Mittagsjournal 1981.12.22

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit, in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag meine Damen und Herren, zum Mittagsjournal des aktuellen Dienstes begrüßt Sie Roland Machatschke.
    Zu dieser Stunde konstituiert sich in Wien das Nationalkomitee für Polenhilfe, das unter dem Ehrenschutz von Bundespräsident Kirchschläger steht und bei dem Vizekanzler Sinovac den Vorsitz haben wird.
    Die Not der Polen in Polen und jener Polen, die in Österreich sind, zu lindern, das ist die Zielsetzung dieses Nationalkomitees.
    dass eine überparteiliche und gesamtösterreichische Einrichtung sein soll.
    und die über alle politischen Fragen hinaus sich dieser humanitären Zielsetzung unterordnen wird.
    Wir berichten nach den Nachrichten ausführlich über das Nationalkomitee und seine Ziele.
    Wir informieren Sie über die Haltung der österreichischen Volkspartei zu den Fragen Polenhilfe und politische Einschätzung der Lage.
    Und wir berichten über die Ereignisse in Polen selbst in Form einer Zusammenfassung der Nachrichten von Radio Warschau, eines Direktberichts unseres Warschauer Mitarbeiters Ludwig Tam, der uns über den Fernschreiber erreicht hat,
    und eines Studiogesprächs mit dem Polenexperten Dr. Hans-Jakob Steele.
    Weitere Themen im heutigen Mittagsschanal Wirtschaftsprognose 1982 der österreichischen Wirtschaftsforschung und Bericht über die Lage der bildenden Künstler in Wien.
    Zunächst aber jetzt zu Beginn dieses Programms die Nachrichten.
    Für die Meldungen verantwortlich als Redakteurin ist Elisabeth Manners, Sprecher Wolfgang Riemerschmid.
    Polen, Großbritannien.
    Radio Warschau hat erstmals über Streiks in Kohlenbergwerken des oberschlesischen Industriegebietes berichtet.
    In einer Meldung heißt es, in den Kohlengruben Siemowit und Piast befinden sich mehr als 3000 streikende Bergleute unter Tage.
    Die Streikorganisatoren ließen keine Beamten, Ärzte oder Priester zu den Bergmännern.
    Die Warschauer Sektion der Unabhängigen Gewerkschaft Solidarität berichtete am Wochenende auf illegal gedruckten Flugblättern von 15 Toten bei einem Sturmangriff der Miliz auf eine Presslauer Waggonfabrik.
    Außerdem ist in dem Flugblatt von zahlreichen Streiks vor allem in insgesamt 30 schlesischen Kohlengruben die Rede.
    Die BBC, der britische Rundfunk, meldet unter Berufung auf informierte Quellen, seit Ausrufung des Kriegsrechtes seien in Polen mehr als 200 Menschen getötet worden.
    Diese Zahl war bereits in den vergangenen Tagen von einem Vertreter der katholischen Kirche Polens genannt worden.
    Während polnische Regierungssprecher erklärten, die seit Beginn des Ausnahmezustands internierten Menschen seien gut untergebracht, meldet die Nachrichtenagentur Reuter, nach inoffiziellen Berichten würden viele Internierte im Freien festgehalten.
    Es gäbe Fälle von Erfrierungen und Wundbrand.
    Nach offizieller Darstellung wurden bisher in Polen 5000 Menschen interniert.
    Gegen den Botschafter Polens in den Vereinigten Staaten, Spasowski, ist ein Strafverfahren eingeleitet worden.
    Spasowski hatte am Wochenende um politisches Asyl in den USA angesucht.
    VATIKAN Der Sekretär der polnischen Bischofskonferenz, Weihbischof Dąbrowski, ist als Sonderbeauftragter des Primas von Polen Glemp in Rom eingetroffen.
    Sofort nach seiner Ankunft informierte der polnische Geistliche Papst Johannes Paul II.
    über die aktuelle Lage in Polen.
    USA
    Eine amerikanische Regierungsdelegation hat in Washington mit den Botschaftern der verbündeten Länder in Europa und im fernen Osten die Situation in Polen beraten.
    Einzelheiten der Konsultationen wurden nicht bekannt.
    Präsident Reagan empfing im Weißen Haus führende Vertreter der in den USA lebenden Polen.
    Sie baten den Präsidenten weiterhin, private Lebensmittelsendungen nach Polen zu ermöglichen.
    Österreich
    In Wien konstituiert sich heute das Nationalkomitee für Hilfeleistungen an notleidende Polen.
    Den Ehrenschutz hat Bundespräsident Kirchschläger übernommen.
    Vertreten sind unter anderem die Bundesregierung, alle Parlamentsparteien, die traditionellen humanitären und karitativen Organisationen in Österreich, der Zeitungsherausgeberverband und der ORF.
    Auf ein Postcheckkonto des Nationalkomitees können Geldspenden eingezahlt werden.
    Mit den von der Regierung aus Budgetmitteln verdoppelten Spendengeldern soll der polnischen Bevölkerung durch Warenlieferungen direkt geholfen werden.
    Außerdem sollen sie auch für notleidende Polen in Österreich eingesetzt werden.
    Um 19 Uhr werden alle Kirchenglocken in Österreich den Beginn der nationalen Hilfsaktion einläuten.
    ÖVP-Bundesparteiobmann Mock hat heute in einem Weihnachtsappell alle Österreicher aufgefordert, den Polen in ihrem Heimatland und auch in Österreich zu helfen.
    Anlässlich der Konstituierung des Nationalkomitees für Polen kündigte Mock eine Spende des Abgeordnetenclubs seiner Partei an.
    Zugleich kritisierte der ÖVP-Obmann das kommunistische System in den Ostblockstaaten und meinte, dass Kommunismus mit Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Demokratie unvereinbar sei.
    Der Obmann der sozialistischen Jugend, Czap, erklärt in der sozialistischen Korrespondenz, die tragischen Ereignisse in Polen sollten von konservativen Kreisen in Österreich nicht für eine Kritik an der Entspannungspolitik oder für eine Hetze wie zur Zeit des Kalten Krieges ausgenutzt werden.
    Zugleich meint Schapp, es sei skandalös, dass die sich sonst zur Arbeiterbewegung zählenden österreichischen Kommunisten die Unterdrückung der polnischen Arbeiter rechtfertigten.
    Es sei bedauerlich, dass nicht nur konservative Kräfte, sondern auch linke Splittergruppen versuchten, aus dem Ausnahmezustand in Polen politisches Kapital zu schlagen, heißt es in der sozialistischen Korrespondenz.
    Österreich, Großbritannien, Japan.
    Westliche Gewerkschaften setzen sich in verstärktem Maß für die verfolgten Mitglieder der unabhängigen polnischen Gewerkschaftsbewegung ein.
    Der internationale Bund freier Gewerkschaften hat nach einer Aussendung der österreichischen Eisenbahner Gewerkschaft bei einer Sonderkonferenz gegen das Kriegsrecht in Polen und die Maßnahmen gegen die Solidarität protestiert.
    Der Generalsekretär des britischen Gewerkschaftsdachverbandes, TUC, Murray, hat die Gewerkschaften der Ostblockländer gewarnt, die britischen Arbeitnehmervertretungen könnten die Beziehungen zu ihnen abbrechen, wenn sie sich nicht für eine Beendigung des Kriegsrechtes in Polen einsetzten.
    Murray erklärte, er werde es auf einen Bruch mit den osteuropäischen Gewerkschaften ankommen lassen, wenn diese den Vorgängen in Polen untätig zusehen.
    Der japanische Gewerkschaftsbund Sojo hat mit einer landesweiten Spendenaktion zugunsten von Solidaritätsmitgliedern begonnen.
    Bundesrepublik Deutschland In einem Interview für die Deutsche Illustrierte Stern hat Bundeskanzler Kreisky erhebliche Zweifel am Friedenswillen des israelischen Ministerpräsidenten Begin geäußert.
    Kreisky meint, dass sowohl Begin als auch dessen Außenminister Shamir in Mordaktionen verwickelt gewesen seien.
    Begin habe daher nicht die geringste Veranlassung, Verhandlungen mit PLO-Chef Arafat zu verweigern, betont der Bundeskanzler in dem Interview und fügt hinzu, er fürchte, Begin und Shamir seien dabei, dem israelischen Volk von Neuem ein biblisches Schicksal zu bereiten.
    USA.
    Der sowjetische Staats- und Parteichef Brezhnev hat in einem Interview für eine amerikanische Fernsehgesellschaft den Vereinigten Staaten die Wiederaufnahme der SALT-Verhandlungen über die strategischen Nuklearwaffen angeboten.
    Außerdem erklärte Brezhnev seine Bereitschaft, mit Präsident Reagan im kommenden Jahr zusammenzutreffen.
