Mittagsjournal 1982.09.18

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in 5 Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag meine Damen und Herren, zu einer Stunde ausführlicher Information aus dem Studio des Mittagsschonals begrüßt Sie Udo Bachmeier.
    Das geplante Programm dann für die Zeit nach den Nachrichten.
    Zentrales Thema ist natürlich auch heute wieder die politische Entwicklung in Bonn nach dem Zerbrechen des Bonner Regierungsbündnisses zwischen SPD und FDP.
    Weiterhin nicht auszuschließen ist eine CDU-FDP-Koalition.
    trotz der zum Teil starken Widerstände innerhalb der FDP.
    Neue Wahlen, von Bundeskanzler Schmidt gefordert, könnten nach der jüngsten Entwicklung eventuell im kommenden Frühjahr erst stattfinden.
    Die Bonner Ereignisse stehen auch im Mittelpunkt der heutigen Auslandspresseschau.
    Darüber hinaus informieren wir Sie aus Stockholm über den heute zu Ende gehenden schwedischen Wahlkampf.
    Für morgen sind Parlamentswahlen angesetzt.
    Ein Sieg der Sozialdemokraten unter Olof Palme gilt als fast sicher.
    Einen Bericht über die Beisetzungsfeierlichkeiten für Fürstin Grazia Patrizia, die nach einem Autounfall ums Leben gekommen ist, erwarten wir aus Monaco.
    Österreich in Linz beginnt in diesen Minuten eine große SPÖ-Vertrauensleute-Konferenz.
    Bundeskanzler Kreisky wird das Hauptreferat halten.
    Im Journal zu Gast ist heute der in der Bundesrepublik Deutschland lebende und aus der DDR stammende Schriftsteller Rainer Kunze.
    Kunze meint, der Wunsch nach Wiedervereinigung der Deutschen sei in der DDR stärker als in Westdeutschland.
    Die Kulturredaktion befasst sich mit der Weiterführung der ehemaligen Molden-Edition durch die Edition Brandstätter.
    Zunächst aber, wie angekündigt, die Nachrichten verantwortlicher Redakteur ist heute Mittag Georg Schalkgruber und gelesen werden die Meldungen von Wilfried Schierlbauer.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Der gestrige Bruch der sozialliberalen Koalition hat nun zu heftigen Differenzen innerhalb der Freien Demokraten geführt.
    Nach einer Sitzung des FDP-Bundesvorstandes in der vergangenen Nacht sprach Generalsekretär Verheugen von einer Zerreißprobe.
    Verheugen meinte, es sei nicht entschieden, ob die FDP die derzeitige Krise aushalten könne.
    In der Sitzung hatte sich nur eine knappe Mehrheit für Koalitionsverhandlungen mit der CDU-CSU ausgesprochen.
    18 Mitglieder des Parteivorstandes hatten für derartige Gespräche gestimmt, 15 dagegen.
    Eines hatte sich der Stimme enthalten.
    Über die weitere Entwicklung in der bundesdeutschen Innenpolitik herrscht Unklarheit.
    CDU, CSU und FDP werden zunächst in Koalitionsverhandlungen eintreten.
    Sollten sie sich einigen, würde voraussichtlich schon nächste Woche im Bundestag ein sogenannter konstruktiver Misstrauensantrag gegen die SPD-Minderheitsregierung unter Bundeskanzler Schmidt gestellt.
    Dabei könnte CDU-Chef Kohl von CDU, CSU und FDP zum neuen Kanzler gewählt werden.
    In Bonn kursieren bereits Ministerlisten einer eventuellen Regierung aus christlichen Demokraten und Freien Demokraten.
    Unterschiedliche Meinungen der drei Parteien gibt es über Neuwahlen.
    Die SPD möchte möglichst bald bereits Ende November wählen lassen.
    Die CDU würde, nach inoffiziellen Angaben, Wahlen im Frühjahr 1983 bevorzugen.
    Die FDP lehnt Neuwahlen in der nächsten Zukunft überhaupt ab.
    SPD-Vorsitzender Brandt ist inzwischen dafür eingetreten, dass sich die Sozialdemokraten um neue Mehrheiten bemühen.
    Brandt sagte, er verstehe unter neuen Kräften nicht nur die Partei der Grünen, sondern auch die Friedens- und die Frauenbewegung oder antibürokratische Strömungen.
    Monaco.
    Die Familie, die Bevölkerung, zahlreiche Persönlichkeiten aus aller Welt, aus dem Hochadel und aus der Filmbranche erweisen zur Stunde der tödlich verunglückten Fürstin Grazia Patrizia die letzte Ehre.
    Nach der Totenmesse wird Grazia Patrizia am Nachmittag im Chorumgang der Kathedrale beigesetzt.
    Die Beerdigung findet im engsten Familienkreis statt.
    Vereinte Nationen.
    Einstimmig, also auch mit der Stimme der Vereinigten Staaten, hat der Weltsicherheitsrat in New York den Einmarsch israelischer Truppen in West Beirut verurteilt und den Rückzug verlangt.
    Der amerikanische Vertreter meldete sich nicht zu Wort.
    Nach der Sitzung sagte er, die Zustimmung zu der Verurteilung Israels bedeute keine dramatische Wende in der Nahostpolitik Washingtons.
    Der israelische Delegierte hat mit Hinweis auf den jüdischen Neujahrstag die Sitzung vor der Abstimmung verlassen.
    Zuvor hatte er erklärt, Israel wäre enttäuscht, sollten die USA dem Resolutionsentwurf zustimmen.
    Weiters deutete er an, Israel werde sich nicht an die Aufforderung des Weltsicherheitsrates halten.
    Israel.
    Der israelische Rundfunk hat eine Darstellung der gestrigen Vorfälle in der sowjetischen Botschaft in Westbeirut gegeben.
    Demnach haben die israelischen Soldaten, die sich auf dem Gelände der Mission verschanzt hatten, nicht die Absicht gehabt, die Botschaft zu besetzen.
    Die Soldaten hätten das Botschaftsgelände auch so schnell wie möglich wieder verlassen, heißt es in dem Bericht.
    Ein israelischer Soldat sagte in einem Interview, seine Einheit habe sich vor feindlichem Feuer in die Botschaft zurückziehen müssen.
    Österreich.
    Mehrere tausend Teilnehmer sind heute in Linz zu einer gesamtösterreichischen Konferenz der Vertrauenspersonen der SPÖ zusammengetreten.
    Eingeladen sind alle Orts- und Sektionsobmänner der SPÖ sowie ihre Mandatare.
    Das Hauptreferat hält Bundeskanzler Kreisky.
    In Salzburg ist die Tagung der Auslandsösterreicher von Bundespräsident Kirchschläger eröffnet worden.
    Es ist dies ein Jubiläumstreffen, die Auslandsösterreicher kommen zum 30.
    Mal in ihrer Heimat zusammen.
    Außenminister Parr bedauerte in seiner Rede, dass es den Auslandsösterreichern noch immer versagt sei, an den Nationalrats- und Bundespräsidentenwahlen teilzunehmen.
    Polen.
    Ab sofort sind weitere wichtige Konsumgüter in Polen rationiert.
    Man wolle mit dieser Maßnahme der Spekulation angesichts einer zu erwartenden knappen Marktversorgung vorbeugen, wurde offiziell erklärt.
    Betroffen sind unter anderem Schuhe, Unterwäsche und Strümpfe.
    Bereits jetzt sind Fleisch, Zucker und andere Artikel des täglichen Lebens rationiert.
    Die neuen Maßnahmen gelten vorerst bis März 1983.
    USA.
    In einer zwölf Meter langen Yacht haben vier Polen in vier Monaten den Atlantik überquert und nun in den Vereinigten Staaten um politisches Asyl gebeten.
    Die vier Männer haben von den Behörden in Warschau die Erlaubnis erhalten, die Yacht aus Athen nach Polen zurückzuholen.
    Sie entschlossen sich aber dann zur Flucht.
    Bis zur Entscheidung der amerikanischen Einwanderungsbehörden sind sie nun interniert.
    Bolivien.
    Die seit zwei Jahren regierenden Militärs haben beschlossen, die Macht so bald wie möglich an zivile Politiker zurückzugeben.
