur durch Maßnahmen auf der Ausgabenseite.
    Wenn Sie kurzfristig sagen, meinen Sie die nächsten fünf Jahre?
    Richtig, meine ich die nächste Legislaturperiode oder zumindest die nächsten Krisenjahre, also 96, 97, 98.
    Das bedeutet, wenn wir Budgetkonsolidierung ernst nehmen, und ich plädiere sehr dafür, die jetzige Situation sehr ernst zu nehmen, dann ist es unumgänglich, gleichzeitig mit Maßnahmen auf der Ausgabenseite, die sind notwendig, aber die werden nicht reichen,
    gleichzeitig mit Maßnahmen auf der Ausgabenseite auch auf der Einnahmenseite etwas zu machen.
    Konkret?
    Steuererhöhungen oder zusätzliche Steuern oder beides?
    Beides.
    Ich denke, es kommt einmal darauf an, ob es uns geht, wie schnell, also das Hauptproblem wird einmal sein, wie schnell die nächste Bundesregierung zustande kommt.
    Wenn das so lange dauert wie das letzte Mal,
    vom Oktober 94 bis zum April 95, wo das Budget dann gestanden ist, dann ist ja praktisch das Budget ja 96 schon gelaufen.
    Das wäre schrecklich, muss ich ehrlich sagen.
    Sehr rasch kann man Maßnahmen treffen im Bereich der Einkommen- und Kapitalertragssteuer, aber quantitativ
    würde ich sagen, ist einiges drinnen in der Beseitigung dieser sogenannten Schlupflöcher, Ausnahmebestimmungen im Bereich der Einkommensteuer, Körperschaftssteuer und mittelfristig auch im Bereich der Erbschaftssteuer.
    Wen treffen diese Maßnahmen und diese Vorschläge?
    Alle.
    Im Prinzip alle.
    Mit Ausnahme, würde ich sagen, der Lohn- und Einkommenssteuer, wo wir uns vorstellen, dass wir bis zu einer gewissen Einkommensgrenze Leute verschonen, sage ich einmal.
    Wo diese Einkommensgrenze liegt, darüber kann man diskutieren.
    Wir haben einmal vorgeschlagen 40.000 Schilling Bruttoeinkommen pro Monat.
    Eine tragende Säule in Ihrem
    Budgetprogramm der Grünen ist zweifelsohne das Energiesteuerkonzept.
    Wie wollen Sie denn da die Quadratur des Kreises schaffen, mit diesem Konzept zusätzliche Geldmittel zu lukrieren, flüssig zu machen, ohne die Bevölkerung zu belasten oder zum Beispiel energieintensive Betriebe in den Ruin zu treiben?
    Ohne pragmatische Lösungen wird es nicht gehen.
    Da haben Sie schon recht.
    Ich möchte aber noch einmal vorausschicken, das grüne Energiesteuerreformkonzept ist nicht schlicht eines der Erhöhung der Energiesteuern, sondern eines, das im wesentlichen aufkommensneutral sein wird durch die Senkung anderer Abgaben und lediglich in einer Übergangsperiode, sagen wir von vier, fünf Jahren,
    einen Teil des Steueraufkommens zweckwidmet für energiesparende Maßnahmen, wärmedämmende und andere technologische Maßnahmen, die auch den Anpassungsdruck bzw.
    den Übergangsdruck für die Industrie und für die Haushalte senken.
    Es ist schon richtig, dass so ein Steuerreformkonzept Anpassungsschwierigkeiten verursacht.
    Dem kann man auf verschiedene Weise begegnen.
    Das erste ist einmal die Aufkommensneutralität.
    Da sagt die Industrie mit Recht, naja, einige Betriebe werden hier tatsächlich entlastet, aber für andere wird das nicht reichen.
    Stahlindustrie, Papierindustrie?
    Richtig.
    Und da würde ich sagen, für jene Bereiche, wo es wirklich nachgewiesen werden kann, dass hier Unternehmen erheblich netto belastet werden, trotz allem, und die gleichzeitig im internationalen Wettbewerb stehen, für die müssen wir pragmatische Ausnahmen und Übergangsbestimmungen schaffen, weil es nicht unser Ziel sein kann, Industriezweige in den Ruin zu bringen.
