Mittagsjournal 1989.12.30

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Guten Tag meine Damen und Herren, zum Mittagsjournal begrüßt Sie Udo Bachmeier.
    Die Beitragsthemen.
    Zur Lage in Rumänien hören Sie ein Interview mit dem Pfarrer der Evangelischen Deutschen Gemeinde in Bukarest.
    Zur Entwicklung in der GSSR bringen wir ein Gespräch mit dem Politikwissenschaftler Steneg Mlinas.
    Er ist heute im Journal zu Gast.
    Die Hintergründe des Währungszusammenbruchs in Argentinien.
    Aus Österreich die diesjährige Pastoraltagung im Zeichen der Ökumene, die Lage in den Wintersportgebieten, umweltfreundliche Knallkörper und eine Vorschau auf das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker vervollständigen das Programm.
    Wir beginnen mit den Nachrichten, zusammengefasst von Edgar Theider.
    Es liest Melita Čapka.
    Polen.
    Der Reformprozess in Polen ist nun durch wichtige Verfassungsänderungen abgesichert worden.
    Mit überwältigender Mehrheit beschloss das Parlament in Warschau, den Artikel über das Machtmonopol der Kommunisten aus der Verfassung zu streichen.
    Die Definition Polens als kommunistischer Staat gilt nicht mehr.
    Die Vorkriegsbezeichnung Republik Polen ist wieder gültig.
    Die Bezeichnung Volksrepublik ist abgeschafft.
    Im Staatswappen mit dem Weißen Adler ist von nun an wieder die Königskrone zu sehen.
    Durch die Verfassungsänderung werden ferner die Bildung politischer Parteien, wirtschaftliche Freiheit und der Schutz des Privateigentums garantiert.
    Die Minderheiten in Bulgarien sollen von nun an nicht mehr unterdrückt werden.
    Das Zentralkomitee der bulgarischen KP hat sich in seiner gestrigen Sitzung vom Kurs der früheren Parteiführung unter Todor Schifkov distanziert.
    Es verurteilte das bisherige Zwangsassimilierungsprogramm vor allem für die türkische Volksgruppe als schweren politischen Irrtum.
    Die Führung der bulgarischen KP erklärte sich außerdem bereit, Gespräche über die Bildung einer Koalitionsregierung auf breiter Basis zu führen.
    Ende Jänner wird ein Sonderparteitag abgehalten, um die von Staats- und Parteichef Mladenov eingeleiteten Reformen zu beschleunigen.
    Rumänien
    Die Übergangsregierung hat vor der nach wie vor bestehenden Gefahr von Mordanschlägen durch untergetauchte Mitglieder der früheren Geheimpolizei Securitate gewarnt.
    Vizepräsident Ionesco sagte, es seien immer noch Fanatiker unterwegs, die vor allem auf Mitglieder der neuen Regierung Attentate verüben wollten.
    Die Gefahr eines Gegenputsches bestehe aber nicht mehr.
    Auch der Innenminister versicherte, trotz vereinzelter Schießereien sei die Lage insgesamt stabil, Bevölkerung und Armee hätten die Situation unter Kontrolle.
    Die Übergangsregierung hat weiters aus der Ära Ceausescu stammende Gesetze abgeschafft.
    So sind die Rumänen nun nicht mehr verpflichtet, alle Gespräche mit Ausländern zu melden.
    Aufgehoben wurde auch ein Gesetz, wonach im Ausland arbeitende Rumänen einen Teil ihrer in Devisen bezahlten Gehälter an den Staat abliefern mussten.
    Vereinte Nationen Die UNO-Vollversammlung hat die amerikanische Invasion in Panama verurteilt.
    Die von Nicaragua und Kuba eingebrachte Resolution wurde mit 75 gegen 20 Stimmen bei 40 Enthaltungen verabschiedet.
    Zu den Befürwortern der Resolution gehörte auch Österreich.
    In dem Text wird die amerikanische Invasion in Panama zutiefst bedauert und als flagrante Verletzung des Völkerrechts verurteilt.
    Panama-Nicaragua.
    Zwischen den USA und Nicaragua ist es neuerlich zu Spannungen gekommen.
    Grund dafür ist die Durchsuchung der Residenz des nicaraguanischen Botschafters in Panama Stadt durch Soldaten der amerikanischen Invasionstruppen.
    Der Botschafter sprach von einer Verletzung elementarer diplomatischer Grundsätze, für die die USA den Preis bezahlen müssten.
    In Reaktion auf das Vorgehen der Amerikaner hat die nicaraguanische Regierung 20 amerikanische Diplomaten und weitere 100 Botschaftsangehörige aus Nicaragua ausgewiesen.
    Argentinien Das Währungssystem Argentiniens ist völlig zusammengebrochen.
    Ausgelöst wurde dies durch den Beschluss der Regierung, das gesamte Wirtschaftssystem auf Dollarbasis umzustellen und am kommenden Dienstag eine Währungsreform vorzunehmen.
    Die argentinische Landeswährung hat im zu Ende gehenden Jahr im Vergleich zum amerikanischen Dollar mehr als 11.000 Prozent an Wert verloren.
    Die voraussichtliche enorme Teuerung hat zu Hamsterkäufen ungeheuren Ausmaßes geführt.
    Hunderttausende Menschen stürmten gestern die Supermärkte, vor den Tankstellen bildeten sich kilometerlange Autoschlangen.
    Österreich
    Der Wiener Repräsentant der schweizerischen Waffenfirma Oerlikon, Walter Schön, hat heute den Vorwurf der Parteienfinanzierung im Zusammenhang mit Munitionskäufen des Bundesheeres zurückgewiesen.
    Der Vorwurf wurde zuletzt im Zusammenhang mit jenen Munitionskäufen erhoben, die auch zur Voruntersuchung gegen Verteidigungsminister Lichal geführt haben.
    Der Wiener Oerlikon-Vertreter erklärte heute dazu, er sei schon bei früheren Behauptungen einer Parteienfinanzierung rechtlich dagegen vorgegangen.
    Er habe auch mehrmals mit Ministersekretär Michael Spindelegger über derartige Gerüchte gesprochen.
    Aufzeichnungen über eines dieser Gespräche wurden bei einer Hausdurchsuchung sichergestellt.
    Nun das Wetter, die Aussichten bis morgen früh.
    Über dem Flachland regional nebelig trüb, Nebelobergrenze um 900 Meter, sonst heiter oder wolkenlos, schwacher Wind, Nachmittagstemperaturen minus 5 bis plus 3, Tiefstemperaturen der kommenden Nacht minus 15 bis minus 4 Grad.
    Das Wetter morgen Sonntag über den Niederungen recht beständige Nebelfelder, sonst sonnig, Frühtemperaturen minus 15 bis minus 4, Tageshöchsttemperaturen minus 3 bis plus 2 Grad.
    Eine Vorschau auf den Montag, keine Wetteränderung.
    Nun noch die Messwerte ausgegeben um 12 Uhr.
    Wien Nebel minus 3 Grad, Eisenstadt Nebel minus 5, St.
    Pölten und Linz Hochnebel minus 2 Grad, Salzburg-Heiter minus 4, Innsbruck wolkenlos minus 5,
    Bregensheiter minus ein Grad, Graz wolkig Bodennebel minus drei und Klagenfurt-Heiter minus zwei Grad.
    Von den Wetterwerten gleich zur Lage in den Wintersportgebieten.
    Die Ferientage zwischen Weihnachten und Heiligen Dreikönig sind traditionelle Urlaubswochen.
    Wie schon in den vergangenen Jahren, so ist auch heuer allerdings wieder einmal der herbeigesehnte Schneefall ausgeblieben.
    Nicht nur in den Städten, auch sonst in den Tallagen findet sich maximal rauhreif.
    Das hält allerdings die Urlauber meist nicht ab, trotzdem in ihre Quartiere zu fahren.
    Schließlich haben sie schon Wochen vorher gebucht.
    Zur Schneelage und zur Buchungssituation in den Wintersportgebieten folgende Informationen aus unseren Landesstudios.
    In Vorarlberg herrscht derzeit, was die Buchungssituation anbelangt, Eitelwonne.
    Die bekannten Regionen wie der Arlberg, das Montafon, das Kleinwalsertal, der Bregenzer Wald und das Brandnertal mit zusammen etwa 60.000 Betten sind so gut wie ausgebucht.
