Mittagsjournal 1984.03.03

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    Die Zeit in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Beim Mittagsjournal begrüßt sie Fritz Wendl als Redakteur im Studio.
    Für die nächsten 60 Minuten planen wir folgendes Programm.
    Aus Bonn erwarten wir einen Beitrag anlässlich des heute beginnenden USA-Besuchs des bundesdeutschen Kanzlers Helmut Kohl, dessen Gespräche in den Vereinigten Staaten im Zeichen einer vom ehemaligen US-Außenminister Kissinger wieder aktivierten Diskussion über die Neuverteilung der Aufgaben in der NATO zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten stehen dürften.
    Aus Moskau kommt ein Beitrag zu den morgen stattfindenden Wahlen des obersten Sowjet und im Journal zu Gast ist Alfred Gusenbauer, ein 24-jähriger SPÖ-Linker, der am vergangenen Wochenende zum Nachfolger Josef Tschaps als Obmann der sozialistischen Jugend gewählt wurde.
    Weitere Österreich-Themen sind die Verhandlungen über den Finanzausgleich zwischen dem Bund und den Ländern und Gemeinden sowie ein Blick in die Tageszeitungen, in deren Kommentarspalten es heute vor allem um den Zustand der Parteien geht.
    Die Kulturredaktion berichtet dann noch über eine Veranstaltungsserie des Österreichischen Filmmuseums mit Filmen gegen den Krieg.
    Vorher jetzt aber die Nachrichten, die Rainer Warnecke zusammengestellt hat und die Wilfried Schierlbauer liest.
    USA.
    Bundespräsident Rudolf Kirchschläger besucht heute anlässlich seines mehrtägigen Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten die Stanford-Universität in Palo Alto bei San Francisco.
    Die Stanford-Universität ist eine der beiden amerikanischen Hochschulen, in denen ein Österreich-Lehrstuhl errichtet worden ist.
    Anlass war die Jubiläumsspende zum 200-jährigen Bestehen der USA.
    An der Stanford-Universität lehren Professoren von Weltruf, die aus Österreich stammen.
    Gestern war Bundespräsident Kirchschläger Gast bei einer Diskussionsveranstaltung im Commonwealth Club von San Francisco.
    Die Leitung der Diskussion hatte das einstige Filmwunderkind Shirley Temple, die später Diplomatin wurde.
    Italien, Österreich.
    Der deutsche Verkehrsminister Werner Dollinger verhandelt heute in Rom über eine bessere Grenzabfertigung.
    Die italienische Regierung hat gestern Gesetzentwürfe zur Beschleunigung des Grenzverkehrs verabschiedet.
    Morgen findet in Wien eine Konferenz der Verkehrsminister der Bundesrepublik Deutschland, der Schweiz und Österreichs statt.
    Auch in diesem Fall stehen die Probleme des grenzüberschreitenden Güterverkehrs im Mittelpunkt.
    Im Zusammenhang mit der jüngsten Blockade der Straßengrenzübergänge nach Italien hat der österreichische Arbeiterkammertag den Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene verlangt.
    In einer Aussendung heißt es, der Anstieg der Frachtrate bei den Bundesbahnen um 28 Prozent und die 100-prozentige Ausnutzung des Huckepack-Zugs München-Verona während der Blockade hätten gezeigt, wie wichtig gut ausgebaute und leistungsfähige Bahnverbindungen sind.
    Außerdem verlangt der Arbeiterkammertag die Herabsetzung des zulässigen Höchstgewichts für Lkw auf 28 Tonnen, wie in der Schweiz, sowie strengere Kontrollen des Gewichts der Lastwagen, der Einhaltung der Arbeitszeit und der Kennzeichnung gefährlicher Güter.
    Schließlich wird eine Berufsausbildung für Lkw-Lenker gefordert, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
    ÖVP-Verkehrssprecher Fritz König erklärte, unbeschadeter Notwendigkeit des Ausbaues der Bahnverbindungen sei die Versorgung Europas auf einen funktionierenden Straßengüterverkehr angewiesen.
    Die derzeitige Praxis bilateraler Lizenzvereinbarungen für den grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr sollte durch volle Liberalisierung innerhalb der westlichen Staaten abgelöst werden.
    In diesem Zusammenhang forderte König Verhandlungen zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Grenzdokuments für den Straßengüterverkehr.
    Nach den Worten vom Gesundheitsminister Kurt Steirer darf ein Nationalpark nicht das sein, was nach einer ungehemmten Ausbeutung und Zerstörung der Natur- und Kulturlandschaft übrig bleibt.
    Steirer erklärt in der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift Umweltschutz, er habe Verständnis dafür, dass die Menschen in Osttirol am wirtschaftlichen Fortschritt teilhaben wollten, nicht aber für den Standpunkt, dass wirtschaftlicher Fortschritt nur dann zu sichern sei, wenn auch noch der letzte Gletscherbach, im konkreten Fall die Obere Isel, dem Kraftwerk Osttirol geopfert werde.
    Zum Schutz der Natur, meint Steirer, bekenne sich praktisch jeder, die Praxis sehe aber anders aus.
    Der Minister weist darauf hin, dass täglich in Österreich 35 Hektar Boden für den Bau von Straßen, Industrie- und Kraftwerkanlagen sowie von Häusern und fremden Verkehrseinrichtungen verbraucht werden.
    Allein von 1970 bis 1975 sind in Tirol und Salzburg 800 Hektar Wald für den Bau von Skipisten gerodet worden.
    300.000 Hektar Wald sind bereits durch Luftschadstoffe geschädigt.
    In der Dachsteinregion hat der Fremdenverkehr zu einer Gefährdung der Trinkwasserqualität in Hallstatt geführt.
    Frankreich Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ihr Sitz ist Paris, kritisiert in ihrem jüngsten Bericht sowohl Qualität als auch Quantität der österreichischen Entwicklungshilfe.
    Nach Ansicht der OECD entsprechen die finanziellen Bedingungen nicht den geforderten Maßstäben.
    1982 gingen nur zwei Prozent der bilateralen Entwicklungshilfe an Länder der vierten Welt.
    Dies bedeutet, dass Österreich in diesem Punkt unter allen OECD-Ländern das Schlusslicht ist.
    Wie im Morgenjournal berichtet, werden von der Organisation auch kommerzielle Interessen kritisiert.
    Hauptsächlich fördert Österreich demnach die Industrie und das Transportwesen in den Entwicklungsländern.
    Sowjetunion.
    Die sowjetischen Bürger bestimmen morgen die Zusammensetzung der beiden Häuser des obersten Sowjets.
    Dieser oberste Sowjet ist mit einem Parlament vergleichbar.
    Er besteht aus dem Unions-Sowjet und dem Nationalitäten-Sowjet, also aus der Abgeordnetenkammer und der Länderkammer.
    Jeder Wähler erhält zwei Stimmzettel mit dem Namen des jeweils einzigen Kandidaten seines Wahlkreises für die betreffende Kammer.
    Die Bürger werfen üblicherweise beide Zettel gefaltet in eine Urne, nur wenige gehen in eine Wahlkabine, um den Namen zu streichen.
    Der neue Parteichef Konstantin Tschernienko hat gestern anlässlich der Wahl eine Rede gehalten.
    Unter anderem hat er sich für einen Umschwung in den Beziehungen zu den USA ausgesprochen.
    Beide Großmächte sollten ihre Atomwaffenpotenziale einfrieren, sagte Tschernienko.
    Er sprach sich auch für ein Verbot der chemischen Waffen aus.
    USA.
    In Washington ist der gestrige Vorschlag des sowjetischen Parteichefs Konstantin Tschernienko eines Verbotes chemischer Waffen begrüßt worden.
    Das Außenministerium sprach sich jedoch gegen ein einfrierendes Arsenals von Atomwaffen auf dem gegenwärtigen Stand aus, da eine derartige Vorgabe die massive sowjetische Aufrüstung der letzten Jahre noch belohnen würde.
    Präsident Reagan will auch heuer an seinem Programm der Stärkung der Militärmacht der USA festhalten.
    In einer Rede ergänzte Reagan allerdings, er wollte der Sowjetunion bei Bemühungen zum Abbau der Atomwaffen entgegenkommen.
    Wörtlich sagte der Präsident, höchstes Ziel sei Friede in Freiheit, der sich auf Mut, Einsicht in die Realität und auf Einigkeit gründet.
    Der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl wird heute zu einem mehrtägigen Besuch in Washington erwartet.
    Zur Diskussion stehen vor allem die Ost-West-Beziehungen und Wirtschaftsprobleme.
    Die Regierung in Washington will dem Wunsch Kohls nach einem amerikanisch-sowjetischen Gipfeltreffen zur Wiederaufnahme des Ost-West-Dialogs nur dann nachkommen, wenn greifbare Ergebnisse zu erwarten sind.