    Dies gab ein Militärsprecher nach dreitägigen Beratungen der führenden Militärs bekannt.
    Das wirtschaftliche Leben Boliviens ist unterdessen durch einen Generalstreik praktisch völlig lahmgelegt.
    Honduras.
    Zehn Geiselnehmer halten im Gebäude der Industrie- und Handelskammer der Stadt San Pedro Sula etwa 200 Geschäftsleute und Politiker gefangen.
    San Pedro Sula liegt 240 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tegucigalpa.
    Die Mitglieder des Kommandos dürften einer linksgerichteten Freischärlerorganisation angehören.
    Sie fordern angeblich die Freilassung von Gesinnungsgenossen in El Salvador.
    Berlin.
    Der ehemalige Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess liegt nach Angaben seiner Familie im Sterben.
    Der 88-Jährige ist am Mittwoch vom Kriegsverbrecher-Gefängnis Berlin-Spandau in das britische Militärspital verlegt worden.
    Tags darauf dürfte ihn seine 74-jährige Schwester kurz besuchen.
    Die Familie befürchtet, dass nach dem Tod von Hess seine Leiche verbrannt und die Asche wie die der elf in Nürnberg hingerichteten Kriegsverbrecher in alle Winde zerstreut werde.
    Der Staatsminister im Bonner Bundeskanzleramt, Wischniewski, hat der Familie nach deren Interventionen erklärt, bei allem Verständnis könne die Regierung nichts tun, da allein die Alliierten zuständig seien.
    USA.
    Seit dieser Woche gibt es in den Vereinigten Staaten auch eine überregionale Tageszeitung.
    Bisher existieren in den USA zwar mehr als 1700 Zeitungen, sie haben aber mit Ausnahme von Spezialblättern nur lokale oder regionale Reichweite.
    Bisher ist die New York Times das auf nationaler Ebene am weitesten verbreitete Blatt.
    Die neue Zeitung heißt USA Today.
    Die Redaktion hat 238 Journalisten und Angestellte.
    Der Konzern, der die Publikation herausgibt, will angeblich 100 Millionen Dollar in das Projekt investieren.
    Bisher umfasste 88 Lokal- oder Regionalzeitungen sowie sieben Fernseh- und 13 Hörfunkanstalten.
    Trotz der kritischen Lage des amerikanischen Pressewesens gab sich ein Konzernsprecher optimistisch.
    Er wies etwa auf neue journalistische Aspekte hin, die das Blatt kultivieren will.
    So soll der Leser nicht nur jene Nachrichten wiederfinden, die er schon am Vorabend im Fernsehen konsumiert hat.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Auf der Theresienwiese in München wurde vor wenigen Minuten das 148.
    Oktoberfest eröffnet.
    Die Maß Bier kostet heuer 5 Mark und 60 Pfennig, um 35 Pfennig mehr als im Vorjahr.
    Das größte Volksfest der Welt dauert 16 Tage.
    Österreich.
    Eine in Wien eingerichtete Pilzberatung soll auch heuer wieder die Schwarmadelsucher vor gesundheitlichem Schaden bewahren.
    Die Pilze können an Werktagen in den Marktamtsabteilungen, abends und an Samstagen in Journaldiensten und bei ausgesprochenem Schwarmadelwetter auch am Wochenende in der Nähe von traditionellen Ausflugsgebieten Experten zur Prüfung vorgedeckt werden.
    Die Wetterlage.
    Das flache aber ausgedehnte Hoch mit Zentrum über Osteuropa bestimmt weiterhin das Wetter im Alpenraum.
    Die Aussichten bis morgen früh.
    Stellenweise noch Boden- oder Hochnebelfelder, nach deren Auflösung und außerhalb der Nebelzonen durchwegs heiter.
    In Vorarlberg zum Teil auch wolkig, schwachwindig.
    Nachmittagstemperaturen 20 bis 26 Grad.
    Tiefstwerte der kommenden Nacht 6 bis 14 Grad.
    Die Aussichten für morgen Sonntag.
    Strichweise Frühnebel, sonst meist sonnig, schwach, windig.
    Tageshöchsttemperaturen 20 bis 26 Grad.
    Das Wetter am Montag.
    Örtlich Frühnebel, sonst heiter bis wolkig.
    Tageshöchsttemperaturen 21 bis 26 Grad.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien wolkenlos 23°, Südostwind 15 km in der Stunde.
    Eisenstadt wolkenlos 20°, Ost 5.
    Linz wolkenlos 19°, Südost 10.
    Salzburg-Heiter 23°, Südost 5.
    Innsbruck-Heiter 19°, Westwind 10 km.
    Bregenz wolkenlos 18°, Windstill.
    Graz wolkenlos 20°, Windstill.
    Und Klagenfurt-Heiter 20°, Südostwind 3 km in der Stunde.
    Mittlerweile ist es 12 Uhr und 11 Minuten geworden.
    Der nach monatelangen Zerwürfnissen zwar erwartete, aber in der Eile doch überraschende Bruch der Bonner SPD-FDP-Regierungskoalition bleibt auch heute für uns natürlich wichtigstes Auslandsthema im Mittagsschanal.
    In einer dramatischen Rede vor dem Bundestag hat gestern Bundeskanzler Schmidt Neuwahlen gefordert und ist jetzt nach dem Rücktritt von vier FDP-Ministern Chef einer SPD-Minderheits- und Übergangsregierung.
    Die sozialliberale Koalition ist also tot, es lebe die Koalition, die christlich-liberale.
    So zumindest wünschen es sich die Gegner der Schmidt-Genscher-Regierung in CDU und FDP.
    Eine Regierung, die 13 Jahre lang die Geschicke Westdeutschlands bestimmt hat.
    Doch so einig ist man sich in der FDP wieder nicht nach der Scheidung vom sozialdemokratischen Regierungspartner unter Helmut Schmidt nun mit der CDU-CSU unter Führung Helmut Kohls zusammenzugehen.
    Denn mit einer nur sehr knappen Mehrheit hat sich der Vorstand der Freien Demokraten für Koalitionsverhandlungen mit den Christdemokraten ausgesprochen.
    Bei dieser Sitzung gab es zum Teil scharfe Auseinandersetzungen.
    Der frühere Westberliner Justizsenator Meier wählte als Protest gegen den Führungsstil seines Parteichefs Genscher den Austritt aus dem FDP-Vorstand.
    Wie wahrscheinlich wird nun dennoch eine Regierungsehe zwischen CDU und FDP mit Kohl als neuem Bundeskanzler sein?
    Wie sieht die weitere Vorgangsweise aus?
    Diese und andere Fragen zur neuen politischen Lage in der westdeutschen Bundeshauptstadt beleuchtet für uns nun Paul Schulmeister.
    herrscht in Bonn in vier Hauptpunkten ziemliche Klarheit.
    Erstens, vorzeitige Neuwahlen wird es nicht im November, wie Minderheitskanzler Schmidt angeregt hatte, sondern erst im Frühjahr geben.
    Auch FDP-Chef Genscher sprach sich gestern Nacht in einer dramatischen Sitzung von Parteivorstand und Fraktion dafür aus.
    In der CDU-CSU plädiert man bereits seit Wochen für den 13.
    März, wenn auch in Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen stattfinden.
    Nach anderen Vorschlägen soll der neue Bundestag erst Ende April 1983 gewählt werden.
    Zweitens, die Freien Demokraten stehen nach den Worten ihres Vorsitzenden Gensche in einer schweren Zerreißprobe, würden sie aber überstehen.
    Mit einer organisierten Spaltung der FDP, das heißt der Gründung einer neuen linksliberalen Partei, rechnen die meisten Spitzenfunktionäre nicht.
    Wohl aber mit Abspaltungen, das heißt Aus- und Übertritten prominenter Parteimitglieder.
    Der linke FDP-Flügel wehrt sich verbissen gegen die Absicht Genschers, schon in den nächsten Tagen durch ein konstruktives Misstrauensvotum Helmut Schmidt endgültig zu stürzen und CDU-Chef Kohl im Parlament zum Kanzler einer neuen konservativ-liberalen Koalition zu wählen.
    Drittens.
    Die Entwicklung ist über diesen Widerstand bereits hinweggegangen.