    Wörtlich meinte der sowjetische Staats- und Parteichef,
    Die Erfahrung zeige, dass zum besseren Verständnis der gegenseitigen Positionen Gipfeltreffen nützlicher seien als jede andere Form der zwischenstaatlichen Kommunikation."
    Präsident Reagan hat die Ansicht geäußert, dass die Friedensbewegung in Europa von Moskau gesteuert werde.
    Reagan erklärte in einem Fernsehinterview, die Friedensdemonstrationen seien vom Weltfriedensrat geplant worden, der seinerseits von der Sowjetunion gravierend beeinflusst werde.
    Bereits im Vorjahr haben CIA-Agenten die Meinung vertreten, dass der Weltfriedensrat ein Werkzeug der Sowjetunion sei.
    Nach den Ergebnissen einer Meinungsumfrage halten es drei von vier Amerikanern für möglich, dass die Vereinigten Staaten in den kommenden Jahren in einen Atomkrieg verwickelt werden könnten.
    59 Prozent der Befragten glauben nicht, dass die Initiative dazu von Präsident Reagan ausgehen könnte.
    33 Prozent schließen diese Möglichkeit jedoch nicht aus.
    Großbritannien
    Gemeinsam mit dem Pianisten Justus Franz und dem London Philharmonic Orchestra hat der deutsche Bundeskanzler Schmidt heute in London ein Mozart-Konzert für einen wohltätigen Zweck aufgenommen.
    Vor Journalisten sagte Schmidt, es sei für ihn eine aufregende, für das Orchester vielleicht eine weniger aufregende Erfahrung gewesen.
    Die Wetterlage.
    Ein Tiefdruckkomplex reicht von Westeuropa bis in den Golf von Genua.
    Er beeinflusst wiederholt den Wetterablauf im Alpenraum.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    An der Nordseite der Gebirge mitunter föhnige Auflockerungen.
    Sonst meist reichlich bewölkt und zeitweise Schneefall, besonders im Südalpenraum.
    In der Folge auch an der Alpen-Nordseite Bewölkungsverdichtung und Aufkommen von Schneefall.
    Mäßiger bis lebhafter Wind aus Südost bis West.
    Nachmittagstemperaturen minus 6 bis minus 1 Grad, in Föhngebieten kurzzeitig über 0 Grad.
    Tiefstwerte der kommenden Nacht minus 8 bis minus 2 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Mittwoch.
    Meist reichlich bewölkt und wiederholt Schneefall.
    Schwacher bis mäßiger Wind aus Südost bis Südwest.
    Tageshöchsttemperaturen minus 5 bis 0 Grad.
    Die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
    Wien, heiter, minus 3 Grad, Südostwind 15 Kilometer in der Stunde.
    Eisenstadt, wolkig, minus 3 Grad, Ostwind 20 Kilometer.
    Linz, startbewölkt, minus 5 Grad, Ost 20.
    Salzburg, startbewölkt, minus 7 Grad, Nord 5.
    Innsbruck, startbewölkt, minus 3 Grad, Wind still.
    Bregenz, bedeckt, 0 Grad, Ostwind 3 Kilometer in der Stunde.
    Graz bedeckt Schneefall minus 6 Grad windstill und Klagenfurt Nebelschneefall minus 8 Grad windstill.
    Zwölf Uhr und elf Minuten.
    Wie Sie bereits gehört haben, konstituiert sich in dieser Stunde im Bundeskanzleramt das österreichische Nationalkomitee für Polenhilfe.
    Bereits vorher, im Pressefoyer nach der Sitzung des Ministerrates, wurde Vizekanzler Sinowaz dazu befragt, zunächst, wer diesem Nationalkomitee angehört.
    Alle humanitären und karitativen Organisationen sind eingeladen und darüber hinaus die Bundesregierung, die Landesregierungen, die Interessensvertretungen, die Medien,
    die Parteien.
    Es soll wirklich sozusagen repräsentativ für ganz Österreich sein.
    Was erwarten Sie sich eigentlich, was an Spenden eingeht für diesen Nationalkomitee?
    Gibt es da irgendwelche Vorstellungen?
    Nein, ich glaube, das kann man nicht sagen.
    Ich bin nur überzeugt davon, aufgrund der
    Zustimmungserklärungen, die uns erreicht haben, schon vor der Konstituierung des Nationalkomitees, dass eine wirklich große Bereitschaft in Österreich besteht, zu helfen.
    Den ganzen Tag hindurch heute haben wir Telefonanrufe bekommen von Privaten, von Betriebsräten, von Institutionen, die alle ihre Mitarbeit angeboten haben und ihre Spendebereitschaft bekundet haben.
    Herr Vizekanzler, zumindest ist ein
    Optischer dunkler Punkt in diesen ganzen Bemühungen bleibt doch die Aufrechterhaltung des Wies' und Zwanges.
    Der spielt wahrscheinlich jetzt keine allzu große praktische Rolle mehr.
    Umso mehr die Frage, warum nicht als symbolischer Akt der Solidarität mit dem polnischen Volk nicht Aufhebung des Wies' und Zwanges?
    Ich glaube, dass er schon wiederholt und
    mit Nachdruck darauf verwiesen wurde, dass alle, die um Asyl in Österreich ansuchen und herkommen, aufgenommen werden als Beweis dafür.
    Wir haben also Polen, die in Nachbarstaaten sind und in Österreich einreisen wollten, das Visum erteilt und sie sind auch nach Österreich gekommen in den letzten Stunden.
    Herr Vizekanzler, der außenpolitische Sprecher der Volkspartei hat in einem Interview die Frage aufgeworfen, was passiert in Österreich, wenn die Kohlenlieferungen jetzt ausbleiben, Stromlieferungen geben durch Polen, Erdgasleitungen.
    Wie hat die Regierung in diesen Punkten vorgesorgt?
    Die Stellen, die mit der Versorgung Österreichs mit Strom und mit Energie überhaupt beauftragt sind, befassen sich mit dieser Frage, aber bisher ist die Versorgung
    sichergestellt worden und das ist auch für die nächste Zeit mit großer Sicherheit zu erwarten.
    Das heißt also es gibt so eine Art Optionen oder Vorverträge, falls dort etwas ausfällt, dass wir es von woanders bekommen?
    Es sind also in verschiedenen Hinsichten entsprechende Vorkehrungen getroffen worden.
    Konkret können Sie nichts... Nein.
    Wer entscheidet eigentlich in welcher Art und an wen die Spenden ergehen?
    Ja, ich glaube, dass hier in erster Linie die Erfahrungen der karitativen Organisationen genützt werden müssen.
    Caritas, Volkshilfe, Rotes Kreuz und andere Organisationen, die ja schon bisher Aktionen durchgeführt haben, die die größte Erfahrung haben und die sollen mit der Durchführung betraut werden, wobei
    für die Bundesregierung, die Frau Staatssekretär Fast beauftragt ist, mit den qualitativen Organisationen direkt zusammenzuarbeiten, weil es ja bekanntlich eine Verdoppelung der Geldspenden durch die Bundesregierung gibt.
    Ist diese Aktion eigentlich unbegrenzt oder dauert die so lange an, bis sich die Situation in Polen entspannt hat?
    Unbegrenzt.
    Herr Präsident, man hat gehört, dass die Polen Hilfsgüter aus den Ostblockländern nicht nur verschenken, also kostenlos verteilen, sondern zum Teil auch verkaufen.
    Falls diese Regelung etwa auch auf österreichische Hilfslieferungen ausgedehnt würde, würde sich Österreich damit einverstanden erklären, dass österreichische Spenden dort verkauft werden?
    Das ist meines Erachtens undenkbar.
    Die Bundesregierung hat versprochen, dass alle Spenden der Österreicher verdoppelt werden aus Budgetmitteln.
    Gibt es neben diesem Versprechen auch persönliche Beiträge, etwa finanzieller Art, der einzelnen Regierungsmitglieder?
    Das liegt im Ermessen jedes Einzelnen.
    Österreicher von den Regierungsmitgliedern bis zu allen Funktionären in den verschiedensten Organisationen, bis hin zu den Österreicherinnen und Österreichern.
    Jeder, glaube ich, ist aufgerufen, dass seine dazu beizutragen, dass geholfen werden kann.
    Konkrete Frage an Sie, was werden Sie persönlich tun?
    Ich werde jedenfalls ein großes Opfer bringen, auch nach den Tatbeständen, was meine Einkünfte ausmachen.
    Polen stand auch im Mittelpunkt der traditionellen Pressekonferenz von ÖVP-Partei und Klubobmann Alois Mock zum Abschluss des parlamentarischen Jahres.
    Eine Zusammenfassung seiner Aussagen zum Thema Polen bringt nun Hans Langsteiner.
    In einem Weihnachtsappell forderte ÖVP-Obmann Mock die Österreicher heute zu jener Polenhilfe auf, zu der sie aus christlich-humanitären Gründen und aus Dankbarkeit für die ihnen nach dem Zweiten Weltkrieg gewährte Hilfe verpflichtet seien.