    Auf wirtschaftlichem Gebiet wird Kohl vor allem die Sorgen Bonds über mögliche Handelsbeschränkungen zur Sprache bringen.
    Ein Treffen mit Präsident Reagan findet am Montag statt.
    Libanon.
    Ungeachtet eines Waffenstillstandes, der gestern in Kraft treten sollte, dauerten in der Nacht auf heute die Kämpfe vor allem in Beirut und Umgebung an.
    Staatspräsident Amin Jmajel hat heute Gespräche mit führenden Oppositionspolitikern geführt.
    Er dürfte sie über die Ergebnisse seiner jüngsten Reise nach Syrien informiert haben.
    Politische Kontakte mit dem Ziel, einen Ausweg aus der Libanon-Krise zu finden, gibt es auch in Damaskus.
    Weiters will sich der UNO-Weltsicherheitsrat in New York informell mit der Situation befassen.
    Zurzeit gibt es 50 UNO-Beobachter in Beirut, sie sind aber praktisch machtlos.
    Vor kurzem etwa wurden alle UNO-Fahrzeuge gestohlen, die Beobachter standen sogar 24 Stunden unter Hausarrest.
    Ein verlässliches Bild über die militärische Lage im Krieg am Persischen Golf lässt sich auch weiterhin nicht gewinnen.
    Zuletzt meldete die IRAQ wieder große Erfolge auf dem Schlachtfeld, demnach sollen fast 20.000 Iraner gefallen sein.
    Bagdad hat auch die Drohung erneuert, gegen iranische Ölanlagen am Golf vorzugehen und Öltanker anzugreifen.
    Die Wetterlage?
    An der Rückseite einer Kaltfront, die Österreich überquert hat, fließen feuchtkalte Luftmassen über die Alpen hinweg südwärts.
    Im Adria-Raum wird sich die Tiefdrucktätigkeit verstärken.
    Die Aussichten bis morgen?
    Vorübergehend einige Auflockerungen, im Allgemeinen jedoch meist starke, im Süden vielfach geschlossene Bewölkung und strichweise Schneefall sowie wiederholt Schneeschauer.
    Mäßige auf den Bergen stürmische nördliche Winde.
    Nachmittagstemperaturen 0 bis 3, Frühtemperaturen morgen minus 8 bis 0 Grad.
    Die Prognose für morgen?
    Unterschiedliche, vielfach auch starke Bewölkung und vor allem im Süden und Südosten gebietsweise Schneefall.
    An der Alpen-Nordseite wiederholt Schneeschauer.
    Kalt, nördliche Winde.
    Tageshöchstwerte minus zwei bis plus drei Grad.
    Das Wetter übermorgen?
    Teilweise sonnig, im Süden weiterhin Störungseinfluss.
    Temperaturen wenig verändert.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien stark bewölkt, 5° Nordwestwind, 20 km in der Stunde.
    Eisenstadt bedeckt 4° Nord, 30.
    Linz stark bewölkt, 2° Nordwest, 25.
    Salzburg bedeckt 2° Nordwest, 15.
    Innsbruck bedeckt 0° Bregenz, bedeckt 0°, bedeckt 3.
    Und Klagenfurt bedeckt leichter Schneefall, 1° Südwind, 15 km in der Stunde.
    Es ist 12.10 Uhr und wir setzen den Beitragsteil des Mittagsschanals gleich mit einem der Nachrichtenthemen fort.
    Mit der gestern vom neuen Parteichef der KPDSU Konstantin Tschernenko gehaltenen Rede und den darin enthaltenen Äußerungen zum Rüstungspoker.
    Diese Rede hielt Tschernenko aus Anlass der morgen stattfindenden Wahlen zum obersten Sowjet, dem UdSSR-Parlament, dessen Mitglieder wegen der fehlenden Alternativen mit 99, etlichen Prozent der Stimmen rechnen dürfen.
    Trotz des von vornherein feststehenden Wahlergebnisses fand aber so etwas wie ein Wahlkampf mit zahlreichen Wahlreden statt und dies war für ausländische Beobachter insofern nicht uninteressant, weil sich von der Analyse, wer wann was sagen durfte, Aufschlüsse über die Machtposition der Sowjetunion nach dem Tod Jurij Andropovs versprechen ließen.
    Aus Moskau berichtet Otto Hörmann.
    160 Millionen Sowjetsbürger gehen am Sonntag zur Wahl und so wie die Wahlbeteiligung an die 100% sein wird,
    so werden auch die aufgestellten Kandidaten mit fast hundertprozentiger Mehrheit gewählt werden.
    Der Wahlsonntag, 4.
    März, ist deshalb auch nicht ein Tag der Spannung, sondern ein Feiertag der Sowjetdemokratie, wo schon am frühen Morgen aus den Lautsprechern auf den Straßen Marschmusik tönt und rote Fahnen in der Märzbrise flattern werden.
    Die Wahlen zum Obersten Sowjet mit ihrer politischen Vorbereitung haben dem neuen Parteichef kurz nach der Amtsübernahme ein Forum für einen großen Auftritt im Kreml gegeben.
    Doch verlief der Auftritt peinlich.
    Die KBDSU hat einem Parteichef in Konstantin Tschernienko, der aus medizinischen und anderen Gründen große Schwierigkeiten hat, öffentliche Reden zu halten.
    Gestern hatte er noch das Pech, die Blätter seines Textes durcheinanderzubringen und den Faden zu verlieren.
    Eine halbe Minute raschelte er mit den Zetteln, während die sowjetische Fernseh-Bildregie sofort diskret eine totale von der Zuhörermenge im Kongresspalast über den Sender gab.
    Das zusätzliche Pech war, dass dies just passierte, als die ausländischen Beobachter die Ohren spitzten, was der neue Parteichef zur Außenpolitik zu sagen hatte.
    Die USSR sei für eine effektive Kontrolle hinsichtlich eines Verbots chemischer Waffen, sagte Tschernenko, und eine solche Einigung könnte der Beginn einer Wende in den sowjetisch-amerikanischen Beziehungen sein.
    Wir würden uns so eine drastische Veränderung wünschen, betonte der neue Parteichef.
    Während Andropov kurz nach seiner Amtsübernahme schon neue Vorschläge in der damals laufenden Raketendiskussion machte, hat Tschernenko nichts gesagt, was die Dinge in Gang bringen könnte, außer Absichtserklärungen.
    Moskau unter Tschernenko sieht die Schuld an der Entwicklung bei den Amerikanern und er wiederholte die Formel, wonach die NATO ihre Nachrüstung rückgängig machen müsste, um die Rückkehr zu den Verhandlungen zu ermöglichen.
    Dass Tschernenko in dieser Frage nichts wesentlich Neues zu sagen haben würde, war schon Anfang der Woche klar geworden, als Außenminister Gromyko und Verteidigungsminister Ustinov ihre Reden vor dem ausgesuchten Wahlpublikum hielten.
    In den letzten 14 Tagen hatten alle ZK-Sekretäre sowie Kandidaten und Vollmitglieder des Politbüros gesprochen, jeweils zwei pro Tag.
    Letzten Sonntag gab es eine Pause und dann folgten von Montag bis Freitag die Reden von je einem der, wie sich damit zeigte, wichtigeren Mitglieder des Politbüros.
    Außenminister Gromyko, Verteidigungsminister Ustinov, ZK-Sekretär Gorbatschow, Ministerpräsident Tichonow und Generalsekretär Tschernienko.
    Man weiß jetzt, dass diese fünf ein engerer Kreis sind und dass der 53-jährige Gorbatschow zu diesem Kreis jener Männer gehört, die seine Väter sein könnten.
    Dieser Gorbatschow scheint auch der Bannerträger von Andropovs innenpolitischen und wirtschaftlichen Vorhaben zu sein und Parteichef
    Tschernienko bekräftigte im innenpolitischen Teil seiner Rede, dass Wirtschaftsexperimente und Disziplinkampagne fortgesetzt werden sollen.
    Wer besser leben wolle, müsse auch besser arbeiten, formulierte Tschernienko einen Gedanken, der aus der Andropow-Zeit kommt.
    Im Vergleich zu seiner Andritz-Rede im ZSK sprach Tschernienko diesmal sehr viel weniger ideologisch und mehr praktisch.
    Er versuchte zu tun, was der Parteichef wenigstens dem Anschein nach tun muss, für alle Gebiete verantwortlich zu sein.
    Man weiß, dass manche sowjetische Quellen Schenjenkos gutes Image keineswegs pflegen, sondern sein Image geradezu schädigen wollen.
    Seine Rede im Kongresspalast gestern Abend liefert diesen Kreisen neue Munition.
