Mittagsjournal 1971.11.05

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    mit Aktionar.
    Es ist 12 Uhr.
    Guten Tag, meine Damen und Herren.
    Zum Mittagschanal auf Österreich3 begrüßt Sie Roland Machatschke.
    Im Programm Österreich1 läuft derzeit noch die Direktübertragung der Regierungserklärung aus dem Parlament.
    Aus diesem Grund wird unsere Informationssendung auf Österreich1, die sofort nach der Beendigung der Direktübertragung beginnt, einen etwas geänderten Verlauf nehmen als das Mittagschanal auf Österreich3.
    Nun zu unseren Themen.
    Österreich steht heute im Zeichen von zwei Ereignissen, einem politischen und einem, ich möchte sagen, menschlich interessanten.
    Im Parlament in Wien gibt Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky seit 10 Uhr vormittags seine Regierungserklärung ab.
    Das Programm der Regierung Kreisky II, das Programm der ersten sozialistischen Mehrheitsregierung in der Geschichte der Republik Österreich.
    Wir werden einen ausführlichen und zusammenfassenden Bericht über die Rede des Bundeskanzlers gegen Ende dieser Sendung bringen.
    Während im Gebäude des Nationalrats an der Wiener Ringstraße die Entwicklung Österreichs für die nächsten vier Jahre skizziert wird, befinden sich in den Straßen der Bundeshauptstadt drei bewaffnete Verbrecher unterwegs, die gestern Nachmittag unter Mitnahme mehrerer Geiseln aus der Strafanstalt Stein entflohen sind.
    Wir bringen dazu einen ausführlichen Bericht mit Stellungnahmen des Justizministers und des Innenministers.
    Soviel also zu den Hauptpunkten des heutigen Mittagsschanals.
    Außerdem haben wir noch eine Reihe von Beiträgen vorliegen, die je nach der verfügbaren Zeit gesendet werden.
    Die Inlandspresseschau, einen Bericht aus Amerika über die erste Unterredung zwischen Indira Gandhi und Präsident Nixon, einen Bericht über die EWG-Gespräche in Brüssel, einen Beitrag über die EWG-Außenministerkonferenz in Rom, einen Beitrag aus Israel über den Vermittlungsversuch von vier afrikanischen Staatsoberhäuptern im Nahostkonflikt sowie Beiträge unserer Kulturredaktion.
    Zuerst aber Nachrichten und Wetter.
    Ich gebe weiter an Wilfried Schierlbauer.
    Österreich.
    Nach unbestätigten Meldungen sollen sich die drei Ausbrecher aus der Strafanstalt Stein, Nebjedli, Subrisch und Schandl nunmehr getrennt haben.
    Zwei von ihnen sollen in einem dunkelgrünen Mercedes unterwegs sein, der zuvor in Wien sieben gestohlen worden war.
    Der dritte Ausbrecher soll sich in einem Funktaxi befinden.
    Zuletzt war die Verfolgungsjagd durch die Wiener Bezirke 13 und 14 gegangen.
    Die Gendarmerie hat sämtliche Ausfallstraßen Wiens, insbesondere die Westautobahn und die Straßen nach Alland und Tulln abgeriegelt.
    Auch ein Hubschrauber steht im Einsatz.
    Die Affäre hatte gestern Nachmittag begonnen, als die drei Ausbrecher in Stein zwei Justizwachebeamte niedergeschlagen und sich in den Besitz der Pistolen der beiden Beamten gesetzt hatten.
    Bundeskanzler Dr. Kreisky legt seit 10 Uhr vormittag dem neu gewählten Nationalrat seine Regierungserklärung für die kommende Legislaturperiode vor.
    Zu Beginn seiner Ausführungen unterstrich der Regierungschef neuerlich, dass sein Kabinett zu jeder Form der Zusammenarbeit mit den anderen Parteien des Parlaments bereit sei.
    Doch müsse die Kompromissbereitschaft dort ihre Grenzen finden, wo die Regelung der betreffenden Materie ihrer Substanz beraubt werden würde.
    Auf dem Gebiet des Wohnungsbaues kündigte Dr. Kreisky eine Novelle zum Wohnbauförderungsgesetz an, mit dessen Hilfe der Bund eine höhere Anzahl von Wohnungen fördern könne.
    Der Bundeskanzler beschäftigte sich dann ausführlich mit Fragen des Umweltschutzes, der Bildungspolitik und der Rolle der Jugend in der Demokratie.
    Gleichzeitig stellte Dr. Kreisky einen Gesetzesentwurf zur Verwirklichung des Wehrersatzdienstes in Aussicht, hob allerdings mit aller Deutlichkeit hervor, dass dieser Dienst kein Fluchtweg für junge Menschen sein dürfe, die sich ihren Aufgaben entziehen wollen.
    Besonderes Augenmerk richtete der Kanzler in seiner Rede auf die Fragen der Wirtschaft und auf Probleme der Infrastruktur.
    Ein Hauptanliegen seiner bisherigen Wirtschaftspolitik sei es gewesen, den Preisauftrieb zu bekämpfen.
    In diesem Zusammenhang urgierte der Kanzler auch noch einmal die Verbesserung des Preisregelungsgesetzes.
    Italien.
    Die Außenminister der sechs EWG-Staaten treten heute in Rom zu ihrer halbjährigen Konferenz zusammen.
    Dabei sollen vor allem die Richtlinien für eine gemeinsame Außenpolitik gegenüber Drittländern festgelegt werden.
    Insbesondere soll die Haltung gegenüber jenen Staaten zur Sprache kommen, die in der europäischen Freihandelszone zusammengeschlossen sind.
    Schweiz
    In Genf wird heute die Ministerkonferenz der EFTA-Staaten mit einer Erörterung der Weltwährungs- und Wirtschaftssituation fortgesetzt.
    Gestern hatte der britische Europaminister Rippon bekannt gegeben, Großbritannien werde mit Jahresende seine Mitgliedschaft kündigen und nach Einhaltung der Fristen mit Ablauf des Jahres 1972 aus der EFTA ausscheiden.
    Großbritannien wird damit das erste Land sein, das die am 3.
    Mai 1960 gegründete Freihandelszone verlässt.
    Im Jänner 1973 soll Großbritannien Vollmitglied der IWG werden.
    USA
    Der Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten des amerikanischen Senats hat gestern seine ablehnende Haltung revidiert und zwei Gesetze über die Auslandshilfe verabschiedet.
    Nach Angaben von Ausschussmitgliedern wurde ein Gesetz über wirtschaftliche und humanitäre Hilfe verabschiedet, das mit mehr als einer Milliarde Dollar veranschlagt ist.
    Präsident Nixon, der für das Auslandshilfeprogramm ein zweizehntel Milliarden Dollar mehr verlangt hatte, bezeichnete die Senatsvorschläge als unzulänglich.
    Der Leiter der amerikanischen Atomenergiebehörde Schlesinger will morgen gemeinsam mit seiner Frau und zweien seiner acht Kinder auf der Aleuteninsel Amchitka dem geplanten 5-Megatonnen-Atomversuch beiwohnen.
    Er will damit zum Ausdruck bringen, dass er volles Vertrauen in die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen hat.
    Der geplante Atomversuch ist vor allem von Umweltschutzexperten kritisiert worden, nach deren Auffassung die Gefahr eines schweren Erdbebens und einer Springflut als Folge der Explosion nicht auszuschließen sei.
    Der Protestwelle haben sich heute 100 Mitglieder des kanadischen Parlaments angeschlossen, die in einem Telegram Präsident Nixon aufforderten, den Atomtest abzusagen.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Die CDU-CSU-Opposition hat die Bonner Bundesregierung auf eine unverzügliche Rückkehr zum festen Wechselkurs der D-Mark gedrängt und vor dauerhaften Gefahren für die Arbeitsplätze in der Bundesrepublik gewarnt.
    Der wirtschaftspolitische Sprecher der Union, Franz-Josef Strauß, legte heute vor Journalisten in Bonn zehn Thesen zur Währungspolitik vor, in denen zugleich eine gemeinschaftliche Aktion aller EWG-Staaten gefordert wird.