    Ich glaube, wir Österreicher haben zwei
    die Anlässe zu dieser Hilfe für die Polen.
    Ich möchte das hier betonen als Obmann einer christlich-demokratischen Partei, aus unseren ideologischen Wertvorstellungen und auch aus der Geschichte Österreichs, wo Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg von anderen Ländern und Völkern doch sehr maßgeblich unterstützt wurde.
    Ich glaube, dass eine solche Hilfe, zu der es noch vor wenigen Wochen natürlich auch eine Reihe kritischer Stimmen
    In seiner politischen Beurteilung der Situation in Polen ging Mock heute über die gestrige Erklärung von SPÖ-Klubchef Heinz Fischer etwas hinaus.
    Hatte Fischer gemeint, die Installierung des Militärregimes in Polen signalisiere das Ende der kommunistischen Ideologie?
    So sagte Mock heute, der Kommunismus habe gleichsam nie einen Anfang gehabt.
    Mock?
    Was den politischen Aspekt der Entwicklung in Polen anbelangt, so zeigt das für mich neuerdings die Unvereinbarkeit des Kommunismus in den sozialistischen Ländern Osteuropas mit Wertvorstellungen von Freiheit und Gerechtigkeit.
    Meine Damen und Herren, solange sich der Kommunismus oder wie auch gelegentlich klassifiziert wird der orthodoxe Sozialismus
    bekennt zum Klassenkampf, das heißt zur Ausschaltung einer sozialen Gruppe durch eine andere, solange er sich zur Diktatur des Proletariats bekennt, das heißt zum Machtmonopol einer einzigen sozialen Klasse, solange er sich bekennt zum proletarischen Internationalismus, das heißt zur Führung
    der kommunistischen Parteien von Moskau aus, solange es sich bekennt zum demokratischen Zentralismus, das heißt zur Führung einer Partei ausschließlich von oben ohne innerparteiliche Demokratie, ist Demokratie, ist Freiheit, ist soziale Gerechtigkeit mit einem politischen Regime, das von diesen Grundsätzen getragen ist, nicht vereinbar.
    Harte Worte der Kritik fand Mock heute für die Polenerklärung des Vorsitzenden der Sozialistischen Internationale, Willy Brandt.
    Brandts Erklärung, die von manchen europäischen Sozialistenführern nicht unwidersprochen geblieben war, verrate, so Mock, eine Weichheit und einen Opportunismus, wie sie seit dem Ende der 30er Jahre nicht mehr gekannt worden seien.
    Für Österreich bedeutet die Polenkrise jedenfalls, trotz aller Gegensätze, die Notwendigkeit, sich gemeinsam zu den Grundsätzen der Demokratie und zum Bemühen, um soziale und wirtschaftliche Stabilität zu bekennen.
    Und nun zur Berichterstattung über die Ereignisse in Polen selbst.
    Nach wie vor herrscht Nachrichtensperre.
    Informationsquellen sind die Pressekonferenzen offizieller Sprecher des Militärrats in Warschau,
    und einige wenige Korrespondentenberichte, die über die einzige funktionierende Fernschreibleitung und nach vorheriger Vorlage bei der Zensur in den Westen gelangen.
    So der folgende Beitrag unseres Mitarbeiters Ludwig Tam, den wir jetzt verlesen.
    Heftige Schneefälle haben das Leben in Polen weiter erschwert.
    Eisenbahn und Straßenverkehr sind zusätzlich behindert.
    Die öffentlichen Verkehrsmittel in Warschau halten ihren Betrieb in Großen und Ganzen normal aufrecht.
    Der Ansturm auf Straßenbahnen und Autobusse ist größer als früher, nachdem jetzt bereits eine Woche lang kein Benzin an Private verkauft wird.
    Für Ausländer ist eine einzige Tankstelle geöffnet.
    Dort erhält man nach langem Warten 20 Liter.
    Wie die Lage außerhalb Warschaus aussieht, lässt sich nicht feststellen, da es keinerlei Verbindungen gibt.
    Auch der Reiseverkehr ist so gut wie abgestorben, da jeder Bürger eine Erlaubnis benötigt, wenn er seinen Wohnort verlassen will.
    Die gestrigen Gottesdienste verliefen in gedrückter und mit Traurigkeit erfüllter Stille.
    Auf Predigten wurde vielfach verzichtet.
    Lediglich der Aufruf des Papstes wurde verlesen und statt einer Stellungnahme des Hauptrates des Episkopates ein kurzer Appell von Primas Glemp nicht die hasserfüllte Hand gegen den Nächsten zu erheben.
    In zwei Kirchen können Warschauer Päckchen für Internierte und Inhaftierte abgeben.
    Wie aus offiziellen Berichten hervorgeht, hält die Verhaftungswelle an.
    Den meisten Raum nehmen in den Nachrichten Meldungen über Spendenaktionen aus der Sowjetunion und der DDR ein.
    In Warschau kamen am Wochenende zahlreiche Lastzüge aus diesen Ländern an.
    Sie waren mit Lebensmitteln beladen, die vor allem für Kinder gedacht seien, hieß es.
    In polnischer Sprache an den DDR-Autos Transparente wie Freundschaft oder Berlin, die Hauptstadt der DDR, grüßt Warschau.
    Die bisher einzige Erleichterung im Kriegsrecht, Leute über 60 Jahre dürfen während der Feiertage verreisen und brauchen sich bis zum 28.
    Dezember an ihrem Aufenthaltsort nicht polizeilich zu melden.
    Das war ein Direktbericht aus Warschau, ein Bericht, der, wie schon gesagt, über die Zensur gegangen ist.
    Nach wie vor ist es Radio Warschau, auf das sich die meisten Berichte und Interpretationen der Lage in Polen stützen.
    Edgar Sterbens gibt jetzt eine Zusammenfassung der wichtigsten Meldungen von heute Vormittag und vergleicht sie mit dem, was über die westlichen Medien an Informationen über Polen weitergegeben wird.
    Die staatlich kontrollierten Medien Polens haben jetzt am 9.
    Tag nach der Verhängung des Kriegsrechts ihr Schweigen über Streiks und Internierungen gebrochen.
    Sie haben erstmals zugegeben, dass in zumindest zwei Kohlengruben des schlesischen Bergbaugebiets 3.000 Minenarbeiter streiken, dass 5.000 Menschen in Internierungshaft gehalten werden und dass 1.200 Personen aufgrund von Verstößen gegen das Kriegsrecht zu Freiheitsstrafen und zu Geldstrafen verurteilt worden sind.
    Die Erklärungen eines Warschauer Regierungssprechers zur Streiksituation in Schlesien stehen dabei im Gegensatz zu einer von der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS am Sonntag kolportierten Meldung.
    Die Agentur TASS hatte behauptet, dass im Bergwerk Chiemowit, 30 Kilometer südöstlich von Katowice, 1300 Bergleute eingeschlossen seien, nachdem Mitglieder der Solidarität die Ausgänge der Grube gesprengt hätten.
    Laut Auskunft des Pressesprechers des Militärrates, Jerzy Urban, auf einer Pressekonferenz gestern Abend, habe es in Chiemowit keine Explosion gegeben.
    Mehr als 1100 Kumpel hielten sich jedoch in diesem Bergwerk seit einer Woche unter Tag verschanzt.
    Alles in allem sind die polnischen Massenmedien krampfhaft bemüht, ein Bild der Normalisierung zu vermitteln.
    In den Nachrichtensendungen des polnischen Rundfunks vom Vormittag stehen zum Beispiel Meldungen über die Erhöhung der Familienbeihilfen ab 1.
    Jänner sowie Absichtserklärungen über eine Verbesserung und Beschleunigung von Treibstofflieferungen im Vordergrund.
    Es folgen Nachrichten über die Aktivitäten regionaler Militärorganisationen, die angeblich erfolgreich gegen korrupte Beamte vorgehen.
    Es gibt Vorwürfe gegen ausländische Presseorgane, die beschuldigt werden, eine antipolnische Kampagne zu entfachen.
    Und man berichtet darüber, dass die Oder zugefroren sei und dass alle Eisbrecher im Einsatz stünden.
    Aufhorchen lässt die von Radio Warschau verbreitete Meldung, dass 20 Solidaritätsfunktionäre ausländische Regierungen dazu aufgefordert hätten, ihre Hilfslieferungen nicht an den Staat, sondern an die polnische Caritas zu richten.
    Diese Aufforderung wird von Radio Warschau als ein schockierender Appell bezeichnet.
    Gelobt wird die Bruderhilfe in Form von Materialsendungen aus der Sowjetunion und aus der DDR.
