Mittagsjournal 1980.04.03

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Das war's.
    Einen schönen guten Tag, meine Damen und Herren.
    Aus dem Studio des Mittagschannals begrüßt Sie heute Werner Löw.
    Und hier gleich die Übersicht über die folgenden 60 Minuten aktueller Information.
    Nach den Nachrichten und einem ausführlichen Wetterbericht, zudem für viele schon heute beginnenden Osterwochenende, planen wir Beiträge zu folgenden Themen.
    Matura-Prüfung in Österreich im Gespräch.
    An neuen Vorschlägen stehen überhaupt Abschaffung der Matura oder die Aufteilung auf zwei Teilprüfungen zur Diskussion.
    Der UNO-Sicherheitsrat nimmt heute seine Palästina-Debatte wieder auf.
    Weltweit werden bis zum Jahr 2000 eine Milliarde neue Arbeitsplätze nötig sein.
    Das schätzt zumindest der Chef der UNO-Arbeitsorganisation Blanchard.
    Das französische Kabinett legt ein drastisches Energiesparprogramm für das kommende Jahrzehnt vor.
    In Bogotá herrscht leiser Optimismus für eine beschleunigte Lösung der Geisel-Affäre.
    Und wir ziehen außerdem eine Bilanz zum Thema Olympia-Boykott.
    Welche Staaten nehmen nach dem derzeitigen Stand der Dinge an den Moskau-Spielen teil, welche nicht?
    Unsere Kulturredaktion plant einen Beitrag zu einem neuen kontroversiellen Film des italienischen Star-Regisseurs Bertolucci und natürlich werfen wir wie täglich einen Blick in die Kommentarspalten der österreichischen Zeitungen.
    Soweit eine kurze Vorschau auf das Programm dieses Mittagsschonals.
    Zu Beginn die Nachrichten, zusammengestellt von Adolf Poyntl als Chef vom Dienst, gelesen von Wolfgang Riemerschmid.
    Großbritannien.
    Eine von Brandstiftungen und Plünderungen begleitete mehrstündige Straßenschlacht in dem farbigen Viertel der südwestenglischen Hafenstab Bristol zwischen einigen hundert Demonstranten und rund 400 Polizisten hat nach Angaben der Polizei an die 30 Verletzte gefordert.
    Die Behörden sprechen von den schwersten Rassenkrawallen in Großbritannien seit mehr als einem Jahr.
    Anlass für die Unruhen war eine polizeiliche Razzia gegen den Rauschgifthandel.
    Eine wütende Menschenmenge stürzte daraufhin Polizeifahrzeuge um und setzte mehrere Gebäude, darunter eine Bankfiliale, ein Kino und ein Postamt in Brand.
    Mehrere Geschäfte wurden geplündert.
    Die Polizei musste vor der Übermacht der Farbigen zeitweise das Feld räumen, kehrte aber im Laufe der Nacht mit Verstärkungen zurück.
    Bewohner des Elendsviertels von Bristol werten die Krawalle nicht als Ausdruck von Rassenhass, sondern als Folge der von hoher Arbeitslosigkeit und Drogenmissbrauch geprägten sozialen Lage in dem Stadtteil.
    Frankreich Einschneidende Energiesparmaßnahmen in der Industrie, in Wohnbauten, in Büros und in den Verkehrsbetrieben sind in dem neuen Energieprogramm Frankreichs vorgesehen.
    Die Wärmeisolation neu errichteter Gebäude
    soll danach um 20 bis 30 Prozent verbessert werden.
    Außerdem will Frankreich in den nächsten zehn Jahren eine grundsätzliche Neuverteilung der Energieträger erreichen.
    Öl soll bis zum Jahre 1990 nur noch 30 Prozent des Energiebedarfs decken.
    Zurzeit liegt der Anteil bei 56 Prozent.
    Weitere 30% der Energie sollen Kohle und Gas liefern und ebenfalls 30% aus Atomkraft gewonnen werden.
    Derzeit liegt der Anteil der Atomkraft in Frankreich bei 4,5%.
    Für die restlichen 10% sollen andere Energiequellen erschlossen werden, so etwa Sonnenenergie und biothermische Energie.
    Großbritannien.
    Nach einer Meldung der Londoner Times hat ein internationales Forschungskonsortium in der Nordsee etwa 240 Kilometer vor der schottischen Ostküste ein neues Erdölvorkommen entdeckt, das möglicherweise bis zu 500 Millionen Barrel förderbares Erdöl enthält.
    Die Tiefe des Öllagers wird mit 4600 Metern angegeben.
    In dem gleichen Feld werden große Erdgasreserven vermutet.
    Schweden.
    Ein Arbeitskonflikt zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften dürfte demnächst die schwedische Wirtschaft schwer belasten.
    750.000 Arbeiter sollen vom 10.
    April an für eine Woche ausgesperrt werden.
    Dies ist die Antwort des schwedischen Arbeitgeberverbandes auf den Beschluss des Gewerkschaftsbundes, seinen Mitgliedern Überstunden verweigern zu lassen, bis neue Kollektivverträge ausgehandelt sind.
    Die Gewerkschaften haben daraufhin mit einem Generalstreik gedroht.
    Nach Ansicht der Unternehmer ist die von den Gewerkschaften geforderte Lohnerhöhung um 11,4 Prozent wirtschaftlich nicht vertretbar.
    Österreich Die Erwartungen der Bauindustrie auf eine Belebung der Konjunktur haben sich nach Angaben der Vereinigung Industrieller Bauunternehmer Österreichs bisher noch nicht erfüllt.
    Der Auftragsstand der Bauindustrie war im letzten Jahresviertel 1979
    Um 9,1% niedriger als im Vergleichszeitraum des Jahres vorher.
    Die Auftragseingänge gingen sogar um 25% zurück.
    Im Jahresdurchschnitt 1979 hat Österreichs Bauindustrie rund 44.000 Mitarbeiter beschäftigt.
    Das waren um 4,2% weniger als 1978.
    Die Industriellenvereinigung steht der Kündigung des Harbenzinsabkommens positiv gegenüber.
    Mit dieser Entscheidung wurde nach Meinung der Industrie der internationalen Entwicklung nach einem stärkeren Wettbewerb auf dem Zinssektor Rechnung getragen.
    Allerdings hofft die Industriellenvereinigung, dass sich die freien Marktkräfte auch auf der Kreditseite auswirken werden.
    Die Freigabe der Habenzinsen dürfte aber nicht zu einer öffentlichen Diskussion über die sogenannten Grauen Zinsen führen, meint die Vereinigung Österreichischer Industrieller.
    Die für November in Madrid geplante zweite Nachfolgekonferenz der Europäischen Sicherheitskonferenz von Helsinki ist nach Auffassung von Außenminister Paar auch durch die sowjetische Invasion in Afghanistan nicht gefährdet.
    In einem Interview bezeichnete Paar das Madridertreffen als notwendiger denn je, weil die heutige internationale Lage die Entspannung in hohem Maße beeinträchtige.
    Auf Vorschlag Österreichs sollen auch die Außenminister der teilnehmenden Staaten nach Madrid kommen, um bessere Voraussetzungen für einen Erfolg der Gespräche zu schaffen.
    Kolumbien.
    Die Aussichten für eine Beilegung der Geiselaffäre in der Dominikanischen Botschaft in Bogotá haben sich leicht verbessert.
    Nach inoffiziellen Angaben erklärte sich die kolumbianische Regierung in der 9.
    Verhandlungsrunde mit dem Kommando der Guerillabewegung M19 bereit, die politischen Häftlinge, deren Freilassung die Geiselnehmer verlangen, bald der zivilen Gerichtsbarkeit zu überstellen.
    Die Behörden erwarten sich von diesem Vorschlag eine schnellere Freilassung eines Teiles der Häftlinge.
    In der Gewalt der Terroristen befinden sich immer noch 27 Geiseln.
    Für heute Abend ist eine neuerliche Verhandlungsrunde vorgesehen.
    El Salvador.
    Nach den schweren Unruhen im Zusammenhang mit der Ermordung von Erzbischof Romero hat die Regierung in San San Valero den Belagerungszustand um weitere 30 Tage verlängert.
    In den beiden vergangenen Tagen sind bei politischen Attentaten elf Menschen ums Leben gekommen.
    Aufgrund des Belagerungszustandes hat die aus Militär und Zivilisten zusammengesetzte Regierung weitgehende Vollmachten, um die bürgerlichen Rechte einzuschränken.
    In San Salvador ist eine zweite Sammelorganisation links-oppositioneller Gruppen gegründet worden.
    Die sogenannte Demokratische Front setzt sich hauptsächlich aus Parteien, Gewerkschaften und Berufsgruppen sozialistischer Orientierung zusammen.
