Mittagsjournal 1984.02.06

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit, in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Mahlzeit, meine Damen und Herren, beim Mittagsjournal begrüßt Sie Reinhold Henke.
    Kurz gleich zum Programm für die folgende Stunde nach dem Meldungsteil.
    Am Vormittag wurde gemeldet, dass der berühmte französische Schriftsteller Manes Sperber gestern im Alter von 79 Jahren in Frankreich gestorben ist.
    Sperber hatte auch lange Zeit in Wien gelebt.
    Wir bringen einen Nachruf auf den stets skeptischen Moralisten Manes Sperber.
    Außenpolitisch steht das Mittagsschanal im Zeichen der neuesten Libanon-Entwicklungen.
    Die Regierung ist am Wochenende zurückgetreten, Kämpfe forderten in diesen Tagen mehrere hundert Tote.
    Im Libanon bahnt sich nun offenbar eine Entscheidung im Machtkampf zwischen den Kriegsparteien des Landes an.
    Sie hören ein ausführliches Gespräch mit unserem Mitarbeiter in Beirut, Marcel Pott.
    Wir berichten dann weiter aus dem Ausland über den Beginn einer Tagung der UNO-Menschenrechtskommission in Genf mit der Fragestellung, was diese Kommission eigentlich zu leisten imstande war und ist und welche Macht sie hat.
    Alfons Thalmer berichtet über einen tolldreisten Kunstraub in Rom.
    Die bebrachen in die schwerstbewachte Residenz des sowjetischen Botschafters ein und stahlen Kunstwerke von unschätzbarem Wert.
    Inland dann vor dem Hintergrund des bevorstehenden Wechsels an der Spitze der sozialistischen Jugend bringen wir ein Gespräch mit dem noch Vorsitzenden Josef Ciab.
    Bürgerinitiativen und Wissenschaftler gaben heute Vormittag eine Pressekonferenz in Wien zu neuen Initiativen gegen das Waldsterben bekannt.
    Umweltschutzgruppen haben am Wochenende nämlich ein umfassendes Umweltschutzprogramm formuliert.
    Und schließlich hören Sie noch ein Gespräch mit dem weltweit bekannten Dirigenten und Musikwissenschaftler Nikolas Anon-Kur, dem Gründer des Ensembles Consentus Musicus.
    Das ist unser Programm bis 13 Uhr.
    Wir beginnen immer mit dem Meldungsteil.
    Verantwortlich dafür ist heute Mittag Raimund Heller und der Sprecher ist Peter Fichner.
    Frankreich.
    Der Schriftsteller Mannes Sperber ist gestern in einem Pariser Krankenhaus im Alter von 78 Jahren gestorben.
    Mannes Sperber wurde in Galicien geboren, kam im Alter von elf Jahren mit seinen Eltern nach Wien und beendete hier seine Gymnasialausbildung.
    In der Bundeshauptstadt absolvierte er auch ein Psychologiestudium, wurde Schüler und Mitarbeiter Alfred Adlers, des Begründers der vergleichenden Individualpsychologie.
    Das Naziregime zwang Sperber 1933 zur Flucht über Jugoslawien nach Frankreich, wo er sich in Paris niederließ.
    1937 erschien seine psychologische Veröffentlichung zur Analyse der Tyrannis.
    Im selben Jahr löste er sich unter dem Eindruck der stalinistischen Säuberungsprozesse von der kommunistischen Partei.
    Während des Zweiten Weltkriegs kämpfte er auf französischer Seite, flüchtete in die Schweiz und kehrte 1945 nach Paris zurück.
    Seine literarische Karriere begann 1949.
    Zu seinen bekanntesten Werken zählen »Der verbrannte Dornbusch«, »Tiefer als der Abgrund« und »Die verlorene Bucht«.
    Japan.
    Ministerpräsident Yasuhiro Nakazone hat heute in einer Rede vor dem Parlament in Tokio an die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion appelliert, die unterbrochenen Abrüstungsverhandlungen wieder aufzunehmen.
    Wie der Regierungschef sagte, müssten beide Supermächte vor allem auf eine Verringerung der Atomwaffen hinarbeiten.
    Nakazone gab klar zu verstehen, dass nur ein Land wie Japan, das nicht über Atomwaffen verfügt und dessen Militärpotenzial ausschließlich der eigenen Verteidigung dient, überzeugend für den Frieden und die Abrüstung argumentieren kann.
    Außerdem schlug der Ministerpräsident der Sowjetunion eine, wie er sagte, Normalisierung des politischen Dialogs und in diesem Zusammenhang ein Außenministertreffen vor.
    Die Sowjetunion gehört zu den schärfsten Kritikern der erweiterten Verteidigungspläne Japans.
    Tschechoslowakei.
    In Böhmen beginnen heute Manöver ungarischer, sowjetischer und tschechoslowakischer Armeeeinheiten.
    Es sollen vor allem der Einsatz von Panzern und der Winterkrieg geübt werden.
    Ein hochrangiger sowjetischer Offizier sagt in einem Interview im tschechoslowakischen Fernsehen, die Manöver seien auch eine Antwort auf die Stationierung amerikanischer Mittelstrecken-Atomwaffen in Westeuropa.
    Manövergebiet ist der Raum um Pilsen, Karlsbad und Reichenberg.
    Schweiz.
    In Genf beginnt heute die Jahrestagung der UNO-Menschenrechtskommission.
    Im Mittelpunkt der Beratungen steht neuerlich eine Konvention zum Schutz vor Folter.
    Umstritten ist hierbei ein von Schweden eingebrachter Vorschlag, dass ein unabhängiger Ausschuss bei Verdacht auf Folterungen an Ort und Stelle Untersuchungen vornehmen kann.
    Gegen diesen Vorschlag hat sich vor allem die Sowjetunion ausgesprochen.
    An der Konvention gegen die Foltern arbeitet die Menschenrechtskommission der 43 Staatenangehören bereits seit fünf Jahren.
    Während der sechswöchigen Jahrestagung sollen wiederum eine ganze Reihe von Menschenrechtsverletzungen behandelt werden.
    Genannt werden Vorfälle in Afghanistan, Chile, El Salvador, Guatemala, im Iran, in Kambodscha sowie in Polen, in Sri Lanka und Zypern.
    Zur Diskussion stehen ferner Konventionsentwürfe über politisch motivierte Hinrichtungen, über den Einsatz von Söldnern und über die Rechte von Kindern.
    Libanon.
    Im Gebiet der Hauptstadt Beirut wurden die Kämpfe zwischen schiitischen Amal-Milizen und libanesischen Regierungstruppen auch heute früh fortgesetzt.
    Ein Teil der libanesischen Armee soll zu den Milizen übergelaufen sein.
    Der Drusenführer Walid Jumblatt hat inzwischen den Rücktritt der Regierung unter Ministerpräsident Vazan als Manöver bezeichnet, mit dem Präsident Mishmael Zeit gewinnen wolle.
    Der Oppositionspolitiker lehnt weiterhin jede Zusammenarbeit Mishmael ab.
    Zur Lösung der innenpolitischen Krise hat der Staatschef die Konfliktparteien aufgefordert, die sogenannten Versöhnungsgespräche am 27.
    Februar in Genf fortzusetzen.
    In einer von Rundfunk und Fernsehen übertragenen Rede ging Schmajel gestern Abend jedoch nicht auf die Förderung der Opposition ein, das Abkommen mit Israel über einen Truppenabzug zu kündigen.
    Israel.
    Die Armee hat heute mit der in der Vorwoche angekündigten Mobilisierungsübung für Reservisten begonnen.
    Der staatliche Rundfunk sendete verschiedene Codewörter als Zeichen für die mehr als tausend Betroffenen, sich an zuvor vereinbarten Stellen zu melden.
    Nach Angaben des Londoner Instituts für strategische Studien kann Israel innerhalb von 24 Stunden 100.000 zusätzliche Soldaten zu seiner ständigen Armee von 172.000 Mann mobilisieren.
    USA
    Die Besatzung der Raumfahrrad-Challenger soll heute Nachmittag trotz des Verlustes des Nachrichten-Satelliten Vesta 6 einen zweiten Raumkörper in eine Umlaufbahn bringen.
    Der zweite Satellit ist von Indonesien in Auftrag gegeben worden.
    Vesta 6 gilt als endgültig verloren.
    Radar-Bodenstationen der NASA orteten ihn zwar unversehrt auf einer niedrigeren Flugbahn, es besteht aber keine Hoffnung, dass der Kurs korrigiert werden kann.
    Sowjetunion Die Führung in Moskau will mit materiellen Anreizen für die Arbeiter die Qualität im Konsumgüter- und Dienstleistungsbereich verbessern.
    Das Politbüro der KPDSU hat beschlossen, dem Industriemanagement mehr Autonomie zu gewähren.