    Die Bevölkerung wird aufgerufen, Opferbereitschaft zu zeigen, die Bauern werden daran erinnert, dass es ihre Pflicht sei, durch verstärkte Produktion die Lebensmittelknappheit zu beheben.
    Eine immer wiederkehrende Meldung lautet, der Minister für das Transportwesen wurde verpflichtet, eine Liste mit den Namen all jener Eisenbahner zu erstellen, die sich geweigert hätten, bei der Entladung von Kohlewaggons und beim Schneeschaufeln zu helfen.
    Und immer wieder greift das offizielle Sprachrohr des Militärregimes auf den Appell des polnischen Kardinalprimas Klemp zurück, der in seinen bisherigen Stellungnahmen unter anderem auch seine Landsleute aufgerufen hat, Ruhe zu bewahren.
    Hinsichtlich der sogenannten Verhandlungen zwischen Solidaritätschef Walesa und den Behörden kristallisiert sich heute Mittag folgender Widerspruch heraus.
    Radio Warschau zitiert Regierungssprecher Urban mit den Worten, der Vorsitzende des unabhängigen Gewerkschaftsbundes Solidarität habe bereits mehrere Gespräche mit Regierungsvertretern geführt.
    Walesa werde freigelassen, sobald die Lage im Land es zulässt.
    Dem gegenüber meldet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf gut unterrichtete Kreise in Warschau, dass Valesa mit dem Militärregime nur sprechen wolle, wenn an den Beratungen auch Primas Klempp teilnehme.
    Klempp wiederum sei nur zu Gesprächen bereit, wenn sie in Anwesenheit Valesas stattfinden.
    Bisher soll es zu keiner derartigen Unterredung gekommen sein.
    Im Gegensatz zur offiziellen Darstellung, die davon spricht, dass Internierte erträgliche Unterkünfte hätten und bessere Bedingungen vorfänden als die Insassen in den Haftanstalten, meldet Reuters, dass viele Menschen im Freien festgehalten werden, dass die Internierten an Erfrierungen und Wundbrand litten.
    Der britische Rundfunk, die BBC, berichtet, über 200 Tote in Polen seit Einführung des Kriegsrechts, heftige Widerstände in Schlesien, vor allem in Breslau und Radon.
    Radom sei seit dem 13.
    Dezember von Truppen hermetisch abgeriegelt.
    Laut BBC halten sich dort 8.000 Streikende verbarrikadiert.
    Ein von der Warschauer Sektion der Solidarität am Wochenende in Umlauf gebrachtes Flugblatt, das jetzt auf Umwegen in den Westen gelangt ist, berichtet, dass Ende vergangener Woche bei einem Sturmangriff der Miliz auf eine Waggonfabrik in Breslau 15 Tote zu beklagen gewesen seien.
    In dem Untergrundflugblatt ist außerdem von zahlreichen Streiks in den schlesischen Industriegebieten die Rede.
    Demnach sollen 30 Bergwerke bestreikt werden.
    Das offizielle Warschau hat bisher nur zugegeben, dass Auseinandersetzungen zwischen Streikenden und Militärpolizei sieben Menschenleben gefordert hätten.
    Wie seriös sind nun die Nachrichtenquellen Radio Warschau oder Warschau Fernsehen oder die wenigen polnischen Zeitungen, die seit Verhängung des Kriegsrechts erscheinen dürfen?
    Lassen sich aus den Berichten, lässt sich aus der Wortwahl, aus der Nachrichtengebung schließen, was in Polen wirklich los ist?
    Diese Fragen nun an Dr. Hans-Jakob Steele, einen der besten Kenner der polnischen Verhältnisse, den ich jetzt im Studio begrüße.
    Die Frage ist gar nicht leicht zu beantworten, weil natürlich dieser Sender nicht mehr journalistisch arbeitet.
    Er arbeitet mit den Vorschriften der Militärs.
    Er ist aber, nach allem, was ich bisher in den zehn Tagen von Radio Warsaw gehört habe, um äußerste Sachlichkeit bemüht.
    ausgehend von der Tatsache, dass natürlich die Leute dem Radio und dem Fernsehen dort nichts mehr glauben.
    Wenn man also dort überhaupt Informationen gibt, muss man den Eindruck erwecken, dass sie sachlich sind, dass sie wahr sind.
    Man sagt halbe Wahrheiten, man sagt, man verschweigt sehr vieles, aber mir scheint, man sagt fast keine Unwahrheiten.
    Man redet um die Wahrheit manchmal herum.
    Gibt es eigentlich Nuancen in der Berichterstattung zwischen, sagen wir jetzt, dem Radio auf der einen Seite, dem Fernsehen in Warschau auf der anderen Seite und den wenigen Zeitungen, die in Polen erscheinen dürfen unter dem Kriegsrecht?
    Insofern nuancen, als in den Zeitungen tatsächlich noch Journalisten zu arbeiten scheinen, dass dort noch Kommentare geschrieben werden, natürlich auch im Sinne des Militärrats, aber mit einer gewissen journalistischen Bemühung und einem journalistischen Stil.
    während die Kommuniqués des Rundfunks ganz offenkundig von Militärs selbst gemacht sind.
    Diese Kommuniqués dienen ja vor allem dazu, einerseits abzuschrecken im Sinne des Kriegszustandes von weiterem Widerstand, andererseits aber auch zu werben für
    Das, was nach dem Kriegszustand kommen soll, denn darüber sehen sich die Militärs ganz offensichtlich im Klaren, wie es ja auch General Jaruzelski selbst schon am Anfang formuliert hat und wie es heute der Regierungssprecher Urban noch einmal wiederholt hat, auf lange Sicht lässt sich so wirklich kein Problem Polens mit Gewalt lösen.
    Die Pressekonferenz des Regierungssprechers Urban hat ja überhaupt, glaube ich, zum ersten Mal einige weitere Details darüber enthalten, wie sich das Militärregime vorstellt, die Fortsetzung des politischen Prozesses in Polen, um es so zu sagen, vor allem die Fortsetzung des weiteren Verhältnisses zur Solidarität, denn eines dürfte ja wahrscheinlich auch den Generälen klar geworden sein,
    10 Millionen Solidaritätsmitglieder, wie immer man diese Zahl jetzt beurteilen möchte, von ihrer Ergebenheit der Sache, der Solidarität gegenüber, aber 10 Millionen Leute kann man ja nicht einfach mit einem Federstrich vom Tisch weg... Natürlich, und es geht ja auch nicht nur den aktiven Widerstand zu unterbinden, sondern sehr viel schwerer ist es, den passiven Widerstand zu überwinden, um den es nämlich jetzt im Wesentlichen sich in Polen handelt.
    Es ist ja nicht so, dass dort also
    unendlich viele Zentren des aktiven Widerstands sind oder gar, wie hier eine Wiener Zeitung Schlagzeil machte, der Partisanenkrieg begonnen habe.
    Das ist Unsinn.
    Die Leute sind dort resigniert, erbittert, traurig und absolut nicht dazu aufgelegt, auf die Barrikaden zu steigen.
    Das sind nur ganz wenige, die da mit diesem Gedanken spielen.
    Der Regierungssprecher Urban hat aber, und das lohnt sich vielleicht einmal ganz wörtlich zur Kenntnis zu nehmen, um sich einen Einblick in die Mentalität dieser Militärs zu verschaffen, Wert darauf gelegt, den Leuten zu zeigen, dass ja eigentlich doch gar nicht alles aus sei.
    Denn dies ist ja die allgemeine Stimmung.
    Es sei jetzt alles, was in den letzten eineinhalb Jahren war, aus.
    Urban sagte wörtlich.
    Das Ziel des Kriegsrechts, das vorübergehend ist, war die Notwendigkeit, Polen vor dem Zusammenbruch, den Staat vor seiner Auflösung zu retten.
    Dies ist bereits im Gange und das Kriegsrecht wird in dem Maße eingeschränkt werden von Tag zu Tag, wie sich die Situation beruhigt.
    Die Solidarność als Gewerkschaft ist keineswegs aufgelöst, sondern nur, wie viele andere Organisationen auch, suspendiert.
    Es sei der Wunsch der Regierung, so sagte Urban wörtlich, die Gewerkschaftsbewegung zu reaktivieren, sobald es nur die Möglichkeit dazu gibt.
    Und zwar auch die Solidarność, wenn es der Wille ihrer Mitglieder sei.
    Bei dieser Gelegenheit hörte man ein gewisses Gelächter im Pressesaal, so als ob es eine Frage sei, dass es der Wille der Mitglieder wäre, Solidarność wieder
    zu reaktivieren.
    Dann sagte Orbán, Solidarność hat natürlich ein Statut, hat sich selbst ein Statut gegeben, dieses Statut ist legalisiert und wir wollen, dass sich Solidarność an das eigene Statut hält.
    Das heißt mit anderen Worten, Solidarność soll Gewerkschaftsarbeit machen, aber sich nicht, wie es ja tatsächlich in den letzten Wochen immer mehr tendiert hat,
    zu einer Art politischen Oppositionspartei werden.
