Mittagsjournal 1982.01.02

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag meine Damen und Herren, beim Samstag-Mittagsjournal am 2.
    Jänner dieses noch ganz neuen Jahres begrüßt Sie Werner Löw.
    Schwerpunkt der folgenden 60 Minuten Information wird ein ausführliches Interview mit Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky sein.
    Er ist heute im Journal zu Gast und bringt dabei so etwas wie eine nachdenkliche Ergänzung zu seiner Neujahrsansprache, vor allem was seine Einschätzung der weltpolitischen Lage anlangt.
    Die zentrale innenpolitische Frage der letzten Wochen, wird er für die nächste Nationalratswahl seine SPÖ noch einmal in Wahlkampf führen oder wird er nicht mehr kandidieren, die beantwortet Bruno Kreisky, soviel sei vorweg verraten, auch in diesem Mittagsschonal nicht eindeutig.
    Er hält allerdings das Haus der Regierungspartei für gut bestellt.
    Mehr also dann gleich im Anschluss an die Nachrichten.
    Weitere Themen auf dem Programmzettel dieser Sendung, eine Bilanz des abgelaufenen Jahres an der Wiener Börse.
    Der österreichische Kapitalmarkt schien ja über weite Strecken dieses Jahres da niederzulegen und die Börse verzeichnete 1981 mit einem Absinken von durchschnittlich 12 Prozent den größten Kurseinbruch seit rund 20 Jahren.
    Außerdem werfen wir den gewohnten Blick in die Kommentarspalten der österreichischen Zeitungen von heute.
    Und die Auslandsredaktion geht auf einen Jahrestag ein, der trotz aller geografischen und zeitlichen Distanz durchaus auch heute seine Auswirkung und Bedeutung hat.
    Gestern vor 70 Jahren, am 1.
    Jänner 1912, rief Dr. Sun Yat-sen die Republik China aus.
    Und das älteste Kaiserreich der Geschichte ging damit zu Ende.
    Zu Ende ging mit Jahreswechsel übrigens auch international die 50-jährige Sperrfrist, die das von Arthur Schnitzler verfügte Aufführungsverbot für seinen Skandal umwitterten Reigen gebracht hatte.
    Jetzt darf er sich also wieder auf den Bühnen drehen, Schnitzlers Reigen, und wir bringen dazu gleich die Premierenberichte aus Basel und München.
    Erster Programmpunkt aber wie immer die Nachrichten, zusammengestellt von Ferdinand Olburt als verantwortlichem Redakteur und gelesen von Wolfgang Riemerschmid.
    Polen.
    Die staatlichen Medien versuchen nach wie vor, das Bild einer zunehmenden Normalisierung zu vermitteln.
    In den großen Werften der polnischen Ostsee-Häfen soll ab heute wieder gearbeitet werden.
    Für Montag wurde das Ende der 20-tägigen Schul- und Universitätsferien angekündigt.
    Die Militärregierung hat neue Sozialleistungen für Schwerarbeiter angekündigt, unter anderem die Erhöhung der Behindertenrenten und eine Herabsetzung des Pensionsalters.
    Die wirtschaftliche Lage in Polen ist dagegen weiterhin angespannt.
    Nach Angaben von Radio Warschau herrscht in zahlreichen wichtigen Betrieben akuter Mangel an Brennstoff, Energie und Rohstoffen, was zu mehreren Produktionsausfällen geführt hat.
    Wie Radio Warschau weitermeldet, ist die Zahl der Verbrechen seit der Verhängung des Kriegsrechtes um 70 Prozent zurückgegangen.
    Der stellvertretende Ministerpräsident Rakowski hat seine Gespräche mit der Regierung in Bonn als sehr nützlich und positiv bezeichnet.
    In der realistischen Haltung der Bundesrepublik Deutschland zu den Ereignissen in Polen setze sich die Tradition der beiderseitigen guten Beziehungen fort, sagte Rakowski.
    Bundesrepublik Deutschland
    Führende Politiker der SPD haben sich im Zusammenhang mit den Ereignissen in Polen gegen Sanktionen ausgesprochen.
    Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Wisniewski sagte wörtlich, wer zur falschen Zeit nach Strafsanktionen rufe oder sie verhänge, riskiere, dass die Türen zugeschlagen werden und er selbst bald ohnmächtig davor sitzt.
    Bundesgeschäftsführer Klotz betonte, Hauptfrage der Politik in einer derart extremen Situation müsse sein,
    wie man zugleich den Frieden bewahren und den Menschen helfen könne.
    Das Erdgasröhrengeschäft westeuropäischer Staaten mit der Sowjetunion wird nach Ansicht von Wirtschaftsminister Lambsdorff durch die Sanktionen der USA gegen Moskau möglicherweise verzögert, jedoch nicht ernsthaft gefährdet.
    Lambsdorff erklärte, Washington wolle die Geräte zur Verlegung der Rohre zwar nicht mehr ausliefern, doch sei bereits die Hälfte der bestellten Geräte ausgeliefert.
    Der Wirtschaftsminister bezweifelte, dass die Sanktionen gegen die Sowjetunion tatsächlich eine Hilfe für Polen sind.
    Die Parteizeitung Pravda hat den Vereinigten Staaten vorgeworfen, die Regierungen in Westeuropa zu erpressen, damit diese die amerikanischen Sanktionen gegen Polen und die Sowjetunion unterstützten.
    Washington beweise damit seine unverhüllte Missachtung gegenüber den Interessen seiner Verbündeten und dem Willen von Millionen Westeuropäern, heißt es in dem Kommentar der Pravda.
    Deutsche Demokratische Republik.
    Seit der Verhängung des Kriegsrechtes in Polen sind nach Berichten aus Ostberlin mehrere DDR-Bürger verhaftet worden, die angeblich mit dem unabhängigen polnischen Gewerkschaftsbund Solidarität sympathisiert haben.
    Die Behörden werfen einigen der Festgenommenen vor, dass sie auch Kontakte zur Solidarität unterhalten haben.
    Frankreich
    Zum ersten Mal hat ein kommunistischer Minister der Regierung in Paris die Verhängung des Kriegsrechtes in Polen kritisiert.
    Der für den öffentlichen Dienst zuständige Minister Le Pogue erklärte, die Bewegung der Demokratisierung in Polen sei durch die Proklamierung des Ausnahmezustandes gestoppt worden.
    Die kommunistische Partei Frankreichs hatte bisher die Einführung des Kriegsrechtes als Mittel zur Verhinderung eines Bürgerkrieges verteidigt.
    Österreich.
    Die Vorsitzenden der Union Europäischer Christlicher Demokraten haben heute in einer in Wien veröffentlichten Erklärung zu den Ereignissen in Polen Stellung genommen.
    Sie verlangen die sofortige Aufhebung des Kriegsrechtes, die Freilassung aller Verhafteten und die Beachtung der Menschenrechte.
    Nach Ansicht der Parteien könne eine Normalisierung in Polen nur durch eine politische Lösung und nicht durch polizeiliche Maßnahmen zustande kommen.
    Vertreter der drei Parlamentsparteien haben heute im Morgenjournal zu einer eventuellen Novellierung des Parteiengesetzes Stellung genommen.
    Die SPÖ tritt vor allem für die Offenlegung von Parteispenden ab einer gewissen Höhe ein.
    Klubobmann Fischer sagte, angesichts der Ereignisse um das AKH und den Fall Rablbauer sowie unter Berücksichtigung ausländischer Erfahrungen sollte man die Frage der Transparenz der Parteienfinanzierung noch besser regeln als bisher.
    ÖVP-Generalsekretär Lanner bezeichnete die Frage der Bekanntgabe von Spendern als sehr kritisches Thema, das man nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte.
    Es könnte nämlich der Fall eintreten, dass dann niemand mehr bereit wäre, für die Parteien zu spenden.
    Dies würde die Opposition benachteiligen.
    Der freiheitliche Abgeordnete Frischenschlager sagte, bei einer strengeren Fassung des Gesetzes bestehe die Gefahr, dass in anderen Zeiten als den heutigen die politisch mächtigen, unliebsamen Gruppen aus der Welt schaffen würden.
