Für alle via www.mediathek.at gestreamten Medien ist, wie in den Nutzungsbedinungen für mediathek.at festgehalten, ein Herunterladen o. ä. nicht angeboten und nicht gestattet.
Alle gestreamten Audio- und Videodokumente sind mit ihren permanenten URLs dauerhaft zugänglich, wodurch sich die Notwendigkeit der Anfertigung von Kopien durch die Österreichische Mediathek für nur private Verwendung Dritter erübrigt.
Soferne die Herstellung von Kopien von Archivdokumenten durch die Österreichische Mediathek für Dritte für nur privaten Gebrauch rechtlich möglich ist, fallen dafür technische Kopierkosten an. Für Anfragen nach Kopien von Archivdokumenten und Preisauskünfte schreiben Sie bitte an mediathek@mediathek.at.
Kopien von Dokumenten des ORF (die Österreichische Mediathek ist Teil des Technischen Museums Wien, aber nicht Teil des ORF) müssen von Interessierten selbst direkt beim ORF angefragt werden (ORF-Kundendienst, -Audioservice, -Videoservice).
Kopien von Dokumenten des Filmarchivs Austria oder des Phonogrammarchivs der Österreichischen Akademie der Wissenschaften müssen entsprechend beim Filmarchiv Austria oder entsprechend beim Phonogrammarchiv angefragt werden.
Die Metadaten der Medien, niemals die Medien selbst, deren Herunterladen nicht gestattet ist,unterliegen nach dem Herunterladen der Lizenz CC BY-NC 4.0, Namensnennung-Nicht kommerziell.
Zitieren
Zitieren
So können Sie Audio- und Videodokumente aus unserer digitalen Sammlung zitieren
Wenn Sie die Audio- und Videodateien aus unserer digitalen Sammlung für Ihre Arbeit und Ihre Forschung verwenden, freuen wir uns, wenn Sie mit einem Zitat auf unsere Quellen hinweisen!
So können Sie zitieren:
Alle Dokumente verfügen über eine Perma-URL
Für ein genaueres Zitat können Sie die Perma-URLs zusätzlich mit Markerpositionen (d.s. Zeitpositionen) versehen
Sie können im Dokument mehrere Markerpositionen setzen.
Die Markerpositionen bleiben so lange gespeichert, solange Sie sich im Audio- oder Videodokument befinden. Möchten Sie Links und Markerpositionen längerfristig für Ihre Arbeit speichern, verwenden Sie bitte den Bereich „Meine Mediathek“ (Login und Registrierung über das Burgermenü auf der Startseite).
Für Ihren persönliche Arbeitsbereich können sie Bookmarks setzen - Für diese Funktion müssen Sie sich im Bereich “Meine Mediathek” anmelden. Die Möglichkeit zu Login und Registrierung erscheint bei Klick auf das Bookmark-Symbol , alternativ können Sie sich auch über das Burgermenü auf der Startseite anmelden.
Marker setzen in: Mittagsjournal 1989.05.27
Auf dieser Seite
Katalogzettel
Information
Verortung in der digitalen Sammlung
Transkripte
Wie entstehen die Transkripte in der Österreichischen Mediathek?
Die bereitgestellten Transkripte werden mittels einer KI basierten Software erstellt. Die Transkripte ersetzen nicht die Arbeit mit den Originalquellen. Die Transkripte werden keiner inhaltlichen Bewertung oder Bearbeitung unterzogen und dienen vor allem der wissenschaftlichen Recherche sowie einer besseren Durchsuchbarkeit der Audio- und Videodokumente.
Die Erstellung der Transkripte erfolgt mit der Transkriptionssoftware WhisperX. WhisperX basiert auf dem System Whisper der Firma OpenAI. Whisper ist ein Open Source Produkt und auf Github veröffentlicht. WhisperX ist eine optimierte Version von Whisper und wurde von der Visual Geometry Group an der Oxford University entwickelt und auf Github veröffentlicht.
Die zur Verfügung gestellten Transkripte wurden 2024 erstellt.
KI-generiertes Transkript
Die Zeit, in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
Zwölf Uhr.
Hier ist der österreichische Rundfunk.
Guten Tag beim Mittagschanal, sagt eine Fritz Wendler als Redakteur im Studio.
In den nächsten 60 Minuten erwarten wir Beiträge zu folgenden Themen.
Die Wahl der Mitglieder des neuen sowjetischen Zweikammerparlaments.
Der chinesische Machtkampf dürfte zu Ungunsten der Reformer ausgegangen sein.
USA-Präsident Bush auf Europareise.
Die Endphase der Auswahl eines österreichischen Kosmonauten.
Beginn der Einteilungsfrist eines Volksbegehrens zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahl.
Eine Presseschau zur Transitverkehrsproblematik.
Und im Journal zu Gast ist heute der Star-Pianist Friedrich Gulder.
Vor all dem jetzt aber eine von Georg Schalgeruber zusammengestellte Meldungsübersicht, die Ingrid Amund liest.
China.
Die Massenkundgebungen für Demokratie und Freiheit sind zwar abgeebbt, doch haben die Studenten trotz des geltenden Kriegsrechts für morgen wieder zu einem groß angelegten Protestmarsch aufgerufen.
Zuletzt war die Stimmung unter den etwa 10.000 Demonstranten auf dem Platz des himmlischen Friedens
eher von Resignation geprägt.
Offensichtlich hängt dies mit der allgemeinen innenpolitischen Entwicklung und mit dem Sieg der Gruppe um Ministerpräsident Li Peng zusammen.
Parteichef Zhao Ziyang wurde wahrscheinlich entmachtet und steht möglicherweise unter Hausarrest.
Allerdings gibt es keine absolut verlässlichen Berichte.
Gestern Abend hat der Vorsitzende der Zentralen Beraterkommission von einer Verschwörung gesprochen, die bekämpft werden müsse.
Die Zentrale Beraterkommission ist ein einflussreiches Gremium alter Parteimitglieder.
Die Rede war nach Ansicht von Diplomaten ein eindeutiger Angriff auf Zhao Ziyang.
Sowjetunion
In der Republik Georgien haben mehrere hunderttausend Menschen für einen unabhängigen Staat demonstriert.
Es war dies die erste große Kundgebung seit der blutigen Niederwerfung nationalistischer Proteste durch Sicherheitskräfte am 9.
April.
Damals sind 20 Menschen ums Leben gekommen.
Anlass für die gestrige Demonstration war der Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung Georgiens im Jahr 1918.
Diese kurzfristige Unabhängigkeit Georgiens endete im März 1921 mit der Eingliederung in den Sowjetstaat.
Im Kongress der Volksdeputierten fand die Wahl von 542 Mitgliedern des obersten Sowjetstaat.
Heute tritt dieser oberste Sowjet als neues, ständiges Parlament zusammen.
Als sensationell wird gewertet, dass der radikale Reformpolitiker Boris Jelzin bei den Wahlen zum obersten Sowjet geschlagen worden ist.
Bei den Wahlen zur Kammer der Volksdeputierten hat er noch einen erdrutschartigen Sieg gegen einen von der Parteiführung unterstützten Funktionär errungen.
Italien.
Der amerikanische Präsident Bush ist anlässlich seiner ersten Europa-Reise als Präsident in Rom eingetroffen.
Er wird heute mit Staatspräsident Kosiga und mit dem amtierenden Regierungschef De Mitta konferieren und mit Papst Johannes Paul zusammentreffen.
Nächste Station ist Brüssel, wo Bush am NATO-Gipfel teilnehmen wird.
Offen ist weiterhin, ob der Präsident einen einseitigen Teilabzug von amerikanischen Truppen aus Europa als Antwort auf die Abrüstungsinitiativen der Sowjetunion anbieten wird.
Auf den jüngsten Konflikt über atomare Kurzstreckenraketen ging Bush in Rom nicht ein.
Bundesrepublik Deutschland.
In Köln hat heute der Bundesparteitag der Freien Demokraten begonnen.
Vorsitzender Graf Lambsdorff hält ein Grundsatzreferat.
Wichtigste Themen sind der ungelöste Raketenstreit zwischen Bonn und Washington sowie die Zukunft der Bonner Koalition.
Diese Probleme kommen allerdings erst morgen zur Sprache.
Tschechoslowakei.
Die Regierung in Prag hat vier britische Staatsbürger zum Verlassen der Tschechoslowakei aufgefordert.
Reagiert wird damit auf die Ausweisung von vier tschechoslowakischen Diplomaten aus Großbritannien wegen Spionage.
Die britische Regierung bezeichnet die tschechoslowakische Gegenmassnahme als völlig ungerechtfertigt.
Marokko
Die Beschlüsse der Arabischen Liga zur Lösung des Libanon-Konfliktes sind vom ägyptischen Präsidenten Mubarak als unzureichend kritisiert worden.
Beim Gipfeltreffen in Casablanca wurde entschieden, einen Sonderrat zu bilden.