    Dann sagte Urbanwirtlich, die Prozesse, die nach dem August 1980 entstanden sind, sind unumkehrbar.
    Auch in dem Sinne, dass es in Polen Platz für unabhängige, selbstverwaltete Gewerkschaften, wie auch für andere Reformen gibt.
    Für Reformen, die auf der Verständigung von 1980 gründen.
    Ich meine damit, sagte Urban, die Art der Verwaltung, die Wirtschaftsreform, die Selbstverwaltung und auch die Entfaltung der demokratischen Freiheiten.
    Die Sache sei nur, sagte Urban, dass es dafür erst Voraussetzungen wiedergeben müsse, damit diese Freiheiten sich in einer, wie er es nannte, verfassungsmäßigen Weise entfalten können.
    Und eben diese Voraussetzungen wolle man mit Hilfe des Kriegszustands schaffen.
    Ich glaube, dass in diesen Äußerungen sehr deutlich zum Ausdruck kommt, dass sich die Militärs bewusst sind der Gefahr, dass sie das, was sie mit dem Kriegszustand verhindern wollen, zum Teil auch provozieren.
    Und dass sie versuchen, aus diesem Teufelskreis dadurch herauszukommen, dass sie den Leuten sozusagen die Hoffnung, und zwar die konkrete Hoffnung, darauf lassen, dass sich etwas von dem, was nach dem August 1980 geschehen ist,
    dass etwas von dem überleben wird.
    Wir haben das ja auch in Ungarn nach 1956 gesehen, dass von dem, was damals von den sowjetischen Panzern sogar niedergewalzt wurde, doch gar nicht so wenig, wenn wir es heute zurückblicken, wirklich geblieben ist.
    Was nicht möglich ist, und darum geht es im Grunde bei dem Ganzen in Polen, es gibt keinen Regimewechsel.
    Denn der Regimewechsel wird, wenn nicht von den Sowjets, sondern eben von den eigenen Kräften, so wie es in Polen jetzt geschieht, verhindert.
    Es darf aber sicherlich das alles nicht darüber hinwegtäuschen, dass Fälle von Brutalität vorkommen.
    Polizei wahrscheinlich, Miliz wahrscheinlich, die hier gegen Arbeiter vorgehen.
    Und es lässt sich ja auch aus den Meldungen der offiziellen polnischen Medien ziemlich deutlich herauslesen, glaube ich, dass es zwei Zentren gibt, in denen Widerstand, ob jetzt aktiver oder passiver Widerstand, existiert.
    Der Ostsee und das Kohlenrevier.
    Das sind vor allem die Zechen Zemowit und Piast in Katowic, wo jetzt auch offiziell bestätigt ist, dass sich dort hunderte von Arbeitern unter Tage in der Grube verschanzt haben, mit der Sprengung der Grube drohen, damit drohen sich selbst in die Luft zu sprengen.
    Es ist dort noch offensichtlich zu keiner Gewalttätigkeit
    Sagt Radio Warschau.
    Ich glaube, das muss man glauben, denn es gibt zu viele Leute dort, die eigentlich das wüssten, wenn es anders wäre.
    Man versucht die Arbeiter zu überreden, herauszukommen.
    Man hat ihnen auch offenbar zugesichert Straffreiheit für den Fall, dass sie herauskommen.
    Man hat ihnen auch heute einen Priester hinuntergeschickt, Lebensmittel.
    Man versucht diesen Konflikt, der offenbar im Augenblick der schwerste und bedrohlichste Konfliktherd ist, zu bereinigen.
    In Danzig scheint das schon gelungen zu sein.
    Jedenfalls scheint mir das ein Symptom dafür zu sein.
    dass ab heute die Ausgangssperre in Danzig um zwei Stunden verkürzt wird, wie auch in anderen Städten es schon gesehen ist.
    Überhaupt diese Verkürzungen der Ausgangssperre, glaube ich, sind das einzige eindeutige und unbestreitbare Symptom für Verbesserungen, für Beruhigungen der Situation im Sinne des Warschauer Militärrates.
    Alles andere kann man immer bezweifeln.
    Obwohl ich sagen würde, dass es auch in diesen Sendungen von Radio Warschau keinerlei agitatorische Elemente gibt.
    Die ganze Art, wie Kommunisten zu reden pflegen und wie auch jetzt in dieser Situation sowjetische...
    Ostdeutsche, Ungarische und natürlich tschechoslowakische Zeitungen darüber schreiben, diesen Stil übernimmt der Militärrat in seinen Verlautbarungen nicht, auch deshalb, weil er genau weiß, dass er damit bei der Bevölkerung einfach nicht mehr ankommt, die Leute das nicht mehr zur Kenntnis nehmen und darauf nicht hören, sondern man bemüht sich,
    um Sachlichkeit, um den Ton, der den Militärs ja eigen ist, aber in dem natürlich, wie Sie mit Recht sagen, nicht nur in der Sprache, sondern auch in der Sache eine gewisse Brutalität stecken kann.
    Wie sind die Bemühungen des Militärregimes zu beurteilen, Herr Dr. Steele, mit der Kirche ins Gespräch zu kommen, die Kirche sozusagen einzuschalten?
    Die beiden Elemente, die da besonders herausragen, das eine ist die Mission des Kardinal Poggi in Warschau und jetzt der Besuch des Bischofs Dombrovskis, Sekretär der Bischofskonferenz in Rom beim Papst.
    Ich glaube diese Reise von Dombrovski gestern nach Rom ist ein Symptom dafür, dass die Mission von Poggi in Warschau bereits sozusagen
    beginnt zu wirken, denn man hatte Dombrovski ja schon letzte Woche in Rom erwartet und war sehr erstaunt, dass er keine Möglichkeit hatte zu kommen.
    Jetzt, kaum dass Poggi in Warschau sich befindet, konnte Dombrovski reisen.
    Das weist wohl auch darauf hin, dass Poggi noch längere Zeit in Warschau bleiben wird.
    Er hat ja auch aufgrund der seit Jahren bestehenden Vereinbarungen zwischen Polen und dem Vatikan das Recht,
    solange er will, sich in Warschau aufzuhalten.
    Er ist dort eine Art Nunzius, so wie es in Rom einen Vertreter Polens im Range eines Gesandten bei der polnischen Botschaft gibt, der aber beim Vatikan akkreditiert ist.
    Diese Art von indirekten diplomatischen Beziehungen existiert seit Jahren und die werden in diesem Augenblick aktiviert und natürlich auch benutzt, zweifellos zu einer Vermittlungsaktion.
    Vor allem geht es ja Polschi darum, den abgerissenen Gesprächsfaden
    zwischen Kirche und Regierung, zwischen Primas Klemp und General Jaroselski, aber auch natürlich mit Vavenza, dem Gewerkschaftsvorsitzenden, fortzusetzen.
    Und es ist bezeichnend, dass die Militärs diesen Gewerkschaftsvorsitzenden Vavenza sozusagen mit Glaceh-Handschuhen anpacken, schon anpacken, aber eben doch mit Vorsicht anpacken, weil sie ihn sich sozusagen als
    denkbaren und vielleicht einzig denkbaren echten Gesprächspartner nicht zerstören, nicht kaputt machen lassen wollen.
    Danke, Hans-Jakob Steele, dass Sie zu uns ins Studio gekommen sind und jetzt noch ein kurzer Blick auf die restlichen 21,5 Minuten des heutigen Mittagsschanals.
    Wir gehen kurz noch einmal auf die Pressekonferenz von ÖVP-Obmann Mock und auf das Pressefoyer nach dem Ministerrat ein und zwar auf die innenpolitischen Themen darin.
    Wir berichten über die Wirtschaftsprognose 1982 der österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitute und im Kulturteil über die Lage der bildenden Künstler in Wien.
    Zunächst aber die Inlandspresseschau, die Auszüge aus Kommentaren der heutigen Zeitungen, die sich natürlich noch immer mit Polen beschäftigen.
    In der Neuen Krone Zeitung schreibt Dieter Kindermann über Polen.
    Wir haben bisher 50.000 Menschen aus diesem Ostblockland bei uns aufgenommen.
    Zugegeben, die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung war nicht so spontan wie bei den Ungarn 1956 oder Tschechen 1968.
    Aber damals erlebten wir ja hautnah an unseren Grenzen mit, wie unsere Nachbarn von Sowjetpanzern gejagt wurden.
    Nach den dramatischen Ereignissen der vergangenen Tage erfolgte auch ein Umdenken in Sachen Polenflüchtlinge.
    Eine neue Welle der Hilfsbereitschaft hat eingesetzt.
    Österreich drückt sich jedenfalls nicht.
    In der sozialistischen Arbeiterzeitung denkt Manfred Scheuch über das kommunistische System und Polen nach.