    Die Gewinne der Unternehmen sollen den Betrieben voll zur Verfügung gestellt werden, die Aufteilung des Geldes soll die Firmenleitung und den Gewerkschaften überlassen bleiben.
    Es wurde nicht mitgeteilt, wann diese Regelung Kraft tritt.
    Die sowjetische Wirtschaft leidet vor allem an Nachschubproblemen, fehlendem Kundendienst und schlechter Qualität von Ersatzteilen.
    Österreich Anfang März wird Tee, das zweitliebste heiße Getränk der Österreicher, wahrscheinlich teurer werden.
    Fachleute rechnen mit einer Preiserhöhung von etwa 20 Prozent.
    Ursache der Verteuerung ist der zunehmende Verbrauch vor allem in den USA, aber auch in den Produzentenländern selbst, wie etwa in Indien.
    Die Kaffeepreise sind allerdings nur für Einkäufer gegenüber Dezember um 38 Prozent gestiegen.
    Vorerst wird mit keiner Preisänderung gerechnet, da die Lager mit einem gesamten Jahresbedarf voll sind.
    Dem Vernehmen nach ist aber bis zum Sommer mit einer Preiserhöhung zwischen 6 und 8 Schillen pro Kilogramm zu rechnen.
    Bis Sommeranfang ist noch eine Verteuerung bei Kakao zu erwarten, in der Folge dürfte dann auch der Preis für Schokolade ansteigen.
    Gesundheitsministerium, Ärzte- und Apothekerkammer sowie das Institut für Sozialmedizin der Universität Wien starten heute eine Kampagne gegen das Rauchen.
    Mit Plakaten und Broschüren sowie mit Schaufensterwerbung in Apotheken und mit Verkauf von sogenannten Nikotin-Kaugummi aus Schweden sollen etwa eineinhalb Millionen Österreicher angesprochen werden, die pro Tag mindestens 30 Zigaretten rauchen.
    An der ersten Innsbrucker chirurgischen Klinik ist gestern eine zweite Herztransplantation erfolgreich durchgeführt worden.
    Der 28-jährige Patient litt an einer virusbedingten Herzmuskelentzündung.
    Es geht ihm nach den Worten von Klinikchef Prof. Schnitzer sehr gut.
    Das Spenderherz wurde aus Holland mit einem Flugzeug nach München und anschließend per Hubschrauber nach Innsbruck gebracht.
    In einigen Salzburger Diskotheken bestehen schwere Sicherheitsmängel.
    Bei behördlichen Kontrollen wurden unter anderem verstellte Fluchtwege, Notausgänge ohne Türschnallen und brennbare Boden- und Wandbelege beanstandet.
    Zahlreiche Betriebe müssen nun innerhalb kürzester Zeit bestimmte Sicherheitsauflagen erfüllen.
    Seit den frühen Morgenstunden ist die Brenner Autobahn für LKW blockiert.
    Italienische Frechter haben auf Südtiroler Seite bei der Mautstation Sterzing beide Fahrbahnen mit Lastwagen verstellt.
    Mit dieser Aktion wollen die Frachtunternehmer ihrer Forderung nach einer beschleunigten Abfertigung am Brennerpass Nachdruck verleihen.
    Dem Vernehmen nach soll die Blockade bis Ende der Woche dauern.
    Der ÖAMTC empfiehlt den Lastwagenfahrern, Fahrten nach Italien bis auf Weiteres zu meiden, da selbst bei problemloser Zollabfertigung ein Weiterkommen im Landesinneren nicht garantiert werden kann.
    Personenwagen können die Brenner Autobahn ohne Schwierigkeiten passieren.
    Das Wetter.
    Ein kräftiges Tief liegt über dem Nordmeer.
    Zugehörige Störungszonen überqueren in rascher Folge Mitteleuropa.
    Nach einer kurzen Zwischenbesserung erreicht die nächste Front schon in der kommenden Nacht Österreich.
    Das Wetter bleibt somit veränderlich.
    Aussichten bis morgen früh.
    Im Süden örtlich noch etwas Niederschlag, im größten Teil Österreichs aber vorübergehend aufgelockerte Bewölkung.
    Nachmittagstemperaturen 3 bis 9 Grad.
    In der kommenden Nacht erneut Störungsdurchzug, vor allem im Westen und Norden Niederschläge, in den Niederungen Regen.
    Tiefsttemperaturen im Süden minus 2, sonst 0 bis 5 Grad.
    Aussichten für morgen Dienstag.
    Anfangs stark bewölkt und Niederschläge, in Tiefenlagen Regen.
    Schneefallgrenze bis 800 Meter.
    Tagsüber an der Alpen-Nordseite einzelne Schneeschauer, sonst wieder Bewölkungsauflockerung.
    Mäßiger in freien Lagen lebhafter West- bis Nordwestwind.
    Tageshöchsttemperaturen 3 bis 7 Grad und eine Vorschau bis Freitag.
    Weiterhin unbeständig, vor allem am Nordrand der Gebirge zeitweise Schneefall.
    Temperaturen etwas sinkend, Tageshöchsttemperaturen minus 2 bis plus 4 Grad.
    Wettermeldungen von 12 Uhr.
    Wien wolkig, 6 Grad, Westwind mit 20 Kilometern in der Stunde.
    Eisenstadt stark bewölkt, 7 Grad, Westwind 15.
    Linz stark bewölkt, 5 Grad, Westwind 25.
    Salzburg heiter, 6 Grad, Südostwind 10.
    Innsbruck stark bewölkt, 4 Grad.
    Bregenz bedeckt 4 Grad und Südwind mit 10 Kilometern in der Stunde.
    Graz bedeckt 2 Grad, Klagenfurt ebenso bedeckt 2 Grad.
    Zwölf Uhr und 13 Minuten ist es nun gleich.
    Der Schriftsteller Manis Sperber ist gestern in einem Pariser Krankenhaus im Alter von 78 Jahren gestorben.
    Sperber wurde in Galicien 1905 geboren, wuchs zunächst ganz in der religiösen Tradition des ostgalicischen Judentums auf, floh dann 1916 mit seinen Eltern in Wien, wo er das Gymnasium beendete und auch ein Psychologiestudium.
    Geistig wurde Mannes Sperber geprägt von Marx, Spengler, Freud, Nietzsche und auch Dostoevsky.
    1933 wurde Sperber von den Nazis zur Flucht gezwungen, landete dann in Frankreich, wo er auch an Seite der Franzosen am Zweiten Weltkrieg teilnahm.
    Er blieb weiterhin in Paris.
    1979 begann eigentlich die literarische Karriere von Manes Sperber.
    Die wichtigsten Werke, der verbrannte Dornbusch, Tiefer als der Abgrund, die verlorene Bucht.
    Volkmar Paschalk zeichnet im folgenden Nachruf das Bild eines der größten europäischen Geistesdenker.
    Bei der Frankfurter Buchmesse des vergangenen Herbstes waren seine zahlreichen Freunde und Leser traurig, als sie hörten, er könne nicht selbst den Friedenspreis des deutschen Buchhandels entgegennehmen.
    Aber als Alfred Grosser nach Siegfried Lenz Laudatio Sperbers Dankesrede verlas, mit ihrem brisanten politischen Inhalt, erwarmte vor Anti-Amerikanismus und der von der deutschen Friedensbewegung immer wieder geforderten einseitigen Abrüstung,
    war allen Anhängern des bedeutenden Schriftstellers Eseisten, Psychologen und des Herzen im Sturm gewinnenden, zauberhaften Menschenmannes sperrbar klar, es konnte nur eine geringfügige Krankheit sein, die ihn von Frankfurt fernhielt, ihn, der mit Klarsicht, Mut, beseelt von einem unabdingbaren Willen zur Wahrheit, zentrale, uns alle berührende Existenzprobleme klarstellte und zurechtrückte, ohne die Rücksichtnahme auf Popularität und ohne das vorsichtige Taktieren,
    das Aussagen der Politiker oft unglaubwürdig macht.
    Mannes Sperber war nie der Schriftsteller im Elfenbeinturm.
    Er war immer ein zutiefst politischer Mensch.
    Und er hat für mehrere Generationen aufmerksamer Leser in Österreich, in der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und Frankreich vor allem, den Beruf des Schriftstellers weggeführt, von dem Image des selbstgefälligen Poseurs und des egozentrischen Selbstdarstellers hin zur moralischen Instanz, zum Seher, zum Künder der Wahrheit.
    Anlässlich der Verleihung des großen österreichischen Staatspreises an ihn im Jahre 1977 hat er das so ausgedrückt.
    Ich habe niemals nachgegeben.
    Ich habe mich niemals um einen Preis beworben, niemals so geschrieben im Hinblick darauf, dass es einem großen Publikum oder irgendwem besonders gefallen sollte.
    Ich hatte nur ein Kriterium, das war das, was ich glaubte, dass ich sagen müsste.