    Die CSU wird für die Beratungen mit der CDU am Montag ein Programm formulieren, eine sogenannte Punktation, die zu Thema 1 der Gespräche werden soll.
    Nach der Auffassung des CSU-Vorsitzenden Strauß muss der Einigung über dieses Programm die Verständigung über den Kanzlerkandidaten vorausgehen.
    Vor allem will Strauß volle Klarheit in der Gesamtfraktion über die Ablehnung der Ost-Verträge haben.
    Italien.
    Auf die Residenz des britischen Botschafters beim Heiligen Stuhl, Crawley, wurde gestern abends ein Bombenanschlag verübt.
    Der Botschafter und seine Gattin blieben unverletzt.
    Ein Passant wurde schwer verwundet.
    Auf die Wand des Gebäudes waren mit schwarzer Farbe die Buchstaben IRA geschrieben worden.
    Dies legt die Vermutung nahe, dass die verbotene irisch-republikanische Armee für den Anschlag verantwortlich ist.
    Indien.
    Wie heute von offizieller Seite bekannt gegeben wurde, hat der Wirbelsturm am vergangenen Wochenende 2400 Quadratkilometer Land im indischen Bundesstaat Orissa verwüstet.
    Die offizielle Bilanz der Todesopfer beläuft sich auf 6000.
    Man rechnet jedoch damit, dass sich diese Zahl verdoppeln wird.
    Etwa 1.200.000 Menschen wurden von der Katastrophe betroffen.
    Die Gesundheitsbehörden in Orissa haben heute bekannt gegeben, sechs Personen seien an Cholera gestorben.
    Meldungen indischer und pakistanischer Rundfunkstationen sprachen gestern von einer neuen Sturmbildung im Golf von Bengalen, etwa 250 Kilometer nordwestlich von Port Blair.
    USA
    Der indische Ministerpräsident, Frau Indira Gandhi, hat Präsident Nixon um mehr Verständnis und um Unterstützung im Konflikt zwischen Indien und Pakistan gebeten.
    Bei einem Bankett in Washington sagte Frau Gandhi gestern Abend, Indien zahle jetzt den Preis dafür, dass es versuche, für die 9,5 Millionen Flüchtlinge aus Ostpakistan zu sorgen.
    Es sei nicht abzusehen, wohin die Entwicklung führe, wenn die Probleme zwischen Indien und Pakistan nicht rasch auf friedlichem Wege gelöst würden.
    Nixon vermied es in seiner Antwort, sich über diese Fragen zu äußern.
    Dänemark.
    Die Regierung in Kopenhagen hat angekündigt, sie werde zu Nordvietnam diplomatische Beziehungen aufnehmen.
    Außenminister Andersson teilte dem Außenpolitischen Ausschuss des Parlaments mit, die dänische Regierung werde in Kürze entsprechende Vorbereitungen treffen.
    Peru.
    Die Teilnehmer an der Konferenz von Lima haben beschlossen, in ihrem Schlussbericht eine Änderung des internationalen Wirtschaftssystems zu verlangen, um es den ärmsten Staaten der Welt anzupassen.
    Die Ministerkonferenz von 95 Entwicklungsländern unterstreicht in der Erklärung die Notwendigkeit einer rationelleren internationalen Arbeitsteilung.
    Ferner beklagt sie sich über die Langsamkeit der Entwicklung der Länder der dritten Welt und wirft den Industriestaaten vor, ihre Handels- und Währungspolitik in keiner Weise den Bedürfnissen und Interessen der Entwicklungsländer anzupassen.
    China Mit einem Bankett in Peking bedankte sich China bei den Ländern, die ihm mit einer Resolution in der UNO-Vollversammlung zum Sitz bei den Vereinten Nationen verholfen hatten.
    Der amtierende Außenminister Chi-Ping Fai brachte einen Trinkspruch auf die Freundschaft zwischen dem chinesischen Volk und den Völkern der Welt aus.
    An dem Essen haben auch Mitglieder der künftigen UNO-Delegation Pekings teilgenommen.
    Das Bankett fand in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre statt.
    Und nun noch ein Programmhinweis.
    Das Fernsehen bringt im Anschluss an die Live-Übertragung aus dem Parlament, voraussichtlich um 12.20 Uhr, eine Sondersendung über die Häftlingsrevolte von Stein und die Geisel-Entführung.
    Der aktuelle Dienst des Fernsehens erwartet dazu Interviews mit Justizminister Broda, Innenminister Rösch, Polizeipräsident Hulaubeck, dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Dr. Peter Lunge und mit zwei der freigelassenen Geiseln sowie Filmberichte über die Ereignisse der vergangenen Nacht.
    Das waren die Meldungen.
    Und nur noch die Wetterlage.
    Das mitteleuropäische Hoch wird stark abgeschwächt, bleibt aber zunächst für Österreich noch wetterbestimmend.
    Über den britischen Inseln liegt ein Tief.
    Eine zugehörige Störungsfront nähert sich der europäischen Küste.
    Sie wird in der Nacht zum Sonntag Mitteleuropa überqueren und auch in unserem Bundesgebiet Wetterverschlechterung bringen.
    Die Wetteraussichten bis heute Abend.
    Wolkenlos bis heiter und sehr mild.
    Nachmittagstemperaturen 10 bis 17 Grad.
    In freien Lagen und auf den Bergen mäßiger bis lebhafter Wind aus Südwest bis West.
    Tiefstemperaturen der kommenden Nacht meist zwischen minus 5 und plus 4 Grad.
    Im Nordosten zwischen 4 und 8 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Samstag.
    Über den See und Flussniederungen örtlich Frühnebel.
    Tagsüber zunächst noch überwiegend heiter, im späteren Tagesverlauf Bewölkungsaufzug von Westen her.
    In freien Lagen Südostwind, auf den Bergen lebhafte bestarke Südwestwinde.
    Tagsüber wieder sehr mild, Tageshöchsttemperaturen 12 bis 17 Grad.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien, wolkenlos, 17 Grad, Westwind, 20 Kilometer pro Stunde.
    Eisenstadt, wolkenlos, 18 Grad, Südost 3.
    Linz, wolkenlos, 9 Grad, West 3.
    Salzburg-Heiter, 13 Grad, Windstille.
    Innsbruck-Heiter, 9 Grad, Windstille.
    Bregenz-Heiter, 4 Grad, Südost 3.
    Graz, wolkenlos, 14 Grad, Süd 3.
    Und Klagenfurt-Heiter, 8 Grad, Südostwind mit 5 Kilometer pro Stunde.
    In einer halben Minute ist es 12.13 Uhr.
    In der Gefangenenanstalt Stein in Niederösterreich nahm gestern der spektakulärste Gefängnisausbruch der vergangenen Jahrzehnte seinen Anfang.
    Drei Häftlinge, die zu sieben, acht beziehungsweise zehn Jahren Kerker verurteilt waren, sollten zu einer Vernehmung vorgeführt werden.
    Es waren dies der 24-jährige Alfred Nebjedeli, der 22-jährige Walter Schubirsch und der 33-jährige Adolf Schandl.
    Die drei Häftlinge schlugen während der Vorführung zwei Justizwachebeamte nieder, raubten ihre Pistolen und flohen unter Mitnahme von Geiseln.
    Jürgen Jungfeld und Johannes Kunz versuchten in Interviews mit den zwei Geiseln, die lange Zeit von den Verbrechern festgehalten wurden, dem 25-jährigen Staatsanwaltschaftsanwärter Dr. Erich Weiß und dem Kommandanten der Stadtpolizei Krems Major Huvanits, sowie mit Hofrat Dr. Kuso von der Sicherheitsdirektion Wien, mit Justizminister Dr. Broder und mit Innenminister Rösch,
    die Tat und die Ursachen zu rekonstruieren.
    Als erster nimmt Dr. Weister zur Stellung, wie sich der Überfall in der Strafanstalt Stein aus seiner Perspektive ereignet hat.
    Ich selbst wurde nicht als erster überfallen, sondern der Jüngere der Justizwachebeamten wurde zuerst überfallen, und zwar als er sich im Vorhof des Kultursaales, in dem ich Akteneinsicht zu gewähren hatte, befand.