    Es gilt zur Stunde als sicher, dass der Antrag auf ein konstruktives Misstrauensvotum bereits in der nächsten Woche gestellt wird.
    Am Montag beginnen formelle Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und der FDP über Sachprogramm und Ressortverteilung.
    Sogar der vermutlich ausscheidende FDP-Generalsekretär Verheugen, der nach eigenen Worten unglücklich über den Koalitionswechsel ist, deutete heute an, die Verhandlungen würden sehr rasch abgeschlossen werden.
    Das heißt, bereits am Dienstag oder Mittwoch könnte der Antrag gestellt werden, binnen 48 Stunden könnte dann die Abstimmung auf einer Sondersitzung des Bundestages erfolgen.
    Die Abstimmung ist zwar geheim, dennoch gilt das Risiko für Kohl, nicht zum Kanzler gewählt zu werden mit der nötigen absoluten Mehrheit von 249 Stimmern als gering.
    Bei einer Probeabstimmung in der FDP-Fraktion hatten sich gestern 33 Abgeordnete für die Wahl ausgesprochen, 18 dagegen.
    Damit verfügt Kohl, sofern alle CDU-CSU-Parlamentarier für ihn stimmen, derzeit über eine nominelle Mehrheit von 10 Stimmern über das Quorum hinaus.
    Viertens.
    In der SPD, deren Vorstand und Parteirat, das zweithöchste Gremium, morgen in Bonntagen bahnen sich tiefgreifende Veränderungen an.
    Der 76-jährige Fraktionschef Wehner kündigte seinen Verzicht auf eine neuerliche Wahl ins Parlament mit den Worten an, mir reicht es.
    Ihr habe Helmut Schmidt die Nachfolge als Fraktionschef angeboten.
    Verbittert sprach Wehner von einem Komplott zwischen FDP und den, wie er sagte, sogenannten christlichen Demokraten.
    Mit der Konstruktion von Dolchstoßlegenden hat der Bundeskanzler Schmidt selbst begonnen, als er gestern in seiner Rede zwar Machenschaften anderer für sein Scheitern verantwortlich machte, mit keinem Wort aber die jahrelang eskalierende Zerstrittenheit der eigenen Partei in fundamentalen Fragen wie der Kernkraft und der Nachrüstung erwähnte und fast mit keinem Wort auch auf die unüberbrückbar gewordenen wirtschaftspolitischen Gegensätze zwischen den Koalitionspartnern angesichts einer horrenden Staatsverschuldung und einer Millionenarbeitslosigkeit einging.
    Man muss jetzt wohl mit einem außerordentlich harten Wahlkampf rechnen.
    Auch dürfte die für Herbst 1983 fällige Nachrüstungsentscheidung der SPD auf einem Sonderparteitag zu einer gefährlichen Polarisierung führen, ähnlich wie in den 50er Jahren, als es für die SPD um Neutralität oder Westintegration ging.
    Parteichef Brandt hat bereits angekündigt, dass sich die SPD nun verstärkt um die Friedens-, Umweltschutz- und Frauenbewegung kümmern und die abgewanderten sensiblen Jugendlichen zurückgewinnen wolle.
    In der SPD steht also ein klarer Linksrock bevor, der mittelfristig die Chancen der Grünen schmälern wird.
    Den größten innerparteilichen Gefahren sieht sich zur Stunde freilich die FDP ausgesetzt.
    In der gestrigen fünf Stunden dauernden Nachtsitzung stimmten nur 18 Vorstandsmitglieder für 15 Gegenkoalitionsverhandlungen mit der CDU-CSU.
    Allerdings nahmen der weitgehend afghanscher Kurs liegende Fraktionschef Mischnik und sein Stellvertreter Hoppe an der dramatischen Abstimmung nicht teil.
    Eine Gruppe von linksliberalen Politikern forderte vergeblich die Vorziehung des für 5.
    November geplanten Bundesparteitags, damit dieser über den Kurswechsel entscheide.
    Über die entsprechenden Anträge wurde jedoch gar nicht mehr abgestimmt.
    Generalsekretär Verheugen sagte, ein solcher Parteitag, der rein technisch frühestens in drei Wochen stattfinden könnte, sei sinnlos, weil ja bereits in den nächsten Tagen im Bundestag die Weichen gestellt würden.
    Mit anderen Worten, die FDP-Spitze hat ihre innerparteilichen Gegner mit einem Fetakompli ausgetrickst.
    Ob dies allerdings die Überlebenschancen der hessischen FDP bei den Landtagswahlen am übernächsten Sonntag vergrößert, muss man bezweifeln.
    Um dem bisherigen Außenminister Genscher den Koalitionswechsel in Bonn innerparteilich zu erleichtern, hat übrigens der außenpolitische Sprecher der Unionsparteien, Alois Mertes, in einer bemerkenswerten Äußerung darauf hingewiesen, dass die neue Koalition die Kontinuität der bisherigen sozial-liberalen Außenpolitik garantieren werde.
    Ein wichtiger Hinweis angesichts der grundlegenden Neukonstellation in der Bundesrepublik.
    15 Jahre lang, so hat jetzt Herbert Wehner gesagt, könnte die SPD zur Oppositionsrolle verurteilt sein.
    Nach der Analyse von Paul Schulmeister jetzt ein Blick in die internationale Presse.
    Wie reagieren die Zeitungsjournalisten auf das Zerbrechen des Bonner Regierungsbündnisses?
    Harry Sichrovsky hat die Pressestimmen für sie ausgewählt.
    Die Koalition zerbrochen, die Abrechnung, das Ende einer Ära, Ende einer Epoche, Abschied von der Macht.
    So tönt es heute aus dem deutschen Blätterwald in den Schlagzeilen zum gestrigen Zerfall der Bonner Koalition.
    Eine Zeitung hat es mathematisch errechnet.
    Die 4349 Tage der sozial-liberalen Koalition.
    In den Standorten kommen die Unterschiede zu Tage.
    Hier Schmidt für neue Wahlen im November, dort Kohl und Genscher einig, wir bilden neue Regierung.
    Und das Urteil?
    Etwa die Frankfurter Allgemeine.
    Bundeskanzler Schmidt hat, was man ihm nicht verdenken kann, nicht länger sein Schicksal als Regierungschef den taktischen Überlegungen der FDP überlassen wollen.
    Die Rede, mit der Helmut Schmidt vor dem Bundestag trat, war das rhetorische Meisterstück des Tages.
    Schmidt führte den Stoß gnadenlos.
    Was er beabsichtigte, war klar, Neuwahlen jetzt und einen Wahlkampf, für den er die Stichworte in dieser Rede schon angab.
    So habe sich das Ende keiner vorgestellt, meint die Süddeutsche Zeitung.
    Noch im unaufhaltsamen Sturz habe der Kanzler versucht, die Initiative zurückzugewinnen, wobei er die Verwirrung seines bisherigen Koalitionspartners zu Nutzen verstand.
    Bei allem Respekt, den dieser Schritt verdient, von taktischen Aspekten und von Parteiinteresse, ist er natürlich nicht frei.
    Helmut Schmidt führt erhobenen Hauptes eine SPD in die Opposition, die ihr Selbstbewusstsein zurückgewonnen hat.
    Doch dass dieser Tag kam, dazu haben auch die Zerklüftungen in der Sozialdemokratie beigetragen.
    Optimistisch gibt sich die Tageszeitung Die Welt schon in ihrem Titel zum Kommentar.
    Der Weg wird frei, nämlich für eine gründliche Neuordnung der Politik.
    Schmid habe eingesehen, dass er gescheitert sei.
    Die Zeit des Taktierens sei zu Ende.
    Wenn der Nebel sich über der Havarie lichtet, wird für jedermann deutlich werden, dass in Wahrheit die Unfähigkeit der SPD die politische Flucht nach vorn veranlasst hat.
    Eine tief zerstrittene Sozialdemokratie, ein mit seiner Partei und den Gewerkschaften überwarferner Kanzler, wussten am Ende keinen anderen Rat mehr, als den Bruch mit dem Partner zu vollziehen.
    Neuwahlen werden kommen, aber nicht in der Regie des Gescheiterten.
    Der Bonner Generalanzeiger macht darauf aufmerksam, dass auch die CDU-CSU keineswegs einig sei in der Behandlung des Themas Neuwahlen.
