Mittagsjournal 1977.10.14

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Untertitel der Amara.org-Community
    Guten Tag meine Damen und Herren, am Mikrofon des Mittagsjournals heute Roland Makatschke.
    Terror und Luftpiraterie stehen heute leider wieder einmal im Mittelpunkt unserer Sendung.
    Es hat sich bestätigt, was man gestern nur vermutet hatte, zwischen der Entführung einer Lufthansa-Maschine und der Entführung von Hans Martin Schleyer besteht ein Zusammenhang.
    Wir berichten in dieser Sendung aus Bonn, aus Frankfurt und aus dem Mittleren Osten.
    Ganz kurz noch die weiteren Themen aus Österreich.
    Interviews mit dem neuen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes Melichar und mit Bauernbundpräsident Minkowitsch zum Thema Milchmarktregelung und Interview mit dem luxemburgischen Ministerpräsidenten Thorn, der zurzeit auf offiziellen Besuch in Österreich ist.
    Im Kulturteil berichten wir unter anderem über die kommende Burgtheaterpremiere Die Möwe von Anton Tschechow.
    Jetzt aber die Nachrichten.
    Chef vom Dienst ist Adolf Poindl, Sprecherin Annemarie Partey.
    Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Nahe Osten.
    Der Verdacht, dass die Entführung eines Lufthansa-Flugzeuges mit 91 Menschen an Bord und die Entführung des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Schleyer miteinander in Verbindung stehen, hat sich bestätigt.
    Bundeskanzler Schmidt hat die Regierung zu einer Sondersitzung einberufen und erörtert derzeit mit den Kabinettsmitgliedern die Lage.
    Verkehrsminister Gscheidle hat seinen Aufenthalt in Moskau abgebrochen und reist nach Bonn zurück.
    Die in Paris erscheinende Zeitung Francois veröffentlicht heute einen neuen Brief der Schleyer-Entführer sowie ein Foto des Entführten.
    Schleyer ist darauf mit einer Tafel abgebildet, auf der in arabischer Schrift auch der Name jener Gruppe genannt ist, die die Lufthansa-Maschine in ihrer Gewalt hält.
    Das Schreiben ist an Bundeskanzler Schmidt adressiert und enthält ein Ultimatum für die Freilassung der Baader-Meinhof-Häftlinge bis Sonntag 9 Uhr.
    Die Häftlinge sollen nach Vietnam, Somalie oder nach Nordjemen gebracht werden.
    Jeder von ihnen soll 100.000 Mark erhalten.
    Auch die Luftpiraten in der Boeing 737, die heute früh in Dubai am Persischen Golf gelandet ist, haben unterdessen ein Ultimatum gestellt, indem sie die Freilassung aller Bademeinhof-Häftlinge und von zwei Terroristen in türkischen Gefängnissen bis Sonntag 13 Uhr verlangen.
    Nach jüngsten Meldungen ist die deutsche Verkehrsmaschine von vier Terroristen, darunter drei deutschen Staatsbürgern, entführt worden.
    Die Nationalität des vierten Verbrechers ist noch nicht bekannt.
    Jedoch steht fest, dass er Arabisch spricht.
    An Bord der Maschine befinden sich 85 Passagiere, der unterraucht die österreichische Ehehostess Brauhardt.
    Die Luftpiraten haben die Versorgung des Flugzeuges mit Getränken und Nahrungsmitteln gefordert, bestanden aber nicht auf einem Auftanken der Maschine.
    Der westdeutsche Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sich in Dubai in die Verhandlungen mit den Entführern eingeschaltet.
    Es wird versucht, eine Freilassung der festgehaltenen Frauen und Kinder zu erreichen.
    Der Schweizer Rechtsanwalt Payot hat in der vergangenen Nacht zwei Botschaften des Kommandos Siegfriedhausener erhalten und weitergeleitet.
    Payot bestätigt den direkten Zusammenhang zwischen dem Fall Schleyer und der Entführung der Lufthansa-Maschine.
    Frankreich.
    Unbekannte Täter haben heute in Paris auf einem Platz in der Nähe des Justizministeriums einen Sprengstoffanschlag verübt, bei dem ein Mercedes mit österreichischem Kennzeichen zerstört und mehrere andere geparkte Autos beschädigt wurden.
    Die Fenster der Gebäude in der Umgebung gingen in Trümmer, verletzt wurde niemand.
    Kurze Zeit später hat ein Mitglied der linksextremen Organisation, bewaffneter Kern für die Autonomie des Volkes, die Verantwortung für den Anschlag übernommen.
    Ein anonymer Anrufer forderte die sofortige Erfüllung des Verlangens mehrerer Häftlinge in den Pariser Gefängnissen, die sich im Hungerstreik befinden.
    Für den Fall, dass einer der Häftlinge sterben sollte, kündigte die Geheimorganisation Vergeltungsschläge an.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Der SPD-Vorstand hat alle Sozialdemokraten aufgefordert, sich nicht an die Aktivitäten des sogenannten Russell-Tribunals zu beteiligen.
    Im gleichen Sinne hat sich bereits der SPD-Vorsitzende Brandt geäußert.
    Brandt bezeichnete die Ankündigung des Tribunals, es wolle Menschenrechtsverletzungen in der Bundesrepublik untersuchen, als für die Bundesrepublik und für die deutsche Sozialdemokratie beleidigend und verleumderisch.
    Brand meinte, man dürfe sich nicht in eine Propagandaaktion hineinziehen lassen, bei dem der Name des Verehrenswürdigen Bertram Russell missbraucht werde.
    Spanien
    Die Missachtung von Straßenkontrollen in der Provinz Biskaya im Baskenland hat in der Nacht auf heute ein Menschenleben und zwei Schwerverletzte gefordert.
    Die Nationalgarde eröffnete das Feuer auf einem Personenwagen, die eine Sperre durchfuhr.
    Der Fahrer war auf der Stelle tot.
    Der Beifahrer wurde lebensgefährlich verletzt.
    Bei einer zweiten Kontrolle in der Umgebung von Bilbao wurde ein anderer Autofahrer durch Schüsse schwer verletzt, als er eine Straßensperre nicht beachtete.
    Die Polizei in Tokio hat heute bei verschiedenen Personen, die als Sympathisanten der Untergrundorganisation Rote Armee gelten, Hausdurchsuchungen vorgenommen.
    Unterdessen wurde bekannt, dass die fünf japanischen Luftpiraten, die mit ihren freigelassenen Gesinnungsgenossen und dem Lösegeld in Algier untergetaucht sind,
    neun japanischen Geiseln die Pässe weggenommen haben.
    Außenminister Hattoyama teilte vor dem Parlament mit, dass die sechs Freigelassenen mit ungültigen Pässen ausgestattet worden sind.
    Schweden.
    Die Akademie der Wissenschaften in Stockholm hat heute den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 1977 zu gleichen Teilen dem schwedischen Gelehrten Bertil Orlin und dem britischen Wissenschaftler James Mead für ihre bahnbrechenden Beiträge zur Theorie des Welthandels und der internationalen Kapitalbewegung zuerkannt.
    Professor Mead lehrte zuletzt am Christ's College in Cambridge.
    USA
    Das Verteidigungsministerium in Washington hat nun mir die Produktion des Kampfflugzeuges F-16 freigegeben.
    Zunächst sollen 105 Maschinen gebaut werden.
    Eine kostet etwa 160 Millionen Schilling.
    Die amerikanische Luftwaffe will angeblich 1400 Flugzeuge dieses Typs in Auftrag geben.
    Belgien, Norwegen und die Niederlande haben zusammen 348 Maschinen des Typs F-16 bestellt, die unter Beteiligung dieser drei NATO-Länder gebaut werden sollen.
    Israel hat die Absicht, 250 F-16 zu erwerben.
    Persien will 160 dieser Flugzeuge kaufen.
    Der erste Fall von Kindesentführung in der Geschichte des Landes hat ein unblutiges Ende gefunden.
    Die fünfjährige Graciela Ortiz, eine Großnichte des bolivianischen Zinnmilliardärs Patino, wurde in der Nacht auf heute, neun Tage nach ihrer Verschleppung, von ihren Entführern freigelassen.
    Die Eltern des Mädchens haben ein Lösegeld von umgerechnet etwa 32 Millionen Schilling gezahlt.
    Die Polizei vermutet, dass die beiden Entführer italienischer Herkunft sind.
    Eine Beteiligung der Mafia wird für möglich gehalten.
    Österreich
    In den Räumen des Salzburger Landtags im Chiemseehof sind heute die Landtagspräsidenten aller Bundesländer zu einer Konferenz zusammengetroffen.
    Auf der Tagesordnung der Beratungen stehen unter anderem das Forderungsprogramm der Bundesländer aus dem Jahre 1976 und die Vorbereitung einer gemeinsamen Konferenz der österreichischen und deutschen Landtagspräsidenten über Probleme des Föderalismus in den beiden Nachbarländern.
