Mittagsjournal 1989.08.21

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag bei einer Stunde Information im Mittagsjournal wünscht Manfred Kronsteiner.
    Aus dem Inhalt der Sendung.
    Massenflucht von DDR-Bürgern.
    Wir informieren über die Situation an der ungarischen Grenze und über die Vorurteile, die DDR-Flüchtlingen nun im deutschen Westen entgegenschlagen.
    Prag am Jahrestag der Intervention durch die Warschauer Pakt-Truppen.
    Sowjetische Kritik an eben dieser Intervention 1968.
    Kampf der polnischen KP um Regierungssitze in der Koalitionsregierung.
    Im Baltikum wird die längste Menschenkette der Geschichte organisiert zur Erinnerung an den Hitler-Stalin-Pakt.
    Kolumbiens Regierung im Kampf gegen die Kokain-Mafia.
    ÖVP-interne Diskussionen im Norikum-Umfeld.
    Tanz, die Martha Graham Dance Company, gastiert in Salzburg.
    All das und mehr in detaillierten Beiträgen, denen wir jedoch den gewohnten Nachrichtenüberblick voranstellen.
    Ingrid Amon wird die von Josef Schweinzer verfassten Meldungen lesen.
    Österreich, Bundesrepublik Deutschland.
    Der DDR-Flüchtlingsstrom von Ungarn nach Österreich nimmt immer größere Ausmasse an.
    In der Nacht sind wieder mehrere hundert Ostdeutsche über die ungarisch-österreichische Staatsgrenze geflüchtet.
    Allein nach Mörbisch im Burgenland kamen 160 DDR-Bürger, 70 von ihnen auf einmal.
    Das Rote Kreuz richtete ein Großzelt und eine Feldküche ein.
    Auch im Grenzort Deutschkreuz haben sich in den vergangenen Stunden zahlreiche Flüchtlinge gemeldet.
    Die Hauptschule der Ortschaft ist mit DDR-Bürgern komplett belegt.
    Auch sie werden von Mitarbeitern des Roten Kreuzes betreut.
    Tschechoslowakei.
    Am heutigen 21.
    Jahrestag des Einmarsches der Warschauer Pakt-Truppen in der Tschechoslowakei wird Prag von einem Großaufgebot der Polizei bewacht.
    Seit mehreren Stunden gleicht Prag einer belagerten Stadt.
    An den U-Bahn-Stationen und Bahnhöfen im Stadtzentrum werden Fußgänger angehalten und ihre Ausweise kontrolliert.
    Gestern wurden im Zentrum Prags mehr als 30 Menschen festgenommen, die durch eine Fußgängerzone marschieren wollten.
    In den offiziellen Medien der Tschechoslowakei wird die militärische Intervention vor 21 Jahren kaum erwähnt.
    Der frühere tschechoslowakische Aussenminister und Mitbegründer der CARTA 77, Irzsi Hayek, sagte in einem Interview für einen westdeutschen Radiosender, die Tschechoslowakei versuche, jeden Ausdruck des Willens zur Wahrheit und zur Demokratie zu kriminalisieren.
    In der Generation, die den 21.
    August 1968 nicht mehr erlebt habe, wachse der Widerstand gegen ständig verbreitete Unwahrheiten über die Geschichte der Tschechoslowakei, meinte Hayek.
    Ungarn, Sowjetunion.
    Der ungarische Ministerpräsident Nemeth hat die Rolle Ungarns bei der Niederschlagung des Prager Frühlings vor 21 Jahren verurteilt.
    So etwas wie die militärische Intervention in der Tschechoslowakei und die Unterdrückung des Aufstandes in Ungarn 1956 dürfe nie wieder vorkommen, sagte Nemeth im ungarischen Fernsehen.
    Der ungarische Regierungschef verlangte auch Gesetzesänderungen, um den Einmarsch ungarischer Truppen in einem fremden Land ohne Zustimmung des Parlaments künftig unmöglich zu machen.
    Auch die sowjetische Regierungszeitung Izvestia hat sich kritisch zu den Ereignissen von 1968 geäußert.
    Das Blatt veröffentlicht einen Beitrag eines sowjetischen Soldaten, der an der Intervention teilgenommen hat.
    Der Soldat schreibt, die Prager Bevölkerung möge den Truppen von damals vergeben.
    Polen.
    Die polnischen Kommunisten wollen stärker in der von der Unabhängigen Gewerkschaft Solidarität geführten künftigen Regierung vertreten sein.
    In einer Erklärung des Zentralkomitees der Partei heißt es, die Kommunisten müssten entsprechend ihrem politischen Gewicht an der künftigen Regierung beteiligt sein.
    Außerdem wird darauf hingewiesen, dass Polen ein wirtschaftlich und militärisch zuverlässiger Partner innerhalb des Warschauer Paktes bleiben müsse.
    Die sowjetische Parteizeitung Pravda empfiehlt den polnischen Kommunisten, eine Koalition mit der Solidarität der Vereinigten Bauernpartei und der Demokratischen Partei einzugehen.
    Sowjetunion.
    Wegen der Folgekosten der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl droht der Sowjetrepublik Weissrussland der finanzielle Ruin.
    Allein der Aufwand für weitere Umsiedelungen wird auf umgerechnet 30 Milliarden Dollar geschätzt.
    Nach Angaben der Nachrichtenagentur TASS müssen 100.000 Menschen wegen der anhaltenden Verstrahlung der Region um Tschernobyl in andere Gebiete gebracht werden.
    Türkei.
    Wegen des Flüchtlingsansturmes von Angehörigen der türkischen Minderheit will die Türkei die Grenze zu Bulgarien schliessen.
    Die Grenzsperre soll nach Berichten des türkischen Fernsehens kommende Nacht in Kraft treten.
    Seit Mai sind mehr als 300.000 muslimische Bulgaren türkischer Herkunft in die Türkei gekommen.
    Der stellvertretende türkische Ministerpräsident hat Bulgarien neuerlich zu Verhandlungen aufgerufen, um das Auswanderungsproblem zu lösen.
    Kolumbien.
    Nach der Ermordung des Präsidentschaftskandidaten Carlos Galán haben die Sicherheitskräfte in Kolumbien fast 10.000 Menschen zur Vernehmung festgenommen.
    In der vergangenen Nacht wurden die Wohnungen von etwa 300 Verdächtigen durchsucht.
    Dabei wurden hunderte Schusswaffen und vier Tonnen Kokain sichergestellt.
    Mehr als 1000 Personen, Autos und Lastwagen mutmasslicher Mitglieder der kolumbianischen Rauschgift-Mafia wurden beschlagnahmt.
    Die Behörden machen die Drogenorganisation für den Mord an dem Politiker verantwortlich.
    Großbritannien.
    Die Polizei befürchtet, dass bei dem gestrigen Schiffsunglück auf der Thamese in London bis zu 60 Menschen ums Leben gekommen sind.
    Bisher wurden 26 Leichen aus dem Fluss geborgen.
    78 Menschen konnten gerettet werden.
    An Bord des gesunkenen Ausflugsschiffes befanden sich bis zu 150 Passagiere.
    Das Vergnügungsschiff war von einem Schwimmkran gerammt worden.
    Österreich.
    Die Verbraucherpreise waren im Juli um zweieinhalb Prozent höher als vor einem Jahr.
    Gegenüber Juni stiegen die Preise um 1,1 Prozent.
    Die Wetteraussichten für Österreich bis morgen früh.
    Heiter oder wolkenlos.
    In Vorarlberg nachmittags Quellwolkenentwicklung und mitunter Gewitter.
    Meist schwacher Wind.
    Nachmittagstemperaturen zwischen 25 und 30 Grad.
    Tiefstemperaturen der kommenden Nacht zwischen 12 und 17 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Dienstag.
    Fortbestand des hochsommerlichen Schönwetters.
    Nachmittags vor allem im Westen Gewitterbildungen.
    Durchwegs schwacher Wind.
    Tageshöchsttemperaturen zwischen 26 und 30 Grad.
    Die Wettervorschau bis Freitag.
    Hochsommerliches Schönwetter, jedoch zunehmend gewittrig.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien, wolkenlos, 25 Grad.
    Eisenstadt, Heiter, 24.
    St.
    Pölten, wolkenlos, 24.
    Linz, Heiter, 23 Grad.
    Salzburg, Heiter, 26.
    Innsbruck, Heiter, 24.
    Bregenz, Heiter, 23.
    Graz, wolkenlos, 25.
    Und Klagenfurt, Heiter, 23 Grad.