    SPÖ-Clubobmann Fischer will heuer an die beiden anderen Parlamentsparteien mit der Frage herantreten, ob sie zu Verhandlungen über eine Verlängerung der Gesetzgebungsperiode des Nationalrates von vier auf fünf Jahre bereit wären.
    In einem Interview für die Zeitung Die Presse meint Fischer, bei einer vierjährigen Periode gebe es praktisch nur eine reine Arbeitszeit von zweieinhalb Jahren.
    Ein halbes Jahr ab der Wahl dauere die Anlaufzeit, etwa ein Jahr vor der nächsten Wahl beginne der Wahlkampf.
    Fischer betont, dass ein derartiger Schritt nur als Drei-Parteien-Einigung und erst mit Wirkung ab den nächsten oder übernächsten Nationalratswahlen infrage komme.
    Bundesrepublik Deutschland
    Finanzminister Matthöfer ist der Meinung, dass ein hoher Beschäftigtenstand in den nächsten Jahren nur erreicht werden kann, wenn in der Bundesrepublik Deutschland fast zwei Millionen zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.
    In einem Beitrag für die Frankfurter Rundschau schreibt der Minister, notwendig seien eine erhebliche Steigerung der öffentlichen und privaten Investitionen und zugleich auch eine gewisse Beschränkung der Bürger beim Konsum.
    Ägypten
    Der französische Außenminister Schesson trifft heute zu einem mehrtägigen Besuch in Kairo ein.
    Vor seiner Abreise bezeichnete Schesson das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat und das Recht Israels auf eine Existenz innerhalb gesicherter Grenzen als Angelpunkte der französischen Nahostpolitik.
    Nach Auffassung Schessons soll das Palästinenser-Problem durch direkte Verhandlungen und ohne fremde Einmischung gelöst werden.
    Ghana
    Nach dem Militärputsch vom vergangenen Donnerstag hat sich die Lage in dem westafrikanischen Land noch nicht konsolidiert.
    Die Grenzen Ghanas sind weiterhin geschlossen, die Fernmeldeverbindungen unterbrochen.
    Es ist noch nicht geklärt, ob das gesamte Militär hinter dem Führer des Putsches, dem 34-jährigen ehemaligen Fliegerleutnant Rawlings steht.
    Der Ghanesische Rundfunk berichtete heute von der Festnahme dreier führender Mitglieder der Partei des entmachteten Präsidenten Liman.
    Es wird ihnen vorgeworfen, falsche Informationen über den Startstreich verbreitet zu haben.
    Nordirland.
    Beim ersten Bombenanschlag im neuen Jahr wurde in der vergangenen Nacht in Newcastle ein Mensch getötet, zwei Personen wurden verletzt.
    Die drei Opfer saßen in einem Personenwagen, der auf einem Parkplatz in der nordirischen Küstenort abgestellt war.
    Die in dem Fahrzeug versteckte Bombe wurde über Funk gezündet.
    Das waren die Meldungen und nun noch eine Durchsage.
    Die Stellung für den Geburtsjahrgang 1964 und für Teile des Jahrganges 1963 beginnt im gesamten Bundesgebiet bei den Militärkommanden mit ortsfesten Stellungskommissionen am 4.
    Jänner 1982 und beim Militärkommando Oberösterreich mit zwei mobilen Stellungskommissionen am 12.
    Jänner 1982.
    Alle männlichen Staatsbürger der Geburtsjahrgänge 1964 und 1963, die zur Stellung aufgerufen werden, haben vor den Stellungskommissionen zu erscheinen.
    Angehörige des Geburtsjahrganges 1965 können sich freiwillig zur Stellung melden.
    Die Wetterlage.
    Das mit seinem Zentrum über der Ukraine liegende Tief verliert im Alpenraum an Wetterwerksamkeit.
    In der Folge kann sich kurzzeitig schwacher Zwischenhocheinfluss durchsetzen.
    die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im Süden und Osten zeitweise sonnig, sonst vorerst meist noch starke bis geschlossene Bewölkung und strichweise Niederschlag, besonders im Nordstau der Gebirge.
    Im Tagesverlauf auch hier Nachlassen bzw.
    Aufhören der Niederschlagstätigkeit und Bewölkungsauflockerung.
    Nordwestliche Winde.
    Tageshöchsttemperaturen 0 bis 6 Grad, Frühwerte minus 3 bis plus 4 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Sonntag.
    In nördlichen Landesteilen zeitweise stärker bewölkt und mitunter etwas Regen.
    Im übrigen Bundesgebiet bei aufgelockerter Bewölkung zeitweise sonnig.
    Sehr mild.
    Schwache bis mäßige Winde aus westlichen Richtungen.
    Tageshöchsttemperaturen 2 bis 9 Grad.
    Die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
    Wien bedeckt, leichter Regen, 5 Grad Westwind, 20 Kilometer in der Stunde.
    Eisenstadt bedeckt, 6 Grad Nordwestwind, 30 Kilometer.
    Linz bedeckt, 3 Grad West, 15.
    Salzburg stark bewölkt, 5 Grad Windstill.
    Innsbruck startbewölkt zwei Grad, Westwind drei Kilometer.
    Bregenz heiter sechs Grad, Süd fünf.
    Graz heiter fünf Grad, Wind still.
    Und Klagenfurt wolkenlos zwei Grad, Nordwestwind fünf Kilometer in der Stunde.
    Es ist jetzt zwölf Uhr.
    Zwölf.
    Im Journal zu Gast.
    ist heute im ersten Mittagsjournal des neuen Jahres Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky.
    Seit 1967 ist der Parteivorsitzende der Sozialistischen Partei Österreichs seit 1970 Chef zunächst eines sozialistischen Minderheitskabinetts, dann einer SPÖ-Mehrheitsregierung.
    In wenigen Wochen wird er 71 Jahre alt.
    Ob er für die nächste Nationalratswahl, die für Ende dieses Jahres oder im Frühjahr 1983 zu erwarten ist, ob er noch einmal antreten wird, diese gerade in letzter Zeit oft an ihn gestellte Frage beantwortet Bruno Kreisky auch im folgenden Gespräch nicht endgültig.
    Was seine Person als Politiker und in seinem Fall, darf man das Wort wohl ruhig anwenden, seine Person als Staatsmann betrifft, wird zweifellos auch von seinen politischen Gegnern damit eines anerkannt.
    Kreisky ist einer der wenigen politischen Großen im kleinen Österreich.
    Eine Tatsache, an der sich auch Bruno Kreisky selbst nicht zweifelt.
    Erst kürzlich bei seiner Rückkehr vom jüngsten Besuch in den Arabischen Emiraten, da hat Kreisky einen fast anekdotenwürdigen Stoßseufzer bedauert, dass halt die großen, gescheiten Politiker, wie etwa der Emir von Abu Dhabi, der Kreisky sehr beeindruckt hat, und wie unausgesprochen halt auch der Kreisky, dass die leider nur in so kleinen Ländern zu finden seien.
    Die Hochschätzung für Bundeskanzler Kreisky hat paradoxerweise auch einen pessimistischen Aspekt.
    Pessimisten meinen, so wie Bundeskanzler Raab für den politischen und wirtschaftlichen Wiederaufbau Österreichs steht, so wird Kreisky einmal für die politische und wirtschaftliche Hochblüte der Republik Österreich stehen.
    Und von da an kann es nur mehr bergab gehen, wenn die Pessimisten recht behalten.
    Und die Pessimisten scheinen ja gerade heute den Ton anzugeben.
    Zukunftsangst ist ein beherrschendes Zeitgefühl.
    Und dieses Gefühl ist auch der Ausgangspunkt des Gesprächs, das Johannes Fischer und Rudolf Nagiller mit Bruno Kreisky führen.
    Herr Bundeskanzler, eines der dominierenden Lebensgefühle im 81er-Jahr war die Zukunftsangst.
    Ganz anders als etwa vor zehn Jahren, vor über zehn Jahren, als Sie Bundeskanzler geworden sind, aber auch noch anders als vor fünf Jahren, vor drei Jahren.