    Trotz aller Unklarheiten sowjetischer Positionen in der internationalen Rüstungsdiskussion und den damit zusammenhängenden Interpretationsproblemen bleibt auch nach Beginn des Anlaufens der NATO-Nachrüstung und der Warsaw-Pakt-Nachnachrüstung das, was in den Militärblöcken als Sicherheitspolitik und von der internationalen Friedensbewegung schlicht als Wahnsinn bezeichnet wird, ein weltweit vorrangiges Thema.
    Der Atomraketen-Poker und die Aufgabenverteilung innerhalb der NATO zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten werden so auch im Mittelpunkt der Gespräche stehen, zu denen heute Nachmittag der bundesdeutsche Kanzler Helmut Kohl in die Vereinigten Staaten reist.
    Für einen gewissen Zündstoff hatte dabei der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, jüngst erst als Weichensteller der amerikanischen Mittelamerikapolitik von Präsident Reagan in die Tagespolitik zurückgeholt, gesorgt.
    In einem Time-Artikel schlug er nämlich eine Neuverteilung der Gewichte und Aufgaben in der NATO vor und übte auch teilweise heftige Kritik an den europäischen NATO-Mitgliedern, über die er schrieb, sie müssten für ihre Verteidigung mehr tun, als sich bloß auf den nuklearen Schutzschirm der USA zu verlassen.
    Was man, nicht zuletzt auch in diesem Zusammenhang, von der US-Reisebundeskanzler Kohls in Bonn erwartet, berichtet nun Gottfried Zmeck.
    Beim ersten Kontakt auf höchster Ebene zwischen Bonn und Washington nach dem Beginn der NATO-Nachrüstung werden sich Präsident Reagan und Bundeskanzler Kohl mit grundsätzlichen Bündnisfragen konfrontiert sehen, deren Erörterung durch die Konzentration auf die Nachrüstungsfrage überdeckt und aufgeschoben wurde.
    Der westdeutsche Kanzler wird seinen amerikanischen Gesprächspartnern zunächst sein Interesse am Fortgang der Abrüstungsverhandlungen, vor allem im Bereich der atomaren Mittelstreckenraketen, verdeutlichen, ohne aber auf neue Vorschläge zu dringen oder gar eine Art Dolmetscherrolle anzustreben.
    Er wird, wie es im Bonner Kanzleramt hieß, darauf hinwirken, dass die Konsultationen zwischen den USA und den europäischen NATO-Staaten ähnlich intensiv wie vor der Raketenstationierung fortgeführt werden.
    Doch die Probleme liegen tiefer.
    Für einige Aufregung sorgten in diesem Zusammenhang Vorschläge des früheren amerikanischen Außenministers Henry Kissinger zur Umstrukturierung der NATO, gepaart mit Kritik an den europäischen Partnern.
    Im Nachrichtenmagazin Time hatte Kissinger diese Woche unter anderem geschrieben oder vielmehr gedroht, wenn Europa nicht einen größeren Beitrag zur konventionellen Verteidigung leiste, müsse es mit einer Verringerung der amerikanischen Truppenpräsenz um bis zur Hälfte rechnen.
    Durch die Dominanz Washingtons fehle es der NATO an innerem Gleichgewicht.
    Damit verlasse sich Europa wie selbstverständlich auf den Schutzpatron USA, schrieb Kissinger weiter.
    Die Bonner Regierung wies derartige Überlegungen in scharfer Form zurück.
    Eine Verstärkung der konventionellen Komponente der NATO-Strategie sei wünschenswert, um die nukleare Schwelle anzuheben, sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt Mertes.
    Aber die Glaubwürdigkeit der Bündnisstrategie hänge gerade auch von der starken Präsenz konventioneller US-Streitkräfte in Europa ab.
    Mertes nannte Kissingers Vorschlag ein ungerechtfertigtes Ansinnen und ein falsches Signal an Moskau.
    Auch der Oberbefehl über die NATO müsse, entgegen einem Vorschlag Kissingers, in amerikanischen Händen bleiben, um zu verdeutlichen, dass jeder sowjetische Angriff auf Westeuropa die USA direkt mit hineinziehen würde, hieß es weiter in Bonn dazu.
    Der Europadirekt im amerikanischen Außenministerium, Richard Byrd, wies Kissingers Argumente in einem Zeitungsinterview ebenfalls zurück.
    Dessen Vorschläge seien vollkommen bizarr, sagte er.
    Trotz dieser offiziellen Ablehnung Washingtons ist man sich in Bonn aber nicht ganz sicher, ob nicht doch einflussreiche Kreise in Washington Kissingers Meinung teilen würden.
    Jedenfalls weiß Bundeskanzler Kohl, und er wird seine Sorge darüber auch gegenüber Reagan zum Ausdruck bringen, dass in den USA der Einfluss der sogenannten Unilateralisten wächst.
    und eine Strömung zunimmt, die Amerika immer mehr als eine auf den pazifischen Raum orientierte Macht sieht, für deren Interessen das Engagement in Westeuropa zwangsläufig an Bedeutung verliert.
    Wie jetzt bekannt wurde, benutzte Kohl bereits das Treffen mit dem amerikanischen Vizepräsidenten Bush am Rande des Andropov-Begrebnisses in Moskau, um eine heftige Beschwerde über ähnlich lautende Äußerungen von Staatssekretär Igelberger vorzutragen.
    Zweifellos zeichnet sich hier eine grundlegende Diskussion innerhalb der NATO über die Rollenverteilung zwischen den USA und den europäischen Verbündeten ab.
    In diesem Zusammenhang will Bundeskanzler Kohl etwaigen Missverständnissen über die zunehmend enger werdende sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen Bonn und Paris vorbeugen.
    Was sich zwischen Frankreich und der Bundesrepublik an politischem Gleichklang entwickle, dürfe nicht als gegen Amerika gerichteter Separatismus missverstanden werden, hieß es dazu in Bonn.
    Die sicherheitspolitische Nähe dieser beiden Länder sei ein Teilstück des europäischen Pfeilers der NATO.
    Bundeskanzler Kohl wird gegenüber Reagan auch die Frage eines Gipfeltreffens mit dem neuen sowjetischen Parteichef Dschernjenko zur Sprache bringen.
    Kohl sagte vor seiner Abreise, er wolle hier zwar nicht initiativ werden, doch Reagan wisse, dass er Kohl eine solche Begegnung begrüßen würde.
    Und schließlich wird Helmut Kohl in Washington auch wirtschaftspolitische Fragen beraten.
    Dabei geht es auf westdeutscher Seite vor allem um die Sorge vor amerikanischen Neigungen zu Importbeschränkungen und um die alten Probleme des hohen Haushaltsdefizits der USA und der für Europa unbefriedigenden Entwicklung auf dem Zinsmarkt.
    Aus Bonn berichtete Gottfried Zmeck über die Ausgangspositionen zur heute Nachmittag beginnenden viertägigen USA-Reise von Bundeskanzler Kohl.
    Und jetzt, um 12.20 Uhr, zehn Minuten vor halb eins, kommen wir zu unserer Samstagsserie Im Journal zu Gast.
    Das ist heute Alfred Gusenbauer, der am vergangenen Wochenende zum Nachfolger Josef Tschaps als Obmann der sozialistischen Jugend gewählt wurde.
    Gusenbauer ist 24 Jahre alt, Student der Politikwissenschaft und kommt aus dem niederösterreichischen Ips.
    Übrigens aus Arbeitermilieu, was auch bei der sozialistischen Jugend keineswegs selbstverständlich ist.
    Ideologisch gehört Gusenbauer, wie die meisten Jungsozialisten, zur Partei Linken.
    Und er erwähnt auch immer wieder, dass er ja auch schon in der Vergangenheit als Sekretär unter dem SE-Obmann Josef Tschapp die ideologisch weitgehenden Positionen wie dieser vertreten habe.
    Insgesamt versteht sich die sozialistische Jugend nicht nur als Jugendorganisation der SPÖ, sondern auch als Parteigewissen.
    Immer wieder bereit, die Partei und deren führende Repräsentanten daran zu erinnern, wo die politische Praxis nicht mit grundsätzlichen sozialistischen Positionen mit dem Parteiprogramm übereinstimmt.
    Und dies ist in Zeiten einer Koalitionsregierung wohl noch öfters der Fall als in den Alleinregierungszeiten.
    Mit Alfred Gusenbauer spricht Rudolf Nagilla.
    Herr Gusenbauer, Kurt Frohofer hat die sozialistische Jugend in der kleinen Zeitung einen Stachel im Fleisch der SPÖ genannt.
    Er hat sogar geschrieben, im Fleisch der verfetteten SPÖ.
    Wie gefällt Ihnen das Bild?
    Ich habe gewisse Sympathien für das Bild.
    Deswegen, weil wenn man den Stachel versteht als einen Impuls, der zum Vorwärtsbewegen animieren soll, dann ist dadurch sicherlich unsere Funktion in einem gewissen Ausmaß umschrieben.