Dieser Rat wird aus den Staatschefs Marokkos, Algeriens und Saudi-Arabiens bestehen.
Ferner hat sich die Arabische Liga für die Anerkennung der Nahost-Resolutionen des UNO-Weltsicherheitsrates ausgesprochen.
Diese Resolutionen beinhalten indirekt das Existenzrecht Israels.
Die EFTA hat im Zusammenhang mit der Transitproblematik Solidarität mit Österreich signalisiert.
Mehr als 30 Abgeordnete der Parlamente der EFTA-Staaten haben in Helsinki eine entsprechende Erklärung veröffentlicht.
In Problemen der Verkehrspolitik, insbesondere in der Frage des EG-Transits durch Österreich und durch die Schweiz, müsse man künftig geschlossen und im Geist der Solidarität gegenüber der EG auftreten, heißt es in dem Papier.
Sowjetunion
Im kommenden Jahr wird in der Sowjetunion eine Auswahl von Werken des Schriftstellers und Nobelpreisträgers Alexander Solzhenitsyn veröffentlicht.
Eine Literaturzeitung berichtet, unter anderem würden Auszüge aus der Erzählung »Ein Tag im Leben des Ivan Denisovich« erscheinen.
Die drei Bände des Archipel Gulag, eines dokumentarischen Werkes über die Lager der Stalinzeit, werden aber nicht veröffentlicht.
Alexander Solzhenitsyn ist im Jahr 1974 ausgebürgert worden.
Er lebt seit 1976 zurückgezogen in den USA.
Den Nobelpreis für Literatur erhielt er 1970.
Französisch Guiana.
Der Start der Europa-Rakete Ariane ist um 24 Stunden verschoben worden.
Es sind technische Probleme aufgetreten.
Mit der Rakete sollen diesmal ein deutscher und ein japanischer Satellit in Erdumlaufbahnen gebracht werden.
Die Wetteraussichten bis morgen früh.
Heiter bis wolkig.
Im Bergland bei stärkerer Bewölkung Ausbildung von gewittrigen Regenschauern.
Schwacher in Gewittern auflebender Wind.
Nachmittagstemperaturen 21 bis 26 Grad.
Tiefstemperaturen der kommenden Nacht 4 bis 12 Grad.
Die Aussichten für morgen, unterschiedlich aufgelockert bewölkt, regional auch heiter.
Am Nachmittag vor allem im Alpenbereich häufig Gewitterbildung.
Schwacher, spätermäßiger Südostwind.
Tageshöchsttemperaturen morgen 21 bis 26 Grad.
Eine Vorschau auf Übermorgen, nur noch Regionalheiter, vor allem im Osten und Südosten.
Sonst bei wechselnder bis starker Bewölkung, Regenschauer und Gewitter.
Temperaturen wenig verändert.
Noch die Messwerte von 12 Uhr.
Wien wolkenlos 22 Grad, Eisenstadt wolkenlos 21, St.
Pölten heiter 22, Linz heiter 20, Salzburg stark bewölkt 19 Grad, Innsbruck stark bewölkt 18, Bregenz und Graz heiter 20 und Klagenfurt heiter 18 Grad.
Das waren die Nachrichten und das Wetter.
Es ist inzwischen 12 Uhr 8 geworden und wir kommen jetzt zum Beitragsteil des Mittagsjournals.
In der Sowjetunion tagt seit Donnerstag der neue Kongress der Volksdeputierten.
Und diese Versammlung der, zum größeren Teil nach einem Wahlkampf, wie es ihn in der Geschichte des Landes noch nicht gab, gewählten rund 2200 Volksvertreter, ist ein neues Beispiel, wie rasant die grundsätzliche gesellschaftliche Umwälzung in der UdSSR vorangeht.
Sogar der vorgestern vom Kongress mit überwältigender Mehrheit zum Staatspräsidenten mit weitreichenden Vollmachten gewählte Michael Gorbatschow wird von Kritik nicht verschont.
Und die Tagesordnung der neuen Volksvertretung geriet gleich zu Beginn einigermaßen durcheinander.
So hätten eigentlich schon gestern die 542 Mitglieder des neuen Zweikammerparlaments, das um einiges mehr Kontrollmöglichkeiten haben wird als der bisherige oberste Sowjet, gewählt werden sollen.
Debatten über die Art dieser Wahl führten aber zu Verzögerungen.
Und dann fiel heute, wie eben in den Nachrichten gehört, der populäre Populist Boris Jelzin mit seiner Kandidatur für den obersten Sowjet durch.
In Moskau am Telefon ist jetzt Hans-Peter Riese.
Herr Riese, wie überraschend ist der Jelzin-Durchfall?
Ja, der ist wohl für alle überraschend gekommen, denn Boris Jelzin war auf der Quotenliste der russischen Föderation
Das war Verfahren für den obersten Sowjetismus etwas kompliziert.
Es handelt sich ja um ein Zweikammernparlament und die Abgeordneten sind auf Listen aufgelistet gewesen, die von den Republiken, von der russischen Föderation und von der Stadt Moskau aufgestellt worden waren.
Yeltsin war zusätzlich auf dieser Liste.
Die russische Föderation hatte elf Abgeordnete auf der Liste, die ihrer Quote entsprach, aber 14
14 Kandidaten.
Yeltsin hat das schlechteste Ergebnis erreicht von diesen Kandidaten und ist deshalb nicht gewählt.
Er hat allerdings die Mehrheit des Kongresses hinter sich.
Das ist etwas paradox und er ist eigentlich ein Opfer der Quotenregelung geworden.
Herr Riese, waren die russischen Abgeordneten die einzigen, die mehr Kandidaten genannt hatten, als ihnen eigentlich zusteht?
Ist also nur in diesem Fall eine Wahl gewesen und waren alle anderen wie bisher in der gleichen Zahl der Zuwählenden nominiert?
Ja, das ist richtig so.
Man muss allerdings dazu sagen, dass bei der Aufstellung der Listen auch schon einmal gewählt worden ist und zwar intern in den Gruppen der einzelnen Republiken der Föderation und Moskaus.
Und dabei hat es auch schon Kampfabstimmungen gegeben.
sodass sich die meisten hatten sich auf genau die Zahl von Kandidaten geeinigt, die auch der Quote entsprechen.
Bei der russischen Föderation waren es mehr und der Vorsitzende der Gruppe der Abgeordneten der russischen Föderation, Politbüro-Mitglied Walotnikow, hat gestern Abend dann bekannt gegeben, dass man sich nicht hat einigen können auf die Quotenregelung und deshalb mehr Abgeordnete vorgeschlagen hat.
Herr Riese, gibt es jetzt im neuen obersten Sowjet auch mehrere Vertreter sogenannter Reformer, oppositioneller, nicht üblicher Kandidaten oder ist das eher eine Zusammensetzung, wie es auch bisher war?
Nein, also man muss da unterscheiden.
Es gibt, es ist, der gesamte oberste Sowjet ist keine Versammlung, wie sie bisher war.
Das hat schon der ganze Volkskongress, der Verlauf bisher gezeigt.
Der oberste Sowjet mit seinen zwei Kammern hat ja auch sehr viel mehr
Möglichkeiten, Kontrollmöglichkeiten, eine größere parlamentarische Rechtsbasis.
Tatsache ist allerdings, dass die Mehrheit der Abgeordneten im obersten Sowjet der Mehrheit der Abgeordneten im Volkskongress entsprechen.
Und das ist eine konservative Mehrheit.
Daran gibt es ja keinen Zweifel.
Heute Morgen kam es zu einer sehr interessanten und sehr heftigen Debatte eben über diese Frage.
Der Moskauer Abgeordnete Afanasyev, der bekannte
Perestroika-Anhänger trat auf und geißelte die, wie er sagte, willfährige Mehrheit, die gleichsam wie in den Parlamenten unter Stalin und Brezhnev immer so abstimmte, wie die Führung es will.
Und er griff auch Gorbatschow an, dem er vorwarf, eben diese willfährige Mehrheit manipuliert zu haben in einer ganzen Reihe von Fragen.
Das ist so sicher richtig.
Auf der anderen Seite muss man sehen,
dass der Wahlkampf, der sehr offene Wahlkampf, dazu geführt hat, dass dieser Kongress wahrscheinlich auch ein ziemlich realistisches Spiegelbild der Mehrheitsverhältnisse in der Bevölkerung ist.
Und das heißt, die Bevölkerung in der Sowjetunion ist mehrheitlich konservativ.
Das liegt auch an dem Gefälle zwischen beispielsweise der Hauptstadt Moskau und der Provinz.
In dieser Debatte heute Morgen traten viele Redner auf,
die den Moskauer progressiven Abgeordneten vorwarfen, sie wollten sozusagen das ganze Land manipulieren.
Herr Rieser, noch abschließend eine kurze Frage.
Lässt der bisherige Verlauf des Kongresses Schlüsse darauf zu, ob dieser Kongress eher ein Zeichen für Fortschritt oder Stagnation der Demokratisierungsprozesse in der UdSSR ist?