    Qualitätszimmer sind derzeit kaum zu bekommen.
    Von den rund 330 Skiliften und Bergbahnen sind im Moment nur etwa 50 in Betrieb.
    Das hat dazu geführt, dass in den Arlberger Orten und im Tannberggebiet Liftkarten nur mehr beschränkt ausgegeben werden.
    Tagestouristen haben zuletzt in Lech und Wart für chaotische Verkehrsverhältnisse gesorgt.
    Wo kein Schnee vorhanden ist, werden die Gäste durch Alternativprogramme bei Laune gehalten.
    Das ist deshalb möglich, weil zurzeit hauptsächlich Familienferien und weniger sportlicher Winterurlaub gemacht werden.
    Bis Dreikönig dürfte sich an der jetzigen Situation wenig ändern.
    Dann werden, sofern der Schneemangel anhält, Einbußen befürchtet.
    In Tirol ist die Fremdenverkehrswirtschaft rundherum zufrieden.
    Seit den Weihnachtsfeiertagen sind die großen Wintersportorte zur Gänze ausgebucht.
    Und auch die Vorausbestellungen für den restlichen Winter liegen zumindest auf dem Niveau des Vorjahres.
    Zu Weihnachten hat es überraschend Schneefälle bis in die Tallagen gegeben.
    Damit sind jetzt alle größeren Liftanlagen in Betrieb.
    Gerade die dünne, aber immerhin vorhandene Schneedecke macht den Hoteliers und Liftbesitzern Hoffnung, dass der Gästestrom auch nach dem
    Königstag nicht abreißt und das gefürchtete Jennerloch im heurigen Winter ausbleibt.
    Wenn es in den nächsten Tagen und Wochen noch zusätzliche Schneefälle gibt, dann dürfte die Wintersaison in Tirol so gut wie gelaufen sein.
    In Salzburg macht sich in der Fremdenverkehrswirtschaft eine leichte Euphorie breit.
    Wo immer man anruft, Betten sind kaum zu bekommen, die Zufriedenheit ist allerorten groß.
    Belegt werden diese Betten im gesamten Bundesland immer mehr von Italienern, die Salzburg nun offensichtlich auch als Winterurlaubsland entdeckt haben.
    Bis nach Silvester also volle Häuser.
    Dann schaut es allerdings nicht mehr ganz so gut aus.
    Die klassischen Skizentren wie das Gasteinertal, der Pinzgau,
    Und natürlich auch der Ratsstädter Tauern geben sich zwar für den gesamten Jänner zuversichtlich, aber auch an ihnen dürfte, so wie an den kleinen Gemeinden, das traditionelle Jännerloch nicht spurlos vorübergehen.
    Gehofft wird vor allem darauf, dass Salzburgs südliches Nachbarland Kärnten weiterhin sozusagen auf dem Trockenen sitzt und Skifahrer lieber in Salzburg bleiben und hier Skifahren können, als nach Kärnten in ihr angestammtes Quartier fahren und dort doch einer gewissen Schneeunsicherheit ausgesetzt sind.
    Denn Skifahren kann man in Salzburg praktisch überall.
    Es sind mit wenigen Ausnahmen alle Liftanlagen in Betrieb.
    In Kärnten ist in allen Skiregionen ein Großteil der Lifte in Betrieb.
    Man nützt jetzt die kalten Tage, um mit Schneekanonen die Pisten winterweis zu gestalten.
    So werden vor allem im Süden des Bundeslandes die meisten Abfahrten mit Kunstschnee präpariert.
    Von guten Pistenverhältnissen und Naturschnee sprechen die Tourismusmanager im Norden Kärntens, und zwar in Heiligenblut, am Katschberg, am Ahnkogl und am Mölltaler Gletscher.
    In diesen Gebieten liegen bis zu 50 Zentimeter Schnee.
    In den höheren Ebenen kann auch mit gespurten Langlaufläupen aufgewartet werden.
    In allen Skigebieten Kärntens sind die Hotels bis zu 90 Prozent ausgelastet.
    Stornierungen gab es nur vereinzelt.
    Dennoch hofft man in Kärnten auf Neuschneezuwachs, dies vor allem deshalb, weil der schneearme Winter im Vorjahr bereits Millionenverluste für den Tourismus gebracht hat.
    In Oberösterreich blickt man schneewärts.
    Mit diesem Slogan hat der heimische Fremdenverkehr heuer um die Wintergäste geworben.
    Und die sind den oberösterreichischen Wintersportgebieten treu geblieben.
    Trotz des akuten Schneemangels sprechen die Verantwortlichen von einer hervorragenden Buchungssituation.
    Es gab kaum Stornierungen, die Betriebe in allen Wintersportzentren des Landes sind ausgebucht.
    Fast überall sind die Liftanlagen in Betrieb und auch im Müllviertel, das vom Schneemangel am meisten betroffen ist, sind die Langlaufleuten gespurt.
    Die Gäste scheinen zu hoffen, dass doch noch der heiß ersehnte Schnee kommt.
    Sie weichen auf Eislaufen und Wandern aus und besuchen die Städte.
    Eines allerdings befürchtet der heimische Fremdenverkehr.
    Sollte der Wettergott kein Einsehen mit Oberösterreich und den Wintersportlern haben und es gibt keinen Schnee, dann könnten viele Urlauber verfrüht die Heimreise antreten.
    In der Steiermark ist man trotz unterschiedlicher Schneelage in den verschiedenen Skigebieten mit der derzeitigen Buchungslage recht zufrieden.
    Neuschneezuwachs von 60% hat in der Dachsteindauernregion für ungefährdetes Pistenvergnügen gesorgt.
    Dort glaubt man nicht nur bis Heiligen Drei König gut gebucht zu sein, sondern hofft auch, das Jennerloch nicht zu spüren zu bekommen.
    Ähnlich optimistisch ist man im Gebiet um Murau, wo die gehobenen Rennbetriebe auch im Jenner gut ausgelastet sein werden.
    Noch nicht Vollbetrieb konnte man im Ausealand aufnehmen.
    Auf dem Loser stehen derzeit noch einige Anlagen still.
    Die Abfahrt bis ins Tal ist aber möglich und bis 6.
    Jänner werden auch dort die Quartiere voll sein.
    Ähnlich ist die Situation im Mariazeller Land.
    In der Skiregion Südautobahn gibt es derzeit zwar zu wenig Schnee, um den Skibetrieb zu eröffnen.
    Mit Schneekanonen versucht man dort
    jetzt wenigstens ein Mindestangebot bereitstellen zu können.
    Bis jetzt ist ein Großteil der Stammgäste geblieben.
    Doch wie lange man dort noch gemeinsam mit den Einheimischen auf Schnee warten will, ist ungewiss.
    In Niederösterreich lässt der Schnee noch auf sich warten.
    Alternativstrategie in St.
    Corona am Wechsel, die Sommerrodelbahn.
    Aber vor allem die Liftgesellschaften leiden unter dem Schneemangel.
    Sie leben in NÖ zum Großteil vom Tagesgast, also vom Ausflugstouristen.
    Und der bleibt jetzt natürlich aus.
    Was nicht ausbleibt, das sind die Rückzahlungen für die Investitionen, die nach einem Ausbauplan der niederösterreichischen Landesregierung in den einzelnen Orten heuer vorgenommen wurden.
    Einzige Ausnahme, auf dem Hochkar hat es in den letzten Tagen geschneit und dort haben die Lifte natürlich Hochbetrieb.
    Die Beherbergungsbetriebe sind noch gelassen, die Buchungslage ist, so die Fremdenverkehrswerbung, nicht so schlecht.
    Bis jetzt sind traditionell Wintergäste ohne Skier im Gepäck abgestiegen.
    Erst in der ersten Jännerwoche werden die Skifahrer erwartet.
    Und dann wird es auch in Niederösterreich zu Stornos kommen, so dass Neujahr keinen Schnee bringt.
    In Wien übernachteten in diesem Jahr rund sieben Millionen Touristen, mehr als jemals zuvor.
    Die Bundeshauptstadt ist damit auf dem besten Weg, Rom, das bei den Übernachtungszahlen europaweit hinter London und Paris an dritter Stelle liegt, den Rang abzulaufen.
    Auch zwischen Weihnachten und Silvester waren die Hotels in der Bundeshauptstadt zu 60 Prozent ausgelastet.
