Mittagsjournal 1988.12.10

Video-Player wird geladen.
Advertisement
Aktueller Zeitpunkt 00:00
Dauer 00:00
Geladen: 0%
Streamtyp LIVE
Verbleibende Zeit 00:00
1x
  • Marker
  • Beschreibungen aus, ausgewählt
  • Untertitel aus, ausgewählt
    x
    ZOOM HELP
    Drag zoomed area using your mouse or a finger.
    100%

    Rechtliches

    Zitieren

    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag, aus dem Studio des Mittagsschonals meldet sich Werner Löw und das gleich zu Beginn mit einem Programmhinweis.
    Auf der Welle von Ö3 beginnt in etwa 20 Minuten die Übertragung der zweiten Weltcup-Abfahrt der Herren in Gröden.
    Bis dahin planen wir sozusagen den Teil 1 unseres heutigen Inlandsschwerpunkts, nämlich die Steueraffäre in der Wiener und jetzt auch Salzburger SPÖ.
    Wir bringen dazu erstens eine Stellungnahme von Salzburgs Landesparteichef Radleger,
    Zweitens kritische Zeitungskommentare von heute und drittens zu all dem ein Gespräch mit Bundesparteichef Wranicki.
    Nur beim Programm Österreich 1 ist dann dazu im Journal zu Gast einer der Hauptbetroffenen dieser Affäre zu hören, SPÖ-Zentralsekretär Günther Sallerberger.
    Die weiteren Themen dann.
    Ein aktueller Bericht über die Lage im Erdbeben-Katastrophengebiet von Armenien.
    Michael Gorbatschow ist jetzt selbst dort hingereist.
    Großer Parteitag der Südtiroler Volkspartei im Zeichen der internen Differenzen in Sachen Autonomieabschluss.
    Und Österreich-Premiere des neuesten und bisher teuersten Münchhausen-Films.
    All das aber, wie gesagt, dann nur mehr im Programm Österreich 1.
    Für alle angeschlossenen Sender jetzt aber als erstes die Nachrichten, zusammengestellt von Helmut Koller, gelesen von Wolfgang Riemerschmid.
    Sowjetunion.
    Staats- und Parteichef Gorbatschow ist heute in das Erdbebenkatastrophengebiet Armenien gereist.
    Gorbatschow will sich persönlich vom Ausmaß der Katastrophe überzeugen.
    In der Sowjetunion wurde heute Staatstrauer für die Erdbebenopfer angeordnet.
    Der stellvertretende Außenminister Valentin Nikiforov gab die Zahl der bisherigen Todesopfer offiziell mit 40.000 bis 45.000 an.
    Er sagte, es seien 12.000 Verletzte registriert worden.
    Dazu kommen mehr als eine halbe Million Obdachloser.
    Schätzungen gehen davon aus, dass die Erdbebenkatastrophe mehr als 100.000 Menschenleben gefordert haben könnte.
    In der armenischen Hauptstadt Yerevan wurde unter Leitung von Ministerpräsident Ryshkov ein sogenannter Krisenstab gebildet.
    Moskau hat ein amerikanisches Hilfsangebot angenommen.
    Demnach sollen mit einem ersten Flugzeug Ärzte und Rettungsspezialisten in die Erdbebenregion gebracht werden.
    Österreich Die österreichischen Hilfsmaßnahmen für Armenien sind heute angelaufen.
    Eine 15-Mann-starke Suchhundestaffel des Roten Kreuzes und fünf Mitglieder der Bergrettung sind in einer Maschine der Tyrolean Airways von Wien nach Yerevan unterwegs.
    Am Nachmittag sollen 90 Soldaten des Bundesheeres, die speziellen Bergungstrupps angehören, mit Ortungsgeräten und Suchhunden mit der Auer nach Armenien gebracht werden.
    Der Katastrophendienst beteiligt sich mit einer Hilfsmannschaft und stellt ebenfalls Suchhunde bereit.
    Hauptaufgabe der Österreicher wird die Suche nach Überlebenden sein.
    Österreicher, die sich in das Kondolenzbuch für die Armenienopfer eintragen wollen, haben nach Mitteilung der sowjetischen Botschaft in Wien dort heute dazu bis 16 Uhr und am Montag von 8 bis 16 Uhr Gelegenheit.
    Auch die Salzburger SPÖ ist von einer Steueraffäre betroffen.
    Das Landesparteipräsidium hat bereits gestern Abend über die Situation beraten.
    In den vergangenen zehn Jahren wurden viereinhalb Millionen Schilling an Aufwandsentschädigungen unversteuert gezahlt.
    Auch Landesparteiobmann Radleger hat Mitte der 70er Jahre Aufwandsentschädigungen erhalten.
    Der Fall ist aber verjährt.
    Radleger sagte im Morgenjournal, die Nichtversteuerung sei zweifellos ein Fehler.
    Es liege aber nicht an ihm, aus einem 15 Jahre zurückliegenden Fall persönliche Konsequenzen zu ziehen.
    Landesparteisekretär Prehauser erklärte, er habe 8.000 Schilling pro Monat erhalten.
    Mitte vergangenen Jahres seien die Zahlungen auf Betreiben Radleggers aber eingestellt worden.
    Die SPÖ-Landesorganisation Salzburg hat beim zuständigen Finanzamt Selbstanzeige erstattet.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im Süden noch Auflockerungen, sonst meist stark bewölkt und zeitweise Regen.
    Schneefallgrenze bis 800 Meter Höhe steigend.
    Mäßiger bis lebhafter West- bis Nordwestwind.
    Nachmittagstemperaturen 2 bis 9 Grad, Tiefstwerte der kommenden Nacht minus 2 bis plus 7 Grad.
    Die Aussichten für morgen Sonntag.
    Veränderlich bis stark bewölkt und gebietsweise Niederschlag mit Schwerpunkt an der Alpen-Nordseite.
    Schneefallgrenze nahe 1000 Meter Höhe.
    Vor allem im Süden auch sonnige Abschnitte.
    Lebhafter bis stürmischer West- bis Nordwestwind.
    Tageshöchsttemperaturen 5 bis 11 Grad.
    Die Vorschau auf übermorgen Montag.
    Im Süden längere sonnige Abschnitte, sonst weiterhin unbeständig, stürmisch und noch mild.
    Soweit Nachrichten und Wetterbericht im Mittagschanal, es ist 12.05 Uhr.
    Die Steueraffären innerhalb der SPÖ weiten sich also offenbar aus.
    Nach der Wiener hat jetzt auch die Salzburger Landesorganisation Selbstanzeige beim zuständigen Finanzamt erstattet.
    Es geht um viereinhalb Millionen Schilling, die in den vergangenen zehn Jahren unversteuert brutto für netto als Aufwandsentschädigungen an Parteiangestellte geflossen sind.
    Auch der jetzige Landesparteichef Radleger hat Mitte der 70er Jahre drei Jahre hindurch solche Aufwandsentschädigungen erhalten.
    Auf seinem Betreiben sind diese Praktiken dann Mitte vergangenen Jahres überhaupt abgestellt worden.
    Am Rande einer eigens einberufenen Präsidiumssitzung der Salzburger SP sagte Parteichef Radleger gestern Abend,
    Ich habe als Landesparteisekretär in der Zeit, wo ich kein Mandat gehabt habe, ebenfalls eine Aufwandsentschädigung, so wie alle anderen Angestellten, erhalten.
    Dass diese nicht versteuert wurde, obwohl meine Aufwendungen sicherlich darüber gelegen gewesen sind, ist ein Fehler.
    Darüber gibt es überhaupt keinen Zweifel und nichts kann
    herumzuteuteln.
    Es liegt nicht an mir, jetzt aus einer Angelegenheit, die 15 Jahre zurückliegt und die nicht ich veranlasst habe, persönliche Konsequenzen zu ziehen.
    Wenn man erkennt, dass Dinge nicht in Ordnung sind, dann hat man sich abzustellen und in Ordnung zu bringen und nicht auf die möglichen Auswirkungen am Wahltag zu denken, wenngleich ich Ihnen sage, ich bin lang genug politisch tätig, um zu wissen, wie schwierig so etwas zu erklären ist.
    Radlegger fügte hinzu, es hätten stets nur Parteiangestellte, aber niemals politische Mandatare Aufwandsentschädigungen erhalten.
    Dem Präsidium legte Radlegger gestern Abend ein Reformpaket vor.
    Sämtliche SP-Mandatare sollen aus Aufsichtsräten zurückgezogen werden.
    Alle Kandidaten für politische Ämter sollen ihre Einkommen offenlegen.
    Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer soll jährlich die Finanzen der Partei untersuchen.
    Schadensbegrenzung heißt das wohl mit einem neuen Schlagwort der Politiker, das mit den Steueraffären Keller, Sallerberger, Radleger und auch in einem bekannt gewordenen Fall bei den steirischen Freiheitlichen bereits großer Schaden angerichtet worden ist, darin sind sich heute praktisch alle Zeitungskommentatoren einig.
    Ernest Hauer fasst Auszüge daraus zusammen.
    Was ist los mit Franz Franitzki?
    fragt Franz Ferdinand Wolf im Kurier.
    Beinahe lustvoll lässt sich der einstmals hochgelobte Hoffnungsträger und Mehrheitsbeschaffer der SPÖ von seiner Partei demolieren.
    Den Rest der Demontage besorgt der Kanzler mit beängstigender Konsequenz selbst.
    Franitzki hätte in der jüngsten Steueraffäre nach Ansicht des Kurierchefredakteurs nur eine Möglichkeit gehabt, Günther Sallerberger aus dem Verkehr zu ziehen.
    Franz Franitzki wählte aber die Unmöglichkeit.
    Er versucht, mit Formalargumenten, über deren juridische Haltbarkeit man im Übrigen streiten kann, Günter Sallerberger im Amt, wenn schon nicht in Würden, zu halten.
    Offenbar folgte er dem Rat von sogenannten Parteifreunden, die meinten, ein geglückter Abschuss wäre auf Sicht sein eigenes innerparteiliches Ende gewesen.
    Er hätte Führungskompetenz und jeglichen politischen Spielraum verloren.
    Tatsächlich ist die vom Kanzler gewählte Bereinigung nur der Anfang vom Ende.
    Denn nun hat Franz Franitzki der empörten Öffentlichkeit dauernd etwas zu erklären, was nicht zu erklären ist.
    Ähnlich argumentiert Karl-Heinz Ritschl in den Salzburger Nachrichten.
    Parteiobmann Franz Franitzki hätte die Chance gehabt, den Weg eines großen Politikers zu beschreiten, wäre er hart geblieben, wie im Fall Keller.
    Er hat versagt.
    Total versagt.
    Er ist vor der mächtigen Wiener Parteiorganisation in die Knie gegangen, zumal sich im Gefolge Sallerbergers noch eine Reihe von Genossen befindet mit ähnlichen Delikten, wie Landtagspräsident Hoffmann oder Stadtrat Edlinger.
    Franitzki hätte seine Forderung auf den Rücktritt solcher Karrieristen durchgebracht, weil die breite Öffentlichkeit an seiner Seite gewesen wäre.
    Die, wie Ritschl formuliert, gefressigen Funktionäre an der Futterkrippe hätte Franitzki zu Feinden gehabt.
    Aber Abertausende Funktionäre, Mitglieder, Wähler, das Heer der anständigen Menschen, die nicht den Sinn dafür verloren haben, wo die Grenzen des Machbaren und Zumutbaren liegen, hätten ihn geachtet, ja, geliebt.
    Diese Chance hat Franz Franitzki verspielt.
    Das ist auch, selbst wenn dieser Weg noch lange sein kann, der Anfang vom Ende.
    Franitzki hat es versäumt, der Sozialdemokratie wieder ein ordentliches Gesicht zu geben.
    In den oberösterreichischen Nachrichten setzt Hermann Polz seine Diagnose als Nachsatz zu einem Geburtstagsleitartikel, 100 Jahre Sozialdemokratie, mit dem Titel Die Anpasser.
    Durchstecherei, Abzweigerei, Steuerhinterziehung und Korruption sind nur ganz ordinäre Symptome dafür, dass sich die Führungsschicht einer Partei an der Macht überfressen hat.
    Eine Neulingskrankheit.
    Wer zuletzt an den Futterdruck kommt, schlingt noch gieriger als die alteingesessenen Machtpräpotenzler.
    Er verwechselt Macht mit Allmacht.
    In der sozialistischen Neuen AZ gesteht Manfred Scheuch ein, dass die Steueraffären, zu denen er auch jene in der steirischen FPÖ zählt, Vorurteile gegen Parteien und Politiker nur noch bestärken dürften.
    Es sei grundsätzlich und überprüfbar, reiner Tisch zu machen.
    Scheuch zur Reaktion in der eigenen Partei?
    In der SPÖ selbst spielt die Frage der Höhe der Funktionärsbezüge zumindest eine ebensolche Rolle wie die der Besteuerung.
    Abgesehen davon, dass für jeden Bürger das Gehalt des Bundeskanzlers eine einsichtige Messlatte wäre und dass Ämter-Kumulierungen, die nur von Superman zu bewältigen sind, zu vermeiden wären, sollte auch in politischen Funktionen das Leistungsprinzip, kein Verbot einer Maßstab, nach oben wie nach unten sein.
    In der Tageszeitung Die Presse geht Anneliese Rohrer unter dem Titel Mücke und Elefant von der steirischen FPÖ-Steueraffäre aus.
    Wie schnell in diesen hektischen Tagen des Suchens nach Steuersünden außerhalb der SPÖ aus einer Mücke doch ein Elefant werden kann, muss FPÖ-Chef Haider erfahren.
    Hatte er die nicht bezahlten Abgaben innerhalb seiner steirischen Landespartei in einem Interview noch generös als Mücke abgetan, so ließ er sie selbstflugs zu einem großen Ding mutieren, das sogar einen außerordentlichen Landesparteitag verlangt.
    Eine Offensive des FPÖ-Obmanns sei zu erwarten.
    Er könne gar nicht anders.
    Er muss radikale Konsequenzen verlangen.
    Er inszeniert sie nur vielleicht geschickter, auf dass er sich selbst die Hände nicht schmutzig machen muss.
    Überdies kann es jetzt nur mehr Tage dauern, bis ein Steuerfall in der ÖVP gefunden wird.
    Retourkutschen dieser Art gehören seit Jahren zum politischen Verkehrsgeschehen.
    Soweit Auszüge aus Zeitungskommentaren von heute.
    Mittlerweile doppelt das Nachrichtenmagazin Profil in seiner neuesten Ausgabe wieder ein wenig nach, sozusagen zum Fall Sallerberger und anderen Wiener Funktionären.
    Da wird nicht nur ausgerechnet, wie hoch jeweils die unversteuerten Bezüge über die Jahre insgesamt waren,
    1,8 Millionen bei Landesparteisekretär Sallerberger, 2,1 Millionen bei Wohnbaustadtrat Edlinger, 800.000 Schilling bei Landtagspräsident Hofmann.
    Da wird auch festgehalten, dass Sallerberger als Parteisekretär zwar per 1.
    Jänner 1986 für alle Parteiangestellten die steuerfreien Bezüge abgeschafft hat, er selbst aber als einziger Mitarbeiter der Wiener Sozialisten das ganze Jahr 86 hindurch noch doch knapp 30.000 Schilling monatlich unversteuert bezogen hat.
    Und diesem neuen Detail galt auch die erste Frage, die wiederum Ernest Hauer zu all dem vor wenigen Minuten an Bundeskanzler Wranitzki als den Bundesparteichef der SPÖ richtete.
    Herr Dr. Wranitzki, das Profil berichtet in seiner neuesten Ausgabe, Günther Sallerberger habe 1986 zwar für andere die Aufwandsentschädigungen abgestellt, für sich selber aber diese ein Jahr lang beibehalten, ein Jahr lang weiter kassiert.
    Ändert das etwas an Ihrer Beurteilung des Falles?
    Ich habe mich entschieden, an der Funktion Seiler-Bergers als Zentralsekretär festzuhalten.
    Nach dem Wissenstand, den ich habe.
    Ich kann nicht davon ausgehen, dass ich jetzt wegen eines Zeitungsinterviews diese Einstellung ändere.
    Sollten sich objektiv und feststellbar andere
    Umstände ergeben, die die Beurteilung eben anders erfordern.
    Gestern sind aus Salzburg Fälle von Steuerhinterziehung bekannt geworden, sind zugegeben worden.
    Oberösterreichische, niederösterreichische Sozialisten haben bereits Selbstanzeige erstattet.
    Deutet das nicht darauf hin, dass der Verbleib Günter Sallerbergers im Amt einfach daraus zu erklären wäre, dass es ja ohnehin offenbar alle so gehandhabt haben?
    Sie haben Recht.
    Es ist über die Jahre, man kann fast sagen Jahrzehnte, die Praxis
    gewesen, parteiangestellten Einkommensteile brutto für netto auszubezahlen.
    Und jetzt muss ich einmal die ganze Sache von meiner Warte aus sehen.