Ja, der Schluss ist eindeutig.
Der Kongress ist ein Beispiel für Fortschritt.
Es ist ein wirklich historischer Kongress.
Solche Debatten, Sie haben es in Ihrer Eingangsmoderation schon gesagt, die selbst eine Personaldebatte über Gorbatschow einschließen, eine kritische Personaldebatte, diese Art von Demokratie hat es bisher in der UdSSR nicht gegeben.
Und gerade die Debatte heute Vormittag ist ein Beweis dafür, dass es einen großen Block von Abgeordneten gibt in diesem Volkskongress.
die zwar gesagt haben, wir sind eine Minderheit und wir wissen das auch, aber als Minderheit verstehen wir uns gleichzeitig als der progressive Teil der Bevölkerung und wir werden dafür sorgen, dass wir eines Tages die Mehrheit stellen.
Hans-Peter Riese, vielen Dank für dieses Live-Telefonat und auf Wiederhören nach Moskau.
In Peking bröckelt eine Woche nach Verhängung des Kriegsrechts die Bereitschaft zu Massendemonstrationen ab.
Der entscheidende Kampf um die Macht scheint sich aber weniger auf dem Platz des himmlischen Friedens, sondern ein paar hundert Meter weiter abzuspielen, hinter den ochsenblutroten Mauern des Zongnanhai, wo die Führungselite der KP lebt und arbeitet, in einer Art verbotenen Stadt des Neuen Chinas, die übrigens nur unweit der alten verbotenen Stadt liegt.
Auch wenn im innerparteilichen Machtkampf derzeit alles für den Sieg der Fraktion des seit Jahren als starken Mann geltenden Tang Xiaoping spricht, dass man so ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen und so tun könne, als wäre nichts geschehen, daran glaubt kaum jemand.
Aus Peking berichtet Helmut Obletal.
Auch heute haben sich wieder zahlreiche prominente chinesische Politiker hinter die harte Linie vom Ministerpräsidenten Li Peng gestellt und die Verhängung des Kriegsrechts über Peking begrüßt.
Zu diesen Politikern gehört auch einer, auf den die Protestbewegung in den letzten Tagen große Hoffnungen gesetzt hat, nämlich Parlamentspräsident Wan Li, der vor drei Tagen vorzeitig von einem Amerika-Besuch zurückgekehrt ist.
Wan Li war in zahlreichen Briefen und Petitionen aufgefordert worden, eine Dringlichkeitssitzung des Parlaments einzuberufen, die das Kriegsrecht aufheben und Li Peng absetzen könnte.
Wang Li hat nun eine Sitzung des Ständigen Ausschusses des Volkskongresses für den 20.
Juni, also in dreieinhalb Wochen, einberufen, aber in seiner Erklärung klargemacht, dass er Li Peng unterstützt und dass er das Kriegsrecht für verfassungsmäßig ansieht und ein politischer Gegenkurs durch das Parlament im Augenblick nicht infrage kommt.
Jetzt, wo die Machtverhältnisse klar sind, fragen sich viele Chinesen natürlich, wie der zukünftige politische Kurs des Landes aussehen wird.
Es ist beinahe egal, sagen viele, wie konsequent Chinas neuer starker Mann Li Peng versucht, den Regierungs- und Parteiapparat von Anhängern des gestürzten Reformparteichefs Zhao Ziyang radikal zu säubern oder sich vielmehr bemüht, wie es jetzt den Anschein hat, möglichst viele von ihnen auf seine Seite zu ziehen und so wenigstens noch irgendeine Form von politischem Kompromiss zu wahren.
In jedem Fall, so glaubt man heute in Peking, stehen Monate oder sogar Jahre neuer Machtkämpfe und politischen Tauziels bevor.
Viele sehen China um Jahre zurückgeworfen.
So unpopulär wie Li Peng ist zudem kaum ein Politiker in der jüngeren chinesischen Geschichte gewesen.
Und die politischen Ziele und Schlagworte, für die der 61-jährige Li steht, lassen eine Rückkehr zu manchen seit Jahren überholt geglaubten politischen Rezepten in China erwarten.
Li Peng gehört zu jener jüngeren Generation in der chinesischen Führung, die erst nach dem Beginn der Reformpolitik unter Deng Xiaoping in die höchste Führungsskandidatur aufgerückt sind.
Zwei Entwicklungen haben dabei Li Pengs Leben und politische Karriere entscheidend geprägt.
Als elfjähriges Waisenkind wurde Li von Chinas Altrevolutionär und späteren Ministerpräsidenten Zhou Enlai adoptiert.
1948 ging der Ziehsohn des großen Revolutionärs für sechs Jahre zum Technikstudium nach Moskau.
Erst 1979 trat Li Peng als Vizeminister in die Regierung ein.
1982 wurde er Mitglied des Zentralkomitees.
Seit eineinhalb Jahren ist er Regierungschef.
Und seit damals galt er im innersten chinesischen Führungskreis schon als technokratisch-konservatives Gegengewicht zum konsequenten Reformflügel um Zhao Ziyang.
Schon in den politischen Stellungnahmen der letzten Tage wurde klar, dass Li Peng eine Re-Ideologisierung der chinesischen Gesellschaft versuchen wird, dass er marxistische politische Erziehung in den Schulen, in den Betrieben und Universitäten wieder fördern und die Stellung der kommunistischen Parteiorganisationen in allen Bereichen stärken will, um somit auch die in den letzten Jahren aufgeweichte Kontrolle von Staat und Partei
über Kulturleben, Alltag und Massenmedien wieder zu stärken.
In der Wirtschaft erwartet man von Li Peng vor allem eine Festigung der zentralen Kontrolle, vor allem um Preise und Investitionen wieder in den Griff zu bekommen.
In der Konsequenz bedeutet das auch weniger Markt und weniger kapitalistische Elemente, vielleicht auch weniger Kooperation mit dem Ausland, eher wieder mehr Planwirtschaft im Sinne traditioneller kommunistischer Wirtschaftspolitik.
Nur außenpolitisch ist Li Peng ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.
Die neue Nummer Eins in der chinesischen Politik wird sich aber vor allem bemühen müssen, das in diesen Tagen angeschlagene Vertrauen in die chinesische Politik wiederherzustellen.
Viele Regierungen haben in den letzten Tagen besorgt über die Lage in China Äußerungen gemacht.
Die Börse von Hongkong hat einen drastischen Kurssturz erlebt.
Auch das ist nämlich eine Gefahr der derzeitigen Situation.
Eine andauernde Instabilität in China könnte nämlich auch in der britischen Grundkolonie Hongkong, die 1997 an China zurückgegeben werden soll, zu wachsender Unruhe führen.
Und sie könnte Pekings eifriges Bemühen, um eine Wiedervereinigung mit Taiwan zunichte machen.
Das war Helmut Opletal mit einem Direktbericht aus Peking, wo es jetzt schon nach 7 Uhr abends ist.
Hier in Österreich ist es übrigens jetzt 12.20 Uhr.
George Bush hat seine erste Europareise als Präsident der USA angetreten.
Sein Hauptziel ist Brüssel, wo Montag und Dienstag die NATO mit einem Gipfel ihr 40-jähriges Bestehen feiert.
Aber der US-Präsident besucht noch drei weitere Länder.
Seit gestern Abend Italien und nach Belgien dann noch die Bundesrepublik Deutschland und Großbritannien.
Hauptthema der politischen Gespräche des USA-Präsidenten wird zweifellos der NATO-Streit um die Realisierung des schon 1983 gefassten Beschlusses einer Aufrüstung bei den atomaren Kurzstreckenraketen sein.
Jener Mann, der zum Zeitpunkt dieses Beschlusses und bis 1987 USA-Botschafter bei der NATO war, David Abshier, bezog nun in einem Interview mit der Schweizer Weltwoche eine Position, die mehr der der Bundesrepublik als der der USA entspricht, in dem er etwa sagte,
Und in der Bundesrepublik Deutschland sagte heute der Abrüstungsexperte der Bonner FDP-Fraktion, Olaf Feldmann, die Freien Demokraten seien nicht bereit, sich durch die Aufschiebung von Verhandlungen über die Kurzstreckenraketen die Früchte von 20 Jahren Entspannungspolitik kaputt machen zu lassen.
Von der ersten Station der Buscheuropareise aus Rom berichtet nun Karl-Peter Schwarz.
Alle Wege führen nach Rom und tatsächlich bin ich jetzt hier.
Mit dieser zwar nicht gerade sehr originellen, aber dennoch freundlich akklamierten Wendung stellte sich US-Präsident George Bush gestern Nacht am römischen Militärflughafen Ciampino der italienischen Öffentlichkeit vor.
Ich hoffe, sagte er weiter, dass mein Besuch hier zeigen werde, wie viel Respekt und Vertrauen die USA ihrem treuen italienischen Verbündeten entgegenbringen.