    Führende Parteivertreter plädierten für einen schnellen Urnengang.
    Kohl wolle sich lieber etwas Zeit lassen und dem Wähler die Grundlage der Zusammenarbeit mit der FDP vorstellen.
    Erforderlich ist nun, dass CDU und CSU endlich deutlich sagen, was sie anders und besser machen wollen.
    Hier besteht ein Aufklärungsdefizit.
    Jetzt ist Helmut Kohl an der Reihe.
    Will ja nicht ein Kanzler sein, der seine Kanzlerschaft lediglich den Fehlern anderer zu verdanken hat, muss er jetzt Flagge zeigen.
    Auch die Frankfurter Rundschau findet warnende Worte für die schwere Aufgabe, die die Opposition nun zu übernehmen gedenkt.
    Ein klares Konzept ist bisher nirgendwo sichtbar geworden.
    Sicher ist nur, dass die zukünftige Regierung bald spüren wird, wie scharf der Wind ist, der ihr überall ins Gesicht weht.
    Der Spielraum der Bundesrepublik ist kleiner als mancher Unionspolitiker vermutet.
    Soweit einige Kommentare aus der Bundesrepublik Deutschland zu diesem Ereignis.
    Die Stimmen aus dem Ausland unterscheiden sich von den innerdeutschen dadurch, dass sie ihren Schwerpunkt auf die außen- und verteidigungspolitischen Aspekte der kommenden Neuordnung in Bonn legen.
    So etwa der quotidienne de Paris in Frankreich.
    In der Außenpolitik wird Kontinuität vor Veränderung den Vorrang haben.
    Die geopolitischen Realitäten lassen jeder Regierung in Bonn tatsächlich nur wenig Spielraum.
    Das Ausscheiden der Sozialdemokraten stellt hingegen für die Vereinigten Staaten einen entscheidenden strategischen Gewinn dar.
    François Mitterrand wird noch ein wenig isolierter in der europäischen Gemeinschaft dastehen.
    In Großbritannien untersucht die Financial Times grundsätzlich den Machtwechsel in Westdeutschland und äußert die Befürchtung, dass damit ein ganzer Stil politischen und wirtschaftlichen Managements abzutreten scheint.
    Jahrzehntelang nach dem Krieg hat Westdeutschlands stabile Innenpolitik wirtschaftliches Wachstum und gut durchdachte Außenpolitik praktiziert, größtenteils durch einen Konsens untermauert, dessen Erosion sich jetzt im Zerfall der Koalition widerspiegelt.
    Es ist vielleicht symbolisch, dass die Bonner Krise durch Wirtschaftsminister Lambsdorff ausgelöst wurde, dessen Herausforderung für die meisten Länder des Westens gilt.
    Wie soll man ein relativ hohes Niveau öffentlicher Ausgaben beibehalten in einer Welt ohne Wachstum?
    Und in der Schweiz schließlich befürchtet die Neue Zürcher Zeitung unruhige Zeiten für die Bundesrepublik Deutschland, weil die neue Mehrheit eine schwere Bürde zu übernehmen habe.
    Sie wird, wenn sie den Staatshaushalt ordnen und die Wirtschaft wieder in Gang bringen will, um sozialpolitische Härten nicht herumkommen.
    Sie wird dabei auf leidenschaftlichen Widerstand der Betroffenen und der Gewerkschaften stoßen, die sich gegenüber einer SPD-Regierung Zurückhaltung auferlegt hatten, die eine CDU-FDP-Regierung schwerlich erwarten kann.
    Das waren Auslandspressestimmen.
    Jemand, der zu Deutschland ebenfalls etwas zu sagen hat, zu einem anderen Thema allerdings, ist heute im Journal zu Gast.
    Und zwar ist es Rainer Kunze, deutscher Schriftsteller aus der DDR, seit fünf Jahren in der Bundesrepublik Deutschland.
    Er musste die DDR im Jahr 1977 verlassen und lebt seitdem in der Nähe von Passau.
    Rainer Kunze ist vor allem Lyriker.
    Eine Reihe von Gedichtbänden ist von ihm erschienen.
    Sein bekanntestes Buch ist aber der Proserband Die wunderbaren Jahre.
    Er beschreibt darin in kurzen Geschichten die Erfahrungen, die junge Menschen mit dem DDR-System machen müssen.
    Das Buch erschien im Jahr 1976, es war lange Zeit auf den westdeutschen Bestsellerlisten vorhanden.
    Für Rainer Kunze wurde es der Tropfen, das sein Maß in der DDR vollmachte und ihn zum Verlassen des Landes zwang.
    Wie andere DDR-Ausbürgerungen, etwa die Wolf Biermanns, erregte das damals großes Aufsehen.
    Dann wurde es wieder stiller um Rainer Kunze.
    Seine Bücher verkauften sich gut, aber als politische Figur trat er in den Hintergrund, bis vor wenigen Wochen, als er aus dem Westdeutschen Schriftstellerverband austrat.
    Wie übrigens auch einige andere westdeutsche Autoren aus der DDR, etwa Gerhard Zwerenz.
    Sie protestieren damit gegen die DDR-freundliche Politik des Verbandes.
    Rudolf Nagilla besuchte Rainer Kunze in seinem Haus bei Passau, hoch über der Donau, mit Blick zum anderen Ufer, das österreichisch ist.
    Herr Kunze, Sie sind jetzt fünf Jahre in der Bundesrepublik Deutschland.
    Fünf von 49 Lebensjahren.
    Wenn Sie da eine Art Zwischenbilanz ziehen, was kommt da jetzt raus unterm Strich?
    Von Nietzsche gibt es das Wort, ob je Pater sohn, je bi Patria.
    Also dort, wo ich schöpferisch bin, ich setze mich frei, wo ich schaffen kann, dort ist mein Vaterland, mein Heimatland.
    Und schaffen konnte ich in der DDR und schaffen kann ich zu meiner eigenen Überraschung
    Das überrascht mich auch.
    Es gibt nämlich immer wieder zum Beispiel häufig, hört man das von russischen Dichtern, Literaten, Künstlern, da gibt es das Phänomen, dass sie sagen, ich gehe nicht weg von meinem Land, sonst bin ich von meinen Wurzeln abgeschnitten und dann kann ich nicht mehr.
    Das kann ich sehr gut verstehen.
    Aber ich habe ja das Land nicht verlassen.
    Ich bin in Deutschland geblieben.
    Ich habe zwar den Staat gewechselt.
    Ich habe ein Gesellschaftssystem verlassen, bin in ein anderes gegangen.
    Aber ich bin in der Sprache geblieben, in derselben kulturellen Tradition.
    Aber die Heimat im engeren Sinn haben Sie auch hinter sich gelassen.
    Wenn man Heimat so eng definieren würde, dass man sagt, Heimat ist nur dort, wo ich aufgewachsen bin, dann haben Sie recht.
    Aber für mich ist Heimat auch dort.
    wo meine Sprache ist, wo Menschen aus der gleichen Tradition sind, wo meine Frau ist, wo eine ähnliche Landschaft ist.
    Und die ist hier auch wieder, wie in Thüringen, wo Freunde sind, die waren, als wir in der DDR lebten, auch schon hier.
    Und jetzt haben wir schon wieder Gräber hier, die uns nahe sind.
    Das heißt, mit Heimweh müssen Sie sich also nicht auseinandersetzen oder mit einem ähnlichen Gefühl?
    Was all das betrifft, was ich eben genannt habe, nicht.
    Aber wir haben natürlich Sehnsucht nach einigen Freunden.
    Wenn Sie jetzt die Bundesrepublik Deutschland einmal beurteilen, was ist das für Sie?
    Zuerst einmal ist es für uns auch heute noch, und ich hoffe,
    Es wird noch lange so sein oder es wird möglichst bis an unser Lebenende so sein und bis ins Leben unserer Kinder und Kindeskinder hinein.
    Es ist ein Land, in dem wir durchatmen können, in dem wir sagen und denken dürfen, was wir sagen und denken müssen und wollen und in dem wir gern leben, in dem wir dankbar sind, dass wir hier sein dürfen.
    Es ist eine parlamentarische Demokratie mit all ihren uns jetzt schon viel deutlicheren negativen Eigenschaften, die ja auch bis zum Extrem gehen.