    Ich kann mich nicht darauf zurückziehen, um zu sagen, ich hatte damals mit der ganzen Geschichte nichts zu tun.
    Ich war nicht Parteivorsitzender, ich war nicht Parteifunktionär, ich war in der Wirtschaft tätig, ich hatte mit der ganzen Geschichte nichts zu tun.
    Darauf kann ich mich nicht zurückziehen.
    Ich habe jetzt den Parteivorsitz.
    Und mir geht es darum, und ich werde da sicherlich nicht ruhen, bis das alles klar und herzeigbar wird, dass mit diesen Dingen aufgeräumt wird.
    Und ich muss mich jetzt natürlich auch mit der Partei, und tue das auch, identifizieren und muss sagen, es geht um diese politische Bewegung und es geht nicht um einzelne Leute.
    Daher habe ich schon einmal gesagt, ich muss Missstände und Zustände beseitigen und nicht Menschen beseitigen.
    Und wenn nun die Partei ihren Angestellten über Jahre und Jahrzehnte sozusagen ein Angebot gemacht hat, brutto finetto bestimmte Teile auszuzahlen, dann meine ich, sind nicht in erster Linie diese Angestellten verantwortlich zu machen, sondern es ist die Partei verantwortlich zu machen.
    Und nicht mehr und nicht weniger bedeutet diese Sache.
    Ich weiß schon, dass jetzt ich im Zentrum all dieser Dinge stehe,
    Obwohl ich sie nicht herbeigeführt habe, obwohl ich für das Entstehen dieser Zustände nicht verantwortlich bin.
    Aber ich bin jetzt für die Partei verantwortlich.
    Und daher geht es darum, reinen Tisch zu machen.
    Die Sachen sind mit den Finanzbehörden zu bereinigen.
    Allfällige Vorschreibungen sind zu bezahlen.
    Früher nicht abgeführte Steuern sind nachzuzahlen.
    Das ist die Angelegenheit.
    Und ich stelle mich dieser Angelegenheit und dieser Aufgabe
    und werde, wie ich schon sagte, auch nicht zögern,
    Diese Missstände und Zustände, wie Sie formuliert haben, sind aber mit einzelnen Menschen verbunden.
    Das geht jetzt aus der Aufrechnung hervor.
    Da ist von Gesamtsummen, die nicht versteuert wurden, die Rede bei Günther Sallerberger von 1,8 Millionen, bei Herrn Edlinger von 2,1 Millionen, bei Herrn Hoffmann von 800.000 Schilling.
    Das sind ja eigentlich Beträge, die für das normale Parteimitglied unverständlich sind, denn da wurde ja nicht nur ausbezahlt, da wurde ja auch genommen.
    Natürlich.
    sind weder die Beträge für den Einzelnen verständlich, noch sind für den Großteil der Österreicher diese Vorgänge überhaupt verständlich.
    Und selbst wenn sie verständlich wären, sind sie nicht akzeptierbar, nicht zumutbar.
    Und daher habe ich angeordnet, dass diese Sache auf den Grund gegangen werden muss und dass sie eben
    die Missstände beseitigt werden müssen.
    Ich muss darum Verständnis bieten, ich kann jetzt nichts anderes tun als vollkommene Aufklärung und vollkommene Bereinigung dieser Sachen.
    Ich kann aber gleichzeitig nicht, und das muss ich natürlich hinzufügen, jetzt alle diese Funktionäre, die ein veraltetes System, ein nicht zumutsbares System, ein rechtswidriges System zwar getragen haben,
    Aber es innerhalb der ganzen Partei getragen haben, kann ich nicht von heute auf morgen mich von all diesen Leuten bedanken.
    Die Zeitungskommentatoren zumindest nehmen Ihnen das derzeit nicht ab.
    Wir haben soeben eine Presseschau gespielt.
    Karl-Heinz Ritschl in den Salzburger Nachrichten.
    Franz Franitzki hat versagt.
    Er ist vor der Wiener Parteiorganisation in die Knie gegangen.
    Franz Ferdinand Wolf im Kurier.
    Beinahe lustvoll lässt sich der Hoffnungsträger Franitzki von seiner Partei demolieren.
    Ja, das ist halt eine der gröbsten Fehleinschätzungen, die es in der letzten Zeit gab.
    Die einen sagen, also der stellt sich jetzt hin vor seine Partei und obwohl er dafür nichts kann, möchte er mit ihr und wird auch mit ihr wieder zu besseren Ufern streben.
    Und die anderen sagen, genau dieses Sich-Hin-Stellen, das Einstehen für eine große politische Bewegung heißt in die Knie zu gehen.
    Also ich muss halt damit rechnen, mit mehr oder weniger sachlichen, mehr oder weniger begründeten
    Vorwürfen zu leben, aber das ist wohl die Aufgabe und die Position des ersten Mannes in einer solchen Partei.
    Und ich kann nicht nur deshalb, damit mir einige Journalisten weniger unfreundliche Worte schreiben,
    Also Sie sind, obwohl Sie die Dinge, wie Sie ja gerade deutlich gesagt haben, nicht aus Ihrer eigenen Amtsführung, nicht aus Ihrer eigenen Zeit geerbt haben, Sie sind nicht so verärgert darüber, dass Sie sich selber in Frage stellen, dass Sie selber fragen, habe ich das notwendig?
    Na, ich stelle mich auf keinen Fall selber in Frage, aber ich habe hier eine Verantwortung übernommen und ich kann nicht nur
    damit das eine oder andere Menschenopfer gebracht wird und vielleicht ein paar Leute applaudieren, jetzt diese Partei zerbröseln und zerbrökeln lassen, denn schicke ich den einen weg, wird morgen der Kopf des anderen gefordert, schicke ich den nächsten weg, wird der Kopf des dritten und des vierten gefordert und da muss ich sagen, das sind halt Dinge, die ich mir sehr gut überlegt habe und die ich für mich und für die Partei entscheiden muss und nicht auf den Applaus der Presse aus sein muss und aus sein darf.
    Soweit SPÖ-Chef Franitzski.
    Im Programm Österreich 1 hören Sie jetzt noch Günter Salaberger.
    Von den Hörern auf Ö3 müssen wir uns allerdings verabschieden.
    Im Journal zu Gast.
    Das ist, wie angekündigt, SPÖ-Zentralsekretär Günther Sallerberger.
    Er hat, das haben wir jetzt mehrfach gehört, als Landesparteisekretär der SPÖ Wien zwischen 1981 und 1986 insgesamt die jetzt hochgerechneten 1,8 Millionen Schilling steuerfrei als Aufwandsentschädigung bezogen.
    Zuletzt waren das knapp 30.000 Schilling monatlich zusätzlich zu seinen zwei Gehältern als Parteisekretär und Landtagspräsident.
    All das, all diese Summen bezog er ohne Unrechtsbewusstsein, wie er immer wieder betont.
    Und deshalb, und darin natürlich unterstützt von seinem Parteichef Ranitzky mit der Feststellung, nicht Salaberger, sondern die Partei hätte die Steuern zu bezahlen gehabt, deshalb trat Salaberger von seiner Funktion als Zentralsekretär nicht zurück.
    Im Gegensatz zu seinem Kollegen Heinrich Keller, der kurz zuvor wegen unversteuerter Bezüge von Seiten der SPÖ-nahen Mietervereinigung für Josef Tschapp hatte Platz machen müssen.
    Mit Günter Sallerberger sprach Ulrich Brunner.
    Herr Zentralsekretär Sallerberger, nach den Aufregungen der letzten Tage, wie haben Sie die überstanden, wie fühlen Sie sich?
    Ich bin sicherlich noch immer sehr betroffen.
    Betroffen aus mehreren Gründen.
    Einmal betroffen darüber, in welcher Art und Weise man mich sozusagen debiert hat.
    Das ist das eine.
    Das zweite ist betroffen auch darüber, dass eine Form zum Beispiel der Honorierung von Mitarbeitern, die jahrzehntelang so durchgeführt worden ist und wo ich ganz ehrlich gestehe, wo ich mich um meine persönlichen Dinge in diesem Zusammenhang sehr wenig gekümmert habe, dann dazu führt, dass man in eine solche Situation kommt.
    Und betroffen bin ich auch darüber, dass es so viele in Österreich gibt, die schweigen und nach Möglichkeit gar nicht in Erscheinung treten und so tun, als ob sie davon nichts wüssten.
    Sie deuten damit an, dass es sehr viel mehr Politiker geben muss in der SPÖ, aber auch in anderen Parteien, die genauso honoriert wurden.