    Weil wir tatsächlich wollen, dass die Partei eine Politik entwickelt, die in einem stärkeren Zusammenhang mit dem 1978 beschlossenen Parteiprogramm
    steht, als es bisher der Fall ist.
    Wobei aber der Stachel auch heißen kann, dass wir ein Fremdkörper sind innerhalb der Partei.
    Und in diesem Zusammenhang stimmt das Gleichnis nicht, weil wir uns als Teil der Partei verstehen und unsere Arbeit innerhalb der Sozialdemokratie zur Veränderung der Sozialdemokratie betreiben wollen.
    Sie kritisieren Ihre eigene Mutterpartei immer.
    Was passt Ihnen nicht an ihr?
    Die Partei hat gewisse Probleme dadurch, dass wir am 24.
    April die Wahlen verloren haben und jetzt nicht mehr alleine regieren, sondern im Rahmen einer Koalitionsregierung.
    Und ich habe den Eindruck, dass tief in die Parteikliederungen hinein die Ursachen dieser Niederlage und eine neue Positionsbestimmung der Partei
    noch nicht getroffen wurde.
    Vor allem was betrifft, wie sich die Funktion der Partei in einer Koalitionsregierung definiert und welches vorantreibende Element sie in der österreichischen Innenpolitik spielen könnte.
    Und daraus ergibt sich auch
    Derzeit meiner Meinung nach ein Zustand der Partei, der einem hohen Ausmaß reformbedürftig ist.
    Reformbedürftig insofern, als man die politische Diskussion in der Partei neu ankurbeln muss und dadurch Initiativen auch für den sozialistischen Teil der Regierung entwickeln muss.
    Wird in der SPÖ zu wenig diskutiert?
    Gar nicht diskutiert?
    Es wird schon viel diskutiert.
    Über dieses Problem?
    Es wird mehr gemotzt als diskutiert, allenthalben.
    Und ich glaube, dass man den Unmut, der vorhanden ist, aufgreifen muss und auf eine politische Ebene der Diskussion stellen muss.
    Und da hat natürlich auch der Parteivorstand und der Parteivorsitzende eine spezielle Funktion daran zu erfüllen.
    Wenn ich sage, Sie kritisieren die Partei immer wieder, dann meine ich die Partei insgesamt, bei den einzelnen Spitzenpolitiker machen Sie aber doch ziemliche Unterschiede.
    Es ist ja auch die Politik der einzelnen Spitzenpolitiker eine unterschiedliche, was den Zusammenhang mit den Grundsätzen betrifft.
    Wer sind da Ihre Favoriten?
    Favoriten?
    Es gibt Leute in der Regierung, die Dialogpartner für uns sind in verschiedenen Fragen.
    Am Verbandstag wurde ja klar, dass der Minister Dallinger in diesen ganzen sozialen Fragestellungen ein Partner ist.
    In der Frage der Ökologie ganz sicherlich der Minister Steirer und in den Fragen der Außen- und Friedenspolitik auch sicherlich der Minister Lanz.
    Und dann gibt es traditionelle
    Bindungen, die vorhanden sind.
    Dass der Innenminister Bleicher, der früher für Jugend verantwortlich war, natürlich wie mit dem in einem Diskussionsprozess steht.
    Oder auch der Minister Fischer, der jetzt einen wesentlichen Anknüpfungspunkt dadurch gegeben hat, indem er gesagt hat, gerade in der Koalitionsregierung
    ist es wichtig, dass die Partei ihre sozialistische Identität behält und sich abgrenzt von anderen Parteien.
    Und das für mich ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für jene Diskussion ist, die wir jetzt so vehement fordern.
    Nicht genannt haben Sie den Parteivorsitzenden und Bundeskanzler Sinowaz.
    Es wird kein Zufall sein, dass Sie den nicht genannt haben.
    Er war auch nicht auf dem Verbandstag.
    auf dem Sie gewählt wurden?
    Das ist keine Missachtung der Person des Bundeskanzlers.
    Wir haben sofort, nachdem der Bundeskanzler auch zum Parteivorsitzenden gewählt wurde, mit ihm auf unserem Verbandsausschuss diskutiert.
    Aber Sie haben ihn jetzt nicht genannt?
    Ja, man muss halt sagen, der Bundeskanzler ist für alles verantwortlich in dem Zusammenhang und daher wird man auch alles mit ihm diskutieren.
    Aber er ist nicht das vorantreibende Element in jenen Bereichen, die ich genannt habe.
    Tun Sie sich schwerer mit ihm?
    Man muss sich umstellen von Kreisky auf den neuen Bundeskanzler Sinowaz.
    Es ist eine andere Art der Diskussion mit ihm.
    Aber ich glaube, dass er auch die Diskussion mit ihm konstruktiv entwickeln kann, da ich ihn als einen echten Fighter einschätze.
    Wir haben das gemerkt bei der Diskussion mit ihm.
    Ich glaube, dass es auch mit ihm konstruktiv und kontrovers zu diskutieren sein wird.
    Er war, sagte ich, nicht dafür am Verbandstag.
    Es wurde aber von vielen bemerkt, dass auf dem Verbandstag eine Reihe von kommunistischen Delegationen aus der Sowjetunion, DDR, Rumänien, Nordkorea usw.
    waren.
    Es gibt Leute, die sich jetzt darüber wundern, dass die Jugendorganisation einer demokratischen, sozialistischen Partei so intensive Freundschaftskontakte mit nicht-demokratischen Organisationen, kommunistischen Organisationen hat.
    Wir als demokratische Sozialisten stellen uns sicherlich nicht vor ein Gesellschaftssystem, wie es derzeit in den RGW-Staaten ist.
    Wir stellen uns einen anderen Weg zum Sozialismus vor und auch eine andere Strukturierung.
    Auf der anderen Seite wird gerade in letzter Zeit sehr viel von Entspannungspolitik gesprochen, gerade in einer Zeit, wo wenig auf dem Sektor der Entspannungspolitik gemacht wird.
    Und wir sind der Auffassung, dass auch Kontakte auf der Jugendebene, Austausch, Diskussion ein wesentlicher Beitrag hier sind, damit hier gewisse Elemente von vertrauensbildenden Maßnahmen einer gewissen Ebene geschaffen werden.
    Und das entspricht nicht nur unserer Tradition, sondern auch der Tradition des österreichischen Bundesjugendrings zum Beispiel, der auch zu diesen Organisationen Kontakte hat.
    Und wir glauben, dass
    Unser Beitrag, der nur ein beschränkter sein kann, durchaus sich in diesem Rahmen auch halten kann.
    Ich bleibe noch kurz bei dem Thema.
    Durch die Zeitungen ist die Meldung gegangen, dass sie einmal am Moskauer Flughafen nach ihrer Ankunft den Boden geküsst hätten.
    Stimmt das?
    Es war im Wesentlichen so, dass wir im Rahmen einer Bundesjugendring-Delegation nach Moskau geflogen sind und dort das sehr offiziell auch auf Jugendebene abläuft und eigentlich nicht dem Stil entspricht, wie hier bei uns Jugendorganisationen in Österreich verkehren.
    Und wir wollten gleich von vornherein dem Besuch eine lockere und persönliche Note geben.
    Und wie wir aus dem Flughafengebäude hinausgegangen sind, haben wir im kleinen Kreis, es war nur die Delegation und die, die uns empfangen haben, habe ich dort als einen satirischen Beitrag zu unserer Ankunft dort mich niedergekniet auf den Boden.
    Geküsst habe ich ihn nicht, denn für mich wurde dort nicht, wie für den Papst,
    die geeignete Stelle dafür gereinigt und daher hätte ich aus hygienischen Gründen etwas Bedenken gehabt.
    Sie haben sich niedergekniet.
    Hängt Ihnen das ein bisschen nach?
    Reut Sie das jetzt?
    War das eine Dummheit?
    Schauen Sie, ich bin der Auffassung, auch in der Politik muss der Humor einen gewissen Platz haben und zu humorvollen Aktivitäten auch in diesem Rahmen bekenne ich mich.
    Hätten Sie es in Washington auch gemacht?
    Wenn dort die Form des Empfangs dasselbe gewesen wäre, hätte ich es auch dort gemacht.
    An sich ist es so, wenn man Ihre Artikel durchliest zum Thema Frieden, da haben Sie in letzter Zeit sehr viel geschrieben, da ist zu bemerken, dass Sie an sich allgemein Abrüstung verlangen, aber dass Sie ganz besonders und massiv kritisieren die amerikanische Rüstung.
    Das hängt damit zusammen, dass ich der Auffassung bin, dass die Aufstellung der Pershing II und Cruise Missiles Raketen tatsächlich eine neue Qualität der Rüstungsspirale darstellen und dass ich diese neue Qualität von Rüstung verhindern wollte, auch dadurch, dass ich in der Friedensbewegung aktiv war, weil sich dadurch nur die Spirale weiter drehen wird.