Schon zu Beginn seiner ersten Europareise
wird amerikanische Präsident allerdings mit Realitäten des alten Kontinents konfrontiert, die sein Vertrauen erschüttern dürften.
In Rom gibt es auf absehbare Zeit nicht einmal eine Regierung.
Heute Vormittag wurde Bush in der Villa Madama vom zurückgetretenen Ministerpräsidenten Giulia Codimita empfangen und musste also mit einem Mann verhandeln, dessen politisches Ende ohnehin besiegelt ist.
Größere Sorgen als die protokollarisch peinliche, aber letztlich doch nicht ungewöhnliche Krise in Italien
bereitet dem amerikanischen Präsidenten der Gesamtzustand der westlichen Allianz.
Welche Antwort hat der Westen bereit, um der Herausforderung durch die raschen und dramatischen Veränderungen im Osten gerecht zu werden?
In der NATO-Kontroversie um die Kurzstreckenraketen hat sich ein tiefer Graben zwischen den Verbündeten aufgetan.
Die Italiener versuchen zu vermitteln.
Sie stehen aber in ihren Positionen den verhandlungsfreudigen Deutschen deutlich näher als den Amerikanern.
Weder von Rom noch von Bonn noch von London darf sich der außenpolitisch wenig profilierte amerikanische Präsident zurzeit tatkräftige Hilfe bei der Neuformulierung der Aufgaben des Atlantischen Bündnisses erwarten.
Was er auf dieser Europareise beweisen muss, sind seine eigenen Führungsqualitäten.
Er muss zumindest das Gefühl vermitteln, dass er in der Lage ist,
nicht nur auf die historischen Veränderungen im Osten zu reagieren, sondern selbst realistische politische Zielvorstellungen zu entwickeln.
Der zweitägige Aufenthalt in der italienischen Hauptstadt könnte dazu beitragen, ihm auf diese Aufgabe einzustimmen.
Zurzeit wird George Bush vom italienischen Staatspräsidenten Cossiga empfangen.
Um 18 Uhr wird er mit Papst Johannes Paul II.
im Vatikan zusammentreffen.
Das, meint zumindest der amerikanische Botschafter beim Heiligen Stuhl, Frank Shakespeare, wird kein Routine-Treffen sein.
In Fragen der Ostpolitik gehört der Bart zu den erfahrensten Männern der Welt.
In nicht ganz drei Jahren sollen Österreicher oder eine Österreicherin an Bord eines sowjetischen Soyuz-TM-Raumschiffs zur Raumstation Mir fliegen und dort eine Woche lang ein von Österreich zusammengestelltes wissenschaftliches Programm absolvieren.
Aufgrund einer Ausschreibung hatten sich rund 200 Personen gemeldet.
Derzeit sind noch 15 im Rennen.
Bis Juli soll die Zahl der Raumflugkandidaten auf sechs verringert werden.
Im Oktober werden dann jene beiden übrig bleiben, die in der Sowjetunion zu Kosmonauten ausgebildet werden.
Fliegen wird dann letztlich einer oder eine, der oder die andere bilden sozusagen die Reserve.
Die Auswahl wurde und wird sowohl nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommen, als auch nach medizinisch-psychologischen.
Für letztere sind von österreichischer Seite zwei Experten des Bundesheers zuständig, die eng mit sowjetischen Spezialisten zusammenarbeiten.
Näheres von Roland Machatschke.
Die Zusammenarbeit zwischen Flugmedizin und Psychologie ist eine österreichische Spezialität, die international gerühmt wird.
Denn ein Pilot eines Hochleistungsflugzeugs muss nicht nur körperlich, sondern auch geistig-psychisch volltauglich sein.
Militärpiloten müssen hohe Andruckkräfte vertragen können, etwa wenn beim Durchfliegen enger Kurven bei hoher Geschwindigkeit ihr Körpergewicht auf ein Vielfaches des normalen steigt.
Und sie müssen raschen Luftdruckwechsel aushalten können.
Raumfahrer müssen zusätzlich mit der fehlenden Schwerkraft fertig werden, die sich nicht nur auf die gesamte Funktion des Körpers auswirkt, sondern auch auf die Psyche, denn plötzlich fehlen alle räumlichen Bezugspunkte.
Es gibt kein Oben und Unten mehr.
Oberstarzt Dr. Joachim Huber, der Leiter der Fliegerambulanz im Wiener Heeresspital, erlebte bei seinen Untersuchungen einige Überraschungen.
Das für mich Deprimierendste ist wohl die Erkenntnis,
dass es in Österreich eine so große Anzahl an Wirbelsäulen, geschädigten jungen Menschen gibt und Punkt zwei, an Menschen, die in einem entsetzlichen Herz-Kreislauf-Zustand sind.
Das heißt, die über keinerlei Herz-Kreislauf-Ökonomie und über keinerlei Stressmanagement verfügen.
in aller ihren Körperfunktionen ständig, wenn ich das symbolisch sage, auf 150 Prozent fahren.
Beeinträchtigungen des Herz-Kreislauf-Systems, Muskelschwund, Übelkeit durch Störungen im Gleichgewichtsorgan, bei männlichen Raumfahrern Prostata-Beschwerden, das sind einige der medizinischen Probleme, mit denen man rechnen muss.
Aber die psychischen Anforderungen sind nicht minder groß.
Dazu der Psychologe Dr. Walter Bein.
Was uns sicherlich Sorge macht und was wir ganz besonders in der Selektion hervorheben wollen, ist, dass wir einen Menschen suchen, der trotz dieser Leistungsfähigkeit und trotz der Motivation, diese Aufgabe zu erfüllen, imstande ist, seine persönlichen Bedürfnisse hinteranzustellen.
Das heißt also, alles, was mit Ego, alles, was mit Prestige zu tun hat, alles, was damit zu tun hat, sich mit sich selbst zu beschäftigen, ist einfach nicht gefragt, wird während der Ausbildung nicht gefragt sein, setzt natürlich einen gesunden Körper voraus, der einen nicht ablenkt in der Zielverfolgung.
Aber dieses Zurücktreten, diese Bescheidenheit, die wir bei all jenen Kandidaten gesehen haben, die wir kennenlernten und die schon im Raum waren,
Das ist ein Wesenszug, den wir auch in der Persönlichkeit des zukünftigen Kandidaten sehen wollen.
In dieser Woche wurden die zwei weiblichen und 13 männlichen Raumflugkandidaten Österreichs in Wien klinisch-psychologisch getestet.
In Köln setzt man sie anschließend einer besonderen Tortur für Raumfahrer aus, einer Apparatur, die die untere Körperhälfte unter Druck aussetzt.
Die letzten sechs, die im Juli nominiert werden sollen, werden im Herbst im sowjetischen Raumfahrtzentrum Sternenstädtchen bei Moskau in Unterdruckkammern eingesperrt und mittels Humanzentrifuge bis an den Rand der Bewusstlosigkeit geschleudert werden.
Und wie in so vielen Bereichen des Lebens sind in der Raumfahrt die Frauen keineswegs das schwache Geschlecht.
Es ist also gut möglich, dass der erste Österreicher im All eine Österreicherin sein wird.
Dr. Joachim Huber.
Aus medizinischer Sicht gibt es keine Unterschiede.
Es ist auch erfahrungsgemäß so, dass man mit Frauen dieselben Ausbildungsprogramme vornehmen kann und auch vornimmt und dass die Belastbarkeit der Frauen, was ihre körperliche und psychische Leistungsfähigkeit anbelangt, denen der Männer in nichts hintan steht.
Das war ein Beitrag von Roland Machatschke.
Kein Land leidet unter dem EG-Transitverkehr so sehr wie das Nicht-EG-Land Österreich.
Nicht zuletzt, weil das zweite zwischen EG-Staaten liegende Alpenland, die Schweiz, ihre Straßen durch rigorose Beschränkungen weit schwerverkehrsfreier hält als Österreich deseinen.
Zuletzt wurden aber auch hierzulande die Forderungen, die Schweizer Maßnahmen zu übernehmen, immer dringlicher.
Und der Tiroler Landtag fasste dieser Tage den Beschluss in diese Richtung.
Dies führte dazu, dass am Donnerstag der bundesdeutsche Verkehrsminister Zimmermann heftig drohte, Österreich müsse für den Fall der Verhängung eines Lkw-Nachtfahrverbots mit BRD-Repressionsmaßnahmen rechnen.
Dazu sagte gestern Tirols Landeshauptmann Partl, Zimmermann erkenne offenbar die Situation nicht ernst genug und heute nehmen sich mehrere Zeitungskommentatoren des Themas Transitverkehr an.
Nähere es in einer von Ernest Hauer zusammengestellten Presseshow.
Wo liegt Europa?
fragt Martin Mayer im Kurier.
Die Bundesrepublik Deutschland habe auf das geplante Nachtfahrverbot in Tirol ungewöhnlich heftig reagiert.
Der deutsche Verkehrsminister Zimmermann und der bayerische Staatssekretär Zeller drohen mit Gegenmaßnahmen.