    Die sowjetische Supermacht duldet keinen Schwächeanfall an ihren Grenzen.
    Und die Hoffnung der kleineren Völker Osteuropas kann nur sein, dass einmal auch das russische Volk nach Reformen verlangt.
    Eine Hoffnung, die sich auch auf Karl Marx stützen darf, den man nicht verbieten kann, wie vieles andere, und der geschrieben hat, dass erstarrten Verhältnissen ihre eigene Melodie vorgespielt werden müsse, um sie zum Tanzen zu bringen.
    Peter Klar im neuen Volksblatt der ÖVP über Polen.
    Wenn jetzt ein enger Mitarbeiter Jaruzelskis die Enthaftung der Internierten unter der Bedingung in Aussicht stellt, dass sie sich zu einem kommunistischen Polen und zu den bestehenden Bündnisverträgen bekennen, wenn er hinzufügte, dass die übrigen politischen Ansichten dieser Funktionäre ihre eigene Angelegenheit seien, dann heißt dies, Polen bleibt zwar ein riesiger Kerker, daran ist nicht zu rütteln.
    Aber ihr habt die Möglichkeit, das Kerkerleben halbwegs erträglich zu gestalten.
    Das heißt aber auch, dass die Solidarität als solche weiter bestehen kann, dass ein winziger Ansatz zu gesellschaftspolitischem Pluralismus bestehen bleibt.
    In der Presse ein kurzer Kommentar über die großen österreichischen Wirtschaftsprobleme.
    Am selben Tag, da der sozialistische Club Obmann rückblickend die friedlichste Budgetdebatte seit zehn Jahren lobte, zeichnete sich ein Konflikt zwischen den Großparteien ab, der jeden Konsens bald der Vergessenheit überantworten könnte.
    Bundeskanzler Kreisky will eine Ankurbelungspolitik wie 1974-75 starten,
    ÖGB-Präsident Benja assistierte mit der Förderung nach zusätzlichen 4 Milliarden Schilling und die ÖVP antwortet mit der Warnung vor dem Ingangssetzen der Notenpresse.
    Tatsächlich könnte die Volkspartei für ihren Standpunkt einen unverdächtigen Zeugen namhaft machen.
    Finanzminister Salcher, der noch im Frühherbst ein Budgetdefizit von 70 Milliarden Schilling als indiskutabel und ruinös für den Staatshaushalt bezeichnet hatte.
    Herwig Schmidl im Kurier über kleine, vielleicht aber noch viel drückendere Wirtschaftsprobleme.
    Ausgerechnet am kältesten Tag dieses Winters, ausgerechnet drei Tage vor Weihnachten, gingen Rentner auf die Straße, um eine Abgeltung für die enorm gestiegenen Heizkosten zu verlangen.
    Wer von der Mindestrente leben muss, ab Jänner rund 3.900 Schilling, dessen Ofen bleibt heuer meistens kalt.
    Sind wir schon wieder so weit, dass wir eine Winterhilfe organisieren müssen?
    In Zeiten wie diesen, da Weihnachten eine noch nie dagewesene Fressorgie zu werden verspricht, wohl kaum.
    Und der Vorschlag im Kurier?
    Hat denn noch keiner daran gedacht, den Beschäftigten in der verstaatlichten Industrie die Kohlendeputate wegzunehmen und sie Mindestrentnern zu geben?
    Solidarität nennt man das.
    Eigentlich ein sozialistischer Urbegriff.
    Das war die Inlandspresse-Schau.
    Wir haben bereits erwähnt, dass ÖVP-Obmann Alois Mock heute im Parlament eine Pressekonferenz zum Abschluss des parlamentarischen Jahres gegeben hat, so wie gestern der sozialistische Klubobmann Heinz Fischer.
    Über die innenpolitischen Themen dieser Pressekonferenz von MOK berichtet jetzt wieder Hans Langsteiner.
    Die künftigen Schwerpunkte der nächsten Monate sieht MOK ähnlich wie Fischer.
    Auch der ÖVP-Fraktionschef nannte in diesem Zusammenhang wohnungs- und schulpolitische Fragen.
    Freilich mit deutlich anderem Akzent als sein SPÖ-Gegenspieler.
    Was die von der SPÖ propagierten Startwohnungen für junge Familienanlage, sei die ÖVP hier skeptisch.
    Und die in der 7.
    Schulorganisationsgesetz-Novelle angestrebte weitgehende Angleichung von Hauptschulen und AHS-Unterstufen dürfe, so Mock, keinesfalls zur stillen Einführung der integrierten Gesamtschule für alle 10- bis 14-Jährigen führen.
    Es wird die Gesamtschule weder als solche noch über eine Hintertür in Österreich eingeführt werden.
    Weil wir hier, nicht nur in der österreichischen Volkspartei, sondern weit über die Volkspartei hinaus, ja bitte, ich muss fairerweise sagen, bis zu einzelnen sozialistischen oder hier müsste mich ich sogar sagen sozialdemokratischen Pädagogen der Auffassung sind, dass das ein ideologisch Fixierbild ist, die Gesamtschule, dieser Schuleintopf, während wir glauben, wir brauchen eine Schulorganisation, die mehr auf den einzelnen Schüler Rücksicht nimmt.
    Dennoch sieht MOK eine Chance auf Einigung über die Schulnovelle noch vor dem nächsten Sommer.
    Näher treten kann die ÖVP nach Angaben ihres Chefs jedenfalls einer anderen Anregung Heinz Fischers.
    Die Wiederverlautbarung der Bundesverfassung zur besseren Übersichtlichkeit dieses Grundsatzgesetzes wäre, so MOK heute, für die ÖVP grundsätzlich vorstellbar.
    Und die innenpolitischen Aussagen im Pressefoyer nach der Sitzung des Ministerrats heute Vormittag fasst jetzt Fritz Pessater zusammen.
    Vizekanzler Sinovac, der heute den bereits skiurlaubenden Bundeskanzler vertrat, wurde nach dem Ministerrat auch als Unterrichtsminister befragt.
    Sein konkretes Thema, die vor kurzem vom Unterrichtsministerium präsentierte Vorlage des 7.
    Schulorganisationsgesetzes.
    Wie MOC ist auch Sinovac ziemlich optimistisch, dass es bei den parlamentarischen Beratungen zu der notwendigen Einung mit der ÖVP kommen wird.
    Sinovac?
    Ich bin nach wie vor optimistisch deswegen, weil es eine vernünftige Regelung ist, die ich vorschlage und weil es eine Regelung ist, die keinen faulen Kompromiss bringt, sondern eine sinnvolle Weiterentwicklung der österreichischen Schule auf dem Boden der Schulgesetze 1962, die ja gemeinsam beschlossen worden sind.
    Ich denke also, dass diese Regelung sehr sehr sinnvoll ist und ich kann auch feststellen, dass
    über beide Strecken dieser Novelle bei den Parteienverhandlungen Übereinkunft bestanden hat.
    Sinowatz betonte, dass das Recht der Eltern zu entscheiden, in welche Schule, entweder in ein Gymnasium oder in die neue Form der Hauptschule, ihre Kinder gehen, gewahrt bleibe.
    Auch glaubt Sinowatz, dass sein Terminfahrplan für diese Schocknovelle so die Kurzform halten werde, nämlich Beschlussfassung bis zum Sommer.
    Und nun zum Thema Wirtschaft im Mittagsschanal.
    Das Wirtschaftsforschungsinstitut und das Institut für höhere Studien haben heute Vormittag ihre Wirtschaftsprognosen für das nächste Jahr und den Ansätzen auch für 1983 veröffentlicht.
    Beide Institute gehen von der Annahme aus, dass sich die Konjunktur nur sehr zögernd wieder erholen wird.
    Einer der Experten nannte diesen Prozess wörtlich zittrig.
    Große Sorgen bereitet nach wie vor der Arbeitsmarkt, obwohl man im Allgemeinen ein Ende der Wirtschaftsflaute langsam herankommen sieht.
    Herbert Huter fasst zusammen.
    Seit eineinhalb Jahren Stagnation und Flaute in der Wirtschaft, ein Umstand, der seit Ende des Zweiten Weltkrieges in dieser Schärfe nicht zu verzeichnen war.
    Allerdings, so der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts Helmut Kramer, einige Aufschwungstendenzen in der Industrie in den letzten Monaten.
    Aber für die Beschäftigungssituation noch keine Besserung.
    Die Arbeitsmarktschwierigkeiten kommen auch daher, dass die Beschäftigungsnachfrage im Dienstleistungssektor ganz offenbar an eine Grenze gestoßen ist und dass seit dem Frühjahr jedenfalls im privaten Teil des Dienstleistungssektors keine zusätzliche Beschäftigung mehr gefragt wurde.