    Also an einem Problem wird keine Bundesregierung vorbeikommen, wie sie das Budget mittel- und langfristig sanieren.
    Das ist die Neugestaltung des Pensionssystems.
    Haben die Grünen bei ihrem Programm zur Budgetsanierung an eine Änderung des Pensionssystems gedacht?
    Mein Kollege Karl Oellinger, unser Sozialpolitik-Spezialist, hat hier ein eigenes Modell entwickelt, das er in den nächsten Tagen auch vorstellen wird.
    Es ist tatsächlich ein einheitliches Pensionssystem, aber nicht auf ASVG, also nicht sozusagen jetzt abgebaut im ASVG-Modell, sondern ein neues Modell.
    Das im Prinzip besteht aus einem Sockelbetrag für alle, unabhängig von ihrer Erwerbstätigkeit.
    Zusätzlich ein Betrag, der dann abhängt von den Pensionsbeiträgen während der Erwerbstätigkeit, allerdings nur bis zu einer Grenze, die in etwa der derzeitigen ASVG-Grenze entspricht.
    Das heißt eine Vereinheitlichung des Arbeiterangestellten- und vor allem des Beamtenpensionsrechts auf einer neuen Basis.
    Nur muss ich der Ehrlichkeit halber dazufügen, ein neues Pensionsrecht wird nicht 1997 wirksam.
    Wir haben es hier mit extrem langfristigen Prozessen zu tun.
    So etwas kann sich ja frühestens in 10 oder 20 Jahren auswirken.
    Wir haben festgestellt, dass in den letzten Monaten die Zahl der Arbeitslosen zunimmt, auch strukturell zunimmt.
    Welche Möglichkeiten sieht denn das grüne Budget vor, um strukturell hier gegenzusteuern auf der einen Seite,
    Umschulungsmaßnahmen zum Beispiel zu finanzieren, mehr als das jetzt der Fall sein kann?
    Und auf der anderen Seite, welche zusätzlichen Anreize wollen die Grünen für die Wirtschaft, für die Gewerbetreibenden etc.
    schaffen, dass neue Arbeitsplätze kreiert werden?
    Das ist eine sehr schwierige Frage und eine sehr wichtige Frage.
    Man muss auf verschiedenen Ebenen ansetzen.
    Das eine ist schon unser ökologisches Steuerreformpaket aus dem einfachen Grund, weil es sozusagen auf der Abtauschseite, also dort wo die Steuern gesenkt werden, die Lohnkosten senken wird.
    Durch die Veränderung der relativen Preise zugunsten der Arbeit hier ein gewisser Beschäftigungseffekt eintreten wird.
    Das hat sich auch im WIFO-Gutachten zur Energiesteuerreform gezeigt.
    Das heißt also, durch sinkende Lohnnebenkosten erhalten sozusagen die Arbeitgeber, die Industrie, die Wirtschaft mehr Spielraum, Arbeitskräfte einzustellen.
    So ist es.
    Und je nach Modell, das Sie anwenden, kommen Sie zu verschiedenen Zahlen, wie viel das quantitativ sein wird.
    Also das WIVO-Modell würde darauf hinauslaufen, dass man 10.000 bis 30.000 zusätzliche Arbeitsplätze hier im Laufe der Zeit erwarten könnte.
    Herr Professor van der Bellen,
    Sind Ihrer Meinung nach die Grünen eigentlich schon reif, dafür Regierungsverantwortung zu übernehmen?
    Anders gefragt, angenommen, rein rechnerisch ginge sich eine Ampelkoalition aus, würden Sie dann für eine Regierungsbeteiligung oder Mitverantwortung der Grünen plädieren oder würden Sie sagen, nein, bitte warten wir noch?
    Ein bisschen.
    Die Frage nach der Reife der Grünen für eine Regierungsbeteiligung ist eine relative.
    Wenn Sie optimale Kriterien definieren würden für Regierungsreife, dann würden wahrscheinlich die Grünen irgendwo im oberen Drittel, aber nicht perfekt abschneiden, zugegeben.
    Wenn Sie gleichzeitig berücksichtigen, dass uns jene Regierungsparteien, die sich ja in den letzten 40 Jahren immer mit Wirtschaftskompetenz, Budgetkompetenz, Finanzkompetenz geschmückt haben,
    das größte Schlamassel der Zweiten Republik eingebrockt haben, jedenfalls was die Budget-Situation betrifft, dann muss ich sagen, so regierungsreif sind wir schon lange.