    Für die Berechnung der 30-prozentigen Luxussteuer bei Neuwagenkäufen ist weder der Zeitpunkt der Bestellung des Fahrzeuges noch der Bezahlung der Rechnung, sondern ausschließlich der Liefertermin maßgebend.
    Darauf weist heute der ÖAMTC in eine Aussendung hin.
    Die Kraftfahrorganisation rät aus diesem Grund allen Autokäufern, einen fixen Liefertermin vor dem 31.
    Dezember 1977 zu vereinbaren oder in den Kaufvertrag den Zusatz, Fixpreis auch bei allfälliger Erhöhung der Mehrwertsteuer aufnehmen zu lassen.
    Damit trage der Fahrzeughändler allein das Risiko, entweder zeitgerecht zu liefern oder die ab 1978 geltende erhöhte Mehrwertsteuer selbst zu bezahlen.
    Der ORF peilt mit.
    Der Landesverband Niederösterreich des Verbandes sozialistischer Gemeindevertreter hat gestern in einer Aussendung gegen die Berichterstattung über das 30-jährige Bestandsjubiläum des Verbandes am 9.
    Oktober in Wiener Neustadt bemängelt, dass diese Veranstaltung nicht im Fernsehen dargestellt wurde.
    Zugleich wurde dem Redakteur des Hörfunkberichtes Verhöhnung der Gemeindefunktionäre und des Staatsoberhauptes vorgeworfen.
    An diese Unterstellung wurde die Forderung geknüpft, den betreffenden Redakteur in Zukunft von der Berichterstattung über diese sozialistische Organisation auszuschließen.
    Dazu stellt der ORF grundsätzlich fest.
    Über welche Veranstaltung im Fernsehen oder im Hörfunk berichtet wird, obliegt laut Rundfunkgesetz allein den zuständigen Verantwortlichen des ORF.
    Die Behauptung, in dem Hörfunkbericht seien Gemeindefunktionäre und das Staatsoberhaupt verhöhnt worden, muss entschieden zurückgewiesen werden.
    Das Ansinnen, einen unabhängigen Redakteur des ORF von bestimmten Teilen der Berichterstattung auszuschließen, widerspricht der verfassungsrechtlich gesicherten Unabhängigkeit des ORF.
    Und nun zum ausführlichen Wetterbericht.
    Die Wetterlage.
    Das wetterbestimmende Hoch verlagert sich zwar etwas gegen Norden, Österreich bleibt aber in seinem Einflussbereich.
    Eine Wetteränderung tritt nicht ein.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh, meist heiter oder wolkenlos.
    Über den Niederungen aber noch Hochnebelfelder, die örtlich ganztägig anhalten.
    Schwachwindig.
    Nachmittagstemperaturen bei sonnigen Wetter 15 bis 20 Grad.
    Sonst nur 10 bis 15.
    Tiefstemperaturen der kommenden Nacht 3 bis 10 Grad.
    die Wetteraussichten für morgen.
    Meist heiter, zum Teil auch wolkenlos.
    Nur in den Niederungen örtlich Boden- oder Hochnebelfelder von größerer Beständigkeit.
    Schwachwindig.
    Tagestemperaturen 14 bis 20 Grad.
    Sehr gutes Bergwetter.
    Mittagstemperaturen in 2000 Metern 6 bis 8 Grad.
    Frostgrenze bei 3000 Metern.
    Und noch die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien-Heiter 16°, Nordwind 10 kmh.
    Eisenstadt-Heiter 16°, Nordwind 10 kmh.
    Linz-Bedeckt bei 13°, Ostwind 5 kmh.
    Salzburg-Bedeckt 11°, Nordwind 3 kmh.
    Innsbruck-Heiter 13°, Windstille.
    Bregenz-Bedeckt 9°, Westwind 3 kmh.
    Grat-Stark bewölkt 15°, Windstille.
    Und Klagenfurt-Stark bewölkt 13°, Windstille.
    Es ist zwölf Uhr und elf Minuten und nun gleich zum Thema Flugzeugentführung.
    Noch einmal ganz kurz die Fakten.
    Gestern Nachmittag Kaperung einer Lufthansa-Maschine auf dem Flug von Mallorca nach Frankfurt.
    An Bord 86 Passagiere, fünf Besatzungsmitglieder.
    Unbekannt, wie viele Terroristen.
    Derzeitige Vermutungen schwanken zwischen zwei und vier.
    Das Flugzeug, eine Kurzstreckenmaschine vom Tyg Boeing 737, wurde zuerst nach Rom umgeleitet, aufgetankt, dann nach Larnaker auf Zypern, dann im Verlauf der Nacht nach Bachrain und schließlich nach Dubai am östlichen Ende des Persischen Golfs.
    Die Forderungen?
    Freilassung der in Deutschland inhaftierten Terroristen der Baader-Meinhof-Gruppe und Freilassung von zwei türkischen Terroristen aus türkischen Gefängnissen.
    Heute Vormittag schließlich wurde zur Gewissheit, was man seit Beginn der Flugzeugentführung vermutet hat.
    Die Verbindung zwischen diesem Terrorakt und der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer.
    Ein Kommuniqué des Genfer Rechtsanwalts Pajot, wie bekannt Mittelsmann, zwischen den Schleyer-Entführern und der deutschen Regierung, hat das klar gemacht.
    Hier nun der Wortlaut des Kommunikés, wie wir ihn telefonisch aus Pajots Kanzlei erfahren haben.
    Rechtsanwalt Denis Pajot teilt mit.
    Seit dem 9.
    September 1977, in dem Rechtsanwalt Denis Payot im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland und mit Hilfe zahlreicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen rund um die Uhr sein Mandat als Kontaktperson zwischen den Behörden der BRD und dem Kommando Siegfriedhausen war.
    In der Nacht vom 13. auf den 14.
    Oktober 1977 hat Rechtsanwalt Payot zwei wichtige Erklärungen vom Kommando erhalten.
    und sie unverzüglich an die Behörden der BRD weitergeleitet.
    In diesen Erklärungen wird ein Ultimatum gestellt, das am Sonntag, den 16.
    Oktober, um 8 Uhr GMT ablaufen wird.
    Ferner geht aus diesen Erklärungen hervor, dass die Entführung der Lufthansa-Maschine vom 13.
    Oktober 1977 in unmittelbarem Zusammenhang mit der Entführung von Hans-Martin Schleyer steht.
    Daher steht von nun an nicht nur das Leben von Hans-Martin Schleyer, sondern auch das Leben von 91 weiteren Personen auf dem Spiel.
    Rechtsanwalt Denis Payot weist noch einmal darauf hin, dass er dieses Mandat aus ausschließlich humanitären Gründen angenommen hat.
    Er appelliert daher sehr nachdrücklich an alle beteiligten Parteien, alles in ihrer Kraft stehende zu unternehmen, um ein Blutbad zu vermeiden.
    Wie üblich ist über den Text des Kommuniques hinaus aus der Kanzlei Pajot nichts zu erfahren.
    Bonn ist aber jetzt offenbar in Zugzwang geraten.
    Es laufen zwei Ultimaten, eines der Schleier-Kidnapper und eines der Flugzeugenführer.
    Beide Ultimaten laufen am Sonntag ab.
    Eine schwierige Lage für die Bundesregierung in Bonn.
    Klaus Emmerich, sind nun trotz Nachrichtensperre in Bonn irgendwelche Informationen zu erhalten gewesen heute Vormittag?
    Ja, hier hat sich Entscheidendes offensichtlich eingeleitet und bewegt.
    Die Nachrichtensperre ist de facto aufgehoben.
    Den Wortlaut des letzten Ultimatums, von dem bei diesem Telefongespräch der Rechtsanwaltskanzlei Paiot die Rede war, ist soeben von Staatssekretär Klaus Bölling vor einem halben Tausend Burner Journalisten bekannt gegeben worden und hat folgenden Wortlaut.
    Wir haben Helmut Schmidt jetzt genug Zeit gelassen,
    um sich in seine Entscheidung zu binden zwischen der amerikanischen Strategie der Vernichtung von Befreiungsbewegungen in Westeuropa und der Dritten Welt und dem Interesse der Bundesregierung, den zurzeit für sie wichtigsten Wirtschaftsmagnaten eben für diese imperialistische Strategie zu opfern.
    das Ultimatum der Operation Gofre-Gadum, wir haben das nur phonetisch notiert, des Kommandos Masir-Halabi, auch dieser Name ist von uns phonetisch niedergeschrieben worden, und das Ultimatum Siegfried-Hausner, der RAF sind identisch.
    Das Ultimatum läuft am Sonntag
    den 16.
    Oktober 1977 um 8 Uhr GMT ab.