    Ich möchte auf der anderen Seite nicht rabenschwarzen Pessimismus für das nächste Jahr
    in der Prognose erblicken.
    Ein jahresdurchschnittliches Wachstum von zwei Prozent reicht zwar nicht aus, um die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungslage nennenswert zu verbessern, es reicht aber doch aus, um eine gewisse Hoffnung zu geben auf eine Fortsetzung einer allmählichen Tendenz zur Konsolidierung der Wirtschaft.
    Eine Wirtschaft, die sich in einem scharfen Ausleseprozess befindet, nur die wirklich gesunden Betriebe werden überleben.
    Dieses Gesundschrumpfen bleibt aber auch für die Beschäftigungszahlen, nicht ohne negative Auswirkungen.
    Die österreichische Industrie hat im heurigen Jahr mehr als drei Prozent ihrer Beschäftigung abgebaut.
    Selbst wenn dieser Vorgang nun vermutlich zu Ende kommen wird, die Anpassung der Beschäftigungslage nicht mehr in dem Maße weitergeht, wird im Jahresdurchschnitt im kommenden Jahr
    die Industriebeschäftigung nochmals tiefer liegen als im heurigen Jahr.
    Ein Phänomen, was die Arbeitslosigkeit betrifft, muss als völlig neu zur Kenntnis genommen werden.
    Die Zahl der jugendlichen Arbeitslosen im Alter von 18 bis 25 Jahren steigt überdurchschnittlich an und dürfte auch in den nächsten Monaten weiter steigen.
    Betroffen von dieser Entwicklung sind Jugendliche, die nach Abschluss einer Lehre keinen Arbeitsplatz finden oder auch Maturanten, die nicht, wie erwartet, im Dienstleistungssektor, etwa im Bankenbereich, unterkommen konnten.
    Allerdings wird von Seiten des Wirtschaftsforschungsinstituts diese Entwicklung als noch nicht besorgniserregend eingestuft.
    Nun das Institut für Höhere Studien.
    Die Experten dieser Institution sehen für den Jahreswechsel 1982-83 ein Ende der Wirtschaftsflaute voraus, jedoch für 1983 sogar noch eine Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt.
    zur Konjunktur.
    Belebend wirken sich ausländische Einflüsse wie etwa Exportaufträge aus.
    Aber auch im Inland wird 1982 wieder mehr investiert und mehr gekauft.
    Institutsleiter Erhard Fürst prognostiziert.
    Ein leichtes Konsumwachstum, etwas über ein Prozent real.
    Hier spielt doch die Steuersenkung, die mit ersten Ersten
    eintreten wird eine gewisse Rolle.
    Sie wird teilweise kompensiert, vielleicht zu einem Viertel, durch die Anhebung gewisser Sozialversicherungsbeiträge, Erhöhung der Höchstbemessungsgrundlage in der Krankenversicherung und so weiter.
    Wird aber doch Raum lassen für eine Nettorealeinkommenssteigerung eben in der Größenordnung von zumindest ein
    Prozent, da die Progressionswirkung kurzfristig gemildert wird, dafür wahrscheinlich im ein Jahr später schon wieder in voller Stärke auftreten wird.
    Gekauft werden vor allem wieder dauerhafte Konsumgüter, weil ja irgendwann einmal das neue Auto, das man jetzt doch zwei Jahre lang mehr oder minder hinausgeschoben hat in Österreich, doch einmal angeschafft werden muss.
    Zum Arbeitsmarkt.
    Der Optimismus vom September musste korrigiert werden, denn das sogenannte Arbeitsmarktwunder in Österreich musste ja irgendwann einmal zu Ende sein, wenn die Flaute länger dauert, wenn die öffentlichen Kassen leer sind und auch die Dienstleistungsbetriebe an der Grenze der Aufnahmefähigkeit angelangt sind.
    Beschäftigungsexpansion im öffentlichen Sektor nimmt sicherlich sehr stark ab.
    Der Bankenbereich versucht mehr und mehr Abgänge nicht mehr zu ersetzen.
    Die Ertragslage ist dort schlechter.
    Die Filalexpansion kommt zu einem Ende.
    Der Handel leidet naturgemäß unter den
    unter den schlechten Absatzmöglichkeiten aufgrund des schwachen Konsums.
    Kein Wachstum der Beschäftigten mehr voraus und damit ein Anstieg der Arbeitslosigkeit auf etwa 2,8 Prozent.
    Das WIFO liegt knapp über drei.
    Wir haben das ausführlich diskutiert.
    Sie brauchen hier nur etwas unterschiedliche Annahmen machen.
    sei es über die Gastarbeiter, sei es über die Entwicklung des Arbeitskräfteangebotes.
    Wir haben natürlich ein optimistischeres Wachstum insgesamt und auch die bereits erwähnten öffentlichen Maßnahmen für die Bauwirtschaft drinnen, sodass wir
    hier glauben, dass es möglich sein wird, die Arbeitslosenrate nächstes Jahr in unter drei Prozent zu halten.
    Wie gesagt, diese Diskussion bewegt sich hier in Zehntelprozenten.
    Schlechter allerdings die Aussichten laut Institut für Höhere Studien 1983.
    Und zwar eine Arbeitslosigkeit von mehr als drei Prozent, trotz anspringender Konjunktur, weil sich die Firmen länger Zeit lassen, wieder neue Leute aufzunehmen.
    So weit der Bericht von den Wirtschaftsforschungsinstituten und damit zurück zum Journal.
    Und wir setzen fort mit Kultur.
    Ein Drittel bis die Hälfte aller österreichischen bildenden Künstler lebt in der Bundeshauptstadt Wien.
    Eine vom Kulturamt der Stadt Wien in Auftrag gegebene Studie zählt etwa 1000 hauptberufliche bildende Künstler in Wien und erforscht ihre berufliche, soziale und wirtschaftliche Situation.
    Hören Sie, Heidi Grundmann.
    Die Studie über die Lage der Künstler in Wien liegt seit Ende März abgeschlossen im Kulturamt der Stadt Wien.
    Der sonst alles andere als Pressekonferenz-scheue Kulturstadtrat Helmut Zilk hat es verabsäumt, ihre Ergebnisse zu veröffentlichen.
    Das übernahm jetzt ganz nebenbei die Opposition im Parlament.
    Bei der kürzlich spätabends abgeführten Budgetdebatte zu kulturellen Belangen sagte der Abgeordnete Bergmann,
    Wenn Sie trotz der vorgeschrittenen Stunde mir nur kurz zuhören möchten, was die Situation österreichischer bildender Künstler ergibt nach einem Bericht, den das Institut für Stadtforschung in Wien erstellt hat, so glaube ich, sollte man einmal kurz innehalten,
    und sehen, welche Sozialsituationen es in Österreich immer noch gibt.
    Die Verdienstchancen der bildenden Kunst liegen durchschnittlich unter jenen von unselbstständigen Erwerbstätigen.
    Die Hälfte der Männer und Frau Abgeordnete Dobesberger, drei Viertel der Künstlerinnen
    hat man ein künstlerisches Einkommen von unter 5000 Schilling oder gar keinen.
    Das Parlament verlangte übrigens in seltener Einmütigkeit dem Unterrichtsminister als Anhang zum nächsten Kunstbericht einen Bericht über die Lage der Künstler in ganz Österreich ab.
    Etwas, was die Landeskulturreferenten schon seit einiger Zeit als ihr Vorhaben bezeichnen.
    Und Siener war selbst als Untersuchung über die Kulturschaffenden im Anschluss an seine Studie des Kulturverhaltens der Österreicher angekündigt, aber dann offensichtlich vergessen hatte, obwohl die Aktionsgemeinschaft Bildender Künstlerinnen intakt, die seit 1975-76 eine Studie über die Künstlerinnen in Österreich verlangt, auf diese weiter gefasste Untersuchung vertröstet worden war.
    Inzwischen also hält die Stadt Wien die zum Beispiel von den Künstlerinnen immer wieder geforderten Ergebnisse über die Lage bildender Künstler in der Hand und bisher unter Verschluss.
    Stadtrat Zilk
    Die Studie wurde von uns vor zwei Jahren in Auftrag gegeben.
    Wir haben sie vor mehr als einem halben Jahr bekommen.
    Sie hatte ja in erster Linie die Aufgabe, den Mitarbeitern des Kulturamtes und natürlich auch dem verantwortlichen Stadtrat Hinweise zu geben.
    Sie enthält nichts, was uns überraschen könnte.
    Sie zeigt uns, dass die Lage der bildenden Künstler in Wien eine durchaus als schlecht zu bezeichnende
    ist, sie zeigt eine Reihe anderer wichtiger Hinweise im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Männern und Frauen.
    Nämlich, dass die Künstlerinnen mindestens so schlecht dran sind, wie es die Intact immer befürchtet und behauptet hat, aber nicht beweisen konnte.