    Wie groß schätzen Sie denn die Wahrscheinlichkeit oder sagen wir mal die Gefahr, dass Linksliberale
    die die Grünen gewählt haben bei der letzten Wahl 1994, diesmal, weil es eine Richtungswahl ist, sagen, nein, diesmal gehe ich zur SPÖ zurück?
    Ja, da gibt es einige.
    Leider.
    Da gibt es wahrscheinlich einige,
    Wobei der Prozess für mich rational schwer nachzuvollziehen ist.
    Die haben jetzt alle vergessen, dass es einen Löschnack und einen Mazka gibt in der SPÖ.
    Die personifizieren einfach die Ausländer- und Asylpolitik, die für mich einer der Hauptgründe waren,
    irgendwann in den 80er-Jahren zu sagen, nein, die SPÖ und ich haben uns etwas entfremdet.
    Das ist nicht mehr diese Partei mit einer großen humanistischen Tradition, der ich gerne angehören möchte.
    Jetzt, durch dieses etwas hysterische Getue, im Hinblick auf die Freiheitlichen bzw.
    ihren Anführer,
    setzt sich plötzlich wieder die Illusion fest, dass dieses Einmal-noch-SPÖ-Wählen uns dafür bewahren kann.
    Ich meine, was soll der Unsinn?
    Haben uns neun Jahre Große Koalition unter der Führung von Wranicki vielleicht davor bewahrt, dass die Freiheitlichen von 5 Prozent auf, ich weiß nicht, was war das letzte Mal, 22 Prozent oder was, angestiegen sind?
    Was ist das?
    War es vielleicht keine Tatsache, dass die SPÖ in wesentlichen Dingen freiheitliche Vorschläge so weit übernommen hat, dass Haider nicht ganz mit Unrecht meinen konnte, Löschnack sei sein Mann in der Bundesregierung?
    Ist das wirklich alles damit erledigt, dass er jetzt ein Einem Innenminister ist?
    Ich frage mich wirklich, wie kurz das Gedächtnis der Menschen ist.
    Der Wirtschaftssprecher des Liberalen Forums Helmut Peter hat am vergangenen Samstag die Prognose gewagt, seine Partei werde nach den Wahlen auf 15 Mandate kommen.
    Also von 11 jetzt auf 15 dann.
    Die Grünen haben zuletzt 340.000 Stimmen bekommen, das sind 13 Mandate jetzt.
    Trauen Sie sich zu wetten, wie viele Mandate, glauben Sie, machen die Grünen am 17.
    Dezember?
    Wetten tue ich ungern.
    Ich habe im Gegensatz zum letzten Mal... Also Prognose, das entspricht Ihnen mehr.
    Prognose.
    Ich glaube, es ist sehr viel offen derzeit.
    Es sind immer noch wahrscheinlich 30, 40 Prozent der Leute unentschlossen.
    Und es wird jetzt sehr viel einfach von Zufällen abhängen, wie sie sich am 17.
    Dezember entscheiden, muss ich leider befürchten.
    Mit Zufällen meine ich, ob jetzt jemand die richtige Frisur hat, bei einem Fernsehauftritt oder gerade in Bestform ist, also entweder bei uns beziehungsweise bei den anderen Parteien, das kann noch eine Rolle spielen.
    An sich, von der Ausgangssituation her, sollte man schon meinen,
    dass wir in der Größenordnung von 10 Prozent liegen könnten und liegen sollten.
    Ich glaube das natürlich auch deswegen, weil ich meine, dass wir das bessere Programm haben.
    Aber ob es gelingt, das auch hinreichend zu vermitteln bis zum 17.
    Dezember, das sind nur vier Wochen, das ist natürlich eine offene Frage.
    Wie viele Mandate, noch einmal gefragt?
    Aha.
    Okay.
    Wenn ich sage, rund 10 Prozent, das wären dann in der Größenordnung 16, 17, 18 Mandate, müsste das sein?
    Ich bin kein Spezialist für die Wahlarithmetik, also wer weiß, was da für Hunde begraben liegen.
    Aber das müsste in der Größenordnung sein.
    Ich danke Ihnen für das Gespräch.