    Wenn bis zu diesem Zeitpunkt die elf geforderten Gefangenen ihr Ziel nicht erreicht haben, wird Hans Martin Schleyer erschossen.
    Nach 40 Tagen Gefangenschaft von Schleyer wird es eine Verlängerung des Ultimatums nicht mehr geben.
    Dann beginnt der nächste Satz mit den Worten ebenso keine weitere.
    Wir haben die fehlenden Worte noch nicht rekonstruieren können, aber es ist zu vermuten, dass es eine Verstärkung des vorangegangenen Gedankens ist, denn es geht dann weiter.
    Jegliche Verzögerung bedeutet den Tod Schleyers.
    Das war die Verlesung des neuesten Ultimatums der Terroristen, die offensichtlich hier in einer Kombination handeln, verlesen jedenfalls durch Staatssekretär Bölling.
    Es ist seit der Entführung von Martin Schleyer das erste Mal, dass die Bonner Regierung sich in dieser Weise äußert.
    Wie die Dinge nun ein Eigenleben bekommen, zeigt die nächste Stellungnahme von Bölling, nämlich darüber und wie nun Bonn auf dieses Ultimatum reagiert.
    Wir alle sind uns des großen Ernstes der neuen Situation bewusst, sehr bewusst.
    Das Ziel bleibt unverendet, Leben zu retten.
    Die Leben der Passagiere, der Frauen und Kinder, das Leben der Lufthansa-Besatzung, das Leben von Hans-Martin Schleyer.
    Wir werden über die Regierung der Vereinigten Arabischen
    die Emirate und Dubai auf die Entführer einzuwirken versuchen, damit eine Lösung der Vernunft und der Menschlichkeit gefunden werden kann.
    Wir werden alles versuchen, was in unserer Kraft steht.
    Wir werden alles versuchen, was Menschen möglich ist, um die Situation zum Guten zu wenden.
    Wir wissen, dass wir unter dem Druck eines sehr ernst gemeinten Ultimatums
    stehen und danach werden sich alle unsere Überlegungen ausrichten.
    Das war vor wenigen Minuten der amtliche Sprecher der Bonner Regierung, Staatssekretär Klaus Bölling mit einer Stellungnahme, der ersten Stellungnahme seit Verhängung der sogenannten Nachrichtensperre hier in Bonn.
    Vielleicht sollte ich noch anfügen, dass anschließend ebenfalls ganz ungewöhnlich in der ganzen Angelegenheit
    Bölling die Ereignisse der letzten Stunden seit der Entführung der Lufthansa-Maschine anhand eines Zeitplanes bis in alle Einzelheiten bekannt gegeben hat.
    Das Interessanteste daran ist nun, dass der Bundesgrenzschutz in einer Sondermaschine tätig werden sollte.
    Das heißt genauer gesagt, mit einer Sondermaschine gestern Abend ein
    Kommando der Bundesgrenzschutzabteilung 9 der Antiterrortruppe von der Bundesrepublik nach Zypern entsandt worden war, um, das hat Staatssekretär Bölling soeben auf der Pressekonferenz noch ausdrücklich bestätigt, als dieses Kommando dann tätig zu werden, wenn betroffene Regierungen westdeutsche Hilfe bei der Lösung des Problems
    anfordern.
    Das ist aber ganz offensichtlich gestern Abend der Stand gewesen.
    Was nun mit diesem Bundesgrenzschutzkommando eigentlich geschieht, wo er sich befindet, wo die Sondermaschine ist, die zweite Maschine, die praktisch die erste jagt, das alles blieb offen.
    Man hat hier in Bonn, um ein erstes Resümee zu wagen, den Eindruck, dass man hier unter Umständen ernsthaft daran geht, nachzugeben.
    Das heißt also, die Bader-Meinhof-Häftlinge, die schließlich 13 Morde auf dem Gewissen haben, jetzt unter dem Druck der
    Kidnapping-Aktion mit der Lufthansa-Maschine freizulassen.
    Es ist aber offenbar, Klaus Emmerich, zumindest gestern der Wille der deutschen Regierung gewesen, unter Umständen, wenn die Zyperer das gestattet hätten, von deutscher Seite aus mit Gewalt die Befreiung zu wagen.
    Ja, das hat Böling praktisch indirekt bestätigt.
    Er hatte genau in dem Minutenplan gesagt, gestern Abend zwischen 19 und
    Ich muss gerade einmal nachschauen, das war ungefähr, wann ist die Maschine gestartet?
    Um 21.40 Uhr etwa wurde dann doch das Auftanken der Maschine wieder von den Cyprioten erlaubt und damit ist dann diese nächtliche Irrflugaktion gestartet, die dann halt in der frühen Dubai geendet hat.
    Ist anzunehmen, dass die Deutschen jetzt die Nachrichtensperre total aufgehoben haben, dass man dann im Verlauf der nächsten Stunden erfahren wird, was tatsächlich geschehen wird?
    Und dann die zweite Frage, Klaus Emmerich, es ist aus der Erklärung von Böling nicht klar hervorgegangen,
    beziehungsweise aus dem, was er vorgelesen hat, zitiert hat von den Terroristen.
    Soll die Befreiung bis zum Ablauf des Ultimatums, also vor dem Ablauf des Ultimatums eingeleitet worden sein, die Freilassung der Häftlinge oder sollen die Häftlinge bereits sich an irgendeinem bestimmten Ort außerhalb der Bundesrepublik befinden, wenn das Ultimatum am Sonntag abgelaufen ist?
    Ich muss den Eindruck haben, dass die Einleitung gemeint ist, denn in einer anderen Passage, die wir jetzt nicht gebracht haben, weil es zu lang gewesen wäre, sagen die Terroristen, also die Entführer von Schleyer, es sei nicht mehr notwendig, dass, wie ursprünglich von Ihnen gefordert, Pastor Niemöller und Rechtsanwalt Payot die ausfliegenden Bader-Meinhof-Häftlinge begleiten sollten.
    Sie könnten sich auf andere Weise eine Bestätigung herbeischaffen.
    Das spricht also dafür, dass die ganze Prozedur jetzt auch in ihrer Strategie geändert wurde.
    Weiß man überhaupt, in welcher Form die Botschaft der Terroristen der deutschen Regierung zugegangen ist?
    Weil Böllinger hier von phonetischer Schreibweise spricht.
    Offensichtlich wurde da telefoniert.
    Ja, das ist nicht klar gesagt worden.
    Es ist heute Vormittag wohl erst, heute Morgen gewesen.
    wo die deutsche Regierung diesen Wort laut erhalten hat.
    Und wenn wir es vielleicht nur zur Prozedur noch sagen, es hat also dann in der Nacht noch eine Beteiligung von Bundeskanzler Schmidt im Innenministerium gegeben, heute Vormittag eine Sondersitzung des Bonner Kabinetts und seit etwa 12 Uhr Tag des sogenannten großen Krisenstabs, das heißt also die ganzen führenden Politiker der Bundesrepublik sitzen im Bonner Kanzleramt beieinander.
    Ich glaube, Klaus Emmerich, das ist alles, was man zurzeit aus Bonn sagen kann.
    Sie werden sich, sollte in Bonn noch irgendetwas zu erfahren sein, was von Bedeutung ist, sicherlich noch vor Ende des Mittagschanals melden.
    Ansonsten dann weitere Informationen aus Bonn im Abendschanal.
    Auf Wiederhören, Klaus Emmerich.
    Auf Wiederhören.
    Und nun zum Schicksal der entführten Flugzeugpassagiere und Besatzungsmitglieder der Lufthansa Maschine.
    Unser Nahost-Korrespondent Mosche Meisels meldet sich mit einer Zusammenfassung von alledem, was er in Erfahrung bringen konnte.
    Zeit auf dem Flugfeld von Dubai, das für jeden Verkehr geschlossen wurde.
    Die Entführer, zwei Männer, die Arabisch sprechen, warnten die Behörden von Dubai, sie würden Geistern töten, wenn sie Polizisten oder Soldaten der Maschine annähern sollten.
    Der Verteidigungsminister von Dubai, Sheikh Mohammed bin Rashid Al Maktoum, und der deutsche Botschafter Hans-Joachim Theumann verhandeln über den Kontrollturm mit den Entführern.
    Sie ersuchten sie die Frauen und sechs Kinder, die sich in der Maschine befinden, freizulassen.
    Das Ansuchen wurde abgelehnt.
    Die Behörden von Dubai weigerten sich demgegenüber, dem Ansuchen der Entführer nachzukommen, die Maschine aufzutanken.
    Sie wurde lediglich mit Nahrung und Wasser versorgt.
    Eine Polizistin, der gestattet wurde, sich in die Maschine zu begeben, meldete, dass alle Passagiere in guter Verfassung seien.
    Es scheint sich jedoch ein kranker Mann unter ihnen zu befinden.