    Und es ist eine parlamentarische Demokratie mit ihren Vorteilen,
    die für uns natürlich, die wir von drüben kommen, ganz gravierend sind.
    Sie kennen jetzt beide Länder, die DDR und die Bundesrepublik Deutschland, gut.
    Welchen Unterschied merken Sie zwischen diesen beiden Gesellschaften?
    Und zwar jetzt meine ich welchen existenziellen Unterschied natürlich, nicht irgendetwas oberflächliches oder vordergründiges.
    Dieser Unterschied ist kaum zu spüren.
    wenn ich von den Jugendlichen einmal ausgehen darf, die Jugendlichen in der DDR und die Jugendlichen hier, die sich überhaupt mit existenziellen Fragen beschäftigen, die bis zu Ende denken, die sich auch der Kunst nähern, stellen dieselben Fragen.
    Nur die Ursachen sind andere.
    Und welche sind die Fragen, die Sie stellen?
    wenn ich es in einem Satz zusammenfassen darf, wozu leben?
    Das Weltbild, das Ihnen heute geboten wird, wenn Sie nicht eingebunden sind in eine große Glaubenstradition von der Religion her gesehen, das Weltbild bietet Ihnen ein Nichts, in dem Sie ein Nichts sind, dort wie hier, und woran sollen Sie glauben?
    Wobei jetzt eben die Ursachen unterschiedlich sind.
    Hier ist eine große Leere, die Sie spüren, eine Leere mit zwei E. Und in der DDR ist es für diejenigen, die zu Ende denken, ist es der politische Druck, ist es die Tatsache, dass Sie lügen müssen,
    um überleben zu können.
    Andererseits gibt es die Meinung, dass in den kommunistischen Staaten Europas, also auch in der DDR, dass es da gerade weil es einen gewissen Druck gibt, im Untergrund oder in einer Grauzone ein ganz besonders intensives Kultur- und Literaturleben gibt.
    Etwas, was es bei uns weniger gibt.
    Stimmt diese Meinung überhaupt?
    Nein.
    Meines Erachtens stimmt sie nicht.
    Interesse an geistigen Dingen ist erstes Mal immer nur ein Interesse von wenigen, relativ gesehen zur Menge der Menschen.
    Das ist dort so, das ist hier so.
    Das Poesieverständnis, das ich hier vorgefunden habe, als ich hier herkam, und das ich heute weiterhin vorfinde,
    ist ebenso stark, ebenso ausgeprägt wie in der DDR.
    Und das Bedürfnis nach Kunst ist hier meines Erachtens wieder in Relation gesehen, auch zur Bevölkerungszahl drüben, man sieht nur 11 Millionen, hier liegen also an die 50, ist ebenfalls
    Können Sie von Ihrer Arbeit hier leben, von Ihrer schriftstellerischen Arbeit?
    Nein.
    Ich habe mal eine Zeit lang, haben wir von dem leben können, was meine Bücher erbracht haben.
    Das war also diese kurze Übergangszeit, als wir von der Bundesrepublik herkamen und sich eine Summe angesammelt hatte.
    Aber jetzt als Lyriker könnte ich die Familie schwer anerben.
    Lyrik verkauft man nur in kleinen Auflagen, relativ kleinen Auflagen?
    Ja.
    Andererseits gibt's, so ist jedenfalls von den Experten zu hören, neuerdings auch wieder einen gewissen stärkeren Zug zur Lyrik.
    Ja, nun muss man also das mal relativieren.
    Schauen Sie, ich habe der Lyrik-Band Zimmerlauschtherer, meinetwegen, hat eine Auflage von 80.000.
    Das ist eine große Auflage, oder das ist ein Taschenbuch.
    Und vom Taschenbuch, das, ich weiß, ich hab's nicht im Kopf, sagen wir, 3,80 oder 4,80 Mark kostet, bekommt der Auto 5 Prozent.
    Aber die Aussage, jetzt abgesehen wieder vom Geld, stimmt die prinzipiell, dass die Lyrik wieder an den Boden gewinnt?
    Ja.
    Stark?
    Ich glaube schon.
    Das heißt stark.
    Es sind relativ gesehen immer noch Wiener.
    Ja, das ist schon klar.
    Aber im Vergleich dazu, wie es vor 10, 20 Jahren ausgeschaut hat.
    Und worauf führen Sie das zurück?
    Warum wird jetzt wieder mehr Lyrik gesucht und gelesen?
    sich der Autor direkt aus, er offenbart sich in einer direkteren Weise als in der Prosa oder im Tracht.
    Und das Ich im Gedicht wird viel direkter dann von manchem Leser als das eigene Ich empfunden.
    Und das Gedicht, wenn es ein Gedicht ist, geht ja immer auf eine Entdeckung im Menschen, über den Menschen, über das menschliche Leben aus.
    Und warum wird das aber jetzt wieder mehr gefragt, gewollt, gesucht als vor 20 Jahren?
    Ich weiß nicht, was vor 20 Jahren war.
    Warum es heute gesucht wird,
    Ich glaube, weil sich mancher dieser Lehre bewusst wird, von der wir gesprochen haben.
    Dieser Sinnlehre?
    Ja.
    Und haben Sie starke Reaktionen von Menschen, die Ihre Lyrik lesen?
    Ja.
    Briefe?
    Ja.
    Viele?
    Viele.
    Was schreiben die da so?
    Ich meine, das ist ganz unterschiedlich wahrscheinlich.
    Das ist ganz unterschiedlich.
    Viele erzählen, oder manche erzählen ihr Schicksal, manche haben ganz, ganz konkrete Fragen.
    Viele junge Menschen haben offenbar Schwierigkeiten, große Schwierigkeiten, sich zu freuen.
    Es ist die Fähigkeit abhandengekommen, sich zu freuen.
    Und manches Gedicht, das ein Klingsmoment, das man selbst gehabt hat, so fixiert, dass auch der andere, der es liest, plötzlich diesen Blickpunkt bekommt und eine Freude empfindet, kann in dieser Beziehung einiges bedeuten.
    Und wie viele Briefe bekommen Sie also ungefähr im Tag oder in der Woche oder im Monat?
    sagen wir 10, 15.
    Und die werden alle beantwortet?
    Die werden alle beantwortet, ja.
    Herr Kunze, Sie haben vor einiger Zeit einen demonstrativen politischen Schritt, kann man sagen, getan.
    Sie sind aus dem Westdeutschen Schriftstellerverband ausgetreten.
    Das war eine Protestaktion gegen die Politik, die die Führung dieses Schriftstellerverbandes vor allen Dingen im Verhältnis zur DDR betreibt, nämlich eine, wie Sie sagten, zu anbiedernde, sich unterwerfende Politik.
    Können Sie da umreißen, worum es da im Punkt geht?
    Wenn ich ein klein wenig widersprechen darf, ich bin kein Mensch, der politisch demonstrative Schritte tun möchte.
    Ich habe ihn auch nicht so aufgefasst und ich war der Meinung, dass er kaum bemerkt werden würde.
    Der Austritt.
    Der Austritt.
    Dass ich ihn überhaupt begründet habe, liegt daran, dass mir jemand gesagt hat, du musst ihn begründen, denn er wird nicht ganz verschwiegen werden.
    Und was war nun der Grund?
    Es gibt eine Reihe von Gründen.
    Es gibt jetzt, nachdem ich ausgetreten bin, noch mehr Gründe, weil viel mehr Tatsachen bekannt geworden sind durch diesen Austritt, die den Austritt noch zusätzlich rechtfertigen.
    Wenn ich einen einzigen Grund nennen darf, ich sage bewusst, es ist nur einer und er steht nur für eine Tendenz, für eine politische Tendenz, die mich zu diesem Austritt bewogen hat.
    ist es zum Beispiel die Tatsache, dass der Vorsitzende dieses Verbandes, Herr Engelmann, in Ostberlin auf einem Schriftstellertreffen erklärt hat, wir müssen uns von allem trennen, was auf den Wunsch auf Wiederherstellung eines deutschen Nationalstaates hinausläuft.
    Er denunziert den Wunsch vieler Menschen in der DDR, die menschlichen Grundfreiheiten zu erlangen.