    Im Journal zu Gast war Alexander van der Bellen, Wirtschaftssprecher der Grünen.
    Das Innenministerium ortet in Österreich eine steigende Fremdenfeindlichkeit.
    Das Integrationshaus in Wien-Leopoldstadt, gefördert von der Gemeinde Wien und initiiert von Willi Resetaric alias Ostbankurti, will nun auch eine Zeitung herausgeben.
    Die Gute Zeitung.
    Sie wird kommende Woche gratis verteilt werden.
    Fritz Pessata hat sie bereits gelesen.
    In Bosnien wird noch immer geschossen, aber die Nachricht erschüttert uns nicht mehr.
    Wir haben uns an den Krieg längst gewöhnt.
    Wir switchen hinüber zu den Seitenblicken.
    Was wir oft einmal vergessen, der Krieg hat Augen und Münder, er hat Fieber, er schwitzt, er hat Durst.
    So der Kurzkommentar auf Seite 1 der Guten Zeitung, die mit einer Million Auflage, im Kleinformat, 16 Seiten stark und von renommierten österreichischen Zeitungsjournalisten geschrieben kommende Woche auf den Markt kommt.
    Nicht zur Vergrößerung der österreichischen Medienvielfalt, sondern für einen anderen guten Zweck, wie Willi Resitaritz, Mitinitiator des Wiener Integrationshauses, erläutert.
    Die Zeitung wird von den ausländischen Menschen, die so mit Plastiksackerln an die Türschnaule hängen, verteilt, an jeden Haushalt von Wien.
    Natürlich außer wo steht bitte keine Werbung.
    Und da bieten wir halt die Leute, dass sie es nicht gleich weghaben, sondern ein bisschen reinschauen vorher.
    Das zentrale Stück der Zeitung ist in der Mitte eingelegt und ist auch ein Logschein.
    Das heißt, wir brauchen natürlich Geld.
    Geld nicht für das Integrationshaus selbst, sondern Geld für die Betreuung der mehr als 100 Menschen, die dort wohnen, wie Resitalitz betont.
    Das Betreuungskonzept von uns ist, dass wir Leute einladen, intensiv betreuen und wieder rausschicken, um neue einzuladen.
    Das ist personalintensiv.
    Wir brauchen Geld für Personalkosten.
    Mitinitiator des Integrationshauses und auch der Guten Zeitung, die im Falle eines Erfolges auch weiterscheinen soll, ist Sepp Stranig.
    Die Gute Zeitung ist so gut, wie sie in den Menschen, die sie lesen, etwas Gutes bewirkt.
    Das ist auch das Anliegen, das diese Gute Zeitung hat.
    Sie soll den Menschen, die sie lesen, eine Wirklichkeit näher bringen.
    Und das ist die Wirklichkeit, in der die Flüchtlinge, die da in Österreich sind, in der erzwungenen Heimat, in der sie leben, wie diese Flüchtlinge da leben und hausen.
    Das Integrationshaus in Wien-Leopoldstadt gibt nun auch eine neue Zeitung heraus, die Gute Zeitung, und wirbt für Integration.
    Ab kommenden Montag ist es soweit.
    Die Banken werden neue Eurocheckkarten an ihre Kunden verteilen.
    Das Revolutionäre daran, diese Eurocheckkarten haben kleine Chips eingeschweißt.
    Die elektronische Geldbörse.
    Was die Chipkarten können und was nicht, berichtet Josef Schweinzer.
    Die elektronische Geldbörse füllt man nicht anders, als man Geld vom Bankomat behebt.
    Die Chipkarte wird in den Bankomat-Schlitz gesteckt, das Anzeigemenü durchgespielt und schon hat man, anstatt einer Handvoll Geldscheine, bis zu 2000 Schilling von einem Konto auf den Chip gespeichert.
    Mit diesem Guthaben zahlt man dann an entsprechenden Kassen beim Bäcker, Trafikanten oder im Supermarkt.
    Das Laden der elektronischen Geldbörse soll noch heuer österreichweit funktionieren.
    Das Geld ausgeben vorerst nur in den Städten St.
    Pölten, Eisenstadt, Brugg an der Moor, Wiener Neustadt und Mödling.
    Wie es weitergeht, sagt der Chef von EuropäAustria Peter Trzka.