    Für das Silvesterwochenende gibt es in Wien bereits kein freies Hotelbett mehr.
    Vor allem Italiener, Schweizer, Deutsche, Japaner und Amerikaner begeisterten sich heuer für das Flair der Donaumetropole.
    Anders als in früheren Jahren kommen die Fremden jedoch immer seltener in Gruppen.
    Die Individualtouristen geben während eines Wiener Aufenthalts auch immer mehr Geld aus.
    Zu Silvester waren vor allem die gehobenen Hotels gefragt, die den Gästen auch Karten für die Oper, den Kaiserball oder für eines der drei Wiener Musicals besorgen können.
    Die Reporter waren Jürgen Schenkenbach, Günter Schimazek, Karl Kern, Karin Gugl, Romaner Oberwegner, Werner Handlos, Wolfgang Ritzberger und Wolfgang Kindler.
    12.14 Uhr ist es jetzt.
    Wer zu Beginn des nun zu Ende gehenden Jahres die Vorhersage gewagt hätte, innerhalb dieses Jahres werde es einen katholischen Solidarnosch-Funktionär als Ministerpräsidenten in Polen geben, in Ungarn die Selbstauflösung der kommunistischen Partei, in der DDR das Ende der Mauer, in der CSSR
    einen Parlamentspräsidenten Alexander Dubček, der die Wahl Vaclav Havels zum Staatspräsidenten verkündet, die Ablösung Schiffkows in Bulgarien und einen blutigen Aufstand gegen Ceaușescu mit standrechtlicher Erschießung des Diktators, man hätte einen solchen Propheten für verrückt gehalten.
    Die Nachrichten haben sich in diesen letzten Monaten oft überschlagen.
    Zeit zum Nachdenken blieb wenig.
    In größeren Zusammenhängen sehen von Berufswegen die Politikwissenschaftler die Tagesereignisse.
    Prof. Dr. Stenek Mlinas ist ein solcher.
    Er ist heute im Journal zu Gast.
    Mlinasz lehrt an der Universität Innsbruck und ist Experte für Osteuropa.
    Der gebürtige Tscheche hat unter anderem in Moskau studiert.
    Einer seiner Studienkollegen war Michael Gorbatschow.
    Unter Alexander Dubczek wechselte Mlinasz in die aktive Politik und wurde Sekretär des Zentralkomitees der KP.
    Nach seiner Entlassung nach dem Ende des Prager Frühlings lebte er noch einige Jahre in der Tschechoslowakei, wurde dann ausgebürgert und nach Österreich abgeschoben.
    Mit Steneg Mlinasz sprach Roland Machatschke.
    Herr Professor Mlinasch, das Jahr 1989 hat sicherlich die größten Veränderungen in der Geschichte nach Kriegs Europas gebracht.
    Kann eigentlich die Politikwissenschaft mit den Ereignissen noch Schritt halten?
    Ja, das ist, also was das Aktuelle betrifft, kaum möglich.
    Im Großen und Ganzen, aber ja, es gab doch immer
    Voraussagen oder Hypothesen, dass es zu einem Zusammenbruch des stalinistischen Systems kommen muss und zu einer Systemänderung.
    Ich würde sogar nicht sagen, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg die größte Änderung bedeutet.
    Es war doch 47, 48, also diese Entwicklung, die
    eigentlich vergleichbar wäre.
    Und jetzt geht das zurück.
    Also das, was damals gewaltsam in die mitteleuropäischen Länder, also exportiert wurde es von der Sowjetunion, das geht jetzt wieder zurück.
    Ist mit dem Stalinismus auch der Kommunismus Ihrer Meinung nach tot?
    Ja, das ist die alte ideologische Frage, wissen Sie.
    Also ich bin persönlich der Meinung, dass solche große
    Bewegungen wie des Sozialismus, Kommunismus oder sozusagen die linke politische Strömung in dem politischen Spektrum Europas oder der Welt, da kann man kaum sagen, es ist auf einmal tot.
    Es ist sicher,
    Also diskreditiert worden, die Art und Weise oder die Konzeption, die man mit dem Leninismus und dann später mit dem Stalinismus so verknüpft hatte.
    Aber dass es auch weiterhin zu politischen Entwicklungen kommen wird, die sich an sozialistische Wertorientierungen oder Vorstellungen stützen oder anknüpfen, da glaube ich, darüber kann man kaum zweifeln.
    Die spezielle Form des Sozialismus, für die Sie gearbeitet haben, Herr Professor Mlinasz, 1968 in Prag, der Sozialismus mit menschlichem Gesicht, das hat sicherlich damals die große Mehrheit der Bevölkerung in der Tschechoslowakei hinter sich gehabt.
    Schmerzte Sie jetzt persönlich, dass auch Figuren, Leitfiguren wie Dubček zum Beispiel, politisch im Abseits sind?
    Der Prager Friedrich kann sich nicht wiederholen.
    weil es gibt nicht mehr die gesellschaftliche Basis, die historische Erfahrung, die dazu geführt hat.
    Ich betrachte also die heutige Entwicklung, die momentane Entwicklung, als eine Euphorie, die leider auch
    an viele Illusionen leidet.
    Also es wird sich dann herausstellen in der Praxis, dass doch gewisse Entwicklungsmöglichkeiten nicht so einfach sind, wie sich das Volk heute vorstellt oder gewisse Leute, die darüber sprechen.
    Also ich glaube, es ist nicht einfach möglich,
    diese Länder, die kleineren Ostblockländer meine ich jetzt, an den Westen zu binden, als ob nichts geschehe die 40 Jahre.
    Also die sind zum Beispiel wirtschaftlich, alle die Länder, im Moment konkurrenzunfähig auf dem Weltmarkt.
    Es ist sicher nicht optimal aus der Sicht der Nationalstaaten, den kleineren, aber die sind immerhin doch auch an den Erfolg der Perestroika in der Sowjetunion zum Teil gebunden.
    Sollte die Perestroika in Moskau scheitern,
    Also es ist eine Illusion zu glauben, dass wird dann alles ohne Folgen bleiben in diesem Raum der mitteleuropäischen ehemaligen Ostblockstaaten.
    Es wird dann Folgen haben und zwar über die Änderung des Klimas der internationalen Politik und das ist alles sehr schwierig, sehr kompliziert.
    Also deshalb glaube ich, es bleibt etwas von den Vorstellungen des Jahres 68
    Und zwar also etwas in der Richtung, man muss das bestehende System reformieren, die Systemänderung so verwirklichen, um die gefährlichen, eruptiven Entwicklungsmomente also auf Minimum zu reduzieren.
    Sollte das nicht gelingen, sollte das entweder, also die Form eines Bürgerkriegs, wie heute in Rumänien, das ist eine extreme Form,
    Aber dafür gibt es in anderen Ländern keine Voraussetzungen mehr.
    Aber sollte das solche eruptive Formen annehmen, das ist in gewissen Gebieten der Sowjetunion nicht auszuschließen zum Beispiel, also da wird das immer gefährlich.
    Oder sollte man glauben, ja, es ist einfach, also die politischen Änderungen haben wir schon alles bewältigt und es ist jetzt nur die Frage der Zeit, bis wir ein Teil des Westens werden.
    Das ist auch nicht so, weil man muss also
    die Ost-West-Teilung oder die Blockaufteilung Europas durch koordinierte politische Schritte der Großmächte, der kleineren Staaten und dann den ganz kleinen Staaten erreichen und nicht jeder auf eine eigene Weise.
    Das geht nicht so einfach.
    Wir stehen alle unter dem Eindruck der Ereignisse in Rumänien.
    Herr Professor Mlinas, warum ist dort der Umbruch so ganz anders gewesen als in den anderen kommunistischen Staaten?
    Zuerst war auch das Regime wirklich anders gewesen in den letzten Jahren.
    So eine Art von stalinistischer Diktatur, die noch durch
    würde ich sagen, persönliche, wahrscheinlich krankhafte Merkmale des Diktators gekennzeichnet war.
    Sowas existierte in den anderen europäischen Ostdeutschen Staaten jahrelang nicht mehr.
    Es gab überhaupt keine Versuche von oben, keine Versuche von der Machtstruktur her etwas zu ändern, die Widersprüche zu mildern.
    Es war eine
    Arroganz der Macht, die dem Volke genehm dastand.