    Denn viele Menschen in der DDR sehen die einzige Chance, diese Grundfreiheiten zu erlangen,
    in der Möglichkeit, eventuell durch irgendwelche politische Entwicklungen in der Welt, doch die Einheit der beiden Staaten wiederherzustellen.
    Als neuer Nationalstaat?
    Wissen Sie, um den Begriff des Nationalstaates jetzt nicht ins Gespräch zu bringen, man müsste ihn definieren,
    Es geht mir gar nicht primär darum, dass diese beiden Staaten vereinigt werden, weil wen können zwei Staaten entstehen, bestehen bleiben, mit diversen Unterschieden, das ist sekundär.
    Es geht mir darum, dass man nicht eine Entwicklung von vornherein als unmöglich und als friedensgefährdend bezeichnet, die den Menschen in der DDR die Grundfreiheit bringen könnte.
    Das werfen Sie also Ihrer Verbandsführung vor?
    Zum Beispiel, ja.
    In der Bundesrepublik ist an sich ja das Wiedervereinigungsthema schon seit längerer Zeit kein wirkliches Thema.
    Glauben Sie, dass in der DDR das Wiedervereinigungsthema bei den Menschen stärker verankert ist, in den Köpfen der Menschen?
    Ja, viel stärker.
    Weil viele Menschen in der DDR die einzige Chance, dass sie oder ihre Kinder oder Kindeskinder eines Tages
    die Grundfreiheit gewährt bekommen, die es in einer Demokratie gibt, dass die einzige Chance darin sehen, dass durch irgendwelche internationale Entwicklungen eine friedliche, eine friedliche Wiedervereinigung der beiden Staaten erlaubt ist.
    Danke für das Gespräch.
    Bei Rudolf Nagilla im Journal zu Gast war heute Rainer Kunze.
    12.39 Uhr, die Themen der weiteren noch geplanten Beiträge, SPÖ-Vertrauensleute-Konferenz in Linz, morgen Parlamentswahlen in Schweden, Trauerfeierlichkeiten für Grazia Patrizia und Kultur-Edition Brandstätter übernimmt die Edition Molden.
    Österreichische Innenpolitik jetzt.
    Die Regierung hat bei ihrer Klausur, wie berichtet, ein zweites Beschäftigungsprogramm beschlossen, und zwar mit dem vorrangigen Ziel, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.
    Das Programm sieht mit einem Budgetaufwand von 23 Milliarden Schilling die Schaffung von 30.000 bis 35.000 sicherer Arbeitsplätze für die nächsten Jahre vor.
    Damit soll ein Investitionsstoß von 170 Milliarden Schilling ausgelöst werden.
    Das Sonderbeschäftigungsprogramm der Regierung wird heute bei einer groß angelegten SPÖ-Vertrauensleutekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert.
    Aus der Linzer Sporthalle melden sich dazu Markus Sommersacher und Erich Eichinger.
    In einer Veranstaltung, die fast Wahlkampf- und Volksfestcharakter hat, präsentiert die regierende SPÖ hier in Linz ihr Programm, mit dem sie bis in die Hälfte der nächsten Legislaturperiode hinein Beschäftigungsakzente setzen will.
    5000 Vertrauenspersonen, Chöre und Musikkapellen bilden hier in der vollgepackten Sporthalle in Linz den Rahmen für dieses Fest.
    Eine Kundgebung, so der neue SPÖ-Landesparteichef Oberösterreichs Karl Grünner, die auch ein Fest für seine Landesorganisation sei.
    Ein Festtag unter dem Motto Arbeit schaffen.
    Während die Welt seit acht Jahren von der Krise geschüttelt werde, habe Österreich mit seiner SPÖ-Regierung bisher das Ärgste verhindern können, meinte Grünner.
    Und mit dem zweiten Beschäftigungsprogramm werde dieser Weg weiter gefestigt.
    Wir Sozialisten haben es nie akzeptiert, wir akzeptieren es in der Gegenwart nicht und wir werden es in aller Zukunft nicht akzeptieren, dass diese Krise, so wie es in den bürgerlichen, konservativen Ländern der Fall ist, die Arbeiter und Angestellten, die Masse der kleinen Leuten zu ihren ersten Opfern macht.
    Grüner forderte als Landespolitiker seine Kollegen in den anderen Ländern und in den Gemeinden auf, das Bundesbeschäftigungsprogramm durch regionale Programme zu ergänzen.
    Niemand freute sich über diesen Appell mehr als Finanzminister Salcher, der als nächster Redner die Einzelheiten des zweiten Beschäftigungsprogramms noch einmal darlegte.
    Mit einem Vergleich der wichtigsten Wirtschaftsdaten betonte Salcher, Österreich habe allen Grund, den österreichischen Weg, den Weg mit der SPÖ fortzusetzen.
    Wenn wir die bisherige Arbeit sehen,
    Wenn wir diese ersten Zeichen eines Aufschwunges sehen, dann glaube ich, gilt es nur noch eines zu tun, den kritischen Optimismus zu bahnen mit unserer Überzeugung von der Solidarität.
    Und wenn wir Sozialisten Solidarität sagen, so meinen wir auch die Verantwortung jedes Einzelnen für die Gemeinschaft.
    Niemand soll den Staat, soll die Gemeinschaft als Selbstbedienungsladen ohne Kasse sehen.
    Wenn wir also diesen kritischen Optimismus mit unserer Überzeugung, mit unserem Grundwert von der Solidarität bahnen,
    dann werden wir gemeinsam, und das sind alle Österreicherinnen und Österreicher, die schweren Jahre, die vor uns liegen, besser bewältigen als mit einer anderen Politik.
    Freundschaft!
    Mittelpunkt der Veranstaltung natürlich der Parteivorsitzende Bundeskanzler Kreisky und sein Referat.
    Das, bevor Kreisky sich erwartungsgemäß mit dem Ende der Bonner Koalition auseinandersetzt, mit dickem Lob für Wissenschaftsministerin Firnberg beginnt.
    Firnberg, Geburtstagskind, erhält attestiert, dass es weder in der Monarchie noch in der Republik eine Zeit gegeben habe, wo Wissenschaft und Forschung solchen Aufschwung nahmen.
    Nach diesem Vorspiel Bundeskanzler Kreiskis dann zu den Bonner Ereignissen.
    Der SPD, so Kreiski, blieb nur die Kündigung.
    Niemals vorher hat sich die Welt so wenig vor Deutschland gefürchtet, als in den Jahren dieser Koalition.
    Niemals vorher hat sich Deutschland ein so hohes Maß an Respekt in der Welt erworben wie in diesen Jahren.
    Und deshalb wäre es ungerecht, einfach über diese Epoche einen Strich zu machen.
    So zu tun, wie wenn sie nicht Großartiges vollbracht hätte.
    Aber es gibt auch im politischen Leben das Phänomen, dass sich Parteien auseinanderleben, vor allem dann, wenn diese kleine bürgerliche Partei geglaubt hat, sie muss in der Regierung
    die Interessen des deutschen Bürgertums stärker noch vertreten, als es die CDU in der Opposition getan hat.
    Kreiskis erste Schlussfolgerung für Österreich, hier gehen die Uhren in jedem Fall anders.
    Und dann generell, eine große Koalition sei für normale Zeiten wenig geeignet.
    Wer also haben will,
    dass ich diese Aufgaben weiter erfülle.
    Ich sage das mit aller Deutlichkeit.
    Der muss halt die Sozialistische Partei so stark machen, dass sie in der Lage ist, weiter regieren zu können.
    Die Zeitungen und die ÖVP, die hören jetzt schon Glocken läuten.
    Sie tun so, wie wenn der Herr Dr. Mock in Deutschland seine Hand im Spiel gehabt hätte.
    In Wirklichkeit gehen ja die Uhren in Österreich ganz anders.
    Damals, als wir am Ende der Großen Koalition waren, da habe ich zufällig dem damaligen Bundeskanzler Dr. Klaus beim Skifahren begegnet.
    Und wir haben dann am Abend einen Spaziergang gemacht.
    Wir waren ja noch in der Regierung, ich war ja Außenminister damals.
    Und da habe ich ihm gesagt, so wie es jetzt ausschaut,
    wird in Deutschland eine große Koalition kommen und so wie es bei uns ausschaut, werden sie sie zerschlagen.