    Der nächste Schritt wird sein, dass zwei Lebensmittelketten, nämlich Merkur und Magnet, auch heuer noch planmäßig beginnen werden.
    diese Chipkarten zu akzeptieren.
    Man wird also ohne Scheck bei diesen Ketten einkaufen können.
    Und dann geht es österreichweit schrittweise weiter.
    Unser Plan sieht vor, dass wir etwa bis Mai, Juni nächsten Jahres flächendeckend Österreich mit einer entsprechenden Infrastruktur
    Die anfangs 300 Zahlstellen sollen bis Ende nächsten Jahres auf 5.000 anwachsen.
    Akzeptanzprobleme beim Feldversuch in Eisenstadt führt Trzka auf die Kassengeräte zurück.
    Das soll jetzt verbessert worden sein.
    Befürchtungen, dass mit dem Chip auch andere Daten als Geldbeträge gespeichert werden, weist der Europäischef zurück.
    Wenn ein Kunde einverstanden ist, dass eine bestimmte Firma die Einkäufe, die bei ihr getätigt werden, sozusagen selbst gespeichert werden und verknüpft werden mit Daten, die der Kunde hergegeben hat, dann wird das so wie bisher weiter stattfinden können, hat aber mit der Chipkarte selbst nichts zu tun.
    Allerdings, weil die neuen Karten mehr können, ist auch das Risiko größer.
    Wer sich beim Eingeben des PIN-Codes über die Schulter schauen und dann die Karte stehlen lässt, den können die Diebe bis zu 40.000 Schilling vom Konto plündern.
    Und auch das harmlose Missgeschick kommt relativ teuer.
    Wenn er die Chipkarte verliert, dann ist so wie bei Bargeld natürlich der Betrag verloren.
    Wenn die Chipkarte kaputt geht, durch welche Gründe immer, dann ersetzen wir den Betrag.
    Auch dann, wenn er nicht mehr ausgelesen werden kann, hier ist in den Bedingungen vorgesehen,
    dass wir uns daran orientieren, was der Kunde hier uns als Betrag, als Gespeicherbetrag angibt.
    Natürlich ist es so, dass wir mit Unterkarten, die im Feld nicht mehr ausgelesen werden können, zentral doch noch auslesen können.
    Also es soll nicht der Freibrief sein, dass man so irgendeinen Betrag angibt.
    Aber wir wollen hier wirklich den Kunden risikolos
    Die elektronische Geldbörse wird jedenfalls, ob man sie benutzt oder nicht, bei den meisten Banken teurer sein als die alte Bankomatkarte und zwar um bis zu 30 Schilling im Jahr.
    Begründet wird das mit den höheren Herstellungskosten und der besseren Fälschungssicherheit.
    Nach österreichischem Vorbild wurde heute in Deutschland das Kirchenvolksbegehren abgeschlossen.
    Wie es zurzeit ausschaut, bleiben die Ergebnisse aber hinter den Erwartungen zurück, berichtet Wolfgang Wert.
    Noch bis morgen werden die Unterschriften fürs deutsche Kirchenvolksbegehren gesammelt, vor Kirchen und Pfarrheimen, aber auch in Fußgängerzonen.
    Zwei Monate waren nach Reformen dürstende Katholiken für ihr Anliegen unterwegs.
    800 örtliche Gruppen hätten sich bundesweit gebildet, berichten die Initiatoren.
    Vor allem in Westdeutschland, während im Osten die Resonanz vergleichsweise gering war.
    Aber dort, so die Kirchenvolksbegehrer, sei ja der Boden für die katholische Kirche generell schwierig.
    Um den österreichischen Überraschungserfolg zu wiederholen, müsste die deutsche Initiative Wir sind Kirche vergleichsweise gerechnet zweieinhalb Millionen Unterschriften zusammenbekommen.
    So viel werden es aber kaum werden, lassen auch zweckoptimistische Aktivisten erkennen, wie etwa der Dortmunder Dieter Grohmann, einer der drei Gründer des deutschen Kirchenvolksbegehrens.
    Also ich persönlich habe immer davon gesprochen, eine Million plus X ist für mich ein Erfolg.
    Wenn ich die Veranstaltungen Revue passieren lasse, an denen ich teilgenommen habe und was an Rückmeldungen gekommen ist, werden wir zwischen einer Million und zweieinhalb Millionen wahrscheinlich liegen.