    Die Künstlerinnen sind zwar besser ausgebildet als ihre Kollegen, sie haben aber viel weniger Gelegenheit auszustellen, sind einem stärkeren Konkurrenzdruck ausgesetzt und haben wie gesagt ein deutlich geringeres Einkommen, was etwas heißen will, wenn sowieso schon 55% aller Künstler kein bzw.
    ein Einkommen unter 5.000 Schilling aus ihrer Arbeit beziehen.
    Künstlerinnen müssen auch zu einem weit höheren Anteil als Künstler auf ein geordnetes Familienleben verzichten.
    50 Prozent von ihnen leben allein oder vom Partner getrennt mit Kindern.
    Nur 25 Prozent der Männer befinden sich in dieser Situation.
    Von denen, die mit ihrem Partner leben, sind wiederum 42 Prozent der Künstlerinnen von ihm abhängig.
    Auch 18 Prozent der Männer erleben diese Abhängigkeit vom Einkommen des Partners.
    Insgesamt also sind die Einkommensverhältnisse der Künstler in Wien sehr trist, obwohl viele von ihnen durchaus bereit wären, außerhalb ihrer Ateliers zu arbeiten, Aufgaben in der Umweltgestaltung, im öffentlichen Raum, im Bereich der sogenannten Kunst am Bau zu übernehmen, statt Radzilk,
    Diese Studie hat ja intern bereits eine große Bedeutung gehabt.
    Sie hat nämlich als Hauptargument bewirkt, die Zusage des Bürgermeisters mitzuhelfen, dass wir zum Beispiel im Rahmen einer Reihe von Maßnahmen, zum Beispiel im Vordergrund eine Neuregelung dessen, was man früher Kunst am Bau genannt hat, was ich lieber als Kunst im Raum bezeichnen würde, herbeiführen wollen.
    Das ist mit ein Ergebnis dieser Studie.
    Die Neuregelung für die Kunst am Bau liegt nicht im alleinigen Entscheidungsbereich des Kulturamtes und lässt so auf sich warten.
    Viele Künstler sind bereit, in der Erwachsenenbildung, in der Animation, in Schulen usw.
    zu arbeiten und so ihr traditionelles Berufsfeld zu erweitern.
    Hier versteht sich das Kulturamt nur als Anreger.
    Als eigene Maßnahme kündigt Zilk Versuche an, den Markt für bildende Kunst zu beleben, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Galerienverband und der Artothek.
    Nur diese Maßnahme wird gerade jenen Künstlern und Künstlerinnen nicht zugutekommen, die eben kaum Zugang zu den Galerien haben.
    Sie hilft auch denen wenig, die vor allem unter miserabelsten Arbeitsbedingungen leiden.
    Ein Viertel aller Künstler leben und arbeiten in einem Raum.
    Nur 30 Prozent haben überhaupt ein eigenes Atelier und das ist oft unzureichend.
    Die Zahl der Bildhauer nimmt in Wien einer Stadt mit einer Bildhauertradition rapide ab, sicherlich auch deshalb, weil es zu teuer ist, Bildhauer zu sein.
    Auch für die ohnehin nur 15 Prozent der Künstler, die sich Grundlagenforschern in der Wissenschaft vergleichbar der Entwicklung neuer und experimenteller Formen widmen, gibt es überhaupt kaum kulturpolitische Massnahmen wie etwa Arbeitsstipendien oder gar eine Art von Gehalt.
    Ausstellungen werden niemals honoriert, sondern immer noch als Ehre für den Künstler betrachtet und so weiter und so fort.
    Eine Kommission mit Vertretern der Betroffenen, also der Künstler selbst, die anhand der Ergebnisse der Studie vielleicht Empfehlungen zu einer Verbesserung der Situation ausarbeiten hätte können, ist bisher nicht eingesetzt worden.
    Und zum Abschluss jetzt noch einmal ins Nachrichtenstudio.
    Österreich.
    In Wien hat sich zum Mittag das Nationalkomitee für Hilfeleistungen an notleidende Polen konstituiert.
    Den Ehrenschutz hat Bundespräsident Kirchläger übernommen.
    Vertreten sind unter anderem die Bundesregierung, alle Parlamentsparteien, die traditionellen humanitären und karitativen Organisationen, der Zeitungsherausgeberverband und der ORF.
    Das Postcheckkonto, auf das Geldspenden eingezahlt werden können, hat die Nummer 1.061.000.
    Die Regierung wird die Spenden aus Budgetmitteln verdoppeln.
    Das Geld soll für Warenlieferungen an die polnische Bevölkerung und für notleidende Polen in Österreich eingesetzt werden.
    Vizekanzler Sinovac erklärte, das Komitee sei eine überparteiliche und gesamtösterreichische Einrichtung, die humanitäre Ziele verfolge.
    Er rechne mit einer großen Hilfsbereitschaft der Österreicher.
    Sinovac betonte neuerlich, dass alle Polen, die nach Österreich kommen wollen, auch kommen dürfen.
    ÖVP-Parteiobmann Mock hat in einem Weihnachtsappell alle Österreicher aufgefordert, den Polen in ihrem Heimatland und auch in Österreich zu helfen.
    Zugleich kritisierte Mock das kommunistische System in den Ostblockstaaten und meinte, Kommunismus sei mit Freiheit, sozialer Gerechtigkeit und Demokratie unvereinbar.
    Polen.
    Der polnische Rundfunk meldete heute Mittag, die Streiks in drei schlesischen Bergwerken und in einem Stahlwerk bei Katowice dauerten an.
    Zum ersten Mal wurde in der Meldung von einem Arbeitsboykott gesprochen.
    Bisher war auch nur von Streiks in zwei Bergwerken die Rede gewesen.
    Nach Informationen westlicher Agenturen soll in insgesamt 30 schlesischen Kohlegruben gestreikt werden.
    Und zum Abschluss noch die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend.
    Zunehmend stark bewölkt und von Süden übergreifend der Schneefälle auf den Norden und Osten.
    Nachmittagstemperaturen minus 6 bis minus 1 Grad.
    In einer halben Minute ist es 13 Uhr.
    Meine Damen und Herren, das Mittagsschanal ist beendet.
    Sie hören uns wieder mit ausführlichen Informationen ab 18 Uhr.
    Programme Österreich 1 und Österreich Regional mit dem Abendschanal.
    Auf Wiederhören.
    Untertitel der Amara.org-Community

    Beiträge dieses Journals

    Trailer: O-Ton Vizekanzler Sinowatz zur österreichischen Polenhilfe
    Mitwirkende: Eichinger, Erich [Gestaltung] , Sinowatz, Fred [Interviewte/r]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Nachrichten
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Nationalkomitee für Polenhilfe gegründet
    Interview: Vizekanzler Sinowatz
    Mitwirkende: Eichinger, Erich [Gestaltung] , Sinowatz, Fred [Interviewte/r]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressekonferenz des ÖVP-Obmanns Mock zu Polen
    Interview: ÖVP-Obmann Mock
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung] , Mock, Alois [Interviewte/r]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Warschau: Zensurierter Lagebericht von Militärbehörden freigegeben
    Mitwirkende: Thamm, Ludwig [Gestaltung]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medien und Kommunikation ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Gespräch mit dem Polen-Experten Hansjakob Stehle: Medienglaubwürdigkeit in Polen in Frage gestellt, Chance auf Überleben der Solidarität
    Interview: Polen-Experten Hansjakob Stehle
    Mitwirkende: Machatschke, Roland [Moderation] , Stehle, Hansjakob [Interviewte/r]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Inlandspresseschau zu Polen
    Mitwirkende: Bayer, Irmgard [Gestaltung]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medien und Kommunikation ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    ÖVP-Obmann Mock zur Schulorganisationsnovelle
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Bildung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Ministerrat: Unterrichtsminister Sinowatz zu Schulreform
    Mitwirkende: Pesata, Fritz [Gestaltung]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Bildung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    WIFO und Institut für Höhere Studien: Prognose 1982 - Arbeitsmarktprognosen, Arbeitslosenrate um 3%
    Interview: WIFO-Leiter Kramer und IHS-Leiter Fürst
    Mitwirkende: Hutar, Herbert [Gestaltung] , Kramer, Helmut [Interviewte/r] , Fürst, Erhard [Interviewte/r]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Situation der bildenden Künstler in Wien
    Einblendung: ÖVP-Abgeordeter Kurt Bergmann und Kulturstadtrat Zilk
    Mitwirkende: Grundmann, Heidi [Gestaltung] , Bergmann, Kurt [Interviewte/r] , Zilk, Helmut [Interviewte/r]
    Datum: 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Kultur ; Wirtschaft ; Bildende Kunst ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1981.12.22
    Spieldauer 00:59:52
    Mitwirkende Machatschke, Roland [Moderation] [GND]
    Bachmair, Udo [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1981.12.22 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-811222_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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