Zimmermann wies darauf hin, dass ein Nachtfahrverbot Österreichs Eintritt in die IG nicht förderlich wäre.
Und Zeller rief gar, die Schmerzgrenze ist erreicht.
Nicht etwa die Schmerzgrenze der gequälten Anrainer, sondern die der deutschen Frechter.
Da müht sich ein Land um ein bisschen frische Luft, um seine Luft in seinem Land und schon ruft der Nachbar herrisch Stopp.
Wie weit entfernt ist Europa?
Auch nach Ansicht von Georg Weiland in der Neuen Kronenzeitung ist der Streitpunkt Transit ein EG-Prüfthema.
Die Frechder Lobby in Brüssel gehört zu den stärksten überhaupt.
Hier werden wir die Nagelprobe erleben, wie weit sich Österreich mit seinen berechtigten Interessen durchsetzen kann.
Wenn die Transitfrage nicht in eine politische Sackgasse führen soll, ein klares Ja zu einem Österreich als Teil der europäischen Infrastruktur, aber ein ebenso entschiedenes Nein zu allen Plänen, die Österreich rücksichtslos zum noch schönsten Durchhaus Europas degradieren wollen.
Für Clemens Staudinger in der kommunistischen Volksstimme bietet die Transitfrage ein Lehrstück für das Verhältnis Österreichs zur EG.
Zimmermann gelang, ungewollt das Kunststück vorzuführen, wie sich die Kommunikation EG Österreich abspielt.
Und zwar genauso, wie sie österreichische Patrioten, die sich gegen die EG aussprechen, seit geraumer Zeit darstellen.
Hier die potente Wirtschaftsmacht Bundesrepublik Deutschland, dort das unter Druck setzbare Österreich, das sich selbst erpressbar macht.
Zimmermann im Originalton, eigenwillige Maßnahmen.
Gemeint ist das Nachtfahrverbot für den EG-Transit, werden vom großen Bruder, dessen Interessen über die eigenen Landesgrenzen hinausgehen, nicht geduldet.
Scharfe Kritik an Zimmermann, aber auch am österreichischen Verkehrsminister Streicher, findet sich bei Helmut Gries in der SPÖ nahen Grazer Neuen Zeit.
Die gute Nachtbarschaft entpuppt sich wieder einmal als Einbahnstraße.
BRD-Minister Zimmermann hat mit seinem drohenden Auftritt seinem Anliegen mehr geschadet als genützt.
Sollte sich Verkehrsminister Streicher, der schon bisher ein Sachwalter der Interessen der Frechter und der Bundesrepublik Deutschland war, weiterhin gegen ein LKW-Nachtfahrverbot querlegen,
dann wird man in den betroffenen Bundesländern noch weniger auf seine Argumente hören als bisher, sondern ihm schlicht und einfach vorwerfen, er sei vor dem großen Bruder aus dem Norden in die Knie gegangen.
Und auch Helmut Gries zieht Schlüsse für die EG-Debatte.
Wie will man uns einreden, dass man in der EG mit den Interessen eines kleinen Mitgliedslandes besser umgehen würde, wenn man jetzt berechtigte Interessen eines Nicht-Mitglieds mit Drohungen beantwortet?
In den oberösterreichischen Nachrichten schließlich weist Heinz Kusnier auf durchaus berechtigte BAD-Interessen am Transit und auch auf grundsätzliche österreichische Bereitschaft zu Verhandlungen über die Lösung dieses Problems hin.
Das geht freilich nur mit Sachlichkeit und Verständnis für die Nöte des Anderen.
Nicht mit Drohgebirden, wie sie der bayerische Bonner Verkehrsminister Zimmermann wieder einmal praktiziert.
So wie die Auseinandersetzung sich jetzt zu entwickeln beginnt, ist ihr höchstens eines sicher, dass sie zu einem Wackersdorf auf der Straße aufgeschaukelt wird.
Von kommenden Montag an kann bis 5.
Juni in ganz Österreich ein Volksbegehren zur Senkung der Klassenschülerhöchstzahl von derzeit 30 auf 25 unterschrieben werden.
Das Volksbegehren, das von steirischen Elternvereinen initiiert worden ist, wird von zahlreichen Organisationen aus allen Lagern unterstützt.
Näheres von Waltraud Langer.
Weniger Kinder in den Klassen, das wird von einzelnen Organisationen schon lange gefordert.
Für das Volksbegehren sind schließlich steirische Elterninitiativen aktiv geworden, die der Unmut über geplante Klassenzusammenlegungen zusammengeführt hat.
Ihr Hauptargument?
Je größer die Klasse, umso weniger kann sich der Lehrer um den einzelnen Schüler kümmern und das bringt pädagogische und psychologische Nachteile.
Die erste Hürde für ein Volksbegehren, die erforderlichen Unterstützungserklärungen, haben die Betreiber locker geschafft.
Statt der nötigen 10.000 wurden 26.000 Unterschriften gesammelt.
Die Grazer Elternsprecherin Ilse Schmidt formuliert als Sprecherin des Volksbegehrens die Hauptforderung.
Wir streben damit eine Senkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25 an und wollen gleichzeitig einen Durchschnitt von 19 Schülern pro Klasse erreichen.
Unterrichtsministerin Hilde Havlicek kann dem Volksbegehren nicht viel abgewinnen.
Sie gibt zu bedenken, seit 1982 werden die Klassenschülerhöchstzahlen laufend gesenkt.
Als letztes werden ab Herbst auch im gesamten Oberstufenbereich höchstens 30 statt bisher 36 Schüler sitzen.
Sicherlich wäre es schöner, noch weniger Kinder in den Klassen zu haben.
Wir haben aber derzeit durchschnittlich in der Volksschule 19 Kinder in einer Klasse, in der Hauptschule 22, in der AS 24, sodass praktisch in den meisten Klassen schon weniger als 25 sitzen.
Wenn wir aber trotzdem schon bei der Öffnungszahl der Klassen die Zahl jetzt auf 25 senken würden, würde sich das Budgetär mit 3 Milliarden auswirken und das kann ich im Moment nicht vertreten.
Ilse Schmidt-Kontert.
Sie können an einem einfachen Zahlenbeispiel sofort nachvollziehen, was eine Statistik bewirkt.
Wenn ich 10 Schüler in einer Klasse habe und 30 Schüler in der anderen Klasse, dann habe ich auch einen Durchschnitt von 20 Schülern, habe aber dreimal mehr Kinder in einer Folge
Die Frau Minister Havlicek sagt, wenn in den Eröffnungsklassen nur 25 Kinder sitzen, dann kostet diese Maßnahme, also nur für die Volksschulen, 3 Milliarden Schilling.
Ja, wenn man jetzt die Größenordnung 3 Milliarden betrachtet und sich erinnert an ein Gespräch zwischen Abgeordneten Guggerbauer und Minister Latziner in einer ZIP-Sendung, wo es darum ging, einen Berechnungsfehler
der Finanz im Zusammenhang mit der Steuerreform zu rechtfertigen, der lag bei 2,5 Milliarden.
Da hat er sinngemäß verkündet, dass es eine zu vernachlässigende Größe sei, weil es nur 0,5 Prozent vom Budget ausmacht.
Wenn man das dem gegenüberstellt, sind diese drei Milliarden auch zu vernachlässigend.
Und im Übrigen
glaube ich schon, dass man sich auf den Standpunkt stellen kann, dass Bildung einen gewissen Stellenwert hat, weil das eine Investition in die Zukunft ist.
Ministerin Havlicek zum Argument, Bildung ist eine Investition in die Zukunft und dafür muss Geld da sein.
Ja, wir haben für solche Maßnahmen Geld.
Wir haben zurzeit einen Lehrerhöchststand, wir haben 110.000 Lehrer in Österreich, im Jahr 70 waren es noch 68.000.
und haben jetzt aber 300.000 Schüler weniger.
Das heißt, das Lehrerschülerverhältnis, das noch vor 20 Jahren 20 zu 1 war, beträgt jetzt 10 zu 1.
Allein die Lehrergehälter betragen 39 Milliarden.
Das ist also einer der größten Budgetposten und es ist auch das Unterrichtsbudget in den letzten Jahren sowohl absolut als auch relativ am meisten gestiegen.
Auch jetzt in dieser Zeit der Budgetkonsolidierung hat es bei mir keine Kürzungen gegeben.
Auch die Anzahl der Lehrer werde durch die Statistik verfälscht, meint dagegen Ilse Schmid.
Auch die These, je weniger Kinder in der Klasse, umso mehr der zurzeit 4000 arbeitslosen Lehrer könnten eine Beschäftigung finden, zieht bei Ministerin Havlicek nicht.
Sicherlich sind arbeitslose Lehrer wie auch andere Arbeitslose ein Problem, aber man kann mit keiner beruflichen Ausbildung garantiert eine Anstellung bekommen und auch bei den Lehrern nicht.
Hier wird schon seit Jahren, ja sogar schon Jahrzehnten immer gewarnt,
weil wir uns die Bevölkerungsentwicklung ausrechnen konnten.