    Die Zeit ist jetzt acht nach zwölf.
    Und damit zu den ausführlichen Beiträgen im Mittagsschanal.
    Die spektakuläre Massenflucht von DDR-Bürgern vom vergangenen Samstag, als bei einer Veranstaltung der Pan-Europa-Bewegung hunderte Flüchtlinge die Gelegenheit der offenen Grenze ergriffen haben, hat offenbar weitere Fluchtwillige animiert.
    Laut Auskunft der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Wien ist auch im Laufe des heutigen Tages mit einigen hundert Flüchtlingen zu rechnen.
    Seit Beginn der Flüchtlingswelle vor einigen Monaten sind bereits mehrere tausend DDR-Bürger via Ungarn nach Österreich und von da an weiter in die Bundesrepublik Deutschland gelangt.
    Wobei nicht nur die ungarischen, sondern auch die österreichischen Behörden beide Augen kräftig zuzudrücken scheinen, denn an sich sind die meisten dieser Grenzübertritte illegal.
    Die Flüchtlinge kommen nicht nur auf illegalem Wege nach Österreich, sie haben oftmals auch DDR-Papiere und bräuchten daher für die Einreise nach Österreich ein Visum.
    Aus humanitären Gründen und wohl auch aus Scheu vor zu viel Bürokratie sehen die österreichischen Behörden aber von all dem ab.
    Die Flüchtlinge werden in Bussen nach Wien verfrachtet, steigen dort in Züge um und verlassen in Salzburg ebenso unbürokratisch Österreich in Richtung Bundesrepublik Deutschland.
    Hans Tesch vom Landesstudio Burgenland hat sich heute Vormittag an der Grenze zu Ungarn umgesehen.
    Eine Grenze, die zwar für viele tausend DDR-Bürger die Freiheit gebracht hat, eine Grenze, an der so manche Flucht allerdings auch tragisch geendet hat.
    Mörbisch am Neusiedler See ist zum Fluchtpunkt Nummer 1 geworden.
    Stündlich treffen hier beim Gendarmerie-Posten nebenan Leute aus der DDR ein.
    Erschöpft, abgekämpft, hungrig, aber glücklich.
    Erst vor einer Stunde sind vier Jugendliche, zwei Mädchen und zwei Burschen über die grüne Grenze nach Österreich gekommen.
    Sie sind nun nach der Gendarmerie-Einfahrnahme neben mir, wollen aber nicht sagen.
    Nur so viel, sie haben es in der Nacht schon einmal probiert, sind aber erwischt worden.
    Am helllichten Tag, am Vormittag hat es dann geklappt.
    Allein von gestern Nachmittag bis heute früh haben bei Mörbisch mehr als 150 Personen die Grenze passiert.
    Wobei es zum ersten tragischen Fall der illegalen Ost-West-Wanderung zum ersten Toten gekommen ist.
    Herr Heinrich Unger ist Direktor des Burgenländischen Roten Kreuzes, das die Flüchtlinge seit gestern auch an Ort und Stelle in Mörbisch betreut.
    Herr Unger, wie haben Sie den Fall gestern erlebt?
    Ja, diese Tragik
    die haben nach langer Planung den Übertritt geschafft.
    Sie, die Verlobte, ist ja bereits seit 14 Tagen deutsche Staatsbürgerin und war mit dem Wagen drüben vor der Grenze, hat sie eben ihren Verlobten dann illegal über die Grenze bringen wollen und auch geschafft.
    Und wie sie sich hier drüben quasi in Freiheit das erste Mal in die Arme fallen wollten, ist eher ein Herz
    Versagen eben tot zusammengebrochen.
    Und jetzt natürlich ist ein Häufchen Elend bei uns im Roten Kreuz.
    Das Mädchen ist natürlich unglücklichst über den Verlust ihres Verlobten.
    Das Rote Kreuz hat sich ja eingeschaltet, nachdem die Gendarmerie und die ortsansässige Bevölkerung eigentlich diesem Strom nicht mehr hergeworden ist.
    Was machen Sie derzeit?
    Wie helfen Sie den Flüchtlingen?
    Das Rote Kreuz will mithelfen, die Flüchtlinge zu larben, zu versorgen und soweit für den Weitertransport.
    Ich muss hier sagen, von der Deutschen Botschaft, das funktioniert schon prächtig, dass fast alle zwei Stunden dann ein Auffangbus mit dem bis dahin angekommenen eben weitertransportiert wird nach
    in die Metternich-Kasse, in die Botschaft.
    Aber diese Auffangzeit, die wollen wir nützen, um den Flüchtlingen eben das Nötigste mit dem Nötigsten zu versorgen, zu labern, mit Kleidung zu versorgen und das ist unsere erstrangige Aufgabe.
    Eine ähnlich kritische Situation gibt es ja auch in Deutschkreuz im mittleren Burgenland.
    Wie wird dort vorgegangen?
    Der Bürgermeister der Gemeinde Deutschkreuz hat die Hauptschule zur Verfügung gestellt.
    Dort sind derzeit um die 60 Flüchtlinge und dort in den Räumen des Turnsaales und der Halle werden eben diese Leute gelabt.
    Und da darf ich vielleicht schon eine Bitte aussprechen.
    An dem Nötigsten, was uns fehlt, sind derzeit Handtücher.
    Und zwar die Leute kommen erschöpft und verschmutzt, weil sie tagelang eben keine Hygiene gehabt haben.
    Und da wäre uns sehr geholfen, wenn uns die Bevölkerung Badetücher oder Handtücher eben zur Verfügung stellt, damit wir jedem Flüchtling eben die Möglichkeit geben können, sich zu duschen und zu reinigen.
    Danke, Herr Direktor Unger.
    Übrigens in einem Zeltlager in Mörbisch, neben dem wir hier stehen,
    hat die Gemeinde Mörbisch eine Sammelaktion gestartet.
    Heute Vormittag ist ein Lautsprecher durch den Ort gefahren und hat um Bekleidung, vor allem aber um Schuhe gebeten.
    Und im Zusammenhang mit der Flucht von mehr als 1.000 DDR-Bürgern allein an diesem Wochenende sind erstmals auch sicherheitspolitische Aspekte im Burgenland aufgeworfen worden.
    Der burgenländische Sicherheitsdirektor, Hofrat Johann Schoreditz, hat gemeint, die Sicherheit an der burgenländischen Grenze zu Ungarn sei nicht mehr in dem Maße gewährleistet wie früher.
    Einerseits durch den immer stärker werdenden Flüchtlingsstrom und andererseits durch die Reiseerleichterungen nach und aus Ungarn führt der extreme Personalmangel an den Grenzen zu diesem unerfreulichen Zustand.
    Als erste Maßnahme wird ab September das Personal der Sicherheitsdirektion in Eisenstadt aufgestockt.
    Insgesamt meinte aber der Sicherheitshofrat, die zusätzliche Übertragung von sicherheitspolizeilichen Aufgaben an die Zollwache im Jahr 1969 habe sich als Fehler erwiesen.
    Zollwachebeamte hätten nicht die entsprechende Ausbildung und nicht die Zeit für sicherheitspolizeiliche Angelegenheiten.
    Soviel aus Mörbisch.
    Ich gebe zurück ins Studio nach Wien.
    Das war ein Bericht über die augenblickliche Situation an der ungarisch-österreichischen Grenze.
    Außenminister Alois Mock hat heute am Rande einer Pressekonferenz auch zur DDR-Flüchtlingswelle Stellung bezogen.
    Und Mock trat dabei vehement Überlegungen entgegen, angesichts der großen Zahl an Flüchtlingen, die österreichische Grenze zu Ungarn wieder etwas undurchlässiger zu machen.
    gegen ein Symbol kommunistische Unterdrückung anzukämpfen, bis der eiserne Vorhang war und nicht nur als Symbol, sondern auch de facto war und dass dort Hunderte und Tausende zwischen der Ostsee und dem Adriatischen Meer ihr Leben verloren haben bei der Überwindung dieser Sperrzonen und dann aus Bequemlichkeit zu sagen, ein bisschen eiserner Vorhang soll doch bleiben, ist ja völlig unvereinbar mit meiner politischen Überzeugung
    Ich habe das sehr deutlich aus dem Ausdruck gebracht, als ich mit dem Außenminister Horn an der Grenze damals war, in dem ich gesagt habe, das ist für mich der schönste Augenblick meines politischen Lebens, als wir damals den äußeren Vorhang ein Stück davon entfernt haben.
    Sagt Alois Mock.