    Das heißt mit einer Aufwandsentschädigung, die nicht versteuert wurde.
    Ja, das muss man schon genauer präzisieren.
    Also ich glaube nicht, zumindest nach meinem Wissen nicht, dass Politiker in der SPÖ in der Form in weiten Bereichen so honoriert worden sind.
    dass Mitarbeiter, das heißt Angestellte, hauptberufliche Mitarbeiter der SPÖ so honoriert worden sind.
    Das hat zum Beispiel die Wiener SPÖ ja dem Finanzamt bereits mitgeteilt und da gibt es also etwa auch in Oberösterreich
    jetzt die Situation, dass man auch für Bezirkssekretäre und andere politische Funktionäre, die aber in erster Linie hauptberufliche Mitarbeiter sind, davon betroffen sind.
    Aber ich wollte eigentlich damit was anderes sagen.
    Am Mittwoch, am Abend, habe ich zum Beispiel im Fernsehen vernommen, dass in der FPÖ Steiermark eine ähnliche Situation herrscht.
    Ich kann mich noch gut erinnern, vor einigen Jahren hat es eine große Diskussion gegeben,
    über einen politischen Mandatar, der etwa von einer Firma ein Auto zur Verfügung gestellt bekommen hat, der eine Sekretärin bezahlt bekommen hat, wo Büros eingerichtet worden sind.
    Ich muss auch ehrlich gestehen, es ist einfach eine unangenehme und wirklich
    für die Demokratie manches Mal unerträgliche Situation, dass die Parteien zum Teil, weil sie in Geldnöten sind, zu solchen Finanzierungsmöglichkeiten greifen.
    Und eine derjenigen, zum Beispiel Brutto für Netto-Beträge auszuzahlen, ist auch eine die, dass man sich ja so Geld erspart.
    Einerseits und andererseits muss ich aber wieder dazu sagen, gerade was die Wiener SPÖ betroffen hat,
    War man im guten Glauben, dass diese Form der Entschädigungen, wie sie bezahlt werden, dass man das so tun soll?
    Herr Zentralsekretär, Sie sagen, es ist Ihnen der Unrechtsgehalt dieser nicht versteuerten Aufwandspauschale nicht bewusst gewesen.
    Es war aber doch so, wenn man 1986 beschlossen hat, das zu versteuern, da muss doch irgendwo einer nachgedacht haben drüber, warum man das jetzt versteuert.
    War nicht zumindest da der Punkt gegeben, wo man gesagt hat, wir versteuern das jetzt, weil eigentlich ist das nicht ganz in Ordnung?
    Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Herr Brunner, war es auch 1985, 86, als
    die Verhandlungen mit den Betriebsräten in der Organisation, zum Beispiel in der Wiener Organisation, geführt worden sind, nicht so, wie Sie es jetzt in Ihrer Frage formuliert haben.
    Entscheidend war eigentlich, dass wir eine Reihe von älteren Mitarbeitern gehabt haben, die gesagt haben, gut, wir haben in der Vergangenheit jetzt immer solche Aufwandspauschalen bekommen,
    Und wir stellen jetzt fest, dass diese Aufwandspauschalen dann, wenn wir in Pension gehen, also nicht mehr da sind.
    Daher war also der Wunsch da, das vor allem in den Gehalt miteinzubeziehen.
    Das ist da oft auch bei Verhandlungen in anderen Betrieben so, wenn es Aufwandsentschädigungen, Zulagen gibt.
    die bisher steuerfrei waren oder die in der Sozialversicherung nicht drinnen waren, dass dann versucht wird, das zu einem Gehaltsbestandteil zu machen.
    Und Sozialversicherungspflichtig heißt dann auch Steuerpflichtig?
    Natürlich Sozialversicherungspflichtig heißt Steuerpflichtig im Nachhinein.
    Das sage ich jetzt auch.
    Wenn der Steuerberater dabei gesessen wäre,
    wie wir das in diesem Zusammenhang gemacht hätten, hätte er uns natürlich auch aufmerksam machen müssen, dass er gesagt hätte, bitte, aber da gibt es noch unter Umständen da und dort etwas, das gehört also abgeschafft.
    Also die Versteuerung der Aufwandspauschale ab 85, 86
    hat als Grund die Sorge um die Pension der in Pension gehenden Mitarbeiter, aber nicht, dass man draufgekommen ist, das ist nicht rechtens, dass das nicht versteuert ist.
    Nein, das stand überhaupt in der Form nie zur Diskussion und wurde auch nie so überlegt, sondern ist also Schritt für Schritt, wie gesagt, in den Bereichen, wo der Druck stärker geworden ist, also das Geschehen.
    Es hat ja Mitarbeiter auch gegeben, die gesagt haben, ich brauche das nicht, das waren die Jüngeren.
    Auch wenn man akzeptiert, dass ein Lohnsteuerpflichtiger Angestellter der Partei sagt, darum muss sich der Dienstgeber kümmern.
    Sie selbst waren ja auch einkommenssteuerpflichtig und wenn einer eine Einkommenssteuererklärung abgibt, dann muss er selbst ja haften für die Richtigkeit der Angaben.
    Hätten Sie selbst daher als Person das nicht in Ihrer Einkommenssteuererklärung angeben müssen?
    Ich bin natürlich hier bei dieser Frage in einer schwierigen Situation, denn einerseits habe ich am vergangenen Freitag dem Finanzamt gegenüber eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt, das hat auch die Wiener Landesorganisation dasselbe getan, sodass ich Sie bitte zu verstehen, dass ich jetzt im Detail nicht so stark hineingehen will, weil da ein Verfahren anhängig ist.
    Aber zum Grundsätzlichen auch noch dazu.
    Jeder, der eine Einkommenssteuererklärung legt, legt sie immer unter der Voraussetzung, dass er von den Bereichen, um die es geht, die entsprechenden Bestätigungen erhält.
    Ich habe die Einkommenssteuererklärung nur deshalb gelegt und musste sie deshalb legen, weil ich
    Zinsen auf einen Bausparvertrag habe und weil ich andere Zinsen habe, die die 10.000 Schilling-Grenze überschritten haben.
    Und aus diesem Grund habe ich eine Einkommensteuererklärung gelegt.
    Ich glaube mich richtig zu erinnern.
    Nicht für alle Jahre, ich weiß das nicht.
    Ich müsste da meine Steuerberater fragen.
    Aber auf eines habe ich mich eigentlich immer verlassen.
    Nämlich das Talonzettel vom Magistrat der Stadt Wien, wo ich als politischer Mandatat tätig war.
    Und der Lohnzettel von der sozialistischen Partei, wo ich also der Landesparteisekretär war, dass der eigentlich mit dem übereinstimmt, was ich also von dort bekommen habe.
    Und das war die Voraussetzung für mich.
    Herr Zentralsekretär, es gibt einen Punkt in dieser ganzen Geschichte, wo der Erkläraufwand beträchtlich ist.
    Ihr Kollege Keller musste wegen eines weitaus geringeren Betrages, den er nicht versteuert hat, gehen.
    Sie nicht.
    Haben Sie jetzt schon eine Argumentation gefunden, die schlüssig ist, warum Keller gehen musste, Sie aber nicht?
    Wissen Sie, es ist wahrscheinlich viel verlangt von mir eine schlüssige Erklärung dafür, dass ich die also abgeben soll.
    Ich sage Ihnen eines, mir tut es persönlich
    Unglaublich leid, dass Heinrich Keller, der mir gegenüber gesagt hat, dass an diesem Tag, am Abend, dass er gesagt hat, du Günther, ich gehe, ich lege meine Funktion zurück.
    Die Art und Weise, wie ich hier angegriffen werde für eine
    Die Funktionsentschädigung, die ich dort bekommen habe, die trifft mich voll.
    Ich kann das nicht verstehen.
    Ich bin mir eigentlich keiner Schuld bewusst in diesem Zusammenhang.
    Aber ich gehe und lege meine Funktion zurück und werde in meiner Anwaltskanzlei weiterarbeiten.
    Das tut mir persönlich leid, weil ich also mit ihm ein hervorragendes Zusammenarbeitsverhältnis gehabt habe.
    weil ich mir auch gedacht habe, dass wir sicherlich vieles weiterbringen können.
    Wenn er den Rücktritt nicht angeboten hätte, hätte er dann aus Ihrem Rechtsverständnis herausbleiben können, aus Ihrem Politikverständnis heraus?
    Also von mir aus auf jeden Fall.
    Herr Zentralsekretär, es gibt in dieser Affäre noch einen Nebenaspekt, der möglicherweise in der Parteibasis mehr Anstoß erregt als das Nichtversteuern des Pauschales.
