Mittagsjournal 1984.11.17

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    Rechtliches

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    Wie Zeit?
    In fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Einen schönen guten Tag meine Damen und Herren, Louis Glück begrüßt Sie beim Samstag-Mittag-Journal.
    In unserem ersten Beitrag nach den Nachrichten geht es um die Zivildienstproblematik.
    Justizminister Harald Ofner hat den prominenten Richter Udo Jesionek bei der Neubesetzung der Leiter der Zivildienstkommissionen nicht mehr berücksichtigt und zwar wie Jesionek, der ehemalige Präsident der Richtervereinigung und jetzige Vorsitzende des österreichischen Jugendgerichtshofes,
    in einem Interview erklärt, weil er zu oft die gegen den Wehrdienst vorgebrachten Gewissensgründe anerkannt hat.
    Für den Fall einer härteren Spruchpraxis habe man ihm eine Verlängerung der lukrativen Tätigkeit versprochen, sagt er.
    Zu innenpolitischen Themen, vor allem Energiepolitik, gibt's eine Presseschau.
    Dann berichten wir vom Landesparteitag der SPÖ Steiermark in Graz.
    Und im Journal zu Gast ist Prof. Stefan Koren, Nationalbankpräsident und Ex-Finanzminister.
    Am Mittwoch ist er ja 65 Jahre alt geworden und in dem Interview mit Ulrich Brunner nimmt er sowohl zur persönlichen als auch zur politischen Stellung.
    Im Auslandsteil bilanzieren wir die Halbzeit der Präsidentschaft François Mitterrands in Frankreich und planen ein Gespräch mit einem Augenzeugen aus dem äthiopischen Hungergebiet.
    Die Kulturredaktion berichtet uns von enormem Publikumsinteresse für die Wiener Otto-Wagner-Ausstellung, die deshalb auch verlängert worden ist.
    Am Beginn stehen aber die Nachrichten.
    Elisabeth Manners ist die verantwortliche Redakteurin und Sprecher Wolfgang Riemerschmid.
    Sowjetunion, USA.
    Der sowjetische Staats- und Parteichef Tschernenko ist vorerst nicht an einem Treffen mit Präsident Reagan interessiert.
    In einem schriftlich geführten Interview für eine amerikanische Fernsehgesellschaft sagte Tschernenko, ein Treffen könne erst vereinbart werden, wenn davon auch konkrete Ergebnisse zu erwarten seien.
    Als wichtigste Aufgabe bezeichnete Tschernenko die Begrenzung der Rüstung und den Abbau der Atomwaffen.
    Sollten die Vereinigten Staaten wirklich eine Rüstungsbegrenzung wollen, betonte der Kreml-Chef, könne man sich auf bessere Beziehungen zubewegen.
    Der amerikanische Außenminister George Shultz nannte Tschernenkos Äußerung eine positive Erklärung.
    Shultz riet allerdings, jetzt von weiteren öffentlichen Stellungnahmen Abstand zu nehmen und zur sogenannten stillen Diplomatie überzugehen.
    Der amerikanische Außenminister wird nach Angaben aus Washington möglicherweise im Jänner zu einem Gespräch mit dem sowjetischen Außenminister Gromyko nach Moskau reisen.
    Polen
    Die Behörden haben die nach der Ermordung des Pfarrers Yezhi Popieluszko gegründeten Menschenrechtsgruppen verboten.
    Die Maßnahme wurde von den Verwaltungen der Gründerstädte Warschau, Krakau und Breslau verhängt.
    Als Grund wurde angegeben, in den Reihen der Menschenrechtsgruppen gebe es Extremisten der ehemaligen Gewerkschaft Solidarität.
    Die Komitees hätten es sich zur Aufgabe gemacht, Verstöße gegen die Menschenrechte aufzuzeigen und den Opfern zu helfen.
    Österreich
    In einer Reaktion auf die gestrigen Äußerungen von SPÖ-Klubobmann Sepp Wille hat sich ÖVP-Parteiobmann Mock gegen eine geheime Abstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf und damit gegen eine Aufhebung des Klubzwanges ausgesprochen.
    In einem Interview für die Austria-Presseagentur lehnte Mock außerdem die von Wille ebenfalls zur Diskussion gestellte Verfassungsänderung ab, wonach eine Volksabstimmung auch ohne Gesetzesvorlage ermöglicht werden soll.
    Der ÖVP-Chef meinte, eine derartige Maßnahme dürfe grundsätzlich nicht aus parteitaktischen Überlegungen getroffen werden.
    In diesem Zusammenhang sprach er von reinen Geschäftsordnungsspielereien der SPÖ.
    Die steirischen Sozialisten setzen heute in Graz ihren Parteitag fort.
    SPÖ-Vorsitzender Bundeskanzler Sinowaz wird das Hauptreferat halten.
    Landesparteiobmann Hans Gross ist gestern mit 98 Prozent der delegierten Stimmen bestätigt worden.
    In seiner Rede bezeichnete Gross die Arbeitsplatzsicherung weiterhin als vorrangiges Ziel, wobei man aber die Sorge um die Umwelt ernst nehmen müsse.
    Die Salzburger ÖVP-Frauen wählen heute beim Landestag in Saalfelden eine neue Landesleiterin.
    Die bisherige Salzburger Frauenchefin Helga Wieser hat nicht mehr kandidiert.
    Als Nachfolgerin bewirbt sich die Landtagsabgeordnete Helga Wasserbauer.
    Auf der Tagesordnung steht auch ein Referat von ÖVP-Frauenchefin Marilis Fleming zum Thema Frauenprotest gegen Einkommensunterschiede und Pensionskürzungspaket.
    Die Missionschefs der Contadora-Staaten haben aus Minister Graz die Dankbarkeit ihrer Regierungen für die österreichische Unterstützung ihrer Bemühungen in Zentralamerika ausgesprochen.
    Die Diplomaten Kolumbiens, Mexikos, Panamas und Venezuelas hoben in diesem Zusammenhang vor allem die jüngste Zentralamerika-Erklärung von Graz hervor.
    Graz hat am Montag im Zusammenhang mit den jüngsten Parlaments- und Präsidentenwahlen in Nicaragua erklärt, die Bemühungen der Contadora-Gruppe, zentralamerikanische Krisen friedlich beizulegen, würden von Österreich voll unterstützt.
    Nicaragua, USA.
    Vertreter Nicaraguas und der Vereinigten Staaten werden am Montag in der mexikanischen Hafenstadt Manzanillo zu einem achten Treffen zusammenkommen.
    Verteidigungsminister Kaspar Weinberger sprach von einer dramatischen Zunahme der sowjetischen Waffenlieferungen nach Nicaragua.
    In einem Interview sagte Weinberger, die Lieferungen würden in diesem Jahr 15.000 Tonnen an Militärgütern überschreiten.
    Nicaragua dementierte amerikanische Meldungen, wonach mit Waffen beladene Schiffe aus dem Ostblock unterwegs seien.
    Die katholischen Bischöfe des Landes haben die Militärregierung aufgerufen, in ihrem Kampf gegen den Terrorismus nicht selbst zu terroristischen Methoden zu greifen.
    Die Bischöfe reagierten mit dieser Erklärung auf die jüngsten Massenverhaftungen in einem armen Viertel in der Hauptstadt Santiago.
    Österreich
    Nach neuen Brandlegungen vermutet man in Wales einen geistesgestörten Brandstifter.
    In der Nacht auf heute musste die Waleser Feuerwehr zu Bränden in einem Elektrogeschäft und in einem Schuppen ausrücken.
    Zumindest in einem Fall war das Feuer mit Sicherheit gelegt.
    Die bisher ungeklärte Serie von Brandstiftungen in Wales hat einen Schaden von insgesamt etwa 30 Millionen Shilling angerichtet.
    Unter anderem wurden mehrere Hallen auf dem Waleser Messegelände eingeäschert.
    Auf dem Wiener Rathausplatz soll heute heuer früher als sonst Weihnachtsstimmung einkehren.
    Wegen der Vorverlegung des ersten Einkaufs samstags auf den 24.
    November wird der traditionelle Christkindlmarkt vor dem Wiener Rathaus bereits heute Nachmittag eröffnet.
    Zugleich wird der Christbaum auf dem Rathausplatz erleuchtet.
    Die 32 Meter hohe Fichte stammt aus Osttirol.
    Die Wetterlage?
    Die Störung eines über Frankreich liegenden Tiefs überquert langsam die Ostalpen.
    Morgen kann sich in Österreich vorübergehend Wetterbesserung einstellen.
    Die Aussichten bis morgen früh, stark bewölkt und häufig Niederschlag, vor allem im Süden teilweise bis in Tiefe lagen als Schnee.
    Während der kommenden Nacht im Westen und Südwesten Bewölkungsauflockerung.
    Mäßige bis lebhafte Winde.
    Nachmittagstemperaturen 1 bis 6 Grad.
    Frühwerte minus 3 bis plus 4 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Sonntag.