    Und er hat gemeint, na ja, das müsse ja nicht für uns gelten, was in Deutschland gilt, damals.
    Als sie dann in Deutschland die kleine Koalition gemacht haben, haben wir ein so überwältigendes Vertrauensvotum in dieser Zeit bekommen, dass wir allein die Regierungsverantwortung tragen konnten.
    Und so sehr wir wirtschaftlich enge Beziehungen und gute freundschaftliche Beziehungen mit der Bundesrepublik Deutschland haben, wir machen unsere Politik und die Österreicher, und Österreicher sind klug genug, das auch zu verstehen.
    In der Folge längere Ausführungen zu den bereits von Finanzminister Salcher skizzierten wirtschaftlichen Bedingungen und Entwicklungen.
    Kreisky
    Wir haben immerhin erreicht, dass das bettelarme Österreich von einst heute ein Land ist, das die besten Wirtschaftsdaten der westlichen Welt hat.
    Und daher sage ich...
    Was wäre es doch für eine törichte Politik, wenn wir jetzt an einen Kurswechsel denken?
    Bundeskanzler, SPÖ-Vorsitzender Kreisky hat in diesen Minuten sein Referat beendet.
    Im Augenblick ist ÖGB-Präsident Benja am Wort.
    Wir geben zurück nach Wien ins Studio.
    Über die SPÖ-Vertrauensleute-Konferenz in Linz informierten sie Erich Eichinger und Markus Sommersacher.
    Unter großer Anteilnahme finden in Monaco die Trauerfeierlichkeiten für die nach einem Autounfall ums Leben gekommene Fürstin Grazia Patrizia und Ex-Filmdiva Grace Kelly statt.
    Neben der Familie sowie der Bevölkerung des kleinen Fürstentums trauern zahlreiche Persönlichkeiten, vor allem auch aus dem Hochadel und der Filmbranche um Grazia Patrizia.
    Thomas Fuhrmann verfolgt für uns in Monaco die Begräbnisfeierlichkeiten.
    Die offiziellen Trauerfeierlichkeiten in Monaco haben am Vormittag kurz nach 10 Uhr begonnen.
    Zunächst wurde der Sarg mit den sterblichen Überresten der Fürstin Grazia Patrizia von der Kapelle des Prinzenpalastes durch die engen Straßen von Monte Carlo zur Kathedrale getragen.
    An der Spitze des Trauerzuges, hinter dem von zwölf Mitgliedern einer Büsse-Gemeinschaft getragenen Katafalk, wirft Renier, gestützt von seinen Kindern, Erbprinz Albert und Prinzessin Caroline.
    Das dritte Kind des Fürstenpaares, Prinzessin Stefanie, befindet sich seit dem Autounfall, der ihrer Mutter das Leben gekostet hat, noch immer in Spitalsbehandlung.
    Der Trauergottesdienst in der Kathedrale von Monaco, zelebriert von Erzbischof Charles Brand, begann dann kurz nach 11 Uhr.
    Unter den zahlreichen Trauergästen aus aller Welt befanden sich neben den engsten Verwandten des Fürsten und der Verstorbenen, Grazia Patrizia, eine lange Reihe gekrönter Häufter, Vertreter des europäischen Hochadels, Politiker und Präsidentenfrauen.
    Darunter König Juan Carlos von Spanien, Prinz Bertil von Schweden, Prinzessin Paola von Belgien, Nancy Reagan zwischen Daniel Mitterrand und Lady Diana, der irische Staatspräsident Patrick Hillary.
    Unter den Freunden der früheren Schauspielerin Grace Kelly sah man unter anderem Frank Sinatra, Gary Grant und James Stewart.
    In seiner Predigt gab Erzbischof Brandt der allgemeinen Bestürzung über die Trauer und Erschütterung, die der plötzliche, tragische Tod der Fürstin unter ihren engsten Angehörigen
    aber darüber hinweg unter den Bürgern des kleinen Fürstentums an der Riviera und in der ganzen Welt ausgelöst hatte.
    Prinz Renier saß während der Zeremonie in sich versunken, fast abwesend und schwer atmend auf seinem Stuhl.
    Prinzessin Caroline blickte wiederholt mit schmerzverzerrten Gesicht zu ihrem Vater, so als wollte sie ihm Beistand leisten.
    Die feierliche Beisetzung Grazie Patricius wird erst heute Nachmittag um 17 Uhr in der Familiengruft in der Kathedrale stattfinden.
    wiederum wie heute früh bei der Aufnahme des Katafalkes in der Kapelle des Palastes nur im Beisein der engsten Verwandten.
    Die Einwohner des Fürstentums, die bereits in den letzten Tagen am aufgebrachten Sarg ihrer Fürstin zahlreich vorbeigezogen waren, werden bis dahin nochmals Gelegenheit haben, ihr eine letzte Reverenz
    In Schweden wird morgen ein neues Parlament gewählt.
    Damit fällt auch die Entscheidung, wer Schweden in den nächsten drei Jahren regieren wird.
    Gegenwärtig ist ein Minderheitskabinett aus Zentrum und liberaler Volkspartei im Amt, nachdem die Konservativen vor eineinhalb Jahren aus der bürgerlichen Dreier-Koalition ausgetreten sind.
    Wirtschaftsprobleme, vor allem die Arbeitslosigkeit, standen im Mittelpunkt des Wahlkampfes.
    Insgesamt vier bürgerliche Regierungen waren nicht imstande, diese Probleme zu lösen, obwohl der von den Sozialisten seit 40 Jahren etablierte Wohlfahrtsstaat beibehalten wurde und das Modell außer Streit steht.
    Allen Voraussagen zufolge schaut es diesmal nach einer Rückkehr der Sozialdemokraten unter Olof Palme aus.
    Edgar Sterbens berichtet.
    Wenn die Demoskopen Recht behalten, dann kehren morgen nach sechs Jahren Opposition die Sozialdemokraten unter Olof Palme im bereits herbstlich kühlen Stockholm an die Schalthebeln der Macht zurück.
    Die Meinungsforscher prophezeien einen klaren Sieg der Linksparteien über das zerstrittene bürgerliche Lager.
    Die Sozialdemokraten als stärkste Partei und ihre traditionellen parlamentarischen Steigbügelhalter, die Kommunisten, sollen dem nach ihm 349 Sitze zählenden Reichstag zusammen eine Mehrheit von fast 20 Mandaten erhalten.
    Mehr als die Hälfte der sechs Millionen wahlberechtigten Schweden werden vermutlich für die Linksparteien stimmen, so sie es nicht bereits getan haben, da es hierzulande möglich ist, sein Votum bis zu drei Wochen vor dem Wahltag auf einem Postamt abzugeben.
    Die Briefwahl erfreut sich übrigens immer größerer Beliebtheit und man schätzt, dass rund ein Viertel der Wähler von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.
    Die letzten Meinungsumfragen geben deutlich die allgemeine Erwartungshaltung und Stimmungslage in Schweden wieder.
    Die Mehrheit der Schweden glaubt, dass eine starke sozialdemokratische Regierung die schwierigen wirtschaftlichen Probleme des Landes besser bewältigen könnte als die auseinandergetrifteten bürgerlichen Parteien.
    Taktieren und Dahinlawieren kennzeichneten die Politik der gegenwärtigen Regierungsparteien, des Zentrums und der Liberalen.
    Sie versuchten sich von ihrem ehemaligen Koalitionspartner, den Konservativen, zu distanzieren und als Mitteparteien zu profilieren.
    Ihr Minderheitskabinett überlebte die vergangenen eineinhalb Jahre nur durch die schweigende Zustimmung der Sozialdemokraten, die die Schwächen dieser Regierung nun in einen Wahlsieg ummünzen wollen.
    Für Zentrum und Liberale dürfte der morgige Volksentscheid den Charakter einer Denkzettelwahl bekommen.
    Zahlreiche bürgerliche Wähler haben ihnen vor allem nicht verziehen, dass sie seinerzeit ohne Rücksprache mit ihrem damaligen Koalitionspartner, den Konservativen, eine Einkommenssteuerreform mit den Sozialdemokraten vereinbart hatten.