    Die Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Rita Waschbüsch, stand dem Kirchenvolksbegehren von Anfang an skeptisch gegenüber.
    Die Chefin der großen, sozusagen kirchenamtlichen, Laien-Dach-Organisation verwies stets darauf, dass es über die angesprochenen Themen ohnehin bereits Diskussionen in den dafür vorgesehenen Gremien gebe.
    Und an Rita Waschbüschs Haltung hat sich auch in den letzten Wochen nichts geändert, wenngleich sie einräumt.
    Ich sehe, dass viele Gutwillige sich beteiligen, aber ich halte diese plakative Art und Weise des Ja und Nein zu so wesentlichen Fragen für kontraproduktiv.
    Ich glaube eher, dass die Gemeinden auseinander sind, als dass sie zusammengekommen sind zu einem intensiven Dialog.
    Das Wiener Burgtheater wird heute Abend nach der umbaubedingten Zwangspause wiedereröffnet.
    Mit einem Aufwand von rund 120 Millionen Schilling wurde ja die völlig veraltete Bühnentechnik saniert.
    Unter dem Titel Ingeborg Bachmann Wehr haben die Dramaturgen Hermann Beil und Jutta Färbers eine Textcollage zusammengestellt.
    Im Bühnenbild von Peter Schubert hat Klaus Peimann mit sieben Schauspielerinnen und einem Schauspieler, darunter Kirsten Dene, Ursula Höpfner und Therese Affolter, daraus eine szenische Parabel über Leben und Werk Ingeborg Bachmanns gestaltet.
    Maria Rennhofer war bei einer Probe und hat mit Klaus Peimann gesprochen.
    Zeit.
    Heute.
    Heute.
    Heute.
    Heute.
    Heute.
    Ort?
    Wie?
    Wie?
    Die Zeitangabe muss ich mir lange überlegen, denn es ist mir fast unmöglich, heute zu sagen.
    Obwohl man jeden Tag heute sagt, ja, sagen muss.
    Klaus Peinmann, Sie eröffnen die Burgtheatersaison nach der technikbedingten Umbaupause mit einem Ingeborg-Bachmann-Abend.
    Warum haben Sie sich für diese Dichterin entschieden?
    Aber die Idee dafür kam von Hermann Beil, unserem Dramaturgen.
    Und in ein Theater wie das hiesige Nationaltheater, das ja die zeitgenössische Literatur vor allem pflegt, auch die österreichische, passt es eigentlich ideal.
    Für mich selber ist es nach Ritter, Diener, Forst und Heldenplatz und nach Anna von Hildespiel vielleicht meine wienerischste Arbeit geworden.
    Und das war mit der Bachmann möglich.
    wie viele der großen Künstler dieses Landes und dieser Stadt, die sie lieben, verzweifeln und zerbrochen sind.
    Ist dieser Aspekt, die Hassliebe zu Wien, auch etwas, womit Sie sich ganz direkt mit der Bachmann identifizieren können?
    Ja, das ist ja das Grundgefühl.
    Das ist ja auch vielleicht die Basis meiner Freundschaft zu Thomas Bernhardt gewesen.
    Und auch vielleicht diese Sympathie, die Jelinek
    Thurini und mich verbinden, also Autoren, die für unser Haus schreiben.
    Aber ich glaube, dass Kunst ja immer eine eher oppositionelle Position ist.
    Dieser Blödsinn, dass da von irgendwelchen Staatskünstlern die Rede ist.
    Und es hat sich so ergeben, dass in einer Zeit, in der man Künstler und Dichterinnen wieder ausgrenzt, öffentlich an den Plakatsäulen für sehr schnöde Ziele, dass wer also Künstler und Dichter aussperrt, der zündet ja auch Bücher an.
    Und dass man diese charismatische Figur Bachmann, die Dichterin par excellence, jetzt zu diesem Zeitpunkt spielt, ist für mich auch eine Manifestation für die Literatur, für die Kunst.
    Und insofern ist das für mich auch eine politische Demonstration.
    Herr Palman, Sie verfügen jetzt über ein Haus mit der modernsten Bühnentechnik.
    Wäre es nicht auch verlockend gewesen, zur Eröffnungspremiere ein tatsächliches Theaterstück mit vielen Umbauten und einer Szenerie, die alle Stücke, die die Bühne jetzt spielen kann, gleich zur Geltung bringt, auf den Spielplan zu setzen?