    Ich hörte plötzlich lauter Hilferufe.
    und sah, dass der Justizwachebeamte seinen Knie bei der Tür hereinzwängte.
    Ich sprang da rauf vom Podium, wo ich auf dem Tisch saß, herunter und sah, dass Jedli und Schubirsch den jüngeren Justizwachebeamten bedrohten und zwar in der Art, dass Schubirsch
    von hinten den Justizwachebeamten den Würgegriff nahm, sodass dieser blau wurde und schließlich bewusstlos und zur gleichen Zeit eine Jädele ihm das Messer ansetzte in Verkennung der Lage ich glaubte anfangs es wäre nur eine Misshandlung, sie wollten einen Justizwachebeamten schlagen, versuchte ich in jede Wege zu stoßen da machte mich dieser dann auf die ernste Lage aufmerksam hatte dann auch bereits die Pistole in der Hand und ich musste der Gewalt weichen
    Der Justizwache war für den Nachtdienst eingeteilt, das heißt, er hatte also eine Schusswaffe bei sich.
    Das entzieht sich meiner Kenntnis, es waren zwei, die zwei Justizwachebeamten, die dort waren, hatten jeweils die zwei Pistolen bei sich.
    Es war allerdings nur ein Justizwachebeamter zu diesem Zeitpunkt anwesend.
    Der ältere der beiden Justizwachebeamten brachte einige Strafgefangenen zurück in ihre Zellen bzw.
    erholte wieder neue zur Akteneinsicht.
    Nun, es war gerade zur Zeit des Wechsels des Wachdienstes.
    Die Tagwachen sind nicht bewaffnet, die Nachtwaffen sind wohl bewaffnet.
    Glauben Sie, dass hier eine gewisse Fahrlässigkeit handgegriffen hat?
    Sicher.
    Es hätte
    versucht werden sollen, solche Situationen nicht zu schaffen, indem man zumindest eine dieser Waffen nur bewaffnet hätte.
    Das genügt allerdings auch, wenn nur eine Pistole drinnen ist.
    Aber Sie haben ja selbst gesagt, bei einer Pistole hätten Sie die Tat nicht begangen.
    Von einer Fahrlässigkeit zu sprechen, das möchte ich allerdings hier nicht machen.
    Nun, die Ausbrecher fuhren dann mit ihren Geiseln, bei denen sich auch dann Major Hovaniec befand, der sich für Frau Fichtinger bereit erklärte, als Geisel bei den Verbrechern zu sein, weiter.
    Nachdem Frau Ulrike Fichtinger in Mautern ausgestiegen war, und zwar vereinbarungsgemäß in der Nähe einer Telefonzelle, ging die Fahrt weiter über Tulln Richtung Wien.
    Sämtliche Gendarmerie-Fahrzeuge hatten den Strickenbefehl, nicht einzuschreiten, obwohl man dem VW-Kombi der drei Ausbrecher natürlich genau auf den Fersen blieb.
    Der Wagen gelangte nach einigen ziellosen Herumfahren zum Westbahnhof, wo die drei Ausbrecher das Auto verließen und mit ihren beiden Geiseln über die große Treppe der Bahnhofshalle hinaufstiegen.
    Das offensichtliche Polizeiaufgebot machte die drei Männer nervös.
    Sie setzten ihren Geiseln die Pistole an die Schläfen, eilten zum Ausgang und zwangen auch die 24-jährige ägyptische Studentin Raga Banta,
    die auf den Bahnhof Zeitungen verkaufte, ihnen zu folgen.
    Alle zusammen bestiegen das Funktaxi des 49-jährigen Oskar Dahlinger und dieser wurde ebenfalls mit vorgehaltener Pistole zur Weiterfahrt gezwungen.
    Das Taxi, das jetzt mit sieben Personen besetzt war, fuhr zum Gebäude der Polizeidirektion am Barkring und dort verhandelten die Ausbrecher mit Polizeipräsident Hollaubeck und dem Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Sektionschef Dr. Peter Lunger.
    Denn Männern wurde nach mehr als eineinhalbstündigen Gesprächen freies Geleit zugesichert, wenn sie die Kolporteurin freilassen.
    Dies geschah dann auch.
    Doch nun zum Kremser Polizeichef Major Hovinjet, wie es weiterging.
    Wir haben uns mit dem Taxi nach Zurücklassung der Zeitungsverkäuferin Richtung Reichsbücke abgesetzt, da sich zahlreiche Reporter angesammelt hatten.
    habe ich verlangt, dass uns ein Wagen der Verkehrsstreife eskortiert und uns gewissermaßen den Rücken deckt.
    Wir sind dann über Reichsbrücke Wagramer Straße gefahren und nach rechts die Kargraner Straße hinunter abgebogen und dort bekam der Lenker des Verkehrsstreifenwagens von mir
    den Auftrag, die Straße abzusichern und es gelang uns tatsächlich mit dem Taxi in den 22.
    Bezirk zu entkommen.
    Dort versuchten die Täter erfolglos einige Fahrzeuge aufzubrechen, um sie in Betrieb zu setzen, weil sie ja das Fahrzeug aus begreiflichen Gründen wechseln wollten.
    Da Ihnen das nicht gelang, hielten Sie dann ein zufällig herankommendes, langsam fahrendes Fahrzeug auf, dessen Lenker so alkoholisiert war, dass er das meist nicht begriffen hat.
    Wir stiegen, nachdem wir das Taxifahrzeug bei einer Schottergrube zurückließen, in dieses neue Fahrzeug, es handelte sich um einen roten Ford, um
    und fuhren dann vom 22.
    Bezirk in den 19., um dort wieder erfolglos zusehen zu müssen, von unserer Warte aus gesehen, wie es der eine bemühte, ein Fahrzeug aufzubrechen, das gelang ihm aber der Kurzschluss der richtige gelang ihm nicht.
    Ich bedeutete dann den Tätern, dass es bereits sehr an der Zeit wäre, wenn sie sich endlich aus dem Staube machen würden, denn es war bereits ungefähr drei Uhr.
    Daraufhin stinken sie zu.
    Wir fuhren mit dem bisher verwendeten Fahrzeug, nämlich dem roten Ford, fuhren wir in den 14.
    Bezirk
    stellten uns dort in einer Seitengasse der Hochsatzenstraße auf und verbrachten dort ungefähr zwei Stunden, da uns die Täter bedeuteten, dass sie ungefähr um sechs Uhr einen Stadtbahnzug erreichen wollten und wir mussten uns
    in dem Zusammenhang verbürgen nach ihrem Weggang vom Fahrzeug.
    20 Minuten noch im Fahrzeug zu verbleiben, dem haben wir zugestimmt.
    Die Täter verließen um 6.09 Uhr das Fahrzeug und ich habe um
    um 6.30 Uhr über Polizeinotruf mich gemeldet und um Entsendung eines Funkstreifenwagens gebeten.
    Der Funkstreifenwagen war in kürzester Zeit zur Stelle und hat den Herrn Dr. Weiß und mich hier in das Präsidium hierher gebracht.
    Haben Sie sich, Herr Major, in Ihrem Leben bedroht gefühlt?
    Die Frage ist sehr diffizil zu beantworten.
    Ich wusste bitte, das möchte ich schon zum Ausdruck bringen, ich wusste genau auf was ich mich eingelassen habe, wenn ich freiwillig zu zwei beziehungsweise zu drei Schwerverbrechern gehe.
    Ich möchte aber an dieser Stelle betonen, dass ich, auch wenn es Schwerverbrecher waren, von diesen
    fast im Stil englischer Gentleman behandelt wurde.
    Ich wurde höflich aufgefordert, wollen Sie bitte etwas zur Seite rücken oder würden Sie mir die Hand geben und drücken Sie nicht die Handschehen.
    Also sie haben sich, möchte ich sagen, sehr kulant verhalten.
    Dass doch bitte in gewisser Hinsicht, wenn ich eine Pistole einmal im Rücken und einmal im Hinterkopf habe, weil gerade eine Polizei- oder Scharmieriestreife vorbeifährt,
    dass einem da irgendwelche lethale Gedanken kommen könnten, das kann ich nicht abstreiten.