    Der deutsche Kapitän der Maschine, die sich auf einer abgelegenen Piste im Wüstengebiet befindet, wird von einem der Entführer mit einer Pistole in Schach gehalten.
    Die Entführer ließen den Wagen mit der Nahrung und dem Wasser sich nur bis in eine Entfernung von ca.
    50 km der Maschine nähern.
    Ein bewaffneter Terrorist verließ das Flugzeug und überführte die Nahrung und die Wasserbehälter selbst vom Wagen in die Maschine.
    Ein Polizeioffizier am Flugplatz teilte mit, dass die Entführer die Freilassung von elf Arabern fordern.
    Man nimmt jedoch an, dass das Kappern der Maschine mit der Entführung des deutschen industriellen Hans-Martin Schleyer zusammenhängt und dass es sich bei den Entführern um Mitglieder der Siegfried-Hauser-Gruppe der Roten Armee in Deutschland handelt.
    Die Entführer fordern unter anderem die Freilassung der beiden palästinensischen Terroristen Mehdi Mohamed Yildiz und Hussein Mohamed El Rashid, die im Oktober 1976 vier Passagiere einer El Al-Maschine auf dem Flugplatz von Istanbul getötet hatten und im August zu einer lebenslänglichen Kerkerstrafe verurteilt worden waren.
    Einer der Entführer erklärte, dass er Khartoum heiße und sich an den Kämpfen um das palästinensische Flüchtlingslager Tel el-Zaatar in Libanon beteiligt hätte.
    In der Maschine befinden sich unter anderem elf Schönheitsköniginnen und mehrere Geschäftsleute aus Frankfurt.
    Die PLO-Zentrale in Beirut hat jede Verbindung zu den Entführern abgeleugnet.
    In Nicosia hatten jedoch Vertreter der PLO vergeblich versucht, mit ihnen zu verhandeln.
    Soweit Mosche Meisels.
    Wir unterbrechen damit vorläufig unsere Berichterstattung über die Flugzeugentführung.
    Wir erwarten aber noch in dieser Sendung Berichte aus Frankfurt mit neuen Einzelheiten, die unter Umständen auf dem Weg über die Lufthansa bekannt geworden sind.
    Und noch ein Hinweis.
    Dem so aktuellen Thema Terror ist heute auch die Sendung von Tag zu Tag um 14.30 Uhr im Programm Österreich 1 gewidmet.
    Gast im Studio ist Professor Friedrich Hacker.
    Jetzt ist es in vier Minuten halb eins und wir bringen Berichte aus Österreich.
    Seit Mittwoch hat Österreich Staatsbesuch aus dem Großherzogtum Luxemburg.
    Großherzog Jean ist in Begleitung von Frau und Tochter in Wien.
    Er wird heute Nachmittag nach Salzburg weiterreisen.
    In der Begleitung des Großherzogs befindet sich auch Ministerpräsident Gaston Thorn.
    Er führte heute Vormittag mit Bundeskanzler Kreisky im Bundeskanzleramt ein politisches Gespräch.
    Anschließend sprach Ferdinand Hennebichler mit dem luxemburgischen Regierungschef.
    Herr Ministerpräsident Thorn, Sie kommen gerade von einem Gespräch mit Bundeskanzler Gereisky.
    Was ist das Ergebnis dieser Unterredung?
    Es war ein Tour d'horizon general.
    Wir haben über Entspannung gesprochen, über unsere gemeinsamen Sorgen im Energieproblem, in der Wirtschaft, was die Eisenindustrie anbelangt, was Sie sehen vom parteipolitischen über das wirtschaftliche zu den internationalen Problemen.
    Haben Sie Bundeskanzler Gereisky Zusagen gemacht, dass sich Luxemburg wieder innerhalb der EG für Interessen Österreichs einsetzen wird?
    Selbstverständlich werden wir, soweit wir können und so gut es geht, die österreichische Position unterstützen.
    Also konkret auf welchen Gebieten?
    Rinderexport, Stahl, Probleme?
    Das Stahlproblem können wir nicht viel helfen.
    Da sitzen wir alle, wie man sagt, in der Tinte zusammen drin.
    Und ich glaube nicht, dass sich über Jahre hinaus sehr viel in der Stahlindustrie ändern wird.
    Hoffentlich werden wir aus dieser Krise herauskommen, aber in den Boom-Jahren, wie wir sie zu Beginn der 70er-Jahre gekannt haben, werden wir in den nächsten zehn Jahren nicht mehr kommen.
    Und wie schaut es in der Landwirtschaft aus?
    Ist auch noch einmal angesprochen auf dem Rindexplan?
    Ja, Sie wissen ja, dass die EWG, selbstverständlich hat der Kanzler dies angesprochen, Sie wissen, dass in der EWG immer lauter der Drang
    die Agrarpolitik zu überdenken, zwar unter verschiedenen Gesichtspunkten.
    Die Engländer wollen es im Interesse der Konsumenten wieder neu überdacht sehen.
    Die Franzosen und Italiener drängen auf eine Überarbeitung, weil nun Spanien, Portugal und Griechenland in die EWG reindringen.
    So oder so.
    Wir werden in den nächsten Monaten über die Agrarpolitik der EWG diskutieren und weshalb nicht bei dieser Gelegenheit auch dieses Problem auf den Tisch legen.
    Also konkret, Sie angesprochen, wird sich Luxemburg wieder dafür verwenden, dass die Interessen Österreichs vor allem im Rinderexport berücksichtigt werden?
    Selbstverständlich, aber nicht nur wegen den Rindern aus politischen Ursachen.
    Herr Ministerpräsident, sind zwischen Österreich und Luxemburg im Augenblick wirtschaftliche oder andere Abkommen in Diskussion oder werden sie im Augenblick abgeschlossen?
    Im Moment leider haben wir nicht viele wirtschaftliche
    Beziehungen also nicht besonders.
    Der Akzent scheint mir im Moment besonders auf dem kulturellen Gebiet zu liegen.
    Herr Ministerpräsident, eine Frage zur Europapolitik.
    Kommunisten in der EG.
    Sie sind in der Vergangenheit ein erklärter Gegner der Zusammenarbeit mit den Kommunisten gewesen.
    Hat sich in Ihrer Einstellung was geändert?
    Ich möchte hier keinen Zusammenhang sehen mit meinem Gespräch mit Bundeskanzler Kreisky.
    Ich weiß, da gibt es Nuancen zwischen ihm und mir.
    Er ist ja der Chef eines neutralen Landes und kennt auch den Kommunismus durch geografische Situationen und andere viel besser als ich.
    Ich bin jetzt reicher, nachdem Bundeskanzler Kreisky mir seine Gedanken auseinandergelegt hat.
    Ich habe aber im Moment meine Politik noch nicht hierüber geändert.
    Ihre Haltung, Zusammenarbeit zwischen Liberalen und Kommunisten, wie schaut das kurzgesagt aus?
    Sehr schlecht, ich kann mir sie noch nicht vorstellen.
    Sie schließen eine Zusammenarbeit innerhalb der EG mit den Kommunisten aus?
    Ich schließe sie nicht aus.
    Ich sehe sie als unmöglich, so wie ich die Interessen der EG sehe.
    Es kann sein, dass es Zeiten kommen werden, wo man muss oder wo ganz einfach beschlossen wird, dass man zusammen arbeitet.
    Wenn ich die Wahl habe, sage ich Nein und sage, es wäre eine schlechte Sache für die EG.
    Werden Sie etwas dagegen tun?
    Selbstverständlich.
    Was?
    Ja, immer wenn ich gegen etwas bin, dann versuche ich als Politiker alles Mögliche zu unternehmen, dass es nicht dazu kommt.
    In welchen Möglichkeiten gäbe es dann die Zusammenarbeit mit Kommunisten innerhalb der AG entweder gering zu halten oder zu verhindern?
    Dazu versuchen, dass die Kommunisten nicht an die Macht kommen, sondern dass die anderen die Machthaber bleiben.
    Vielen Dank, Herr Ministerpräsident.
    Das Gespräch mit Ministerpräsident Gaston Thorn aus Luxemburg führte Ferdinand Hinnerbichler.
    Seit am Montag vergangener Woche der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Anton Joly, wegen, wie es in einer 6-Seilen-Pressemitteilung hieß, schwerwiegender Meinungsverschiedenheiten mit der Mehrheit der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes und des Verhaltens des Gerichtshofes in einer grundsätzlichen Frage der Rechtsprechung zurückgetreten ist, sind die Kombinationen und die Hintergründe dieser Demission nicht abgerissen.
    Antonioli hat in einem Telefongespräch mit dem ORF jede weitere Erläuterung abgelehnt.
    Der Vizepräsident des Verfassungsgerichts, Hofis Ringhofer, ließ mitteilen, dass er ein Gespräch für kaum nützlich halte, da er durch die Vertraulichkeit innerhalb des Höchstgerichtes gebunden sei.