    Sowjetunion
    Die Parteizeitung Pravda wirft heute dem iranischen Staatspräsidenten Bani Sardar unbegründete Angriffe auf die Sowjetunion vor.
    Das Blatt bezieht sich dabei auf Äußerungen Bani Sardars während einer Massenkundgebung in Teheran am Montag, ohne jedoch auf den Inhalt einzugehen.
    Es ist das erste Mal, dass die sowjetische Presse über iranische Vorwürfe berichtet.
    Die scharfen Angriffe von Schiitenführer Khomeini auf die Sowjetunion nach der Invasion in Afghanistan waren in der sowjetischen Presse verschwiegen worden.
    Großbritannien.
    45 Takte eines unbekannten Mozart-Werkes sind in der British Library in London.
    einem Teil des britischen Museums gefunden worden.
    Es sind Teile eines Rondos für Klavier und Orchester in A-Dur, Köchelverzeichnis 386, das bis jetzt nur in Einzelblättern bekannt war.
    Das Manuskript stammt aus den Bibliotheken der Mozart-Schüler Süßmeier und Hummel.
    Es lag seit 1884 in der British Library, war aber bis jetzt nicht als echt erkannt worden.
    Österreich.
    Die Verhütung von Kinderunfällen ist das Hauptthema eines Symposiums, das die österreichische Gesellschaft für Kinderchirurgie am 19.
    April in Graz veranstalten wird.
    An der Tagung werden etwa 100 Ärzte, Lehrer, Psychologen, Techniker und Verkehrsplaner aus allen deutschsprachigen Ländern sowie aus Jugoslawien, Polen und Ungarn teilnehmen.
    Die Veranstaltung soll dazu führen, dass in Österreich ein nationales Komitee zur Verhütung von Kinderunfällen nach schwedischem Muster ins Leben gerufen wird.
    Dazu wird angeführt, dass sich in Österreich pro Jahr an die 6000 Verkehrsunfälle ereignen, in die Kinder verwickelt sind.
    1978 wurden 6086 Kinder bei Verkehrsunfällen verletzt, 112 sind gestorben.
    Etwa 10% der Kinder kamen auf dem Schulweg zu Schaden.
    Soweit die Nachrichten und ich bin jetzt direkt mit Dr. Gmoser von der Meteorologischen Zentralanstalt in Wien verbunden.
    Guten Tag, Herr Doktor.
    Grüß Gott.
    Für viele Österreicher beginnt ja heute Abend schon ein langes Osterwochenende.
    Soll man da jetzt eher warme Regenmäntel oder luftige Hemden und Blusen, Wanderstiefel oder Skischuhe einpacken?
    Welches Wetter sehen Sie da von Ihrer hohen Warte aus?
    Zunächst möchte ich das Wetter gleich für das Wochenende und die Osterfeiertage kurz charakterisieren.
    Wechselhaft und kühl.
    Geprägt wird diese Wettersituation von einer nördlichen Strömung, die uns relativ kühle Luftmassen bringt, sodass die Temperaturen im Höchstfall bis 10 oder 12 Grad nur gehen werden.
    Die Frühtemperaturen werden teilweise sogar unter 0 Grad absinken.
    In der Summe aber wird das Wetter für morgen gleichzeitig auch das Wetter zu einer zeitlichen Differenz für die Feiertage sein.
    Ich erwarte an der Alpen-Nordseite sowie entlang des Alpenhauptkammes stark unterschiedliche, im Allgemeinen aber starke Bewölkung und strichweise Niederschlag.
    Die Schneefallgrenze ist schon bis 800 Meter gesunken und sie wird das auch bis über den Feiertag hindurch hinweg also einigermaßen bleiben.
    Nur der Osten und Süden wird nach anfänglich starker Bewölkung und örtlichen Regenschauern in der Folge etwas wetterbegünstigt sein und zwar derart, dass es örtlich zu Bewölkungsauflockerungen kommen wird.
    Die Winde werden meist aus Nord bis Nordost sein, auf den Bergen teilweise sehr lebhaft.
    Ich sagte schon wechselhaft und kühl, Frühtemperaturen zwischen minus zwei und plus fünf, die Tageshöchstwerte zwischen fünf und zwölf Grad.
    Herr Doktor, wie ist denn das im langjährigen Vergleich?
    Ist das ein übliches?
    Ich würde sagen, dass im langjährigen Vergleich hier
    keineswegs eine Abnormität festzustellen ist.
    Bedenken Sie, man spricht im Volksmund von einem Aprilwetter und der April hat immerhin begonnen und der Wechsel zwischen warmen und kalten Perioden ist gerade im April sehr ausgeprägt.
    Ich glaube, dieses Aprilwetter ist ja auch zu finden in den aktuellen Messwerten von heute von 12 Uhr.
    Haben Sie die?
    Ja, durchaus.
    In Wien ist es zurzeit stark bewölkt bei 8 Grad.
    Wir haben Westwind mit 30 Kilometer pro Stunde.
    Eisenstadt, heiter, 9 Grad.
    Westwind mit 55 Kilometer pro Stunde.
    Linz, bedeckt, Regenschauer, 5 Grad.
    Westwind mit 40 km pro Stunde.
    Salzburg stark bewölkt, 4°, Westwind mit 20 km pro Stunde.
    Innsbruck stark bewölkt, 5°, Westwind mit 25 km pro Stunde.
    Brigenz bedeckt 3° Nordwestwind mit 5 km pro Stunde.
    Graz heiter 10° Nordwind mit 20 km pro Stunde.
    Und Klagenfurt heiter bei 9° Nordwestwind mit 25 km pro Stunde.
    Vielen Dank, Herr Dr. Gmuser.
    Ja, das war dem langen Wochenende zuliebe ausnahmsweise schon am Donnerstag eine ausführliche Wettervorschau auf ein leider wechselhaftes, kühles Wetter, wie wir gehört haben.
    Aber natürlich bringen wir auch morgen noch einmal ein ausführliches Wettergespräch.
    Und damit zum ersten Beitrag in unserem Mittagschanal.
    Mitten im vorösterlichen innenpolitischen Frieden und auch mitten hinein in die Osterferien ist die Bildungspolitik wieder ins innenpolitische Gerede gekommen.
    Die Sozialistische Jugend, eine der beiden offiziellen Jugendorganisationen der Regierungspartei, hat nämlich in Aktion gestartet, die sich unter dem Motto Reife ohne Prüfung die Abschaffung der Matura zum Ziel setzt.
    Die Sozialistische Jugend hatte ja schon einmal mit ihrer Forderung nach Abschaffung des Lateinunterrichts als Pflichtfach für heftige und zum Teil auch ideologisch bestimmte Debatten gesorgt.
    Heute Vormittag erläuterten nun Sprecher der sozialistischen Jugend ihre Aktion gegen den Lateinunterricht.
    Und für den folgenden Beitrag hat Hans Langsteiner auch eine Stellungnahme des zuständigen Unterrichtsministers Sinowatz eingeholt.
    Jahr für Jahr zittern etwa 25.000 Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden höheren Schulen der abschließenden Matura-Prüfung entgegen.
    Insgesamt vier schriftliche und drei mündliche Einzelprüfungen müssen absolviert werden, bevor das lang ersehnte Reifezeugnis den Weg an die Hochschulen ebnet.
    Für ihre Forderung nach Abschaffung der Matura macht die sozialistische Jugend praktische und ideologische Argumente gleichermaßen geltend.
    Einerseits sei es uneffektiv, dem Schüler noch einmal jenen Wissensstoff abzuverlangen, dessen Beherrschung er während seiner acht Schuljahre ja schon in zahllosen Einzelprüfungen unter Beweis gestellt habe.
    Und andererseits sei die Matura das anachronistische Symbol der klassischen Elitschule.
    Der Schülerreferent der sozialistischen Jugend, Christoph Mazznetta,
    Dass die Schüler naturgemäß darunter leiden, sich auch am Ende der Schulzeit, wo sie sich eigentlich orientieren sollten an dem, was sie weitermachen sollten, wo sie sich orientieren sollten an dem, was sie studieren, welchen Beruf sie ergreifen sollten, sie aussetzen müssen an der Tortur, und so kann man es wirklich nennen, für einen Zeitpunkt alles noch einmal wiederzukauen, das ist unserer Meinung nach sinnlos.
    Das ist der erste Grund.
    Das weitere ist für uns diese Matura ein Stellenwert.
    Sie hat einen Stellenwert als Symbol für eine ganz bestimmte Schule mit einer ganz bestimmten Bedeutung.
    Das traditionelle Gymnasium schließt mit der Matura ab.