    Herr Müller, waren Sie die ganze Zeit über gefesselt?
    Ich war scheinbar also der Gefährliche, ich habe es auch gesagt, also meine Herren, wenn es Sie beruhigt, als Polizeioffizier haben Sie ja geglaubt, dass ich bin eine Art Superman.
    Fesseln Sie mich?
    Also ich war fast die ganze Zeit, einmal haben Sie mir für zwei Minuten die Handschellen
    wieder heruntergenommen, aber ansonsten war ich die ganze Zeit mit Handschellen gefesselt.
    Herr Major, Sie haben sich also freiwillig in die Gefahr begeben.
    Sie sind verheiratet und haben vier Kinder.
    Haben Sie sich vorher mit Ihrer Frau abgesprochen?
    Nein, das habe ich nicht.
    Ich habe im Stil gehofft, dass meine Frau nichts erfahren würde.
    Mein Anruf heute in der Früh zeigte also, dass sie es auf Umwegen, die ja nie verborgen bleiben können, doch erfahren hat und es tut mir leid, was selbstverständlich sein wird, dass sie sich sehr gesorgt hat.
    Sie sagen, Sie sind von den Tätern gut behandelt worden.
    Würden Sie ihnen eine gewisse Intelligenz nicht absprechen?
    Nein, bestimmt nicht.
    Wir haben
    Sie werden es verstehen, wir waren ja doch eine lange Zeit beisammen und ich versuchte mit Ihnen in die Diskussion zu kommen.
    Über ein Thema waren Sie nicht zu beruhigen.
    Sie gehen nicht mehr in die Strafanstalt Stein zurück.
    Lieber sind Sie eine Leiche.
    Ansonsten haben Sie auf mich, trotz Ihrer zweifellosen charakterlichen Mängel,
    nicht den Eindruck von primitiven Menschen gemacht.
    Glauben Sie, dass die Täter von ihrer Schusswaffe, wenn sie in die Enge getrieben werden, bedenkenlos Gebrauch machen werden?
    Jawohl, den Eindruck habe ich und den Eindruck haben Sie auch wiederholt erweckt.
    Sie haben heute in der Früh noch, als Sie das Fahrzeug verließen, haben Sie gesagt, ich möge hier im Polizeipräsidium darauf dringen, dass die Frist bis 12 Uhr Mittag strikte eingehalten wird, ansonsten würden Sie
    wahllos sich irgendwo eine Geißel greifen, sei es eine Frau, sei es Kinder und würden auch im gegebenen Fall dann irgendjemand mit der Schusswaffe zu Boden strecken.
    Herr Hofrat Dr. Kuso, die Polizei hat den drei Ausbrechern zugesichert, dass sie bis 12 Uhr Zeit haben, dass sie bis dahin nicht verfolgt werden.
    Wird sich die Polizei daran halten?
    Das war eine Weisung des Innenministers zur Sicherung
    des Menschenlebens der Geißeln des Dr. Weiß, des Polizeimajor Hovangitz und des Taxilenkers.
    Die Geißeln sind freigelassen worden und nun ist inzwischen, die Polizei hatte die Absicht, dieses gegebene Wort zu halten, nunmehr ist aber insofern eine neue Lage eingetreten, als in den heutigen Morgenstunden die Ausbrecher
    und wie sich gezeigt hat eine zu allem entschlossene Täterschaft neuerlich in Wien von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hat um sich in den Besitz eines Fahrzeuges zu setzen.
    Damit ist eine neue Situation eingetreten und die Polizei ist daher verpflichtet entsprechend ihrem Auftrag für Ruhe und Ordnung zu sorgen
    alle Machtmittel, die sie hat, einzusetzen, um der Täterschaft habhaft zu werden.
    Das heißt also, die Polizei verfolgt die Ausbrecher?
    Richtig.
    Sie hält sich also nicht an das Versprechen, das man Ihnen gegeben hat?
    Das Versprechen ist unter den anderen Umständen gegeben worden und bis dahin hat sich auch die Polizei daran gehalten.
    Nunmehr hat ja die Täterschaft neue Straftaten gesetzt.
    Sie hat mitten in Wien auf einen
    gezielte Schüsse auf Personen abgegeben.
    Wo war das der Fall, Herr Hofrath?
    Das war im 7.
    Bezirk in der Bernhardgasse.
    Nun, Herr Hofrath, wie wir aber vorhin gehört haben, haben die Ausbrecher angekündigt, dass sie sofort auf Frauen und auch auf Kinder schießen werden, wenn die Polizei dieses Abkommen nicht einhält.
    Das ist mir im Augenblick nicht bekannt.
    Jedenfalls werden die Maßnahmen der Polizei, überhaupt der gesamten Exekutive, eine solche sein, dass, wie schon der bisherige Verlauf gezeigt hat, unter möglichster Schonung von Menschenleben vorgegangen wird.
    Herr Minister Dr. Broder, die Strafanstalten fallen in ihre Kompetenz.
    Wie war das Ausbrechen der drei Verbrecher aus der Strafanstalt Stein überhaupt möglich?
    Zur Stunde ist es natürlich noch zu früh, ein abschließendes Urteil zu fällen.
    Wir werden sehr sorgfältig alle Lehren aus diesem, wie ich hoffe, einmaligen, vereinzelten Fall ziehen.
    Wir werden die ganze Sache sehr ernst nehmen und ich bin heute Nachmittag schon in der Strafvollzugsanstalt Steiner-Ladoner, werde mit der Anstaltsleitung sprechen und habe auch eine Beratung mit dem Dienststellenausschuss der Justizwache angesetzt.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang Folgendes sagen.
    Ich verweise immer wieder auf den schweren Dienst unserer Justizwachebeamten und ich bitte das Parlament und die Öffentlichkeit um Verständnis dafür, dass wir auch einen ausreichenden Stand von ausgebildeten Justizwachebeamten brauchen,
    um die Ruhe und die Sicherheit in unseren großen Strafvollzugsanstalten aufrechterhalten zu können.
    Eine Rolle spielt auch, auch darauf habe ich immer wieder verwiesen, die leider sehr große Überfüllung
    unserer Anstalten, insbesondere der Strafvollzugsanstalt Stein an der Donau mit mehr als tausend Häftlingen, die zum Teil eine sehr lange Straftauer zu verbüßen haben.
    Wir haben uns die Sache nicht leicht gemacht,
    Wir haben stundenlang verhandelt, überlegt, alle Maßnahmen mit den Sicherheitsbehörden abgesprochen, dann haben wir uns aber so entschieden, wie es jetzt der Öffentlichkeit bekannt ist, und ich glaube, dass es eine richtige und eine gute Entscheidung war, die wir in vollem Einvernehmen mit allen an Ort und Stelle tätigen,
    Behördenleitern, Leiter der Staatsanwaltschaft Krems, dem Kreisgerichtspräsidenten und den Anstaltsleitungsfunktionären getroffen haben.
    Ganz besonders möchte ich noch hervorheben, was schon der Herr Innenminister getan hat, dass wir während der ganzen Aktion in ständigem Einvernehmen mit den Sicherheitsbehörden vorgegangen sind und es ist selbstverständlich, dass dieses Einvernehmen auch weiter voll aufrechterhalten werden wird.
    um die volle Durchsetzung der Gesetze zu gewährleisten, aber immer mit einem Blick darauf, dass der Primat des menschlichen Lebens, des unschuldigen menschlichen Lebens, gesichert werden muss.
    Herr Minister Rösch, was unternehmen die Behörden jetzt?
    Was geschieht in Wien?
    Wie wird nach den Verbrechern gefahndet?
    Es ist der gesamte Fahndungsapparat der Bundespolizeidirektion Wien und darüber hinaus in Österreich eingesetzt.
    Haben die Beamten notfalls den Auftrag, auch von der Schusswaffe Gebrauch zu machen?
    Die Frage des Schusswaffengebrauches ist, wie bekannt ist, im Gesetz geregelt und in den Durchführungsverordnungen.
    Das heißt also, wenn die Beamten angegriffen werden, dass sie selbstverständlich auch von der Schusswaffe Gebrauch machen können.