    Würde die Sowjetunion eine neue Qualität von Rüstung einführen,
    dann würden wir fordern, dass diese sowjetischen Geräte nicht aufgestellt werden.
    Und wir haben ja immer gefordert, den Gesamtzusammenhang.
    Keine neuen Raketen und das, was vorhanden ist, gleichzeitig in Ost und West abzubauen.
    Und ich unterstütze in dem Zusammenhang eigentlich die Position von Willy Brandt, der gesagt hat, man hätte aufgrund der vielen Verhandlungsangebote, die die Sowjets gemacht haben, sie beim Wort nehmen sollen, weil das hätte einmal zu einer Reduzierung der Waffenarsenale geführt.
    Aber die sowjetischen SS-20 sind ja auch neue Raketen, die neu aufgestellt wurden und die ebenso eine neue technische Qualität haben.
    Wir haben diese SS-20-Raketen auch im Rahmen unserer Analysen durchaus berücksichtigt und die SS-20 waren durchaus eine Modernisierung der SS-4, SS-5-Raketen.
    Aber weniger, weniger.
    Sie gehen auf die amerikanischen schon mehr los.
    Insofern besteht ein Unterschied zwischen den SS-20 und den neuen amerikanischen Raketen als
    Ein Gegengewicht zu den SS-20-Raketen ist dadurch vorhanden, dass es die Forward-Based Systems der Amerikaner gibt, d.h.
    die Luft- und die segelstützenden Raketen, die hier teilweise einen Ausgleich darstellen zu den SS-20.
    Der Unterschied besteht darin, die sowjetischen Raketen sind zu 70 Prozent landgestützt und 30 Prozent luft- und seegestützt.
    Und bei den amerikanischen ist es genau umgekehrt.
    Daher ist ein ausschließlicher Vergleich landgestützt zu landgestützt eigentlich verkürzt und man muss das Gesamte sehen.
    Um das Thema abzuschließen, welches Land, und zwar das politische System meine ich jetzt, ist Ihnen sympathisch?
    Oder die Sowjetunion oder das amerikanische System?
    Ich muss sagen, ich möchte weder in der Sowjetunion noch in den USA leben.
    Ich bin Österreicher.
    Ich rede von der Politik, nicht vom Heimatgefühl her und so natürlich.
    Auch von der Politik muss ich sagen.
    Und vom Gesellschaftssystem.
    Vom Gesellschaftssystem hat sowohl das eine als auch das andere Vorteile.
    Es gibt in der Sowjetunion keine Arbeitslosigkeit, die gibt es in den USA.
    Auf der anderen Seite
    ist sicherlich der demokratische Meinungsbildungsprozess in den USA anders entwickelt mit einer anderen Geschichte, als es in der Sowjetunion davor ist.
    Ich schließe daraus die Synthese, dass unsere österreichischen Bedingungen eigentlich die günstigeren sind dafür, für das, was wir politisch entwickeln wollen.
    Das heißt, Sie stehen beiden Systemen gleich fern?
    Es gibt da schon Unterschiede.
    Also eine grundsätzliche Äquidistanz, würde ich glauben, ist eine etwas zu starre Definition.
    Es hängt auch davon ab, welche konkrete Politik entwickelt wird.
    Und eines ist schon klar, dass vor allem durch die Politik, durch die Außenpolitik, die Ronald Reagan in den letzten Jahren entwickelt hat, uns die Amerikaner etwas ferner gerückt sind, als das vorher der Fall war.
    Sie werden von Journalisten vermutlich immer wieder zu dem Thema sehr gefragt.
    Selten eigentlich.
    Selten?
    Aber es wird drüber geschrieben, sehr oft.
    Finden Sie es als ungerecht, als Anschwärzung oder irgend sowas?
    Wie empfinden Sie das?
    Oder ist es etwas Vernünftiges?
    Hat man versucht, da eine Abgrenzung herauszufinden als Journalist bei Ihnen?
    Ich bin natürlich dafür, dass man hier die persönlichen Noten, die sich ergeben, in der Einschätzung sowohl unterschiedlicher Gesellschaftssysteme als auch der Weltlage durchaus herausarbeitet.
    Nur glaube, dass das Ganze seriös und mit dem dementsprechenden politischen Hintergrund getan wird.
    Und ich habe manchmal den Eindruck, dass es bei uns eher eine gesellschaftliche Funktion hat.
    Dass es eine Exkommunikationsformel gibt in Österreich, die heißt Kommunistennähe.
    Und wenn man irgendjemandem schaden will und sich nicht imstande sieht, auf seine inhaltliche Argumentation einzugehen, dann verwendet man diesen Prügel, um ihm zu schaden.
    Das halte ich
    für keine brauchbare Form der Auseinandersetzung.
    Aber ich bin der Auffassung, dass es günstig ist, wenn man hier klar die politischen Positionen darstellt und auch interpretiert.
    Da ich Ihnen nicht schaden will, lasse ich das Thema jetzt und gehe zu einem weiteren Thema, nämlich zur Sachpolitik noch.
    Worauf kommt es Ihnen da besonders an?
    Im Zentrum unserer Aktivitäten wird sicherlich jetzt die gesamte soziale Frage stehen in Österreich.
    wie die Krise in Österreich gemeistert werden kann unter einer möglichst sozialen Verteilung der Lasten dieser Krise.
    Und da spielen die gesamten Themenbereiche von Steuerreform über Arbeitszeitverkürzung, über Pensionsversicherungsreform hinein.
    Und wir werden ein sozialistisches Maßnahmenpaket erarbeiten und noch vor dem Sommer der Partei und der Öffentlichkeit vorstellen.
    So ein Alternativ-Maßnahmenpaket zu dem, was die Partei ausgearbeitet oder in Kraft gesetzt hat?
    Die Partei hat ja keines ausgearbeitet, die Koalitionsregierung hat eines beschlossen.
    Das Maßnahmenpaket der Partei war ja das aus den Wahlen, das sogenannte Mallorca-Paket, und das ist ja ein Unterschied zu dem Paket der Koalitionsregierung.
    Und wo werden da die großen Unterschiede sein, voraussichtlich?
    Die großen Unterschiede werden sich vor allem in jenem Bereich bewegen, wo es um die Verteilungsfrage geht.
    wo es darum geht zu steuern, zum Beispiel zu vermeiden Mehrwertsteuererhöhungen, die ja in einem hohen Ausmaß die kleineren Einkommensbezieher stärker treffen als die größeren Einkommensbezieher.
    Im zweiten Teil wird sich das vor allem auch konzentrieren, was betrifft Förderungsmaßnahmen, dass er als Direktförderungen gestalten soll, auch mit gewissen Bedingungen, was betrifft Einhaltung von Umweltschutzmaßnahmen, Einhaltung gewisser Mitbestimmungsrechte, gewisse Innovationsfähigkeit der Betriebe und so weiter.
    Direktförderung, das heißt also Nichtsteuerabschreibungsmethoden und so.
    Also kein Gießbalkan im Prinzip mit generellen Steuerabschreibungen.
    Und mit den Bedingungen, die Sie aufgezählt haben.
    Zum Schluss, Herr Gusenbauer, wenn Sie Regierungschef wären, eine fiktive Frage, mit sehr viel Spielraum, mit sehr viel Macht, muss ich noch dazu sagen, was würden Sie da jetzt als erstes regeln, ändern, einführen?
    Eine ganz konkrete Maßnahme, die Ihnen sehr wichtig wäre.
    Nachdem das Wesentlichste derzeit die Sicherung der Arbeitsplätze in Österreich ist, würde ich als erstes die Arbeitszeit auf 35 Stunden verkürzen bei vollem Lohnausgleich und gleichzeitig eine paritätische Mitbestimmung in den Betrieben einführen.
    Danke für das Gespräch.
    In unserer Samstagsserie im Journal zu Gast sprach Rudolf Nagidla mit Alfred Gusenbauer, dem Nachfolger Josef Tschaps als Obmann der sozialistischen Jugend.
    Wir bleiben bei der Innenpolitik, beim Zustand der österreichischen Parteien.
    Denn das ist eines der Themen der heutigen Zeitungskommentare.
    Ausschnitte daraus präsentieren Reinhold Henke und Melitta Czapka.
    Hart gehen heute die Kommentatoren der oberösterreichischen Nachrichten und der Wiener Presse mit Österreichs Politikern ins Gericht.
    Hermann Polz meint in den oberösterreichischen Nachrichten, dass einzig und allein der ständig attackierte Sozialminister Alfred Dallinger eine konsequente Linie verfolge.
    Und zwar den Kampf um die 35-Stunden-Woche.
    Bei den großen Brocken Steuerreform, Budgetsanierung und Pensionsreform manifestiere sich die Hilflosigkeit der Regierung.