    Es ist da bekannt geworden, dass Sie als Landesparteisekretär 140.000 Schilling brutto gehabt haben.
    Eine doch beträchtliche Summe und dazu kamen dann noch diese umstrittenen 30.000 Schilling Aufwandsentschädigung.
    Ist das nicht etwas viel für einen Politiker, für einen Landespolitiker, für einen Landesparteisekretär?
    Ich möchte dazu sagen, Sie sprechen mich jetzt wieder persönlich an und ich bin natürlich der persönliche Betroffene, auch in diesem Gespräch natürlich.
    Aber es trifft nicht für mich alleine zu.
    Ich gebe zu, dass das ein hoher Gehalt ist.
    Das ist ein Bruttogehalt, der natürlich dann immer wesentlich höher ausschaut.
    Aber auch noch etwas dazu, weil das soll auch nicht so bleiben für alle Ewigkeit.
    Die 29.000 Schilling, die auf diesem berühmten Beleg da drauf sind, die gab es natürlich nicht während der ganzen Zeit.
    Also das soll niemand glauben, sondern der Betrag war
    einige Zeit, ich glaube ein Jahr lang, 10.000 Schilling im Monat und ist dann also gestiegen auf diese 29.000 Schilling, also zu diesem Zeitpunkt und das auch nur zur sachlichen Richtigstellung.
    Das ist ein hoher Gehalt.
    Über die Gehälter müsste man vielleicht wirklich reden.
    Man sollte es auch offen aussprechen.
    Wenn Sie sich einmal vorstellen,
    dass Menschen in diesen Funktionen, oder vielleicht ist es doch gescheit, ich rede von mir selber, dass ich selbst also überhaupt kein Familienleben mehr habe, dass meine Frau mich nur sieht spät in der Nacht und dann nur auch dann, wenn sie unser Hund aufweckt, dass ich nach Hause gekommen bin und in der Früh
    beim Frühstück wieder fortgehe, dass ich fast nie einen Samstag Sonntag habe.
    Das heißt ich habe sicherlich eine 80 bis 90 Stunden Woche.
    Nicht nur ich, jeder in dieser Funktion hat sie und daher glaube ich wäre es vielleicht günstig und vernünftig auch in Zukunft darüber nachzudenken, was ein Politiker Gehalt bekommt und was er wert ist.
    Aber eines möchte ich all denen, ich weiß nicht ob ich mit
    das gestalten kann.
    Wenn ich es mitgestalten kann, dann werde ich darauf Wert legen, dann soll klar sein und dann soll es nach Tunlichkeit eine Grenze geben und nicht
    dann so Vereinbarungen geben, die es ja dann nur mündlich gibt, dass man sagt, also okay, du kriegst das, das und im Übrigen zahlen wir dir dann noch das dazu.
    Ihr Lebenslauf weist alle Merkmale eines Aufsteigers auf.
    Ich darf zitieren aus Ihrem Lebenslauf nur ein paar Stichworte.
    Uneheliches Kind, Taglöhner, Lehre als Feinzeugmechaniker, dann sehr früh in die Politik.
    Wenn die Politik Sie wieder abwirft, hätten Sie da einen Beruf, der Ihren jetzigen Lebensstandard sichert?
    Oder müssen Sie sich an die Politik klammern?
    Ich habe eine persönliche Bestrebung.
    Und das war es eigentlich mein ganzes Leben lang.
    Ich wollte immer unabhängig sein.
    Ich wollte nicht angewiesen sein auf andere Menschen.
    Vielleicht auch daher das besondere Streben immer mehr zu leisten, mehr zu tun, mich nur auf die Arbeit zu konzentrieren und vielleicht weniger sich um die eigene Tochter zu kümmern und um die eigene Familie zu kümmern und um das zu tun.
    Eines habe ich auch heute noch.
    Also ich bin jetzt 48 Jahre alt.
    Ich brauche nur eine Chance, um arbeiten zu können.
    Wenn ich die Chance habe, arbeiten zu können, dann habe ich keine Schwierigkeiten.
    Und nachdem mir die Sozialistische Partei, jetzt die Landesorganisation und auch die Bundesorganisation in doch für mich persönlich sehr eindeutiger Art und Weise das Vertrauen ausgesprochen hat, werde ich meine Kraft dazu verwenden,
    um das zu verwirklichen, was der Bundesparteivorsitzende von uns allen verlangt, nicht nur von mir, von uns allen verlangt, mit solchen Formen, die es einmal in der Vergangenheit gegeben hat und die zum Teil noch herüberufern in die heutige Zeit, Schluss zu machen.
    Aber fühlen Sie sich von der Partei abhängig im beruflichen Fortkommen, im Einkommen?
    Wissen Sie, ich habe also einen Beruf gelernt.
    Ich bin Messer und Feindzeugschmied gelernter.
    Ich habe als Vormann und Gießer gearbeitet.
    Ich habe in der Wiener Gebietskrankenkasse eine Ausbildung als Mitarbeiter im Sozialversicherungs-
    Recht erhalten.
    Ich habe darüber hinaus sicherlich in weiten Bereichen, im wirtschaftlichen Bereich mittlerweile längstens bewiesen, dass ich dort etwas kann, auch in schwierigen Sanierungsfällen den Kopf nicht verliere und eigentlich den Horizont sehe und auch daran erreiche.
    Ich glaube, dass ich es dort schaffen kann, wenn man mir die Chance gibt.
    Ich danke für das Gespräch.
    Mit SPÖ-Zentralsekretär Günther Sallerberger sprach Ulrich Brunner.
    Und zwar, das muss natürlich dazu gesagt werden, schon am vergangenen Donnerstag am Feiertag, unmittelbar vor der Abreise Sallerbergers in einen Kurzurlaub in die Einschicht sozusagen.
    Wir bitten um Verständnis, dass sich deshalb die allerneuesten Facetten dieses Steuerfalles in den Fragen nicht widerspiegeln konnten, aber das Gespräch war sicher auch in dieser Form für Sie interessant.
    Es ist jetzt 12.37 Uhr genau, wir wechseln ins Ausland und da zu dem immer noch Spitzenthema zu den Folgen der Erdbebenkatastrophe von Armenien.
    Der sowjetische Staats- und Parteichef Gorbatschow ist heute früh in das Katastrophengebiet abgereist.
    Er hatte ja seinen Besuch in den USA nach Bekanntwerden des Erdbebens abgebrochen und er will jetzt im Kaukasus die Rettungsoperationen inspizieren und der betroffenen Bevölkerung offenbar sein Mitgefühl demonstrieren.
    In einem ersten offiziellen Kommuniqué der sowjetischen Behörden, das heute direkt an die ausländische Presse gegeben wurde, hieß es zunächst, dass Beben vom Mittwoch habe tausende Menschenleben gekostet, zehntausende verletzt und hunderttausende obdachlos gemacht.
    Mittlerweile wurden sogar noch genauere Zahlen nachgereicht, wie Raimund Löw aus Moskau berichtet.
    Der stellvertretende Außenminister Nikiforov hat heute eine erste offizielle Opferbilanz vorgelegt.
    45.000 Menschen sind danach bis jetzt umgekommen.
    Es gibt 12.000 Verletzte und mehr als eine halbe Million Obdachlose.
    Diese Bilanz beruht auf Schätzungen und ist auch noch nicht vollständig, denn es sei unmöglich zu sagen, wie viele Überlebende noch geborgen werden können und wie viele Tote noch unter den Trümmern liegen.
    In der Nacht herrschen Minusgrade.
    Ursprünglich haben 700.000 Menschen in diesem Gebiet gelebt.
    Das heißt, mehr als zwei Drittel haben Haus oder Wohnung verloren.
    Die Stadt Spisak wurde total zerstört.
    Es muss eine neue Stadt errichtet werden.
    In Leninakan sind 80 Prozent aller Häuser vernichtet.
    In den letzten 24 Stunden konnten noch immer hunderte Menschen lebend geborgen werden, darunter 60 von einem aus Frankreich eingeflogenen Erdbebenspezialisten.
    Aber das gigantische Problem bei den Bergungsarbeiten ist, wie sollen die riesigen Kräne und Bagger, die benötigt werden, in das Krisengebiet geschafft werden?
    Eisenbahnlinien, Brücken und viele Straßen sind unterbrochen.
    Die Befahrbahnstraßen sind katastrophal verstopft.
    Jetzt hat auch noch schlechtes Wetter den Flugverkehr mit Armenien unterbrochen.
    Es ist heute nicht möglich, in Jerewan zu landen.