    Endlich im Westen, endlich in der Freiheit lautet die Gleichung für die vielen DDR-Bürger, die in der Bundesrepublik Deutschland angelangt sind.
    Doch das Von-Deutschland-Nach-Deutschland-Kommen bringt für zahlreiche Geflüchtete auch Unerwartetes.
    Fremdenhass und Vorurteile schlagen den DDR-Flüchtlingen entgegen, berichtet Susanne Scholl.
    Seitdem die Brüdern und Schwestern aus der DDR zu Tausenden in die Bundesrepublik kommen, sieht man die verwandtschaftlichen Verhältnisse hier zunehmend kühler.
    Was bisher vor allem Asylwerbern aus Afrika und Asien oder höchstens noch den Aussiedlern aus Osteuropa entgegenschlug, Misstrauen und oft auch offene Ausländerfeindlichkeit, das kriegen jetzt zunehmend auch die Flüchtlinge aus dem anderen Deutschland zu spüren.
    Solange es nur einige wenige waren, deren Flucht oft genug auch noch so spektakulär verlief, dass man sie in jedem Abenteuerfilm hätte verwenden können, war die Welt noch in Ordnung.
    Die auf diese Weise dem Arbeiter- und Bauernparadies auf deutschem Boden entkommenen, wurden tatsächlich mit offenen Armen aufgenommen.
    Schließlich stellten sie auch kaum ein soziales Problem für die Wohlstandsbürger im Westen dar.
    Doch mit der jetzigen Massenflucht gerät das alles ins Schwanken.
    Man fürchtet um die eigenen Arbeitsplätze.
    Und der Staat fürchtet nicht nur ein Ansteigen der Arbeitslosenzahlen.
    Die Neuankömmlinge müssen auch irgendwo untergebracht werden.
    Das Wohnungsproblem der Bundesbürger wird durch den Zustrom der Flüchtlinge noch potenziert.
    Und da gibt es auch noch den wohl sehr menschlichen, aber deshalb nicht erfreulicheren Aspekt des Neides.
    Weil den Flüchtlingen oft als Starthilfe billigere Wohnungen verschafft werden, weil sie weitreichende Sozialleistungen erhalten, weil viele Bundesbürger der Ansicht sind, dass die im Improvisieren glänzend geschulten Neuankömmlinge aus dem Osten das soziale Netz zu gut zu nutzen wissen.
    Und weil angesichts der seit den 50er Jahren größten Flüchtlingswelle Millionen an Steuergeldern zur Versorgung der Übersiedler aus dem Osten ausgegeben werden müssen.
    Auch DDR-Flüchtlinge, die schon vor der jüngsten Massenflucht in den Westen kamen, kriegen die Veränderung zu spüren.
    Ein junger Elektroniker aus der DDR erzählte beispielsweise, bei der ersten Firma, bei der er hier im Westen gearbeitet habe, habe er noch erzählt, dass er aus dem Osten komme.
    Seit er den Job gewechselt habe, sagt er das den Arbeitskollegen nicht mehr.
    Wenn mich einer fragt, sage ich, ich komme aus Berlin.
    Dass es inzwischen in der Bundesrepublik zum groß angelegten Geschäft mit den Flüchtlingen kommt, ist den wenigsten so richtig bewusst.
    Clevere Unternehmer, allzu oft solche, die hauptberuflich in Hilfsorganisationen tätig sind, verdienen sich goldene Nasen mit der Bereitstellung von Notunterkünften für die Neuankömmlinge.
    Da werden um Millionenbeträge Häuser angekauft, bis zum letzten Dachkammerl mit Betten vollgestopft und dem Bund als Quartiere für die Flüchtlinge angeboten.
    Und der Staat nimmt alles, denn die Aufnahmelager sind restlos überfüllt.
    Man ist froh über jedes zusätzliche Bett, das man auftreiben kann.
    Von den oft gar nicht so hoch berechneten Tagsätzen wenden jene, die die Unterkünfte zur Verfügung stellen, nur einen Bruchteil zur Betreuung und Verpflegung der Flüchtlinge auf.
    Der Großteil der Gelder fließt in die Kassen der Organisationen und oft auch in die Taschen Einzelner.
    Insgesamt erwartet man in der Bundesrepublik in diesem Jahr 400.000 Aus- und Übersiedler.
    Um diese auch nur notdürftig unterzubringen, geben die westdeutschen Bundesländer mehr als zwei Milliarden Mark aus.
    Und ein guter Teil dieses Geldes fließt in die Hände geschickter Geschäftemacher.
    Und so verwundert es auch nicht mehr, dass hohe Bonner Regierungsbeamte in letzter Zeit immer öfter an die Deutschen im Osten appellierten, doch in der DDR zu bleiben.
    Die Perspektive, dass die Wiedervereinigung in der Bundesrepublik stattfinden könnte, schreckt sie angesichts der jüngsten Entwicklung ganz gewaltig.
    Susanne Scholl über die Desillusionierung, die oft der Flucht folgt.
    Heute ist der 21.
    Jahrestag des Einmarsches der Warschauer Pakt-Truppen in die GSSR.
    Das Polizeiaufgebot in den Straßen Prags und Einschüchterungsmaßnahmen der Exekutive wie Leibesvisitationen und Festnahmen erwecken den Eindruck, als stünde die goldene Stadt vor dem Ausbruch bürgerkriegsähnlicher Unruhen.
    Die GSSR-Führung, die sich solcher Art gegen ihr unangenehme Kundgebungen wappnet, sieht sich mittlerweile auch im europäischen Osten in eine zunehmende Isolation gedrängt.
    haben doch bereits das Politbüro der Ungarischen KP und das polnische Parlament den Einmarsch vom 21.
    August 1968 verurteilt.
    Und selbst die Izvestia, das sowjetische Regierungsorgan, veröffentlicht einen Artikel, in dem die Intervention vor 21 Jahren verurteilt wird.
    Davon später, zunächst ins Prag des 21.
    August 1989.
    Barbara Kudenhove-Kalergi schildert die gespannte Situation am Jahrestag.
    Tag in Prag verlaufen wird, ob es am Abend zu den befürchteten Zusammenstößen kommen wird oder nicht, vermag zur Stunde noch niemand zu sagen.
    Die Polizei hält das Stadtzentrum rund um den Wenceslasplatz praktisch besetzt.
    Gestern sind rund 30 Leute, die sich dort zusammenfinden wollten, verhaftet worden.
    Die offiziellen Warnungen vor einem drohenden Putschversuch der sogenannten antisozialistischen Kräfte sind gestern und heute ein wenig abgeflaut.
    Vor allem diese von oben aufgestreuten Gerüchte haben ja bei den Bürgerrechtlern die Sorge genährt, dass die Polizei selber solche Unruhen provozieren könnte, um sie dann der Opposition in die Schuhe zu schieben.
    Mit in den Worten Wasserhabels pogromartigen Folgen.
    Bislerweile sind die meisten bekannten Bürgerrechtler in Polizeigewahrsam genommen worden.
    Unter ihnen am Wochenende auch Peter Uhl und Anna Szabatawa.
    Bei ihnen hätten Politiker-Delegationen aus Polen und Ungarn absteigen sollen, die zum 21.
    August herkommen wollten.
    Sie sind bisher nicht aufgetaucht.
    Die Erklärungen der Invasionsmächte Polen, Ungarn und zuletzt der Sowjetunion über den Einmarsch von 1968 sind in den hiesigen Medien nur sehr kritisch und selektiv gemeldet worden.
    Dass das polnische Parlament den Einmarsch verurteilt hat,
    wertet man hier als grobe Einmischung der inneren Angelegenheiten.
    Die ungarische Haltung wurde als Störung des Umbauprozesses in der Tschechoslowakei bezeichnet.
    Wer die hiesigen Medien verfolgt, gewinnt überhaupt den Eindruck, dass rund um in vollen Ungarn der Sowjetunion nichts als Unruhe und Schwierigkeiten herrschen, während die Tschechoslowakei eine Insel des Friedens und der Ruhe ist.
    Der Aufmacherbeitrag in den gestrigen Fernsehnachrichten war ein Bericht darüber, wie friedlich die Tschechen und Slowaken den Feriensonntag verbracht haben.
    Zu diesem Zeitpunkt liegt der Wenzelsplatz bereits einem Polizeibeamten.
    Soviel zur augenblicklichen Situation in Prag am 21.
    Jahrestag des Einmarsches der Warschauer Pakt-Truppen, der den Prager Frühling nachhaltig vertrieben hat.