    Wörtlich liest man dann.
    Eine Regierung, die sich bei jedem Schritt selbst in den Hintern tritt.
    Akrobat, schön.
    Angst vor der Verantwortung für schmerzliche Maßnahmen bestimmt dieses Gezappel im Sumpf.
    Für die allein heilkräftigen, unpopulären Schnitte ins Fleisch reicht die politische Tragfähigkeit dieser kleinen Koalition nicht aus.
    Nur eine große könnte das verkraften.
    Diese Regierung wird uns höchstens mit kosmetischen Maßnahmen zu konfrontieren wagen.
    Für alles Wirksame wird sie aus Wangen um ihre Macht zu feig sein.
    Sollte die VP noch in dieser Legislaturperiode oder nach den nächsten Wahlen in die Regierung kommen, hat sie nicht die geringste Ursache, sich als Retter in letzter Not zu fühlen, denn sie ist an der gewissenlosen Sozialdemagogie, die uns in Jahrzehnten dahin gebracht hat, nicht minder schuld als die SP.
    Ähnlich sieht Thomas Khorheer in der Presse den Zustand der österreichischen Parteien.
    Er schreibt,
    In der SPÖ hat Fritz Sinowatz zwar die Zügel in der Hand, die Frage aber, wie stramm er sie führe, ist bis dato noch nicht schlüssig beantwortet worden.
    Als Regierungschef hat er jedenfalls, aber jeder andere, der nach Kreisky gekommen wäre, hätte es genauso schwer gehabt, noch nicht überzeugen können.
    Und weiter liest man dann bei Thomas Coher?
    So kommt es, dass in der Regierung noch immer einmal Hü, einmal Hot gerufen wird.
    Der jüngste Ausritt des Sozialministers vor den Jusos war da ein besonders gutes Beispiel.
    Profitiert die Volkspartei von solchen Schwächezeichen der Sozialisten?
    Sie verzeichnet die besten Umfrageergebnisse seit langem, aber zum Glück fragt sie niemand nach ihren Alternativen.
    Da könnte sie in Verlegenheit kommen.
    Auch sie, so scheint es, ist der allgemeinen Chloroformierung der Innenpolitik nicht entkommen.
    Und zum Abschluss noch ein Blick in die Salzburger Nachrichten.
    In Salzburg finden ja in drei Wochen die nächsten Landtagswahlen statt.
    Mit der grün-alternativen Bürgerliste hat erstmals in Österreich eine Umweltschutzpartei die Chance in ein Landesparlament einzuziehen.
    Gerhard Neureiter schließt seinen Artikel folgendermaßen.
    In diesen Tagen werden wir Journalisten immer wieder gefragt, wie gehen die Landtagswahlen aus?
    Exakt weiß keiner eine Antwort, weil vor allem ungewiss ist, ob die neuen Gruppierungen ein Grundmandat in der Stadt Salzburg und damit den Einzug im Landtag schaffen.
    Eines ist ziemlich klar, die Koalitionspartner SPÖ und FPÖ auf Bundesebene erwarten auf Landesebene Verluste.
    Sollten SPÖ und FPÖ im Land Salzburg gewinnen, würde das die gesamte österreichische Politik auf den Kopf stellen.
    Und dass dies gerade in Salzburg passiert, ist unwahrscheinlich.
    Das war unser Blick in die Kommentarspalten der heutigen Tageszeitungen.
    Und wir setzen fort mit einem Beitrag über Diskussionen im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den Finanzausgleich zwischen dem Bund und den Ländern und Gemeinden.
    Ein Finanzausgleich wird jeweils über einen Zeitraum von sechs Jahren abgeschlossen und bestimmt, in welchem Verhältnis die Steuermittel auf den Bund, die Länder und die Gemeinden aufgeteilt werden.
    Alle sechs Jahre gibt es ein wochenlanges CS-Ringen, bei dem jeder der drei Gebietskörperschaften versucht, möglichst viel für sich herauszuholen.
    Die Verhandlungen dürften diesmal besonders schwierig werden, weil einerseits die Budgetlage des Bundes mehr als angespannt ist, andererseits aber auch die Länder und Gemeinden zunehmend über hohe Verschuldung klagen.
    Roland Adrowitzer hat unter der Mitarbeit von Johannes Fischer und Werner Mück folgenden Beitrag über die Ausgangspositionen der Verhandlungen gestaltet.
    Hinter dem harmlos klingenden Wort Finanzausgleich verbirgt sich ein beinahe unglaubliches Wirrwarr von Aufteilungsschlüsseln und Sonderregelungen.
    Wie kompliziert das System ist, soll ein Beispiel erläutern, dass dem Buch der geschröpfte Städter des Wiener Finanzstadtrates Hans Mayer entnommen ist.
    Nehmen wir an, Sie kaufen ganz egal wo in Österreich einen Mantel um 2400 Schilling.
    Der Nettopreis für den Mantel würde 2000 Schilling ausmachen, 400 Schilling sind Mehrwertsteuer.
    Nach dem speziellen Aufteilungsschlüssel für die Mehrwertsteuer fließen 269 dieser 400 Schilling an den Bund, 58 Schilling an die Länder mit Ausnahme Wiens
    31 Schilling an die österreichischen Gemeinden, 25 Schilling an Wien, 5 Schilling 80 an den Wasserwirtschaftsfonds und 10 Schilling 20 an den Krankenanstaltenfonds.
    Hätten Sie gedacht, dass Sie mit dem Kauf eines Mantels möglicherweise die Anschaffung einer Mullbinde in irgendeinem österreichischen Spital finanzieren?
    Wohl kaum.
    Es gibt Steuern und Abgaben, die ausschließlich dem Bund, ausschließlich den Ländern oder Gemeinden oder allen gemeinsam zugute kommen.
    Der Finanzausgleich betrifft nur die größte und wichtigste Gruppe der Steuern, die gemeinsamen Bundesabgaben.
    Insgesamt 13 Steuern werden nach den Regeln des Finanzausgleichs aufgeteilt, darunter so große Brocken wie die Einkommenssteuer, die Lohnsteuer sowie die Umsatz- oder Mehrwertsteuer.
    Für jede einzelne Abgabe gibt es einen eigenen Aufteilungsschlüssel, wie etwa die Fläche, die Einwohnerzahl oder die Gesamtlänge der Straßenkilometer eines Bundeslandes.
    Im Durchschnitt stehen derzeit dem Bund 63 Prozent der Steuermittel zu, den Ländern 21 Prozent und den Gemeinden 16 Prozent.
    Im Jahr 1982 etwa wurden auf diese Weise 188 Milliarden Schilling verteilt.
    Mit welchen Begründungen fordern nun die einzelnen Interessensvertreter mehr Geld?
    Die Gemeinden klagen über die Rekordschuldenmenge von 90 Milliarden Schilling.
    Die Aufgaben der Gemeinden sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen, die Einnahmen gesunken.
    Teure Investitionen wie etwa Hallenbäder haben tiefe Löcher in die Budgets gerissen.
    Für Kanalisation und Wasserleitungsbau müssen enorme Summen aufgebracht werden.
    Dazu noch ein Schlagwort, Zweitwohnungen.
    Die Gemeinden mit Zweitwohnsitzen wollen über den Finanzausgleich dafür entschädigt werden, dass sie den Zweitwohnbesitzern Straßen, Kanäle und Wasserleitungen gebaut haben.
    Ist die Situation für die Gemeinden bereits tragisch?
    Dazu der Präsident des Gemeindebundes, Niederösterreichs Landtagspräsident Ferdinand Reiter, gleichzeitig Bürgermeister von Zistersdorf.
    Tragisch nicht.
    Für manche Gemeinden sicherlich schon unangenehm.
    In der Gesamtheit
    beängstigend und daher glauben wir, dass dieser neue Finanzausgleich eine gewisse Erleichterung für unsere Gemeinden bringen müsste.
    Es müsste vor allem verhindert werden, dass die Gemeinde eigene Steuern abgeschafft werden, wie derzeit von verschiedenen Seiten verlangt wird.
    Und es muss sicherlich auch durch einen Appell an unsere Gemeinden versucht werden, dass
    Aufgrund der neuen Situation, allein der ungeheuren Kosten am Energiesektor, die Gemeinden sind weiterhin für Schulden.
    Im Ringen um die Verteilung des Budgetkuchens wollen natürlich auch die Länder mehr Geld.
    Eines der Hauptprobleme dabei beim derzeitigen Finanzausgleich wird relativ wenig beachtet, wie viel die einzelnen Länder in den gemeinsamen Topf einbezahlen.
    mit anderen Worten.
    Ein wirtschaftlich starkes Bundesland zahlt unter Umständen wesentlich mehr Steuergelder in den gemeinsamen Topf ein, als es dann anteilsmäßig wieder zurückerhält.