    Dennoch ergeben sich starke Indizien für das Motiv dieser ersten Präsidentendemission in der Geschichte der österreichischen Verfassungsgerichtsbarkeit, dass nämlich Mitbestimmungsregelungen des Universitätsorganisationsgesetzes der auslösende Faktor gewesen sein dürften.
    Inzwischen hat bereits der Nachfolger für Anton Joly, der übrigens mit Ende dieses Jahres automatisch in den Ruhestand getreten wäre, sein Amt als Präsident des Höchstgerichtes angetreten.
    Universitätsprofessor Erwin Melichar ist neuer Vorsitzender des 14-Richter-Kollegiums, dessen Bestellung verfassungsmäßig auf die verschiedensten Einrichtungen aufgeteilt ist, bei dem aber traditionellerweise SPÖ und ÖVP je sieben Richter nominieren.
    Die aktuelle Konsequenz konnte man Zeitungskombinationen entnehmen.
    Wenn Melicher, einst auf dem ÖVP-Kontingent in den Verfassungsgerichtshof gekommen, nun Präsident ohne Stimmrecht sei, dann ergebe sich eine 7 zu 6 Abstimmungsmehrheit für die zu den Sozialisten tendierenden Mitglieder.
    Vor diesem Hintergrund hat sich Präsident Erwin Melicher zu einem Gespräch bereit erklärt.
    Insofern eine Neuigkeit, als der frühere Präsident Antonioli in fast 20 Jahren Amtstätigkeit Interviews stets grundsätzlich abgelehnt hat und der Hörfunk in seinem Archiv über keinen Originalton Antoniolis verfügt.
    Das nun folgende Gespräch mit dem neuen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, Erwin Melicher, führte Erich Aichinger.
    Über den Rücktritt Ihres Vorgängers, Professor Antognoli, hat man im Grund nur ganz knappe Mitteilungen gehört.
    Fühlen Sie sich eigentlich durch diesen doch sehr spektakulären Schritt belastet bei Ihrem Amtsantritt?
    Natürlich ist es
    nicht erfreulich ein Amt anzutreten, wenn der Vorgänger, mit dem ich freundschaftlich verbunden war, auf solche Art abtritt.
    Über die Hintergründe dieses Rücktrittes kann ich selbst überhaupt nichts aussagen, weil ich bei der entscheidenden Beratung nicht dabei war.
    Ich war nämlich in der Causa, die beraten wurde, von Gesetzeswegen ausgeschlossen.
    Darf man also daraus Rückschlüsse auf die Causa ziehen?
    Weil Sie Universitätsprofessor sind, waren Sie ausgeschlossen.
    Das liegt unter dem internen Beratungsgeheimnis.
    Darüber kann ich nichts aussagen.
    Gerade aber diese knappen Mitteilungen haben in den Zeitungen Spekulationen Tür und Tor geöffnet, warum Professor Antonioli zurückgetreten sein könnte.
    Glauben Sie nicht, dass es also fast im Sinne eines Vertrauens in den Garanten der Verfassung, der Rechtsprechung überhaupt doch besser wäre, der Öffentlichkeit reinen Wein einzuschenken, auch wenn Sie das vielleicht nicht persönlich können?
    Auch darüber kann ich Ihnen nichts aussagen, weil ich dazu nicht zuständig bin.
    In den Zeitungen las man auch eher so Bemerkungen, wie der Verfassungsgerichtshof sei quasi in das Odium der Parteipolitik geraten.
    Es wurden Kombinationen angestellt, dass es quasi eine Mehrheit
    für die SPÖ nahe Richtung gebe und ähnliches.
    Es wurden Berechnungen einer 7-6-Mehrheit zum Beispiel angestellt und es gipfelte zuletzt in einem Satz einer Wochenzeitung, wo anonym ein Mitglied dieses Gremiums zitiert wurde, wo es etwas sinngemäß hieß, diese Mehrheit ersetze die fehlende Zweidrittelmehrheit der SPÖ im Parlament.
    Sind solche Betrachtungen überhaupt zulässig?
    Ich kann, wie ich schon sagte, darüber in dieser entscheidenden Sache nichts aussagen.
    Ich war einfach nicht dabei und ich weiß nicht, was sich abgespielt hat.
    Wenn man jetzt die Frage verallgemeinert, glauben Sie, kann man überhaupt parteipolitische Überlegungen über die Mitglieder eines solchen hohen Gremiums anstellen?
    Das ist eher eine Sache, über die Sie die politischen Parteien befragen müssen.
    von der Praxis her gesehen, hielten Sie es für zweckmäßig, einem Richter dieses Hohen Gremiums, der eine eigene Meinung in einer bestimmten Causa vertritt, so etwas ähnliches wie eine dissenting opinion zuzugestehen, also dass er mit seiner abgelehnten Meinung an die Öffentlichkeit gehen kann?
    Das ist eine diskutable Frage.
    Man kann Meinungen in der einen wie in der anderen Richtung vertreten
    Und letzten Endes ist es eine persönliche Sache, welche Meinung man hier vertritt.
    Ihr Vorgänger Prof. Antonioli hat, wenn man es so sagen will, quasi einen Stil der Vertraulichkeit dieses obersten Gerichtes gepflegt.
    Werden Sie den beibehalten?
    Haben Sie sich Neuerungen überlegt?
    Ich habe mein Amt angetreten mit dem Gedanken, dass es wichtig ist, den Verfassungsgerichtshof aus dem politischen Streitgespräch herauszuhalten.
    Mir wurde in diesem Zusammenhang auch von allerhöchster Stelle versichert, dass es zweckmäßig unvernünftig ist, wenn man die Linie des Verfassungsgerichtshofes, so wie sie bisher in seiner Leitung
    im Erscheinung getreten, ist in kontinuierlicher Weise fortsetzt.
    Können Sie sich vorstellen, dass Sie etwas stärker als Ihr Vorgänger künftig an die Medien sich wenden, etwa zur Interpretation eines bereits gefehlten Erkenntnisses?
    Wir haben im Verfassungsgerichtshof schon seit längerer Zeit ein Pressereferat, welches die Medien mit den wichtigsten Nachrichten versorgt und auch stets zu Auskünften bereit ist.
    Herr Präsident, über Ihre Person selbst konnte man in den Zeitungen lesen, Sie seien einstens auf das ÖVP-Kontingent angerechnet in den Verfassungsgerichtshof gekommen und seien jetzt sozusagen als Blutgruppe 0 Mann der Regierung vorgeschlagen worden.
    Herr Hanselt, das kann ich jetzt wirklich nicht beantworten.
    Vielen Dank für dieses Gespräch.
    Es ist zwar ein etwas abrupter Übergang von einem Interview mit dem Präsidenten des österreichischen Verfassungsgerichtshofes Professor Melicher und dem aktuellen Terror, aber wir haben jetzt Verbindung mit Frankfurt und in einem Studio des Hessischen Rundfunks ist Kollege Rainer Witt.
    Guten Tag, Herr Witt.
    Guten Tag nach Wien.
    Herr Witt, in Frankfurt, Einsatzzentrale der Deutschen Lufthansa ist über diesen Kanal Neues zu erfahren gewesen.
    Es sieht im Augenblick nicht sehr gut aus mit Informationen.
    Der eindeutige Zusammenhang mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer
    trägt natürlich dafür Sorge, dass Informationen kurz gehalten werden.
    Man will auf der einen Seite natürlich nicht unbedingt eine sicher schon vorhandene Strategie und Taktik der Bundesregierung offenlegen.
    Auf der anderen Seite ergibt sich natürlich das Problem der insgesamt der 91 an Bord der Maschine befindlichen entführten Personen, die nun eine Reihe von Angehörigen haben.
    Delegiert hat auf jeden Fall das Bundesinnenministerium die Auskunftsrechte an die Deutsche Lufthansa.
    Soweit es in deren Möglichkeiten steht, informiert natürlich die Deutsche Lufthansa die Angehörigen.
    Im Augenblick muss man davon ausgehen, dass es den Entführten, unter denen ja auch sechs Kinder sind, unter anderem auch elf Schönheitsköniginnen, eine ganze Reihe von Geschäftsleuten und Touristen, dass es ihnen gut geht, die Maschine
    ist mit Nahrungsmitteln versehen.
    Sie war ja nur für einen normalen Kurzstreckenflug ausgerüstet.
    Es ist auch wieder Wasser an Bord.
    Also das, was man dringend braucht, ist im Augenblick da.
    Es ist aber über die Lufthansa doch einiges von dem, was in Dubai und vor Dubai geschehen ist, nach Frankfurt gelangt, Herr Witt.
    Ja und nein, möchte ich sagen.