    Es war eine bewegte Zeit, in die Mannes Sperber hineingeboren wurde.
    Und es waren schwierige, bewegte Zeiten und viele, später korrigierte Umwege, die ihn formten.
    Als Sohn eines Rabbiners in Zablotow, einem galizischen Städtel am 12.
    Dezember 1905,
    In die religiöse Tradition des ostgalizischen Judentums, die Armut und Verfolgung hineingeboren, beendete er in Wien, seine Gymnasialausbildung, begann das Studium der Psychologie, wurde Schüler und Mitarbeiter des Individualpsychologen Alfred Adler, sympathisierte mit der kommunistischen Jugendbewegung und trat 1927 der Kommunistischen Partei bei, was zum Bruch mit Alfred Adler führte.
    Seine Veröffentlichungen als Wissenschaftler, Alfred Adler, Der Mensch und seine Lehre, zur Analyse der Tyrannies, das Unglück begabt zu sein, standen im Schatten seines politischen Engagements, seiner Widerstands- und Untergrundkämpfe in Wien und Berlin, im Dienste des Kommunismus und als erbitterter Feind des aufkommenden Faschismus in Deutschland und Österreich.
    Wie bei Jugoslawien musste er 1933 nach Paris fliehen, wo er sich 1937 unter dem Eindruck der stalinistischen Säuberungsprozesse enttäuscht vom Kommunismus abwandte.
    In einem Interview sagte uns Manes Sperber über die Brüche in seinem Leben,
    Mein Leben geht durch Brüche hindurch, die zum Teil von außen kommen, der Weltkrieg, die Flucht, mehrere Fluchten und so weiter, und die Ereignisse eben in der Welt.
    Gleich steht die auch meinerseits.
    Aber das Besondere ist, dass all diese Brüche nicht in einem Abgrund enden, sondern, das sagen wir so, ich bin also ein ketzerischer Adlerianer, ein Gralpsychologe.
    Adler hat mit mir gebrochen und ich mit ihm.
    Aber alle Adlerianer sehen mich als einen treuen Repräsentanten des Adlerianismus an.
    Ich habe, wie Sie wissen, vor nunmehr 44 Jahren mit dem Kommunismus gebrochen.
    Aber diejenigen, die was von Sozialismus verstehen, von den wirklichen Zielen,
    der großen Emanzipationsbewegung, die sich Sozialismus nennt, sehe mich, ich glaube, mit Recht als ein Sozialisten und als einen recht kompetenten Kenner des Marxismus.
    Ich habe mit Wien gebraucht, mit Österreich, und es hat mit mir gebraucht, spätestens im Jahr 1938, aber es gibt dann doch sehr viele Österreicher und Wiener, die mich eher als einen ansehen,
    mit dem Sie sehr viel gemeinsam haben, um es vorsichtig auszudrücken.
    Wissen Sie, wir könnten natürlich sagen, dass uns eine ungewöhnliche Genugtuung bereitet ist.
    Was wir gesagt haben, die Wahrheit über die Zustände, ob es sich nun um den Faschismus gehandelt hat von Anfang an oder um den verdorbenen und korrumpierten Kommunismus,
    All das wird jetzt fast von allen wiederholt.
    Wir haben Recht bekommen.
    Paris wurde für Manes Sperber zur zweiten, oder wenn man das ostgalizische Städtel und Wien rechnet, zur dritten Heimat.
    Auf französischer Seite nahm er am Zweiten Weltkrieg teil.
    In Paris, wo er Freunde wie André Malraux gewann, wurde er Lektor und Direktor großer Verlagshäuser.
    In Paris reifte er auch zu seiner eigentlichen Berufung heran, zum bedeutenden europäischen Schriftsteller, zum Erzähler, zum Essayisten.
    1949 erschien der Roman »Der verbrannte Dornbusch«, der später zusammen mit den Romanen »Tiefer als der Abgrund« und »Die verlorene Bucht« zu der großangelegten Trilogie »Wie eine Träne im Ozean« zusammengefasst wurde.
    Ein stark autobiografisches Werk, eine Darstellung persönlich erlebter Zeitgeschichte, eine Abrechnung mit dem Kommunismus und Faschismus, wie sie Sperber selbst hautnah erlebt hat.
    Arthur Köstler, der Autor mit einem ähnlichen Schicksal wie Sperber, nannte das Werk eine Saga der Comintern.
    Und Hermann Kästen meinte, kein deutschsprachiger Schriftsteller unseres Jahrhunderts hätte politische Schicksale treffender beschrieben.
    Eine Fernsehverfilmung hat dieses Werk in den 70er Jahren einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
    Wie eine Träne im Ozean begründete Sperbers Ruf als Schriftsteller.
    Romane, Erzählungen, Essays folgten.
    Etwa der Essay-Band Die Achillesverse, die politische Geschichtsauffassung, Alfred Adler oder das Elend der Psychologie, leben in dieser Zeit sieben Fragen zur Gewalt, Essays zur täglichen Weltgeschichte,
    Kurban oder die unfassbare Gewissheit, ein Buch in dem er sich mit dem jüdischen Identitätsproblem auseinandersetzte, Individuum und Gemeinschaft, Versuch einer sozialen Charakterologie und die mit einer überwältigenden Anschaulichkeit, Trauer, Mut und Anmut geschriebene, dreiteilige Autobiografie, die Wasserträger Gottes, die vergebliche Warnung und bis man mir Scherben auf die Augen legt.
    Dazu kamen unzählige Vorträge und Diskussionen in Frankreich, in der Bundesrepublik Deutschland, in Wien, in Alpbach, in Salzburg.
    Vorträge, in denen er Menschen ebenso überzeugte wie im persönlichen Gespräch.
    Für Menschen, für menschliche Schicksale hatte dieser, wie er selbst sagte, treue Ketzer des Marxismus und der Individualpsychologie.
    Immer Interesse, immer Zeit.
    Und jedes der zahlreichen Interviews, die ich mit ihm führen konnte, endete mit langen, unvergesslichen persönlichen Gesprächen.
    Einmal habe ich ihn gefragt, warum er nach dem Krieg nicht nach Österreich zurückgekehrt sei.
    Das ist keine Rede von Bösesein.
    Ich habe keine Ressentiment, keine Rache gelüstet.
    Wenn Sie Versöhnen meinen in einem anderen Sinn, Dr. Barschow, das heißt, im Sinne fühle ich mich nicht dadurch gleich angeheimelt.
    Nun, wenn ich durch die Straßen gehe und mein Gedächtnis mir
    wieder zurückbringt, das und das ist da und da geschehen, als ich jung war, bin ich sowieso zuhause.
    Also einerseits habe ich nie aufgehört, da zuhause zu sein, und andererseits ist das Gefühl des unübersteigbaren Hindernisses etwas, was nichts zu tun hat mit, sagen wir, der Anerkennung, die mir hier zuteilwerden mag, mit Verreisen der gleichen Welt.
    Ich glaube, dass man mich und auch meine Werke nur recht versteht,
    wenn man begreift, dass da zwar das Geschehen der Zeit sehr persönlich erlebt worden ist, aber weit überpersönlich begriffen und verarbeitet worden ist.
    Im Zentrum meiner Arbeit, noch mal herausgegriffen, stehe nicht ich als ich, sondern als ein Zeitgenoss, als ein aufmerksamer und zugleich tätiger Zeitgenoss.
    »Im dritten Band seiner Autobiografie, der den heute so aktuellen Titel trägt, bis man mir Scherben auf die Augen legt,« sagte Sperber am Schluss über seinen nicht nachlassenden Zwang zum Schreiben.
    »Ich bekenne, dass ich zu schreiben begann, weil ich es bitter nötig hatte, um die Misere der Zeit, die ständige Bedrohung und mich selbst ertragen zu können.
    Aber dass ich seither veröffentlichte, was ich schreibe, das geschieht, weil ich auf die Gefühle meiner Leser und in erster und in letzter Reihe auf ihr Bewusstsein wirken will.
    Vielleicht, weil ich erst spät ein Schriftsteller geworden bin, ist mir das Lied, das aus der Kehle trinkt, keineswegs Lohn, der reichlich lohnet, sondern im Sinne des Rapinachmann von Pratzlaff, ein stets erneuter Ruf, der den Leser wecken soll, den Leser und mich selber.
    Das war ein Nachruf von Volkmar Paschalk auf den Schriftsteller Mannes Sperber, der gestern im Alter von 78 Jahren in Paris gestorben ist.
    Dazu eine Programmankündigung in eigener Sache.
    Die Sendung Kultur Aktuell wird heute verlängert.
    Sie hören von 17.10 bis 18.00 Uhr im Programm Österreich 1 ein ausführliches Interview mit Mannes Sperber, das im Oktober 1981 aufgenommen wurde.
    17.10 bis 18.00 Uhr Österreich 1.