    Offenbar, nach den Kriterien, gibt es nur einen Teil der Österreicher, die reif werden, nämlich jene, die ein Reifeprüfungszeugnis bekommen.
    Wir glauben, dass im Schulwesen und für die österreichischen Jugendlichen das absolut ungerecht ist, dass hier im ganz bestimmten Bereich nur bestimmte Berechtigungen verliehen werden.
    Die Hochschulberechtigung sollte nach den Vorstellungen der sozialistischen Jugend
    allen offenstehen, die entweder bereits im Berufsleben stehen oder aber zwölf Schuljahre absolviert haben.
    Parallel damit soll in den allgemeinbildenden höheren Schulen die berufliche Orientierung verstärkt werden.
    Reine Allgemeinbildungsvermittlungsanstalten seien, so die SE, zu wenig.
    Als langfristige Fernziele peilen die sozialistischen Jugendlichen darüber hinaus die Vereinheitlichung der Schulausbildung bis zum 18.
    Lebensjahr und die generelle Abschaffung des Notensystems an.
    Wir glauben, dass Lernen ein angstfreies Lernen sein müsste, ein Lernen, das mehr aus Interesse herauskommt und daher letztlich eine Schule sein müsste, die ohne Noten arbeitet.
    Eine Schule, die mehr Wert darauf legt, Bildung entstehen zu lassen, wo mehr die Leute sich selber Inhalte und Wissensinhalte selber ermitteln und erarbeiten und in diesem selber Arbeiten und auch in diesem kollektiven Arbeiten mehr gelernt wird als in einem einzelnen Fach.
    Unterrichtsminister Sinobatz hält die Forderung nach einer Abschaffung der Reifeprüfung für ebenso irrelevant wie den mitunter von Professorenseite geäußerten Wunsch nach ihrer Verschärfung, will aber, was Reformen bei der Matura betrifft, durchaus mit sich reden lassen.
    Wir führen zurzeit Oberstufenversuche im Bereich des Gymnasiums durch und zwar recht erfolgreich und daraus wird sich auch eine allmähliche
    neue Organisation der Matura ergeben, eine sinnvolle.
    Und das wird in den nächsten Jahren der Fall sein.
    Man muss in der Schulpolitik auch den Faktor Zeit miteinbeziehen.
    Das ist ja nicht so, dass ich auf einen Knopf drücke und die Jury vor mir ist morgen im Parlament beschlossen.
    Dazu bedarf es der Versuche, der Erprobungen, der Vergleiche.
    Und diese Politik werden wir in aller Ruhe fortsetzen.
    In welcher Richtung soll diese Reform der Matura, die Sie angedeutet haben, gehen?
    Soll es da eine zeitliche Entzerrung geben?
    Soll es mehr Freifächer auf Kosten der Pflichtfächer geben?
    Richtig, Sie sagen schon die Perspektive, die wir hier haben.
    Einerseits wird das also dazu führen, dass gewisse Bereiche der Matura schon etwa in der siebten Klasse abgedeckt werden können.
    Andererseits soll also mehr auf die speziellen Interessen der Schüler eingegangen werden.
    Das erproben wir jetzt und ich halte diesen Weg für richtig.
    Vor einer derartigen Reform, die also einen Teil der Matura an das Ende der siebten AHS-Klasse verlegen würde, will sich Sinowatz aber der Neuordnung der Mittelstufe widmen, also dem heißen Polit-Eisen integrierte Gesamtschule.
    In den nächsten Jahren dürfte somit der Wunsch der sozialistischen Parteijugend nach Abschaffung der Matura wenig bis keine Realisierungschancen haben.
    Ein Bericht von Hans Langsteiner.
    Nächster Programmpunkt, ein Blick in die Kommentarspalten der österreichischen Zeitungen.
    Zusammengestellt wird heute unsere Inlandspresseschau Markus Sommersacher.
    In den Salzburger Nachrichten findet sich heute ein Kommentar zur gestrigen Pressekonferenz von Bautenminister Karl Sekanina, der ein mittelfristiges Autobahnprogramm vorlegte, dafür aber die Notwendigkeit von 20 zusätzlichen Milliarden aufzeigte.
    Unter der Überschrift »sinnvoll« meinen dazu die Salzburger Nachrichten.
    Bautenminister Karl Seckanina pflegt einen barocken Sprachstil, aber seine Botschaften sind von kalvinistischer Einfachkeit und Klarheit.
    Und zweitens, der gestandene Gewerkschafter baut keine Luftschlösser.
    Nicht unähnlich seinem Mentor Anton Benyar kann man bei Zekanina Gift darauf nehmen, dass etwa das passieren wird, was er sich zu formulieren erlaubt.
    Was im Klartext heißt, Österreichs Autofahrer werden in absehbarer Zeit ganz schön ins Börsel greifen dürfen, selbst wenn es dem mit geballter gewerkschaftlicher Hausmacht versehenen Zekanina gelingen sollte, Androsch ein paar zusätzliche Milliarden herauszureißen.
    Heißt es in den Salzburger Nachrichten,
    Überraschend positiv die Stellungnahme des ÖVP-Organs Neues Volksblatt, wo Martin Stiegelmeier seine Ausführungen zu Sekanina mit Sternstunde übertitelt.
    Es gibt manchmal auch Sternstunden bei den Sozialisten.
    Was Bautenminister Karl Sekanina tat, war eine Sternstunde.
    Er legte, meines Wissens als erster und einziger sozialistischer Minister, ein mittelfristiges Konzept für einen Teilbereich vor.
    Wohlgemerkt, ein Konzept mit Zahlen und Finanzierungsproblemen und kein ideologisches Vichy-Vachy.
    Und weiter heißt es im ÖVP-Blatt.
    Zekanina stellt sich hin und sagt in schlichten Worten, voca geltes camusi.
    Man kann sich als Befürworter einer sachlichen und realistischen Politik, ein Grundzug der Politik der Volkspartei, über so eine Wende im gegnerischen Lager nicht genug freuen.
    Soweit Pressestimmen zu Bauten-Minister Sekanina.
    Eine andere Pressekonferenz kommentiert Peter Pelinka im sozialistischen Zentralorgan Arbeiterzeitung.
    Jene nämlich, in der der ÖVP-Abgeordnete Höchtl gestern das Buch Akzente, Argumente, Alternativen der Öffentlichkeit vorstellte und sich dabei für menschliche Gemütlichkeit und Heimatgefühl als neue Grundwerte der österreichischen Politik aussprach.
    Dazu Pellinker.
    Heißt es in der AZ,
    In den oberösterreichischen Nachrichten meint Karl Darninger, dass das immer wieder erste Ziel der ÖVP, für mehr menschliche Gemütlichkeit und Heimatgefühl einzutreten, vor allem in den Gemeinden erreichbar scheine.
    Gibt dann aber zu bedenken?
    Problematischer wird das zweite Ziel der schwarzen Markierungen erreichbar sein.
    Die ÖVP wünscht sich für die Zukunft nämlich eine Abkehr von den materiellen Werten hin zum immateriellen.
    Soll heißen, nicht die vergänglichen Güter sollt ihr anstreben, sondern haltbareres, ideale womöglich.
    Schau, schau, wenn man nichts Handgreifliches mehr zu verteilen hat, weil man schon zu lange nicht mehr an den Futtertrögen der Regierungsgewalt steht, soll sich der Mensch wieder auf Ideale besinnen, die man als Partei ohne Risiko überall und schmerzlos vertreten kann.
    Die ÖVP-Ideale in Ehren.
    Aber diese Rechnung wird nicht leicht aufgehen.
    Politische Parteien haben allemal noch ihren Hauptzweck darin, dass sie dem Menschen im Diesseits ein besseres Leben verschaffen sollen.
    Die Sorge und die Umsterblichkeit gehört anderen.
    Soweit die oberösterreichischen Nachrichten.
    Abschließend ein Blick in die Neue Freie Zeitung, das Zentralorgan der Freiheitlichen Partei.
    Dort liest man bei Kurt Piringer... Österreich hat in den ersten Nachkriegsjahren eine Reihe von Skandalen erlebt.
    Krauland, Polzar, Haselgruber usw.
    haben ihnen den unrühmlichen Namen gegeben.
    Es war eine Zeit, in der der große Appetit der Geschäftemacher mit einem gewissen nachkriegsbedingten Nachholbedarf erklärt, wenn auch nicht entschuldigt werden konnte.
    Aus diesen Kinderkrankheiten der Demokratie, sie war in Österreich in dieser Zeit noch sehr jung, hätten wir inzwischen längst hinauskommen müssen.
    Diese Chance wurde verspielt.
    Zwar haben wir es inzwischen auf allen Gebieten erstaunlich weit gebracht, aber leider auch bei den Skandalen.