    Wir haben vor wenigen Tagen im Mittagsjournal eine Untersuchung gehabt, aus der hervorgeht,
    Zwei von drei Österreichern fürchten sich vor der Zukunft, Angst vor Krieg, Angst vor Not und Elend.
    Ist diese Zukunftsangst, die auch in den letzten Monaten von Kommentatoren viel beschrieben wurde, ist die eigentlich berechtigt?
    Ja, es ist an sich deshalb berechtigt,
    Weil wir es ja mit einer Koinzidenz, mit einem Zusammenfallen zweier Phänomene zu tun haben, die es in dieser Form bisher nicht gegeben hat.
    Eine ausgeprägte Weltwirtschaftskrise von einer Schwere und Tiefe, wie wir sie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht verzeichnen konnten über ein Jahr.
    28 Millionen Arbeitslose haben.
    Das ist natürlich ein alarmierender Zustand.
    Auf der anderen Seite haben wir eine weltpolitische Konstellation, die mit Recht die Menschen beunruhigt, der Rüstungswettlauf der großen Mächte.
    der Versuch, die Verbündeten in diesem Rüstungswettlauf mit einzubeziehen, dazu aktuelle Kriege im Mittleren Osten, da er früher weit weg von uns war, aber seitdem die Menschen wissen, wie sehr diese Region für uns von Bedeutung ist,
    So wissen sie natürlich auch um die Gefährlichkeit dieser Situation oder empfinden es.
    Die geschichtliche Erfahrung lehrt, dass die Zeiten meistens so schlimm sind, wie die Menschen sie befürchten.
    Aber dennoch glaube ich, dass es immer noch möglich ist, das Allerärgste von denen abzuwenden.
    Was beunruhigt Sie ganz persönlich am meisten?
    Ich frage nun nicht nach einer Einschätzung, nach einer politischen, sondern nach einem Gefühl.
    Um die Wahrheit zu sagen, doch auch eine gewisse menschliche Unzulänglichkeit, wie sie sich manchmal bei Leuten zeigt, die ein hohes Maß an Verantwortung tragen.
    Also, dass nicht die richtigen Leute sozusagen die Macht in der Welt in den Händen haben.
    dass es doch hier sehr viele Zufälligkeiten gibt.
    Hat sich das Bundeskanzleramt in den letzten Jahren verändert?
    Ist das Vertrauen, speziell in diese Weltpersönlichkeiten, die an den Machthebeln der Welt sitzen, ist dieses Vertrauen in den letzten Jahren viel geringer geworden?
    Ist der Umgang mit Waffen, mit Waffensystemen vielleicht ein wenig zu locker?
    Es gibt Amerikaner, auch in der Administration Reagan, die der Meinung, unter Umständen sind das ein taktisch begrenzter Atomkrieg,
    Das ist einer der Gründe für die herrschende Unrast und Unruhe, dass es das gibt.
    Es gibt keinen begrenzten Atomkrieg, das ist alles grotesk.
    Es gibt nur, wenn einmal der Krieg ausbricht, bricht er aus.
    Das ist unbegrenzt.
    Alle diese Annahmen sind so lebensgefährlich und so abenteuerlich, dass man sie von vornherein zurücklassen muss.
    Es gibt keine begrenzten Kriege zwischen den Supermächten.
    Würden Sie glauben, dass die nächste große Auseinandersetzung
    die sich ja anbahnt und seit dem Ölpreisschock ja schon da ist, dass die eine solche gefährliche Situation, wie sie in den letzten Jahren nicht gegeben war, heraufbeschwören kann, etwa um der Kampf um die letzten Ölenreserven dieser Welt?
    Nein, also das, was ich glaube, ist, dass die beiden Supermächte
    in diesem Teil der Welt, in dem also die Ölreserven liegen, dass dieser Kampf um diese Region bereits begonnen hat.
    Und dass natürlich zu den Zielvorstellungen der Supermächte im besten Fall eine Art Teilung dieser Region in Einfluss
    Das bedarf oft gar nicht einer solchen Konferenz.
    Es ist sicher wichtig, dass der Krieg zwischen Irak und Iran, letztlich der Sowjetunion,
    einen dominierenden Einfluss in diesem Teil der Welt verschaffen wird, weil diese beiden Staaten so erschöpft sein werden und sowieso die Union dort einen so dominierenden Einfluss hat, dass sie sich gar nicht darüber entziehen können.
    Und da wird dann auf der anderen Seite die Vorstellung bestehen, ja, dann werden halt die Konservativen
    Erdölstaaten dann unter den amerikanischen Einflussbereich geraten.
    So einfach ist aber die Wahrheit nicht, denn in diesen Staaten können ja auch Bewegungen sich entwickeln fundamentalistisch.
    die sich dann einer solchen einfachen Aufteilung der Welt entgegenstellen, und dann schaut dann die Welt gleich ganz anders aus.
    Das heißt, Sie sind da eher pessimistisch, was das Verhältnis des Nahen Ostens zur westlichen Welt betrifft?
    Wenn eine Lösung aus der Region selbst gefunden werden kann, eine Friedenslösung, was ich im Augenblick für wenig wahrscheinlich halte, dann könnte man
    könnte diese Region diesem Schicksal entgehen.
    Ich bin allerdings sehr skeptisch.
    Herr Bundeskanzler, in den letzten Wochen haben sich alle Augen auf Polen gerichtet und auf das, was sich dort abspielt.
    Frage, was spielt sich eigentlich dort ab, aus Ihrer Sicht?
    Was ist das?
    Sicher ist eines.
    Der Liberalisierungsprozess in Polen, wie er sich durch die Zulassung der Solidarität und durch die Zulassung der Gewerkschaft überhaupt manifestiert hat, dieser Prozess ist zum Stillstand gekommen und zwar durch eine Militärdiktatur,
    mit kommunistischen Vorzeichen.
    Die reale Macht liegt natürlich beim kommunistischen Apparat, der sich jetzt als Militärapparat manifestiert.
    Sich tarnt also?
    Ich würde das nicht sagen.
    Ich bin fest davon überzeugt, dass in allen kommunistischen Staaten, in denen ja die Partei längst eine ausgehöhlte Erscheinung ist, für den Fall einer ähnlichen Krise es immer wieder die Armee sein wird, die diesen Zustand aufrechterhält.
    Mir sind zwei Sachen aufgefallen im Zusammenhang mit Polen, Herr Bundeskanzler, in den letzten paar Tagen.
    Das eine war Heinz Fischer, der gemeint hat, der Kommunismus habe endgültig sozusagen ausgespielt mit Polen.
    Sie haben vor kurzem auch einmal gesagt, dass Sie der Meinung sind, dass der Kommunismus an sich, diese Nomenklatura, nur mehr eine leere Hülse ist und dass da nichts mehr nachkommt, sozusagen, dass nichts mehr ausgefüllt wird und dass nur die Armee an dessen Stelle treten wird.
    Das war das eine.
    Und das zweite war,
    die doch sehr zurückhaltende Äußerung von Willy Brandt zu diesem Thema.
    Was sagen Sie da dazu?
    Man muss sich gerade darüber sein, dass die, wenn man so will, die Arbeiterfeindlichkeit des Kommunismus ist weltweit demonstriert worden.
    Dass hier für einen Sozialdemokraten, der ein Leben lang sich mit dem Kommunismus auseinanderzusetzen hatte, nichts zu überraschen, das ist ja nichts Neues.
    Es war schon immer so, dass, es war ja ein österreichischer Sozialist, Max Adler, der als erster diese Phrase von der Diktatur des Politeiats enthüllt hat und gemeint hat, dass hat sich in der Sowjetunion eine Diktatur über das Politeiats
    daraus ergeben.
    Das ist für uns, die wir kritisch dem Kommunismus gegenüber sind, das nichts Neues.
    Warum tut sich Willy Brandt dann so schwer, die Dinge beim Namen zu nennen?
    Es ist natürlich immer so, dass vielleicht auch der Umstand, dass er ein Deutscher ist, ihm das ein bisschen schwerer macht.
    Dass die Deutschen dem Pol gegenüber eine
    gewisse Scheu habenden Zuseher hat Deutschland an der Zertrümmerung Polens immer wieder sozusagen mitgewirkt, bei der Zertrümmerung Polens mitgewirkt.