    Nötig wären 500 schwere Kräne mit einer Hebekapazität von bis zu 40 Tonnen.
    In der letzten Nacht konnten nur 20 solche Kräne wirklich an Ort und Stelle gebracht werden.
    Professor Nerzesov, der erste Erdbeben-Experte der Sowjetunion, sagte, die Beben haben die Stärke 10 der zwölfteiligen Skala überschritten.
    Das ist Stärke 7, der nach oben offenen Richterskala.
    Vergleichbar damit sei nur ein Beben vor 1.000 Jahren gewesen, als die alte historische Hauptstadt Armenien ja total zerstört wurde.
    Man erwartet für die nächsten Tage Nachbeben.
    Professor Nersesov ging auch auf die in der sowjetischen Presse erhobene Kritik ein, die Häuser seien für dieses gefährdete Gebiet schlecht gebaut gewesen.
    Zu erwarten waren nach unseren langfristigen Prognosenbeben der Stärke 8
    Und solche hätten die Gebäude wohl auch ausgehalten, meint den Herr Sesow.
    Aber dieses Beben war eben um vieles heftiger.
    Er erwähnte das Beispiel des Atomkraftwerks bei Jerewan, wo das Beben die Stärke 5,5 erreicht hat und das nach seinen Angaben dank der Vorkehrungen beim Bau keinerlei Schäden davongetragen hat.
    Die Sowjetunion ist für internationale Hilfe offen und dankbar, hieß es.
    Schon gestern sind fünf Flüge direkt nach Jerewan gegangen und heute waren 13 weitere geplant.
    Was dringend gebraucht wird, das sind vor allem bestimmte medizinische Spezialgeräte.
    Weitere Details dazu gibt es bei den diplomatischen Vertretungen der Sowjetunion.
    Ausreichend vorhanden ist medizinisches Personal, man braucht auch keinerlei zusätzliche Blutkonserven, Zelte oder Kleider.
    Michael Gorbatschow ist nach diesen Angaben heute früh nach Armenien geflogen und um 11.30 Uhr in Leninakan gelandet.
    Schon eine nachfolgende Maschine mit Journalisten aus Moskau musste nach Georgien umgeleitet werden.
    Über das Programm des Präsidenten und Generalsekretärs war vorerst noch nichts bekannt.
    Soweit Raimund Löw aus Moskau.
    Heute Nachmittag sollen von Österreich aus spezielle Suchttrupps des Bundesheeres nach Eriwan fliegen.
    Schon heute früh ist eine Chartermaschine der Tyrolean Airways mit Rotkreuz-Hundeführern in Richtung Eriwan abgeflogen.
    Deren Einsatz ist für eine Woche anberaumt.
    In Meran findet heute der Kongress der Südtiroler Volkspartei statt.
    An die 1000 Delegierte sollen dabei die Weichen in der Südtirol-Politik stellen.
    In der Grundsatzfrage des Abschlusses des Südtiroler Autonomie-Paketes und der nachfolgenden Streitbeilegung durch Österreich kann dabei aber nur eine Vorentscheidung fallen.
    Die endgültige Entscheidung wurde noch einmal vertagt.
    Trotzdem ist der Parteitag von den Differenzen innerhalb der Südtiroler Volkspartei über den Paketabschluss und dessen Vorbedingungen geprägt.
    Gegen die pragmatischere Linie von Parteichef Silvius Maniago, der heute übrigens zum letzten Mal als Landeshauptmann vor seinem Parteivolk steht, rebelliert ein Teil der Basis unter Führung von Landeshauptmann-Stellvertreter Alfons Benedikter.
    Dieser Flügel knüpft die Zustimmung zum Paketabschluss, dem dann ja schließlich auch die offizielle Streitbeilegungserklärung von Seiten Österreichs folgen müsste.
    Dieser Flügel knüpft also seine Zustimmung an praktisch unerfüllbare Bedingungen gegenüber Rom.
    Vom SVP-Parteitag in Meran berichtet telefonisch Richard Gasser.
    Drei Wochen nach den Südtiroler Landtagswahlen, bei denen die Südtiroler Volkspartei mit über 60 Prozent der Stimmen einen großen Erfolg gefeiert hat,
    Dank der äußeren Geschlossenheit zeigt sich heute die Deutsche Sammelpartei nach innen gar nicht so geschlossen.
    Der Konflikt über den Paketabschluss, der seit fast einem Jahr in der SVB schwelt, wird heute hier im Iran offen und öffentlich ausgetragen.
    Zum Abschluss des Südtirol-Pakets und die Streitbeilegung durch Österreich liegen den über 1.000 Parteitagsdelegierten drei Resolutionen vor.
    Und das heiße Eisen steht auch im Mittelpunkt von Maniagos 40 Seiten stark im Bericht.
    Maniagos Mehrheit und Linie sind hier jedoch nicht grundsätzlich in Gefahr, auch weil der Parteitag gar nicht über die Annahme oder Ablehnung der Paketdurchführung zu entscheiden hat.
    Heute werden in Maran dafür nur die mehr oder weniger harten Bedingungen an Ruhm gestellt.
    Dabei haben Maniago und die SVB-Führung dem Paketgegner, Landeshauptmannstellvertreter Alfons Benedikter, bereits den Wind aus den Segeln genommen.
    Inhaltlich werden Benedikter Vorbehalte gegen den Paketabschluss großteils übernommen.
    Bevor die SVB dem Paketabschluss zustimmt und Österreich seinen Südtirol-Politischen Streit mit Italien offiziell beilegen kann, müssen unter anderem folgende Bedingungen erfüllt werden.
    Die Sprachengleichstellung bei Gericht ist endlich anzuwenden.
    Der Finanzausgleich durchzuführen und die Wahlkreisreform durchzuführen.
    Vor allem müsste die sogenannte Weisungsbefugnis Roms abgeschafft werden, mit der die italienische Regierung fast beliebig in die autonome Gesetzgebung und Verwaltung Südtirols eingreifen kann.
    Doch dies alles genügt dem Fundamentalisten Benedikter nicht.
    Er wirft Magnago und SVB-Mehrheit Verzichtspolitik vor.
    Ein sehr schwerwiegender Vorwurf in Südtirol.
    Er verlangt konkrete Schritte Österreichs zur besseren internationalen Absicherung des Südtirol-Pakets.
    Für Benedikta werden noch acht Autonomie-Rechte den Südtirolern von Rom vorenthalten und sind andere immer noch unerfüllt.
    Magnago seinerseits wirft Benedikta diesbezüglich eine Alles-oder-nichts-Position vor.
    Benediktas Abschneiden heute auf dem Parteitag im Arran wird auch zum Gradmesser für seinen Einfluss an der SVP-Basis.
    und damit wohl auch eine Vorentscheidung für Benediktes neuerlichen Einzug in die Landesregierung unter Maniago-Nachfolger Louis Sturtenwalder.
    Richard Gasser vom Parteitag der Südtiroler Volkspartei in Meran.
    Während heute am 40.
    Jahrestag der Ausrufung der UNO-Menschenrechtsdeklaration in Paris ein Star-Aufgebot von Friedensnobelpreisträgern tagt, darunter der rehabilitierte Dissident und gelernte Physiker André Sacharow,
    Während aus demselben Anlass in Oslo der heurige Friedensnobelpreis an die UNO-Friedenstruppen übergeben wird, in der Person von Generalsekretär Pérez de Cuellar, und während in Prag erstmals seit dem Ende des Prager Frühlings eine offiziell genehmigte Menschenrechtsdemonstration stattfinden kann, am Nachmittag,
    Und während in diesen Minuten in Stockholm der schwedische König neben den wissenschaftlichen Preisen auch den Nobelpreis für Literatur überreicht, heuer bekanntlich an den Ägypter Nagib Mahfuz, während all das passiert, sitzt in Vörmund im Norden der USA ein gelernter Mathematiker, Dissident und Literatur-Nobelpreisträger, der offenbar auf seine Rehabilitierung in seiner Heimat noch warten muss.
    Alexander Solzhenitsyn.
    Er wird morgen 70 Jahre alt.
    Noch scheint Gorbatschows neue Sowjetunion nicht bereit, mit Solzhenitsyn Frieden zu machen.
    Ein kurzes Tauwetter hat Solzhenitsyn schon erlebt, seinerzeit unter Khrushchev, als er 1962 seinen Tag im Leben des Ivan Denisovich veröffentlichen durfte.
    Aber schon seine Romane aus zwölf Jahren Straflager, Der erste Kreis der Hölle und Krebsstation konnten nur mehr im Ausland erscheinen.
    Zur Entgegennahme des Nobelpreises 1971 dürfte er nicht ausreisen.