    Im Westen bereits teilweise sonnig.
    Im übrigen Bundesgebiet zunächst noch stark bewölkt und örtlich etwas Niederschlag.
    Im Tagesverlauf aber auch hier Auflockerungen.
    Winde aus Süd bis West.
    Tageshöchsttemperaturen 2 bis 9 Grad.
    Die Forscher auf übermorgen Montag.
    Von Südwesten her erneut Wetterverschlechterung und Aufkommen von Niederschlägen.
    Keine wesentliche Temperaturänderung.
    Die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
    Wien bedeckt 4 Grad, Südostwind 15 Kilometer in der Stunde.
    Eisenstadt Nebel 2 Grad, Linz stark bewölkt 4 Grad, Ostwind 10 Kilometer in der Stunde.
    Salzburg stark bewölkt 6 Grad, Innsbruck stark bewölkt 5, Bregenz stark bewölkt 8 Grad, Graz stark bewölkt 2 und Klagenfurt bedeckt 1 Grad.
    Das waren Nachrichten und Wetter am Beginn des Samstagmittagsjournals.
    12 Uhr und 8 Minuten ist es gewesen.
    Vor einer Woche hat der Nationalrat einstimmig beschlossen, am bisherigen System des Zivildienstes festzuhalten und weiterhin junge zivildienstwillige Österreicher einer Gewissensprüfung zu unterziehen.
    Diese Prüfung erfolgt von einer aus sechs Personen bestehenden Kommission, der neben einem Richter, ein Jurist des Innenministeriums, je ein Vertreter der Arbeiter- und der Handelskammer sowie zwei Vertreter des Bundesjugendringes angehören.
    Vorsitzender der insgesamt acht in Österreich tätigen Kommissionen ist jeweils der Richter.
    Diese Richter werden vom Justizministerium nominiert.
    In der Liste der Vorsitzenden für die kommende drei Jahre dauernde Periode scheint ein Name nicht mehr auf, jener des Präsidenten des österreichischen Jugendgerichtshofes Udo Jesionek.
    Der anerkannte Jurist war Vorsitzender der Linzer Gewissensprüfungskommission, die im Durchschnitt mehr Ansuchen auf Zivildienst bewilligt hat als andere Kommissionen.
    Kritik an der Tätigkeit Jesionics hat es auch von der Salzburger Offiziersgesellschaft gegeben, die ihn wegen seiner angeblich pazifistischen Gesinnung für diese Funktion als nicht geeignet erachtete.
    Jesionek wurde nun also nicht mehr vom Justizminister Harald Ofner für die Zivildienstkommission nominiert.
    Im folgenden Gespräch mit Roland Adrowitzer stellt der Präsident des Jugendgerichtshofs den Gang der Ereignisse aus seiner Sicht dar.
    Jesionek?
    Ja, ich kann nur das sagen, was ich konkret weiß.
    Ich weiß konkret, dass der Herr Bundesminister für Inneres an den Justizminister angetreten ist mit dem Wunsch, mich wieder zu bestellen.
    Und wie mir mitgeteilt wurde, auch vom Minister Hofner selbst, ist er dem Wunsch nicht nahe getreten, weil er der Meinung ist eben auch, dass meine Einstellung zum Zivildienst offenbar nicht die passende ist.
    Wie ist Ihre Einstellung zum Zivildienst?
    Erstens einmal grundsätzlich positiv.
    Ich bin absolut der Meinung, dass man so eine Einrichtung in einem Staat schaffen muss, um Personen, die tatsächlich echte Gewissensgründe haben, denn ihr Gewissen verbietet eine Waffe anzugreifen, die Chance zu geben, dem Staat anders zu dienen.
    Und andererseits stehe ich auch dem Gedanken der sozialen Verteidigung sehr positiv gegenüber.
    Ich glaube, der Staat sollte neben, ich sage ausdrücklich, neben der militärischen Verteidigung, die einstweilen einfach notwendig ist, weil wir keine Alternative haben, uns zu wehren,
    doch versuchen, ob es nicht alternative soziale Maßnahmen gibt, d.h.
    Verteidigungsmaßnahmen, die dieselbe bewirken, ohne dabei Menschen töten zu müssen.
    Sie waren ja Vorsitzender einer Kommission, und zwar der Linzer Kommission.
    Diese Linzer Kommission war weitaus zivildienstfreudiger als die anderen österreichischen Kommissionen, d.h.
    sie hat mehr Ansuchen anerkannt als die anderen.
    Sehen Sie darin die Ursache, dass Sie nicht mehr Mitglied einer der Kommissionen sein werden?
    Es wurde mir konkret vorgehalten von Leuten, dass meine Kommission, das heißt die Kommission besteht aus sechs Personen, ich wehre mich auch dagegen, dass meine Einstellung allein entscheidend ist, denn ich kann sicher nicht fünf andere Leute, immerhin zum Großteil doch im öffentlichen Leben stehende Leute, so dominieren.
    Mir wurde konkret gesagt, dass das nicht erwünscht sei, die Judikatur, und ich sollte sie ändern.
    Hat es irgendwelche Bedingungen gegeben an Sie von Seiten, Sie sagen immer Mann hat mir, wer ist dieses Mann?
    Ich sage keine Namen, ich könnte es beweisen, mir wurde konkret vorgeschlagen, also doch mehr Personen durchfallen zu lassen, dann könnte ich meine Haut und dieses lukrative Geschäft retten, aber das geht wieder gegen mein Gewissen.
    Wie lukrativ ist dieses Geschäft?
    Es ist schon interessant, man kriegt pro Akt 198 Schilling.
    Beim durchschnittlichen Anfall kriegt jeder Vorsitzende der Zivildienstkommission etwa so zwischen 80 und 100.000 Schilling brutto.
    Allerdings brutto, das unterliegt dann der Steuer.
    Im Jahr?
    Im Jahr, ja.
    Und wie erklären Sie sich, dass die Linzer Kommission weit mehr Ansuchen positiv erledigt hat als die anderen?
    Warum war das gerade in Linz so, wo Sie Mitglied waren?
    Ja, ich glaube es konkret zu wissen, weil ich auch in Wien zeitweise war, wo das lange nicht so ist.
    Ich glaube, es liegt darin, dass in Oberösterreich alle jungen Organisationen, gleichgültig von welcher Weltanschauung sie herkommen,
    positiv zum Zivildienst stehen.
    Das ist so, dass also die Achse von der katholischen Jugend, der Landjugend bis hin zur jungen Generation in der SPÖ, also von allen Seiten her, positiv zum Zivildienst steht.
    Und ich kann mich also gerade in Oberösterreich erinnern, Rhein-Weiß, Bauernburschen, einfache Leute, sehr tiefreligiöse Personen, die also der Meinung waren, mit ihrem religiösen Überzeugung, den werden sie nicht
    vertreten zu können und das war auffällig, weil das ist, soweit ich mich erinnern kann, ich habe sowohl in Wien als auch in Graz als auch in Linz und in Salzburg zeitweise Zivildienstkommission geleitet, das ist signifikant für Oberösterreich gewesen.
    Haben Sie den Eindruck, dass die meisten andere Mitglieder der Zivildienstkommissionen Gegner des Zivildienstes sind?
    Ich kann nicht sagen, die meisten.
    Ich weiß, dass eine ganze Reihe, zumindest einige von Vorsitzenden, zumindest mir persönlich gesagt haben, dass sie Entgegner des Zivildienstes sind, aber trotzdem mein Irrgewissen äußert und ihnen dann doch gebietet, sachgerecht zu entscheiden.
    Aber ich gebe schon zu, dass eine grundsätzliche Einstellung zu einem Problem irgendwo die Entscheidung mit beeinflusst.
    Das wird sicher.
    Soweit bin ich so ehrlich.
    Und Sie geben ganz konkret dem Justizminister Harald Ofner die Schuld, dass Sie nicht mehr Mitglied einer dieser Kommissionen sein werden?
    Schuld.
    Seine Entscheidung war es, dass ich nicht mehr bin.
    Er wird das sicher mit seinem Gewissen vereinbaren werden.
    Und wie sehen Sie die Hintergründe für seine persönliche Entscheidung?
    Das weiß ich aus persönlichen Gesprächen, dass er der Meinung ist, dass jeder junge Mann mit der Waffe für sein Vaterland dienen soll.
    So hat er es ausgedrückt und das glaube ich ihm auch, dass er ihm ehrlich ist, nur bin ich der Meinung, dass es genauso ehrlich ist und mir persönlich sogar noch lieber ist, wenn ein junger Mann sich überlegt, ob denn die einzige Verteidigungsmöglichkeit ist, wieder einen anderen Menschen zu vernichten und ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, das Land zu verteidigen.
    Das legt eine grundsätzliche verschiedene
    Weltanschauung dahinter.
    Das kann man nicht werten.
    Ich werte meine für mich als richtige, aber das ist subjektiv.
    Udo Jesionek, der ehemalige Präsident der Richtervereinigung, also in diesem Interview mit Roland Adrowitzer.