    Soweit also Schilderungen der Geiseln sowie Stellungnahmen des Sicherheitsbüros des Justizministers und des Innenministers.
    Die drei Verbrecher befinden sich nach wie vor auf freiem Fuß.
    Hier ist nun die polizeiliche Personenbeschreibung.
    Walter Schubirsch, geboren am 10.
    Juli 1949, 1,82 Meter groß, mager, hellbraunes Haar, blaue Augen, vollständige Zähne, keine besonderen Kennzeichen.
    Begleitet war er mit einem braunen Rock bzw.
    Sakko, mit Esterhasimuster, einer langen grünen Hose,
    schwarzen Halbschuhen und er trug weiße Unterwäsche.
    Der zweite Täter, Alfred Nedjedli, geboren am 27.07.1947, ist 1,66 Meter groß, ist nager, hat blondes Haar, blaue Augen und die Zähne sind vollständig.
    Er hat eine Narbe nach einer Blinddarmoperation.
    Er trug ein blaues Sakko, das abgetragen ist.
    Er hat zwei Hosen, eine braunkarierte und eine einfärbig-graue, trug schwarze Halbschuhe und hat weiße Unterwäsche.
    Und der dritte Täter
    Adolf Schandl, geboren am 27.04.1936, ist 1,75 Meter groß, mittelstark, hat dunkelbraunes Haar, grüne Augen, die Zähne sind lückenhaft und besondere Kennzeichen am rechten Oberschenkel und am linken Unterarm hat er jeweils eine drei Zentimeter lange Narbe.
    Er trug einen blauen Staubmantel, blau gestreiftes Sakko, schwarze Hose, braune Halbschuhe und weiße Unterwäsche.
    Er hat eine rot gemusterte Stofftasche bei sich.
    Soweit also die Personenbeschreibung und noch ein Programmhinweis.
    Um 12.35 Uhr, also in dreieinhalb Minuten, beginnt im ersten Fernsehprogramm eine Sondersendung über den Häftlingsausbruch von Stein und über die Geiselentführung.
    Also 12.35 Uhr, Programm Österreich 1 im Fernsehen.
    In Brüssel tagen zur Zeit die Botschafter der sechs EWG-Staaten, die sogenannten ständigen Vertreter, um in einem letzten Versuch doch noch eine Formel für ein Verhandlungsangebot an die drei EFTA-Staaten Österreich, Schweiz und Schweden zu finden.
    Diese drei Staaten streben eine Regelung mit der Wirtschaftsgemeinschaft an, die ihre Neutralität nicht beeinträchtigt.
    Hören Sie an dem Bericht von Klaus Emmerich.
    Überraschende, ja dramatische Dinge geschehen bei der EWG in Brüssel.
    In der Frage des Verhandlungsangebots an Österreich, die Schweiz und Schweden sind die Botschafter der sechs alten EWG-Mitgliedstaaten zwar auch in den gestrigen Abendstunden nicht weitergekommen.
    In der Prozedur unternehmen sie aber in diesen Stunden eine neue, ungewöhnliche Anstrengung.
    Entgegen allen Zeitplanungen wird noch einmal versucht,
    die hartnäckigen Meinungsverschiedenheiten, die sich immer um dieselben Problemkreise drehen als das in Erhaltung des Freiverkehrs, etwa zwischen Österreich und der Schweiz, mithilfe sogenannter Ursprungsregeln, aber auch Behandlung der Landwirtschaft und mehr oder weniger Ausnahmen bei gewerblichen Erzeugnissen.
    Am heutigen Freitag also bewidmen sich noch einmal den Außenministern, die am kommenden Montag und Dienstag in Brüssel zusammenkommen, den Entwurf eines sogenannten Verhandlungsmandates zu präsentieren.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass dies gelingt, ist nach den üblichen Brüsseler Erfahrungen zwar nicht übermäßig groß, denn allzu lange hat man sich teilweise dramatischen Sitzungen im Kreis gedreht.
    Am Donnerstag letzter Woche bis um ein Uhr in der Früh, heute vor einer Woche fast den ganzen Tag, am Mittwoch dieser Woche wiederum bis ein Uhr in der Früh, am gestrigen Donnerstag erneut bis in die Nacht.
    Alles bisher ohne Ergebnis.
    Aber Überraschungen sind doch nicht auszuschließen.
    Der Außenstehende fragt sich, was die hohen Herren Diplomaten eigentlich innerhalb weniger Tage
    weit über 30 Stunden beschäftigt.
    Kenner der Brüsseler Verhältnisse erklären dies nicht nur mit technischen Fragen, etwa ob und inwieweit österreichische Ware, die in die Schweiz weitergeleitet und dort verarbeitet wird, bei der Lieferung nach der Bundesrepublik oder nach Italien mit oder ohne Zölle behandelt werden soll, was eben die Ursprungsregelung ausmacht, oder ob Futtergerste und Obst und Gemüse der EWG gegen Hühnerrinder aus Österreich ausgetauscht werden.
    Der Geheimtyp in den langen Wandelgängen der EWG verrät vielmehr hohe, ja höchste Politik.
    Frankreich, so heißt es da, habe nicht nur seinen früheren Widerstand gegen ein umfassendes und rasches Verhandlungsangebot an die Neutralen aufgegeben.
    Paris dränge vielmehr, seitdem auf der anderen Seite von den USA Vorbehalte dagegen angemeldet worden seien, dass die EWG mit Österreich, der Schweiz und Schweden durch dieses Mandat an die Bildung einer Freihandelszone herangeht.
    Wie sich die Dinge in Brüssel innerhalb weniger Stunden verschoben haben, zeigt ein scheinbar äußerlicher Vorgang.
    Die sechs Länder der alten EWG erstrieben am Montag oder Dienstag nicht nur einen Beschluss der Außenminister, sie sind gleichzeitig daran gebunden, die Neumitglieder England, Norwegen, Dänemark und Irland wegen der neutralen Frage zu unterrichten.
    Noch vorgestern war diese Unterrichtung überraschend abgeblasen worden, weil sich die sechs, wie gesagt, nicht einigen konnten.
    Seit heute Nacht möchten die Leute der Alt-EWG ein Unterrichtungsverfahren der neuen Mitglieder noch am Wochenanfang irgendwie improvisieren.
    Interessanterweise hat man es bei der EWG mit den Neutralen also einig, noch vor Weihnachten soll zur Sache des Abbaus der Zölle und anderer Handelshemmnisse konkret verhandelt werden.
    Über die EWG-Botschaftergespräche in Brüssel berichtete Klaus Emmerich.
    Die Außenminister der sechs EWG-Staaten treffen heute in Rom zusammen, um über die außenpolitische Zusammenarbeit der Gemeinschaft in Zusammenhang mit ihrer Erweiterung zu beraten.
    Ein erster Versuch dazu war bereits im vorigen Jahr in München unternommen worden.
    Auf der Tagesordnung der Konferenz von Rom stehen vor allem die Ostpolitik, die Verbesserung des Konsultationsmechanismus zwischen den Außenministerien, die vom Ostblock angestrebte Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sowie die Frage des ausgewogenen und beiderseitigen Truppenabbaus in Mitteleuropa.
    Rolf Gallus berichtet nun aus Rom.
    Im Bereich des Europas der 6 beziehungsweise der 10 haben die Außenminister vordringlich und vordergründig
    die Vorbereitungen für die im Frühjahr 1972 projektierte große Gipfelkonferenz in die Wege zu leiten.
    Diese Gipfelkonferenz soll nicht nur, wie selbstverständlich vorauszusetzen ist, den wirtschaftlichen und politischen Einigungsprozess in Westeuropa von Neuem in Umlauf setzen und eine derartige Wiederaufwertungsphase gleich von Anbeginn an von einer breiteren Plattform aus lancieren.
    Vielmehr müsste sie die Gipfelkonferenz
    nach Auffassung vor allem der Regierungen der Benelux und Italiens auch schon den Grundstein für eine gemeinsame Außen- und Militärpolitik legen.
    Doch scheinen hier insbesondere Paris und London stark zu bremsen, obgleich aus ziemlich entgegengesetzten Gründen.