    Und es könnte schon auch sein, dass so ein Regime in Rumänien länger existieren könnte, wenn nicht die Perestroika in der Sowjetunion und in allen anderen Ostblockländern also die Verhältnisse grundsätzlich nicht geändert hätte.
    Ich glaube, Sie können in unserer Zeit die Opfer eines Freiheitskampfes wie des rumänischen
    können die ein brauchbares Fundament für den Aufbau eines neuen Staates bilden?
    Was ist das schon ein brauchbares Fundament?
    Also in jedem Staat muss man auf dem Fundament beginnen, der da existiert und das ist in Rumänien einmal so.
    Ich würde sagen in Rumänien gab es auch vor dem Kriege doch keine funktionierende pluralistische Demokratie und wenn wir also die Staaten da herum
    anschauen, ich weiß nicht, die Türkei oder so, sogar Griechenland und so weiter, das sind alle doch Staaten, wo die politische Entwicklung also einen Zick-Zack-Weg geht und ich kann mir vorstellen, dass es auch in Rumänien also nicht gerade zu einer funktionierenden parlamentarischen Demokratie kommt, aber doch die Diktatur wird abgeschafft und ob das eine Form von autoritärem Regime
    das sich auf nationale Gefühle, auf die Armee und so weiter stützt, sein wird, oder eher eine Form mit mehr demokratischen Elementen, das ist im Moment schwer vorauszusagen.
    Sie haben die Perestroika angesprochen, Herr Professor Mlinasz.
    Ist das, was in diesem Jahr passiert ist in Osteuropa, ist das das Werk dieses einen Mannes, Michael Gorbatschow?
    Ob das ein Werk ist, ist fraglich.
    Ich würde das nicht so bezeichnen.
    Aber ohne Gorbatschow, glaube ich, könnte diese Entwicklung nicht stattfinden.
    Also ein Impuls für diese Entwicklung gab seine Politik schon.
    Ich würde nur sagen, sicher am Anfang oder dann auch später hat sich das die sowjetische Führung sicher nicht so vorgestellt, wie sich das heute abspielt.
    Und zwar weder in den kleineren Ostdeutschstaaten noch in der Sowjetunion selbst.
    Also die haben doch schon selbst zugegeben,
    dass sie die Nationalitätenproblematik unterschätzt haben, dass die ökonomische Lage eigentlich nicht so schlimm gesehen wurde, wie sie eigentlich ist, also dass die Krise tiefer greift, als sie gedacht haben.
    Und das, glaube ich, betrifft auch diese Entwicklungen in den kleineren Ausbruchsstaaten.
    Die Sowjetführung hat geglaubt, wenn sie also diese Politik der Nicht-Einmischung in die Angelegenheiten der kleineren Ostblockstaaten praktizieren wird, dann wird sie wahrscheinlich eine nicht-eruptive Entwicklung eher sichern, weil die haben am Anfang eher Angst gehabt von einer
    eine Art unberechenbare Entwicklung in diesen Ländern.
    Aber zum Teil ist es gelungen, dort wo schon früher Reformansätze präsent waren, also in Ungarn,
    und zum Teil in Polen, wo eigentlich die Solidarność-Bewegung unter Brezhnev dann unterdrückt wurde.
    Und dann hat Gorbatschow einen Kompromissausweg praktisch ermöglicht.
    Aber in den Ländern, wo es keine reformorientierten Führungsgruppen gab,
    wo eigentlich an der Macht die alte stalinistische Garde stand, hat diese Politik der Nicht-Einmischung eher eine passive Unterstützung der dortigen Regime bedeutet.
    Also die Bevölkerung, zum Beispiel in der Tschechoslowakei, die hat bis zum Jahre 87
    Also von Gorbatschow sehr viel erwartet.
    Die Leute haben erwartet, ja jetzt kommt er in Prag und dann wird sich alles ändern im Sinne der Perestroika.
    Sie waren bereit Perestroika zu begrüßen, an diese sowjetische Politik anzuknüpfen, aber es geschah nichts.
    Nach dem Hussar kam der Yakisch.
    Und die Nichteinmischung, die sowjetische, die bedeutete eigentlich eine passive Unterstützung des Yakisch-Regimes oder des Honecker-Regimes, sogar in den letzten Wochen noch.
    Oder sogar den Ceausescu oder den Schiffkopf in den Bulgarien.
    Also da haben, ich glaube, die Sowjets politische Chancen verspielt.
    Weil die Reformen nicht rechtzeitig gekommen sind von oben, ist der Druck von unten immer stärker geworden und jetzt ist es zu einer Reduktion gekommen.
    Und würde der Sturz oder die Entmachtung Gorbatschows wiederum die Dinge ändern, in zweim Sinne einer Umkehrung zu alten Verhältnissen?
    Oder ist das ausgeschlossen?
    Also ich glaube nicht an Sturz oder Entmachtung Gorbatschows.
    Ich glaube eher, dass es möglich wäre, dass sich die Politik auch unter Gorbatschow in gewissen Momenten etwas ändert.
    Es ist schwer vorauszusagen, ich bin kein Prophet, aber ich glaube es gibt kein Zurück zu einem Brezhnev.
    Also kein Zurück zu einer sogenannten Stagnation, die außenpolitisch also Gleichgewicht von Schrecken bedeutete, aber doch kein Krieg und innenpolitische Stagnation, aber doch keine Aufstände, keine Eruption.
    So ein Versuch, das alles niederzuschlagen, was schon erreicht wurde in der Sowjetunion, das müsste schon zu einer Gewaltanwendung führen.
    und zu einer neuen Art von Diktatur, wahrscheinlich militärische Diktatur, also das wäre dann gefährlich, sicher aber auch für die ganze Welt, nicht nur für die Sowjetunion.
    Herr Professor Mlinasch, ist eigentlich zu erwarten oder zu befürchten, dass wenn die Entwicklung in Osteuropa so weitergeht wie bisher, wir haben also in einigen Ländern auch freie Wahlen vor uns und wir haben also eine
    breite Entfaltung des politischen Spektrums vor uns, die in vielen dieser Länder schon begonnen hat, ist dann zu erwarten, dass auch die alten Balkansysteme wiederkehren.
    Also eine Balkanisierung, ein Betonen von Nationalität mit entsprechenden Nationalitäten, Konflikten,
    in ihrem eigenen früheren Heimatland, zum Beispiel zwischen Tschechen und Slowaken.
    Aber man kann sich solche Sachen auch vorstellen.
    In Rumänien, in Jugoslawien erleben wir das schon.
    Sehen Sie so eine Entwicklung voraus?
    Ja, wissen Sie, also ganz solche Momente auszuschließen, das wäre nicht realistisch.
    Aber auf der anderen Seite, ich bin der Meinung, man braucht die sogenannte Ordnungsmacht in diesem Raum, um also diese Nationalitäten, Streitigkeiten oder ab und zu auch Nationalitätenkonflikte zu bewältigen.
    Ich würde sagen, wir sehen diese Konflikte sogar heute auch im Westen.
    die Lokalkonflikte irgendwo da im Südtirol oder im Nordirland oder in die Basken oder in Belgien und so weiter.
    Aber das sind stabile politische Systeme.
    Ja, das sind stabile politische Systeme, aber an sich sozusagen ist sowas nicht von der Welt zu schaffen, auch in einer stabilen, funktionierenden Demokratie.
    Hier könnte das mehr Bedeutung haben, insbesondere in einem Moment,
    Wenn jetzt die verschiedenen kleineren Nationalstaaten versuchen werden sozusagen sich selbst zu retten, von den anderen wegzulaufen, sich also die günstigste Möglichkeiten zu sichern auf Kosten von gemeinsamen Interessen mit den anderen, auf Kosten von gemeinsamen Interessen mit dem heimatischen Ostblock oder der Sowjetunion und so weiter, aber
    Ich würde sagen, da gibt es meiner Meinung nach keine Gefahr, dass es zu einer Destabilisierung der Region kommt, weil es ist auch nicht ohne weiteres möglich, dass sich diese Streitigkeiten ohne Grenzen entwickeln.
    Es gibt also Wirtschaftsbedingungen, politische Bedingungen, die das in gewissen Grenzen halten werden.
    Aber im großen Ganzen fehlt
    in diesem Teil Europas die Erfahrung mit den Integrationsprozessen, die in Westen schon gemacht worden sind, weil die Integration, das war eine künstliche politische, nicht Integration, sondern eine hegemoniale Struktur, vor allem von politischen Bedeutung.