    12 Uhr und 24 Minuten ist es nun.
    Seit den frühen Morgenstunden ist die Brenner Autobahn wieder einmal blockiert und zwar für den LKW- und Busverkehr ist sie sogar gesperrt.
    Italienische Frechter blockieren auf der Südtiroler Seite beide Richtungsfahrbahnen dieser wohl wichtigsten Verkehrsverbindung zwischen Mitteleuropa und Italien.
    Aus Sicherheitsgründen werden zurzeit keine LKWs Richtung Südtirol abgefertigt.
    Die österreichischen Kraftfahrerorganisationen raten den Pkw-Lenkern beim Südtiroler Übergang Sterzink über die Brenner Staatsstraße zu fahren.
    Die Gründe für den Streik der italienischen Frechter sind wieder einmal Forderungen nach neuen Kollektivverträgen und nach rascheren Grenzabfertigungen.
    Ein Problem, das es am Brenner schon seit Jahren gibt.
    Manfred Kronstein hat nun telefonische Verbindung mit dem österreichischen Zollamt Brenner aufgenommen.
    Ich bin nun telefonisch mit dem Vorstand des Zollamts Brenner, Amtsdirektor Josef Gstrein, verbunden.
    Herr Amtsdirektor, Sie haben stetige Verbindung nach Italien, zur italienischen Brennerseite, zu Sterzing.
    Wie präsentiert sich denn die Situation zurzeit beiderseits des Brenners?
    Vor fünf Minuten bin ich von der italienischen Seite zurückgekommen.
    Die Autobahn ist auf der Mautstelle in Sterzing lockiert.
    Der BKW-Verkehr wird am Brenner von der Autobahn abgeleitet.
    Am italienischen Amtsplatz stehen nur noch 5-6 LKWs, die auch in der Prüftung Süden nicht weiterfahren, weil man Ausschreitungen hat, speziell im Raum Verona vermutet.
    Unser Amtsplatz ist voll ausgelastet.
    Wir haben jetzt eine ganz andere Aufstellung, einmal unsere frühere Übung.
    eingeleitet und zwar so, dass wenn der Streik länger dauert, dass verderbliche Güter sofort ausgesondert werden können und zurückfahren können.
    Und die anderen, sollte eine Weiterfahrt möglich sein, dass die jederzeit vom Amtsplatz wegfahren können.
    Sie haben gesagt, Ihr Parkplatz ist auf der österreichischen Seite des Brenners voll ausgelastet.
    Das bedeutet, wie viele LKW stehen dort ungefähr?
    Also nach wie vor ist kein Weiterkommen nach Italien möglich für die LKW.
    Für die PKW ist es doch möglich.
    Auf der italienischen Seite gibt es auch starke Staus.
    2 km Stau südlich der Mautstelle in Sterzing sein.
    Dann, wie ich in Erfahrung gebracht habe, soll ein Bulk österreichischer und deutscher Frechte bei Afi, bei Verona, stehen.
    Dort auf einer Raststätte, die sich nicht mehr weiterzufahren trauen, weil die Situation ist derzeit am schlimmsten bei Verona, wo
    die Blockade ziemlich militant durchgeführt wird.
    Das heißt, sie sollten bitte unter Vorbehalt, was wir erfahren haben, dort mit Repressalien angedroht haben, also sogar mit Zündern usw.
    Das heißt, körperliche Gewalt ist ebenfalls nicht auszuschließen in dieser Angelegenheit?
    Wäre in dem Fall nicht auszuschließen.
    Die Polizei haltet deswegen den ganzen Verkehr zurück, damit keine Konfrontation stattfindet.
    Herzlichen Dank für diesen Lagebericht.
    Wie lang die Grenzblockade übrigens der italienischen Frechte aufrechterhalten wird, das ist zur Zeit noch völlig unklar.
    Heute Nachmittag werden in Rom jedenfalls Gespräche der Frechte und der Regierung stattfinden, bei denen man auf eine Einigung hofft.
    12.27 Uhr ist es nun, österreichische Innenpolitik.
    Josef Zschapp, langjähriger Vorsitzender der sozialistischen Jugend, verlässt die Parteibasis.
    Ende des Monats wird Userchef Zschapp seine Funktionen in der sozialistischen Jugend zurücklegen.
    und wie er es gesagt hat, sich voll und ganz auf seine Arbeit als Abgeordneter des Parlaments konzentrieren.
    Ciab konnte ja bei den Nationalratswahlen vom vergangenen Jahr einen ganz persönlichen Erfolg für sich verbuchen, als mehr als 60.000 SPÖ-Wähler den Chef der sozialistischen Jugend mit sogenannten Vorzugsstimmen in das Parlament brachten.
    Mehr als 60.000 Wähler, die mit ihrer Ciab-Vorzugsstimme offenbar teils Protest, teils Unbehagen mit der Politik der SPÖ, vor allen Dingen im Umweltschutzbereich ausdrucken wollten.
    Trotzdem wollten diese Menschen aber keine andere Partei wählen.
    Dementsprechend hoch waren dann auch die Erwartungen in Josef Ciab, als dieser ins Parlament einzog.
    Hat er diese Erwartungen bisher erfüllen können?
    Eine Frage, die wir am vergangenen Samstag auch Chaps Panda auf ÖVP-Seite Ottmar Caras gestellt haben.
    Das folgende Gespräch mit Noch-Juso-Chef Josef Chapp führte Johannes Fischer.
    Herr Chapp, Sie verlassen am Ende dieses Monats die sozialistische Jugend als Vorsitzende.
    Neben dem Verlust der absoluten Mehrheit für Bruno Kreisky war das Ergebnis der Vorzugsstimmen für Josef Chapp sicherlich eines der bemerkenswertesten Ereignisse vom 24.
    April des Vorjahres.
    Man hat jetzt das Gefühl, dass Sie die Erwartungen, die in Sie gesetzt worden sind, unter anderem auch von den Leuten, die Sie gewählt haben, nicht erfüllt haben, dass jener Anspruch, den Sie sich selbst gestellt haben, nämlich von Basisgruppen außerhalb des Parlaments gewissermaßen Meinungen, Anliegen, Initiativen zu vertreten, eigentlich jetzt nichts mehr zu spüren ist.
    Es gibt zwei Gründe für diese Entwicklung.
    Das erste ist, es findet so eine Art Retourkutsche der Geschädigten des 24.
    April statt, nämlich Grüne, Alternative und andere sagen natürlich jetzt, dass es richtiger gewesen wäre, sie zu wählen, weil man innerhalb einer sozialdemokratischen Parlamentsfraktion in Wirklichkeit die Interessen der Umweltschutzbewegung, der Friedensbewegung, aber auch
    der jugendlichen Arbeitslosen nicht vertreten könne.
    Die andere Schwierigkeit ist, wir haben keine absolute Mehrheit mehr, sondern eine Koalitionsregierung, wo von Haus aus natürlich viele der Initiativen, die wir in unserer Wahlbewegung als Jungsozialisten eingebracht haben, viel, viel schwieriger zu verwirklichen sind.
    Man kann radikale Änderungen vornehmen, das bedarf aber einer permanenten Unterstützung.
    von außerparlamentarischen Bewegungen.
    Die ist nicht vorhanden.
    Woran liegt es eigentlich, dass diese permanente Unterstützung, die zugesagt war, jetzt nicht eingetreten ist?
    Was ist eigentlich mit den ganzen alternativen Grünen, mit der ganzen Szene passiert seit dem 24.
    April?
    Ja, sie ist weit schwächer geworden, sie ist sehr stark mit sich selbst jetzt beschäftigt, setzt eigentlich keine Initiativen mehr und das spüre ich natürlich auch, der ich also versuche hier im Parlament diese Interessen aus diesem alternativen Bereich hier einzubringen.
    Wäre nicht gerade jetzt eine Zeit der wirtschaftlichen Krisenentwicklung eine solche, die Leute, die aus der alternativen und grünen Bewegung gekommen sind, vor dem 24.
    April auf den Plan rufen müssten, um einfach eventuell mögliche alternative Lösungsmöglichkeiten auch für Wirtschaftsprobleme aufzuzeigen?
    Da ist in Österreich ja überhaupt nichts vorhanden.
    Ja, Sie haben recht, nur die Schwierigkeit ist die, dass ich zum Beispiel damit beschäftigt bin mit der Frage, wer eigentlich in Österreich politisch entscheidet.
    Und ich vermute, dass das vor allem in den Präsidien der Sozialpartnerschaftsorganisationen stattfindet, einige Experten aus den Ministerien und dieser Organisationen einbezogen sind und dass das Parlament wahrscheinlich nur
    doch der bloße logistische Abschluss der politischen Entscheidungsprozesse, die außerhalb des Parlaments stattfinden, ist.