    Ich habe Verständnis für seine vorsichtige Haltung.
    Glauben Sie, dass eine Situation in Polen noch einmal entstehen kann, die eine Intervention der Warschauer Parktruppen
    möglich erforderlich machen könnte.
    Sicher dann, wenn sich zeigen sollte, dass das mit der Regime nicht ausreicht.
    Und dann wird der Westen etwa so reagieren wie in Afghanistan?
    Ich glaube, dass der Westen
    in dem Fall so reagieren wird.
    Im Fall der Czechoslovakia, das wissen wir alle, es wird nur zu einer ungeheuren Verschärfung kommen.
    Es wird eine Rüstungswelle über die Welt gehen, von der wir uns heute noch gar keine Vorstellungen machen.
    Das ist ganz klar, weil es ja gar keinen Grund mehr geben wird.
    weil es ja gar keinen Grund geben wird, warum jemand sich dieser Welle entgegenstellt.
    Aber diese grundsätzliche Haltung, JSSR, Afghanistan, das heißt also, dass diese gewissen Grenzen der gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Einflussgebiete, die werden Ihrer Ansicht nach halten?
    Ja, das ist sicher.
    Sicher, das wird nur die Rüstung vergrößern, es wird also die Kriegsbereitschaft vergrößern, aber es wird keinen Krieg auslösen.
    Herr Bundeskanzler, noch eine Frage zur österreichischen Polenhilfe, die ja jetzt seit dem 13.
    Dezember stark angelaufen ist.
    Es gibt dieses Nationalkomitee, es gibt aber auch in der Bevölkerung nach wie vor Strömungen, die das eigentlich nicht recht
    einsehen.
    Haben Sie entsprechende Rückmeldungen, zum Beispiel aus der Partei heraus?
    Was denken denn die Menschen in der SPÖ dazu?
    Bis zu den Ereignissen, bis zu dem Zeitpunkt, in dem Österreich sozusagen ein Immigrationsland geworden ist, das Einzige, da hat es also eine starke Irritation gegeben.
    Von dem Moment an, in dem es ernst wurde in Polen, hat sich doch, glaube ich, die Stimmung geändert.
    Ihnen wurde vorgeworfen,
    vor diesem 13.
    Dezember, also zur Zeit der Irritation, dass Sie sich politisch ein wenig draufgesetzt hätten, auch mit dieser Kohleerklärung, die Polen sollen Kohle liefern, mit der Einführung des Visumzwangs und so weiter.
    Das, was ich gesagt habe, zu dem stehe ich, das war vor langer Zeit, da habe ich den polnischen Arbeitern gesagt, dass sie sich klar darüber sein müssen, dass jenes Maß an internationaler Hilfe, das ihnen zuteil wird, nur dann
    eine Fortsetzung finden kann, eine unbegrenzte, wenn auch sie ihrerseits erkennen, dass sie ihre Wirtschaft einigermaßen in Gang bringen müssen.
    Das verstehe ich auch, das ist immer so.
    Das zeigt sich ja heute deutlich, dass das richtig war.
    Und der Visumzwang, ist das nicht etwas Genanntes hinten?
    Nein, gar nicht.
    Der Visumzwang musste eingeführt werden, weil wir, wie es sich heute zeigt, ja die Dunkelziffer ist ja viel höher als die 30.000, die wir angenommen haben, sind ja fast 50.000 wohl.
    Also wir mussten den Visumzwang einführen, weil wir einfach nicht mehr in der Lage waren, dem wir sind einfach geborsten.
    Wir eiteln Sie dabei zu helfen.
    Es gibt Situationen, wo man also einfach gar nicht anders kann, als zu sagen, wir allein können die Welt nicht glücklich machen.
    Von der Optik her wäre es aber schöner gewesen, Sie hätten eine Woche gewartet.
    Nein, von der Optik her.
    Das sind Zusammenhänge gewesen, die man natürlich nicht von vornherein weiß.
    Aber es hat sich nichts geändert.
    Die Optik ist hier gleichgültig.
    Ehrlicherweise konnten wir der westlichen Welt nicht ersparen, zu sagen, jetzt haben wir 50.000 Polen genommen und jetzt können wir nicht mehr.
    Herr Bundesrat, zum Schluss noch einige persönliche Fragen.
    Ich will jetzt nicht die Stereotype-Frage stellen, ob Sie wieder kandidieren.
    In den letzten Tagen habe ich in den Zeitungen gelesen, dass Sie das immer noch nicht entschieden haben.
    Aber ich stelle die Frage von einer etwas anderen Seite her.
    Ist mein Eindruck richtig, dass diese Entscheidung, ob Sie wieder kandidieren, nur von Ihrem Gesundheitszustand abhängt?
    Ich würde das so sehen.
    Primär hängt es von meinem Gesundheitszustand ab, weil ja die Partei diesen Wunsch ja schon geäußert hat und man normalerweise ja einem solchen Wunsch entspricht.
    Ich würde also primär
    es so sehen und dann in weiterer Folge noch einige sehr ernste Gespräche führen, bei denen einiges noch klargestellt werden müsste.
    Aber im Augenblick möchte ich diese Gespräche noch nicht führen, weil ich glaube, dass meine Entscheidung noch nicht so eindeutig ist.
    Das heißt, Sie werden Bedingungen stellen?
    Naja, Bedingungen.
    Ich habe nie Bedingungen gestellt, die nicht in der Öffentlichkeit vertretbar sind.
    Etwa seinerzeit die Bedingung, dass ich in der Wahl der Mitglied der Bundesregierung frei sein möchte.
    Das hat die Partei immer respektiert.
    Sie haben uns jetzt natürlich ziemlich neugierig gemacht mit diesen Bedingungen.
    Geht es da um personelle Bedingungen oder um sachliche Dinge?
    Ich will mich absichtlich nicht auf zu viele Details einlassen, weil sonst der Eindruck entstünde, dass diese Frage schon entschieden ist.
    Es ist nicht so weit.
    Ich habe diese nächsten Gedanken noch gar nicht gedacht.
    Vorerst einmal geht es darum, dass ich bis circa Mai Zeit habe, mich zu entscheiden.
    Und wie geht es Ihnen gesundheitlich?
    Ja, objektiv gesehen geht es mir ganz gut.
    Ich bin aber natürlich zu jenen Leuten, die sich keine Illusionen machen, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat, muss man sich dieser Problematik bewusst sein.
    Wenn man es vom Standpunkt ihrer politischen Reputation her sieht, könnte man allerdings auch sagen, ich bitte um Verzeihung, wenn ich das so offen ausspreche, mehr als sie bisher politisch erreichen konnten, an Erfolgen meine ich jetzt, ist eigentlich nicht mehr dringend.
    Also so gesehen kann es eigentlich nur noch abwärts gehen.
    Vom subjektiven Standpunkt sicher, wenn man das nur von dem da
    Und was einem selber gut tut, sieht, dann müsste man eigentlich sagen, so mehr kann nicht mehr geschehen, besser man geht jetzt.
    So, aber es scheint die Sache nicht zu liegen, es ist schon hier.
    Ein bisschen anders, es ist doch jetzt eine schwierige Zeit, auch weltpolitisch, und man will zu einer Situation doch nicht gerne den Eindruck vermitteln, dass man sagt, so jetzt wird es schwierig, jetzt geht man nicht.
    Ich habe ein warnendes Beispiel auch hier.
    Ich erinnere mich, wie da vor einigen Jahren Harald Wilson plötzlich über Nacht gesagt hat, jetzt hat er genug.
    nicht verstanden, warum er das gemacht hat und in Wirklichkeit hat er die Leverpate in einem katastrophalen Zustand hinterlassen.
    Ich selber glaube nicht, dass die Sozialistische Partei Österreichs in einem ähnlichen
    Im Gegenteil, ich glaube, das Haus ist wohlbestellt.
    Aber... Stimmt das wirklich, Herr Bundeskanzler?
    Ja.
    Tut es einer Partei, gerade einer Partei wie der SPÖ, nicht?
    Schadet es nicht auch so einer Partei, wenn sie so lange eine so dominierende Persönlichkeit an der Spitze hat?