    Wirtschaftlich bedeutete das einseitige Unterordnung
    der kleineren Ostblockstaaten der sowjetischen Wirtschaft oder vor allem Isolierung dieser Staaten von dem Weltmarkt und von dem Westen.
    Und das müsste auch bedeuten, dass alle die Erfahrungen, die durch wirkliche Integration im Westen gemacht worden sind, also die haben diese Nationen noch nicht erlebt und man muss das erleben, um also gewisse Kinderkrankheiten des Integrationsprozesses zu bewältigen.
    Und langfristig können Sie sich eine volle Integration Europas vorstellen, wobei die Grenzen zwischen Ost und West verschwinden?
    Ja, was ist das langfristig?
    Sagen wir im kommenden Jahrzehnt.
    Im kommenden Jahrzehnt, also kann das glaube ich so weit kaum gehen, wenn wir also die westliche Integration beobachten.
    Das dauert schon jahrzehntelang eigentlich und ist immer noch nicht so weit.
    Und ich kann mir vorstellen, dass also diese Öffnung des östlichen Teils Europas oder Mitteleuropas und Ost-Mitteleuropas dem Westen gegenüber also weitere Fortschritte macht, aber dass es keine Grenzen gibt, keine Begrenzungen, das glaube ich nicht.
    es sicher länger dauern müssen.
    Und dann grundsätzlich politisch gesehen, also was verstehen wir dann unter Europa?
    Wird das ein Europa ohne Russland, ohne Sowjetunion oder mit der Sowjetunion?
    Und ein Europa ohne USA?
    Das hängt damit zusammen.
    Also entweder wenn mit der Sowjetunion, dann auch mit den USA im gewissen Sinne.
    Das glaube ich ist die einzige realistische Möglichkeit, weil zu glauben, dass jetzt die Sowjetunion, also
    Das hängt überhaupt nicht damit zusammen, ob die da Sozialismus haben oder was anderes.
    Dass eine Großmacht wie die Sowjetunion heute zulassen kann, dass hier ein Gürtel von Staaten entsteht mit der Funktion, die Sowjetunion vom Westen zu trennen und nicht zu verbinden, das ist eine Illusion.
    Also ein Kordonsanitär wird man nicht ausbauen können.
    Das kann die Sowjetunion meiner Meinung nach nicht zulassen.
    Aber ja, ein Gürtel von Staaten, die der Sowjetunion erleichtern die Bindung an den Westen, den Zugang zu Westeuropa.
    Das ist schon vorstellbar.
    Aber das bedeutet auch, dass es keine
    nur Öffnung dieser kleineren Staaten dem Westen gegenüber bedeuten kann.
    Und wenn auch die Sowjetunion dabei ist, dann ist also die Vorstellung, es wird sich alles so öffnen, wie es heute zwischen Frankreich und der Bundesrepublik ist, das ist unrealistisch.
    Ich danke für das Gespräch.
    Senek Mlinas, einer der Prominenten des Prager Frühlings, ein in Österreich arbeitender Politikwissenschaftler, war im Journal zu Gast.
    Roland Machatschke sprach mit ihm.
    Wir bleiben noch beim Themenkomplex Osteuropa.
    Die neue rumänische Regierung ist dabei, ihre Macht zu festigen.
    Der Widerstand Ceaușescu-Treuer scheint endgültig gebrochen.
    Der Neuanfang soll auch den Minderheiten zugute kommen, vor allem den Ungaren und
    der deutschsprachigen Bevölkerung.
    Die deutschsprachige Minderheit in Rumänien ist seit Jahren stark zurückgegangen.
    Viele Menschen nutzten die Möglichkeit der Auswanderung, die durch ein Abkommen zwischen Bonn und Bukarest möglich geworden war.
    von der Bundesrepublik Deutschland im vollen Sinn des Wortes freigekauft.
    Die Rumänien-Deutschen sind Nachkommen von Siedlern aus Schwaben, Sachsen, aber auch Oberösterreich und Salzburg, die zum Teil bereits vor 800 Jahren ins Land gerufen wurden, um die einst wilden und menschenleeren Gebiete jenseits der Karpaten urbar zu machen.
    Durch die Flucht vor dem Ceausescu-Regime ist auch die protestantische deutsche Gemeinde in Bukarest auf 1500 geschrumpft.
    Ihr Pfarrer ist seit 24 Jahren der aus Siedenbürgen stammende Günther Ambrosi.
    Helmut Opletal, der seit dem Ausbruch der Kämpfe aus Bukarest für uns berichtet, hat mit ihm gesprochen.
    Herr Pfarrer, wie haben Sie denn diese letzten Tage, diese Veränderungen in Rumänien erlebt?
    Wir waren also mitten in den Weihnachtsvorbereitungen.
    Dann kamen die Meldungen aus dem IS-Wahr.
    Wir waren sofort ganz ohr.
    Ich habe das Radio nicht mehr abgestellt.
    Natürlich waren es die ausländischen Sender, die die letzten Neuigkeiten brachten.
    Eine andere Möglichkeit zu erfahren, was in Temeswar los ist, hatten wir nicht.
    Als es in Bukarest losging und man merkte, dass die Menschen hier ganz in unserer Nähe
    auf das Palais der Republik zugehen und rufen, Niedermitsch-Oschisku, bin ich mitgegangen.
    Wir wurden von Panzern umstellt, aber die Menschenmenge ließ sich nicht aufhalten und rief, Freiheit, Freiheit, Niedermitsch-Oschisku, die Armee ist auf unserer Seite.
    Das wusste man aber noch gar nicht.
    Im Moment der höchsten Anspannung, als man noch gar nicht wissen konnte, wo es hinauslaufen würde, zogen sich die Panzer tatsächlich plötzlich zurück.
    Die Soldaten, die das Palais beschützten, die traten auch beiseite und das Volk stürmte
    das Zentralkomitee.
    Einige Minuten später hörte man plötzlich aus dem Zentralkomitee rufen, Ceausescu ist weg.
    Es war ein Jubel aus vielen tausend Stimmen.
    Wir sind frei und die Menschen fingen an
    die traditionelle Chora Uniri, die Vereinigungshymne, zu singen.
    Bald waren auch Soldaten da, die tanzten mit.
    Und wir dachten natürlich, wir sind jetzt frei.
    Jetzt können wir zum ersten Mal in Freiheit Weihnachten feiern.
    Aber ein paar Stunden später begann die Schießerei, die hat ja die ganzen Tage angedauert.
    Ceausescu ist weg, das Regime ist gestürzt.
    Wie sehen Sie denn die politische Zukunft, die sich hier daraus jetzt entwickeln soll und kann?
    Da will ich zunächst einmal etwas sagen, was meine Kirche
    unsere evangelische Gemeinde in Bukarest, aber auch im ganzen Land betrifft.
    Wir sind ja seit 1945 erniedrigt, gedemütigt, verfolgt gewesen.
    Die Menschen haben eigentlich die Hoffnung verloren und haben ihre ganze Hoffnung darauf gerichtet, in die Bundesrepublik auszuwandern.
    Wir sind eigentlich verkauft worden, denn es ist ja ein Kopfgeld gezahlt worden für jeden, der rausgewandert ist.
    Und diese kleine Minderheit, die noch in Rumänien lebt, die fragt sich, ist es nicht schon zu spät, können wir noch einmal Strukturen entwickeln, die unser Kulturleben, die unsere Identität wahren und wahrnehmen.
    Wir sind jetzt dran, hier im Pfarrhaus einen Rat zu gründen,
    der wird sich aus Menschen aller Berufsschichten zusammensetzen, ein Rat der Rumänien-Deutschen.
    Wir werden natürlich mit dem rumänischen Volk in Zukunft, hoffe ich, gut zusammenarbeiten können.
    Was müsste Ihrer Ansicht nach geschehen, damit der Bestand dieser Volksgruppe als eigene Gemeinschaft erhalten bleibt?
    Es müsste zunächst den Menschen das Gefühl geweckt werden, gepflegt werden, dass es noch einen Sinn hat,
    hier zu bleiben und nicht Haus und Hof zu verlassen.
    Dazu gehört, dass die Leute auf dem Land ihren Hof, ihren Garten, ihren vielleicht nur kleinen Grund wieder selbst bearbeiten können.
    Dazu gehört aber auch, dass die deutschen Schulen
    wieder in Gang kommen.