    Wir mussten uns zum Teil anderer Kanäle bedienen und hier bei uns im Funkhaus haben wir jetzt drei Original-Mitschnitte von verschiedenen Funksprüchen, die wir auch Ihren Hörern nicht vorenthalten möchten.
    Der erste Funkspruch ist der Funkspruch des Piloten dieses Lufthansa-Fluges 181.
    beim Landeanflug auf Dubai.
    Der Pilot sagt in englischer Sprache, dass er um Landeerlaubnis bittet und er sagt weiter, bitte keine Polizei und bitte kein Militär, sonst werden wir entschossen.
    Er sagt dann auch nun zum ersten Mal, dass in dieser Maschine die Situation also außerordentlich gefährlich ist und das merkt man auch an dem emotionalen Hintergrund dieses aufgefangenen Funkgesprächs.
    No police and no soldiers, because otherwise they are going to shoot us.
    And they want to train nine German prisoners and four prisoners in the Turkey.
    Sie lassen mich sagen, so endet der Pilot, dass neun Leute in deutschen Gefängnissen sowie zwei in der Türkei Gefangene freigelassen werden.
    Also hier nun erstmals auch die präzisierte, quasi vom Piloten autorisierte Forderung, neun Deutsche und zwei in der Türkei Gefangene.
    Zum ersten Mal also auf diesem Wege.
    Ein weiteres Funkgespräch wurde geführt nach dem Start der Maschine von dem
    Zyprischen Flughafen La Carna.
    Es ist ein Gespräch zwischen dieser entführten Maschine und einer anderen deutschen Maschine.
    Dort wird erstmals in diesem Gespräch auch deutlich, es sind zwei Männer und zwei Frauen an Bord und diese vier Personen sind mit Handgranaten und Pistolen bewaffnet.
    Klar, wenn ich Sie also richtig verstanden habe, normaler LTC, Sprechfunksprecher in Englisch und dann wäre das in deutscher Sprache zwischengefunden.
    75 Minuten sind 30 Minuten hinter Ihnen.
    Ich glaube doch, dass dieses, wenn es auf Funk Cauderwelsch war, doch ein wenig dokumentarischen Wert hat und dass es einmal ganz interessant ist, das zu hören.
    Ein dritter aufgefangener Ton, wie ich ihn sehe, rein emotionaler Natur, zeigt auch, dass die Entführer doch irgendwo unter Stress stehen.
    Es ist das Gespräch eines der wohl beiden an Bord befindlichen männlichen Entführer mit einem Sicherheitsbeamten in einem, in dem Tower auf Zypern.
    Ja, Herr Kapitän Mahmoud?
    Ja, Herr Kapitän Mahmoud.
    Ich spreche mit dir von einem Regierungsvorsitzenden der Palästinensischen Regierung in Kubrus.
    Pass auf, ich bin nicht dein Regierungsvorsitzender, okay?
    Kannst du mit wem sprechen?
    Ich spreche nicht mit dir, okay?
    Ich spreche nur mit dir.
    Eine, wenn wir sie auch nicht verstehen, sicher deutliche Sprache, die von anderen verstanden werden muss.
    Es ist natürlich im Zusammenhang mit dieser Entführung die Frage aufgetaucht, wie konnte es überhaupt gelingen, diesen vier Personen an Bord einer Maschine zu kommen, denn Pistolen und Handgranaten, die muss man ja irgendwo verstecken.
    Ich bin heute Nacht gewissermaßen inkognito auf der sehr gut abgeriegelten Lufthansa-Basis gewesen und konnte in einer Cafeteria den Gesprächen der Crews ein bisschen zuhören, die sich dort natürlich auch sehr ausführlich über die Entführung, über die entführte Maschine, über ihre Kollegen und über die Passagiere unterhalten haben.
    Später haben wir dann Lufthansäaten ganz konkrete Aussagen gemacht und die sehen nicht sehr gut aus.
    Sie sagten, dass vor allen Dingen natürlich bei Besatzungen, bei Crews, die Behörden in Palmas oft beide Augen zugedrückt hätten.
    Also keine sehr gute Untersuchung.
    Aber man muss ja nun weniger Angst haben.
    vor Uniformierten haben.
    Diese Maske haben sich die Terroristen bislang noch nicht zugelegt.
    Aber wir haben auch ganz eindeutige Aussagen von Besatzungsmitgliedern der deutschen Lufthansa, die sagen, man muss in Palmas durch den Zoll.
    Vom Zoll geht es in einen Warteraum von dort auf das Feld.
    Wir haben wiederholt gesehen,
    dass Passagiere lediglich ihren Ausweis gezeigt haben.
    Ich will hier keine Spekulation betreiben, aber irgendwo muss man sich fragen, warum ausgerechnet dieses Hijacking, dieses Kidnapping in Palmas.
    Vielleicht, weil man wusste, dass dort ein wenig geschlampert wird.
    Ich weiß, es ist spekulativ, aber ich möchte es an dieser Stelle einmal ganz deutlich sagen.
    der deutschen Pilotenvereinigung Cockpit, die wir gestern zum gleichen Thema aus dem gleichen Grund befragt haben, waren keine Berichte bekannt.
    Sie hat ja Pilotenberichte, die sie sammelt.
    Wenn ein Pilot also schlechte Erfahrungen im Ausland macht, dann sagt er, bitteschön, hier ist mein Bericht, hier geht es nicht korrekt zu.
    Solche Berichte liegen dieser Cockpit-Vereinigung
    nicht vor, aber ein Pilot kann natürlich im Zeitalter des modernen Massentourismus und gerade in Palmas ist er ja sehr stark zugange, nicht alles das beobachten, was geschehen ist.
    Aber es wird mit Sicherheit bedeuten, dass man sich auch in Spanien einmal Gedanken darüber machen muss, ob da mit einer gewissen Mittelmehrlässigkeit weiterhin operiert werden kann oder ob man nicht doch sich entscheidet, solche Kontrollen, wie sie zum Beispiel in
    Zürich-Kloten der Fall sind, nämlich mit Röntgenbogen, mit Durchleuchtungsgeräten und einer sehr, sehr korrekten Körpervisitation, die sogar einen Autoschlüssel zu Tage fördert, ob man nicht so etwas dort auch einmal machen sollte.
    Ja, oder die Lufthansa könnte sich überlegen, ob sie nicht vielleicht nach dem Vorbild von El Al einen eigenen Sicherheitsdienst aufzieht in Benzinmaschinen.
    Den hat sie.
    Diesen Sicherheitsdienst hat sie und da möchte ich doch noch eine kleine Begebenheit erzählen.
    Ich habe heute Nacht mit einem solchen Sicherheitsbeamten gesprochen.
    Ein groß gebauter, starker Mann, so stellt man sich wohl einen Mann vor, der
    Sicherheit vermittelt.
    Aber dazu muss man eines sagen.
    In Lufthansa-Kreisen der sicherste Flug der Lufthansa, da sagt man, das ist der Flug hinunter nach Israel.
    Selbst wenn dann ein Sicherheitsbeamter dabei ist, er ist zwar anwesend, aber er hat keine Waffe.
    Und dieser Mann hat mir heute Nacht Auge in Auge gegenübergestanden, hat gesagt, und wenn etwas passiert, bin ich der Erste, der sich auf den Boden legt.
    Danke Rainer Witt für diese Informationen aus Frankfurt auf Wiederhören und wir kehren eine Viertelstunde vor Ende der Sendung noch einmal zurück zur österreichischen Innenpolitik.
    Mit einer Sitzung des Parteirates der Sozialistischen Partei in Graz hat gestern die Regierungspartei den Startschuss zu einer Grundsatzdiskussion über ein neues Parteiprogramm gegeben.
    Beschlossen soll das Programm dann vom SPÖ-Parteitag im Mai des kommenden Jahres werden.
    Reformistisch und systemverändernd als Perspektive bis zur Jahrtausendwende, so wird das Programm von der SPÖ selbst eingestuft.
    Herausgestellt werden als absolut gleichwertige Grundwerte Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität.
    Besonders bemerkenswerter Gesichtspunkt der gestern eröffneten Diskussion das Zitat des Parteivorsitzenden Bruno Kreisky, dass Österreichs Sozialisten ein langes Stück Weges gemeinsam mit den Sozialisten gehen könnten.
    Der Obmann der großen Oppositionspartei, Josef Taus, der sich heute in Graz auffällt, hat eine erste Reaktion auf die sozialistischen Vorstellungen.
    Angekündigt, ich rufe jetzt Markus Sommersacher.
    Herr Parteiobmann Dr. Taus, Sie haben in den vergangenen Jahren mehr oder weniger erfolglos versucht, eine Ideologiediskussion auf breitester Ebene in Gang zu setzen.
    Jetzt bietet sich eine solche Chance.
    Was sagen Sie nun zum Entwurf für das neue Parteiprogramm der SPÖ?