    Das kann schon sein.
    Das kann man nicht bestreiten.
    Das ist ja ein Faulbett auch für eine Partei.
    Na, das kommt darauf an.
    Es kann ja schaden.
    Aber es kann ja auch nützen, weil man in dieser Zeit ja furchtbar viel an neuen Kräften geholfen hat, sich zu entfalten und zu entwickeln.
    Also gar keine Frage, dass heute die Sozialistische Partei aber eine Reihe junger, hervorragender Kräfte verfügt, die einfach die Dinge zusammenbringen.
    Danke für das Gespräch.
    Dieses Gespräch mit Bundeskanzler Kreisky in seinem Urlaubsort in Bad Gastein führten Johannes Fischer und Rudolf Nagilla.
    Drei Minuten nach halb eins ist es zwölf Uhr dreiunddreißig.
    Erklärungen von Bundeskanzler Kreisky sind unter anderem auch der Ansatzpunkt für eine Reihe von Zeitungskommentaren von heute.
    Konkret geht es um die Neujahrsbotschaften des Bundeskanzlers, des Bundespräsidenten und von Kardinal König.
    Das Presseecho darauf hat heute Fritz Pesata zusammengestellt.
    Die pessimistischen Töne, die Österreichs Spitzenpolitiker und Kardinal König zum Jahreswechsel anschlugen, werden heute von Österreichs Zeitungskommentatoren reflektiert.
    So schreibt etwa Ernst Trost in der Kronenzeitung.
    In Österreich vernahmen wir drei Männer, die immun gegen politische Leidenschaften, jedes Wort wohlerwegend, sehr persönlich ihre sorgenvollen Überlegungen kundtaten.
    Trost dann zum Inhalt der Reden Kirchschlägers, Kreiskis und Königs.
    Alle diese Botschaften waren von dem Realismus und der Wirklichkeitsnähe getragen, der einem kleinen Staat gut anstehen und ohne jene kleinkarierte mir-sein-mir-Mentalität, mit der sich manche Österreicher am liebsten in das als heurigen Lokal eingerichtete Schneckenhaus unserer Neutralität vergriechen möchten.
    Auch Josef Schicho in den oberösterreichischen Nachrichten findet die Neujahrsansprachen der genannten Persönlichkeiten pessimistisch.
    Jetzt sind auch Kirchschläger und Kalski unter die krank Jammerer gegangen.
    Ihre Neurasreden bestätigen die Empfindung des Durchschnitts Österreichers, dass wir von einem wirtschaftlichen und politischen Schönwetter ziemlich weit entfernt sind.
    Schichow glaubt, dass eine realistische Beurteilung der Situation noch nie geschadet habe und geht dann auf die gegen Jahresende eingetretene Beruhigung der politischen Leidenschaften in Österreich ein.
    Und es gibt auch einige Zeichen, dass sich die Politiker um einen neuen Stil der Zusammenarbeit und der Konzentration auf das Wichtige bemühen wollen.
    Was Not tut, ist sicher auch eine positive Grundhaltung bei allen Staatsbürgern.
    Thomas Korherr in der Presse.
    Es sind in den Reden, Gesprächen und Interviews von Staatsmännern, wirklichen Staatsmännern, oft die Zwischentöne, die aufhorchen lassen.
    Solche Zwischentöne ließ Bundespräsident Kirchschläger in seiner Neujahrsansprache vernehmen.
    Wiederholt wandte er sich gegen große Worte, denen er die Effektivität des Tons, auch des Stillen, gegenübersetzte.
    Kirchschläger hat dies auf die innenpolitische Situation unseres Landes ebenso angewandt wissen wollen, wie auf die internationale Szene, auf Polen ebenso wie auf die Wirtschaftspolitik und scheint da die großen, kraftvollen Worte des amerikanischen Präsidenten ebenso gemeint zu haben wie jene, die hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung seitens der Regierung fallen.
    Zum gleichen Thema findet sich in den Salzburger Nachrichten ein Kommentar von Gerhard Neureiter mit dem Titel, dem Österreicher wird viel abverlangt.
    Neureiter schreibt.
    Den Neujahrsansprachen, wie wir sie in den letzten zwei Tagen von den höchsten Amtsträgern unserer Republik und der Gesellschaft gehört haben, haftet ein Grundton der Besorgnis an.
    Das war zwar vor einem Jahr, wie man beim Nachblättern in der Zeitung feststellen kann, ähnlich, aber nicht so deutlich.
    Vor einem Jahr glaubte man in Österreich vor allem, die Zusammenarbeit im Inneren sei wegen des AKH-Skandals gefährdet, und er ging sich in Ermahnungen, Sümpfe trockenzulegen.
    Wie wenig redete man zum Jahreswechsel 1981-82 noch davon.
    Fritz Besata hat die heutige Inlandspresseschau zusammengestellt.
    Und wir könnten noch einmal, so recht passend für ein Jahresanfangsjournal, wir könnten noch einmal beim Stichwort Weltpolitik und Zukunftsangst anknüpfen.
    Ein Barometer nämlich, nicht nur für die Wirtschaftslage eines Landes, sondern auch für allgemeine Befürchtungen, Ängste und Erwartungen, ist in kapitalistischen Systemen zumindest die Börse.
    In den internationalen Finanzmetropolen wie New York, Zürich oder London schlagen sich Krisen ja auch in Kursziffern und Prozentzahlen nieder.
    Etwa beim Goldpreis oder beim Dollarkurs.
    An der Wiener Börse freilich gehen diese weltpolitisch bedingten Barometerschwankungen im Großen und Ganzen vorüber.
    Die in Wien gehandelten Aktien sind zu zwei Drittel inländische Werte, ein Drittel sind Auslandsaktien.
    Der überwiegende Teil der Wertpapiere ist fest verzinslich, wie Anleihen oder Pfandbriefe.
    Gerade dieser Tage ist in Wirtschaftskommentaren Kritik daran laut geworden, dass der potenzielle österreichische Geldanleger von den zuständigen Instituten voll und ganz auf die Linie Sicherheit eingeschworen und zu dieser Linie erzogen worden ist.
    Es fehle daher, so heißt es, die Bereitschaft, in risikoreichere, damit aber auch ertragreichere Anlagemöglichkeiten zu investieren.
    Aber hören Sie im folgenden Beitrag von Herbert Huter, wie die Wiener Börse auf die Wirtschaftslage des Jahres 1981 reagiert hat.
    Zunächst zur Aktienbörse und zu den Größenordnungen.
    Das gesamte Aktienkapital der österreichischen Aktiengesellschaften beträgt ungefähr 69 Milliarden Schilling.
    Knapp ein Fünftel davon notiert an der Börse, wobei diese 12,7 Milliarden Schilling Aktienkapital einen Kurswert von 28 Milliarden darstellen.
    Und davon befinden sich nur 5 bis 10 Prozent im Streubesitz.
    Dieser Streubesitz wird an der Börse gehandelt.
    Am Bankschalter und an der Börse wurden vergangenes Jahr Aktien für etwa eine Milliarde Schilling umgesetzt.
    Der Börsenanteil macht etwa die Hälfte davon aus.
    Nichtsdestoweniger stellt die Börse ein Spiegelbild der Wirtschaftslage dar.
    Direktor Peter Nowak von der Schirozentrale.
    Die starke Verunsicherung der Anleger
    Aufgrund der Firmenzusammenbrüche und der monetären Einflüsse wie Rekordzinsen auf dem Geld- und Anleihenmarkt haben aber auch das Börsenklima in Wien sehr stark beeinträchtigt.
    Die durchschnittlichen Kursverluste im Jahr 1981 haben etwa 12 Prozent betragen.
    Das ist der größte Kurseinbruch in den letzten zwei Dezennien.
    Am stärksten betroffen waren einige bekannte Industriewerte, wie zum Beispiel Steirer Daimler Buch.
    Brauerei Reininghaus, Felten & Guillaume, Braun-Bovary sowie die Vorzugsaktien der Österreichischen Länderbank.
    Diese Werte mussten Kursverluste zwischen 25 und 30 Prozent hinnehmen.