    Denn neben einem Bauringsskandal, einem Wiener Grundstücksskandal oder gar einem AKH-Skandal nehmen sich die Korruptionisten von einst wie kleine Ladendiebe aus.
    Stichwort AKH-Skandal.
    Der Wiener ÖVP-Obmann Bussek hat sich vor wenigen Tagen dafür ausgesprochen, in Wien eine Konzentrationsregierung zu bilden, also eine Vertretung aller Parteien im Verhältnis ihrer bei Wahlen ermittelten Stärke in der Regierung.
    Und er hat dies damit begründet, dass eine offizielle Kontrolle nur von innen heraus möglich sei.
    Im Nachhinein seine Kontrolle, leider gerade in Wien, und da führte er auch das Beispiel AKH an, sei eine solche Kontrolle wirkungslos.
    Was hält nun der Wiener Bürgermeister und Landesparteivorsitzende der SPÖ, Leopold Graz, von diesem Vorstoß Bussecks?
    Dazu das folgende Interview mit Bürgermeister Graz von Kurt Wotawa vom Studio Wien.
    Die WNVB, respektive der Wiener Landesrepräsentant Dr. Busseck, hat eine Mitverantwortung, eine Mitbeteiligung an der Stadtregierung verlangt.
    Herr Bürgermeister Graz, Konzentrationsregierung, das heißt jetzt volkstümlich ausgedrückt, mit Verantwortung nach Prozenten des Wählervertrauens.
    Ein Argument Dr. Bussex für das Verlangen lautet, effiziente Kontrolle der Regierenden sei nur von innen her möglich.
    Ja, das Verlangen kann ich verstehen, weil ich weiß, dass weite Kreise der ÖVP bestürzt darüber sind, dass im Jahr 1973 die ÖVP beschlossen hat,
    die bis dahin bestehende Koalition im Wiener Rathaus zu verlassen.
    Hier konnte Dr. Bussek, Herr Bürgermeister Graz, dass das nur deshalb passiert sei, weil die Wiener SPÖ von der Volkspartei verlangt hätte, wörtlich Dr. Bussek, man hätte kuschen müssen zu Tariferhöhungen und so weiter.
    Ja, damals ist es um überhaupt keine Tariferhöhungen gegangen, ich erinnere mich sehr genau.
    Im Jahr 1973 hat die ÖVP verlangt, dass anstelle der neuen Donau, die jetzt bereits, obwohl sie erst halbfertig ist, zehntausenden Wienern im Sommer Badevergnügen bereitet, dass anstelle dieser neuen Donau der bestehende Damm einfach um zwei bis drei Meter erhöht wird und damit das Inundationsgebiet praktisch abgemauert von der Umgebung.
    Ja, man begründet ja diese Forderung mit Rechnungshofberichten über Affären, wie zum Beispiel überhöhte Repräsentationsspesen gerade in Ihrem Ressort, Herr Bürgermeister Kratz, mit Affären um Grundstücke in der Bundeshauptstadt, Bauringsskandal, Kostenexplosion beim allgemeinen Krankenhaus und so weiter.
    Naja, da könnte ich zu jedem einzelnen Punkt lange etwas sagen.
    Über die Bauring-Frage wurde jetzt schon jahrelang diskutiert, das wird wieder aufgewärmt.
    Es wird ja auch gesagt, der sogenannte U-Bahn-Skandal, worin der bestehen soll, weiß ich nicht.
    Er besteht darin, dass die Wiener wissen, dass die U-Bahn termingemäß weitergebaut wird und eine unglaubliche Erleichterung bringt, wo sie besteht.
    Jetzt gibt es auch schon, wie ich gelesen habe, einen Skandal, weil, wie in den Zeitungen gemeldet wird, die Frage ist, ob Wien überhaupt ein Weststadion gebraucht hätte.
    Naja, da muss man die Fußballanhänger fragen, die dort immer hingehen.
    Es werden eben alle diese Dinge aufgewärmt.
    Für mich ist das politische Ziel klar, aber dennoch für eine Partei, die eine Wiener Partei sein will, unverständlich.
    Dadurch, dass man sich Pro-Wien nennt, bekommt man keine Entschuldigung dafür, dass man ununterbrochen über die eigene Stadt herzieht und in Wirklichkeit doch, wenn man zurückdenkt, kein einziges gutes Wort über seine eigene Heimatstadt gefunden hat während der letzten Jahre.
    Herr Landeshauptmann Graz, heißt das also, Sie wollen keine Konzentrationsregierung in Wien?
    Ja, ich sehe keinen Grund dafür.
    Mir hat der Herr Dr. Bussek noch nie erklärt, außer immer mit solchen Zeitungsmeldungen, dass er bereit ist, Mitverantwortung zu übernehmen.
    Mitverantwortung bedeutet natürlich Verantwortung im echten Sinn.
    Und damit zum Auslandsteil unserer Berichterstattung.
    In New York nimmt der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen heute Nachmittag, unserer Zeit, seine Debatte über die Rechte des palästinensischen Volkes wieder auf.
    Diese Debatte war nach der Eröffnung am Montag vertagt worden.
    Gestern fanden Konsultationen hinter verschlossenen Türen statt.
    Alles Zeichen dafür, dass die Behandlung dieses heißen Eisens, trotzdem praktisch von vornherein feststehenden Ende durch ein amerikanisches Veto, mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, Rudolf Stoiber berichtet.
    UN-Sicherheitsrat ist ins Stocken geraten, bevor sie noch richtig begann.
    Die Debatte, die sich ihrem Titel nach mit der Frage der unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes befassen soll, zu denen nach Ansicht der Initiatoren der Debatte auch das Recht auf einen eigenen Staat gehört, wurde am vergangenen Montag mit einer öffentlichen Sitzung begonnen.
    Nach dieser vertagte man sich aus Rücksicht auf die jüdischen Feiertage auf gestern Mittwoch.
    Aber statt wiederum zu einer öffentlichen Sitzung zusammenzutreten, traf man sich hinter verschlossenen Türen zu Konsultationen.
    Das Hindernis für die Fortsetzung der Debatte ist offensichtlich nicht das Fehlen eines entsprechenden Resolutionstextes, da ein solcher inoffiziell bereits vorliegt, sondern Uneinigkeit darüber, wann dieser Beschlussantrag offiziell eingebracht werden soll.
    In dem inoffiziellen Resolutionstext wird bereits schon zum ersten Mal im UN-Sicherheitsrat das Recht der Palästinenser auf einen Nationalstaat bekräftigt.
    Die westeuropäischen Ratsmitglieder sind nun der Ansicht, dass die Einbringung dieser Resolution, die zweifellos von den USA durch ein Veto in ihrer Rechtskräftigkeit blockiert würde, gerade jetzt nicht opportun ist.
    Denn in der Woche nach Ostern kommt der ägyptische Präsident Sadat zu direkten Verhandlungen mit Präsident Carter nach Washington.
    Und in der darauffolgenden Woche der israelische Ministerpräsident Begin.
    Das Gesprächsthema ist beide Male das Problem der steckengebliebenen Autonomieverhandlungen.
    Also in weniger radikaler Form das gleiche Thema, mit dem der UN-Sicherheitsrat sich nun befasst.
    Die Westeuropäer sind der Meinung, dass der Sicherheitsrat den Ausgang dieser beiden bilateralen Gipfelgespräche in Washington abwarten soll, bevor er selbst das Ritual der Palästina-Debatte abwickelt, deren Ausgang, nämlich das amerikanische Veto, bereits feststeht.
    Aber die Planung geht darüber hinaus.
    Die Araber, die Staaten der Dritten Welt und der Ostblock werden die Frage, sobald sie im Sicherheitsrat plädiert und damit tot ist,
    vor eine UN-Sondergeneralversammlung bringen.
    Die Westeuropäer, vor allem die EG-Mitglieder, wären für die Abhaltung einer solchen Sondergeneralversammlung zu gewinnen, wenn der Termin dafür wenigstens bis nach dem 26.
    Mai hinausgeschoben werden kann.
    Das ist der Stifttag, der in Camp David für den Abschluss der Autonomie-Verhandlungen fixiert wurde.
    Eine UN-Sondergeneralversammlung über Palästina vor diesem Termin
    erscheint den Europäern als Verstoß gegen den Geist von Camp David.
    Wie der Sicherheitsrat die Zeit bis nach dem Besuchen Sadats und Begins in Washington überbrückt, mit rhetorischem Leerlauf oder Schweigen, und ob die Freunde der Palästinenser sich mit einer Verschiebung des Beginns der Sonder-Generalversammlung bis Juni einverstanden erklären, das hängt weitgehend von den nun laufenden
    internationales Tauziehen also in der Palästinenser-Frage.