    Zunächst einmal ist das in der österreichischen Volkspartei gar nicht erfolglos gewesen, sondern wir haben ja eine breite Diskussion, die auf Dauer berechnet ist, wenn man Grundsätze nicht innerhalb weniger Monate diskutiert, sondern permanent diskutiert.
    Und das sozialistische Parteiprogramm
    Der Entwurf zum neuen Programm ist so ausgefallen, wie ich es mir vorgestellt habe.
    Eine sozialistische Partei, die im Prinzip bei all dem geblieben ist, was im Programm 1958 enthalten ist.
    die nur in weiten Bereichen verschwommener und unklarer formuliert, die eben eine sozialistische Partei ist, aber durch Unglarheiten, unpräzise Formulierungen
    die ein oder anderen Dinge nicht so klar aussprechen möchte, zum Beispiel der Punkt bei der Verstaatlichung, wo man sagt, man schließt von vornherein nicht Verstaaten, schließt sie nicht ein, also ganz verwaschen, ganz unklar.
    Aber dazu gibt es doch, entschuldigen Sie, wenn ich es unterbreche, aber dazu gibt es doch die Äußerungen von
    ÖGB-Chef Peña und Bundeskanzler Kreisky, die beide betonten, weitere Schritte in der Verstaatlichung seien nicht vorgesehen.
    Für mich ist interessant, was im Programm drinsteht.
    Dann hätte man das ja ins Programm klar hineinformulieren können, hat man ja auch wieder nicht getan.
    Wenn ich in einen weiteren Bereich hineingehe, bei der Leistungsbeurteilung im Bildungssystem, da war noch im Problemkatalog die Aufhebung der notenmäßigen Beurteilungen drinnen und jetzt heißt es, die Sozialisten fordern den Abbau punktueller Leistungsbeurteilungen.
    Es ist alles ein bisschen verwässert worden, ändert aber nichts daran, dass die sozialistische Partei ihre Grundlinien beibehalten hat, aber das, finde ich, ist auch vom Standpunkt einer
    sozialistischen Partei aus.
    Richtig, es ist nur für den Wähler eben wichtig zu wissen woran er ist, denn er wird ja ununterbrochen werden bestimmte Gruppen aufgefordert eben ein Stück weges mitzugehen und hier hat man offensichtlich versucht durch unklare und unpräzise Formulierungen den einen oder anderen es zu erleichtern dieses Stück mitzugehen.
    Sehr klar scheint jedoch die Aussage von Zentralsekretär Blecher und auch wieder vom Bundeskanzler zu sein, was das Verhältnis zur Kirche betrifft.
    Es wurde unmissverständlich klargestellt, dass die Grundsätze in diesem Punkt nicht geändert werden sollen, dass im Gegenteil es begrüßt werde, dass die Kirche in den vergangenen Jahren die christliche Soziallehre eine Öffnung ihres Standpunktes zur sozialistischen Partei durchgemacht habe und dass
    die Ziele der Christen und Sozialisten in beiden Bereichen deckungsgleich seien?
    Das halte ich für grundfalsch, weil die katholische Soziallehre in den letzten Jahren und Jahrzehnten überhaupt keine Wandlung in Richtung Sozialismus durchgemacht hat, sondern eigentlich bei ihrer Grundlinie, die sie seit vielen Jahrzehnten vertritt, geblieben ist.
    Daher ist also gewissermaßen dieser postulierte Annäherungsversuch etwas, das man halt in die Öffentlichkeit stellt.
    Wobei aber entscheidend ist, wenn Sie schon den Herrn Abgeordneten Blecher hier angeführt haben, seine Feststellung, dass systemverändernde Reformen, das heißt das klassische sozialistische Anlegen, das System, in dem wir leben, zu überwinden, zu verändern,
    es grundlegend umzumodeln.
    Und das ist halt ein Problem, das jeder Wähler eben wissen muss.
    Das ist sozialistische Grundsatzpolitik.
    Und ein weiterer Punkt zur Belastungswelle.
    Zum Beispiel gab es da noch in der Diskussionsunterlage
    Den Satz, der sagte, Steuerreformen, die die Kaufkraft der unteren und mittleren Einkommensbezieher stärken sollen und zur Verringerung der Konjunkturschwankungen beitragen.
    Im Programmentwurf steht das überhaupt nicht mehr da, weil das ein eklatanter Widerspruch zur Regierungspolitik ist.
    Und so ist man, vielleicht zusammenfassend folgendes sagen.
    Ein Programmentwurf, der durchaus sozialistisch ist, in wichtigen Passagen unklar ist und der Interpretation größere Türen öffnet.
    Als Meisterwerk sozialistischer Theorie würde ich diesen Entwurf nicht ansehen.
    Über das sozialistische Parteiprogramm sprach Markus Sommersacher in Graz mit ÖVP-Obmann Taus und die Sozialisten wollen natürlich ein gemeinsames Stück Weges nicht mit den Sozialisten, sondern mit den Christen zurücklegen.
    Bauernbundpräsident Minkowitsch nahm heute in Wien zu aktuellen innenpolitischen Problemen Stellung.
    Für die Bauern sind das derzeit vor allem die bevorstehende Neuriegelung des Milchmarktes und die von Bundeskanzler Kreisky ins Gespräch gebrachten Lebensmittelimporte zu Dumpingpreisen.
    Der Bauernbund hat einen Katalog eigener Vorschläge zur Regulierung des Milchmarktes und zum Abbau der Milchüberschüsse ausgearbeitet.
    Hans Adler sprach darüber mit Präsident Roland Minkowitsch.
    Herr Präsident, Sie haben heute ganz speziell zu dem bevorstehenden Ende der Milchanquete des Landwirtschaftsministers Stellung genommen.
    und haben die eigenen Vorschläge des Bauernbundes zur Frage einer Ordnung des Milchmarktes, einer Neuordnung des Milchmarktes dargelegt.
    Wie sehen nun Ihre Vorschläge für eine Neuordnung des Milchmarktes und der Milchproduktion aus?
    Wir glauben, dass ein ganzes Maßnahmenpaket getroffen werden muss, wenn man die Milchproblematik überhaupt in den Griff bekommen will.
    Dazu gehört in diesem Maßnahmenpaket der Vorrang für die inländische Produktion.
    Dazu gehört zum Beispiel ein entsprechender Importschutz gegen unterpreisige Importe.
    Dazu gehört selbstverständlich, dass eine Nebenwirkung dieser Inlandsproduktion automatisch eine Devisenersparnis bringt.
    Wir glauben, dass die Inlandsproduktion natürlich durch eine Erhöhung des Angebotes ausgeweitet werden könnte.
    Glauben Sie, dass es notwendig sein wird, die Milchlieferung beim Bauern in irgendeiner Form zu beschränken oder zumindest zu kontingentieren?
    Eine Kontingentierung, um das gleich klar zu sagen, lehnen wir rundweg ab.
    Wir sind draufgekommen, dass das jetzige System nicht ausreicht.
    Wir sind überzeugt davon, dass man ein Stufensystem einführen müsste, aber erst dann, wenn alle anderen Begleitmaßnahmen, die vorher dazu geeignet sind, eine Milchproblematik gar nicht erst entstehen zu lassen, ins Auge gefasst werden.
    Unter diesen Begleitmaßnahmen haben Sie selbst Importrestriktionen speziell bei Lebensmitteln genannt.
    Man hat aber viele dieser Lebensmittel sogar sehr gerne importiert, als eine Art Preistämpfung.
    Glauben Sie nicht, dass dies nun einen Inflationsschub zur Folge haben würde, wenn man jetzt plötzlich den Versuch unternehmen wollte, sie einzuschränken?
    Aber ganz im Gegenteil.
    Die sichere Produktionsgrundlage qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel in Österreich war noch immer für die österreichischen Konsumenten das Beste.
    Mit Bauernbund Präsident Minkowitsch sprach Hans Adler.
    Als erste Premiere der neuen Saison bringt das Wiener Burgtheater heute Abend eine Aufführung des Schauspiels Die Möwe von Anton Tschechow.
    Hören Sie einen Bericht von Walter Gellert.
    1896 uraufgeführt wurde Tschechows Stück Die Möwe, erst durch die von Stanislavski inszenierte Aufführung am Moskauer Künstlertheater, 1898, zu einem großen Erfolg.
    Das Stück erzählt die Geschichte des Mädchens Nina, der Möwe, ihrer Liebe zu dem älteren Schriftsteller Tregorin, der sie schließlich mit einem Kind sitzen lässt.
    Das Stück schildert aber auch die unerfüllte Liebe des jungen Konstantin zu Nina, die ihn schließlich zum Selbstmord treibt.
    Tschechow selbst beschreibt sein Stück als Komödie mit drei weiblichen, sechs männlichen Rollen, vier Akten, einer Landschaft, vielen Gesprächen über Literatur und wenig Handlung.