    Wir haben selbstverständlich versucht, auch eine Stellungnahme vom Justizminister Harald Ofner einzuholen.
    Er wollte aber im Mittagsschanal nicht Stellung nehmen.
    Im Büro des für den Zivildienst Ressort zuständigen Innenministers Karl Blecher hieß es zu der Abberufung Jesioneks, dies sei eine autonome Entscheidung des Justizministers.
    An der Arbeit des Gerichtspräsidenten habe es von Seiten des Innenministeriums keinen Anlass zur Kritik gegeben.
    Jesionek würde sicherlich weiterhin der Kommission angehören, wenn das Innenministerium das Vorschlagsrecht gehabt hätte.
    In die Entscheidung eines anderen Ressorts könne sich jedoch Innenminister Karl Blecher nicht einmischen.
    Wir setzen jetzt fort im Mittagsschanal mit der Presseschau zu aktuellen innenpolitischen Themen.
    Ernest Thauer hat heute die Zitate ausgewählt.
    Wie so oft an Samstagen nehmen die Kommentatoren der Zeitungen Vorgänge der abgelaufenen Woche zum Anlass für grundsätzliche Überlegungen.
    Fragen der Energiepolitik, aber auch der Rolle der Opposition und des Verhältnisses von Politikern und Bürgern stehen dabei im Mittelpunkt.
    In den Salzburger Nachrichten meint Karl-Heinz Ritschel, Die Reaktion der etablierten Parteien auf die sogenannte grüne Herausforderung ist für Ritschel ein Grund mehr für dieses Unbehagen.
    Die Parteien übersteigern sich im Anlegen eines grünen Kleides, um zu zeigen, dass sie die Zeichen der Zeit erkannt haben.
    Bis auf wenige Politiker ist dieses Grüngehabe aber mehr Maskerade, Geplapper, ohne Inhalt, gestig, ohne fundiertes Wissen.
    Dies zeige sich besonders in der Energiepolitik und im Verhältnis der Politiker zur E-Wirtschaft.
    Die Politiker schieben nun der Energiewirtschaft den schwarzen Peter zu, aber sie sitzen in den Aufsichtsräten aller Unternehmen der E-Wirtschaft und haben nichts, schon gar nichts getan, um die Planungsphilosophie zu verändern.
    Wie die Salzburger Nachrichten nimmt auch der Kommentator der Tageszeitung die Presse Energiefragen zum Anlass, um Heuchelei und Pharisäertum in der Politik zu kritisieren.
    In der Frage Zwentendorf sei keine Partei aus der Verantwortung zu entlassen, meint Thomas Korherr.
    Nicht die SPÖ, deren historische Schuld es ist, in den 13 Jahren ihrer Alleinregierung den Mut nicht aufgebracht zu haben, zu entscheiden.
    Und auch nicht die kleine Regierungspartei, die den Energieminister stelle, der es besser wissen sollte.
    zur Rolle der Opposition, schreibt Kurherr.
    Ist sie heute gegen die Kernenergie, soll sie es zugeben.
    Man darf seine Meinung ändern, aber wer immer nur Ja, Aber antwortet, setzt sich der Gefahr aus, irgendwann einmal nicht mehr gefragt zu werden.
    Mit dem Zustand der ÖVP setzt sich auch Hans Rauscher im Kurier auseinander.
    Wirtschaftssprecher Robert Graf gegen Umweltsprecher Heinzinger und auch gleich gegen Generalsekretär Graf.
    Frau und Chefin Flemming gegen die Männer in der Partei überhaupt.
    Chefkritiker Busek gegen die herkömmliche Politik und damit eigentlich gegen alle.
    In der ÖVP geht es zu, wie es bis vor kurzem in der SPÖ zugegangen ist.
    Parteichef Mock setzt eine tapfere Miene auf, aber der Sackflügel ist nicht zusammenzuhalten.
    In einer Partei wird meist dann gestritten, wenn Ratlosigkeit herrscht.
    Eine Oppositionspartei, die einzige, sollte aber wissen, was sie will.
    Unter dem Titel »Groteska als grotesk« stellt Hermann Polz seinen Kommentar in den oberösterreichischen Nachrichten.
    Grotesk allein genügt nicht.
    Zuweilen ist Groteska als grotesk, wie sich Österreichs Innenpolitik der Öffentlichkeit präsentiert.
    Vergangene Woche zum Beispiel.
    Polz führt die Diskussion um das angebliche Geheimpapier der E-Wirtschaft an, das vom Justizminister gleich zum Jahrhundertskandal erhoben worden sei.
    Weiters die möchtegern, trau mich nicht, Verkrampfungen zu Zwentendorf der Sozialisten, sowie die Darmverschlingungen der Scheinargumente rund um die Frage, ob die Geschäfte am 8.
    Dezember offengehalten werden dürften.
    Viertes Argument für den Chefredakteur der Oberösterreichischen Nachrichten ist die Reaktion des Bundeskanzlers zur Kritik am burgenländischen Landeshauptmann Theodor Keri.
    Bundeskanzler Sinowaz sieht in der Freizeitbeschäftigung mit Maschinenpistolen und deren Besitz aufgrund von Sondergenehmigungen des Innenministeriums nur eine gewisse Marotte.
    Zusammenfassend reimt Polz, dies war groteske Nummer vier.
    Darauf erheben wir zum Wochenende das Bier.
    Ernest Hauer hat die Inlandspresseschau zusammengestellt.
    Es ist 12.20 Uhr.
    Wir kommen zu unserer Samstagserie.
    Im Journal zu Gast ist heute Stefan Korin.
    Der Anlass-Nationalbank-Präsident Korin wurde diese Woche 65.
    Zwei Jahrzehnte hat er die österreichische Wirtschaftspolitik mitgestaltet.
    Als Professor für Nationalökonomie wurde er 1967 Staatssekretär und ein Jahr später Finanzminister der bislang letzten ÖVP-Alleinregierung.
    1970, als die Volkspartei in Opposition gehen musste, kandidierte Korin zunächst erfolglos gegen Karl Schleinzer um den Parteivorsitz, wurde dann Obmann des Parlamentsklubs, ehe er 1978 von Bundeskanzler Kreisky zum Präsidenten der Nationalbank gemacht wurde, was manche SPÖler Kreisky ebenso wenig verzeihen konnten wie manche ÖVPler Korin.
    Zum Image Korins gehörte immer wirtschaftliche Kompetenz, aber auch ein Hang zu Zynismus und auch Pessimismus.
    Die Kassandra Korin ist ja sprichwörtlich.
    Wenn man ihn mit der warnenden Stimme aus der griechischen Mythologie verglichen hat, sagt die Korin ja immer, schließlich haben Kassandras Prophezeiungen auch gestimmt.
    Was fällt einem noch zu Stefan Korin ein, geboren in Wiener Neustadt?
    Im Krieg hat er eine Hand verloren und sechs Kinder hat er.
    Ulrich Brunner bat ihn vor das Journalmikrofon.
    Herr Professor Koren, als Sie Klubobmann waren, als Sie Minister waren, haben wir Journalisten Sie sehr oft als Professor angesprochen.
    Und Sie haben sich das gefallen lassen und wie ich in Erinnerung habe, ganz gern gefallen lassen.
    Heute sind Sie Präsident.
    Bleibt es dabei, dass Ihnen der Professor noch immer lieb und wert ist?
    Dabei bleibt es eindeutig, auch hier.
    In meiner neuen Funktion ist es mir sehr, sehr viel lieber, wenn jemand überhaupt einen Titel sagen muss.
    Das ist ja nur in Österreich üblich.
    In anderen Ländern ist man schlicht und einfach der Herr Korin.
    Aber hier würde das offenbar als Unhöflichkeit ausgelegt werden.
    Ist mir immer noch lieber, wenn mich jemand Professor nennt.
    Und ich habe eine sehr merkwürdige Begründung dafür.
    Das ist der letzte Titel, den ich außerhalb der Politik erworben habe.
    Herr Professor,
    Ich habe in der Vorbereitung auf dieses Interview im Archiv nachgesehen.
    Es gibt hunderte Interviews mit Ihnen über Budget, über den Schilling, über die Wirtschaft im Allgemeinen.
    Es gibt ganz wenig über Sie privat.
    Ich habe eine einzige Notiz gefunden, dass Ihr Vater angeblich Kutscher gewesen sei.
    Stimmt das?
    Das stimmt, absolut.
    Mein Vater ist mit drei Jahren Weise geworden und dann, das ist immerhin über 100 Jahre her,
    herumgestoßen worden in verschiedenen Familien konnte nie eine Schule besuchen war als ich geboren wurde konnte er noch nicht lesen und schreiben das habe ich ihm dann als Schüler allmählich beigebracht und er hat halt jeden Beruf annehmen müssen der sich ihm geboten hat und als ich geboren wurde war er gerade Kutscher ist dann später Chauffeur geworden, war auch Maschinist
    eine Zeit lang und vor allem dann in den, ich stamme ja aus Wiener Neustadt, also einem in den Krisenjahren der Weltwirtschaftskrise entsetzlich betroffenen Ort, durch viele, viele Jahre arbeitslos.