    Innerhalb der SPÖ, unter dem früheren Bundeskanzler Bruno Kreisky, war die sozialistische Jugend so etwas wie eine
    treibende Kraft bei verschiedenen Themen, etwa Umweltschutz, etwa Friedensbewegung, etwa Rüstungsproduktion.
    Wie sieht die Situation für die sozialistische Jugend und die Jugend in der Partei der SPÖ insgesamt aus, jetzt unter der Koalitionsregierung?
    Die Situation hat sich verschlechtert, das war uns schon bewusst am 24.
    April selbst, dass natürlich mit dem Verlust der absoluten Mehrheit die Einflussmöglichkeiten der sozialistischen Jugend geringer geworden sind.
    Jetzt gibt es die gegenseitigen Ausreden immer auf den Koalitionspartner, wenn man also hier
    Forderungen aufstellt und es ist einfach auch objektiv schwieriger, wenn natürlich der Staat und die Gemeinden sich in einer Finanzkrise befinden, weil einfach die Decke für Reformen weit, weit tiefer hängt.
    Sie sitzen neben dem Parlament, sitzen Sie auch im Parteivorstand der SPÖ.
    Wie würden Sie ein Dreivierteljahr nach der Nationalratswahl und nach der Installierung der kleinen Koalition die Situation der Partei umschreiben?
    Ist die SPÖ als Partei stärker, schwächer, anders geworden nach dem 24.
    April?
    Die entscheidende Frage für die SPÖ wird sein, inwieweit sie innerhalb der Koalition eine eigenständige politische Identität finden kann.
    Und jetzt ist einfach die Situation, wo man Farbe bekennen muss,
    Lässt man es weiter zu, wie der Sozialbericht der letzte schon angedeutet hat, dass die, die bis jetzt einkommensmäßig profitiert haben, weiter profitieren sollen, ja oder nein?
    Oder anders formuliert, betreibt man Krisensanierung, die also zumindestens alle Teile gleichberechtigt betrifft.
    Oder glaubt man, die Krise dadurch sanieren zu können, indem man Kostensenkungsstrategien für die Unternehmungen entwickelt, mit der Hoffnung, dass sie Lust am Investieren bekommen, was ja bekanntermaßen meistens eher die Lust am Rationalisieren war, wie das deutsche Beispiel zeigt.
    Und letztendlich auch noch Umverteilungseffekte in Richtung derer beinhaltet hat, die ohnehin
    Einkommensmäßig dann letztendlich und Vermögensmäßig bessergestellt werden als die breite Masse der Bevölkerung.
    Das war ein Gespräch mit dem Nachvorsitzenden der sozialistischen Jugend, Josef Czap, das Gespräch für Johannes Fischer.
    Wie geht es mit dem Programm im Mittagsjournal weiter?
    Wir hoffen noch ein Telefonat mit unserem Korrespondenten im Beirut, Marcel Pott, über die neuesten Entwicklungen im Libanon führen zu können.
    Dieses Gespräch ist allerdings noch nicht zustande gekommen.
    Wir berichten dann über eine Tagung der UNO-Menschenrechtskommission in Genf, über einen dreisten Einbruchsdiebstahl in der Residenz des sowjetischen Botschafters in Rom und dann hören Sie ein Gespräch mit dem international bekannten Musikwissenschaftler Nikolaus Anonkur anlässlich einer Bucherscheinung.
    Aber weiter Innenpolitik, genau Umweltschutzpolitik.
    Der Kampf gegen das Waldsterben ist ja seit dem Nationalfeiertag des vorigen Jahres ein Schwerpunktprogramm der Regierung.
    Seit diesem Zeitpunkt liegt auch ein ganzes Paket von Maßnahmen vor.
    Insgesamt zehn verschiedene Vorschläge sollen die Belastung der Umwelt reduzieren und damit das Waldsterben zwar nicht verhindern, aber vielleicht verlangsamen.
    Nach Meinung von Umweltschützern ist dieses Programm der Regierung nicht viel mehr als Wischiwaschi-Alibi zur Beruhigung des eigenen schlechten Gewissens.
    Mehr als 50 Umweltschutzgruppen haben nun an diesem Wochenende in Salzburg ein eigenes, naturgemäß wesentlich radikaleres Programm erarbeitet und heute in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentiert.
    Wilfried Seifert fasst zusammen.
    Es ist nicht mehr und nicht weniger als ein nationales Notstandsprogramm, das die Umweltschützer hier fordern.
    Nach ihrer Darstellung stehen nicht 75.000 Arbeitsplätze in der Forstwirtschaft oder Millionen Arbeitsplätze in der Fremdenverkehrswirtschaft langfristig auf dem Spiegel, sondern die Lebensgrundlagen von zig Millionen derzeit noch ungeborenen Österreichern.
    Die wichtigsten Forderungen daher, Reduzierung des Schadstoffausstoßes auf den technisch möglichen niedrigsten Satz zu bringen.
    Gleich ob Abgase der Industrie, aus Kraftwerken oder aus dem Blechliebling Auto.
    Derzeit gültige und erst recht bevorstehende Verordnungen, die für neue Anlagen die höchst zulässigen Schadstoffkonzentrationen vorschreiben, sind nach Meinung des Wiener Physikers, Dozent Hans Aubauer, völlig verfehlt, weil sie einen falschen Stand der Technik im Gesetzestext stehen haben.
    Da springt in die Augen die ungeheure Diskrepanz zwischen den geringen Kosten, die notwendig sind, um Emissionen zu verringern,
    und die großen Schadkosten, die man mit die solchen Maßnahmen einsparen könnte.
    Deswegen eben die einzig richtige Definition des Standes der Technik, also ich finde mich da ganz im Gleichklang mit allen Volkswirtschaftlern.
    Der Stand der Technik liegt dort, wo die Kosten zur Verringerung, zur weiteren Verringerung von Emissionen
    etwa so hoch sind wie die dadurch eingesparten Schadkosten, wobei die Schadkosten sehr genau definiert sind als die Kosten, die notwendig sind, um den Schaden zu beseitigen.
    Und Sie wissen ja, dass in vielen Fällen Schäden verursacht werden, die überhaupt nicht
    beseitigbar sind.
    Das heißt in konkrete Forderungen übersetzt, strenge Abgasnormen nach amerikanischem oder japanischem Vorbild für Autos, bleifreies Benzin ab 1985 und Autos mit vorgeschriebener Katalysator-Technik bei Neuwagen ebenfalls ab 1985 und strenge Kontrollen für Altautos.
    Für die Industrie, enge Auslegung der neuen Gewerbeordnung, auch Altanlagen müssen in wenigen Jahren den strengen Auflagen angepasst
    oder eben abgebrochen werden, wobei auch hier als Zielvorstellung der Stand der Technik zu gelten hat.
    Für die Kraftwerke schließlich gäbe es die größten Veränderungen.
    Ein Gesamtenergiekonzept, das sich völlig vom bisher eingeschlagenen Weg der Großkraftwerke lösen müsste.
    Kleine Blockheizanlagen in den Siedlungen, zum Teil in den einzelnen Kellern, bei denen die wertvolle fossile Energie zweimal genützt werden soll.
    zur Wärmeerzeugung und zur Stromproduktion, was einen Wirkungsgrad von 80 bis 90 Prozent ergeben könnte, im Gegensatz zu 30 bis 40 Prozent bei jetzt gebauten und laufenden kalorischen Kraftwerken.
    Damit wären dann auch die hohen Kosten für Fernwärmeleitungen und strenge Umweltschutzvorschriften in der Nähe der Siedlungen zu erfüllen.
    Dr. Peter Weiß vom Institut für Umweltwissenschaften hält dieses Konzept sogar für das wahrhaft industriefreundliche.
    Ein Energieweg, wie wir ihn vorschlagen und der eben zur Bewältigung der Luftverunreinigungen der einzig zielführende ist, Abwärmenutzung, Kraft-Wärme-Kopplung, das ist ein Weg, bei dem viele, viele, viele Einzelanlagen gebaut werden müssen und
    Dort ist für die heimische Industrie ein enormes Wachstums- und Zukunftsgebiet möglich.
    Denn wenn man sich vorstellt, heute wird ein Kraftwerk Dürenrohr gebaut, das, wenn es fertig ist, jährlich 600.000 Tonnen Steinkohle zum Donauheizen verschwendet.
    Und das ist eine Milliarde Schilling pro Jahr.
    Und wenn man dieses Geld
    einspart und damit sinnvolle Anlagen baut, ist auch das volkswirtschaftlich wesentlich vernünftiger und für unsere heimische Industrie sinnvoller, als ständig im Preis steigende fossile Energie, die noch dazu unersetzlich ist, zum Heizen unserer Flüsse zu verwenden.
    Der wahre Gewinn für die Umwelt besteht darin, dass kleine, sauber geführte Blockheizkraftwerke schrittweise den Hausbrand zurückdrängen sollten, dem man ja grob gerechnet auch etwa ein Drittel des sauren Regens anlasten muss.