    Ausreisen musste er dann 1974 nach dem Archipel Gulag.
    Diese Darstellung der Gräuel in Stalins Straflagern war dem Regime Brezhnev zu viel.
    Solzhenitsyn fand zunächst Aufnahme bei seinem deutschen Kollegen Heinrich Böll und lebt jetzt, wie gesagt, in den USA.
    In seiner Heimat ist aber unter Gorbatschow zumindest eine Diskussion über den verbannten Solzhenitsyn möglich geworden.
    Johannes Krotzki berichtet aus Moskau.
    In einer Diskussion des Moskauer Fernsehens
    wurde kürzlich das Thema der stalinistischen Lager behandelt.
    Eine alte Frau, die jahrelang als Häftling unter Stalin gelitten hatte, saß als Gast in dieser Sendung.
    Zuschauer konnten im Studio oder per Telefon ihre Fragen an sie richten.
    Da passierte in der Live-Sendung eine sogenannte Panne.
    Ein junges Mädchen fragte unverblümt, ob die Lagerhaft wirklich so schlimm gewesen sei, wie es Alexander Solzhenitsyn in seinem Buch Der Archipel Gulag geschildert habe.
    Doch noch ehe die Antwort kam, griff der Moderator ein.
    Wir können auf diese Frage nicht antworten, meinte er, denn wir kennen dieses Buch nicht.
    Es ist bei uns nicht erschienen.
    Natürlich ist das Buch in der Sowjetunion nicht erschienen, aber dennoch kennen viele Sowjetbürger den Inhalt.
    Es kursiert als private Abschrift ebenso wie in einer russischsprachigen Exilausgabe.
    Die Preise dafür bewegen sich auf dem Schwarzmarkt in der Höhe eines durchschnittlichen Monatsgehaltes.
    Wenn es nach dem neuen Chefideologen der Sowjetunion, Vladimir Medvedev, ginge, dann wird auch künftig Solzhenitsins Buch über die stalinistischen Lagerschrecken nicht veröffentlicht.
    Die Werke von Solzhenitsin zu veröffentlichen, so meinte Medvedev erst vor kurzer Zeit wörtlich, bedeutet eigentlich, die Grundlagen zu unterminieren, auf welchen unser heutiges Leben ruht.
    Nach diesem Urteil drückt Solzhenitsyn in seinem Werk, somit wieder wörtlich, Positionen aus, die unserer gesellschaftspolitischen Ordnung, unserer Weltanschauung, dem Verhalten zu unserer Geschichte und unserer Revolution grundsätzlich widersprechen.
    Im Gegensatz zu dieser scharfen Ablehnung von Solzhenitsyn steht die Debatte um die Teilveröffentlichung seiner Werke durch die Literaturzeitschrift Novi Mir.
    deren Chefredakteur Zalegin hatte sich mehrfach gegen vehementen Widerstand aus den Reihen der Kultur- und Parteibürokratie dafür eingesetzt, wenigstens einige Publikationen von Solzhenitsyn, darunter auch die Klebstation, zu veröffentlichen.
    Die endgültige Entscheidung darüber soll jedoch noch nicht gefallen sein.
    Dass Alexander Solzhenitsyn, der geächtete und 1974 ausgebürgerte Schriftsteller, heute in der Sowjetunion an Anziehungskraft nicht verloren hat,
    zeigte eine öffentliche Diskussion, die im Spätsommer dieses Jahres um den Schriftsteller begonnen wurde und erstaunliche Bekenntnisse hervorrief.
    Wenn schon jemand des Antisowjetismus beschuldigt werden muss, dann nicht Solzhenitsyn, sondern jene, die den weltbekannten Landsmann mit Schmutz übergossen haben, hieß es in der Zuschrift an die Zeitung Gnieznoje Obozrenie, zu Deutsch, Bücherumschau.
    Ein Literaturkritiker bezeichnete die Aberkennung von Solzhenitsyns Staatsbürgerschaft als eine, so wörtlich, gesetzwidrige und verfassungsfeindliche Tat.
    Und in einem flehentlichen Aufruf an dieselbe Zeitung schrieb ein junger Wissenschaftler, verzeihen Sie uns, teurer Alexander Isayevic, dass wir seinerzeit nicht für Sie eingetreten sind, dass wir jene Scheußlichkeiten als etwas Unvermeidliches hingenommen haben, die über Sie geschrieben wurden, ebenso wie Ihre Ausweisung aus dem Vaterland.
    Wir denken an sie und lieben sie und wir erwarten sie zu Hause."
    Später wurden die Leser in einem ausführlichen Artikel erstmals offiziell über das gesamte literarische Werk von Solzhenitsyn informiert.
    Nach dessen Ausbürgerung, so erfuhr man dabei, wurden sämtliche Exemplare der in der Sowjetunion erschienenen Werke von Solzhenitsyn aus den Bibliotheken entfernt und verbrannt.
    Die Zeitschrift Knizhneue Obesrenje zitierte dann den Brief von Solzhenitsyn, den er an das Sekretariat des Schriftstellerverbandes 1969 geschrieben hat.
    Darin heißt es prophetisch, Glasnost, ehrliche und vollständige Glasnost, darin besteht die Bedingung für die Gesundung jeglicher Gesellschaft, auch unserer Gesellschaft.
    Wer in unserem Land keine Glasnost will, dem ist das Schicksal des Vaterlandes.
    Alexander Solzhenitsyn ist morgen 70, dazu ein Beitrag von Johannes Grotzki aus Moskau.
    Gestern fand in Wien im Rahmen einer Gala-Veranstaltung die Österreich-Premiere des Films Die Abenteuer des Baron Münchhausen statt.
    Ab kommender Woche läuft der Streifen dann regulär in den Kinos.
    Diese jüngste und bereits fünfte, mindestens fünfte Münchhausen-Version ist mit Herstellungskosten von etwa 40 Millionen Dollar der bisher teuerste in Europa produzierte Film.
    Regisseur dieser Abenteuer des Baron Münchhausen ist der in England lebende Amerikaner Terry Gilliam, der vor allem als Mitglied der britischen Komikergruppe Monty Python und als Regisseur von Filmen wie Time Bandits und Brasil bekannt wurde.
    Zu seinem neuesten Film jetzt ein Beitrag von Hans Langsteiner.
    Seit die launische Liz Taylor als Cleopatra vor mehr als einem Vierteljahrhundert ein ganzes Filmteam in Verzweiflung stürzte, hat es in Europa keine pannenreicheren Dreharbeiten mehr gegeben als bei diesem neuen Münchhausen-Film.
    Teure Tricks erzwangen immer neue Drehbuchentwürfe, während sich die ursprünglich geplante Starbesetzung von Marlon Brando bis Sean Connery drastisch reduzierte.
    Die Kursstürze des Dollars ließen das Projekt beinahe scheitern und zu schlechterletzt drohte gar noch ein Rechtsstreit wegen des alten Ufer-Münchhausens mit Hans Albers.
    Wie heißt es so treffend im neuen Film?
    Ich bin dauernd zutiefst veräckert, aber der erste Akt verlief wohl nicht ganz so, wie wir es erhofften, aufgrund ein oder zweier kleiner technischer Probleme.
    Aber ich bitte euch, mein Lieber, ihr müsst euch nicht entschuldigen.
    Ich bin sicher, ihr habt euer Bestes gegeben unter diesen schwierigen Umständen.
    In der Tat, was Terry Gilliam hier allen Widrigkeiten zum Trotz auf die Leinwand gezaubert hat, kann sich nicht nur im Vergleich mit neueren Hollywood-Produkten durchaus sehen lassen.
    Fette Vetteln bevölkern den Sultanshof, beim Kanonenflug begegnet Münchhausen dem Sensenmann und die Kamera fliegt nicht nur hier gleich mit.
    Es ist eine optisch opulente, in Dekor und Kostümen, Andoré und Fellini geschulte Münchhausen-Version, die ihre etwas atemlose Rasanz durch düstere Todesahnungen und philosophische Reflexionen unterläuft.
    Ich versuche in Ruhe zu sterben.
    Aber wieso?
    Weil es nur noch um Logik geht und Vernunft und...
    Regisseur Terry Gilliam zur Idee des menschlichen Fortschritts.
    Die Wissenschaft ist nicht Gott.
    In meinen Augen sind Fantasie und Vorstellungskraft viel interessantere Götter als die präzise Wissenschaft, die die Welt definiert und eingrenzt.
    Die Technologie will alles definieren und in Schubladen einordnen, als wäre damit schon alles erklärt.
    Ich mag das nicht.