    Also die ganze Zeit, die ich die Mittelschule besucht habe, war mein Vater arbeitslos.
    Mit allen Konsequenzen, die das damals für eine fünfköpfige Familie bedeutet hat.
    Von Ihrer Herkunft her hätten Sie also auch bei der Sozialistischen Partei landen können.
    Oh ja, wenn es danach geht, wäre ich der lupenreine Proletarier.
    Und was hat dann dazu geführt, dass Sie letztendlich doch bei der ÖVP gelandet sind?
    Sind Sie in bürgerlich-konservativ erzogen worden?
    Meine Eltern waren eindeutig, und das hat damals ja sehr, sehr viel bedeutet, katholisch, und zwar praktizierend.
    Wir sind also in diesem Bereich aufgewachsen.
    Das führte auch dazu, dass ich in sehr jungen Jahren, ich glaube ich war zwölf Jahre alt, zu den katholischen Pfadfindern gekommen bin.
    später auch zu einer katholischen Mittelschulverbindung und zuletzt in den 36er, 37er Jahren habe ich eine Zeit lang das Jungvolk der Vaterländischen Front in Wiener Neustadt geführt, also insofern sogar ein politischer Mensch.
    Im Krieg wurde das Ganze natürlich ad acta gelegt.
    Und nach dem Krieg war ich im Wirtschaftsforschungsinstitut, also in einer Institution, die eine, man kann fast sagen, überparteiliche Funktion ausgeübt hat.
    Und ich hatte kein Verlangen, danach einer politischen Partei beizutreten.
    Aber der Natur nach gehörte ich immer sehr weit ausgedrückt ins bürgerliche Lager.
    Aber ein Nullkruppler im heutigen Sinn waren Sie nicht?
    In diesem Sinne nicht.
    Im Gegenteil.
    Ich bin sogar sehr stolz darauf.
    Ich war eine Zeit lang Betriebsratsobmann.
    Ich glaube, acht Jahre lang im Wirtschaftsforschungsinstitut auf einer bürgerlichen Liste.
    Herr Professor, Sie sind nach 1945 nicht der ÖVP beigetreten.
    Sie haben diesen Schritt erst getan, als Sie schon Finanzminister waren.
    Warum haben Sie hier solche Distanz zu der Partei gezeigt, der Sie sich doch offensichtlich zugehörig fühlten?
    Ja, ich glaube, nur in Österreich ist das absonderlich, wo also die Bevölkerung in einem hohen Maß politisch organisiert ist.
    Es hat, glaube ich, nie einen Zweifel darüber gegeben,
    Und ich habe auch nie einen Held daraus gemacht und niemand hat daran gezweifelt, dass ich bei allen Wahlen nach 1945 die ÖVP gewählt habe.
    Aber ich habe kein Bedürfnis verspürt einer Partei beizutreten.
    Und bis zu einem gewissen Grad war dann mein Eintritt in die Politik nicht zuletzt auch davon bestimmt, dass ich der Partei nicht angehört habe, denn Josef Klaus
    wollte ja ein Signal setzen, dass auch Nicht-Parteisoldaten hier in die politische Willensbildung mit eingezogen werden.
    Sie haben dann Ihre politische Heimat in der Volkspartei gefunden, anerkannt, zuletzt auch verehrt, aber wie das große Gesinnungsgemeinschaften so an sich haben, Sie können bereichern, Sie können aber auch wehtun.
    Wann hat Ihnen die ÖVP wehgetan?
    Das ist sehr schwer zu sagen, was heißt außerdem jeder Schmerz lässt nach.
    Ich stelle eher in den Vordergrund,
    dass für mich die politische Tätigkeit ab 1967 eine Bereicherung war, weil ich in einen Arbeitsbereich hineingekommen bin, von dem ich vorher relativ wenig wusste.
    Dass es ein Bereich ist, in dem nicht sehr viel Rücksicht und Toleranz geübt wird, sondern das Parteiinteresse Vorrang hat, steht außer Frage, das haben schon viele, viele erlebt.
    Wehgetan hat mir ein bisschen 1971, als mich viele in der Partei aufgefordert haben, auf dem Parteitag als Parteiobmann zu kandidieren.
    Gegen Schleinzer?
    Damals gegen Schleinzer.
    Mit vielen, vielen Versprechungen, wie sicher meine Wahl sein würde.
    und sich dann nachher herausgestellt hat, dass ich eigentlich nur eine Art countervailing power, eine Gegenpost gegen Schleinzer gewesen bin und niemand daran gezweifelt hat, dass er gewählt werden würde.
    Ich bin also da ein bisschen gelegt worden, auf deutsch gesagt.
    Sie waren eine Figur auf dem Schachbrett.
    Ja, ich bin benutzt worden.
    Sie haben als Finanzminister den sogenannten Paukenschlag gesetzt, haben mit einigen neuen Steuern das Budget saniert.
    Das hat Ihnen später in Ihrer Partei
    Kritik eingetragen.
    Wie war das damals?
    Als Ursache für die Wahlniederlage wurde das erst nach den Wahlen interpretiert.
    Bis 1970, bis zur Wahl, hat es keine wirkliche innerparteiliche Kritik dagegen gegeben.
    Sie waren der Sündenbock sozusagen.
    Später dann.
    Letztendlich hat Ihnen das aber möglicherweise geschadet, dass Sie im innerparteilichen Konkurrenzkampf gegen Schleinzer unterlegen sind.
    Das mag mit ein Element gewesen sein.
    Herr Professor, Sie waren dann später unbestritten in der informellen Hierarchie der österreichischen Volkspartei nach Schleinzer der zweite Mann.
    Als Schleinzer dann wenige Wochen vor der Wahl 1975 bei einem Autounfall ums Leben kam,
    haben alle damit gerechnet, dass Sie als Spitzenkandidat in die Nationalratswahl gehen.
    Die ÖVP hat sich dann für den Newcomer Taus entschieden.
    Wollten Sie damals nicht?
    Dazu muss ich eines vorausschicken.
    Vor den Wahlen 1975 hatte ich mit Schleinzer schon vereinbart, dass ich nach den Wahlen zu einem geeigneten Zeitpunkt aus der Politik ausscheiden würde.
    weil ich damals rund fünf Jahre schon Klubobmann war, eine sehr lange Zeit, und in der Oppositionsrolle der Partei eigentlich keine für mich befriedigende Funktion gefunden habe.
    Ich bin eher ein Typ, der etwas bewirken will, der etwas gestalten will.
    Durch den tragischen Tod von Schleinzer aber war natürlich an einen Vollzug dieser Abmachung unmittelbar nicht zu denken.
    Und ich habe wenige Stunden nach dem Bekanntwerden des tragischen Ereignisses meinen Parteifreunden den Vorschlag gemacht,
    Es war ja schon der Wahlkampf begonnen.
    Wenn Sie wollen, wenn Sie Wert darauf legen, wäre ich bereit, als neuer Spitzenkandidat in den Wahlkampf zu gehen, mit dem Vorteil für die Partei, dass sie bei einer allenfalls verlorenen Wahl, und dass sie kaum zu gewinnen war, stand von vornherein fest, dann nachher in der freien Entscheidung wäre, einen neuen Obmann unbelastet von dem, was vorangegangen war, zu wählen.
    Meine Freunde sind aber auf diesen Vorschlag nicht eingegangen, sondern wollten sofort klare Verhältnisse schaffen und haben dann Josef Tausz in die Spitzenposition gewählt.
    Mit dem bekannten Ausgleich?
    Mit dem bekannten Ergebnis, ja.
    War das nicht das zweite Mal, wo Ihre Partei Ihnen wehgetan hat?
    Das hat mir ehrlich gestanden nicht wehgetan, denn mein Abgang aus der Politik war für mich eine beschlossene Sache.
    Und für mich wäre es ein Dienst an der Gesinnungsgemeinschaft gewesen, ihr sozusagen den Verschleiß eines weiteren Kandidaten in einer Wahl zu ersparen.
    Die ÖVP hat ja von 1900
    70 bis 79 eine Reihe von Spitzenkandidaten verschließen.
    Und so reich ist keine Partei an personellen Ressourcen, dass sie sich das mühelos leisten kann.
    Also ich habe es eher als einen Dienst empfunden, war überhaupt nicht gekränkt, als man keinen Wert darauf legte.
    Herr Professor Koren, Themenwechsel?
    Sie waren viele Jahre in der vordersten Front der Politik.
    Sie können daher vergleichen, wie das früher war, wie das heute ist.
    Es heißt heute, die politische Auseinandersetzung sei überharrt, der politische Stil sei härter geworden.
    Wie sehen Sie das?
    Ich habe schon einer ganzen Reihe von politischen Freunden gesagt, dass ich diese Feststellung nicht teilen kann.