    Gegebenenfalls ist auch der Preis für die edelste Energie, den elektrischen Strom, nämlich weiter zu erhöhen.
    Erstens, um Einsparungsmöglichkeiten interessant zu machen und zweitens, um endlich wahre Relationen herzustellen.
    Denn noch wird nach Rechnung Aubauers Strom viel zu billig verkauft, wenn man bedenkt, dass man derzeit etwa Öl mit dem Energiegehalt von 3 Joule braucht, um Strom mit dem Energiegehalt von einem Joule herzustellen.
    Diese teure edle Energie, die mühelos 1000 Grad erreicht, zu verschwenden, um damit eine Raumtemperatur von 20 oder eine Wassertemperatur von 50 Grad zu erzeugen, ist, meinen die Umweltschützer, zumindest energiepolitischer Schwachsinn.
    Trotzdem aber gibt es Landeselektrizitätsgesellschaften, die 1984 zum Jahr der Elektroheizung erklärten.
    Soviel als Zusammenfassung der Forderungen der Umweltschützer gegen das Waldsterben.
    Damit zurück an der Studie des Mittagschanals.
    Danke Wilfried Seifer.
    12.40 Minuten ist es nun.
    Wir kehren zurück ins Ausland.
    In Genf beginnt heute die Jahrestagung der UNO-Menschenrechtskommission.
    Im Mittelpunkt stehen Beratungen über eine Konvention zum Schutz der Volker.
    In Genf wird aber auch die Frage diskutiert werden, wie stark eigentlich diese Menschenrechtskommission ist, welche Macht sie hat, zu welchen Sanktionen sie fähig ist.
    Während der sechswöchigen Jahrestagung sollen wiederum eine ganze Reihe von Menschenrechtsverletzungen behandelt werden und klar ist, dass die Menschenrechtsverletzungen international eher zu als abnehmen.
    Die Berichte über solche Folterungen nützen offenbar nichts.
    Marion Lorenz berichtet.
    In 117 Staaten der Erde werden die Menschenrechte verletzt.
    Folter, staatlich sanktionierte Hinrichtungen und das Verschwindenlassen von Oppositionellen gehören außer in Westeuropa in fast allen Ländern zur Tagesordnung.
    Dieser grausamen Realität steht ein fast perfekt anmutendes juristisches Instrumentarium zum Schutz der Menschenrechte gegenüber.
    Bereits 1948 hatten sich die Vereinten Nationen in einer umfassenden Deklaration verpflichtet, die Durchsetzung der Humanität als vorrangiges Ziel zu verfolgen.
    Die jährlich tagende, heute erneut in Genf zusammentretende UN-Menschenrechtskommission freilich hat den Bock zum Gärtner gemacht.
    In dem 43 Staaten umfassenden Gremium sitzen Regierungsdelegierte, die mehrheitlich ausgerechnet aus eben den menschenrechtsverletzenden Regionen der Erde stammen.
    So nimmt es nicht Wunder, dass diese sechswöchige Jahrestagung ihr umfassendes Programm überwiegend in Form eines politischen Schlagabtausches zwischen den einzelnen Machtblöcken absolviert.
    In diesem Jahr stehen unter anderem die Menschenrechtsverbrechen in Pakistan und Afghanistan, in Chile, El Salvador, dem Iran und Sri Lanka zur Debatte.
    Erinnert man sich an die Kommissionsarbeit des vergangenen Jahres, so ist auch für diese Sitzung wenig Erfolgversprechendes zu erwarten.
    Vor zwölf Monaten hatten die Delegierten aus West, Ost und Süd in einem regelrechten Kuhhandel alle strittigen Themen und akuten Anklagepunkte der einzelnen Machtblöcke abgehakt, bis schließlich nur noch ein Report über die Menschenrechtslage in Polen übrig blieb.
    Doch der war vom UN-Untergeneralsekretär Gobi so milde und fast beschönigend verfasst worden, dass er mangels Angriffspunkte gegenüber dem Warschauer Militärrat vom Ostblock mit Genugtuung und lediglich vom Westen mit Verärgerung quittiert wurde.
    dass im Iran seit der Machtübernahme der Ayatollahs weit über 10.000 Menschen extra legal hingerichtet wurden, in Sri Lanka die Unterdrückung der Tamilen bis zur Liquidierung ihrer Regierungsvertreter ging und in Chile sowie El Salvador Todesschwadronen viele Oppositionelle für immer für stummen lassen.
    Diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit werden wohl auch in diesem Jahr auf dem UNO-Forum nur halbherzige Ankläger finden.
    Der Bonner Völkerrechtler Christian Tomoschat, der seit 1977 als Menschenrechtsexperte in der UNO sitzt, stellt den Vereinten Nationen ein ziemlich vernichtendes Urteil aus.
    Im Vor...
    Im Chor mit vielen anderen internationalen Kritikern moniert Tomoschat, dass die weit über 30 Abkommen zum Persilschein degradiert worden sind, den sich viele menschenrechtsverachtende Regime allein durch Ratifikation erwerben können.
    Seit Jahren fordert vor allem die westeuropäische Staatengruppe drei wesentliche Neuerungen, mit denen dem an sich fast perfekten Instrumentarium der Menschenrechte mehr Durchsetzungskraft vermittelt werden soll.
    Der Posten des Direktors der UN-Menschenrechtsabteilung sollte in das Amt eines unabhängigen Hochkommissars ausgeweitet werden, der mit erheblichen Kompetenzen ausgestattet, unabhängig von Konsens- oder Mehrheitsbeschlüssen, Menschenrechtsverletzungen in den einzelnen UNO-Mitgliedstaaten verfolgen und anprangern könnte.
    Der Weltsicherheitsrat sollte nicht nur das Mandat zur politischen und kriegerischen Konfliktlösung, sondern auch zur Ahndung derartiger Verbrechen erhalten.
    Und last not least müsste endlich die seit sechs Jahren auf dem Tisch liegende Konvention über Folter von den Staaten mehrheitlich unterschrieben und ratifiziert werden.
    Dieses Papier nämlich sieht eine internationale Kommission vor, die bei Folterverdacht unangemeldet in alle Staaten und deren Gefängnisse eindringen und dort recherchieren könnte.
    Doch das geht der Mehrheit der Staatengruppe zu weit.
    So wird sich denn wohl diese 40.
    Jahrestagung der UN-Menschenrechtskommission wieder einmal als politische Posse abspielen, in der die Opfer der Verbrechen freilich nichts zu lachen haben.
    Das war ein Bericht von Marion Lorenz aus Genf, in einer halben Minute ist es dreiviertel eins und jetzt ist unser erwartetes Telefongespräch nach Peru zustande gekommen.
    Im Libanon hat sich ja an diesem Wochenende sowohl politisch als auch militärisch viel ereignet.
    Obwohl das Bild nach außen hin nicht viel anders ist, als es sich in diesen Monaten sowieso darbietet, dürfte sich doch eine entscheidende Entwicklung in diesem Lande anbahnen, die das Machtgefüge nachhaltig verändern könnte.
    Zum einen ist der sunnitische Ministerpräsident Vasan mit seiner Regierung zurückgetreten,
    Die Kämpfe zwischen den verschiedenen Moslem-Gruppen, den maronitischen Christen und dazwischen der sogenannten libanesischen Armee haben hunderte Tote gefordert.
    Hinter den Ereignissen dieser Tage stehen die Schiiten, deren Amal-Milizen nun offenbar zu einer sowohl politischen als auch militärischen Entscheidungsoffensive antreten.
    Die Schiiten wollen die Macht im Lande und haben deshalb schon vor zwei Tagen alle muslimischen Minister aufgefordert, die Regierung zu verlassen.
    Gleichzeitig erging ein Aufruf an die muslimischen Teile der Armee, nicht auf die muslimischen Brüder zu schießen.
    Der christliche Staatspräsident Amin Jumayel steht nun vor dem Problem, einen neuen Ministerpräsidenten zu finden, der wiederum eine Konzentrationsregierung aus allen Bürgerkriegsparteien zusammenstellen kann.
    Das dürfte allerdings nicht gelingen.
    Ich bin nun mit Marcel Pott in Beirut verbunden.
    Zunächst, Herr Pott, gleich die Frage, wie sieht es zur Stunde in Beirut aus und die Frage auch dann anschließend gleich, bahnt sich jetzt endgültig eine Offensive zur neuen Machtverteilung im Libanon an?
    Herr Henke, die Lage hat sich zugespitzt und zwar ganz gefährlich.
    Es gibt jetzt Kämpfe praktisch überall in West-Beirut.
    Sämtliche Armeepositionen der regulären Armee, muss man sagen, werden angegriffen von verschiedenen muslimischen Milizen.
    Das sind nicht nur die Schiiten, sondern vermutlich auch
    sunnitische Milizen, die hier gegen die Armee vorgehen.