    Auf der Gewinnerseite standen von den 50 börsennotierten Gesellschaften nur acht Werte, so zum Beispiel Schemba,
    Union Baumaterialien, die steirische Magnesit-Industrie und die Meindl AG.
    Die Gewinne der Aktiengesellschaften sind bereits 1980 um ein Drittel auf rund 1,2 Milliarden Schillen gesunken.
    Dies auch ein Grund für die massiven Kursverluste im Börsenjahr 1981, für das ja die Geschäftsergebnisse des jeweils vorhergehenden Jahres maßgeblich sind.
    Die durchschnittliche Dividende sank von 7,2 auf 6,4 Prozent im Börsenjahr 1981, wobei die Aktionäre der Länderbank von Felten, Guillaume und Wiener Berge zur Gänze auf eine Dividende verzichten mussten.
    Soweit eine Bilanz der knapp 50 inländischen Börsenwerte.
    In Wien notieren aber auch 28 ausländische Firmen.
    Direktor Nowak?
    Die Bilanz der ausländischen Aktien ist uneinheitlich, insgesamt aber etwas besser ausgefallen als die der inländischen Werte.
    So zählt zu den großen Gewinnern unter den ausländischen Aktien die japanische Aktie Sony, die entsprechend der festen Tendenz an der Tokioter Börse Kursgewinne von rund einem Drittel verbuchen konnte.
    Nun zu den festverzinslichen Werten, vor allem zu den Anleihen.
    Dieser Markt stand im Zeichen der hohen Zinsen im Ausland und im Zeichen der Tatsache, dass sowohl die kleinen Privaten als auch die großen Anleger wie Versicherungen sich deutlich zurückgehalten haben.
    Die Anleihen sind liegen geblieben, die Verzinsung mit etwas über 10% war offenbar nicht attraktiv genug.
    Dementsprechend hat es auch um 40 Prozent weniger neue Anleihen gegeben als 1980.
    Doch auch diesen geschrumpften Markt hat vor allem die öffentliche Hand in Anspruch genommen, deren Anteil von 70 auf 75 Prozent angestiegen ist.
    Und diese Erhöhung ist ausschließlich auf die Neuverschuldung der Republik Österreich zurückzuführen, stellt die Girozentrale fest.
    Auch bei den festverzinslichen Papieren wird nur ein kleiner Teil an der Börse gehandelt.
    Direktor Nowak?
    Die Börse selbst ist für den Anleihenmarkt nicht der wesentliche Indikator, denn es hat sich zum Beispiel im Jahr 1981 gezeigt, dass eine Emissionspause von fast fünf Monaten
    zu keiner Belebung der Nachfrage am Anleihensekundärmarkt, also an den Papieren, die über die Börse angeboten werden, geführt hat.
    Die Gesamtumsätze an der Börse für den Anleihenmarkt sind gegenüber den Vorjahren
    drastisch zurückgefallen, was darauf zurückzuführen ist, dass eben angesichts der starken Kursverluste bei den festverzinslichen Wertpapieren die Anleger nicht geneigt waren, diese zu verkaufen und die Kursverluste zu realisieren.
    Gut verkauft wurden allerdings gegen Ende des Jahres die mit 11% Verzinsten neuen Anleihen.
    Doch der Zinsentrend weist bereits nach unten.
    Nach der jüngsten Entwicklung ist nicht zu erwarten, dass der Anleihenmarkt im Jahr 1982 mit einer elfprozentigen Nominalverzinsung gestartet wird.
    In Österreich ist Mitte Jänner mit einer Entscheidung über die erste Anleihe des Jahres 1982 zu rechnen.
    Die Verzinsung, wie gesagt, wird deutlich unter elf Prozent liegen.
    Deutliches Signal dafür auch aus dem Ausland.
    Die neue Bundesanleihe der Bundesrepublik Deutschland wird nur mehr zu 9,75 Prozent verzinst.
    Und 16 Minuten vor 1 ein großer thematischer Sprung von der Wiener Börse ins alte Reich der Mitte nach China.
    Für die Chinesen hat diesmal der 1.
    Jänner eine besondere Bedeutung.
    Und zwar sowohl für die Chinesen in der kommunistischen Volksrepublik China, wie auch für die antikommunistisch regierte Inselrepublik Taiwan.
    Vor 70 Jahren, am 1.
    Jänner 1912, wurde die Republik China ausgerufen.
    Und zwar durch den Mann, zu dem sich nach wie vor beide China als seine Erben bekennen.
    Dr. Sun Yat-sen, der erste Präsident dieser Republik China.
    Die Bedeutung dieses Datums reicht bis in die Gegenwart, meint Haris Jekowsky in seinem folgenden Beitrag.
    Mit Beginn des Aufbaus der Republik China wurde mir das Amt des provisorischen Präsidenten übertragen.
    Und Tag und Nacht quält mich der Gedanke, die Hoffnungen des Volkes auf Glück zu enttäuschen.
    Mit diesen Worten proklamierte Dr. Sun Yat-sen am 1.
    Jänner 1912 in der Stadt Nanking die Republik und das Ende der Herrschaft des ältesten Kaiserreichs der Geschichte, dessen Dynastien Jahrtausende überdauerten.
    Das Sterben des Kaiserreichs hatte drei Monate vorher am 10.
    Oktober 1911 begonnen, dem berühmten Doppel-10, als durch eine vorzeitige Explosion in der Stadt Wuhan die Revolutionäre notgedrungen losschlagen mussten.
    So groß war die Verwirrung, dass die Revolutionsarmee den gefangengenommenen Kommandeur der kaiserlichen Armee zwang, die Führung zu übernehmen.
    Im November hatte dann die provisorische Nationalversammlung mit Mehrheit für Sun entschieden und eine Verfassung angenommen, die erstmals den Chinesen Gleichheit, alle bürgerlichen Freiheiten, einen geeinten Nationalstaat, soziale Reformen, Landreform und Frieden versprachen.
    Dass China über das Sunni-Jahrzehnt nun am Neujahrstag 1912 die Macht übernahm, existierte freilich großteils nur auf dem Papier.
    Noch residierte in Peking die kaiserliche Regierung.
    Erst fünf Wochen später, am 12.
    Februar 1912, erfolgte die Abdankung der Manchu-Dynastie.
    Gleichzeitig hatte der ehemalige Oberkommandierende der kaiserlichen Armee, Yuan Shikai, mit den Revolutionären Kontakt aufgenommen.
    Mit dem Versprechen, die Kaiserliche Armee ins revolutionäre Lager mitzubringen und seine Beziehungen zu den imperialistischen Mächten auszunützen, gelang es Johann binnen kurzer Zeit, eine solch führende Position bei den Republikanern zu erringen, dass er am 15.
    Februar anstelle von Sonja Zenn zum Präsidenten der Republik gewählt wurde.
    Sons Herrschaft hatte also nur sechs Wochen gedauert.
    Er wurde vom neuen Machthaber zum Generaldirektor der chinesischen Eisenbahnen gemacht, was für unsere Ohren vielleicht lächerlich klingt.
    Doch für chinesische Begriffe war die Eisenbahn das Symbol der Erneuerung, der Einheit Chinas, der infrastrukturellen Abschließung, sogar der sozialen Reformen.
    Die Republik aber war auch damit nicht mehr zu retten.
    Hatte bisher das Ziel der Vernichtung der kaiserlichen Dynastie als einigendes Band die Fraktionen zusammengehalten, so zerviel nun das Bündnis bald.
    Yuan Shikai entpuppte sich immer mehr als Karrierist und Diktator, der sogar den Versuch unternahm, als Kaiser einer neuen Dynastie die Monarchie wiederherzustellen.
    Unterdessen hatte sich in der Kuomintang oder Volkspartei eine neue revolutionäre Bewegung gebildet, die vorerst unter Sun Yat-sen, später unter Führung Chiang Kai-sheks die Geschicke Chinas für Jahrzehnte beeinflussen sollte.
    Zwei Jahre nach der Ausrufung der Republik durch Sun Yat-sen war das Parlament aufgelöst, eine Militärdiktatur errichtet.
    Der erste Versuch, in China eine parlamentarische Demokratie zu errichten, war gescheitert.