    Frankreich ist ja schon von jeher für Integrationsanregungen, sobald sie festere Umrisse annehmen, zumal auf Außen- und militärpolitischem Gebiet weitgehend unempfänglich.
    Und Großbritannien will zuvörderst seinen wirtschaftlichen Anschluss an die EWG, ohnehin nicht vor 1973 möglich, perfektionieren.
    Dagegen denkt man in Paris und London wohl eher an eine behutsame langfristige Harmonisierung der Auswärtigen- und Verteidigungspolitiken, etwa auch in Form einer Zug-um-Zug-Anpassung an den sich allmählich verdeutlichenden Disengagement-Trend der Amerikaner.
    Was die international-weltpolitische Traktandenliste betrifft, so werden die sechs Außenminister nach einem Exkurs über die Aktualität der Volksrepublik China ihre Diskussionen in aller erster Linie auf die derzeitige vielschichtige und vielfältige Thematik der Koexistenz- und Ostpolitik konzentrieren.
    Dabei stellt sich, wie meistens in den außenpolitischen sechser Gremien bei Behandlung dieses komplexen Problemkreises,
    Die Grundfrage, inwieweit gewissen Zentrifugalerscheinungen vorgebeugt werden kann und soll, daher ein gemeinsamer operativer Mindestnenner gesucht werden müsste.
    Die Bonner ostpolitischen Entwicklungslinien, die praktische Ausarbeitung der Berlin-Regelung sowie der jüngste Brezhnev-Besuch in Paris stehen natürlich in der Mitte der diesbezüglichen Erörterungen.
    Geplant ist als Folgerung daraus,
    eine erste gegenseitige Abstimmung der Positionen der sechs in Hinsicht auf die nunmehr unumgänglichen Vorarbeiten für die Europäische Sicherheitskonferenz.
    Denn innerhalb der EWG machen sich doch immerhin gewichtige Meinungsrichtungen bemerkbar, nach denen für die präparatorische Tätigkeit und die Modalitäten zur Ingangssetzung der Sicherheitskonferenz die Erstellung einer gemeinschaftlichen Basis unbedingt vonnöten sei.
    Auf der morgigen erweiterten Sitzung im historischen Schloss Bracciano werden die sechs EWG-Außenminister, die vier Außenminister Großbritanniens, Irlands, Norwegens und Dänemarks ausführlich über die heutigen Arbeiten informieren, sodann zusammen einen inhaltsreichen Meinungsaustausch führen.
    Über den Beginn der EWG-Außenministerkonferenz in Rom berichtete unser Korrespondent Rolf Gallus.
    Es ist 12 Uhr und 40 Minuten und wir schalten jetzt ins Parlament.
    Einen zusammenfassenden Bericht über die Regierungserklärung von Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky geben Johannes Kunz und Anton Mayer.
    Hier im Parlament war die Zuschauergalerie überfüllt, als der neu gewählte 1.
    Nationalratspräsident Peña Punkt 10 Uhr in Anwesenheit von Bundespräsident Jonas die Sitzung der 1.
    Kammer der Volksvertretung eröffnete.
    Jene Sitzung, die durch eine ungewöhnlich lange, zwei Stunden dauernde Regierungserklärung des Bundeskanzlers Klarheit über die Pläne des Kabinetts Kreisky II brachte.
    Um es vorwegzunehmen, diese Regierungserklärung war eine ergänzte und erweiterte Version der Regierungserklärung des SPÖ-Minderheitskabinetts.
    Gleich zu Beginn betonte Dr. Kreisky angesichts des sozialistischen Wahlerfolges vom 10.
    Oktober.
    Trotz der klaren Mehrheitsverhältnisse, die es für diese Legislaturperiode nun gibt, möchte ich gleich zu Beginn meiner Ausführungen in aller Form die Erklärung abgeben, dass die neue Bundesregierung jederzeit zur Zusammenarbeit mit den Parteien des Parlaments bereit ist.
    Sie wird keine Möglichkeit ausschlagen, diese Zusammenarbeit zu suchen und ist sich des Umstandes bewusst, dass es eine solche nur geben kann, wenn auf Seiten der Mehrheit dieses Hauses, die diese Regierung stützt, auch eine entsprechende Kompromissbereitschaft besteht.
    Diese Kompromissbereitschaft aber muss dort ihre Grenze finden, wo die Regelung der betreffenden Materie ihrer Substanz beraubt werden würde oder die Zielvorstellungen, die mit dieser Regelung verbunden sind, sich nicht erreichen ließen.
    Der Bundeskanzler bekannte sich neuerlich dazu, mit seiner Regierung einen Staat der Wohlfahrt zu verwirklichen und noch vorhandene Armut zu bekämpfen.
    Arm zu sein in der Frühzeit der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung
    bedeutet etwas anderes, als arm zu sein in der Zeit einer schweren Arbeitslosenkrise, wieder etwas anderes in der Zeit der modernen Industriegesellschaft, deren Korrelate eine entwickelte Sozialpolitik ist.
    Ich könnte den Kreis der Menschen, der heute einzubeziehen wäre, mit ungefähr 450.000 präzisieren.
    Wir meinen damit die rund 360.000 Empfänger von Ausgleichszulagen, die 60.000 Witwen, die Zusatzrenten bzw.
    Beihilfen aus der Kriegsopferversorgung erhalten und die 29.000 Dauerbefürsorgten.
    Maßnahmen auf diesem Gebiet können allerdings nur schrittweise erfolgen, weil auch die bescheidensten Verbesserungen für den Einzelnen insgesamt gewaltige Beträge erfordern.
    Dr. Kreisky setzte fort, nach wie vor sei die Erstellung eines Gesamtkonzeptes für alle Zweige der Sozialversicherung unbedingte Voraussetzung, um notwendige Verbesserungen zu gewährleisten.
    Die Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten solle ausgedehnt und verbessert werden.
    Dann kam der Regierungschef auf das Wohnungsproblem zu sprechen, wobei er indirekt auch die frühere ÖVP-Regierung kritisierte.
    Die Zahl der jährlich errichteten Wohnungen je 1.000 Einwohner ist in Österreich seit dem Jahre 1967 ständig gesunken, während es in anderen Staaten weiter anstieg.
    Dadurch ist Österreich in den Kreis der europäischen Staaten mit der geringsten Wohnbauleistung geraten.
    Die Bundesregierung wird daher alle Maßnahmen ergreifen, um Österreich in Bezug auf die Wohnbauleistung und die Wohnordnungsausstattung zumindest an die anderen europäischen Industriestaaten heranzuführen.
    Zur Erreichung dieses Ziels werden vor allem neue Wege in der Wohnbauförderung beschritten werden müssen.
    Die Regierung werde dem Parlament neuerlich einen Gesetzesvorschlag unterbreiten, der es ermöglicht, eine höhere Anzahl von Wohnungen als bisher zu fördern, sagte Dr. Kreisky.
    Auch werde es notwendig sein, gesetzliche Maßnahmen zur Bodenbeschaffung in die Wege zu leiten.
    Ein modernes Sanierungsgesetz sei unbedingt erforderlich.
    Breiten Raum in der Regierungserklärung nahmen dann die Gesundheitspolitik und der Umweltschutz ein.
    Jene Fragen also, für die Frau Minister Dr. Leo Dolter zuständig sein wird.
    Dr. Kreisky sprach von einem Kampf gegen das Sterben vor der Zeit und insbesondere gegen den Tod auf den Straßen.
    Er führte weiter aus, das Spitalswesen müsse auf eine neue Basis gestellt werden.
    Der gezielte Ausbau von Vorsorgeuntersuchungen und Maßnahmen zur Krankheitsfrüherkennung gehören zu den ersten Aufgaben der nächsten Zeit, ebenso der Ausbau und die Sanierung der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung, wobei der Einrichtung des ärztlichen Notdienstes und dem Problem der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum besondere Aufmerksamkeit zu widmen sein wird.
    Die verstärkte Aufklärung der Bevölkerung über gesundheitliche Gefahren, Unterziehung zur wirksamen Eindämmung der Säuglings- und Kindersterblichkeit, der Unfallgefahren sowie des Alkohol-, Nikotin- und Suchtmissbrauchs gehören mit dazu.