    Denn ich kann mich noch sehr gut an meinen Eintritt in die Politik 1967 erinnern.
    und dann später ab 70 meine ersten Jahre als Klubobmann der ÖVP und ich kann nur sagen, es ist damals im Parlament wesentlich härter zugegangen als heute.
    Ich darf nur daran erinnern, dass 70, 71 die tägliche Sitzungsunterbrechung am Nachmittag fast zum normalen Standard gehört hat.
    Das heißt, dass Situationen entstanden sind, in denen sich ein Präsident nicht mehr anders helfen konnte, als die Sitzung zu unterbrechen und die Gemüter abkühlen zu lassen.
    Und persönliche Härte, die dann natürlich sehr oft in Grobheit und persönliche Beleidigung übergeht, hat es immer gegeben.
    Das ist weitgehend eine Personenfrage.
    Aber der politischen Natur nach war die Auseinandersetzung früher meiner Meinung nach härter als heute.
    Vielleicht sind die Menschen jetzt empfindlicher geworden.
    Die Schmerzgrenzen liegen niedriger.
    Das Image der Politiker ist heute schlechter als es zu jener Zeit war, als Sie noch aktiv in der Politik waren.
    Warum glauben Sie, ist das so?
    Das ist sicher zum Teil eine Frage der, wie soll ich sagen, langen Dauer der Wohlstandsentwicklung.
    als ein Element.
    Das heißt, mehr und mehr ist Politik, zumindest in den Augen der Öffentlichkeit, nicht nur eine Wahrnehmung von öffentlichen und allgemeinen Interessen geworden, sondern in vielen Fällen ist die Vermischung auch mit dem persönlichen, wenn ich so sagen darf, Fortschritt deutlicher geworden.
    Das ist ein Element.
    Das Zweite, glaube ich, dass die Politik in den letzten Jahrzehnten sehr viel von ihrer Führungsfunktion verloren hat.
    Noch vor 15, vor 20 Jahren hat sich ein Politiker eine Regierung gefragt, was müsste geschehen, was muss im Interesse der Zukunft geschehen.
    hat je nach politischer Richtung ihr Programm entwickelt und dann versucht, dieses durchzuziehen, ohne jeden Tag auf die öffentliche Meinung Rücksicht zu nehmen.
    Und Politik heute ist eher ein tägliches Hineinhorchen in den öffentlichen Meinungswald, um das, was von dort zurückdreht, zum eigenen Programm zu machen.
    oder sehr nüchtern ausgedrückt, die Führungsfunktion der Politik ist sehr viel schwächer geworden.
    Und ich glaube, die Protestreaktionen, die heute in vielen Bereichen deutlich werden, sind nichts anderes als eine Reaktion auf die unbefriedigende Führungsfunktion der Politik.
    Aber das ist kein österreichisches Phänomen, das ist ja in ganz Europa so.
    Ja, natürlich.
    Zum Teil mit zeitlichen Differenzen.
    Irgendwo hat das früher begonnen, bei uns, wie das meiste, etwas später.
    Aber das liegt in der Strömung der Zeit.
    Dann ist es eine Krise der Wohlstandsgesellschaft.
    Wenn Sie wollen, ja.
    Hängt nicht auch das Erstarken der grün-alternativen Bewegungen
    weniger mit dem gestiegenen Umweltbewusstsein zusammen, sondern eben auch mit diesem Unbehagen an dem Verhalten der traditionellen Parteien.
    Die Grünbewegungen werden nie regieren, aber sie haben ein Problembewusstsein geschaffen und werden vielleicht die Regierungen veranlassen, etwas zu unternehmen.
    Das ist das eine.
    Das zweite, glaube ich, dass Grünbewegungen im weitesten Sinne heute Protestpotenziale sammeln,
    Nicht deswegen, weil jemand ein Grüner ist oder weil der Grüne besonders ansprechend ist, sondern weil man die herrschenden Parteien wegen Unbefriedigtheit nicht wählen will.
    In der Vergangenheit haben wir in Österreich dafür eine Oppositionspartei gehabt, die durch viele Jahrzehnte Oppositionspartei gewesen ist und die sicherlich in vielen Fällen Protestpotenziale auch gesammelt hat und davon lebte.
    Sie ist heute eine Regierungspartei, das heißt die neuen Bewegungen erfüllen jetzt die Funktion Protestpotenziale zu sammeln.
    Ja, aber die österreichische Volkspartei könnte ja dieses Protestpotenzial sammeln.
    Ja, aber sie ist zweifellos immer noch, erstens als große Partei, gar nicht in der Lage, Protestpotenziale zu sammeln.
    Und wenn sie das versucht, wird sie Schiefbruch erleiden.
    Es gibt aber einzelne Politiker in der österreichischen Volkspartei, die das versuchen.
    Bosses, Einziger.
    Selbstverständlich.
    Ja, ich glaube, das gibt es in allen Parteien.
    Leute, die glauben, dass sie jedes aufkeimende Protestpotenzial auf die eigene Mühle leiten müssen.
    Mein Eindruck ist nur, dass eine große Partei das beim besten Willen nicht kann, sondern was sie könnte, wäre ihre Entscheidungsfähigkeit und ihre Entscheidungsfreudigkeit in den Raum zu stellen und nicht den Versuch,
    es allen Recht zu machen.
    Herr Professor, Sie beobachten jetzt seit 1978 die österreichische Innenpolitik aus der sicheren Entfernung des Notenbankpräsidenten.
    Haben Sie jemals den Wunsch verspürt, wieder in die innenpolitische Arena zu steigen und mitzumischen?
    Oh, schauen Sie, ich habe manchmal das Gefühl gehabt, jetzt müsste ich laut aufschreien.
    Aber den Wunsch zur Rückkehr in die Politik ernsthaft habe ich nie verspürt.
    Und ich bitte, mir zugute zu halten, dass das auch eine Altersfrage ist.
    Herr Professor, ich danke für das Gespräch.
    Stefan Koren war also im Journal zu Gast, es ist 12.38 Uhr.
    Die weiteren Themen bis 13 Uhr, SPÖ Steiermark-Parteitag in Graz, Zwischenbilanz der Präsidentschaft Mitterrand in Frankreich, Augenzeugenbericht aus der äthiopischen Hungerregion und erfolgreiche Otto-Wagner-Ausstellung in Wien.
    Ausland zunächst jetzt.
    Hätten am 6.
    November nicht die Amerikaner, sondern die Franzosen zwischen Ronald Reagan und Walter Mondale zu wählen gehabt, dann hätte im sozialistischen Frankreich genauso wie im konservativen Amerika Reagan haushoch gewonnen.
    Die Spielerei eines Meinungsforschungsinstituts wirft ein bezeichnendes Licht auf die politische Stimmung zwischen Calais und Marseille.
    Der Sozialismus à la française ist seit seinem Triumph 1981 in der Wählergunst arg gesunken.
    Zur Halbzeit seiner siebenjährigen Amtszeit hat Präsident François Mitterrand einen Popularitätstiefstand erreicht.
    Die Umfragen pendeln zwischen 26 und 31 Prozent Zustimmung, ein Minusrekord weit unter den Halbzeitbilanzen seiner bürgerlichen Vorgänger De Gaulle, Pompidou und Giscard.
    Die Kehrtwendungen und Turbulenzen der ersten dreieinhalb Mitterrandjahre spielten dabei sicher eine Rolle.
    Denn ganz im Gegensatz zu seinem Wahlkampfetikett La Force Tranquille, die ruhige Kraft, war es in Frankreich in den letzten Jahren oft mehr als unruhig.
    Zuerst eine Schulden-, dann eine Sparpolitik, zuerst mit den Kommunisten, dann ohne, zuerst linksideologisch, dann pragmatisch.
    Das war wohl ein bisschen zu viel vom berühmten Changement der Parole des Wandels, mit der Mitterrand angetreten war.
    Der Mitteschwenk hat ihm keine bürgerliche Stimme gebracht, aber die eigenen Linken vergrämt.
    Jetzt probiert er es wieder mit mehr Sozialismus, berichtet Thomas Fuhrmann.
    Eine Analyse der Umfragen zeigt, dass der Hauptgrund für das ständige Abrutschen Präsident Mitterrands in einer zunehmenden Enttäuschung der eigenen linksorientierten Wählerschichten liegt.
    Mit dem Austritt der Kommunisten aus der Linkskoalition im Sommer hat sich die Talfahrt nur noch mehr beschleunigt.
    Weder der Auszug der KP-Minister aus der Regierung noch die im Frühjahr 1983 vollzogene Wende in der Wirtschaftspolitik haben François Mitterrand bei den konservativen und liberalen Wählern Anerkennung gebracht.
    An ihrer Ablehnung änderte sich durch die Politik de Rigueur den drakonischen Sparkurs überhaupt nichts.
    Hingegen vergrößerte sich das Heer der Unzufriedenen und Enttäuschten auf der Linken.