    Zurück zu jenem Artikel, der den Mächtigen in der GSSR ein besonderer Dorn im Auge ist, zum bereits angesprochenen Beitrag des sowjetischen Regierungsorgans Izvestia, in dem Missbilligung der 68er-Intervention und Bitte um Vergebung an die Prager Bevölkerung enthalten sind.
    Raimund Löw berichtet aus Moskau über den bemerkenswerten Izvestia-Beitrag.
    Fallschirmjäger Valery Nevjotov kann sich an die für ihn und seine Kameraden so aufregenden Augusttage des Jahres 1968 noch ganz genau erinnern.
    Schon den ganzen Sommer über war im politischen Unterricht auffällig viel von der Tschechoslowakei die Rede gewesen, erzählt er einem Korrespondenten der Regierungszeitung Gizvestia.
    Extremistische Kräfte seien dabei, die Macht zu übernehmen, um den Kapitalismus zu restaurieren, habe es geheißen.
    Anfang August verstanden wir,
    Wir sollen uns vorbereiten, wenn nötig brüderliche Hilfe zu leisten.
    Schon Anfang August, zwei Wochen vor dem eigentlichen Einmarsch, ist die Einheit des damaligen Fallschirmjägers in ein Zeltlager unmittelbar neben dem nächsten Militärflughafen verfrachtet worden, damit es im Notfall keine Verzögerung gibt.
    Der Befehl zum Abflug nach Prag kam am Nachmittag des 20.
    August.
    Die tschechische Grenze zur Bundesrepublik Deutschland stehe offen, erzählte man den sowjetischen Soldaten.
    Für 4 Uhr früh sei der deutsche Einmarsch geplant.
    Die sowjetischen Luftlandetruppen waren im Glauben, sie ziehen in den Krieg, erinnert sich der heute 39-Jährige.
    Wir waren auf einem Zusammenstoß mit den Deutschen gefasst und man hat uns auch gesagt, dass von rechtsextremen tschechoslowakischen Offizieren geführte tschechische Panzereinheiten sich möglicherweise der brüderlichen Hilfe widersetzen werden.
    Nefjodov war unter den ersten sowjetischen Soldaten, die in den Morgenstunden des 21.
    August den Prager Flughafen besetzten und dann ins Stadtzentrum vorstießen.
    Vom Verhalten der tschechoslowakischen Bevölkerung ist er heute noch beeindruckt.
    Die Menschen waren ruhig und würdig, erzählte er.
    Immer wieder haben sie uns gefragt, warum seid ihr eigentlich hier?
    Um unsere Probleme zu lösen, brauchen wir euch nicht.
    Man sah den Schmerz in ihrem Gesicht, aber sie sprachen mit Sympathie zu uns.
    Und diese quälenden Fragen, die haben sich schließlich auch die sowjetischen Soldaten selbst gestellt.
    Ich habe begonnen, mich ganz fürchterlich zu schämen, erinnert sich Nefjodov.
    Und in der sowjetischen Regierungszeitung kann man dann seine Bitte an das tschechoslowakische Volk lesen.
    Prag, verzeih uns.
    Ein damals verantwortliches Polizbüro-Mitglied und ein General außer Dienst klingen in der gleichen Zeitung allerdings anders.
    Heute wäre eine solche Entscheidung nicht mehr möglich, aber damals der Steckhalter-Krieg und die internationale Lage ließ keine andere Wahl, kann man lesen.
    Die Erinnerungen in der Izvestia vermitteln ein nachdenkliches und widersprüchliches Bild, aber der abschließende Kommentar der Izvestia kommt dann doch ganz knapp an eine Verurteilung der Okkupation heran.
    Es ging um die Prinzipien der Zusammenarbeit zwischen den sozialistischen Bruderländern sowie um das Recht der Völker und Selbstbestimmung.
    Die heutige Lehre muss sein, das neue Denken in der internationalen Politik zu verteidigen.
    Die Vergangenheit darf sich nicht wiederholen.
    Die Svestia, die im Spektrum der sowjetischen Zeitungen eine vorsichtig-progressive Stellung einnimmt, zeichnet dieses Wochenende auch ein betont positives und sympathisches Bild des neuen polnischen Ministerpräsidenten
    Masowiecki.
    Als katholischer Publizist und Berater der Solidarität habe er sich einen guten Namen gemacht.
    Ein Mann, der nie etwas mit dem Staatsapparat zu tun hatte, aber trotz seines Engagements für die Solidarität für Kompromiss und Dialog steht.
    Auch das Jahr der Internierung des jetzigen Regierungschefs hält das Blatt seinen Lesern nicht vor.
    Mit präziser Datenangabe vom 13.
    Dezember 1981 bis zum 23.
    Dezember 1982.
    Und was der Izvestia-Korrespondent in Warschau über die polnischen Kommunisten schreibt, das wird zu manchen sowjetischen Lesern bekannt und interessant vorkommen.
    Die polnische KP habe zwar verdienstvollerweise die politische Reform eingeleitet, aber heute macht man sich eben dafür verantwortlich, dass es nicht gelingt, die Wirtschaftskrise zu meistern.
    Krisen, Misserfolge und dauernde Schwankungen werden mit dem Namen der Partei verbunden, liest man.
    Sie hat aufgehört, die führende Kraft zu sein.
    Jetzt befinden sich die polnischen Kommunisten quasi in Opposition.
    Und von hier aus gilt es jetzt, die Partei wieder aufzubauen und das Vertrauen
    Bleiben wir also noch etwas bei den sowjetischen Zeitungen.
    Die polnische Vereinigte Arbeiterpartei durchläuft derzeit möglicherweise eine der kompliziertesten Perioden seit ihrer Entstehung, heißt es in der heutigen Ausgabe der sowjetischen Parteizeitung Pravda.
    Und gemeint ist mit dieser Formulierung eben die augenblickliche Situation der polnischen KP, die nun Ansprüche auf angemessene Vertretung in der künftigen Koalitionsregierung Polens geltend macht.
    Über den Kampf der polnischen KP um Regierungssitze informiert ihn folgenden Joanna Ratziner aus Warschau.
    Eine Koalition, in der die KP nur die Ministerien für Inneres und Verteidigung erhält, ist eine Schein-Koalition.
    Dies erklärte nach dem außerordentlichen Plenum des Zentralkomitees der KP vom vergangenen Samstag ZK-Sekretär Viad.
    Die KP hat sich offensichtlich vom Schock der letzten Tage erholt und beschlossen, in den Kampf zu gehen und zu retten, was zu retten ist.
    Solidarność, die nach einem langen Verhandlungsmarathon ja auf den Ausschluss der Kommunisten aus der künftigen Koalitionsregierung verzichtet hat, Solidarność steht damit vor neuen Konflikten.
    Wollte die KP-Vertretung in der Regierung, sagt die Erklärung des Zentralkomitees, nicht der wirklichen Stärke der Partei entsprechen, dann könnte die Partei keine Mitverantwortung mehr für das weitere politische Schicksal des Landes übernehmen.
    Im Klartext scheint es hier konkret um zwei weitere Ministerposten im Kabinett Mazowiecki zu gehen.
    Das Außenministerium, vor allem aber die Information.
    Dem Informationsminister unterliegen Presse und Fernsehen, Zensur und Propaganda.
    Schon am runden Tisch bildete die Information einen der schwierigsten Verhandlungsgegenstände.
    Einer breiten Öffnung zum Beispiel des Fernsehens für die Opposition hatte sich die Regierungskoalition damals vehement widersetzt.
    Der Konflikt scheint sich also vorprogrammiert.
    Denn Solidarność würde ihren Interessen zuwiderhandeln, würde sich hier nachgeben.
    In einem Zusatz zur Erklärung der KP wird vom designierten Ministerpräsidenten Mazowiecki gefordert, noch vor seiner Vorstellung im Parlament in zwei Tagen der KP sein politisches Programm zu skizzieren.
    Die Kommunisten wollen offensichtlich prüfen, ob sie im Parlament gegen Mazowiecki oder für ihn stimmen sollen.
    Sicher,
    Ein KP-Veto würde von der neuen Parlamentsmehrheit überstimmt werden.
    Aber der Boykott der Kommunisten, z.B.
    bei der Besetzung des Innen- oder Verteidigungsministeriums, könnte massiv jetzt viel gefährlich werden.
    Sollte z.B.
    die von Jaruzelski vorgeschlagenen KP-Kandidaten für diese Posten ablehnen, könnte die Kabinettsbildung nämlich langwierig werden und vielleicht sogar scheitern, wie im Falle seines
    620 Kilometer lang soll die Menschenkette werden, die Mittwochabend die Hauptstädte der drei baltischen Sowjetrepubliken Tallinn, Riga und Vilnius miteinander verbinden soll.