    Wir bleiben mit unserer Berichterstattung bei den Vereinten Nationen, wechseln aber zum Thema Wirtschaft.
    Die Direktoren der UNO-Teilorganisationen haben gestern in Wien ein dreitägiges Koordinationstreffen auf höchster Ebene beendet, an dem auch UNO-Generalsekretär Waldheim teilnahm.
    Und bei diesem Treffen wurde auch das Problem Arbeitslosigkeit erörtert.
    Als Hintergrund vielleicht ein paar Zahlen.
    In den EG-Mitgliedstaaten sind mehr als sechs Millionen Menschen arbeitslos,
    Davon zwei Millionen Jugendliche, drei Millionen Frauen.
    Erst vor einigen Tagen hat der Präsident der Europäischen Union christdemokratische Arbeitnehmer festgestellt, dass bis Ende 1985 rund 15 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden müssten.
    Wie sieht aber das Problem Arbeitslosigkeit zurzeit weltweit aus?
    In einem Gespräch mit François Blanchard, dem Direktor der ILO, dem Internationalen Arbeitsamt der UNO, versuchte Michael Kerbler, dem Problem internationale Arbeitslosigkeit nachzugehen.
    Herr Blanchard, in den westlichen Industriestaaten wird monatlich die Inflationsrate und die Arbeitslosenrate errechnet.
    Zwei Werte, an denen man die wirtschaftliche Entwicklung des Landes misst, nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die soziale Gesundheit eines Landes, hängen vom Beschäftigtengrad der arbeitsfähigen Bevölkerung ab.
    Wie bedroht sehen Sie das Wirtschafts- und Sozialgefüge der westlichen Staaten?
    Yes, I would take the view that if those trends
    Ja, ich bin der Ansicht, dass, falls die Trends zu wachsenden Inflationsraten und zu steigenden Arbeitslosenzahlen andauern, es tatsächlich zu einer gefährlichen Bedrohung der, wie Sie es genannt haben, sozialen Gesundheit eines Landes führen kann.
    Ich bin der Ansicht, und das gilt auch gleichermaßen für das Inflations- wie auch für das Arbeitslosenproblem, dass diese beiden Probleme nicht mehr allein von einem Staat, und sei dieser noch so groß und mächtig wie etwa die USA oder auch die BRD, bewältigt und gelöst werden können.
    Arbeitslosigkeit und Inflation sind nun einmal zu weltweiten Problemen geworden.
    Herr Blanchard, wie sieht die ILO, Ihre Organisation, das Problem Arbeitslosigkeit in der dritten Welt und in den Industrienationen?
    In den Industrienationen gibt es derzeit um die 20 Millionen Arbeitslose.
    Wenn Sie allerdings einen Blick auf die Länder der dritten Welt werfen, sehen Sie sich mit einer Situation konfrontiert, die da heißt, in den zehn Jahren von 1980 bis 1990 müssen in diesen Staaten für 350 Millionen Menschen neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
    Diese enorme Zahl beschreibt das drückende Problem der Arbeitslosigkeit, mit dem wir zurechtkommen müssen.
    In der ILO haben wir errechnet, dass von jetzt ab bis zur Jahrhundertwende, also bis zum Jahr 2000, eine Milliarde, Sie hören wirklich richtig, eine Milliarde neue Arbeitsplätze auf der Welt geschaffen werden müssen.
    Übrigens, unsere Berechnungen deckten sich da ziemlich mit jenen Analysen, die im sogenannten Brandkommissionsbericht veröffentlicht wurden.
    Es gibt eine Reihe von Vorbedingungen, die für eine Lösung des Problems außerordentlich wichtig sind.
    Erstens, ich persönlich glaube an die Notwendigkeit wirtschaftlichen Wachstums.
    Ich bin entschieden gegen jene Philosophie, die da sogenanntes Nullwachstum oder nur geringe Wachstumsraten predigt.
    Zweitens, es ist allerdings keine Frage, dass die finanzielle Unterstützung der Industrienationen an die Entwicklungsländer größer werden muss.
    Die prozentuelle Höhe der Entwicklungshilfezahlungen sollte stufenweise auf 0,7 Prozent des Bruttonationalproduktes angehoben werden.
    Drittens sollen und müssen sogar die Entwicklungsländer selbst vermeiden, sich ausschließlich in ihrem Exportgeschäft an die reichen Staaten zu binden.
    Wichtig für diese Länder ist es, ihre jeweils benachbarten Staaten als Handelspartner zu gewinnen.
    Das heißt, sich Binnenmärkte zu erschließen.
    Und viertens sollte unbedingt der Trend der westlichen Industrienationen zum Protektionismus, also zur Errichtung von Handelsschranken, gebremst werden.
    Sollte dieser Trend nämlich anhalten, dann bin ich, was die Zukunftsaussichten betrifft, wirklich ziemlich pessimistisch.
    Sehen Sie eine gewisse Mitschuld auch bei den früheren Kolonialmächten für die gegenwärtige Arbeitslosigkeit in den Entwicklungsländern?
    Es ist keine Frage, dass die Herrschaft der Kolonialmächte in einigen von ihnen verwalteten Gebieten Konsequenzen, sowohl gute als auch schlechte, mit sich gebracht hat.
    Bedauerlicherweise muss ich feststellen, dass ein großer Teil der Auswirkungen negativ war.
    Einige dieser von Kolonialmächten regierten Territorien wurden alleingelassen.
    Ohne ausreichende Infrastruktur, ohne ausreichend ausgebildete Arbeitskräfte, die für einen wirtschaftlichen Aufbau ja so notwendig gewesen wären.
    Was ich noch sagen will, heutzutage gibt es unglücklicherweise ein gefährliches Sich-Nicht-Verstehen zwischen den Ex-Kolonialmächten und den von eben diesen großen Mächten ehemals verwalteten und jetzt eigenständigen Staaten.
    Und zwar dann, wenn es um Handelsbeziehungen geht.
    Ich wünsche mir, dass die Entwicklungsländer besseren und vor allem leichteren Zugang zu den Märkten der wohlhabenden Länder finden.
    Und ich hoffe, dass diese reichen Länder es vermeiden, Handelshindernisse gegenüber den ehemaligen Kolonialgebieten zu errichten.
    Mit anderen Worten, ich bin ein starker Verfechter der Ausweitung des Welthandels.
    Darin nämlich liegt die Lösung unserer Probleme.
    Lösungsvorschläge, also des ILO-Direktors Blanchard zum großen weltweiten Problem Arbeitslosigkeit.
    Ebenso großes, ebenso weltweites Problem Energie.
    Und auch hier ein Lösungsvorschlag, diesmal konkret von der französischen Regierung für ihren Bereich.
    Die französische Regierung hat nämlich gestern ein Energiesparprogramm für das Jahrzehnt bis 1990 vorgelegt.
    Bis dahin soll zum Beispiel Öl nur noch 30 Prozent des Energiebedarfs in Frankreich decken, jetzt sind es 56 Prozent.
    Weitere 30 Prozent der Energie sollen Kohle und Gas liefern und nochmals 30 Prozent sollen aus der Atomkraft gewonnen werden.
    Innerhalb der nächsten zehn Jahre sind außerdem einschneidende Energiesparmaßnahmen in der Industrie, in Wohnbauten, in Büros, in Verkehrsbetrieben und in der Elektrizitätswirtschaft geplant.
    Näheres Thomas Fuhrmann.
    Die energiepolitischen Zielvorstellungen der französischen Regierung gehen von einem durchschnittlichen Wirtschaftswachstum von dreieinhalb Prozent jährlich bis 1990 aus.
    Der Weg, den man in Paris einschlagen will, stützt sich auf drei große Pfeiler.
    Erstens Verringerung der Erdöl Einfuhren auf ein Drittel des Gesamtenergieverbrauches gegenüber derzeit 56 Prozent.
    Das würde für 1990 bedeuten, dass Frankreich statt 108,5 Millionen Tonnen Rohöl, wie im Vorjahr, nur noch 68 Millionen Tonnen Rohöl importieren würde.
    Zweitens, der zunehmende Verzicht auf das schwarze Gold bedingt auf der anderen Seite die rasche Fortentwicklung anderer Energieträger.
    Und hier setzt die Regierung in Paris verstärkt auf die Atomkraft.
    Bis 1990 sollte Atomstrom ein Drittel des Gesamtenergiebedarfes liefern.
    Drittens ebenso viel, nämlich 30 Prozent wie Erdöl und Atom werden Kohle und Erdgas liefern.
    Im Bereich der Atomenergie hieße das, jährlich vier neue Atomkraftwerke mit einer Leistung von je 1300 Megawatt in Betrieb zu nehmen.