    Notwendig sind Vorkehrungen für systematische gesunde Untersuchungen zur Früherkennung insbesondere von Krebs, Diabetes und Tuberkulose.
    intensive Unterstützung und Förderung bei der praktischen Bekämpfung von Herz- und Kreislauferkrankungen.
    Die Errichtung von Rehabilitationseinrichtungen für Suchtkranke soll besondere Förderung gewährt werden.
    Dr. Kreisky kam auch auf die Kosten der Gesundheitsvorsorge und des Umweltschutzes zu sprechen.
    Diese Bundesregierung wird nicht davor zurückschrecken, im gegebenen Zeitpunkt die Öffentlichkeit und auf diesem Wege das österreichische Volk
    mit der Frage zu konfrontieren, was ihm seine Gesundheit wert ist.
    Für den Umweltschutz muss in erster Linie das Verursacherprinzip gelten.
    Dort, wo sich dieses Prinzip nicht anwenden lässt, kann der Einsatz öffentlicher Mittel nicht ausgeschlossen werden.
    Was die Bildungspolitik betrifft, so bekannte sich Dr. Kreisky zur Chancengleichheit für alle und wiederholte dann ein konkretes Vorhaben, nämlich die Gratisschulbücher, die neuerlich aufs innenpolitische Tapet kommen sollen.
    Das Prinzip der Chancengleichheit werde auch durch die Abschaffung der Hochschultaxen unterstrichen.
    Die Erwachsenenbildung werde ein wichtiges Anliegen der neuen Regierung sein, sagte Dr. Kreisky.
    Dann ging er auf die Kritik an den politischen Parteien ein und sagte,
    Wie dem auch immer sei, glaube ich, dass diesen Tendenzen und Auffassungen am besten entgegengewirkt werden kann, wenn die Parteien in die Lage versetzt werden, den Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die sich mit politischen Fragen zu befassen wünschen, eine politische Schulung auf breitester Basis ermöglichen können.
    Hier bedarf es beträchtlich höherer Mittel als gegenwärtig zur Verfügung stehen.
    Die Bundesebene ist bereit, den Entwurf eines diesbezüglichen Förderungsgesetzes dem Parlament ehestens vorzulegen und ist überzeugt, dass sie so zusammen mit den im Parlament vertretenen Parteien einen Beitrag zur Vertiefung und Verlebendigung unseres demokratischen Lebens leisten kann.
    Der Landesverteidigung widmete der Bundeskanzler 38 Zeilen von 33 eng beschriebenen Maschinen-Schreibseiten seiner Regierungserklärung.
    Er sagte dazu unter anderem
    Mit der Verabschiedung der Wehrgesetznovelle vom 15.
    Juli 1971 wurde der erste Schritt für ein in den österreichischen Verhältnissen entsprechendes Wehrsystem und für die Einleitung einer tiefgreifenden Reform des Bundesheeres getan.
    Der Reformplan enthält neben der Erstellung eines in unserer Lage angepassten Verteidigungskonzepts sowie der auf dieses abgestimmten und mit 1.
    Dezember 1971 beginnenden Umstrukturierung der Streitkräfte noch weitere begleitende Maßnahmen.
    Die Voraussetzungen dazu sind zum Teil bereits angelaufen.
    Der Landesverteidigungsrat wird sich als konsultatives Organ der Bundesregierung noch mit diesen Problemen zu befassen haben.
    Hohes Haus, es ist keineswegs meine Absicht, die Bedeutung der Landesverteidigung zu verringern, wenn ich namens der Bundesregierung die Feststellung mache, dass unsere Neutralität und Sicherheit in Friedenszeiten am besten durch eine erfolgreiche Außenpolitik gewährleistet werden kann.
    Dr. Kreisky unterstrich hier die Bereitschaft seiner Regierung für eine europäische Sicherheitskonferenz einzutreten.
    Er betonte die Verbundenheit mit dem Schicksal der Südtiroler und begrüßte die Verabschiedung des Autonomiestatuts durch den Senat in Rom.
    Der Bundeskanzler kam dann auf die Bemühungen Österreichs für die Regelung der Beziehungen zum gemeinsamen Markt zu sprechen und sagte,
    Dabei wird darauf Bedacht zu nehmen sein, dass auch die legitimen Interessen der österreichischen Landwirtschaft Berücksichtigung finden.
    Der österreichischen Wirtschaft soll ein möglichst ungehinderter Zugang zum integrierten Europa geschaffen werden.
    Dem österreichischen Konsumenten ein möglichst vielfältiges und preisgünstiges Warenangebot gesichert werden.
    Das österreichische Interesse an einer Interimslösung bis zum Zustandekommen der globalen Lösung bleibt weiterhin aufrecht.
    Ruhes Haus!
    Es ist die Überzeugung der Bundesregierung, dass sich Österreichs Beteiligung an der europäischen Integration in dem Maße friktionsfrei gestalten wird, als es gelingt, Österreich auf vielen Gebieten europareif zu machen.
    war der Übergang zu wirtschaftspolitischen Erklärungen im weitesten Sinne gegeben.
    Der Bundeskanzler sprach von der Beschleunigung des Prozesses der Strukturverbesserung, von der Förderung eines freien Wettbewerbs und der Stärkung der Unternehmerinitiative zur Modernisierung des Produktionsapparates.
    Er kündigte die Weiterführung der Reform des Gewerberechtes und eine Novellierung des Kartellgesetzes an.
    erörterte dann die Modernisierung von Bahn, Post und Stromerzeugung und wandte sich der Landwirtschaft zu.
    Viele Forderungen, die seit langem vom Bauernbund der ÖVP aufgestellt worden waren, scheinen sich in der Regierungserklärung zu finden.
    Die Agrarpolitik sieht daher den Ausbau und die Entwicklung von Vollerwerbsbetrieben im Interesse einer kostengünstigen Versorgung dort, wo es möglich ist, die Festlegung von Betrieben, wo es zur Erhaltung der Kulturlandschaft notwendig ist, die Schaffung zusätzlicher außerlandwirtschaftlicher Arbeitsplätze dort, wo das Einkommen aus dem eigenen Betrieb durch außerbetriebliche Arbeit im Wege des Zu- oder Nebenarbeits ergänzt werden muss.
    Darüber hinaus versprach Dr. Kreisky die weitere Erschließung des ländlichen Raumes durch Verkehrsanlagen, Wasserversorgung, Elektrifizierung und Telefon.
    Der Bundeskanzler bezeichnete die Bildungspolitik als wesentliche Aufgabe der Agrarpolitik und nannte als Ziel die soziale Besserstellung der bäuerlichen Bevölkerung.
    Der Regierungschef hob dann die günstige Entwicklung des Nationalproduktes hervor und bekannte sich zur Zusammenarbeit zwischen Regierung und Sozialpartnern auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik.
    Zur Dämpfung des Preisauftriebes stellte er fest.
    Zweifellos, meine Damen und Herren, könnte eine weitere Dämpfung des Preisauftriebes ohne Gefährdung von Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum erreicht werden, wenn die Regierung das von ihr gewünschte preispolitische Instrumentarium durch eine Verbesserung des Preisregelungsgesetzes erhielte.
    Dr. Kreisky sprach sich für eine gemeinsame europäische Initiative zur Lösung der Weltwährungsprobleme aus.
    Als Ziele der Budgetpolitik der Bundesregierung bezeichnete es Dr. Kreisky, gegenüber den Defiziten früherer Jahre einen Konsolidierungsprozess einzuleiten.
    Ohne der Budgetrede des Finanzministers vorgreifen zu wollen, möchte ich an dieser Stelle festhalten, dass wir im Rahmen eines Konsolidierungsprozesses der Bundesfinanzen mit der Bildung von Schwerpunkten im Budget für 1972 in folgenden Bereichen beträchtlich mehr Mittel zur Verfügung stellen werden.
    Für die Forschung, für die Hochschulen, für den Schulbau, für den Umweltschutz, vor allem im Bereich des Wasserwirtschaftsfonds,
    für gesundheitspolitische Einrichtungen, für Straßenbau, für Fremdverkehrsförderung, für die Förderung der Landwirtschaft.