    Der Versuch, mit daraus sich gemäßig zu geben, die eigene Ideologie in den Hintergrund zu stellen, Dialog, Kompromiss und Entkrampfung zu predigen, haben sich überhaupt nicht bezahlt gemacht.
    Ebenso wenig, wie der Wechsel des Premierministers und die Rücknahme der Reform des Privatschulwesens nichts am miserablen Image änderten.
    Auch der relativ unumstrittene Kurs in der Außenpolitik, das entschlossene Auftreten gegenüber der Sowjetunion, die erfolgreiche EG-Präsidentschaft fielen nicht in die Waagschale.
    Denn die Auseinandersetzung vor den nächsten Parlamentswahlen im März 1986 wird einzig und allein über die innenpolitische Bilanz entschieden.
    Der Wahlkampf verspricht eine erbarmungslose Schlammschlacht zu werden.
    Durch das erfolgreiche Auftreten der rechtsextremen Nationalen Front haben sich die traditionellen bürgerlichen Parteien in ihren Aussagen und Forderungen eindeutig verhärtet.
    Besonders in der Gesellschaftspolitik dürften unter dem Druck der extremen Rechten Themen wie Wiedereinführung der Todesstrafe, Rücknahme der staatlichen Entschädigung des Schwangerschaftsabbruchs, Abbau der Gastarbeiter in den Wahlprogrammen aufscheinen.
    Die konservativen Flügel sind sowohl in der neogulistischen RPR als auch in der liberaleren ÜDF im Vormarsch.
    Vor diesem düsteren Hintergrund steht Präsident Mitterrand vor der Frage, was tun, um das Ruder herumzureißen, um die sich anbahnende Rückkehr der Opposition an die Macht mit legalen Mitteln zu verhindern.
    Mitterrands Antwort zeichnete sich in den letzten Tagen bereits deutlich ab.
    Unter dem Motto, Angriff ist die beste Verteidigung, wird auf allen Ebenen ab sofort zurückgeschossen.
    von den Sozialisten als Partei, von Premierminister Laurent Fabius als Regierungschef und vom Präsidenten selbst.
    Mit der Mäßigung ist es endgültig vorbei.
    Als erster gab der seit seinem Amtsantritt im Juli bisher schaumgebremst und behutsam agierende Premierminister am Mittwoch den neuen Ton an.
    Vor einer schäumenden, wutschnaubenden Opposition zitierte Laurent Fabius im Parlament
    aus den verschiedenen Forderungskatalogen der Rechtsparteien, um deutlich zu machen, was eine Rückkehr der Rechten an die Macht am sozialen Rückschritt bedeuten würde.
    Frau Güß hat den Fedehandschuh aufgenommen.
    Die Regierung wird sich nicht scheuen, ihre wirtschaftliche und soziale Bilanz mit den Programmen der Opposition zu messen.
    Aber auch François Mitterrand zieht höchstpersönlich in die Schlacht.
    In einem langen Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin L'Expansion verteidigt er die Halbzeitbilanz und bekennt sich wieder deutlich
    zu seinen sozialistischen Wurzeln.
    Sollte die Opposition eines Tages wieder die Macht ausüben, so hätte sie größte Schwierigkeiten, die Reformen zurückzunehmen, zeigt sich der Staatschef überzeugt.
    Er sehe nicht, wie man eine Reprivatisierung der verstaatlichen Großkonzerne, die fünfte Urlaubswoche, die Frühpension mit 60 Jahren oder Gesellschaftsreformen wie die Abschaffung der Todesstrafe zurücknehmen könnte.
    Rechtlich wäre das schon möglich, aber unter welchen politischen und moralischen Hindernissen und nur unter wirtschaftlichen und sozialen Traumas?
    Die Betonung der zentralen Rolle der Arbeiterklasse, das Anprangern der großen auf ungerechtfertigten Profit ausgerichteten Kapitalisten, solche Aussagen unterstreichen mit daraus Kampfbereitschaft.
    Der Präsident nimmt bewusst das Risiko in Kauf,
    den Anspruch, Präsident aller Franzosen zu sein, einzubüßen und wieder in erster Linie als der Führer der französischen Sozialisten betrachtet zu werden.
    Am besten hat diese neue Gangart die linksliberale Zeitung Liberation charakterisiert, zwischen Flucht nach vorne und Flucht nach hinten.
    Seit Monaten spielt sich im Hungerkontinent Afrika eine der größten Hungerkatastrophen der letzten Jahre ab.
    In Äthiopien sterben tausende Menschen an Nahrungs- und Wassermangel, der Folge einer Dürreperiode.
    Die Vereinten Nationen, das Internationale Rote Kreuz und westliche Länder unter der Führung der USA haben ein großes Hilfsprogramm gestartet, denn Millionen Äthiopier sind vom Hungertod bedroht.
    Rar sind nach wie vor die Augenzeugenberichte aus der äthiopischen Hungerwüste.
    Einer unserer Korrespondenten, Wolfgang Schütte, der zum Afrikagipfel in Addis Abeba gefahren ist, hat in den letzten Tagen das Gebiet bereist.
    Wir haben jetzt eine Telefonverbindung mit ihm.
    Guten Tag, Herr Schütte.
    Ja, schönen guten Tag.
    Was haben Sie, Herr Schütte, gesehen, was haben Sie erlebt?
    Ja, wir sind in einem der jüngsten Lager in Äthiopien gewesen.
    Das Lager heißt Bati und liegt in der Nähe der Stadt Dessy.
    Das ist etwa in der Mitte zwischen dem ja bekannteren Lager Korem, über das schon mehrfach berichtet worden ist, und sozusagen der äthiopischen Hauptstadt.
    Wir sind eigentlich mehr durch einen Zufall dort hingekommen, weil wir eigentlich auch nach Korem wollten, aber auf dem Flugplatz in der Nähe sind wir nur kurz gelandet, mussten sofort wieder durchstarten, weil dort zu diesem Zeitpunkt Kämpfe mit der tigrischen Befreiungsfront stattfanden.
    Dieses Lager in Bati ist eines der jüngsten, etwa seit drei Wochen eingerichtet,
    Und hier leben zurzeit 15.000 Menschen.
    Vorwiegend sind es Nomaden vom Afar-Stamm, die aus der nahen Danakil-Ebene hergezogen sind, überwiegend Frauen und Kinder.
    Über dieses Gebiet weiß man ja, dass die Nomaden mit ihrem Vieh schon vor einigen Monaten in die Dark-Regionen gezogen sind, vor allen Dingen in die Täler.
    Dort gibt es inzwischen aber auch nichts mehr und nun kommen also sozusagen die Familien hinterher.
    Das Lager wird vom Deutschen Roten Kreuz geleitet und es ist interessant, die Zusammenarbeit international dort zu sehen.
    Auf dem nahegelegenen Flughafen sind zum Beispiel die Sowjetunion mit Hubschraubern vertreten, die die Nahrungsmittel verteilen.
    Die Lebensmittel, die an dem Tag ausgeladen wurden, nämlich gestern, waren aus den USA.
    Und die Lastwagen, die die Nahrungsmittel zu den Hubschraubern brachten, waren von der Europäischen Gemeinschaft gestiftet.
    Man sieht daran, die Hilfsaktion funktioniert und die Kooperation ist gut.
    Auf der anderen Seite muss man sagen, es wird noch immer zu wenig geliefert.
    Die Sterberate im Bati, in diesem Lager, liegt immer noch zwischen 50 und 60 Menschen am Tag.
    Und sie ist in den drei Wochen allerdings nicht gestiegen, obwohl die Zahl der Flüchtlinge dort immer noch steigt, nämlich pro Tag 800 bis 1000 Neueinkömmlinge.
    Sterben in diesem Lager am meisten die Kinder oder die Erwachsenen?
    Nein, es sind vorwiegend die Kinder, die sterben, denn man sieht sozusagen keine erwachsenen Männer, die sind nicht in dieses Lager gekommen.
    Man hat uns von Seiten des politischen Offiziers erzählt, diese Männer seien außerhalb, denn sie würden für Arbeitsprogramme eingesetzt, Food-for-Work-Programme.
    Sie sind beispielsweise auch damit beschäftigt, das klingt bitter, aber die Massengräber auszuheben, denn die 40 bis 50 oder 60 Toten am Tag müssen ja begraben werden.
    Insofern
    Die dort sterben sind vorwiegend Kinder, Frauen und vor allen Dingen ältere Leute.
    Wie reagieren die Menschen dort?
    Sind sie verbittert?
    Sind sie apathisch?
    Nein, ich war eigentlich erstaunt.
    Obwohl es ja eine wirkliche Tragödie ist, die sich dort abspielt, sind die Menschen sehr gelassen.
    So muss man wissen, sie sind von sehr weit hergekommen.
    Aus der Gegend, wo sie jetzt herkommen, gibt es sozusagen ja auch nichts mehr.
    Und die zwei, dreihundert Kilometer, die manche hinter sich gebracht haben,
    haben sie sozusagen in diesen Zustand versetzt.