    Die längste Menschenkette der Geschichte, der bereits eine Eintragung in das Guinness Buch der Rekorde sicher ist, hat freilich nicht ihr Motiv im Selbstzweck der Rekordsucht.
    Die von anderthalb Millionen Menschen zu bildende Menschenkette wird von baltischen Perestroika-Bewegungen und informellen Menschenrechtsgruppen am 50.
    Jahrestag des Abschlusses des Hitler-Stalin-Pakts organisiert.
    Die Volksfronten der baltischen Sowjetrepubliken haben die UdSSR, die Vereinten Nationen und die beiden deutschen Staaten aufgefordert, das gesamte 1939 abgeschlossene Vertragswerk samt den geheimen Zusatzprotokollen für null und nichtig zu erklären.
    Hans-Peter Riese informiert.
    Von Vilna ist ein Transparent in den Nationalfarben Litauens angebracht mit dem Text, Litauen ohne Souveränität gleich ein Litauen ohne Zukunft.
    Davor ein Tischchen auf dem drei Unterschlüssenlisten aufliegen mit einem identischen Text in Litauisch, Russisch und Polnisch.
    Drei Forderungen werden aufgestellt.
    Erstens, die Regierungen der UdSSR, der Bundesrepublik Deutschland und der DDR sollen den Hitler-Stalin-Pakt von 1939 mit seinen Geheimprotokollen von Anfang an für null und nichtig erklären.
    Zweitens, die Sowjetunion soll ihre, wie es heißt, Okkupationsarmee vom Territorium der drei baltischen Republiken abziehen.
    Und drittens, der Generalsekretär der Vereinten Nationen soll die Überwachung freier und geheimer Wahlen übernehmen, in denen die baltischen Staaten über ihr Schicksal allein bestimmen sollen.
    Der Forderungskatalog wurde bis Sonntagnachmittag
    von ca.
    1,5 Mio.
    Menschen unterschrieben, bei einer Bevölkerung Litauens von 3,3 Mio.
    Die Aktion ist von der litauischen Volksfront gestartet worden, die hier den Namen Sajudis, Bewegung zur Unterstützung der Perestroika, kriegt.
    Mit zwei Volksdeputierten der Sajudis, einem Kommunisten und einem parteilosen Musikprofessor, fahren wir am Sonntagnachmittag in eine kleine Stadt 60 km von Pirna entfernt.
    Etwa 300 Menschen haben sich hier eingefunden, um an einer Kundgebung zum Jahrestag des Hitler-Stalin-Paktes teilzunehmen.
    Solche Kundgebungen finden in diesen Tagen in fast allen Städten Litauens statt.
    Die rot-grün-gelbe alte Nationalfahne Litauens wird mit einem Trauerflor versehen auf Hartmast gesetzt.
    Der 23.
    August ist für das ganze Baltikum ein Trauertag.
    Der Pakt der beiden Banditen, so ein Redner, hat unser Volk die Freiheit gekostet und Zehntausende das Leben in der Deportation nach Sibirien.
    Für die 1400 Deportierten der Stadt wird eine Schweigeminute eingelegt.
    Viele alte Menschen, die hierher gekommen sind, weinen.
    Die Redner fordern offen den Abzug der, wie sie durchgängig sagen, Okkupationsarmee und fordern von Moskau, Bonn und Ostberlin die Annullierung des Schandpaktes.
    Warum Moskau dies verweigert, so ein Redner, das verstehen wir alle hier.
    Aber warum schweigt Bonn?
    Im persönlichen Gespräch wird etwas differenzierter argumentiert.
    Ein Auftritt, so Aligimates Tseloutis, ein Kommunist und Vorstandsmitglied von Sayoudis, kommen nicht infrage.
    Aber Autonomie, wie man sie in Litauen versteht, geht sehr viel weiter, als Moskau gegenwärtig zuzugestehen bereit ist.
    Praktisch nur noch die Außenpolitik soll ungeschmälert in der Hand der Moskauer Zentrale verbleiben.
    Schon bei der Verteidigung wollen die Litauer ein entscheidendes Wort mitreden.
    Stützpunkte, so heißt es der Sowjetunion, auf dem Territorium der Republik Litauen müssen zwischen Wilna und Moskau verhandelt werden.
    Die Rechte und Pflichten von Sowjetsoldaten werden genau festgelegt werden und die baltischen Wehrpflichtigen dienen ausschließlich im Baltikum.
    Wer all dies hört, kann kaum noch Zweifel hegen, dass die Politik der basischen Staaten einschließlich der kommunistischen Parteien auf eine schrittweise Loslösung auf der U-Bahn
    Es ist genau 12.34 Uhr.
    Zwischendurch noch einmal der Aufruf des Roten Kreuzes Burgenland.
    In Anbetracht der DDR-Flüchtlingswelle wird ersucht, Handtücher zu spenden.
    Die Adresse Rotes Kreuz, Landesverband Burgenland, 7000 Eisenstadt, Henri-Dunant-Straße 4.
    Ich wiederhole, Rotes Kreuz, Landesverband Burgenland, 7000 Eisenstadt, Henri-Dunant-Straße 4.
    Und jetzt ein Programmtipp für den heutigen Abend.
    Der kambodschanische Knoten.
    Vor mehr als 20 Jahren war das kleine südostasiatische Kambodscha, die Reiskammer Indokinas, ein fruchtbares und friedliches Land.
    Ende der 60er Jahre aber begann für das kambodschanische Volk die Khmer ein langer Leidensweg, der bis in die Gegenwart führt.
    Der Krieg im benachbarten Vietnam griff auf Kambodscha über und es geriet zwischen die Mühlsteine der westlichen und der östlichen Hemisphäre.
    Mit der Niederlage der Amerikaner in Südvietnam 1975 fiel auch deren Verbündeter in Phnom Penh, General Lon Nol, der fünf Jahre zuvor das langjährige Staatsoberhaupt Prinz Norodom Sihanouk gestürzt hatte.
    Sihanouk verbündete sich im Pekinger Exil mit seinen einstigen Feinden im Land, den kommunistischen Roten Khmer.
    Doch nach dem Sieg über Lon Noll sollte der Prinz nicht mehr an die Macht kommen.
    Statt ihm katapultierte sich der berüchtigte Führer der Roten Khmer, Pol Pot, auf den Führungssockel und begann umgehend und mit roher Gewalt seine akademischen Vorstellungen eines Agrarkommunismus in blutige Praxis umzusetzen.
    Rund eine Million Kambodschaner wurden während des Revolutionsputsches ermordet, hunderttausende starben an Hunger und Krankheit.
    Anfang 1979 marschierten die von Moskau unterstützten Vietnamesen zum Sturz des Tiranen Pol Pot ein.
    Damit begann eine Isolation vom Westen und China und ein Bürgerkrieg entfachte sich, der Kambodscha zum Gegenstand eines Regionalkonfliktes machte.
    Auf der einen Seite kämpfte die von Vietnam und dem Ostblock gestützte Regierung des jetzigen Premierministers Hun Sen,
    auf der anderen eine Drei-Parteien-Widerstandskoalition der Prinz Sihanouk vorsitzt.
    Letztere werden von Westen und China mit Waffen versorgt.
    Mit dem Abzug der letzten vietnamesischen Besatzungssoldaten aus Kambodscha bis Ende September haben sich die diplomatischen Anstrengungen einer Lösung verstärkt.
    In Paris findet zurzeit eine internationale Friedenskonferenz statt, die den kambodschanischen Knoten lösen soll.
    Mehr über diese Friedensbemühungen für Kambodscha hören Sie heute Abend ab 18.20 Uhr, Programm Österreich 1 im Journal Panorama.
    Soweit unser Programm-Tipp.
    Nächstes Thema im Mittag-Journal, der Kampf gegen die kolumbianische Drogen-Mafia und den von ihr ausgeübten Terror.
    An die 4 Milliarden Dollar beträgt der jährliche Umsatz der Kokain-Bosse in Kolumbien, was etwa dem Volumen des offiziellen Außenhandels des 30-Millionen-Einwohner-Staates entspricht.
    Bisher stand in Kolumbien noch jede Regierung auf verlorenen Posten, wenn es darum ging, sich mit den Drogenbossen anzulegen.