Und wie gesagt, so viele Lehrer wie jetzt hat es noch nie gegeben, über 110.000.
Für eine parlamentarische Behandlung des Volksbegehrens werden 100.000 Unterschriften benötigt.
Mit wie vielen Unterschriften rechnet Ilse Schmidt?
Ich bin, glaube ich, zu wenig Politiker, um da eine Schätzung abzugeben.
Ich bin Mutter und ich hoffe, dass wirklich alle, die es dafür sind,
Das Volksbegehren zur Senkung der Klassenschülerzahl kann von allen Wahlberechtigten ab 19 Jahren vom 29.
Mai bis 5.
Juni in allen Wahlämtern Österreichs unterschrieben werden.
Voraussetzung ist ein Lichtbildausweis.
im Journal zu Gast.
Das ist heute ein sogenannter Schwieriger der Kulturszene, der Stabpianist Friedrich Gulder.
Obwohl er nächstes Jahr schon 60 wird, zählt der klassische Klaviervirtuose, Chesser, Komponist, Wiener Liedinterpret, Entertainer, Animator und Romantiker noch immer als enfant terrible der internationalen Musikszene.
Diesen Ruf erwarb er sich, als er nach einer Wunderkind-Karriere, dem mit 16 1946 erspielten Gewinn des ersten Genfer Klavierwettbewerbs und unvergleichlichen Beethoven- und Mozart-Interpretationen mit Skandalen und Skandälchen seine Verehrer verstörte und keine Grenzen zwischen sogenannt ernster und Unterhaltungsmusik akzeptierte.
Als er in traditionellen Konzertsälen ohne vorher bekanntgegebenes festes Programm auftrat und dabei ebenso wie Mozart oder Debussy auch Jazz spielte.
Neue Fans fand er bei sogenannten freien Festivals, etwa in Ossiach, Wiktring, Mosham oder der Szene Salzburg.
Für einen größeren Skandal sorgte er wieder im Vorjahr, als bei den Salzburger Festspielen, nachdem er beim Eröffnungskonzert der Stadt mit Arnon Kuh und Xabi Null gespielt hatte, seine drei programmierten Festspielkonzerte absagte.
Als er diese Woche im Wiener Musikverein neben Beethoven, Bach, Eigenkompositionen, Johann Strauss und Wiener Liedern auch Mozarts B-Dur Sonate Köchelverzeichnis 333 spielte, schrieb ein begeisterter Kritiker, nur einer, der so wie Gulda auf die Salzburger Festspiele schimpft, kann Mozart so göttlich spielen.
Am vergangenen Montag übernahm er den Ehrenring der Bundeshauptstadt Wien.
Und hier plante er im Sommer, ebenso wie für den Salzburger Domplatz, ein großes Freiluftkonzert, und zwar vor dem Schloss Schönbrunn.
Mit Friedrich Gulder spricht Brigitte Hofer.
Es gibt drei Menschen, die in der Öffentlichkeit den Kapperl tragen.
Der Ernst Fuchs, er hat ein Gelöbnis abgelegt.
Der Nickel Lauder, er macht es der Werbung wegen.
Warum tun Sie es?
Einerseits findet man es fälschlich und andererseits hängt es wahrscheinlich mit den vortretenden Glatzen zusammen.
So verbindet man das Schöne mit dem Notwendigen.
Also eigentlich ein sehr profaner Grund.
Ja, da haben Sie recht.
Ist es auch ein bisschen, um Freiheit zu demonstrieren, weil das unüblich ist?
Sie haben den Frag längst abgelegt, wenn Sie Klavierkonzerte spielen.
Sie wollen keinen Zwang, Sie wollen das weder in Ihrem Programm, Sie wollen als Mensch keinen Zwang fühlen.
Es ist gar nicht so lange her, am Anfang war es eine Art Kostüm, weil ich ein Theaterstück verfasst, erfunden und auch auf die Bühne gestellt habe, in welchem ich selber eine
Rolle gespielt habe, das war in München im Kuvelier-Theater, das hieß der Besuch vom Alten Geh, das ist 15 Jahre her.
Und da hatte der Maskenbilder im Interesse der Story den Auftrag, mich um 20 Jahre jünger zu machen, also die Haare zu färben und die Brille runterzunehmen und eben auch die Glatze wegzuschwindeln und das war das, was Perücke wollte ich keine, weil es heiß und unbequem ist.
Dann habe ich mir dieses erste Käppi gekauft, das ich dann verloren habe und mittlerweile durch ein neues ersetzt.
Friedrich Guder, ein reproduktiver E-Musiker, ein produktiver U-Musiker.
Haben Sie das irgendwann als selbstmörderischen Zwiespalt empfunden, empfinden Sie das als Selbstverständlichkeit?
Heute empfinde ich sie als Selbstverständlichkeit.
Am Anfang, das heißt also vor über 30 Jahren, oder vielleicht ist es auch schon etwas länger, also als ich in den Jazz-Spelunken der späten 40er und Anfang 50er Jahre angekommen bin,
Anfing mit vielen Gesinnungsgenossen, darunter auch mein großer Freund Josef Zawinul, zu jatzen.
Da habe ich das am Anfang schon als Zwiespalt empfunden.
Ich habe sozusagen ein Doppelleben geführt.
und hatte großen Spaß daran.
Etwa nach dem Motto, dass man sagen könnte, man muss eben mit Widersprüchen, wenn man sie nicht sofort lösen kann, dann muss man eben damit leben.
Es gab aber doch eine Zeit der Kämpfe.
Ich kann mich erinnern, Anfang der 70er Jahre war das, glaube ich, im großen Konzerthaus-Saal an einem Konzert.
Da war der Konzerthaus-Präsident Mautner-Markhoff und der verließ nach der Pause, nachdem sie zu improvisieren begannen, verließ er mit lauten Getöse den Saal und viele mit ihm.
Haben Sie sich damals gekränkt?
Waren Sie stolz darauf?
Das war in meiner ganz wilden Zeit eine meiner radikalen Friausflüge, die ich Anfang der 70er Jahre teils in Gesellschaft, teils unter dem Einfluss meiner Freunde Paul und Limpe Fuchs unternommen habe und die tatsächlich zwar in die damalige Zeit völlig gepasst haben, aber sicher das am schwersten Verdauliche waren fürs Publikum, das ich öffentlich vor mir gegeben habe.
Also ich war da, um ihre Frage zu beantworten, ich war sicherlich niemandem böse,
Ich war natürlich in meinem Idealismus, den ich gerade in diese Sache investiert habe, schon gekränkt und habe auch Trotzreaktionen gehabt und mit der Justament- und jetzt erst Recht-Methode versucht, die Widerstände niederzurennen, was mir, wie ich halte, gerne und freimütig zugeben kann, nur teilweise gelungen ist.
Ich möchte diese Zeit, die unter anderem manche Präsidenten in die Flucht geschlagen hat,
Das möchte ich in diesem Zusammenhang betonen, auf keinen Fall missen.
Dadurch, dass man einmal alles, aber wirklich auch alles, was wir gelernt haben, infrage stellt.
Radikal und kompromisslos.
Dadurch lernt man dann viel besser, das Wertvolle zu schätzen, als wenn man es einfach auf Drei und Glauben akzeptiert, so wie das die meisten ja tun.
Das ist, glaube ich, ein Phänomen für viele Ihrer Hörer, dass sie, weil sie sich eine ziemlich lange Zeit so wenig mit Klassik befasst haben, trotzdem nie einen wirklichen Absturz erlebt haben.
Zum Beispiel Rubinstein hat in seinem Leben so einen Absturz, in der Mitte seines Lebens so einen erfahren.
Rubinstein sagt aber auch, es gibt Künstler, die fast nie üben müssen und Künstler, die dauernd üben müssen.
Üben Sie?
Ich habe eine Zeit lang das Klavierspielen, aber nicht weil ich musste, sondern weil ich wollte, überhaupt aufgegeben.
Ich habe mich auf meine Nebeninstrumente konzentriert.
Ich habe Saxophon und Blockflöte und Klavichord, alles nur nicht Klavier gespielt.
Also das war schon eine sehr tiefreichende Krise.
Und ich habe mich dann, wie ich mich entschlossen hatte, zum Klavier zurückgekehrt.
Dann setzt man sich halt hin und übt drei Monate und die Sache ist erledigt.
Wie ist es heute?
Müssen Sie viel üben, üben Sie wenig?
Ich war nie ein Vielüber.
Also niemand, der acht oder zehn Stunden täglich am Instrument verbringt.
Das war ich niemals.
Auch nicht, wie ich ein Akademischüler war, wo man es ja, was vielleicht manche nicht wissen, am allermeisten nötig hat, um sich eben das zu erwerben, auf das man sich dann das ganze Leben lang verlassen können muss.
Und das habe ich mir eigentlich erübt von meinem 13. bis zu meinem 16.
Lebensjahr.