    Ich mache ja nie das, was man erwartet, verstehen Sie?
    Ich finde ja nichts langweiliger, als das zu machen, was man erwartet.
    Einerseits.
    Andererseits sage ich Ihnen, am Fluss passiert ja ein enormer Theaterkuh.
    Da fahren da plötzlich mal einige Tonnen hinauf wie ein Schmetterlingsflügel.
    Diese kurze Sekunde zeigen wir, es hat sich gelohnt, Republik Österreich, dass sie endlich dieses Haus auf den letzten Stand gebracht hat.
    Wer jetzt wirklich für einen Augenblick technisch das führende Haus der Welt sind wahrscheinlich, künstlerisch gehören wir ja schon seit langem dazu.
    12.53 Uhr nochmals ins Nachrichtenstudio.
    Nigeria.
    Nach der Hinrichtung des oppositionellen Schriftstellers Ken Saroviva ist die Militärregierung Nigerias unter starken internationalen Druck geraten.
    Die USA haben bereits ein Waffenembargo gegen Nigeria verhängt, die Mitgliedschaft Nigerias im Commonwealth ist auf Antrag Südafrikas bis auf weiteres suspendiert worden.
    In der UNO mehren sich Stimmen, dass gegen das derzeit nicht ständige Sicherheitsratsmitglied Nigeria Sanktionen verhängt werden.
    Mehrere Staaten, darunter Deutschland und Österreich, haben ihre Botschafter aus Lagos zur Berichterstattung zurückgeordert.
    Saro-Viva hatte sich für den Schutz seines Stammes, der Ogoni, im erdölreichsten Gebiet Nigerias eingesetzt.
    Wegen der rücksichtslosen Ausbeutung der Erdölvorräte soll der Lebensraum des Stammes bereits beträchtlich geschädigt sein.
    Die Militärregierung ließ Saro-Viva wegen angeblich vierfachen Mordes zum Tode verurteilen.
    Viva und weitere acht andere Dissidenten wurden trotz vieler internationaler Interventionen gehängt.
    Sri Lanka.
    Tamilische Rebellen haben in der Hauptstadt Colombo ein Blutbad angerichtet.
    Zwei Selbstmordattentäter versuchten in das Armeehauptquartier einzudringen.
    Die zwei wurden entdeckt.
    Die Attentäter zündeten die Bomben vorzeitig.
    Mindestens 15 Menschen wurden dabei getötet.
    Anschließend eröffneten Rebellen aus einem nahegelegenen Hotel das Feuer auf das Armeehauptquartier.
    Die Soldaten schossen zurück und durchkämpften das Hotel.
    Die tamilischen Aufständischen kämpfen für einen unabhängigen Staat im Norden Sri Lankas.
    Nach Beginn einer neuen Militäraktion der Regierungstruppen sind die Rebellen in die Defensive geharrten.
    Vereinte Nationen Die seit 1992 bestehenden UNO-Sanktionen gegen Rest-Jugoslawien sind neuerlich gelockert worden.
    Das aus Serbien und Montenegro bestehende Rest-Jugoslawien darf in den kommenden Monaten Erdgas und Heizöl für humanitäre Zwecke importieren.
    Das beschloss der Sanktionsausschuss des UNO-Sicherheitsrats in New York.
    Für die Erleichterung dürften Fortschritte bei den Bosnien-Friedensgesprächen in den USA maßgeblich gewesen sein.
    Damit ist erstmals das umfassende Wirtschaftsembargo gegen Rest-Jugoslawien gelockert worden.
    Das Wetter im Flachland und im Grazer Becken meist neblig, trüb und kühl mit etwa 3 Grad.
    Im Bergland zeitweise sonnig, föhnig mit 11 bis 16 Grad.
    Leichter Regen am Alpenhauptkern, in Vorarlberg, Tirol und Oberkärnten.
    Mit diesem Nachrichtenüberblick ist das Mittagsjournal an diesem Samstag, dem 11.
    November beendet.