    Kaum hatte vergangenen Freitag Kolumbiens Präsident Barco drastische Maßnahmen gegen den Rauschgifthandel angekündigt, wurden auch schon sein enger Vertrauter und Mitkämpfer gegen die Kokain-Mafia, Senator und Präsidentschaftskandidat Galán, mit Salven aus Maschinenpistolen ermordet.
    Und am selben Tag trafen einen Polizeichef tödliche Schüsse aus Feuerwaffen des Suchtgiftkartells.
    Präsident Barco ließ daraufhin 10.000 mutmaßliche Bandenmitglieder festnehmen und deren Wohnungen durchsuchen.
    Vier Tonnen Kokain und 330 Schusswaffen wurden sichergestellt.
    Erwin Detling informiert über Entstehung und Ausmaß des Terrors der kolumbianischen Kokainbosse.
    In Kolumbien, davon nach einer Demokratie, wuchert die politische Gewalttätigkeit seit mehr als 40 Jahren.
    Sie begann in dem sogenannten Bogotáso im Jahre 1948, als Jorge El Nicir Gaitán, der populäre Führer der damaligen liberalen Partei, die Herrschaft der Oligarchen in Kolumbien aufbrechen wollte.
    Die Land- und Geld-Oligarchie klammerte sich mit jedem Mittel an die Macht.
    200.000 Kolumbianer kamen in den politischen Wirren der späten 40er Jahre um.
    Die kolumbianischen Oligarchen behalten abgewandelt davon bis heute die Fäden in der Hand und stützen sich auf ausländische Geschäftspartner ab.
    Ausländische Firmen kontrollieren vier Fünften des Bananensilber-, Gold- und Platinhandels in Kolumbien.
    Eine kleine Minderheit besitzt auch 41 Jahre nach dem Bogotazo das beste Bauland und den fruchtbarsten Boden.
    Trotz schöner Reden von Politikern der konservativen und der liberalen Partei, die sich seit Jahrzehnten im routinemäßigen Regimespalast von Bogota ablösen, ist das soziale Gefälle in Kolumbien schroff geblieben.
    Das große Geld in Kolumbien machen aber heute nicht aufrechte Geschäftsleute der Privatindustrie, sondern rücksichtslose Drogenhändler.
    Diese kontrollieren von der Stadt Medellin aus ein weltumspannendes Drogensyndikat.
    Die Drogenmafia wirft tonnenweise Kokain auf die internationalen Märkte der Industriestaaten.
    Gegen die Intrigen der Narkos, wie die Drogenbosse in Lateinamerika heißen, sind die Politiker machtlos.
    Sie haben in Kolumbien sämtliche Lebensbereiche mit ihren korrupten und zahlungskräftigen Leuten infiltriert.
    Davon sind auch die rechtsextremen paramilitärischen Gruppen und linke Guerrilleros nicht ausgenommen.
    Verschiedene Versuche der Politiker, die in Kolumbien auf toten Leben rivalisierenden Gruppen in einem modernen Staat einzubinden, sind alle gescheitert.
    Heute glaubt niemand mehr ernsthaft daran, dass der Staat dem Terror ein Ende setzen kann.
    Als sich Staatspräsident Virgilio Barco nach dem Morden an einem Richter, dem Polizeichef von Medellin und den Präsidentschaftskandidaten Galán am Wochenende in einer Rede an die Öffentlichkeit wandte, wurde er zusammen mit seinen Kabinettsmitgliedern von der Menge ausgepistelt.
    Noch deutlicher drückte die Witwe des ermordeten Richters ihre Abscheu für die staatlichen Behörden aus.
    Als bei der Trauerfeier für ihren ermordeten Gatten der Justiz und der Innenminister die Kathedrale von Bogotá betraten, erhob sie sich und rief die beiden Repräsentanten des Staates aus dem sakralen Raum.
    Präsident Virgilio Barco hat nur noch wenige Möglichkeiten in der zerfahrenen Lage, in der sich Kolumbien befindet, einige Glaubwürdigkeit zu bewahren.
    Er hat nach der Mordserie der letzten Tage angekündigt,
    Er werde die Drogenbosse an die USA und an andere Staaten ausliefern.
    Ob Präsident Barco der Forderung der streikenden Richter nachgibt und die Todesstrafe in Kolumbien wieder einführt, ist offen.
    Die Kokainbosse lassen sich vermutlich weder von den alten noch von den neuen Drohungen der Behörden beeindrucken.
    Es ist in Bogota bekannt, dass die mächtigsten Köpfe des Medellin-Drogensyndikats regelmäßig nach Mexiko, Venezuela und in andere Staaten reisen.
    Erwin Detling, Bogotá.
    Und jetzt nach Österreich zur Innenpolitik.
    Seit rund 14 Tagen ist das heiße Sommerthema der österreichischen Innenpolitik, die Norikum-Affäre, um eine interessante Facette reicher.
    Obwohl in den Jahren des Norikum-Deals in Opposition
    ist plötzlich auch die Volkspartei in den Geruch der Mitwisserschaft an den verbotenen Kanonenexporten gekommen.
    Nicht zuletzt dadurch, dass eine vertrauliche Sachverhaltsdarstellung des Chefs der politischen Akademie der ÖVP, Andreas Kohl, auf Umwegen den Weg in die Öffentlichkeit gefunden hat, lanciert durch Generalsekretär Helmut Kurkatzka.
    Dies wurde von Kohl selbst mit der Bemerkung quittiert, dass diese Aktion wohl kontraproduktiv gewesen sei und ÖVP-Chef Vizekanzler Josef Riegler tat seinen Unmut über diese mit ihm nicht abgesprochene Aktion mit den Worten kund, das sei nicht unbedingt besonders gescheit gewesen.
    Heute stand VP-Generalsekretär Helmut Kukacka frisch aus seinem Urlaub zurückgekehrt, unserem Reporter Fritz Pesata Rede und Antwort.
    Herr Generalsekretär Kukacka, Ihr Parteiobmann Riegler sieht die Aktion, nämlich die Weitergabe von vertraulichen Unterlagen des Abgeordneten Kohl an eine Zeitung, als nicht besonders gescheit an.
    Ich gehe davon aus, dass Sie in der Zwischenzeit nach dem Urlaub schon Gelegenheit hatten, mit Ihrem Parteiobmann zu reden.
    Hat er Ihnen auch gesagt, dass das Ganze eigentlich eine Dummheit war, aus seiner Sicht?
    Natürlich muss man solche Aktionen immer nach dem Ergebnis
    beurteilen und Tatsache ist, dass das Ergebnis für die Volkspartei nicht das war, was beabsichtigt war.
    Es hat sich ja nicht um ein Geheimpapier gehandelt, sondern schlicht um eine Sachverhaltsdarstellung, wie sich die ÖVP in ihrer Oppositionszeit zum Norikon-Komplex verhalten hat.
    Abgesehen vom offenbar missglückten Ergebnis ihrer Aktion,
    Hinsichtlich der Kohl-Papiere erhebt sich doch auch die Frage, ob das besonders fair etwa gegenüber dem Abgeordneten Kohl und dem früheren Parteitmann Mock war.
    Das war ja von Anfang an klar.
    und auch mit dem Herrn Professor Kohl so abgesprochen, dass diese Sachverhaltsdarstellung zu einem geeigneten Zeitpunkt in die Öffentlichkeit kommt.
    Würden Sie nicht glauben, dass eine solche wichtige Frage mit den Parteiopern abzuklären gewesen wäre, was offenbar nicht der Fall war?
    Selbstverständlich müssen und werden diese Aktionen auch abgeklärt in der Öffentlichkeit.
    Nicht in jedem Detail, das ist auch nicht notwendig, sondern in der großen Linie.
    Hat das im konkreten Fall so ausgeschaut, dass der Parteioppen gesagt hat, zu Ihnen gesagt hat, also du, die Sachverhaltsdarstellung, die lassen wir einmal hinaus und Sie selbst haben entschieden, dass sie an den Kurier geht?
    So hatte sich abgespielt, dass diese Sachverhaltsdarstellung dem Parteiobmann und mir bekannt war und klargelegt wurde, dass zu einem geeigneten Zeitpunkt diese Sachverhaltsdarstellung hinausgeht, weil sie ja zur Entlastung der ÖVP dient.
    Auch zur Entlastung des Professor Kohl und des damaligen Oppositionsführers Dr. Mock.
    Der einzige Grund, warum hier überhaupt Verdachtsmomente entstanden,
    liegt darin, dass die Volkspartei aus staatspolitischen Gründen, selbst in ihrer Oppositionszeit, gewisse reine Wirtschaftsdaten oder Konkurrenzinformationen, die auch
    gefragt wurden in dieser Anfrage, dann zurückgehalten wurden auf Intervention der Sozialisten, weil man der Voest und ihren Geschäftspartnern wirtschaftlich nicht schaden wollte.