Da habe ich aber auch
glaube nicht mehr als maximal fünf Stunden am Instrument verbracht und das war für meine Verhältnisse schon sehr viel.
Nach dem landreifigen Begriff bin ich kein Klavier-Tiger, der nicht den ganzen Tag nichts anderes tut, als wie die 88 Tasten drücken.
Also das war ich nie und das werde ich auch nie sein.
Hören Sie manchmal Klavierkonzerte von anderen Pianisten gespielt?
Eigentlich kaum, muss ich Ihnen ehrlich sagen.
Ich kenne
vom Hören, wenn es sich um namhafte und wichtige Leute handelt, den Stil, also ich kann nicht mit hundertprozentig, aber doch mit einiger Sicherheit identifizieren, wenn ich im Radio höre, das ist jetzt der Polini und das ist der Michelangeli und das ist wahrscheinlich der Brendel oder so.
Das kann ich schon, aber ich will dann meinen Kollegen in keiner Weise nahe treten.
Aber ein echtes Interesse
besteht eigentlich in dem Moment nicht mehr, in welchem ich die Identifikation aufgrund gewisser Stilmerkmale zweifelsfrei für mich selber getroffen habe.
Und dann ist eigentlich Zeit zum Abdrehen.
Genuss ist keiner möglich?
Möglich, ja, wenig.
Ich halte den Herrn Jarrett für wesentlich wichtiger wie den Herrn Horowitz.
Und ich halte den Bill Evans für wichtiger wie den Herrn Brendel.
Es tut mir leid, aber es ist so.
Wollen Sie mit Keith Jarrett einmal zusammenarbeiten?
Ich schätze an sich nichts dagegen als einer der wenigen großen Jazz Pianisten, den ich persönlich nicht kenne.
Ich kenne den Chorea persönlich, wir haben auch gespielt zusammen, den Xavi Null, den kenne ich sowieso seit ewig.
Ich werde demnächst persönlich kennenlernen den Hancock.
Wir haben uns vor einem Jahr in München getroffen und begrüßt, als ob wir uns schon seit 30 Jahren kennen würden, was wir ja de facto auch tun.
Der weiß genau von meinen Platten, was los ist.
Und umgekehrt.
Und jetzt ist es offenbar so weit, dass wir uns auch wirklich einmal treffen.
In diesem Fall ist das Plattengeschäft ein Kommunikationsmittel.
Wie beurteilen Sie sonst das Geschäft mit der Platte?
Sie haben es richtig ausgesprochen.
Die Erfindung des Tonträgers hat die musikalische Szene in diesem Jahrhundert von Grund auf verändert.
Es ist nicht mehr so notwendig, das ist die Hauptkonsequenz, dass der kreative Musiker seine musikalischen Ideen zu Papier bringt.
Er kann sie zu Vinyl bringen.
Und das geht schneller und ist getreuer und ganz einfach besser.
Das ist eine gewaltige Revolution.
Das hat doch die musikalische Situation weltweit gewaltig verändert.
Aber auch nicht insofern, als das Plattengeschäft eben ein Markt geworden ist, ein beherrschender Markt, der auch den Künstler zum Beispiel in seinen Terminplanungen beherrscht.
Na gut, aber das war früher, wie es nur die Notenschrift gab, mit den Verlegern war das derselbe.
Er musste sich auch mit den Verlegern gutstellen, musste schauen, dass die seine Werke drucken, um sie zu verbreiten.
Also die Situation war da durchaus vergleichbar.
Übrigens, ich wurde neulich gefragt, sagen Sie, haben Sie Interesse daran oder würden Sie es erlauben oder wünschen, dass jemand beispielsweise hier ein neues Klavierkonzert spielt?
Habe ich geantwortet, das ist...
weder möglich, weil ich den Klavierpart für mich selber nur sehr skizzenhaft aufgeschrieben habe.
Und auch wenn ich ihn genau aufgeschrieben hätte, es sicherlich fast niemanden gäbe, der in meinem Sinne wirklich spielen könnte.
Aber es ist vor allem gar nicht wünschenswert, denn ich habe ja die Version, oder eine der Versionen, die dieses Werk erfordert, auf Platte, auf Vinyl festgehalten.
Es ist also nicht so wie früher, dass der Komponist auf die, speziell dann, wenn er schon tot ist,
auf die Interpreten sozusagen angewiesen ist.
Durch die Erfindung der Platte hat sich auch das sehr verändert.
Wir lassen unsere Schallplatten so zurück, so wie früher die Maler ihre Bilder halt zurücklassen.
Ich wäre sehr glücklich, wenn ich genau wüsste, wie der Herr Mozart gespielt hätte.
Ich bedauere das zu tief, dass ich das nie erfahren werde.
Sie haben gesagt, zwei Faktoren muss man in Salzburg immer einkalkulieren, den Regen und Karajan.
Beide werden Ihr Konzert nicht verhindern.
Als Neuauflage sozusagen kündigen Sie Ihr Konzert für heuer wieder am Domplatz am 26.
Juli an, mit Zawinul.
Wo bleibt Hanonkur?
Hanonkur ist dieses Jahr nicht vorgesehen.
Dieses Konzert, von dem Sie sprechen, ist geplant als
als ein Dreier-Unternehmung, nämlich Davinul, Henkog und meine Wenigkeit, auf dem Domplatz, wenn es nicht regnet.
Dann sind wir gezwungen, die scheißliche Sporthalle als Ausweiche zu nehmen.
Und der andere Faktor, das ist natürlich ein bisschen anekdotisch.
Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass ohne den Segen oder ohne die Zustimmung des Altmeisters in Salzburg nichts geschieht.
Aber ich glaube, es gibt auch Dinge,
die sich seines Wohlwollens einfach deswegen erfreuen, weil sie ihn nicht interessieren.
Und dazu rechne ich, glaube ich, das Konzert, das ich da mit meinen beiden Freunden zu geben gedenke.
Und wie ist es mit Hanoncourt?
Nun, der Hanoncourt hat sich, soviel ich weiß, hier jetzt mit der Aufführung, der Einführung aus dem Serail wieder sehr stark profiliert, hat sein eigenes Festival namens Stiriarte in Graz.
Sie haben abgesagt dort.
Ich habe deshalb abgesagt, weil man mich, bevor es eine Absprache und einen Vertrag gibt, angekündigt hat und fand das nicht korrekt.
Deswegen wird das auch nicht stattfinden.
Welche rechtlichen Konsequenzen hatte Ihre Absage Ihrer drei Konzerte bei den Salzburger Festspielen im Vorjahr?
Ein Bestandteil der zwischen mir und den Salzburger Festspielen getroffenen Vereinbarung
Zur Beilegung dieses Konfliktes ist die Übereinkunft, darüber öffentlich nichts verlauten zu lassen.
Deswegen kann ich Ihnen aus rechtlichen Gründen dazu nichts sagen.
Kann es noch weitere Konsequenzen geben?
Nein, die Sache ist abgeschlossen.
Haben Sie damals Ihr Publikum nicht sehr vor den Kopf gestoßen?
Es war nicht meine Schuld.
Der Entschluss zur Absage meiner Festivalkonzerte fiel dem in dem Moment,
Als mir der Generalsekretär Villnauer bei der Vorbesprechung für das Szenekonzert mit dem Hanoncourt schlicht und einfach und mit aller Brutalität ins Gesicht gesagt hat, der Herr Hanoncourt darf in Salzburg nicht dirigieren, da habe ich mir gedacht, der hat es aber sehr interessant.
Und habe innerlich bereits meine Konsequenzen gezogen gehabt und dann habe ich sie schlicht und einfach, so wie sie es aufgrund einer solchen Handlungsweise verdienen, hereingelegt.
Und habe ihnen zum Schein meine drei Konzerte zugesagt.
und dann den Hahn und Kuh dirigieren lassen und am nächsten Tag bin ich abgehauen, so wie sie es verdient haben.
Aber die Leidtragenden waren doch das Publikum.
Das müssen sie den Festspielen vorwerfen, aber nicht mir.
Ihr Freund Heinrich Schiff hat sich damals auch öffentlich geäußert, dass er auch nicht einverstanden war mit Ihrer Haltung.
Hat sie das getroffen?
Der Herr Schiff ist nicht mehr mein Freund, deswegen werde ich darüber kein Wort reden.
Und zwar deshalb.
Herr Guder, sind Sie ein politischer Mensch?
Sie meinen im Sinne einer Parteizugehörigkeit oder so etwas?
Bin ich nicht, bitteschön.
Ich meine, dass Politik für Sie ein Thema Ihres Lebens ist, dass Sie sich Urteile bilden, dass Sie denken, dass Sie diskutieren über Politik, nicht parteipolitisch.
Da möchte ich vielleicht zwei Sachen anmerken.
Erstens, ich bin, seit es mich gibt, oder seit ich erwachsen bin, überzeugter Nichtwähler.
Und zweitens glaube ich, dass die Musik, so wie ich sie verstehe, eigentlich ...