    Für Regisseur Erwin Axer geht es in den Stücken der Kirschgarten, die Möwe, Onkel Vanya und drei Schwestern eigentlich immer um dasselbe.
    Alle diese vier Stücke handeln übers Glück, über die Zeit, also das Vergehen,
    Schwierigkeit des Menschen, Ziele, die er sich setzt, zu erreichen, über Schwierigkeiten sich gegeneinander zu verstehen und so weiter.
    Also über alles, was
    wir als Leben betrachten, ja.
    Als Übersetzung hat man die Übertragung von Peter Urban gewählt, Erwin Axer?
    Das ist überhaupt ein sehr kompliziertes und schwieriges Problem, weil Tschechow eigentlich in gewissem Sinne unübersetzbar ist, da die russische Sprache
    sehr idiomatisch und mit der Bauernsprache, also der russischen Bauernsprache, verwandt ist.
    Was Schauspieler an Tschechow-Stücken vor allem so fasziniert, ist die liebevolle Sorgfalt, mit der der Autor die Rollen gestaltet hat.
    Die alternde Schauspielerin Arkadina, die Mutter Konstantins, und der Schriftsteller Trigorin werden in der Burgtheater-Aufführung von Annemarie Düringer und Norbert Kappen dargestellt.
    Es zieht mich zu ihr.
    Und vielleicht ist das genau das, was ich brauche.
    Die Liebe eines kleinen Provinzmädchens?
    Wie wenig du dich kennst.
    Manchmal schlafen die Menschen im Gehen so wie ich.
    Ich rede jetzt mit dir und habe das Gefühl, ich schlafe und sehe sie im Traum.
    Süße, wunderbare Träume.
    Lass mich.
    Nein, ich bin eine gewöhnliche Frau, mit mir darfst du nicht so reden.
    Quäle mich nicht, Boris, ich habe Angst.
    Aber wenn du willst, kannst du doch auch eine ungewöhnliche Frau sein.
    Seine junge, zarte, poetische Liebe, die mich ins Reich der Träume bringt, eine solche Liebe, die habe ich noch nie erlebt.
    Nina, die Möwe wird von Josephine Platt dargestellt.
    Als Konstantin debütiert der deutsche Schauspieler Gerd Böckmann, der schon in Salzburg im Spiel der Mächtigen zu sehen war.
    Böckmann war am Schiller-Theater engagiert und hat auch in zahlreichen Filmen mitgewirkt.
    Der Schauspieler im Gespräch über die Arbeit an einem Tschechow-Stück.
    Mir bedeutet das sehr viel, weil mich dieser Autor eigentlich schon sehr lange, sagen wir mal, intensiver begleitet als andere Autoren.
    weil mich beim Tschechow besonders fasziniert, dass er Leute zwar in einer ganz bestimmten unverwechselbaren Atmosphäre
    und sozialen Situationen, wie Sie sprechen, des 19.
    Jahrhunderts zeigt, aber die Menschen dabei wie unter dem Licht eines Operationstisches zeigt.
    In weiteren Rollen in Tschechow's Die Möwe am Burgtheater sind noch Ewa Zilcher, Wolfgang Gasser, Otto Kolin, Johannes Schauer, Kurt Schossmann und Hilke Ruttner zu sehen.
    Und zum Abschluss des Mittagsschaltenhals noch einige Kurzmeldungen.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Die politisch Verantwortlichen in Bonn stehen im Augenblick der bisher schärfsten Herausforderung durch Terroristen gegenüber.
    Die Entführer von Arbeitgeberpräsident Hans-Martin Schleyer und die Luftpiraten, die auf dem Flugplatz von Dubai ein Lufthansa-Flugzeug mit 91 Geiseln in ihrer Gewalt haben,
    arbeiten Hand in Hand und drohen ultimativ mit der Ermordung von 92 Menschen.
    Gewissheit über die Zusammenarbeit beider Terroristengruppen brachte ein Foto in der Pariser Abendzeitung François, auf dem Schleyer mit einer Tafel zu sehen ist.
    In arabischer Schrift ist darauf der Name jener Gruppe zu lesen, die die Lufthansa-Maschine entführt hat.
    Die Terroristen drohen mit der Erschießung Schleyers, falls ihre Forderungen nicht bis Sonntag 13 Uhr erfüllt werden.
    An Bord der entführten Lufthansa-Maschine befinden sich 91 Personen, darunter auch sechs Kinder.
    Die Luftpiraten verlangen die Freilassung von neun Bademeinhof-Häftlingen und zwei Terroristen aus türkischen Gefängnissen.
    Schweden.
    Die Stockholmer Akademie der Wissenschaften hat heute den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften zu gleichen Teilen dem schwedischen Gelehrten Bertil Orlin und dem britischen Wissenschaftler James Mead zugekannt.
    In der Begründung werden die bahnbrechenden Arbeiten der beiden Gelehrten auf dem Gebiet der Theorie des internationalen Handels und der Kapitalbewegungen angeführt.
    Österreich.
    Der neue Verfassungsgerichtshofpräsident Melichar hält es für zweckmäßig und vernünftig, dass das Höchstgericht seine Linie kontinuierlich fortsetzt.
    Melichar sagt in einem Interview über die Hintergründe des Rücktritts seines Amtsvorgängers Antonioli, könne er nichts sagen, weil er bei der entscheidenden Beratung nicht anwesend gewesen sei.
    Es ist in einer halben Minute 13 Uhr, meine Damen und Herren, unser Mittagsschanal ist beendet.
    Wir melden uns wieder um 18.30 Uhr über Österreich 1 mit dem Abendschanal.
    Auf Wiederhören.

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    Nachrichten
    Datum:
    Ort: Genf
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum:
    Ort: Genf
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressekonferenz Staatssekretär Klaus Böhling, Reaktionen auf Entwicklung der Flugzeugentführung - Böhling verliest Ultimatum
    Einblendung: Staatssekretär Klaus Böhling
    Mitwirkende: Emmerich, Klaus [Gestaltung] , Machatschke, Roland [Moderation] , Bölling, Klaus [Interviewte/r]
    Datum: 1977.10.14 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Jüngster Informationsstand in der Entführung einer Lufthansa-Maschine nach Dubai
    Mitwirkende: Meisels, Moshe [Gestaltung]
    Datum: 1977.10.14 [Sendedatum]
    Ort: Dubai
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Luxemburgischer Ministerpräsident Gaston Thorn betont gute Beziehungen zu Österreich
    Interview: Ministerpräsident Thorn
    Mitwirkende: Hennerbichler, Ferdinand [Gestaltung] , Thorn, Gaston [Interviewte/r]
    Datum: 1977.10.14 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Interview mit dem Präsidenten der Verfassungsgerichtshofes - Erwin Melichar will VGH aus Streitgespräch heraushalten
    Interview: Präsident Melichar
    Mitwirkende: Eichinger, Erich [Gestaltung] , Melichar, Erwin [Interviewte/r]
    Datum: 1977.10.14 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Situationsbericht aus dem Frankfurter Lufthansa-Kursen-Zentrum
    Funkverkehr , Einblendung: Jürgen Schumann (Pilot der Lufthansamaschine in Dubai), Pilotenfunksprechverkehr, Entführerforderung
    Mitwirkende: Witt, Rainer [Gestaltung] , Machatschke, Roland [Moderation] , Jürgen Schumann [Interviewte/r]
    Datum: 1977.10.14 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    VP-Obmann Taus zu SPÖ Parteiprogramm
    Interview: VP-Obmann Taus
    Mitwirkende: Sommersacher, Markus [Gestaltung] , Taus, Josef [Interviewte/r]
    Datum: 1977.10.14 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Interview mit Bauernbundpräsident Minkowitsch zur Regelung des Milchmarktes
    Interview: Präsident Minkowitsch
    Mitwirkende: Adler, Hans [Gestaltung] , Minkowitsch, Roland [Interviewte/r]
    Datum: 1977.10.14 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Premierenvorschau "Die Möwe" im Burgtheater
    Einblendung: Erwin Axer (Regie), Gerd Böckmann, Szene mit Annemarie Düringer und Norbert Kappen
    Mitwirkende: Gellert, Walter [Gestaltung] , Axer, Erwin [Interviewte/r] , Böckmann, Gerd [Interviewte/r] , Düringer, Annemarie [Interpret/in] , Kappen, Norbert [Interpret/in]
    Datum: 1977.10.14 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Burgtheater [Ort der Aufführung]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Kultur ; Theater ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1977.10.14
    Spieldauer 00:59:48
    Mitwirkende Machatschke, Roland [Moderation] [GND]
    Steinwendner, Wolfgang [Regie] [GND]
    ORF [Produzent]
    Datum 1977.10.14 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-771014_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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