    Es gibt sie zwar, aber sie haben in der letzten Zeit rapide abgenommen.
    Wir brauchen deutsch sprechende Lehrkräfte.
    Wir brauchen wieder deutsche Kulturinstitute.
    Denn das, was wir durch diese ganzen Jahre haben durchretten können, das war einzig die Kirche.
    Die Leute haben auch gesagt, die Kirche ist das Einzige, was wir noch haben.
    Aber zum Leben gehört ja noch mehr.
    Es gehört dazu, dass die Menschen das Gefühl haben können, dass sie ihr Leben und ihr Schicksal selbst gestalten können.
    Ein Gespräch war das mit dem evangelischen Pfarrer der deutschen Gemeinde Bucharest, Interviewer war Helmut Opletal.
    Die diesjährige Pastoraltagung der katholischen Kirche gestern in der Konzilsgedächtniskirche in Wien-Lainz stand ganz im Zeichen der Entwicklung in Osteuropa, aber auch, und das erstmals, im Zeichen der Ökumene, also unter Beteiligung aller christlichen Kirchen in Österreich.
    Heuer waren so viele Osteuropäer wie noch nie dabei.
    Ein Bericht über die Pastoraltagung von Hubert Arnim Elissen.
    Nach der Europäischen Ökumenischen Versammlung zum Thema Frieden in Gerechtigkeit in der Pfingstwoche dieses Jahres in Basel und vor der Weltversammlung in Seoul im März 1990 wollten die Veranstalter von Leinz bewusst einen ökumenischen Akzent setzen.
    Zu einem Zeitpunkt übrigens, der besser nicht gewählt hätte sein können.
    Das Gespräch der christlichen Kirchen miteinander braucht in Österreich dringend neue Impulse.
    Durch den konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, ausgelöst durch den ökumenischen Rat der Kirchen, wurde im Ringen um Ökumene ein neuer Akzent gesetzt.
    Es geht jetzt nicht mehr so sehr um zur Geschichte gewordene Auffassungsunterschiede einzelner Glaubenssätze, sondern es geht um den gemeinsamen Einsatz aller Christen für eine lebenswerte Welt nach den Grundsätzen des Evangeliums.
    Die römisch-katholische Kirche nimmt beim Welttreffen in Sohl lediglich einen Beobachterstatus ein.
    Die österreichische katholische Kirche ist freilich auch mit dieser ökumenischen Tagung in Leinz auf den Zug des Konziliarenprozesses Richtung Sohl aufgesprungen.
    Einigen Teilnehmern aus den Staaten Osteuropas geht der ökumenische Prozess dennoch zu schnell.
    Katholische Seelsorger aus dem Osten befürchten, dass sie mit der Verwirklichung des Zweiten Vatikanischen Konzils hinter den Landeskirchen Westeuropas hinterherhinken.
    Und auch die Katholiken Osteuropas stehen, trotz des überall spürbaren Aufbruchs, vor sehr verschiedenen Situationen.
    Frau Dr. Helga Kauer, eine der Organisatorinnen im Vorstand des Österreichischen Pastoralinstituts, berichtet aus einem der Arbeitskreise.
    Es war bezeichnend, dass in dem Arbeitskreis Europäisches Haus kein Pole in unserer Gruppe zumindest war.
    Es waren zwei Gruppen.
    Über die andere Gruppe weiß ich nicht.
    Und dass der ungarische Vertreter bei der Frage sozusagen Wie schließen wir uns zusammen?
    Wer kann von wem jetzt viel lernen?
    Ausdrücklich gesagt hat Die Polen sind so viele und die haben eine so andere Tradition.
    Er erwartet sich nicht viel, dass er von denen lernen kann.
    Aber die Tschechen, die Ungarn, die Österreicher sollten sich zusammentun und hier neue Wege suchen.
    Diese neuen Kontakte mit den gerade freigewordenen Ländern Tschechoslowakei und Ungarn liegen sehr stark auf der demokratischen Basis.
    Und das scheint mir eine ganz wichtige Sache, dass die österreichische Kirche ihren Weg und ihren Platz in der Demokratie schon halbwegs gefunden hat.
    Und dass die Kirchen im Osten diesen Platz in der Demokratie suchen.
    Und das scheint mir ganz eine wichtige Aufgabe.
    Und die ist auch ökumenisch.
    Durch die Öffnung der Ostgrenzen kommt auf die Kirchen Österreichs eine neue Aufgabe zu.
    Eine Aufgabe, die auch mit neuen Lernprozessen verbunden sein könnte.
    Bereits die nächste Pastoraltagung in einem Jahr soll sich mit der Frage von Liturgie und Politik auseinandersetzen.
    Das Beispiel der politisch äußerst wirksamen Gebetsnächte in Dresden und Leipzig im vergangenen Jahr zeigt die Brisanz des Themas.
    Die nächste Pastoraltagung soll aber nicht mehr ökumenisch abgehalten werden.
    Die Christen der verschiedenen Kirchen, die im Konziliarenprozess zum Gespräch gefunden haben, werden allerdings auch den ökumenischen Prozess weitertreiben und damit vielleicht die Verantwortlichen ihrer Kirchen einmal in Zugzwang bringen.
    Sie hörten Hubert Arnim Elissen, 12.45 Uhr.
    Argentinien gehört mit zu den am höchsten verschuldeten Ländern der Welt.
    Die Inflationsrate erreicht gigantische Ausmaße, obwohl sie durch eine Devisen- und Preiskontrolle der Regierung bisher noch gebremst wurde.
    Auf dem inoffiziellen Markt wurden aber schon bisher deutlich höhere Preise bezahlt als offiziell festgelegt und US-Dollars kosteten auf dem Schwarzmarkt fast das Doppelte des offiziellen Kurses.
    Nun hat die Regierung die ohnehin vergeblichen Devisen und Preiskontrollen offiziell aufgegeben, was prompt zu einem Zusammenbruch des argentinischen Währungssystems führte.
    Franz Simbürger.
    Unmittelbarer Auslöser für den Zusammenbruch der argentinischen Währung war die Freigabe des Wechselkurses gegenüber dem US-Dollar.
    Anfang des Monats wurden für einen Dollar offiziell noch 650 austral, das ist die argentinische Währung, gezahlt.
    Tatsächlich kostete ein Dollar da bereits 1.000 Austral.
    Als die Regierung zur Monatsmitte auf diesen Kurs nachzog, war der Preis für den Dollar auf dem Parallelmarkt bereits auf 1.600 Austral geklettert und hatte sich bis gestern auf 2.000 Austral erhöht.
    Die offizielle Freigabe der Wechselkurse führt nun zu einem neuerlichen Sprung, sodass am kommenden Dienstag, wenn die Banken und Börsen wieder geöffnet sind, bereits 3.500 Austral für einen amerikanischen Dollar zu bezahlen sind.
    Damit hat die argentinische Währung binnen eines Jahres gegenüber dem Dollar mehr als 11.000 Prozent an Wert verloren.
    Die Bürger des Landes haben gestern auf die neue Entwicklung panikartig reagiert.
    Vor Tankstellen kam es wegen der erwarteten Benzinpreisverteuerung zu kilometerlangen Schlangen.
    Hunderttausende stürmten die Supermärkte um zu hamstern, was einigermaßen noch erschwinglich war.
    Auch die Tarife für Strom, Gas, Wasser und andere öffentliche Dienstleistungen werden zum Jahreswechsel drastisch ansteigen.
    Die Regierung hat eine Währungsreform angekündigt, das gesamte Wirtschaftssystem soll auf Dollarbasis umgestellt werden.
    Am Dienstag wird auch eine neue Landeswährung, der FEDERAL, neben der bisherigen Währung eingeführt.
    Ob damit die Inflation in Argentinien in den Griff zu bekommen ist, scheint vorerst mehr als fraglich.
    Informationen von Franzi Bürger.
    Zwischendurch ein Hinweis auf ein Radio-Gusto-Stückerl heute, 17.07, Österreich 1.
    Diagonal das Radio für Zeitgenossen lässt die 80er-Jahre Revue passieren in Form von Radiodokumenten.
    Eine Momentaufnahme aus dem Jahr 1986 jetzt als kleiner Vorgeschmack.
    Ein Minister verzehrt öffentlich und genüsslich Gemüse, um die nach Tschernobyl verunsicherte Bevölkerung zu beruhigen.
    Das ist das Geräusch eines Radieschen.