    Das war ja nicht auszuschließen, dass das allenfalls bekannt würde.
    Und weil wir uns hier dann zurückgehalten haben und weil wir uns darauf verlassen haben, dass die Sozialisten uns im Außenpolitischen Rat richtig und korrekt informieren würden, was dann nicht geschehen ist.
    Herr Körner, ich sage da eine grundsätzliche Frage zu Ihrem Verhältnis zum Parteiobmann.
    In diesem Sommergespräch des Fernsehens hat Riegler angesprochen, eben auf dieses Verhältnis zu Ihnen gesagt, es sei ein ausgezeichnetes Arbeitsverhältnis.
    Nun ist der Ausdruck Arbeitsverhältnis nicht unbedingt das, was man unter Freunden als menschliches, hervorragendes, gutes, freundschaftliches Verhältnis ansprechen würde.
    Wie sehen Sie das?
    Ich sehe, dass wir ein sehr enges Verhältnis haben.
    Arbeitsverhältnis?
    Nicht nur ein Arbeitsverhältnis, das ist selbstverständlich die Voraussetzung, sondern auch ein sehr enges menschliches und freundschaftliches Verhältnis.
    Das hätte der Dr. Riegel ja sagen können, wenn er es gewollt hätte.
    Ja, ich will ihn hier nicht interpretieren.
    Ich sehe das von meiner Warte und von meiner Warte ist das ein freundschaftliches Verhältnis.
    Erklärt Kukacka.
    Das Thema Norikum war auch Gegenstand einer Pressekonferenz des Außenministers Alois Mock.
    Und der Außenminister und ehemalige VP-Chef verwahrte sich dagegen, dass nunmehr auch der Volkspartei der Vorwurf gemacht werde, in die Norikum-Affäre verstrickt zu sein.
    Robert Stoppacher berichtet.
    Einen Norikum-Vertuschungsdeal gab es nicht, sagt ÖVP-Außenminister Alois Mock, zum fraglichen Zeitpunkt ja auch Klubobmann seiner Partei.
    Der Volkspartei sei es immer um Aufklärung des Sachverhalts gegangen und auch Anfang 1986 sei der Wunsch nach Aufklärung der Affäre im Vordergrund gestanden.
    Die Vereinbarung, dass die ÖVP mit einer verkürzten Anfragebeantwortung durch Innenminister Karl Blecher zufrieden ist,
    wenn sie im Außenpolitischen Rat ausführlich informiert wird.
    Diese Vereinbarung rechtfertigte MOK heute, ebenso wie gerade Helmut Kukatzka, mit wirtschaftlichen Überlegungen.
    Wir sind dann zweitens aufmerksam gemacht worden, es gäbe hier auch wirtschaftliche Interessen.
    Jedermann wusste, dass auch ausländische Unternehmen, der sozialistische Ministerpräsident Palme von Schweden hat sich ja hier persönlich auch als Waffenverkäufer betätigt,
    ausländische Unternehmen in scharfer Konkurrenz mit österreichischen Unternehmen stehen.
    Wir haben festgestellt, uns geht es nicht darum, österreichische Unternehmen zu schädigen, sondern uns geht es darum, den Verdacht aufzuklären, dass hier an kriegsführende Mächte unter Vortäuschung anderer Zielorte österreichische Waffen geliefert werden.
    Wir haben uns daher bereit erklärt,
    in einem außenpolitischen Ausschuss, in dem alle Parteien vertreten sind bekanntlich, darüber vertraulich informiert zu werden.
    Wir waren mit den Ergebnissen nicht zufrieden und haben die schriftlichen Unterlagen verlangt.
    Wir haben bei der Argumentation, es gehe um wirtschaftliche Interessen, gesagt, wenn das in den 34 Detailfragen der schriftlichen Anfrage
    Der Fall ist, dass wirtschaftliche Interessen gefährdet werden.
    Lassen wir diese Detailfragen weg, denn es geht, wie gesagt, um die illegalen Waffenexporte und nicht um die Schädigung der österreichischen Unternehmen.
    Diese Anfragebeantwortung hat MOK also damals in einem Brief an den damaligen Bundeskanzler Sinovac als völlig unzureichend und inakzeptabel zurückgewiesen.
    In diesem Zusammenhang übte MOK heute massive Kritik an Sinovac.
    Ich frage mich, meine Damen und Herren, warum denn der Herr Bundeskanzler
    nicht im Detail geantwortet hat, obwohl bekanntlich seit 1985 in seinem Kabinett der Bericht des österreichischen Botschafters in Damaskus lag.
    der ja zur Einleitung von Vorhebung und Voruntersuchung geführt hat oder führen kann.
    Als Außenminister hat MOK nach eigenen Angaben in der Sache Norikum stets eng mit den Justizbehörden zusammengearbeitet, mitunter auch unter Umgehung des Innenministeriums.
    Die ÖVP, so MOK, werde sich auch weiterhin mit voller Kraft für die Aufklärung dieser Sache einsetzen, wie sie das immer schon getan habe.
    Und der Außenminister spricht in diesem Zusammenhang von ausschließlich sozialistischen Skandalen und kündigt eine härtere Gangart an.
    Wir haben diese Skandale in der Oppositionszeit massiv angegriffen und aufgeklärt und werden das auch in der Bundesregierung tun.
    Wir lassen uns in keiner Weise zum Mitverantwortlichen der
    Ergebnisse sozialistischer Politik abstempeln lassen, wie dies der Herr Justizsprecher Dr. Rieder in den letzten Wochen immer wieder versucht zu tun mit mafiosen Methoden.
    Es darf sich aber auch der Herr Bundeskanzler dann nicht beklagen über die Belastung des Koalitionsklimas.
    Da soll er sich beim Herrn Dr. Rieder dafür bedanken.
    wenn wir nicht nur die Aufklärung konsequent weiterführen, das haben wir auch in der Vergangenheit getan, sondern auch in der Diskussion eine etwas härtere Sprache und deutlichere Sprache gebrauchen.
    Zur Vorgangsweise Helmut Kokatzkas in der Sache Norikum wollte sich Mock heute ausdrücklich nicht äußern.
    Und angesprochen auf einen Norikum-Untersuchungsausschuss meinte Mock, der sage, es gehört hier die letzte Entscheidung dem Bundesparteivorstand über Vorschlag des Parteiabmanns.
    Ich werde mich vehement dafür einsetzen, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt und wenn notwendig, so wie Riegle es gesagt hat, auch gegen die Stimmen der SPÖ.
    Die Suppe ist ausreichend dick.
    Sie ist sehr dick.
    und sehr versalzen, und das ist beschönigend beschrieben.
    Die Frage ist, mit welcher Methode wird am konsequentesten dieser Skandal aufgeklärt?
    Soviel von der Pressekonferenz des Außenministers und damit zurück zum Studio.
    Reporter war Robert Stoppacher.
    Mit zwei Programmen gastiert diese Woche die amerikanische Marta Graham Dance Company bei den Salzburger Festspielen.
    Gezeigt werden insgesamt sieben Programme aus den verschiedenen Schaffensperioden der Leiterin und Gründerin dieser weltberühmten Truppe, der 95-jährigen Marta Graham.
    Die Doyenne des Modern Dance hat mit ihrer School of Contemporary Dance den Grundstein für ein tänzerisches Lehrsystem gelegt, das bis heute Gültigkeit hat.
    Ihre Schüler waren unter anderem auch klassische Tänzer von Nureyev bis Baryshnikov.
    Trotz ihres Alters sieht Martha Graham ihren Platz an der Spitze der Company.
    So ist sie auch nach Salzburg mitgekommen, um bei der Premiere heute Abend dabei zu sein.
    Marie Renhofer sprach mit ihr.
    Einst tanzte die damals 36-jährige Martha Graham die Hauptrolle in Vaclav Nijinskis berühmtem Ballett Le Sacre du Printemps.
    Erst 1981 brachte sie ihre eigene Version zur Musik Stravinskis heraus.
    Dieses Ballett ist in Salzburg ebenso zu sehen wie die europäische Erstaufführung von Nightchant, ihrer jüngsten Arbeit, aber auch ältere Choreografien wie Night Journey oder Deep Song aus dem Jahr 1937.
    Martha Graham über diese Arbeit?
    Es war mein Wunsch, den Kummer und die Angst auszudrücken, der die Menschen manchmal ausgesetzt sind.