    Sie erwarten, dass man ihnen hilft und sie warten in Ruhe darauf.
    Ich habe also lange Reihen von Frauen auf dem Boden sitzen sehen mit ihren Kindern, die dann darauf warten, dass Nahrungsmittel verteilt werden.
    Das ist alles sehr gut organisiert, muss ich sagen.
    Es gibt große Wellblech-Baracken, wo dann die Kinder vor allen Dingen mit einer Stärkungsnahrung vier- bis sechsmal am Tag versorgt werden.
    Aber auf der anderen Seite, es ist eben auch so,
    dass Kinder dort herumlaufen, die im Gesicht die Kreise aussehen und die sozusagen nur noch Knochen sind.
    Das waren dann sehr wahrscheinlich meist Neuankömmlinge.
    Und von daher erklärt sich, wenn Kinder in diesem Zustand angeliefert werden und dann mit Nahrungsmitteln versorgt werden, dann passiert es oft, dass sie einen Schock bekommen und davon sofort sterben.
    In welchem Umfang, Herr Schütte, können die Lager die hungernden Menschen überhaupt aufnehmen?
    Wie viele Menschen sind sozusagen in der Wüste sich selber der Sonne und damit dem Tod überlassen?
    Man hat keine genauen Zahlen.
    Es gibt ja inzwischen etwa sieben Lager, die bis in den Norden nach Mekelle hinaufreichen.
    Und wenn ich schätze, dass in jedem Lager, sagen wir, 50.000 bis 60.000 Menschen sind, dann sind das 350.000 bis 400.000 Menschen, die dort versorgt werden.
    Offiziell wird aber von Zahlen von 6,5 Millionen Betroffenen in der Region Tigre und Volo gesprochen.
    Das heißt, es müssen noch Millionen Menschen in dieser Bergregion sein, denen sozusagen niemand helfen kann.
    Und ich habe zufällig in Addis Abeba ein deutsches Team getroffen, das in Lalibela arbeitet, das mir erzählt hat, sie haben darüber Informationen, dass Tausende in den Bergen in ihren Hütten still vor sich hin sterben.
    Vielen Dank, Herr Schütte, für diese Informationen.
    Für Äthiopien-Spenden kann man übrigens auch in österreicher Landscheine gibts in den Postämtern.
    Zurück jetzt nach Österreich.
    Die SPÖ Steiermark hat gestern und heute in Graz ihren Landesparteitag abgehalten.
    Landesobmann und Landeshauptmann-Stellvertreter Hans Gross wurde mit 98 Prozent der Stimmen wiedergewählt.
    Heute gab es ein Referat von Bundeskanzler Fred Sinowaz und eine Debatte.
    Ein Thema dabei Abfangjäger.
    Günther Ziesl berichtet.
    Auf dem Landesparteitag der steirischen Sozialisten in Graz hat es nur einige wenige Punkte gegeben, die zu schärferen Diskussionen geführt haben.
    Einer dieser Punkte war der Beschluss des SPÖ-Bundesparteivorstandes, Abfangjäger für das österreichische Bundesheer zu kaufen.
    In Graz hat sich eine Initiative gebildet, Sozialistinnen und Sozialisten gegen den Ankauf von Abfangjägern.
    Diese Initiative will eine Volksabstimmung über diese Frage herbeiführen.
    Es hat gestern bereits einige Wortmeldungen auf dem Landesparteitag dazu gegeben, in denen ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dies sei keine Aktion gegen die SPÖ, sondern eine Aktion gegen den Kauf von Abfangjägern.
    Bundeskanzler Dr. Sinowaz hat in seinem eineinhalbstündigen Referat vor dem Landesparteitag heute nur in wenigen Sätzen dazu Stellung genommen und gesagt, dass die SPÖ natürlich auch die Verantwortung für die Landesverteidigung ernst nehmen müsse.
    Flieger, die jetzt schon da sind, ersetzen müssen, weil sie in einigen Jahren nicht mehr einsatzfähig sind.
    Und wenn wir statt 40 Flugzeuge 24 gebrauchte anschaffen, liebe Freunde, dann wünsche ich mir, dass alle internationalen Abrüstungskonferenzen so vor sich gehen, dass man statt 40 Flugzeuge 24 anschafft, liebe Freunde.
    Und daher glaube ich,
    dass man so etwas nicht zu einem Symbol machen sollte, nicht zu einem Feld der politischen Auseinandersetzung, sondern als das erkennen muss, was es ist.
    Eine Umrüstung, die wir brauchen, ein Bekenntnis zur Landesverteidigung, die nicht einen Meter über dem Boden beendet sein kann, ein Bekenntnis zu dem, was wir alle miteinander beschlossen haben.
    In der anschließenden Diskussion kam es von Vertretern der Jugendorganisationen wieder zu Wortmeldungen über dieses Thema.
    Dr. Fritz Auer sagte, man müsse das Thema Ankauf von Abfangjägern in kritischer Solidarität mit der Gesamtpartei diskutieren.
    Man müsse den Standpunkt gegen den Ankauf von Abfangjägern vertreten.
    Wir stellen uns dieser Diskussion in offener Konfrontation.
    Aus Sorge um die Partei, nach dieser Diskussion, die der Genosse Sinowaz angeschnitten hat, der Personaldiskussion um den Genossen Androtsch, darf es nicht passieren, dass noch einmal eine Diskussion zum Schaden der Partei vom Zaun gebrochen wird.
    Die Vertreter der Jugendorganisationen fanden danach noch Schützenhilfe bei einer Sprecherin des Pensionistenverbandes, die sagte, sie verstehe nicht, dass Geld für Abfangjäger da sei und sie befinde sich in keinem Gewissenskonflikt, wenn sie gegen den Ankauf von Abfangjägern stimme.
    Ein Vertreter der Roten Falken sagte, möglicherweise sei dieser Kauf von Abfangjägern ein Zugeständnis der SPÖ an den freiheitlichen Koalitionspartner.
    Und dann sagte Wally Berger vom Verband sozialistischer Studenten Österreichs.
    Lieber Genosse Sinovac, bevor du nach Ungarn gefahren bist, hast du in einem ORF-Interview verkündet, diese Abfangjäger, und es sind Abfangjäger, sollen angekauft werden.
    Dazu gab es keinen Beschluss.
    Es gab keinen Beschluss dazu.
    Es gab eine Empfehlung des Landesverteidigungsrates, aber keinen Parteibeschluss.
    Es wurde dann der Bundesparteivorstand
    trotz Gegenstimmen, trotz Proteste von Bezirken, von Gemeinden, ganzer Landesorganisationen darauf vergattert, deine Entscheidung, die du öffentlich bekannt gegeben hast, zu sanktionieren.
    Ich sage, das ist einer sozialdemokratischen Partei unwürdig.
    Die Diskussion über das Referat des Bundeskanzlers ist zurzeit noch im Gang.
    Bundeskanzler Dr. Sinovac hat in seinem eineinhalbstündigen Referat vor dem Parteitag eine groß angelegte Bilanz über die 15 Jahre sozialistische Regierung in Österreich gezogen.
    Er stellte fest, dass die Meinungsumfragen nach der Regierungsumbildung deutlich zeigen, dass nach den Diskussionen über den Steuerakt Androsch nun wieder deutlich die SPÖ am Ball sei und sich der Abstand der Sozialisten gegenüber der ÖVP beinahe dramatisch zugunsten der Sozialisten geändert habe.
    Die Ursache dafür sei, dass es der sozialistischen Bundesregierung gelungen sei, ihre Politik, die das Budget als Instrument einer sozialen und demokratischen Politik verstehe, den Menschen auch entsprechend nahe zu bringen.
    Und man dürfe auch nicht darauf vergessen, sagte Sinovac, dass es in Österreich heuer um 20.000 Arbeitsplätze mehr gäbe als im Vorjahr und das in einer Zeit, in der immer nur von Krisen und von Pleiten die Rede sei.
    Das Jahr 1985, sagte Sinovac abschließend, werde ein dreiprozentiges Wirtschaftswachstum, eine geringere Arbeitslosenrate und keine Steuererhöhungen bringen.
    Soweit mein Bericht vom Landesparteitag der steirischen Sozialisten.
    Ich hebe damit zurück zum Funkhaus nach Wien.
    Und wir kommen zur Kultur.
    In der Akademie der Bildenden Künste in Wien wurde heute Vormittag der 30.000.
    Besucher der seit 9.
    Oktober geöffneten Ausstellung die Kunst des Otto Wagner begrüßt.
    Diese Ausstellung zeigt Originalzeichnungen des großen Architekten der Jahrhundertwende, Skizzen und Entwürfe zu seinen Bauwerken.
    30.000 Besucher in wenig mehr als einem Monat, das ist gerade für eine Architekturausstellung eine Sensation, die nur selten erreicht wird.
    Maria Renhofer berichtet.
    Besucherandrang und festliche Stimmung herrschten heute Vormittag in der Aula der Akademie am Schillerplatz.