    Und im Übrigen ist es so, dass man den Eindruck hat, dass es keine politische Lösung geben wird.
    Im Gegenteil, alles deutet darauf hin, dass hier die totale militärische Konfrontation, der totale Bürgerkrieg droht.
    Denn die beiden Hauptführer der Opposition, der Schiitenführer Nabi Berri und Drusenfürst Wali Chumblatt, haben vor etwa einer Stunde den christlichen Staatspräsidenten Jemael aufgefordert, zurückzutreten.
    Dies ist ihre Antwort auf das Friedensangebot, das Jemael gestern Abend gemacht hat.
    Nabi Berri, der Schiitenführer, hat gesagt, der Präsident versucht, ein neues Kabinett zusammenzustellen.
    Ich suche einen neuen Präsidenten.
    Das heißt, auch wenn sich die Christen in diesem Bürgerkriegskonflikt im Libanon jetzt ganz zurückhaltend verhalten würden und sogar die Regierung abgeben würden, das Staatspräsidentenamt ist damit noch keinesfalls sichergestellt, dass es überhaupt zu irgendeiner politischen Lösung dann kommen würde?
    Dazu, Herr Henke, müsste ja zunächst einmal die Verfassung geändert werden und so weit sind wir noch lange nicht.
    Ich glaube auch nicht, dass die Christen dazu bereit sind.
    Denn der Staatspräsident, der Staatschef muss immer ein maronitischer Christ sein nach der Verfassung.
    Und die Christen haben es in den vergangenen Jahren immer verstanden.
    Ihre Vorteile, sie besetzen praktisch alle Schlüsselpositionen.
    im Staate zu behalten.
    Das ist ja auch einer der Gründe, warum die Muslime jetzt die Geduld verloren haben.
    Die Christen haben keine ernsthaften Kompromissangebote gemacht und der Präsident, der an sich ein Mann der Versöhnung ist, hat es nicht verstanden, seine eigenen Militantenleute aus der Kataibspartei dazu zu bewegen, die Macht der Zentralgewalt auch im eigenen Gebiet zu dulden.
    Die Muslime haben immer gesagt, wir müssen hier mit der regulären Armee uns abfinden und was passiert im christlichen Ostperu und im Kerngebiet der Christen.
    Dort ist von der Armee nichts zu sehen.
    Dort haben immer noch die christlichen Verlange-Militzen das Heft in der Hand.
    Herr Bott, ist die Situation zur Stunde, die politisch-militärische Situation in Libanon, in Peru zur Stunde so anders als in den vergangenen Monaten, dass man davon sprechen kann, dass sich tatsächlich jetzt ein neues Machtgefüge herauskristallisieren könnte?
    Sind die Schiiten so stark, dass es hier einen Sieger geben kann?
    Wenn man von der Bevölkerungszahl ausgeht, dann muss man sagen, dass die Schiiten eigentlich die mächtigste Gruppe sind.
    Die schiitische Bevölkerung ist die größte Bevölkerungsgruppe hier im Libanon.
    Und die Kämpfe in den letzten Tagen haben gezeigt, dass immer mehr Schäden auch diejenigen, die relativ gemäßigt denken, auf radikale Positionen zurückgegangen sind.
    Der Schädenführer Nabi Berri war eigentlich auch ein Mann des Ausgleichs und hat nie den Rücktritt des Präsidenten gefordert, im Unterschied zu Drusenfürst Walid Schumblatt.
    Und es ist interessant zu sehen, dass die radikale Position, die John Blood als einziger praktisch in den letzten Monaten vertreten hat, vor allen Dingen, was die absolute Annullierung des Truppenabzugsabkommens mit Israel angeht, nun immer mehr von gemäßigten muslimischen Führern geteilt wird.
    Und in dem Zusammenhang muss man sagen, dass die muslimischen Führer, die heute in Damaskus
    mit dem syrischen Präsidenten Hafez al-Assad zusammentroffen sind, dass die wahrscheinlich eine Antwort mitbringen werden, wenn dies nicht schon zu spät ist, denn in diesem Moment auch unmittelbar vor unserem Haus gibt es heftige Kämpfe.
    Gibt es überhaupt, Herr Bott, Anzeichen dafür, dass sowohl das Abkommen Libanon-Israel als auch das Abkommen über die Stationierung der multinationalen Friedenstruppe der 5.700 Mann von Seiten des libanesischen Staatspräsidenten Schmael irgendwie verändert wird, dass man hier abgeht und den Forderungen der Moslems entgegenkommt?
    Ich glaube, dass das die einzige Möglichkeit ist für den christlichen Präsidenten, wenn er im Amt bleiben will.
    Das Dilemma, in dem er steckt, ist folgendes.
    Er kann dieses Abkommen ohne Zustimmung der Amerikaner, die ja seine Hauptverbündeten sind, nicht annulieren.
    Und die Amerikaner haben nochmals deutlich gemacht in der Person des Außenministers Schulz gestern, dass sie nicht daran denken, dieses Truppenabzugsabkommen vom Tisch zu fegen.
    Dies machen sie natürlich in Zusammenwirken mit den Israelis.
    Die Israelis wiederum sind jetzt in einer sehr verzwickten Situation, denn sie würden lieber heute als morgen den Süd-Libanon verlassen, wo sie täglich Leute verlieren und ihre Sicherheitslage sich immer verschlechtert.
    Aber sie haben keine Garantie, dass eine starke Zentralregierung in Beirut dort eben die Sicherheit der Nordgrenze Israels übernehmen kann.
    Das heißt also, die libanesische Regierung hat eigentlich gar nicht die Entscheidungsgewalt, den muslimischen Bürgerkriegsparteien entgegenzukommen.
    Da spielen auch noch andere Interessensgruppen eine große Rolle.
    Das ist in der Tat der Fall.
    Man muss sehen, dass die Mittelmächte Israel und Syrien hier eine sehr große Rolle spielen, von den Supermächten USA und Sowjetunion einmal abgesehen.
    Und der Einfluss der Syrer, das mag den Amerikanern und den Israelis gefallen oder nicht,
    ist in den letzten Tagen auch bei den gemäßigten muslimischen Politikern gestiegen.
    Andererseits ist es so, dass keine Regierung hier in Beirut in Amt und Würden gekommen ist seit 1943 der Gründung der Republik Libanon ohne die Zustimmung der Syrer.
    Ich danke Ihnen, Herr Bott, für dieses Gespräch aus Peru.
    Auf Wiederhören!
    Auf Wiederhören!
    In Israel ist übrigens gestern ein Memorandum veröffentlicht worden, was die Zukunft der israelischen Truppen im Libanon anlangt und da heißt es, als einziger Ausweg bleibe, den ganzen Libanon als eine Art wilden Westen anzusehen, wo jeder gegen jeden kämpfe und wo die Israelis sich ganz heraushalten sollten.
    12 Uhr und 52 Minuten ist es nun.
    Ein tolldreister Einbruchsdiebstahl ist am 17.
    Jänner Gangstern in der italienischen Hauptstadt Rom gelungen.
    Ein Beweis dafür, dass italienischen Verbrechern offenbar wirklich nichts zu schwer ist.
    Sie brachten es fertig, aus der schwerstbewachten und geradezu verbarrikadierten Residenz des sowjetischen Botschafters in Rom die wertvollsten Kunstgegenstände zu rauben.
    Der sowjetische Botschafter lebt in einem der schönsten römischen Palazzi und verfügt über unschätzbare Kunstwerke.
    Mit minutiöser Planung und reißter Vorgangsweise gelang es den Einbrechern, einen der sensationellsten Coups der letzten Zeit zu landen, Alfons Dalma darüber.
    Der Einbruch in die Residenz des sowjetischen Botschafters in Rom, der erst am vergangenen Wochenende bekannt geworden ist, weist viele Bezüge auf, die ihn weit über das normale Niveau der Kriminalchronik erheben.
    Es muss aber gleich vorweggenommen werden, dass der unerhörte Erfolg der nächtlichen Einbrecher offensichtlich gar nichts mit Spionage zu tun hat.
    Die Sowjetdiplomaten, die sich in einer für die russische Geheimtoerei bezeichnenden Weise erst nach fast zwei Wochen zur Polizeianzeige entschlossen haben,
    betonen ganz entschieden, dass nur kunsthistorische Werte, aber keine sonstigen Gegenstände oder Schriftstücke entwendet und auch keine Safes oder Stahlkassen aufgebrochen worden sind.
    Um den Vorfall genau einzuschätzen, muss man wissen, dass die persönliche Residenz des sowjetischen Botschafters, der jetzige heißt Nikolai Lunkov und ist ein ganz britisch eleganter Fünfziger, einer der ansinnigsten historischen Villen von Rom ist.
    Das heißt, der vom riesigen Park umgebene Palazzo stammt aus dem 17.