    Vorausgesetzt, das geht so widerspruchslos vor sich, wie sich die Regierung das wünscht.
    Zur Erinnerung sei gesagt, dass die Atomkraft derzeit nur viereinhalb Prozent des Energiebedarfes füllt.
    Bis 1990 würde sich die Rolle des Atoms also versechsfachen.
    Wenn die drei Hauptpfeiler, also zu gleichen Teilen Öl, Atom und als drittes Kohle und Erdgas, heißen, bleibt noch eine Lücke von zehn Prozent.
    Diese zehn Prozent sollen in zehn Jahren zu gleichen Teilen von der Wasserkraft und von den erneuerbaren Energiequellen erzeugt werden.
    Gegenwärtig werden durch hydraulische Kraftwerke etwa 8 Prozent des französischen Energieverbrauchs gedeckt.
    Da hier ein Ausbau kaum mehr möglich ist, soll der Anteil der Wasserkraft am Gesamtverbrauch bis 1990 sinken.
    Dafür ruft Frankreichs Energie- und Industrieminister André Giraud auf die grüne Energie, auf Holz, Biomasse, Sonnenenergie, Erdwärme und auf den Wind.
    Aber selbst wenn eine Senkung der Ölabhängigkeit und der forcierte Ausbau der Atomenergie wie geplant gelingen, bedarf es gleichzeitig großer Anstrengungen und Erfolge beim Energiesparen.
    In der Industrie, im Verkehrswesen, in der Isolierung von Wohnungen und Büros.
    Die Abdichtung der Wohnungen muss um 20 bis 30 Prozent verstärkt werden.
    In fünf Millionen Wohnungen sollten neue Energieträger bis 1990 eingebaut werden.
    Im Verkehr muss der Benzinverbrauch neuer Fahrzeuge um 30 Prozent gesenkt werden.
    Zielvorstellung für 1990 ist ein Durchschnittsverbrauch von 6 Litern auf 100 Kilometer.
    Und für die Industrie würden die Pläne der Regierung eine Verfünffachung des Kohleverbrauches und eine Verringerung des Erdölverbrauches um zwei Drittel bedeuten.
    In den kommenden Jahren müsste die Industrie
    umgerechnet 200 Milliarden Schilling investieren, um die derzeitigen Installationen energiesparsamer zu gestalten.
    Die Herausforderung der französischen Regierung an sich und an das Land ist groß, ebenso groß wie die unzähligen Unsicherheitsfaktoren, die diesen 10-Jahres-Plan begleiten werden.
    Viele Fragezeichen als noch hinter dem französischen Energieprogramm für das kommende Jahrzehnt.
    In Bogotá ist für heute Abend eine weitere Verhandlungsrunde zwischen der kolumbianischen Regierung und den Besetzern der Dominikanischen Botschaft in Bogotá geplant, dass sie entgegen dem bisherigen eher schleppenden Gesprächsverlauf schon einen Tag nach den letzten Kontakten stattfindet.
    Gestern gab es ein 45-minütiges Gespräch.
    Das gibt Beobachtern Anlass zur Hoffnung auf einen nun doch beschleunigten Ablauf, eine beschleunigte Lösung der Geiselaffäre.
    Diese Geiselaffäre dauert ja nun schon seit Ende Februar an und Sie erinnern sich, Anfang März wurde unter anderem auch unser ebenfalls betroffener Botschafter Dr. Selzer freigelassen.
    Derzeit sind noch 27 Geiseln in der Gewalt der Terroristengruppe M19, davon mindestens 17 hohe Diplomaten.
    Klaus Ellroth analysiert die Situation.
    Die Kraftprobe in Kolumbien ist noch nicht zu Ende.
    Regierung und Guerrieros von M19
    die nur noch 27 Geiseln gefangen halten, haben sich noch immer nicht geeinigt, wenngleich die Hoffnung wächst, dass in der Osterwoche eine unglutige Lösung gefunden wird.
    Das Treffen der Unterhändler beider Seiten in dem offenen Lieferwagen vor der dominikanischen Botschaft in Bogotá ist offensichtlich freundlich verlaufen.
    Unter befreiendem Lachen und langem Händedrücken verabschieden sich beide Seiten nach ihrem Gespräch.
    Aber die lauten Lacher, die von den Korrespondenten vor Ort mit Misstrauen registriert wurden, könnten leicht auch das sein, was amerikanische Psychologen Tension Release, Befreiung von Spannung nennen und überhaupt nichts über den wirklichen Verlauf der delikaten Verhandlungen aussagen.
    Fest steht bisher nur, dass die Guerrejeros im Vorteil sind.
    auch wenn sie ihre Forderungen, die Befreiung von 311 politischen Häftlingen und die Auszahlung von 50 Millionen Dollar nebst gesicherter Ausreise in ein neutrales Land, am Ende nicht erreichen sollten.
    Die Regierung des Präsidenten Dobai Ayala hat nun schon eingestehen müssen, dass es in dem sogenannten demokratischen Land, das schon 40 Jahre fast ununterbrochen im Ausnahmezustand lebt, nicht alles zum Besten steht.
    Wenn Ayala Dobai
    sich immer wieder auf die Bestimmung einer nicht eingehaltenen Verfassung zurückzog, um die Freilassung der politischen Häftlinge zu verweigern, dann hat er damit nicht nur die eigene Hilflosigkeit demonstriert, sondern gleichzeitig deutlich gemacht, wer in Kolumbien wirklich regiert, nämlich die Armee.
    Die Armeeführung hat kein Hehl daraus gemacht, dass sie gegen jedes Nachgeben gegenüber den Guerrilleros ist und wahrscheinlich ist es nur der mäßigste Einfluss der Amerikaner,
    die über diese Armee durch Ausrüstung und Ausbildung gebeten, dass es nicht längst zu einem Blutbad gekommen ist.
    Washington ist gegen die gewaltsame Befreiung der Geiseln, zu denen auch ihr eigener Botschafter gehört, nicht nur, weil es keine oder wenige Überlebenschancen gibt, sondern weil ein amerikanisches Jahr zu einer solchen Aktion
    die ohnehin von amerikanischen, deutschen und israelischen Sondereinheiten, die bereits vor Ort sind, durchgeführt werden müsste, den Verdacht nahelegt, auch im Iran werde so etwas vorbereitet.
    Und allein dieser Verdacht könnte das gesamte, mühsam aufgebaute Schachspiel im Nahost über den Haufen werfen.
    Die Botschaftsbesetzungen in Bogotá und Teheran sind deshalb nicht isoliert zu sehen, wenngleich
    sich bestimmt nicht Iraner und Kolumbianer vorher abgestimmt haben, aber die Lage der Dinge hat ihnen eine Interpendenz verliehen.
    Wie immer das Geiseltrama in Bogota ausgehen wird, die Regierung Dubai Ayala wird danach schwächer dastehen als vorher und noch mehr Gefangene der eigenen Armee sein, auch wenn sie sich zu neuen Repressionen gegenüber der immer stärker werdenden Linken entschließen sollte.
    Selbst wenn es Torbay Ayala gelingen sollte, nur den Preis der freien Ausreise der Guerilleros nach Kuba zu zahlen, wie es Fidel Castro angeboten hat, wird er als Verlierer dastehen.
    Aber dieser politische Verlust wiegt das Leben von 27 Geiseln auf, darunter mindestens 17 Botschafter und Geschäftsträger aus den wichtigsten Ländern der Erde.
    Leben, das den baldigen politischen Tod
    des Präsidenten Toba Ayala und des semi-demokratischen Systemskolumbiens bedeuten könnte.
    Noch ist offen, ob die Bilder, die der Fotograf Guzman, der zu den Geißeln der Botschaft gehört, mit Zustimmung des Kommandanten Uno nach außen zur internationalen Vermarktung schicken durfte, Zustandsbericht oder posthume Dokumentation werden und ob der Reichtum, den er damit erwerben wird, ihm zugutekommt.
    Vielleicht wissen wir nach der heutigen Gesprächsrunde in Bogotá schon mehr.
    Am 19.
    Juli werden in der sowjetischen Hauptstadt Moskau die 22.
    Olympischen Sommerspiele eröffnet.
    Und heute, drei Monate vor diesem Termin, weiß noch niemand genau, wie viele Nationen an dem Spiel teilnehmen werden.
    Karl Jekowski gibt uns eine aktuelle Bestandsaufnahme.
    Endgültig wird man die Zahl jener Nationen, die in Moskau an den Start gehen werden und jener Nationen, die die Spiele wegen des Einmarsches der Sowjetunion in Afghanistan boykottieren, erst am 24.