    Das massive Publikumsinteresse ließ kaum darauf schließen, dass es nur, unter Anführungszeichen, Architekturzeichnungen zu sehen gäbe.
    Die Kunst des Otto Wagner ist offensichtlich fähig, die Massen anzulocken.
    Der 30.000.
    Besucher, eine junge Dame, die sich selbst als Otto-Wagner-Fan bezeichnet, wurde heute Vormittag empfangen und mit einem Aquarell
    aus der Meisterschule des Rektors Maximilian Melcher beschenkt.
    Total erstaunt.
    Ich mag jetzt nicht gerne Aquarelle.
    Dass ich überhaupt entschlossen halte, sich die Ausstellung anzuschauen.
    Ich habe das schon lange vorgehabt, ich mag jetzt nicht gerne Autowagen.
    Der Besucherrekord hat die Veranstalter bewogen, die Ausstellung bis zum 9.
    Dezember zu verlängern, aber auch für die Zeit danach gibt es bereits internationales Interesse.
    Architekturmuseen in Moskau, Helsinki und Frankfurt würden die Exposition gern übernehmen.
    Was fasziniert die Menschen an der Kunst Otto Wagners und an dieser Ausstellung?
    Unter den Besuchermeinungen auch die von Architekt Harry Glück.
    Otto Wagner ist in den letzten Jahren in Wien sehr populär geworden, zum Teil eher durch positive Aktionen, zum Teil aber auch zum Beispiel durch eher die Probleme, die es mit seiner Brücke über das Wiental gegeben hat.
    Und es ist in Ansicht sehr schön, dass auch in Wien eine kulturelle Ausstellung einen solchen Zuspruch findet, das hat es früher eigentlich nur in anderen Städten wie Paris oder in New York gegeben.
    Dieser Gesamteindruck, dass man Details durchplant, dass die Wohnungen gesamt gestaltet werden und dabei den Entwürfen draußen, dass so ganze Stadtvierteln ganz geplant werden, großzügig geplant werden, das gefällt mir sehr gut.
    Lange bevor die Mode gekommen ist, jetzt ist ja diese Zeit modern geworden, von Jugend auf, bin in der Nähe der Stadtbahn aufgewachsen und mein Vater war ein großer Wagner-Verehrer.
    Von den diversen Wagner-Publikationen, die im letzten Jahr erschienen sind, sei nur an die große Monografie von Max Peintner und Heinz Geretsegger und an das umfangreiche Werk über Möbel und Innenräume erinnert.
    Ausstellungen in ganz Europa arbeiten die Wiener Kunst der Jahrhundertwende auf, etwa die riesige Schau Learte a Vienna im Palazzo Grassi in Venedig anlässlich der diesjährigen Biennale, andere in Berlin und New York.
    Ähnliche Exponate wird man ab dem kommenden Frühjahr unter dem Generalthema Traum und Wirklichkeit auch im Historischen Museum der Stadt Wien bestaunen können.
    Worauf führt Otto Antonia Graf, Wagner-Forscher und Verfasser eines demnächst erscheinenden Standardwerks über Otto Wagner diesen Boom zurück?
    Wien um 1900, das ist eine Sex-and-Crime-Story.
    Das lässt sich glänzend ausbreiten.
    Von der Verlagsindustrie, von den kunstgeschichtlichen Vorwortschreibern und von Ausstellungsmachern, Kunstjournalisten und auch von der Nostalgie.
    Die Bauindustrie braucht ja immer bestimmte Formen.
    Da sie selbst nicht nachdenken kann, das heißt nicht schöpferisch ist in der Kunst, muss sie ausbreiten.
    Das war das ganze 19.
    Jahrhundert der Fall und das ist auch heute der Fall.
    Wichtigstes Verdienst und positivste Auswirkung dieses neu erwachten Interesses ist jedenfalls das Bewusstsein für die Schützenswürdigkeit der noch bestehenden Objekte.
    So wurde unter anderem die Erhaltung der Wientalbrücke sichergestellt und bereits im kommenden Februar wird in Wagners letzter Wohnung in der Wiener Döblergasse eine lebendige Forschungsstätte mit Bibliothek und Archiv eröffnet.
    Und auch ein anderes Wagner-Gebäude soll schon demnächst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
    Die vom fantastischen Realisten Ernst Fuchs bewohnte Villa Wagner in der Hüttlbergstraße.
    Aufgrund der vorgenommenen Veränderungen am Originalzustand dieses Gebäudes wird die prachtvolle Villa jedoch als Fuchs und nicht als Wagner-Museum fungieren.
    Bis zum 9.
    Dezember gibt es also noch Gelegenheit, die Kunst des Otto Wagner in der Akademie der Bildenden Künste am Wiener Schillerplatz zu sehen.
    Bei uns gibt es jetzt noch einige Kurzmeldungen.
    Österreich.
    Justizminister Ofner hat den Präsidenten des Jugendgerichtshofes, Udo Jesionek, nicht mehr als Vertreter des Justizministeriums für die Zivildienstkommissionen des Innenministeriums nominiert.
    Diese Kommissionen entscheiden, ob das Ansuchen auf Genehmigung zur Ableistung des Wehrersatzdienstes bewilligt wird.
    Jesionek sagte, man habe ihm nahegelegt, mehr Ansuchen abzulehnen, damit er sein Amt behalten könne.
    Justizminister Ofner war zu keiner Stellungnahme zu dieser Frage bereit.
    Nationalbankpräsident Stefan Koren vertritt die Meinung, dass die politische Auseinandersetzung früher härter gewesen ist als heute.
    Koren, früher Finanzminister und ÖVP-Clubobmann, meinte im Journal zu Gast, die Menschen seien heute möglicherweise empfindlicher als früher.
    Sowjetunion.
    Staats- und Parteichef Tschernyanko ist vorerst nicht an einem Treffen mit Präsident Reagan interessiert.
    Tschernyanko erklärte, ein Treffen könne erst vereinbart werden, wenn auch konkrete Ergebnisse zu erwarten seien.
    Sollten die USA wirklich eine Rüstungsbegrenzung wollen, könne man sich auf bessere Beziehungen zubewegen.
    USA.
    Der amerikanische Außenminister Schulz hat die Erklärung Tschernyankos positiv bewertet.
    Schulz trat dafür ein, jetzt von weiteren öffentlichen Stellungnahmen abzusehen und zur sogenannten stillen Diplomatie überzugehen.
    Schulz wird möglicherweise in Jänner nach Moskau reisen.
    Polen.
    Die Behörden haben die nach der Ermordung des Pfarrers Popielusko gegründeten Menschenrechtsbewegungen verboten.
    Als Grund wird angegeben, es gebe dabei Extremisten der ehemaligen Gewerkschaft Solidarität.
    Und zum Abschluss die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend.
    Reichlich bewölkt und Niederschläge, Nachmittagstemperaturen 1 bis 6 Grad.
    Es ist schon eins vorbei, ein paar Sekunden, natürlich ist auch das Mittagschanal jetzt vorbei.
    Wir danken fürs Zuhören und auf Wiederhören.
    Untertitel der Amara.org-Community

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Udo Jesionek soll als Zivildienst-Kommissions-Chef abgelöst werden
    Interview: Udo Jesionek
    Mitwirkende: Adrowitzer, Roland [Gestaltung] , Jesionek, Udo [Interviewte/r]
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Inlandspresse
    Mitwirkende: Hauer, Ernest [Gestaltung]
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Medien und Kommunikation ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal Zu Gast: Prof. Stefan Koren
    Interview: Nationalbankpräsident Koren
    Mitwirkende: Brunner, Ulrich [Gestaltung] , Koren, Stephan [Interviewte/r]
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Halbzeit in Amtsperiode Mitterrands
    Mitwirkende: Fuhrmann, Thomas [Gestaltung]
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bilanz der Hungerkatastrophe in Äthiopien
    Mitwirkende: Schütte, Wolfgang [Gestaltung]
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Ort: Nairobi [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medizin ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    SP-Landesparteitag in Graz: Referat Sinowatz, zu Abfangjägern, O-Ton Diskussion
    Einblendung: Fred Sinowatz, Diskussion
    Mitwirkende: Ziesel, Günther [Gestaltung] , Sinowatz, Fred [Interviewte/r]
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Ort: Graz [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Besucherrekord bei der Otto Wagner - Ausstellung in Wien
    Einblendung: 30000ste Besucherin der Otto-Wagnerausstellung, Architekt Harry Glück, Ausstellungsbesucher, Otto Antonio Graf
    Mitwirkende: Rennhofer, Maria [Gestaltung] , Anonym, Ausstellungsbesucherin, Ausstellungsbesucher [Interviewte/r] , Glück, Harry [Interviewte/r] , Graf, Otto Antonia [Interviewte/r]
    Datum: 1984.11.17 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Kultur ; Bildung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1984.11.17
    Spieldauer 01:00:57
    Mitwirkende Glück, Luis [Moderation]
    Bachmair, Udo [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1984.11.17 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-841117_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Nachrichten

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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