    Übrigens, ein Gemüse, das wie alles, was unter der Erde gewachsen ist, die ganze Zeit über einwandfrei war.
    Es war nicht einmal mitvernadert in der schlimmsten Zeit.
    Ist natürlich nach wie vor eines der besten Dinge, die man haben kann.
    Sie haben ihn erkannt, Ex-Gesundheitsminister Franz Kreuzer.
    Ein weiteres, auf andere Art, lukullisches, radio-dokumentarisches Beispiel der 80er, Udo Proksch im Journal zu Gast 1981.
    Interviewer Rudolf Nagilla.
    Ja, ich bin gleich am Beginn des Interviews in einer gewissen Verlegenheit.
    Wie soll ich Sie anreden?
    Mit Herr Broksch oder Herr Kirchhofer?
    Wie Sie wollen.
    Reden Sie mir an, wie Sie wollen.
    Und was ist Ihnen lieber?
    Udo.
    Alle sagen zu mir Udo.
    Gut, die kann ich gut Herr Udo sagen.
    Sonst Herr Udo, sonst ein Temel und nahe zu mir.
    Gut, sage ich Herr Udo.
    Stimmt es, dass Sie Waffengeschäfte betreiben?
    Ich habe noch nie ein Waffengeschäft betrieben, außer dass ich meine eigenen Handfeuerwaffen gekauft habe.
    Und das ist eine 9 mm und eine 7,5 mm.
    Sie haben auch nicht Waffengeschäfte vermittelt international?
    Wir haben auch keine Waffengeschäfte vermittelt.
    Man liest immer wieder, Sie seien ein Waffennarr.
    Ja, das stimmt.
    Haben Sie jetzt eine Pistole zum Beispiel bei sich?
    Ja, das muss nicht sein.
    Was ist das?
    Eine Sauer?
    So eine Pistole haben Sie immer bei sich?
    Ja, die trage ich immer, weil es wird ja immer interessanter.
    Man wird ja immer verfolgt von Journalisten und von
    von Detektiven, die wieder von Journalisten oder irgendwelchen Anwälten angeheuert werden.
    Mehr heute in der Sendung Diagonal, das Radio für Zeitgenossen.
    Diesmal die 80er in Radiodokumenten.
    Eine üppige Collage, eine akustische Show, präsentiert von Christl Reiß.
    Heute 17.07, Österreich 1.
    Den von Louis Glück gestalteten aktuellen Jahresüberblick 1989 hören Sie morgen Nachmittag ab 13.15 Uhr in Ö3.
    Es ist zwar erst morgen Jahreswende, der Brauch mit Böllern und Raketen das neue Jahr zu begrüßen.
    Dieser Brauch wird aber von vielen Leuten schon seit einigen Tagen ausgelebt.
    Vor allem ältere und kranke Menschen beschweren sich über die ständige Knallerei.
    Und auch Kinder und Haustiere werden durch Silvesterraketen und Schweizer Kracher in Angst und Schrecken versetzt.
    Die Polizei verspricht jedes Jahr härter durchzugreifen.
    Politiker und Organisationen appellieren, das Geld doch besser vielleicht für Rumänien auszugeben.
    Die Hersteller und Händler beteuern jedes Jahr wieder, die Feuerwerke werden leiser, aber bunter, Wolfgang Fuchs berichtet.
    Die Silvesterknallerei ist ein Geschäft, an dem kein Geschäftsmann vorbeigehen will.
    Denn die Spannen und Umsätze sind hoch.
    Genaue Zahlen will allerdings niemand nennen.
    Beim Umsatz gehen die Meinungen beispielsweise weit auseinander.
    Die Händler, die eine zu laute Diskussion über die zu laute Knallerei vermeiden wollen, die sprechen von einem Umsatz von maximal 20 Millionen Schilling.
    Andere nicht ins Geschäft involvierte Beobachter wollen einen Umsatz von 100 oder gar 150 Millionen Schilling registriert haben.
    Tatsache ist jedenfalls, dass sich nicht nur Spielzeugläden und gemischt Warenhändler ins Geschäft um die Raketen stürzen.
    Immer mehr mischen auch die Baumärkte und Supermarktketten mit.
    Um das Gewissen der Kundschaft zu beruhigen, dafür hat heuer die Industrie ein neues Verkaufsargument im Köcher.
    Die Raketen seien umweltfreundlich, so heißt es in der Werbung.
    Ein großer Wiener Händler
    Das Umweltfreundliche ist der Versuch, weniger Plastikhülsen irgendwo in die Natur zu schießen.
    Man hat gesagt, warum eigentlich?
    Es waren früher die ganzen Hülsen aus Pappe und zudem ist man eigentlich jetzt wieder zurückgegangen und versucht also weiterhin zurückzugehen.
    Umweltfreundlich heißt leider nicht, dass es leiser wird.
    Naja, die Tendenz zum Leiseren ist schon festzustellen, weil also dieses nur Knallen eigentlich immer uninteressanter wird.
    Wir können uns von Jahr zu Jahr mehr beobachten, dass die Leute doch viel, viel mehr zu den Lichteffekten greifen und viel weniger zu den Knallartikeln.
    Das Pyrotechnikgesetz regelt die alljährliche Silvesterknallerei wohl nur in der Theorie.
    Demnach dürfen nur Scherzartikel der Klasse 1 im Wohngebiet abgefeuert werden.
    Diese Knallerbsen oder Geisterfeuer genügen aber den wenigsten.
    Alle lauteren und größeren Raketen sind aber im Ortsgebiet verboten.
    Doch nicht einmal vor den Fernsehkameras am Wiener Stephansplatz schrecken die Belustigten zurück, solche Knallkörper loszulassen.
    Auch Strafen bis zu 30.000 Schilling halten offenbar nicht ab.
    Die Wiener Polizei hat vergangene Silvester fünf allzu fröhliche, kurzfristig sogar festgenommen.
    Fast 100 wurden auf freiem Fuß angezeigt.
    Siebenverein setzt einen Beitrag der Kulturredaktion.
    Das traditionsreiche Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wird erstmals Subin Mehta leiten.
    Mehta, in Bombay 1936 geboren, studierte bei Swarovski an der Wiener Hochschule für Musik in Wien und leitet immer wieder philharmonische Konzerte, diesmal eben Walzer, Polka und Märsche der Strauß-Dynastie.
    Radio- und Fernsehübertragungen in alle Welt machen das Neujahrskonzert zu einem der wichtigsten Kulturexporte Österreichs.
    Der Beitrag von Brigitte Hofer dazu beginnt mit einem Probenausschnitt.
    Subin Mehta.
    In Indien wurde er geboren, in Wien hat er studiert.
    Seit 30 Jahren dirigiert er vor allem in Amerika und Europa.
    In Israel ist er musikalischer Leiter der Philharmoniker auf Lebenszeit.
    Die New Yorker Philharmoniker, deren Chef er seit 1978 war, verlässt er im kommenden Jahr.
    Wiener Walzer liebt er seit seiner Jugend und den unverwechselbaren Klang der Wiener Philharmoniker.
    Ich kann Johann Strauss auf Radio in Amerika hören und ich weiß sofort, dass es kein Wiener Orchester ist.
    Es gibt irgendwas Unbeschreibliches vom Klang, vom Rhythmus, von irgendeiner organisierten Schlamperei, sagen wir, das nur von Wien stammt.
    Sie kennen die politische Situation Europas.
    Ist es da nicht zu leichtfertig, zu fröhlich, ein neues Jahr mit Stralzern von Strauss zu beginnen?
    Sie haben ganz recht.
    Aber gerade diese befreite Länder, ich hoffe, dass Sie das wenigstens mit Radio hören können,
    dass wir diese Leute von ganzem Herzen wünschen, dass sie vielleicht bis nächstes Jahr auch das im Fernsehen sehen können und dass sie mit uns das Feiern und das Positives im Leben wirklich jetzt endlich einmal kennenlernen.
    Die haben lang genug in dieser Kirche gelebt.
    Können Sie sich vorstellen, Herr Meter, dass Sie in einem dieser Länder jetzt bald dirigieren werden?
    Ja, ich gehe nicht so oft.
    Ich bin eigentlich nach Ostdeutschland absichtlich nie gegangen, außer einmal mit dem New York Philharmonic.
    Aber ich möchte sehr gerne dort, sehr gerne.