    Ich habe keine Probleme mit der Wissenschaft, solange sie der Forschung dient und um Verständnis renkt.
    Aber ich lehne sie ab, wenn sie Grenzen zu ziehen beginnt.
    Wir leben in einer Welt, die die Fantasie einzuengen beginnt.
    Vom bekannten deutschen Münchhausen-Film, einem Renommierprojekt der Ufer mitten im Zweiten Weltkrieg, hält Terry Gilliam wenig.
    Er findet ihn zu deutsch, zu teutonisch.
    In der Tat, bei Gilliam geht es schon drastischer zu als bei Hans Albers.
    Etwa in der Episode auf dem Mond, deren Bewohner in den Lügengeschichten des Barons Münchhausen Kopf und Körper voneinander trennen können.
    So klingt das im jetzigen Film.
    Und so diskret warb einst Hans Albers als Münchhausen, um die Gunst einer Mondbewohnerin.
    Meine Freundinnen behaupten, ich zähle schon 27 Tage.
    Aber das kennt man ja.
    Dabei bin ich erst 23 Tage und drei Stunden alt.
    Was denn, schon 23 Tage?
    Das ist ja unglaublich.
    Ich hätte sie höchstens für 17 Tage und ein schwaches Stümmchen gehalten.
    Dies ist ein neuer Film, heißt es vorsorglich in einem Verleihinserat zu Gilliams Abenteuern des Baron Münchhausen.
    Er habe nichts zu tun mit einem Ufa-Film aus dem Jahr 1943.
    Die Vorsicht ist unbegründet.
    Verwechslungen scheinen auch so praktisch ausgeschlossen.
    Die neuen Abenteuer des Baron Mönchhausen laufen in Österreichs Kinos an, Hans Langsteiner berichtete.
    Es ist vier Minuten vor eins, zwischendurch ein für Österreicher freulicher Zwischenstand bei der zweiten Herrenabfahrt in Gröden.
    Da führt derzeit der Österreicher Helmut Höflener vor den Schweizern Peter Müller bzw.
    Peter Müller an zweiter Stelle und William Besse an dritter.
    Unter den ersten zehn
    Noch zwei weitere Österreicher, Erwin Resch auf Platz 5 und Armin Assinger auf Platz 9, Platz 11 Lionhard Stock.
    Ja und nach diesem Ausflug in den Bereich Sport die Weltmeldungen aus dem Nachbarstudio.
    Österreich.
    Die SPÖ steht weiterhin im Zeichen verschiedener Steueraffären.
    Nach den Vorfällen in der Wiener SPÖ wurde nun bekannt, dass auch die Salzburger SPÖ von Steuerfällen betroffen ist.
    In den vergangenen zehn Jahren sind viereinhalb Millionen Schilling an Aufwandsentschädigungen unversteuert bezahlt worden.
    Die Landesorganisation der SPÖ erstattete Selbstanzeige.
    Auch Landesparteiobmann Radlecker hat Mitte der 70er Jahre Aufwandsentschädigungen erhalten.
    Der Fall ist aber verjährt.
    Radlecker sagte dazu, die Nichtversteuerung sei zweifellos ein Fehler.
    Es liege aber nicht an ihm, aus einer 15 Jahre zurückliegenden Angelegenheit persönliche Konsequenzen zu ziehen.
    SPÖ-Vorsitzender Franitzski erklärte im Mittagssjournal, er wolle so rasch wie möglich reinen Tisch machen.
    Es gelte die Missstände, nicht aber die Menschen zu beseitigen.
    Nicht die Angestellten, sondern die Partei sei verantwortlich zu machen.
    Franitzki betonte, über Jahre und Jahrzehnte sei es Praxis gewesen, Gehaltsteile brutto für netto zu zahlen.
    Ausdrücklich stellte sich Franitzki hinter Zentralsekretär Sallerberger.
    Er fügte aber hinzu, objektiv feststellbare neue Umstände könnten die Sache anders aussehen lassen.
    Sallerberger sagte in der Hörfunkreihe im Journal zu Gast, es sei einfach unangenehm und für die Demokratie unerträglich, dass die Parteien aus Geldnöten zu nicht immer sauberen Mitteln der Finanzierung greifen.
    Die Nichtversteuerung der Aufwandsentschädigungen in der Wiener SPÖ sei jedenfalls guten Glaubens erfolgt.
    Das Nachrichtenmagazin Profil berichtet unterdessen in seiner am kommenden Montag erscheinenden Ausgabe, Sallerberger habe zwar Anfang 1986 die steuerfreien Bezüge aller Parteiangestellten abgeschafft, selbst aber als einziger Mitarbeiter der Wiener SPÖ
    noch das ganze Jahr 1986 hindurch zusätzlich zu seinen zwei Gehältern eine unversteuerte Aufwandspauschale von monatlich knapp 30.000 Schilling bezogen.
    Sowjetunion Die Zahl der bisher registrierten Todesopfer der Erdbebenkatastrophe in Armenien wird nun offiziell mit 40.000 bis 45.000 angegeben.
    Diese Angaben machte der stellvertretende sowjetische Außenminister Nikifirov.
    Er sagte weiters, 12.000 Menschen seien verletzt worden, mehr als eine halbe Million Armenier seien obdachlos.
    Schätzungen gehen weiterhin davon aus, dass die Erdbebenkatastrophe mehr als 100.000 Menschenleben gefordert haben könnte.
    Staats- und Parteichef Gorbatschow reiste heute in das Erdbebengebiet.
    Er will sich persönlich vom Ausmaß der Katastrophe überzeugen und Anweisungen für die Rettungsarbeiten geben.
    In der armenischen Hauptstadt Yerevan arbeitet ein sogenannter Krisenstab unter Leitung von Ministerpräsident Rischkov.
    Die internationalen Hilfsaktionen sind voll angelaufen.
    Die Vereinigten Staaten werden Ärzte und Rettungsspezialisten nach Armenien bringen.
    Derartige Spezialeinheiten aus zahlreichen anderen Ländern des Westens und des Ostblocks sind bereits in der Erdbebenregion eingetroffen.
    Aus Österreich haben Mitglieder der Bergrettung und des Roten Kreuzes die Reise nach Yerevan angetreten.
    Am Nachmittag sollen 90 Bundesheersoldaten mit Ortungsgeräten und Suchhunden nach Armenien gebracht werden.
    Das Wetter für Österreich bis heute Abend.
    Im Süden noch Auflockerungen, sonst häufig Regen.
    Schneefallgrenze bis 800 Meter Höhe steigend.
    Nachmittagstemperaturen 2 bis 9 Grad.
    Wolfgang Riemerschmid mit den von Wolfgang Wittmann geschriebenen Nachrichten.
    Das war der Schlusspunkt im Samstag-Mittag-Journal, durch das sie Werner Wolfgang Löw geführt hat.
    Auf Wiederhören morgen beim Sonntag-Journal um 17 Uhr.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Steueraffäre SPÖ: O-Ton Radlegger
    Einblendung: Salzburger SPÖ-Landesparteiobmann Radlegger
    Mitwirkende: Mair, Michael [Gestaltung] , Radlegger, Wolfgang [Interviewte/r]
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Inlandspresseschau zu Steueraffären
    Mitwirkende: Hauer, Ernest [Gestaltung]
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Interview Vranitzky zu Sallaberger / Radlegger
    Interview: SPÖ-Vorsitzender Vranitzky
    Mitwirkende: Hauer, Ernest [Gestaltung] , Vranitzky, Franz [Interviewte/r]
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: SPÖ-Zentralsekretär Sallaberger
    Interview: SP-Zentralsekretär Sallaberger
    Mitwirkende: Brunner, Ulrich [Gestaltung] , Sallaberger, Günther [Interviewte/r]
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kreml-Chef Gorbatschow koordiniert in Katastrophengebiet Hilfsaktion, 45000 Tote
    Mitwirkende: Löw, Raimund [Gestaltung]
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Ort: Moskau [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    SVP: Landesversammlung
    Mitwirkende: Gasser, Richard [Gestaltung]
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Ort: Bozen [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    UdSSR: Alexander Solschenizyn darf trotz Perestroika nicht gedruckt werden
    Mitwirkende: Grotzky, Johannes [Gestaltung]
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Ort: Moskau [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Neuer Münchhausen-Film
    Einblendung: Szenenausschnitte, Regisseur Gilliam
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung] , Gilliam, Terry Vance [Interviewte/r]
    Datum: 1988.12.10 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1988.12.10
    Spieldauer 00:59:57
    Mitwirkende Löw, Werner [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1988.12.10 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-881210_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
    Mediathek Logo