Politik auch ist, unter anderem, je nachdem welche Musik man bei welcher Gelegenheit wie spielt, das ist natürlich in erster Linie eine künstlerische Sache, aber es ist auch eine politische Sache.
Es ist Politik, wenn ich in den Musikverein z.B.
gehe und dort schwarze Musiker Jazz spielen lasse.
Das ist doch Kulturpolitik.
Es ist gleichermaßen Kulturpolitik, wenn ich im Jazzland hergehe und spiele in einer Motorzonade vor, was ich auch getan habe.
Das ist Kulturpolitik.
Und nicht nur dieses von etwas abgegriffene Thema, sondern jede musikalische Äußerung gibt doch auch nebenbei, glaube ich, zu ...
politischen Überlegungen oder kann zu politischen Überlegungen anregen oder ermuntern.
Muss nicht.
Ich erblicke den Zweck der Musik nicht in der Form eines Manifests.
Sonst würde ich ja Reden halten statt Klavier spielen.
Aber dass es das Denken und Fühlen und den ganzen Menschen die Musik anregt, das heißt auch den politischen Menschen, den Menschen im gesellschaftlichen Sinn.
Sind Sie stolz darauf ein österreichischer Künstler zu sein?
Ja, ich bin es.
Das eine, nämlich unsere große Tradition, für die kann ich nichts, wir können alle nichts dafür.
Also darauf stolz zu sein, ist aus diesem Grunde etwas problematisch.
Gleichwohl ist man es, obwohl man nichts dafür kann.
Und etwas, worauf man vielleicht als Österreicher ein bisschen stolz sein kann, oder vielleicht worauf ich als Österreicher ein bisschen stolz bin,
oder worüber ich auch wieder weniger stolz als glücklich bin, um genauer zu sein, ist die Fähigkeit, mit vielen Leuten zu reden.
Auch mit Leuten, die sich untereinander nicht riechen können und normalerweise nicht miteinander reden würden.
Also eine Vermittlerfunktion.
Beispiel Savinole, Cicoria?
Ja, zum Beispiel.
Das sind also Konkurrenten und die haben einander wirklich nicht sehr gerne.
Aber in meiner Gegenwart hab ich gesagt, ihr könnt streiten, so viel ihr wollt, aber nicht solange der Papa mit euch auf der Bühne ist.
Jetzt gebt ihr mal Ruhe und spielt schön Klavier.
Das ist ein sehr schönes Ereignis gewesen, was niemand anderer hätte herbeiführen können, als ich, der Österreicher.
Und darauf bin ich stolz.
Wie weit beeinflusst Ihr Privatleben, Ihre künstlerische Arbeit?
Bedeutet eine neue Frau in Gulders Leben ein neues Konzert?
Ja, das kann man schon in etwa so sagen.
Ohne irgendjemanden und ohne irgendeiner Frau nahe treten zu wollen, ich tue eigentlich, glaube ich, und vielleicht tut das letztlich jedermann, tut er das, was er tut, einer Frau zuliebe.
Also er will einer Frau gefallen und tut alles, um ihr zu gefallen.
Das fange ich schon mit dem kleinen Buben an, der will einmal der Mama gefallen, das ist die wichtigste und erste Frau.
im Leben jedes Mannes.
Und das geht dann mit einer oder auch mehreren, meistens mit mehreren, durch ein Mannes Leben ebenso weiter.
Und bewirkt jedenfalls bei mir dieses Bedürfnis der betreffenden Frau, die man liebt, zu gefallen, beeinflusst natürlich auch sehr stark die Musik, die man macht, nämlich die, die ihr gefällt oder gefallen könnte.
Das ist nicht das einzige Motiv, weil sonst
wäre man ja in einem gewissen übertragenen Sinn ein musikalischer Pantoffelheld.
Also so ist es wieder nicht.
Ihr Sohn Paul ist auch Pianist.
Gibt es manchmal ein Gefühl der Eifersücht, zum Beispiel seiner Jugend gegenüber?
Ne, das eigentlich nicht.
Aber es gibt ein Gefühl, dass er aufgrund seiner besonderen Situation sich veranlasst sieht,
einfach gegen diesen übermächtigen Schatten anzuspielen.
Und ich verstehe das.
Und ich wünsche ihm sogar alles Gute dafür, sich gegen mich ganz einfach durchzusetzen.
Das muss er.
Auf der anderen Seite ist meine Überzeugung von der Botschaft des Friedens, die die Musik verbreitet, diesem verständlichen,
Wunsch des jungen Mannes eigentlich entgegengesetzt.
Also, vielleicht etwas einfacher ausgedrückt, würde ich es begrüßen, wenn er manchmal, anstatt gegen mich zu spielen, mit mir spielen würde.
Aber ich habe väterliches Verständnis für seine besondere Situation, ich wiederhole das, und weiß, dass er es ungeheuer schwer hat und wünsche ihm hiermit offiziell wirklich nur das Allerbeste.
Haben Sie von Ihrem Vater einiges oder manches oder vieles gelernt, das Sie als Vater weitergeben können?
Von meinem Vater?
Er hat mir vermittelt, erstens die unbedingte Liebe zur Musik und dass das eine ernste und sehr schöne Sache ist.
Das hat er mir beigebracht.
Und zweitens, er war ein sehr pünktlicher und charaktervoller und standfester und überzeugungstreuer Mensch.
Und war nicht auch die politische Haltung Ihres Vaters wichtig und maßgebend für Sie, für Ihre Entwicklung?
Es mag sein, mein Vater war ein überzeugter Sozialdemokrat, der im 34er Jahr deshalb vom Dienst suspendiert wurde.
Ich habe das nicht wörtlich übernommen, diese Haltung von ihm.
Also ich bin kein überzeugter Sozialdemokrat, was einem heutigen Leben bemerkt, schwerer viele wie damals.
Ich habe das nicht direkt übernommen, aber in meine Sprache übersetzt habe ich es sehr wohl.
Also dass ich in meinen musikalischen Aktivitäten, in dem Engagement für die Erniedrigten und Beleidigten,
Nicht in politischer Hinsicht, aber in musikalischer Hinsicht, mich mit denen einzulassen, mich mit denen zu solidarisieren.
Immer wieder darauf hinzuweisen, dass es nicht recht ist, dass ein Neger für eine Minute Musik weniger Geld kriegt wie ein Weißer.
Das ist einfach nicht richtig, das gibt's nicht.
Und insofern fühle ich mich schon in diesem Sinne als Erbe dessen, wofür mein Vater gekämpft hat.
Im Journal zu Gast war Friedrich Gulda.
Und jetzt noch einmal kurz ins Nachrichtenstudio.
China.
Trotz des geltenden Kriegsrechtes haben die Studenten für morgen in Peking wieder zu einem groß angelegten Protestmarsch aufgerufen.
Zuletzt war die Stimmung unter den etwa 10.000 Demonstranten auf dem Platz des himmlischen Friedens eher von Resignation geprägt.
Im Machtkampf um die Parteiführung scheinen sich unterdessen Ministerpräsident Li Peng und Chinas bisheriger starker Mann Deng Xiaoping durchgesetzt zu haben.
Parteichef Zhao Ziyang und andere Reformer sollen entmachtet worden sein.
Zhao Ziyang soll unter Hausarrest stehen.
Sowjetunion.
Bei den Wahlen zum Obersten Sowjet im Kongress der Volksdeputierten ist der Reformer Boris Jelzin nicht gewählt worden.
Jelzin, der mit 89 Prozent der Stimmen als Vertreter Moskaus in den Kongress eingezogen war, erhielt bei den Wahlen zum Obersten Sowjet die geringsten Ja-Stimmen aller Kandidaten.
In der Republik Georgien haben unterdessen neuerlich mehrere hunderttausend Menschen für einen unabhängigen Staat demonstriert.
Es war dies die erste große Kundgebung seit der blutigen Niederwerfung nationalistischer Proteste durch Sicherheitskräfte am 9.
April.
Damals sind 20 Menschen ums Leben gekommen.
Finnland.
Die EFTA hat im Zusammenhang mit der Transitproblematik Solidarität mit Österreich signalisiert.
Mehr als 30 Abgeordnete der Parlamente der EFTA-Staaten haben in Helsinki eine entsprechende Erklärung veröffentlicht.
In Problemen der Verkehrspolitik, insbesondere in der Frage des EG-Transits durch Österreich und durch die Schweiz, müsse man künftig geschlossen und im Geist der Solidarität gegenüber der europäischen Gemeinschaft auftreten, heißt es in der Erklärung.
Die Wetteraussichten für Österreich bis zum Abend.
Sonnig, am Nachmittag im Bergland zunehmend gewittrig.
Höchsttemperaturen 21 bis 26 Grad.
Die drei wichtigsten Kurzmeldungen vom Tag und das Wetter standen am Ende des Mittagsjournals.
Auf Wiederhören sagt Ihnen im Namen von Redaktion und Technik Fritz Wendl.