    Die Basis der alten Ordnung, des klassischen Feudalismus, des Konfuzianismus, des vieltausendjährigen Beamtenstaats konnte durch einen revolutionären Handstreich nicht erschüttert werden.
    Die Revolutionäre hatten weder politische noch staatsmännische Erfahrung.
    Sie hatten aber auch keine Ideologie und keine Organisation.
    Nun begann jene Kette von Revolutionen und Bürgerkriegen, die China für Jahrzehnte nicht mehr loslassen sollte.
    Zum Symbol für diesen Zustand wurden die nur in ihrer englischen Bezeichnung treffend benannten Warlords, mächtige Generale, die durch ständig wechselnde Allianzen ihre Herrschaft über Provinzen von der Größe europäischer Staaten ausübten.
    Sodiacel hat trotz allem die Basis des neuen China gelegt.
    Er wird mit Recht als Vater der chinesischen Revolution bezeichnet.
    Aber mit seinem ersten Versuch wurde nicht nur die Monarchie ausradiert, sondern auch die Republik diskreditiert.
    Enttäuscht von den Formen der amerikanischen und der französischen Revolution wandten sich die Revolutionäre neuen Ideen zu, die wenige Jahre später mit Lenin und der Oktoberrevolution gefunden zu sein schienen.
    So hat mit dem 1.
    Jänner 1912, vor 70 Jahren, der 40-jährige Bürgerkrieg in der chinesischen Nation begonnen.
    Gestern vor 70 Jahren also hat Sun Yat-sen die erste Republik China ausgerufen.
    Harry Sikorski hat diesen Beitrag dazu verfasst.
    Elf Minuten vor eins und wir kommen zum Kulturteil dieses Mittagsschanals.
    Arthur Schnitzlers berühmtes Ringelspiel der erotischen Laune, der Reigen, war in den letzten Jahrzehnten zwar in Filmversionen auf der Leinwand zu sehen, doch die Theaterfassung hat eine recht wechselhafte Geschichte.
    Nach einer internen Uraufführung in einem literarischen Münchner Zirkel und nach der ebenfalls skandalbegleiteten offiziellen Uraufführung in Berlin hat Schnitzler jede weitere szenische Darstellung des Werks untersagt.
    Mit dem Ende der Schutzfrist am 31.
    Dezember 1981 wurde aber auch dieses Werk des Dichters für das Theater wieder frei.
    Ein noch nie dagewesener Wettbewerb um die erste Wiederaufführung setzte ein.
    In Manchester in England begann man schon vor Mitternacht mit einer geschlossenen Generalprobe.
    Die Basler Komödie gewann den Wettlauf um die offizielle Wiederaufführungspremiere, indem man die Beginnzeit auf knapp nach Mitternacht, genau 0.25 Uhr der Neujahrsnacht, verlegte.
    Und am Abend des 1.
    Jänners, also gestern Abend, folgte die Inszenierung des Reigens durch das Bayerische Staatsschauspiel.
    Zahlreiche andere Theater werden in den nächsten Wochen und Monaten folgen.
    In Wien wollen im Herbst 1982 das Burgtheater und vielleicht auch das Volkstheater den Reigen auf die Bühne bringen.
    Näheres über die beiden ersten Premieren in Basel und in München hören Sie im folgenden Beitrag, den Konrad Zobel gestaltet hat.
    Eine Nachtschicht für die Liebe, so überschreibt die Münchner Abendzeitung, was sich in der Nacht der Jahreswende auf den Brettern des Basler Theaters abspielte.
    Das Stück mit den berühmten Gedankenstrichen, wenn es auf der Bühne dunkel wird und Verführung und Doppelmoral ihre Triumphe feiern, wenn Dirne, Soldat, Stubenmädchen, junger Herr, verheiratete junge Frau, ihr Gatte, süßes Mädel, Dichter, Schauspielerin und Graf reihum miteinander schlafen,
    Dieses zeit- und menschenkritische Stück war nach der Uraufführung im kleinen Schauspielhaus in Berlin am 23.
    Dezember 1920 vom preußischen Kulturminister verboten worden.
    Der berüchtigte Reigen-Prozess folgte.
    In Basel hat man bereits am Silvesterabend in einer szenischen Dokumentation diesen Prozess, der damals in Berlin während sechs Tagen um den Reigen geführt wurde, nachgespielt.
    Peter Burry war dabei und schildert das Bühnengeschehen per Telefon.
    Zu Wort kamen die Zeugen, die sich als meist deutschnational gesinnte Hüter der Moral gebärdeten.
    Dass Badler-Publikum lachte, gab es doch dann dort in den Zeugenaussagen Anklänge an den jüngsten Badler-Skandal um eine Aufführung von Fernando Arabals Stück »Der Architekt und der Kaiser von Assyrien«, in welcher es um einiges brisanter zu ging als in Schnitzlers Reigen schon vor 60 Jahren.
    Nach Mitternacht dann die eigentliche Premiere.
    Der österreichische Wolfgang Quetes,
    inszenierte Reigen werktreu und genau, doch in traditionellem Komödiantenstil und ohne besondere Einfälle.
    Er hütete sich dem Stück biszugeben.
    Das hatte trotz frischen Schauspielmomenten eine gewisse Ermüdung zur Folge, wenn man die Sache einmal begriffen hatte.
    Die Birne trifft den Soldaten, der Soldat, das Stubenmädchen, das Stubenmädchen, den jungen Herrn, der junge Herr, dann die Ehefrau und so weiter.
    Der Reigen schließt sich wieder bei der Birne, man weiß es.
    Und die Liebe, respektive das, was für Liebe gehalten wird, die Begierde, äußert sich allemal gleich, nur mit standesspezifischen Unterschiedlichkeiten.
    Was immerhin in der Adretten-Wadler-Aufführung herauskam, ist Schnitzlers Bewertung der Frau.
    Sie ist dem Mann überlegen, auch im doppelbötigen Spiel um die Liebe.
    Weil sie trotz ihrer Begierde noch etwas mehr als nur diese sucht.
    Die Männer könnten wenigstens Posthum von Schnitzlers Reigen noch etwas lernen, wenn sie es inzwischen nicht noch besser wissen.
    Das Publikum jedenfalls gab viel Applaus, aber es tobte nicht von Begeisterung.
    Im Münchner Cuvier-Theater inszenierte der Hausherr und gebürtige Wiener Kurt Maisl das Werk mit einer renommierten Besetzung ein und spielte selbst den Gatten der jungen Frau.
    Hören Sie Maisl als älteren Ehemann und Rita Russek als junge Frau, die ihrem Mann gegenüber jene Unschuld spielt, die sie selbst kurz zuvor in einer delikaten Affäre verspielt hatte.
    Ich verspreche mir etwas einmal.
    dass du nie mit deiner Freundin, mit deiner Frau verkehren wirst, bei der du nur den leisesten Verdacht hast, dass sie also kein tadelloses Leben führt.
    Denn das sehe ich sehr häufig, dass gerade solche Frauen, deren Ruf nicht der allerbeste ist, die Gesellschaft von anständigen Frauen suchen, teils, um sich ein Relief zu geben, teils um ein, wie soll ich das sagen, Heimweh nach der Tugend.
    Ach so?
    Ja, das ist sehr richtig, was Sie da gesagt haben, Heimweh nach der Tugend.
    Denn dass diese Frauen alle eigentlich
    sehr unglücklich sind.
    Kannst du mir glauben.
    Warum?
    Warum?
    Du kannst doch nur so Fragen stellen davor, was diese Frauen für eine Existenz führen, voll Lüge, Dücke, Gemeinheit und voll Gefahr.
    Ja, freilich, da hast du schon recht.
    Wahrhaftig, Sie verdienen das bisschen Glück, also das bisschen.
    Vergnügen.
    Vom Vergnügen, wie kommst Du denn da, das Vergnügen zu nennen?
    Aber irgendetwas muss es doch sein, sonst hätten Sie es ja nicht.
    Nichts, es ist ein Rausch.
    Oh, Karl, ein Rausch.
    Man sagt halt, es ist nicht einmal ein Rausch.
    Also, Karl, Du hast etwas schon einmal mitgemacht.
    Nicht wahr?
    Ja, Emma.