    Insbesondere möchte ich hier noch einmal das Programm zur Bergbauernförderung erwähnen und nicht zuletzt im Bereich der Sozialpolitik durch höheren Anpassungsfaktor, höhere Mindestrenten, etappenweise Anhebung der Kriegsopfer.
    Dr. Kreisky erwähnte noch das 10-Jahres-Investitionsprogramm der Bundesregierung und sprach dann über die Steuerpolitik.
    An einen Wegfall von Steuern sei nicht zu denken, sagte der Bundeskanzler und fuhr fort.
    Das schließt natürlich nicht aus, dass es von Zeit zu Zeit zu einer Milderung der Lohn- und Einkommenssteuerprogression kommen wird.
    Es werden daher so bald wie möglich mit dem österreichischen Gewerkschaftsbund die dafür notwendigen Verhandlungen aufgenommen werden.
    Dabei wird es unser Ziel sein, nicht nur eine Augenblickslösung herbeizuführen.
    Für eine solche Lösung, die sowohl die Tarifseite wie die Reform der Ehegattenbesteuerung und eine Reihe von Vereinfachungsmaßnahmen beinhalten soll, bietet sich der 01.01.1973 an.
    Jedoch bereits zum 01.01.1972 soll die Hausstandsgründungsbeihilfe von 15.000 Schillingen verwirklicht werden.
    Was den Bereich der Exekutive betrifft, so kündigte der Bundeskanzler die Einführung eines elektronischen kriminalpolizeilichen Informationssystems an, das die Verbrechensaufklärung verbessern soll und 1975 voll wirksam werden wird.
    Dr. Kreisky gab dann einen groß angelegten Überblick über die Vorhaben der Rechtsreform.
    Alle diese Schwerpunkte gipfeln im Abschluss der Arbeit an der großen Strafrechtsreform.
    Besonders vordringlich ist für den Bundeskanzler auch die Neuregelung des Dienstrechtes für die Beamten, das Dienstpostenausschreibungsgesetz und die Einführung der leistungsgerechten Besoldung im öffentlichen Dienst.
    Gegen Ende seiner Ausführungen erwähnte der Bundeskanzler noch das Gesetz zur Politikerbesteuerung.
    Die Regierungserklärung von Bundeskanzler Dr. Kreisky endete mit dem folgenden Bekenntnis.
    Die Bundesregierung sieht es als ihre Aufgabe an, die Verwaltung des Staates in gewissenhafter und fortschrittlicher Weise zu führen.
    Sie will aber nicht leugnen, dass sie sich bei ihrer Reformarbeit von sozialdemokratischen Grundsätzen leiten lässt, also Ideen, die in den letzten 100 Jahren in so maßgebender Weise
    die Entwicklung der modernen Demokratie beeinflusst und immer wieder zu einer tiefgreifenden Humanisierung unseres gesellschaftlichen Lebens geführt haben.
    Zum äußeren Ablauf der Sitzung ist noch zu sagen, dass alle Abgeordneten die Erklärungen des Bundeskanzlers vollkommen lautlos zur Kenntnis genommen haben.
    Nur die Abgeordneten der sozialistischen Fraktion klatschten manchmal Beifall.
    Die Debatte über die Regierungserklärung wird am kommenden Mittwoch um 10 Uhr stattfinden.
    Wir beenden damit unsere Übertragung aus dem Parlament und schalten zurück zum Funkhaus.
    Anton Mayer und Johannes Kunz berichteten über die Regierungserklärung von Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky, die Regierungserklärung des Sozialistischen Mehrheitskabinetts, die heute ab 10 Uhr im Parlament verkündet wurde.
    Ein Blick auf die Uhr, es ist wenige Sekunden nach 12.56 Uhr und wir haben noch Zeit für neueste Meldungen.
    Pakistan.
    Außenminister Mohammed Khan wird heute Nachmittag an der Spitze einer Regierungsdelegation in der chinesischen Hauptstadt Peking erwartet.
    Der Abordnung gehören außerdem der Oberbefehlshaber der pakistanischen Luftwaffe, General Rahim Khan, sowie der Vorsitzende der Volkspartei und frühere Außenminister Butoh an.
    Libanon.
    Die Beiruter Zeitung Al-Khawades berichtet heute, dass in Syrien ein Wald von sowjetischen Luftabwehrraketen der Typen SAM-2 und SAM-3 errichtet worden sei.
    Wie das Blatt meldet, dienten die sowjetischen Waffen zum Schutz des syrischen Luftraumes gegen Angriffe israelischer Militärflugzeuge.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Auf eine Befragung des Tübinger Wickert-Instituts, die heute veröffentlicht wurde, erklärten 77 Prozent der westdeutschen Arbeitnehmer, die Erhaltung der Arbeitsplätze erscheine ihnen als das wichtigste wirtschaftspolitische Problem.
    Aus annähernd 2000 Interviews fanden sich nur 14 Prozent der Befragten, die die Stabilität der Preise für das Wichtigste hielten.
    Chile.
    Präsident Allende hat heute die Vorlage eines Gesetzentwurfes angekündigt, der die Zweikammern des Parlaments auf eine Volksversammlung reduzieren soll.
    Der Entwurf soll am Dienstag im Parlament in Santiago eingebracht werden.
    Für den Fall einer Ablehnung des Antrages durch die Parlamentarier kündigte Präsident Allende eine Volksabstimmung über diese Frage an.
    Israel.
    Die seit dem Sechstagekrieg in unmittelbarer Nähe der Klagemauer in Jerusalem vorgenommenen Ausgrabungen gefährden nach Auffassung einer Architektengruppe das jüdische Heiligtum.
    Die Stadtverwaltung will nun die Ausgrabungen einstellen, bis der Bericht einer neuen Untersuchungskommission vorliegt.
    Meine Damen und Herren, unser Mittagsschanal ist damit beendet.
    Ich verabschiede mich für Redaktion und Technik.
    Wir melden uns wieder um 18.45 Uhr im Programm Österreich 1 mit dem Abendschanal.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1971.11.05 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1971.11.05 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Weitere Verfolgung der Ausbrecher aus der Strafanstalt Stein
    Interview: Innenminister Rösch, Justizminister Broda, Staatsanwaltsanwärter (und Geisel) Weihs, Staatspolizist Peterlunger, Leiter des Wiener Sicherheitsbüro Kuso
    Mitwirkende: Jungwirth, Jürgen [Gestaltung] , Kunz, Johannes [Gestaltung] , Rösch, Otto [Interviewte/r] , Broda, Christian [Interviewte/r] , Weihs, Erich [Interviewte/r] , Peterlunger, Oswald [Interviewte/r] , Kuso, Friedrich [Interviewte/r] , Howanitz, ... [Interviewte/r]
    Datum: 1971.11.05 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; Gesellschaft ; Medizin ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Geiselnahme , Nachrichten
    Polizeiliche Personenbeschreibung der Täter
    Mitwirkende: Hofbauer, Helmut [Gestaltung]
    Datum: 1971.11.05 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Entwicklung der EWG-Verhandlungen über Angebot an die drei EFTA-Staaten
    Mitwirkende: Emmerich, Klaus [Gestaltung]
    Datum: 1971.11.05 [Sendedatum]
    Ort: Brüssel
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    EWG-Außenministertagung in Rom: Ostpolitik, Sicherheitskonferenz, Truppenabbau
    Mitwirkende: Gallus, Rolf [Gestaltung]
    Datum: 1971.11.05 [Sendedatum]
    Ort: Rom
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Regierungserklärung des Bundeskanzlers 1971 (Zusammenfassung)
    Einblendung: Bundeskanzler Kreisky
    Mitwirkende: Kunz, Johannes [Gestaltung] , Mayer, Anton [Gestaltung] , Kreisky, Bruno [Interviewte/r]
    Datum: 1971.11.05 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Parlament [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Medizin ; Wirtschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1971.11.05
    Spieldauer 00:59:18
    Mitwirkende Machatschke, Roland [Moderation] [GND]
    Weber, Barbara [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1971.11.05 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ audio
    Format KKA [Kompaktkassette]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-711105_k02
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