    Die konservative gemäßigte Sammlungspartei ging daraufhin in die Opposition und kann jetzt laut Meinungsumfragen mit dem größten Stimmenzuwachs aller Parteien rechnen.
    Sie präsentierte sich im Wahlkampf als einzige Partei des Landes, die eine nicht-sozialistische Politik verfolgt und lief vor allem gegen die geplanten sogenannten Arbeitnehmerfondsstürme, die nach Auffassung der Gewerkschaften und der Sozialdemokraten zur Bildung von Risikokapital für Investitionen dienen,
    und die nach Auffassung der Konservativen zu einem Gewerkschaftsmonopol und zu einer zentralen Planung nach Ostblockmuster führen.
    Ein Viertel der Wähler dürfte der Argumentation der gemäßigten Sammlungspartei Glauben schenken.
    Den Sozialdemokraten aber ist es gelungen mit dem Slogan
    die Themen Vollbeschäftigung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit als vermutlich wahlentscheidendes Moment für sich zu pachten.
    Je nach Lesart 3,7 bis 12% Arbeitslosigkeit, 8% Inflation, leere Staatskassen und eine stagnierende Industrieproduktion bilden das dazugehörige Szenario.
    Sozialistenschef Olof Palme verspricht 40.000 neue Arbeitsplätze durch staatliche Straßen- und Wohnbauprogramme.
    Die Wirtschaft soll durch verstärkte Investitionen angekurbelt werden.
    Woher das Geld für die Wirtschaftsbelebung kommen soll, ist für Palme dabei zweitrangig.
    Eine Demokratie kann sich Arbeitslosigkeit nicht leisten, lautet seine Devise.
    Zum angekündigten sozialistischen Wahlsieg meinte ein prominenter konservativer Wirtschaftswissenschaftler hier in Stockholm besser eine falsche, aber starke Regierung als eine richtige, aber schwache.
    Morgen Parlamentswahlen in Schweden.
    Sie hörten aus Stockholm Edgar Sterbens.
    Leider bleibt uns keine Zeit mehr für den Beitrag der Kulturredaktion.
    Dieser Bericht wird aber nachgeholt und es ist ein Bericht über die Weiterführung der Edition Molden durch die Edition Brandstätter.
    Jetzt ist es viereinhalb Minuten vor 13 Uhr und ich gebe noch einmal weiter ins Nachrichtenstudio.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Nach dem Bruch der sozialliberalen Koalition herrscht weiterhin Hochspannung in allen politischen Lagern.
    Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß hat den Vorstand seiner Partei für Montag zu einer Sondersitzung nach München einberufen.
    Nach einer nächtlichen Konferenz der CSU-Spitze in München erklärte ein Parteisprecher, Strauß trete für ein konstruktives Misstrauensvotum für den Fall ein, dass Bundeskanzler Schmidt seinen Stuhl nicht freiwillig räume und den Weg für Neuwahlen freimache.
    Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bonner Bundestag, Zimmermann, erklärte heute gegenüber dem Deutschen Depeschen Dienst, die CSU gehe davon aus, dass sie an der Regierungsverantwortung mit der gleichen Zahl von Ministern beteiligt werde wie die Freien Demokraten.
    Die SPD hat heute eine bundesweite Flugblattaktion begonnen, mit der sie zu Neuwahlen aufruft.
    Der Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokratischen Partei, Glotz, erklärte dazu, die SPD wolle nicht mehr taktieren, der Bürger solle entscheiden.
    Der Bundeskanzler und die Partei wollten sich nicht länger herumstoßen lassen.
    Nach Ansicht des SPD-Bundesgeschäftsführers ist Schmidt beim Bruch der Koalition dem Vorsitzenden der FDP, Genscher, zuvor gekommen.
    Monaco.
    In der Kathedrale des Fürstentums Monaco fand heute Mittag die Trauerfeier für die Fürstin Grazia Patrizia statt, die mit 52 Jahren an den Folgen eines Verkehrsunfalls gestorben ist.
    Prominenz aus Aristokratiepolitik und Film gaben der Fürstin am Vormittag das letzte Geleit, als Jesarika aus dem Fürstlichen Palast zur Kathedrale getragen wurde.
    Unter den Trauergästen befanden sich die Gattin des amerikanischen Präsidenten, Nancy Reagan, Prinzessin Diana aus Großbritannien, der irische Staatspräsident Hillary, sowie aus der Filmwelt Gary Grant und Frank Sinatra.
    Fürstin Grazia Patrizia wird am Abend im engsten Familienkreis in der Kathedrale zur letzten Ruhe gebettet.
    Belgien.
    Bei einem Anschlag vor einer Synagoge in der Innenstadt von Brüssel sind heute vier Personen verletzt worden.
    Nach Angaben der Polizei feuerte ein Mann mit seiner Maschinenpistole auf eine Menschenmenge vor der Synagoge.
    Der Attentäter konnte zu Fuß flüchten.
    Syrien.
    PLO-Chef Arafat ist in der Nacht auf heute in Damaskus eingetroffen.
    Arafat will in der syrischen Hauptstadt an einer Dringlichkeitssitzung des 60-Personen-starken Zentralrates der Palästinenser teilnehmen, die heute beginnt.
    Es ist der erste Syrien-Besuch des PLO-Chefs seit der Militäraktion Israels im Libanon Anfang Juni.
    USA.
    Die Witwe des Komponisten Igor Stravinsky, Vera Arturnovna Stravinsky, ist im Alter von 93 Jahren in New York gestorben.
    Vera Stravinsky hatte im Juni einen Schlaganfall erlitten.
    Sie wird am Mittwoch neben ihrem Mann in Venedig beigesetzt.
    Österreich.
    Der steirische Bischof Johann Weber wurde heute auf der Fahrt im Auto nach Wien in einen Auffahrunfall verwickelt.
    Drei Fahrzeuge waren an dem Unfall beteiligt, ein Lenker erlitt Verletzungen.
    Der Bischof und sein Chauffeur blieben unverletzt.
    Nun noch die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend.
    Nach Nebelauflösung allgemein sonnig.
    Nachmittagstemperaturen 20 bis 26 Grad.
    Das sind also recht schöne Wetteraussichten für dieses Wochenende.
    Und damit ist eine Stunde ausführlicher Information im Mittagjournal beendet.
    Es ist nun kurz vor 13 Uhr.
    Einen recht angenehmen Samstagnachmittag noch, meine Damen und Herren.
    Fürs Team des aktuellen Dienstes verabschiedet sich Udo Bachmeier.
    Auf Wiederhören.
    Untertitel der Amara.org-Community

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1982.09.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1982.09.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Auslandspresseschau: BRD - Zerbrechen der Bonner Koalition
    Mitwirkende: Sichrovsky, Harry [Gestaltung]
    Datum: 1982.09.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Reiner Kunze
    Interview: Reiner Kunze
    Mitwirkende: Nagiller, Rudolf [Gestaltung] , Kunze, Reiner [Interviewte/r]
    Datum: 1982.09.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Sonderbeschäftigungsprogramm der Regierung im Mittelpunkt der SPÖ-Vertrauensleutekonferenz in Linz. Bundeskanzler Kreisky zum Zerbrechen der Bonner Koalition, große Koalition in Österreich, Wirtschaftslage
    Einblendung: Chormusik im Hintergrund, SPÖ-Landesparteichef Karl Grünner, Finanzminister Herbert Salcher, Bundeskanzler Bruno Kreisky
    Mitwirkende: Sommersacher, Markus [Gestaltung] , Eichinger, Erich [Gestaltung] , Grünner, Karl [Interviewte/r] , Salcher, Herbert [Interviewte/r] , Kreisky, Bruno [Interviewte/r]
    Datum: 1982.09.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Monaco: Begräbnis von Fürstin Gracia Patricia
    Einblendung: Chormusik im Hintergrund
    Mitwirkende: Fuhrmann, Thomas [Gestaltung]
    Datum: 1982.09.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Schweden: Wahlen am Sonntag - Vorhersagen für klaren Sieg der Linksparteien
    Mitwirkende: Sterbenz, Edgar [Gestaltung]
    Datum: 1982.09.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1982.09.18
    Spieldauer 00:59:32
    Mitwirkende Bachmair, Udo [Moderation]
    Dobrovolny, Herbert [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1982.09.18 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-820918_k02
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