    Mai wissen.
    Das ist nämlich der Stichtag der Entscheidung der Nationalen Olympischen Komitees.
    Und wie es derzeit aussieht, wird vor allem unter den Verbündeten der USA der Streit um den Olympia-Boykott bis zu diesem Tag weitergehen.
    Von den 143 Staaten, die dem IOC, dem Internationalen Olympischen Komitee, angehören, haben bisher bereits 105 nationale Olympische Komitees ihre Teilnahme an den Sommerspielen beantragt.
    Für diese Länder ist ein Rücktritt gemäß den Regeln des IOC nur mehr dann zulässig, wenn der betreffende Sportler krank geworden oder durch höhere Gewalt an der Teilnahme gehindert ist.
    Der gesamte Rücktritt einer Mannschaft ist nach den Regeln nicht mehr gestattet.
    Definitiv abgesagt für Moskau haben bisher bereits sechs Nationen, und zwar Albanien, Saudi-Arabien, Malaysia, Kenia, Honduras und Paraguay.
    Bleiben noch 32 Nationen, die sich bisher noch nicht endgültig entschieden haben, darunter auch die Vereinigten Staaten von Amerika, wo es zwar den Boykottaufruf der Regierung gibt, aber noch keine endgültige Entscheidung des Nationalen Olympischen Komitees.
    Auch viele westliche Nationen und hier vor allem die Verbündeten der USA haben sich bis heute noch nicht entschieden.
    Über Boykott oder Teilnahme wird es daher in den nächsten Wochen zwischen den Regierungen, die für einen Boykott sind, und den nationalen Olympischen Komitees sowie den Sportlern, die nach Moskau fahren wollen, zu einem Nervenkrieg kommen.
    Auch die neutralen Staaten wie zum Beispiel Österreich und die Schweiz haben sich noch nicht endgültig festgelegt.
    In Österreich ist die Situation derzeit so, dass das Olympische Komitee Anfang Mai die Entscheidung treffen wird und die wird wahrscheinlich zugunsten Moskaus ausfallen.
    Auch an einer politischen Demonstration während der Spiele in Moskau gegen den Einmarsch in Afghanistan wird man, so ÖOC-Präsident Kurt Heller, wahrscheinlich nicht teilnehmen.
    Die Entscheidung darüber ist aber noch nicht gefallen.
    Schwierigkeiten könnte es noch für die Sportler in jenen Ländern geben, deren Regierungen für einen Boykott sind, die nationalen Olympischen Komitees aber den Teilnahmebeschluss für Moskau gefasst haben oder noch beschließen werden.
    So zum Beispiel in Großbritannien, in der Bundesrepublik Deutschland oder auch in den USA.
    Kann nun nämlich eine Regierung insoweit eingreifen, dass sie die Ausreise ihrer Sportler oder Staatsangehörigen zur Teilnahme an den Moskauer Spielen untersagt?
    Nun, das hängt von den Vorschriften ab, welche in den betroffenen Ländern zur Ausreisefreiheit gelten.
    In der Bundesrepublik Deutschland ist die Ausreisefreiheit grundrechtlich geschützt.
    Doch kann nach § 7 des Passgesetzes die Erteilung eines Passes versagt werden, wenn die innere oder die äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sind.
    Hier könnte also die Regierung eingreifen.
    Auch in den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Rechtslage an diesem Punkt nicht ganz eindeutig.
    Der oberste Gerichtshof hat dort aber in einer Entscheidung aus dem Jahre 1965 zu erkennen gegeben, dass er ein außenpolitisch begründetes Ausreiseverbot im Allgemeinen verfassungsrechtlich für zulässig hält.
    Bleibt hier die Frage, ob es sich Präsident Carter politisch leisten kann, im Land der Freiheit einem Bürger die Ausreise zu verweigern.
    Es ist zehn Minuten vor ein Uhr, wir kommen zum Kulturteil unseres Journals.
    Am Karsamstag läuft in Österreich La Luna, der Mond, der neueste Film von Bernardo Bertolucci an, von dem zuletzt in Österreich das zweiteilige Generationen-Epos 1900 zu sehen war.
    Die Hauptrollen in La Luna spielen Jill Gleyber, bekannt als die entheiratete Frau, und der junge Matthew Barry, den Bertolucci bei Tests mit über 100 New Yorker Jungen ausgesucht hat.
    Näheres berichtet Karin Bauer.
    Bernardo Bertolucci stammt aus Parma.
    Sein Vater war Schriftsteller.
    In Rom, wohin die Familie später übersiedelte, begann er Literatur zu studieren, entdeckte dann aber seine große Liebe zum Film und wurde Regieassistent bei Pier Paolo Pasolini.
    Dieser wiederum ermunterte ihn, doch weiter zu schreiben und zu veröffentlichen.
    So erschien 1962 Bertoluccis erster Gedichtband,
    der mit dem höchsten italienischen Literaturpreis Viareggio ausgezeichnet wurde.
    Trotzdem blieb Bertoluccis Hauptinteresse der Film.
    So entstand im selben Jahr sein erster Spielfilm Lacomare Seca auf Deutsch Der Tod.
    Aber erst sein sechster Spielfilm brachte ihm zehn Jahre später, wenn auch Skandal umwittert, den großen internationalen Durchbruch.
    Es war der letzte Tango in Paris.
    Sein neuester Film, La Luna, spielt genauso wie der letzte Tango in der Gegenwart.
    Alle anderen Streifen spielten in der Vergangenheit.
    Erstmalig steht in La Luna, zu Deutsch der Mond, eine Frau im Mittelpunkt des Geschehens.
    Acht Jahre lang hatte sich Bertolucci ausschließlich mit Vaterproblemen beschäftigt.
    Dann fühlte er zum ersten Mal das Bedürfnis, über seine Mutter zu sprechen.
    Auslösendes Moment war eine Kindheitserinnerung, wie er bei der Pressekonferenz nach der Uraufführung bei der Biennale 1979 in Venedig erklärte.
    Der Titel Der Mond bezieht sich auf die ursprüngliche Idee, die in der Sequenz am Beginn des Films zu sehen ist.
    Die Mutter und das kleine Kind fahren in der Nacht auf einem Fahrrad über Land und betrachten den Mond.
    Das ist eine persönliche Erinnerung von mir, die ich selbst nie ganz verstanden habe.
    Für den Film sehr wichtig aber war für mich die Tatsache, dass der Mond zwei Gesichter hat, das sichtbare und das verdeckte, geheimnisvolle.
    Filmisch übersetzt heißt das, dass die beiden Hauptfiguren, Katharina und ihr Sohn Joe, gespielt von Jilt LeBeur und Matthew Berry, Geheimnisse voreinander haben.
    Sie verheimlicht ihm den richtigen Vater und er ihr seine Drogenabhängigkeit, in die er sich aus Einsamkeitsgefühl heraus geflüchtet hat.
    Denn Katharina ist eine verwitwete Operndiva und lebt in erster Linie ihre Karriere.
    Erst als sie entdeckt, in welche Schwierigkeiten sie ihren Sohn durch ihren Egoismus gebracht hat, versucht sie, Kontakt zu ihm zu bekommen.
    Das ist der Beginn eines Kampfes zwischen Mutter und Sohn, der sich auf den verschiedensten dramaturgischen Ebenen abspielt.
    In der Opernwelt von Katharina, im verträumten Rom von Joe und zu Hause in der Wohnung.
    Dazu Bernardo Bertolucci.
    Dieser Film ist teils eine griechische Tragödie, teils eine Komödie und andererseits eine schwer zu erzählende Geschichte.
    Es handelt sich nämlich hier um die intimsten Gefühle zwischen einer Mutter und ihrem 15-jährigen Sohn.
    Diese Geschichte ist so belastend, dass ich mich entschlossen habe, einen gewissen Abstand von ihr durch ironische Momente zu schaffen.
    Ich musste also eine theoretische Rechtfertigung finden.
    Und ich sagte mir, wenn es eine neue Küche und eine neue Philosophie gibt, dann machen wir eben auch eine neue ironische Dramaturgie.
    Im spannendsten Moment, wenn Mutter und Sohn endlich mit den Klarstellungen beginnen, fällt ein Handwerker, der einen Vorhang montiert, plötzlich von der Leiter oder es platzen ein paar Minuten später die Möbelpacker mit einem riesen Flügel in diese heikle Szene.
    Ich glaube eben, dass es im Leben Brüche gibt, an die die Filmtheoretiker nicht glauben, aber ich finde, dass diese und ein gewisser roter Faden nebeneinander existieren können.