    Jahrhundert, gehört zu den vornehmsten Adelsfamilien der ewigen Stadt, wie Ferroni, Doria, Marescotti, Torlonia und dem französischen Grafen Giraud, bevor der ganze Komplex um die Jahrhundertwende vom steinreichen russischen Fürsten Abamelek Lazarow gekauft und testamentarisch der kaiserlich-russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg vermacht wurde.
    Daraus leitete die Sowjetregierung nach der Revolution ihren Anspruch auf das unschätzbar wertvolle fürstliche Erbe.
    Das hier auch vom faschistischen Regime anerkannt wurde, war doch Mussolinis Italien, einer der ersten Mächte im Westen, die mit den Bolschewiken die diplomatischen Beziehungen und einen für beide Seiten vorteilhaften Handel aufgenommen hatte.
    Die Sowjets haben das Areal der Villa Abamelec, so heißt sie nämlich,
    von 400.000 Quadratmetern zu einer Art undurchdringlichen Festung verwandelt.
    Die alte, über zwei Meter hohe und über drei Kilometer lange Parkmauer wurde durch einen unästhetischen und vom Denkmalschutz angefochtenen, vergeblich angefochtenen Eisenaufbau um das Doppelte erhöht.
    Von den drei früheren Einfahrten wurden zwei wie gegen einen Panzerangriff verbaut und verbarrikadiert.
    Die Überzeugung der Bewachungsmannschaften, dass niemand den Bereich betreten kann, außer durch das eine übrig gebliebene Gittertor, sollte aber ihnen in der Regennacht vom 17. zum 18.
    Jänner zum Verhängnis werden.
    Da auch die ausgewählten KGB-Rechter doch nur Menschen sind, haben sie zusammen mit ihren kaukasischen Verfolgungsfunden
    vor dem stürmischen Regen Schutz gesucht im Wachgebäude am Gartentor, von dem man den ganzen Zufahrtsweg zum Palast und dessen Dependanzen im Scheinwerferlicht überblicken kann.
    Die Diebe kamen aber durch die Finsternis von hinten und über die fast fünf Meter hohe Mauer.
    Von außen wird die Botschaftsresidenz ebenso ständig und von gleichermaßen schwer bewaffneten Karabinieri und ihren Streifenwagen bewacht.
    Die Einbrecher waren aber sowohl über die Abfolge der Runden als auch über die Terrainverhältnisse innerhalb der Gartenmauer, vor allem aber über die Räumlichkeiten und über die ausgesuchten Wertgegenstände genauestens informiert, was jetzt der italienischen Polizei und der botschaftseigenen KGB-Abteilung das größte Kopfzerbrechen verursacht.
    Klar ist nur, dass ein Gerüst auf der Baustelle einer U-Bahn-Station ihnen das Übersteigen der Mauer erleichtert hatte.
    Weiterhin ist die Beute selbst hochinteressant, einmalig und zeigt, dass die Deber offensichtlich im Auftrag eines kunstsachverständigen Händlers oder Liebhabers gehandelt haben.
    Es wurden zehn unermesslich wertvolle Wandteppiche einer flandrischen Manufaktur aus dem 18.
    Jahrhundert gestohlen, mit einer Gesamtfläche von 136 Quadratmetern und mit einem komplexiven Gewicht von 600 Kilo.
    Sie wurden vom Zaren Peter dem Großen in Paris angeschafft und gehörten ebenso wie die in dieser römischen Nacht gestohlenen Gemälde den Sammlungen des berühmten Kaiserlichen Museums Eremitage im heutigen Leningrad, von dem sie der Botschaft in Rom für Repräsentationszwecke ausgeliehen wurden.
    Von den zehn gestohlenen Gemälden sind sieben vom bekannten italienischen Landschaftsmaher des 18.
    Jahrhunderts, dem bekanntesten eigentlich, namens Panini.
    So stellen die gestohlenen Gegenstände an sich eine kleine Kunstgalerie dar.
    Das war Alfons Thalmer über den Einbruch in die sowjetische Residenz in Rom.
    In zweieinhalb Minuten ist es ein Uhr Mittag.
    Wir schließen das Journal mit Kurzmeldungen.
    Frankreich.
    Der Schriftsteller und Philosoph Mannes Sperber ist in einem Krankenhaus in Paris im Alter von 78 Jahren gestorben.
    Sperber war Träger des Friedenspreises des deutschen Buchhandels.
    Seine Hauptwerke sind der dreiteilige Roman »Wie eine Träne im Ozean«, die Autobiografie »All das Vergangene« und »Der verbrannte Dornbusch«.
    In Galicien geboren kam Sperber im Alter von elf Jahren mit seinen Eltern nach Wien und absolvierte hier sein Studium.
    1933 flüchtete er vor dem Naziregime über Jugoslawien nach Frankreich, wo er sich in Paris niederließ.
    Aus Anlass des Todes von Mannes Sperber wird heute die Sendung Kultur Aktuell im Programm Österreich 1 von 17.10 bis 18.00 Uhr verlängert.
    Österreich.
    Der scheidende Vorsitzende der sozialistischen Jugend, Nationalratsabgeordneter Josef Tschapp, sagte, die SPÖ werde jetzt während der Koalition mit der FPÖ beweisen müssen, wie weit sie ihre Identität bewahren und eine eigenständige Politik betreiben könne.
    Zu den Grünen meinte Ciab, sie hätten eine Initiative verloren, auch ihm gelinge es nicht mehr, so wie früher, alternative Vorschläge zu präsentieren.
    Ciab wird als Vorsitzender der sozialistischen Jugend nicht mehr kandidieren und sich nur noch seinen Aufgaben als Abgeordneter widmen.
    Österreich, Italien.
    Italienische Frechter blockieren auf der Südtiroler Seite der Brennautobahn bei der Mautstation Sterzing mit Lastwagen beide Fahrbahnen.
    Die Aktion hat in den Morgenstunden begonnen und soll möglicherweise die ganze Woche dauern.
    Auf der Nordtiroler Seite des Brenners stehen derzeit etwa 350 Lastwagenzüge.
    Die italienischen Frachtunternehmer wollen eine raschere Zollabfertigung am Brennerpass erreichen.
    Personenwagen können die Brennautobahn ohne Schwierigkeiten passieren.
    Wetteraussichten für ganz Österreich bis heute Abend.
    Im Süden noch starke, sonst vorübergehend aufgelockerte Bewegung, mäßiger Westwind, Nachmittagstemperaturen 3 bis 9 Grad.
    Das war wieder ein Mittagschanal.
    Leider konnten wir das Gespräch mit dem Dirigenten und Musikwissenschaftler Nikolaus Ahnung-Kur anlässlich einer neuen Bucherscheinung nicht bringen.
    Das werden wir sicherlich nachholen.
    Im Namen des Mittagsteams verabschiedet sich Reinhold Henke.
    Auf Wiederhören.
    Untertitel der Amara.org-Community

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Schriftsteller, Sozialpsychologe und Philosoph Manès Sperber gestorben - Nachruf
    Einblendung: Manes Sperber
    Mitwirkende: Parschalk, Volkmar [Gestaltung] , Sperber, Manès [Interviewte/r]
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medizin ; Wissenschaft und Forschung ; Literatur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Blockade der Brennerautobahn durch italienische Frächter
    Interview: Vorstand des Zollamts Brenner Amtsdirektor Josef Gstrein
    Mitwirkende: Kronsteiner, Manfred [Gestaltung] , Gstrein, Josef [Interviewte/r]
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wachablöse in der SPÖ-Jugend
    Interview: Nationalratsabgeordneter und Noch-Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Josef Cap
    Mitwirkende: Fischer, Johannes [Gestaltung] , Cap, Josef [Interviewte/r]
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressekonferenz der Grünen: Initiativen gegen das Waldsterben
    Einblendung: Physiker Hans Peter Aubauer und Peter Weish vom Institut für Umweltwissenschaften
    Mitwirkende: Seifert, Wilfried [Gestaltung] , Aubauer, Hans Peter [Interviewte/r] , Weish, Peter [Interviewte/r]
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Medien und Kommunikation ; Wirtschaft ; Technik ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    UNO-Menschenrechtskommission beginnt ihre Tagung in Genf
    Mitwirkende: Lorenz, Marion [Gestaltung]
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Ort: Genf
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bürgerkieg im Libanon: Regierung zurückgetreten, neue Machtverteilung, Lage zugespitzt - Moderatorgespräch
    Mitwirkende: Pott, Marcel [Gestaltung] , Henke, Reinhold [Moderation]
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kunstraub in der Residenz des sowjetischen Botschafters in Rom
    Mitwirkende: Dalma, Alfons [Gestaltung]
    Datum: 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Kultur ; Bildende Kunst ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1984.02.06
    Spieldauer 01:00:09
    Mitwirkende Henke, Reinhold [Moderation] [GND]
    Fuchs, Wolfgang [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1984.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-840206_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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