    Techniker war Herbert Heiner, redaktionelle Verantwortung trug Hubert-Anim Ellison und als Moderatorin verabschiedet sich Ursula Stenzel.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Reaktionen auf die Hinrichtung von Ken Saro-Wiwa
    Der Bürgerrechtler Saro-Wiwa hatte sich für seine eigene ethnische Gruppe, die Ogoni, die im erdölreichsten Gebiet Nigerias lebt, eingesetzt. Auf seine Hinrichtung in einem schauprozessartigen Verfahren folgt der Ausschluss Nigerias aus dem Commonwealth sowie heftige internationale Proteste gegen das nigerianische Militärregime. Saro-Wiwa war stark der Erdölförderung in seinem Land und deren ökologischen Folgen nachgegangen und dabei immer wieder dem Erdölkonzern Shell in die Quere gekommen.
    Mitwirkende: Wolfgramm, Rainer [Gestaltung]
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Tod ; Demonstration ; Diskussion ; Menschenrechte ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Kontinente / Afrika
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Ölkonzern Shell und seine Position in Nigeria
    Einblendung: Max Mentley, Erdölexperte, Sprecher der Ogoni, Brian Anderson, Shell-Direktor Nigeria. Der britische Erdölkonzern Shell beutet die Erdölvorkommen in der nigerianischen Provinz Ogoni aus und wird bezichtigt, hier große ökologische Schäden anzurichten. Ken Saro-Wiwa hatte immer wieder auf das rücksichtslose Verhalten des Öl-Multis, vor allem gegenüber der ethnischen Minderheiten in dieser Region hingewiesen. Shell arbeitet eng mit dem nigerianischen Militärregime zusammen, das auch die Mehrheitsanteile hat. Direktor Anderson meint, Shell operiere bereits seit Jahrzehnten und unter elf unterschiedlichen Regimes, habe aber immer "das größere Ganze" im Auge behalten. Tatsächlich profitieren von den enormen Bodenschätzen des Landes vor allem die korrupten Machteliten.
    Mitwirkende: Neuhauser, Claudia [Gestaltung] , Mentley, Max [Interviewte/r] , Anonym, Sprecher der Ogoni [Interviewte/r] , Anderson, Brian [Interviewte/r]
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Ort: London
    Schlagworte: Politik ; Wirtschaft ; Tod ; Demonstration ; Diskussion ; Menschenrechte ; fossile Energieträger ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Kontinente / Afrika
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Interview mit Rigoberta Menchu vor Präsidentschaftswahlen in Guatemala
    Interview: Menchu
    Mitwirkende: Ther, Klaus [Gestaltung] , Menchu, Rigoberta [Interviewte/r]
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Direkte Demokratie ; Wahlen ; Friede ; Zivilgesellschaft ; Menschenrechte ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Kontinente / Südamerika
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    "Die gute Zeitung" kommt nächste Woche auf den Markt
    Einblendung: Willi Resetarits, Sepp Stranig
    Mitwirkende: Pesata, Fritz [Gestaltung] , Resetarits, Willi [Interviewte/r] , Stranig, Sepp [Interviewte/r]
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte: Medien und Kommunikation ; Printmedien ; Minderheiten ; Migration ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Ab Montag neue Bankomatkarte mit Chip
    Einblendung: Peter Trcka, Europay Austria ; Europay Austria. Mit den neuen Bankomatkarten kann man bei entsprechenden Automaten bezahlen, etwa bei zwei Supermarktketten.
    Mitwirkende: Schweinzer, Josef [Gestaltung] , Trcka, Peter [Interviewte/r]
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wirtschaft ; Finanzwesen und Kreditwesen ; Konsum ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Religion: Deutsches Kirchenvolksbegehren
    Einblendung: Dieter Grohmann, Rita Waschbüsch
    Mitwirkende: Werth, Wolfgang [Gestaltung] , Grohmann, Dieter [Interviewte/r] , Waschbüsch, Rita [Interviewte/r]
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Religion ; römisch - katholische Kirche ; Diskussion ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Burgtheater eröffnet nach Umbau die Saison
    Interview: Peymann
    Mitwirkende: Rennhofer, Maria [Gestaltung] , Peymann, Claus [Interviewte/r]
    Datum: 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte: Theater ; Literatur ; Lyrik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1995.11.11
    Spieldauer 00:55:59
    Mitwirkende Stenzel, Ursula [Gestaltung] [GND]
    ORF [Produzent]
    Datum 1995.11.11 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-951111_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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