    Der Kontakt zwischen Mutter und Sohn steigert sich in diesem Film zu einem inzestiösen Verhältnis, zu dem Bertolucci schon vor der Aufführung erklärte, dass seiner Meinung nach das inzestiöse Element innerhalb menschlicher Beziehungen eine viel größere Rolle spiele als allgemein angenommen, aber meist verdrängt wird.
    Nach der Uraufführung gab es Proteste, Unverständnis und Kritik.
    Bei der anschließenden Pressekonferenz reagierte Bertolucci darauf mit der Feststellung, die sich auch auf die Krise beim italienischen Film bezog.
    Ich möchte den Cineasten und Kritikern zu bedenken geben, dass, wenn die Autoren und Regisseure fertig gemacht werden, es keine Filme und somit auch keine Filmkritik mehr geben wird.
    Wir vergessen alle, die Kritikerin begriffen, wie man Filme sehen und lieben sollte.
    Der neueste Spielfilm von Bernardo Bertolucci, La Luna, auf Deutsch Der Mond, hat am Kar-Samstag seinen Österreichstart.
    Diesen Beitrag zu dem kontroversiellen Film des italienischen Starregisseurs Bernardo Bertolucci stellte Karin Bauer zusammen.
    Dazu noch ein Nachtrag in der Besetzungsliste taucht nämlich der Name Bertolucci insgesamt dreimal auf.
    Bernardo Bertolucci zeichnet für die Regie und als Co-Autor, Giovanni Bertolucci ist sein Vetter für die Produktion und Giuseppe sein Bruder Co-Autor.
    Ein kleines Familienunternehmen also.
    Und wie gesagt, ab K-Samstag läuft La Luna in Österreich.
    Und zum Abschluss unseres Journals noch einmal Kurznachrichten.
    Österreich Die junge Generation in der SPÖ hat sich heute neuerlich für die Abschaffung der Matura ausgesprochen.
    Unterrichtsminister Sinowat sagte zu dieser Frage, weder die Forderung nach einer rigorosen Verschärfung noch der Wunsch nach ersatzloser Streichung seien dazu angetan, sinnvolle Verbesserungen der Matura-Ordnung zu initiieren.
    Ein Sprecher des Kartellverbandes sprach sich für die Beibehaltung der Matura aus.
    Die Industriellenvereinigung steht der Kündigung des Habenzinsabkommens positiv gegenüber.
    Allerdings müsse sich die Entwicklung auch auf die Kredite auswirken, wird erklärt.
    Die Freigabe der Habenzinsen dürfe auch nicht zu einer öffentlichen Diskussion über die sogenannten Grauen Zinsen führen.
    Die Erwartungen der Bauindustrie auf eine Belebung der Konjunktur haben sich nach Angaben der Vereinigung Industrieller Bauunternehmer Österreichs bisher noch nicht erfüllt.
    Der Auftragsstand der Bauindustrie war im letzten Jahresviertel 1979 um 9,1 Prozent niedriger als im Vergleichszeitraum des Jahres vorher.
    Nach Ansicht von Außenminister Parr ist die zweite Nachfolgekonferenz der Europäischen Sicherheitskonferenz von Helsinki im November in Madrid durch die sowjetische Intervention in Afghanistan nicht gefährdet.
    Gerade angesichts der derzeitigen internationalen Lage sei das Treffen von Madrid notwendiger denn je, sagte Parr.
    Iran, Sowjetunion.
    Die Übergabe der Geißeln in der US-Botschaft in die Obhut der Regierung wird möglicherweise am Samstag stattfinden.
    Ein Sprecher des Revolutionsrates sagte gegenüber der Presseagentur Reuter, das Gremium werde heute Abend über die Frage beraten.
    Die sowjetische Parteizeitung Pravda wirft heute dem iranischen Staatspräsidenten Bani Sader unbegründete Angriffe auf die Sowjetunion vor.
    Kolumbien.
    Die Regierung in Bogotá ist zur Beilegung der Geiselaffäre in der Dominikanischen Botschaft angeblich zu einem Entgegenkommen gegenüber den Geiselnehmern bereit.
    Am Abend soll eine neue Verhandlungsrunde stattfinden.
    Die gestrigen Gespräche waren mit nur etwa 45 Minuten die bisher kürzesten.
    Großbritannien.
    In der Hafenstadt Bristol sind bei Zusammenstößen zwischen der Polizei und Hunderten Farbigen etwa 30 Menschen verletzt worden.
    Es waren die schwersten Krawalle in Großbritannien seit einem Jahr.
    Anlass für die Zusammenstöße war eine Rauschgift-Razzia.
    Frankreich.
    Die Regierung in Paris hat ein umfangreiches Energieprogramm vorgelegt.
    Es sieht einschneidende Sparmaßnahmen in der Industrie, in Wohnungen, in Büros und bei den Verkehrsbetrieben vor.
    Öl soll bis 1990 nur noch 30% des Energiebedarfs decken.
    Zurzeit liegt der Anteil bei 56%.
    Schweden.
    Die Gewerkschaften haben mit einem Generalstreik gedroht, nachdem die Arbeitgeber beschlossen haben, 750.000 Arbeiter vom 10.
    April an für eine Woche auszusperren.
    Diese Aussperrungen wiederum sind eine Antwort auf den Gewerkschaftsbeschluss, Überstunden zu verweigern.
    Vereinte Nationen.
    Der Weltsicherheitsrat nimmt heute die Debatte über die nationalen Rechte des palästinensischen Volkes wieder auf.
    Die westlichen Staaten und die Entwicklungsländer wollen eine Verschiebung der Diskussion auf Juli vorschlagen, um ein drohendes Veto der USA gegen eine pro-palästinensische Entschließung zu verhindern.
    USA, Vereinte Nationen.
    UNO-Generalsekretär Waldheim möge möglichst rasch eine Konferenz zur Lage in Kambodscha einberufen.
    Diese Forderung erhob die Regierung in Washington.
    Der zuständige Staatssekretär im Außenministerium, Hallbrook, sagte, durch internationale Verhandlungen müsse eine ganze Nation vor dem Untergang bewahrt werden.
    Hallbrook beschuldigte auch die Sowjetunion für die Tragödie des kambodschanischen Volkes mitverantwortlich zu sein.
    Und diese Nachrichten bildeten den Schlusspunkt im heutigen Mittagsjournal.
    Die nächste ausführliche Informationssendung des aktuellen Dienstes ist das Abendsjournal in den Programmen Österreich 1 und Österreich Regional.
    Einen schönen Tag wünscht Ihnen noch Werner Löw.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten
    Wettervorschau für das Wochenende
    Mitwirkende: Gmoser, Herbert [Gestaltung] , Löw, Werner [Moderation]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten
    Bildungspolitische Diskussion zur Abschaffung der Matura
    Einblendung: Schülerreferent der SJ Christoph Maztnetter, Unterrichtsminister Sinowatz
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung] , Matznetter, Christoph [Interviewte/r] , Sinowatz, Fred [Interviewte/r]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Bildung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten
    Interview: Bürgermeister Gratz zu Vorschlag von ÖVP-Wien-Obmann Busek für eine Konzentrationsregierung in Wien
    Interview: Leopold Gratz
    Mitwirkende: Votava, Kurt [Gestaltung] , Gratz, Leopold [Interviewte/r]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten
    Palästina Debatte in UNO-Sicherheitsrat
    Mitwirkende: Stoiber, Rudolf [Gestaltung]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Arbeitslosigkeit - ein weltweites Problem: Bis 2000 müssen 1 Milliarde Arbeitsplätze geschaffen werden
    Interview: ILO-Direktor Francails Blanchard
    Mitwirkende: Kerbler, Michael [Gestaltung] , Blanchard, Francis [Interviewte/r]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Energiesparprogramm Frankreichs bis 1990
    Mitwirkende: Fuhrmann, Thomas [Gestaltung]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Analyse der Situation im Geiseldrama von Bogota
    Mitwirkende: Ellrodt, Klaus [Gestaltung]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Ort: Bogota [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Diskussion um Olympiaboykott, von 143 Nationen bereits 105 Teilnahme zugesagt
    Mitwirkende: Jirkovsky, Karl [Gestaltung]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Politik Österreich ; Sport ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Inhalt: Nachrichten
    Bernardo Bertoluccis kontroversieller Inzest-Film "La Luna"
    Einblendung: Bernardo Bertoluccis
    Mitwirkende: Baur, Karin [Gestaltung] , Bertolucci, Bernardo [Interviewte/r]
    Datum: 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Kultur ; Film ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Titel Mittagsjournal 1980.04.03
    Spieldauer 01:00:05
    Mitwirkende Löw, Werner [Moderation]
    Henke, Reinhold [Regie] [GND]
    Glück, Luis [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1980.04.03 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
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    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-800403_k02
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