    Es ist meine traurigste Erinnerung.
    Wer ist's?
    Sag, kenne ich Sie?
    Was fällt dir denn ein?
    Ist es lange her?
    War es lange bevor du mich geheiratet hast?
    Also frag mich nicht, ich bitte dich, frag mich nicht!
    Oh Gott!
    Sie ist tot.
    Im Ernst?
    Ja.
    Es klingt lächerlich, aber ich habe manchmal die Empfindung,
    dass alle diese Frauen jung sterben.
    Wir fragten Klaus Kollberg, der die Münchner Premiere gestern Abend besuchte, wie Kurt Meisel dieses aus dem Ferne-Siegle herausgeborene, aber dennoch zeitungebundene Stück interpretierte.
    Hatte er mehr Schnitzlers Entlarvung der Doppelmoral oder mehr die amüsante Frivolität herausgestellt?
    Nun, sein Reigen bot beides in ausgewogenem Verhältnis zueinander.
    Seine Soldatenliebschaften fielen mit dem rüde und etwas kautzig sich gebenden Nikolaus Parüla herber als nur suffisant aus.
    In Meisels eigener Darstellung des heuchlerisch-philosophierenden Gatten der jungen Frau kam die Gesellschaftskritik sogar leicht karikaturistisch heraus.
    Andere Szenen, wie die zwischen Walter Schmiedingers Dichter und der jungfrischen Andrea Wildner und der souverän damenhaften Schauspielerin Ursula Lingen, entfalteten wieder mehr die delikate Situation heimlicher Liebesbegegnung und strahlten daher auch den poetischen Charme des Werkes aus.
    Weibliche Doppelmoral brachte zwischen vorgetäuschter Züchtigkeit und erotischer Sehnsucht ausgezeichnet Rita Russek als junge Frau zur Schau.
    Sie hörten sie in der Szene eben.
    Erfreulich auch, trotz noch einiger Bemühtheit um den neuen Tonfall,
    Hans Brenner, bisher bekannt als dumpf jugendlicher Sozialfall vom Dienst in Stücken von Fassbinder bis Krötz.
    Jawohl, Hans Brenner in einer für ihn völlig neuen Rollenlage, denn er gab den Dekadenten Grafen köstlich verknorzt kantig wie eine Gulbranzenfigur.
    Alles in allem eine sehenswerte Aufführung.
    Die Rampe ist nun wieder frei für eine hübsche Gourmandise der Theater- und der Sittengeschichte.
    Ja, Arthur Schnitzlers Reigen darf sich also seit der vergangenen Neujahrsnacht auch auf den Theaterbühnen wieder drehen und das Premierenrennen machten Manchester, Basel und München.
    Konrad Sobel hat die Kritiken von Peter Burri und Klaus Kohlberg zusammengefasst und Wolfgang Riemerschmid fasst jetzt noch die wichtigsten Mittagsmeldungen zusammen.
    Österreich.
    Die Entscheidung über seine neuerliche Kandidatur bei den nächsten Nationalratswahlen wäre erst im Mai fallen, erklärte heute Bundeskanzler Kreisky.
    Vorrang bei seinen Überlegungen habe dabei die Gesundheit, die er, so Kreisky wörtlich, objektiv gesehen für ganz gut halte.
    Vor seiner endgültigen Entscheidung wird der Kanzler auch noch einige Gespräche innerhalb der Partei führen.
    Vertreter der drei Parlamentsparteien haben zu einer eventuellen Novellierung des Parteiengesetzes Stellung genommen.
    Die SPÖ tritt vor allem für die Offenlegung von Parteispenden ab einer gewissen Höhe ein.
    ÖVP-Generalsekretär Lanner meinte, dieses Thema sei sehr kritisch, da die Opposition eventuell benachteiligt werden könnte.
    Der freiheitliche Abgeordnete Frischenschlager sagte, es bestünde die Gefahr, dass in anderen Zeiten als den heutigen die politisch Mächtigen unliebsame Gruppen aus der Welt schaffen wollten.
    SPÖ-Clubobmann Fischer will heuer an die beiden anderen Parlamentsparteien mit der Frage herantreten, ob sie zu Verhandlungen über eine Verlängerung der Gesetzgebungsperiode des Nationalrates von vier auf fünf Jahre bereit wären.
    Fischer betonte, ein derartiger Schritt würde nur als Drei-Parteien-Einigung und erst mit Wirkung ab der nächsten oder übernächsten Nationalratswahl in Frage kommen.
    Die Vorsitzenden der Union Europäischer Christlicher Demokraten fordern in einer heute in Wien veröffentlichten Erklärung zu den Ereignissen in Polen die sofortige Aufhebung des Kriegsrechts, die Freilassung aller Verhafteten und die Beachtung der Menschenrechte.
    Nach Ansicht der Parteien kann eine Normalisierung in Polen nur durch eine politische Lösung und nicht durch Polizeimaßnahmen zustande kommen.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Das CDU-Präsidiumsmitglied Blüm hat in einem Zeitungsinterview die Antwort Europas auf die Vorgänge in Polen als traurig kritisiert.
    Blüm meinte, wenn Europa sich jetzt nicht aufraffe, habe es moralisch abgedankt und sich von der Weltbühne verabschiedet.
    Blüm, zugleich Berliner Senator für Bundesangelegenheiten, fügte hinzu, wenn sich in Zeiten der Begrengnis die freie Welt einmal gegenüber Berlin so verhalten sollte wie jetzt gegenüber Polen, dann sei Berlin verloren.
    Führende SPD-Politiker haben sich im Zusammenhang mit den Ereignissen in Polen gegen Sanktionen ausgesprochen.
    Bundesgeschäftsführer Klotz betonte, Hauptfrage der Politik in einer derart extremen Situation müsse sein, wie man zugleich den Frieden bewahren und den Menschen helfen könne.
    Das Erdgasröhrengeschäft westeuropäischer Staaten mit der Sowjetunion wird nach Ansicht von Wirtschaftsminister Lambsdorff durch die Sanktionen der USA gegen Moskau verzögert, aber nicht gefährdet.
    Lambsdorff bezweifelt, dass die Sanktionen gegen die Sowjetunion tatsächlich eine Hilfe für Polen seien.
    Zum Abschluss die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend.
    Übergang zu aufgelockerter Bewölkung, Tageshöchsttemperaturen 0 bis 6 Grad.
    Werner Löw verabschiedet sich.
    Wünscht ein angenehmes Wochenende.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1982.01.02 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1982.01.02 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Bundeskanzler Bruno Kreisky
    Interview: Bundeskanzler Kreisky
    Mitwirkende: Nagiller, Rudolf [Gestaltung] , Fischer, Johannes [Gestaltung] , Kreisky, Bruno [Interviewte/r]
    Datum: 1982.01.02 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Politik Österreich ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wirtschaftliche Entwicklung an der Wiener Börse: 1981 Aktien-Kursverluste 12 %
    Einblendung: Direktor Peter Nowak (Girozentrale)
    Mitwirkende: Hutar, Herbert [Gestaltung] , Nowak, Peter [Interviewte/r]
    Datum: 1982.01.02 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    70 Jahre Republik China
    Mitwirkende: Sichrovsky, Harry [Gestaltung]
    Datum: 1982.01.02 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Schnitzlers "Reigen" - Premierenberichte aus Basel und München - Wettlauf um die erste Aufführung nach Ende des von Schnitzler selbst verhängten Aufführungsverbotes am 31. Dezember 1981
    Einblendung: Szenenausschnitt mit Kurst Meisl und Rita Rusek
    Mitwirkende: Zobel, Konrad [Gestaltung] , Buri, Peter [Gestaltung] , Meisel, Kurt [Interpret/in] , Ruske, Rita [Interpret/in] , Colberg, Klaus [Interviewte/r]
    Datum: 1982.01.02 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Politik ; Kultur ; Medien und Kommunikation ; Theater ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

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    Titel Mittagsjournal 1982.01.02
    Spieldauer 00:59:47
    Mitwirkende Löw, Werner [Moderation]
    Jirkovsky, Karl [Regie] [GND]
    ORF [Produzent]
    Datum 1982.01.02 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
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