    Wiens Finanzstadtrat Mayr hat ausgerechnet, dass derzeit drei Bundesländer benachteiligt werden.
    Wien, Vorarlberg und Salzburg.
    Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer fordert einerseits mehr Geld für die Länder und die Gemeinden und spricht sich andererseits für eine neue Aufteilungsvariante aus.
    Wir haben schon das letzte Mal die Idee entwickelt,
    dass es zu einem zweistufigen Finanzausgleich kommen sollte, dass nämlich der Bund in Zukunft
    die Finanzmittel auf die Länder aufteilt und die Länder ihrerseits einen eigenen Finanzausgleich mit den Gemeinden abschließen.
    Das wäre gerechter, das wäre systemgemäßer und das gäbe vor allem den Ländern auch die Möglichkeit, auf die strukturellen unterschiedlichen Positionen der Gemeinden Bedacht zu nehmen.
    Glauben Sie also, dass sich die Gemeinden bei ihren Bundesländern besser aufgehoben fühlen in solchen Verhandlungen als beim Bund?
    Davon bin ich mit einigen wenigen Ausnahmen überzeugt.
    Wiens Finanzchef Hans Maier hat sich auf die bevorstehenden Verhandlungen besonders intensiv vorbereitet und seine Vorstellungen in dem bereits erwähnten Buch »Der geschröpfte Städter« präzisiert.
    Maier schlägt darin einen gänzlich neuen Aufteilungsschlüssel vor,
    Alle Länder sollen zunächst so viel Geld erhalten, wie ihnen nach den Steueraufkommen zusteht.
    Ein Ausgleich soll erst dann durch Abschöpfen oder Aufstocken gefunden werden.
    Alle Bundesländer, vor allem aber Wien, würden nach diesem Vorschlag besser abschneiden als derzeit.
    Die Gemeinden der einzelnen Länder würden ebenfalls mehr erhalten als bisher.
    Nur die Tiroler Gemeinden, die nach Ansicht Mayers derzeit bevorzugt sind, müssten Einbußen in Kauf nehmen.
    Der Bund würde bei diesem Meier-Vorschlag verlieren, nämlich rund 4,5 Milliarden Schilling pro Jahr.
    Finanzstaatrat Hans Meier scheut sich nicht, dazu auch neue Steuervorschläge zu präsentieren, etwa die Einführung einer Autobahn-Maut.
    Mir ist im Augenblick die Schweiz ein Muster, wo im Wege einer Autobahn-Maut bei einem viel kleineren Durchzugsgebiet und einem viel geringeren Transitverkehr als in Österreich
    über eine durchaus verständliche Maßnahme rund zweieinhalb Milliarden Schilling aufgebracht werden.
    Ich wäre für eine Autobahngebühr und das Schweizer Muster scheint mir ein sehr vernünftiges.
    Aber vom Prinzip her habe ich den Vorschlag zum Finanzausgleich deswegen gemacht, weil mir der alte Finanzausgleich scheint am Ende zu sein.
    Ich glaube, dass eine Strukturpolitik hergehört und nicht ein Weiterfahren in den bisherigen Geleisen.
    Maier meint hier vor allem, dass keine neuen Siedlungen mehr erschlossen, sondern die vorhandenen Siedlungsstrukturen besser genützt werden sollten.
    Wichtigstes Stichwort dabei, Stadterneuerung.
    Eine ganze Reihe von Forderungen also, mit denen sich Österreichs oberster Säcklwart Herbert Salcher konfrontiert sieht.
    Zu Maiers Vorschlag, eine Autobahngebühr einzuführen und damit für die Länder mehr Mittel zu erschließen, meint Salcher.
    Das sind immer die eleganten Lösungen, die den Finanzminister dazu zwingen,
    gewisse Steuern zusätzlich zu erheben und der nette Effekt geht zugunsten anderer Gebietskörperschaften.
    Ich halte diese Vorschläge vom Standpunkt des Finanzministers aus vorerst noch nicht ausgereift.
    Grundsätzlich wäre eine Veränderung zum Nachteil des Bundes aus der Sicht des Budgets überhaupt möglich.
    Möglich ist alles.
    Wenn man sagt, der Bund verzichtet auf Einnahmen, dann wird eben das Budgetdefizit höher.
    Und in einer Zeit, in der wir das Budget konsolidieren, wäre ein solcher Weg von Bundesseite her gesehen nicht leicht gangbar.
    Der Kampf der Gemeinden, Länder und des Bundes um die Verteilung des gemeinsamen Steuerkuchens hat begonnen.
    Die Gemeinden und die Länder wollen mehr Geld, der Bund will möglichst wenig hergeben.
    Der Finanzminister sträubt sich auch verständlicherweise
    populäre Neusteuern einzuführen, die dann den Ländern zugutekommen.
    Die Finanzausgleichsverhandlungen sollen noch im Sommer abgeschlossen werden.
    Roland Adrovica skizziert in Zusammenarbeit mit Johannes Fischer und Werner Mück die Ausgangspositionen der Verhandlungen zum Finanzausgleich zwischen dem Bund und den Ländern und Gemeinden.
    Und bevor wir jetzt zu einem Beitrag der Kulturredaktion im Öffentliche Veranstaltungsreihe mit Filmen über den Krieg kommen, jetzt noch ganz anders Kulturelles, einige Takte Vivaldi.
    ... Musik ...
    ... Musik ...
    Das war's.
    Von Vivaldi-Musik nun zum angekündigten Beitrag der Kulturredaktion.
    Das Märzprogramm des österreichischen Filmmuseums in der Wiener Albertina steht unter dem Motto Filme über den Krieg und begann gestern mit dem ersten Teil der siebenteiligen für das kanadische Fernsehen produzierten Dokumentarfilmserie War von Gwynne Dyer.
    Heute wird, wieder in Anwesenheit des Autors, der zweite Teil der Serie gezeigt.
    Heidi Grundmann hat aus einem Interview mit Gwynne Dyer und einem Filmausschnitt den folgenden Beitrag gestaltet.
    Der erste Trainingstag in einem Ausbildungslager der US Marines.
    Fünf Uhr morgens.
    What they're saying is that this barracks contains 45 high
    Was der Rekrut da schreit, heisst wörtlich.
    Dieses Lager enthält 45 stark motivierte, echt engagierte, kampfbereite, blutdürstige, mordlüsterne US-Rekruten.
    Und das werden die Rekruten jetzt jeden Morgen schreien, 70 Tage lang.
    Das ist nur ein kurzer Ausschnitt aus dem zweiten Teil der siebenteiligen Fernsehserie War, des in England lebenden kanadischen Journalisten Gwynne Dyer.
    Vor fünf Jahren begann es mit einer Radioserie, die Gwynn deswegen machte, weil er, nachdem er fast sein ganzes Leben innerhalb der Welt des Militärs verbracht hatte, in der Marine, als Lehrer an der Militärakademie und als auf das Militär spezialisierter Journalist genug davon hatte, sich immer nur punktuell mit dem Militär und einzelnen Kriegen zu befassen.
    Und daran gehen wollte, sich mit dem die ganze Geschichte der Menschheit durchziehenden Phänomen Krieg und seinen Ursachen zu befassen.
    Die Organisation für den Krieg, die Gründe dafür, warum Menschen für Kriege kämpfen,
    Im Grunde genommen ist der Krieg, seine Organisation, sind die Motive, warum die Menschen Kriege führen und seine Konsequenzen gleich geblieben, was ihre Qualität betrifft.
    Was sich geändert hat, ist das Ausmass des Krieges.
    Die Waffen sind viel effizienter geworden, zum Beispiel die Atomwaffen.
    Sie werden das Hauptinstrument der Zerstörung in einem nächsten Krieg sein.
    Sie sind sehr effizient.
    Sie töten sehr viele Menschen auf sehr schnelle und sehr billige Art.
    Das ist viel leichter, als sie alle mit dem Maschinengewehr abzuschießen.
    Aber das System, das diese Atomwaffen einsetzt, war schon da, bevor die Waffen da waren.
    Die Nuklearwaffen tun nur das besser, was die großen Bombergeschwader des Zweiten Weltkrieges auch schon taten.
    Die Vorstellung, dass man die Bevölkerung des Feindes in ihren Häusern zerstört, diese Vorstellung bestand schon vor den Atomwaffen.
    Hinter der Entwicklung und Produktion der Atombombe stehen politische Zielvorstellungen, organisatorisches und rationales Denken.
    Und was man angreifen muss, sind nicht die Waffen, sondern das Denken, das dahinter steckt.
    Doch bei seiner Arbeit an den sieben Teilen für seine Fernsehserie über den Krieg hat Gwynne Dyer nicht viele Anzeichen dafür gefunden, dass die Menschen auf der Welt wirklich etwas gegen den Krieg und seine Mechanismen unternehmen.