    In Budapest und auch vor sehr vielen Jahren in Bukarest habe ich dirigiert.
    In Bukarest habe ich, also vor Ceausescu, in 64.
    Von Japan bis Portugal, von Griechenland bis Island wird das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker wieder live übertragen.
    Wird man heuer im Fernsehen neun Tänzerinnen der Ballettschule des Bundestheaterverbandes, den Donauwalzer und das Ballett der Staatsoper im Palais Schwarzenberg, Wiener Blut und Tritsch-Tatsch tanzen sehen.
    Erstmals wird das Neujahrskonzert neben der traditionellen Technik auch in der neuen Hochzeilentechnik HDTV,
    High Definition TV aufgezeichnet.
    Eine Technik, die ein fünfmal schärferes Bild in Cinemascope-Format verspricht.
    Vier zusätzliche Kameras in Zusammenarbeit des ORF mit Eureka 95, dem Projekt der IG für neue Fernsehtechnologie, nehmen auf.
    Subin Mehta dazu.
    Ich wünsche nur, dass es einform wird.
    Das ist nicht so wie jetzt beim Video, PAL und NTSC, das man in Amerika nicht spielen kann, von Europa und so.
    Das ist wirklich sehr umständlich.
    Gott sei Dank, der Kompaktdisk spielt man auf jedes Gerät, weil jeder hat sich geeinigt, eins für einmal.
    In den letzten Jahren haben die Dirigenten des Neujahrskonzertes beständig gewechselt.
    Marcel, Karajan, Abbado, Kleiber.
    Welcher lag Subinmeta am meisten?
    Das Orchester, wirklich, die spielen nicht so viel anders, von einer Dirigentin zur anderen.
    Diesen Stil, das kann man nicht stören.
    Wirklich.
    Ich störe es auch nicht.
    Sein Nein ist keine diplomatische Antwort.
    Wir leiten und wir folgen alle gleichzeitig.
    Einer macht ein kleines Rubato mehr hier oder da.
    Aber wir schwimmen mit.
    Wir fliegen mit.
    Wir atmen mit.
    Selten gehört es, wird es bei diesem Neujahrskonzert auch geben.
    Von Josef Strauß eine Polka, die Emanzipierte zum Beispiel oder die Sportpolka.
    Von Johann Strauß' Vater den Indianergalopp und wieder von Josef als Erstaufführung im Neujahrskonzert die Sympathie-Polka.
    Es ist ein sehr ruhiges Stück.
    Es ist wirklich ein Polka Masur tranquillo.
    Auch wenn man stark spielt, ist es ein ruhiges Stück.
    Kann man zurücklehnen und Augen schließen und diese Sympathie-Polka hören.
    Und dann kommt natürlich Wiener Blut und Explosionsvolkan.
    Ich freue mich riesig.
    Die Übertragung des gesamten Neujahrskonzertes beginnt im Radio um 11.10 Uhr im Programm Österreich 1, die Übertragung des zweiten Teils auch im Fernsehen um 12.15 Uhr.
    Und jetzt bleibt mir noch anzukündigen, ein Meldungsblog.
    Polen.
    Der Reformprozess in Polen ist nun durch wichtige Verfassungsänderungen abgesichert worden.
    Das Parlament in Warschau hat beschlossen, den Artikel über das Machtmonopol der Kommunisten aus der Verfassung zu streichen.
    Die Definition Polens als kommunistischer Staat gilt nicht mehr.
    Die Vorkriegsbezeichnung Republik Polen ist wieder gültig.
    Im Staatswappen mit dem weißen Adler ist von nun an wieder die Königskrone zu sehen.
    Durch die Verfassungsänderung werden ferner die Bildung politischer Parteien, wirtschaftliche Freiheit und der Schutz des Privateigentums garantiert.
    Bulgarien Die Minderheiten in Bulgarien sollen von nun an nicht mehr unterdrückt werden.
    Das Zentralkomitee der Bulgarischen Kommunistischen Partei hat sich in seiner gestrigen Sitzung vom Kurs der früheren Parteiführung unter Todor Schifkov distanziert.
    Das bisherige Zwangsassimilierungsprogramm, vor allem für die türkische Volksgruppe, wurde als schwerer politischer Irrtum verurteilt.
    Rumänien.
    Die Übergangsregierung sieht nach wie vor die Gefahr von Mordanschlägen durch Mitglieder der früheren Geheimpolizei Sekuritate.
    Die Front zur nationalen Rettung teilte mit, es seien immer noch Fanatiker unterwegs.
    Sie planten Attentate auf Mitglieder der neuen Führung.
    Die Gefahr eines Gegenputsches sieht aber auch die Front nicht mehr.
    Die Übergangsregierung hat Gesetze aus der Ära Ceausescu abgeschafft.
    Unter anderem sind die Rumänen nicht mehr verpflichtet, alle Gespräche mit Ausländern zu melden.
    Österreich Bundeskanzler Wranicki hat den neuen tschechoslowakischen Ministerpräsidenten Csalfa zu einem Besuch nach Wien eingeladen.
    Csalfa will bei der Visite Ende Jänner das österreichische Modell kennenlernen.
    Nun noch das Wetter für Österreich bis zum Abend über dem Flachland regional nebelig, sonst sonnig, Tageshöchsttemperaturen bis plus drei Grad.
    Das war das Mittagsjournal vom 30.
    Dezember.
    Auf Wiederhören, sagt Udo Bachmeier.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Fremdenverkehr: Schnee und Reservierungen in Vorarlberg
    Mitwirkende: Schenkenbach, Jürgen [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Fremdenverkehr: Schnee und Reservierungen in Tirol
    Mitwirkende: Schimatzek, Günther [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Fremdenverkehr: Schnee und Reservierungen in Salzburg
    Mitwirkende: Kern, Karl [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Fremdenverkehr: Schnee und Reservierungen in Kärnten
    Mitwirkende: Guggl, Karin [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Fremdenverkehr: Schnee und Reservierungen in Oberösterreich
    Mitwirkende: Oberwegner, Romana [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Fremdenverkehr: Schnee und Reservierungen in der Steiermark
    Mitwirkende: Handlos, Werner [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Fremdenverkehr: Schnee und Reservierungen in Niederösterreich
    Mitwirkende: Ritzberger, Wolfgang [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Fremdenverkehr: Schnee und Reservierungen in Wien
    Mitwirkende: Kindler, Wolfgang [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Zdenek Mlinar
    Interview: Politikwissenschafter Mlynar
    Mitwirkende: Machatschke, Roland [Gestaltung] , Mlynar, Zdenek [Interviewte/r]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Interview mit dem deutsch-rumänischen Stadtpfarrer in Bukarest
    Interview: Bukarester Stadtpfarrer Ambrosi
    Mitwirkende: Opletal, Helmut [Gestaltung] , Ambrosi, Günther [Interviewte/r]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Abschluss der ökomenischen Pastoraltagung in Wien
    Einblendung: Organisatorin Kauer
    Mitwirkende: Arnim-Ellissen, Hubert [Gestaltung] , Kauer, Helga [Interviewte/r]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wirtschaftskrise in Argentinien
    Mitwirkende: Simbürger, Franz [Gestaltung]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Ausschnitt aus dem Jahresrückblick
    Einblendung: Kreuzer
    Mitwirkende: Glück, Luis [Gestaltung] , Kreuzer, Franz [Interviewte/r]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Ausschnitt aus dem Jahresrückblick - Trailer Diagonal
    Einblendung: Gesundheitsminister Kreuzer, Interviewer Nagiller, Unternehmer Proksch
    Mitwirkende: Reiss, Christl [Gestaltung] , Kreuzer, Franz [Gestaltung] , Nagiller, Rudolf [Interviewer/in] , Proksch, Udo [Interviewte/r]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Knallkörper für die Silvesternacht
    Einblendung: Knallkörperhändler
    Mitwirkende: Fuchs, Wolfgang [Gestaltung] , Anonym, Knallkörperhändler [Interviewte/r]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Zubin Mehta dirigiert das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker
    Einblendung: Probenausschnitte, Dirigent Mehta
    Mitwirkende: Hofer, Brigitte [Gestaltung] , Mehta, Zubin [Interviewte/r]
    Datum: 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Musik ; E-Musik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1989.12.30
    Spieldauer 00:59:49
    Mitwirkende Bachmair, Udo [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1989.12.30 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-891230_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Nachrichten

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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