    Die Verzerrungen der Körper und der Materie ebenso zu zeigen wie innere Vorgänge.
    Das Ballett stammt aus einer sehr schwierigen Zeit meines Lebens und ich gab ihr auf diese Weise Ausdruck.
    Es war ein sehr schwieriger Zeitpunkt in meinem Leben, als ich das erkannt habe.
    Ich habe eine Stimme dazu gegeben.
    Die Ibsen ist eine flammende Anklage gegen den Krieg, als Martha Graham, die sich immer für gesellschaftliche und politische Themen interessierte, Klarstellung bezog.
    So dauerte es auch bis in die späten 40er Jahre, als sie das erste Mal nach Wien kam.
    I don't remember exactly what I did.
    Ich weiß nicht mehr genau, was ich dort gemacht habe, aber ich erinnere mich an Wien.
    Ich hatte mich ja geweigert, nach Europa zu gehen, als ich von Hitler und Goebbels eingeladen wurde.
    Als sie mich fragten, warum ich nicht komme, sagte ich offen, ich halte nichts von ihrer Politik.
    In den 180 Choreografien aus Martha Grahams 60-jähriger Tätigkeit als Choreografin verwirklichte sie ihre revolutionäre Lehrmethode, die im Prinzip aus dem Wechsel von Spannung und Entspannung im Rhythmus des Ein- und Ausatmens besteht.
    Doch gleichgültig, ob sie sich mit den Wurzeln des Menschseins, mit der amerikanischen Geschichte, mit philosophischer Abstraktion, mit Psychologie, Religion, Mythologie, Schuld und Sühne, Sinnlichkeit oder Ekstase beschäftigte, Martha Graham ließ nie ihr Publikum aus den Augen.
    I remember sitting in the top balcony when I had very little money.
    Ich erinnere mich, als ich selbst noch am obersten Balkon saß, weil ich wenig Geld hatte.
    Und seither mache ich immer meine erste Verbeugung zum Publikum da oben auf den Rängen und dann erst zu den anderen.
    Denn dieses Publikum hielt immer zu mir, half mir und glaubte an mich.
    Die aktive 95-Jährige, die nach wie vor mit ihrer Kompanie arbeitet, schreibt derzeit ihre Autobiografie, die von Jacqueline Onassis herausgegeben werden soll.
    Darin wird nicht nur ihre berufliche Laufbahn, sondern auch ihr Privatleben und ihre Weltanschauung nachzulesen sein.
    Ich versuche, für den Augenblick zu leben.
    Ein großer französischer Dichter sagte einmal, man hat so wenig Zeit, für den Moment geboren zu werden, nicht gestern oder irgendein anderer Tag, das jetzt zählt.
    Ein Kind empfindet so und ich habe das nie verloren.
    Das ganze Leben ist in ein göttliches Theater gestellt, das ein Teil der Religion, ein Teil von Gott ist.
    One's whole life is built in the theatre, in the divine theatre that is part of the religion of God.
    Martha Graham also samt Dance Company in Salzburg.
    Und Schlussmeldungen jetzt aus dem Nachrichtenstudio.
    Österreich.
    Der Zustrom von DDR-Flüchtlingen aus Ungarn nach Österreich nimmt immer größere Ausmasse an.
    In der vergangenen Nacht kamen abermals mehrere hundert DDR-Bürger über die ungarisch-österreichische Staatsgrenze.
    Allein in Mörbisch im Burgenland trafen 160 DDR-Bürger ein, 70 von ihnen in einer geschlossenen Gruppe.
    Das Rote Kreuz hat in Mörbisch ein Großzelt und eine Feldküche eingerichtet.
    Auch im Grenzort Deutschkreuz haben sich in den vergangenen Stunden zahlreiche Flüchtlinge gemeldet.
    Die Hauptschule von Deutschkreuz ist mit DDR-Bürgern komplett belegt.
    Auch sie werden von Mitarbeitern des Roten Kreuzes betreut.
    Außenminister Mock sprach sich dagegen aus, zur Bewältigung des Flüchtlingsproblems die Grenze zu Ungarn verschärft zu kontrollieren.
    Am heutigen 21.
    Jahrestag des Einmarsches von Truppen des Warschauer Paktes in der Tschechoslowakei wird Prag von einem Großaufgebot der Polizei bewacht.
    An den U-Bahn-Stationen und Bahnhöfen im Stadtzentrum werden Fussgänger angehalten und ihre Ausweise kontrolliert.
    Gestern wurden im Zentrum Prags mehr als 30 Menschen festgenommen, die durch eine Fussgängerzone marschieren wollten.
    In den offiziellen Medien der Tschechoslowakei wird die militärische Intervention vor 21 Jahren kaum erwähnt.
    Der frühere tschechoslowakische Aussenminister und Mitbegründer der CARTA 77, Irzsi Hayek, sagte, die tschechoslowakische Führung versuche, jeden Ausdruck des Willens zur Wahrheit und zur Demokratie zu kriminalisieren.
    Ungarn, Sowjetunion.
    Der ungarische Ministerpräsident Nemeth hat die Rolle Ungarns bei der militärischen Niederschlagung des Prager Frühlings vor 21 Jahren verurteilt.
    Ähnliches wie die militärische Intervention in der Tschechoslowakei und die Unterdrückung des Aufstandes in Ungarn 1956 dürfe nie wieder vorkommen, sagte Nemeth.
    Er verlangte auch Gesetzesänderungen, um den Einmarsch ungarischer Truppen in einem anderen Land ohne Zustimmung des Parlaments künftig unmöglich zu machen.
    Kritisch äußert sich auch die sowjetische Regierungszeitung Izvestia zu den Ereignissen von 1968.
    Das Blatt veröffentlicht einen Beitrag eines sowjetischen Soldaten, der an der Intervention teilnahm.
    Der Soldat schreibt, die Prager Bevölkerung möge den Truppen, die damals eingesetzt wurden, vergeben.
    Die Wetteraussichten bis zum Abend, sonnig und warm, in Vorarlberg mitunter Gewitter.
    Nachmittagstemperaturen zwischen 25 und 30 Grad.
    Soweit Wetter und Nachrichten.
    Gleich ist es eins für das ganze Mittagjournal-Team verabschiedet sich daher Manfred Kronsteiner, der durch die Sendung geführt hat.
    Das war's für heute.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    DDR-Flüchtlinge: Grenzbericht aus Mörbisch, Unger von der Hilfsaktion Rotes Kreuz
    Einblendung: Rotkreuzleiter Unger
    Mitwirkende: Tesch, Hans [Gestaltung] , Unger, Heinrich [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Ort: Mörbisch [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Politik Österreich ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Mock zu DDR-Flüchtlingen
    Einblendung: Außenminister Mock
    Mitwirkende: Stoppacher, Robert [Gestaltung] , Mock, Alois [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    BRD: Wachsende Vorurteile gegen DDR-Flüchtlinge
    Mitwirkende: Scholl, Susanne [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Jahrestag der CSSR-Invasion
    Mitwirkende: Coudenhove-Kalergi, Barbara [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Ort: Prag [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Isvestja verurteilt CSSR-Invasion
    Mitwirkende: Löw, Raimund [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Ort: Moskau [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Medien und Kommunikation ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Polen: Kommunistische Partei kämpft um Regierungssitze
    Mitwirkende: Radzyner, Joana [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Sowjetunion: Geplante baltische Menschenrechte
    Mitwirkende: Riese, Hans Peter [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Trailer Panorama: Kambodscha
    Einblendung: Musik
    Mitwirkende: Kerbler, Michael [Gestaltung] , Stadler, Markus [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Hintergrund zu kolumbianischer Drogenmafia
    Mitwirkende: Dettling, Erwin [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medizin ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Interview Kukacka zu Noricum, Khol-Unterlagen an Presse
    Interview: ÖVP-Generalsekretär Kukacka
    Mitwirkende: Pesata, Fritz [Gestaltung] , Kukacka, Helmut [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Medien und Kommunikation ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressekonferenz Mock zu Noricum
    Einblendung: Außenminister Mock
    Mitwirkende: Stoppacher, Robert [Gestaltung] , Mock, Alois [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Dance-Company in Salzburg
    Einblendung: Leiterin Graham
    Mitwirkende: Rennhofer, Maria [Gestaltung] , Graham, Martha [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.21 [Sendedatum]
    Ort: Salzburg
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1989.08.21
    Spieldauer 00:59:23
    Mitwirkende Kronsteiner, Manfred [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1989.08.21 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-890821_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Inhalt

    Nachrichten

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    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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