    Krieg und Armee sind politische Institutionen.
    Der Krieg und die Armeen sind politische Institutionen, die letztlich durch unsere Bereitschaft, sie zu unterstützen, ermöglicht werden, durch die Steuern, die wir bezahlen, die Zielvorstellungen, die wir akzeptieren.
    Im Grunde genommen stimmt jeder, der nicht auf der Straße dagegen demonstriert, der Vorstellung zu, dass es unter bestimmten Voraussetzungen richtig ist, Angehörige einer anderen Nation zu töten, wenn unsere Regierung in einen Konflikt mit deren Regierung gerät.
    Wir alle akzeptieren das.
    Wir zahlen Steuern, die in Armeen fließen, d.h.
    in bestimmte Gruppen von Männern, die wir darauf trainieren, Fremde zu töten.
    Und denen wir sagen, es ist unser Recht, Fremde zu töten, wenn der Präsident oder der Premierminister das anordnen.
    Gwen Dyer hat seinen erschütternden siebenteiligen Fernsehfilm gemacht, weil er glaubt, dass nur das Verstehen und Durchschauen der Mechanismen, die dem Krieg zugrunde liegen, uns vor der Auslöschung der Menschheit bewahren werden.
    Und trotzdem sagt er,
    Wenn Sie mich fragen, wird es einen Atomkrieg geben, dann würde ich sagen, ja, wahrscheinlich wird es einen geben.
    Und Gwynne Dyer fügt hinzu, ich glaube nicht, dass es zwei Atomkriege geben wird.
    Im österreichischen Filmmuseum findet in diesen Tagen die Veranstaltungsserie Film über den Krieg statt, Heidi Grundmann berichtete.
    Und jetzt, viereinhalb Minuten vor 13 Uhr, noch einmal eine Meldungsübersicht im Mittagsschanal.
    Österreich.
    Der Wiener Finanzstaatrat Hans Meyer hat sich heute für die Einführung einer Autobahn-Maut in Österreich nach Schweizer Vorbild ausgesprochen.
    Der Erlös aus dieser Autobahn-Maut sollte nach Ansicht Meyers den Bundesländern und Gemeinden zugute kommen.
    Finanzminister Herbert Salcher lehnte den Vorschlag ab und meinte, das sei wieder einer jener bequemen Pläne eines Landesfinanzreferenten, durch den der Finanzminister eine unpopuläre Maßnahme setzen müsste.
    Der Erlös käme aber den Ländern und Gemeinden zugute.
    In Wien findet morgen eine Konferenz der Verkehrsminister Österreichs, der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz statt.
    Die Probleme des grenzüberschreitenden Verkehrs werden dabei im Mittelpunkt stehen.
    Der deutsche Verkehrsminister Werner Dollinger verhandelt heute in Rom über dieses Thema.
    Unter Hinweis auf die jüngste Blockade der Straßengrenzübergänge nach Italien hat der Österreichische Arbeiterkammertag den Ausbau des Güterverkehrs auf der Schiene verlangt.
    Der Arbeiterkammertag ist der Meinung, der Anstieg der Frachtrate bei den Bundesbahnen um 28 Prozent und die 100-prozentige Ausnützung des Huckepackzuges München-Verona während der Blockade hätten gezeigt, wie wichtig gut ausgebaute und leistungsfähige Bahnverbindungen seien.
    ÖVP-Verkehrssprecher Fritz König erklärte, unbeschadet der Notwendigkeit des Ausbaus der Bahnverbindungen sei die Versorgung Europas auf einen funktionierenden Straßengüterverkehr angewiesen.
    Gesundheitsminister Kurt Steirer sieht im Alpenraum einen krassen Interessenskonflikt zwischen technischem Fortschritt und dem Umweltschutz.
    Steirer hebt hervor, kaum jemand bekenne sich nicht zum Schutz der Natur, die Praxis sähe aber völlig anders aus.
    Täglich würden 35 Hektar Boden für den Bau von Straßen, Industrie- und Kraftwerksanlagen sowie von Häusern und Fremdenverkehrseinrichtungen verbraucht.
    300.000 Hektar Wald seien durch Luftschadstoffe bereits geschädigt.
    In der Dachsteinregion habe der Fremdenverkehr zu einer Gefährdung der Trinkwasserqualität in Hallstatt geführt.
    Nach Ansicht des neuen Vorsitzenden der sozialistischen Jugend, Alfred Gusenbauer, ist seine Organisation innerhalb der Partei Impulsgeber, aber kein Fremdkörper.
    Nach den letzten Nationalratswahlen gebe es in der SPÖ jetzt Probleme, der Zustand der Partei sei reformbedürftig, sagte Gusenbauer.
    Als vorrangige Ziele in der Sozialpolitik nannte er die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und die paritätische Mitbestimmung in den Betrieben.
    Die Sozialistische Jugend will bis Sommer ein soziales Maßnahmenpaket ausarbeiten und es der Partei und der Öffentlichkeit präsentieren.
    Der gestrige Raubüberfall auf das Postamt von Neuguntramstorf im Bezirk Mödling war fingiert.
    Die Postamtsleiterin, Christine Kirchknopf, hatte das Verbrechen vorgetäuscht, um 85.000 Schilling veruntreuen zu können.
    Sie hatte am Morgen Alarm ausgelöst und angegeben, sie sei von einem Mann überfallen worden, als sie sich allein im Postamt befand.
    Bei der Einvernahme verwickelte sie sich jedoch in Widersprüche, tischte verschiedene Versionen des Überfalls auf und gestand schließlich.
    Türkei.
    Mehrere Häftlinge des Militärgefängnisses in Diyarbakir im Südosten der Türkei sind an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben, den 43 Gefangene Mitte Jänner begonnen hatten.
    Die genaue Zahl der Toten ist noch nicht bekannt, nach Angaben von Familienangehörigen sollen es mindestens fünf sein.
    Die 43 Häftlinge in dem Militärgefängnis wollten mit ihrer Aktion gegen die Haftbedingungen und gegen Folterungen protestieren.
    Südafrika.
    Die Gespräche zwischen den seit Jahren verfeindeten Nachbarstaaten Südafrika und Mosambike werden heute in Kapstadt fortgesetzt.
    Die Grundsätze eines Sicherheitsabkommens sind bereits gestern beschlossen worden, Einzelheiten sollen heute ausgearbeitet und bekannt gegeben werden.
    Vor allem will man sich verpflichten, Rebellen, die die jeweils andere Regierung bekämpfen, nicht mehr zu unterstützen.
    Zur Diskussion stehen aber auch Wirtschaftsfragen, hauptsächlich gemeinsame Geschäfte im Tourismus.
    Gemeinsam nutzen will man den Cabora-Bassa-Staudamm in Nord-Mozambique.
    Die Nachrichten standen am Ende des Mittagsjournals.
    Auf Wiederhören sagt Ihnen im Namen von Redaktion und Technik Fritz Endl.
    Untertitel der Amara.org-Community

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1984.03.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1984.03.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vorschau auf die Wahl zum Obersten Sowjet
    Mitwirkende: Hörmann, Otto [Gestaltung]
    Datum: 1984.03.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Rüstungspoker , Nachrichten
    Reise des BRD-Bundeskanzlers Helmut Kohl in die USA
    Mitwirkende: Zmeck, Gottfried [Gestaltung]
    Datum: 1984.03.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Rüstungspoker, Nachrüstung, Bündnisfragen , Nachrichten
    Neuregelung des Finanzausgleichs
    Interview: Präsident des Gemeindebundes Reiter, Salzburger Landeshauptmann Haslauer, Finanzstadtrat Mayr und Finanzminister Salcher
    Mitwirkende: Adrowitzer, Roland [Gestaltung] , Fischer, Johannes [Gestaltung] , Mück, Werner [Gestaltung] , Reiter, Ferdinand [Interviewte/r] , Haslauer, Wilfried (sen.) [Interviewte/r] , Mayr, Hans [Interviewte/r] , Salcher, Herbert [Interviewte/r]
    Datum: 1984.03.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Filmmuseum: Filme gegen der Krieg
    Interview: Autor Gwyne Dyer , Einblendung: Szene des Films "War"
    Mitwirkende: Grundmann, Heidi [Gestaltung] , Dyer, Gwynne [Interviewte/r]
    Datum: 1984.03.03 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Österreichisches Filmmuseum [Veranstaltungsort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medizin ; Kultur ; Film ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Atomwaffen, Nuklearwaffen , Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1984.03.03
    Spieldauer 01:00:08
    Mitwirkende Wendl, Fritz [Moderation] [GND]
    Henke, Reinhold [Regie] [GND]
    ORF [Produzent]
    Datum 1984.03.03 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-840303_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Alfred Gusenbauer als Vorsitzender der Jusos im Journal zu Gast
    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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