Mittagsjournal 1994.04.30

Video-Player wird geladen.
Advertisement
Aktueller Zeitpunkt 00:00
Dauer 00:00
Geladen: 0%
Streamtyp LIVE
Verbleibende Zeit 00:00
1x
  • Marker
  • Beschreibungen aus, ausgewählt
  • Untertitel aus, ausgewählt
    x
    ZOOM HELP
    Drag zoomed area using your mouse or a finger.
    100%

    Rechtliches

    Zitieren

    KI-generiertes Transkript

    Guten Tag beim Samstag-Mittag-Journal des ORF wünscht Manfred Kronsteiner.
    Die grüne Standortbestimmung zur EU.
    Der Bundeskongress der Grünen tagt im salzburgischen Goldeck.
    Das Europaparlament fordert Abstimmung über die EU-Erweiterung.
    Der kleine Wahlkampf in den großen Parteien, die Vorwahlen.
    Die gebührenpflichtige Autobahnbenutzung, Mautsysteme in anderen Ländern, eine Hintergrundinformation zu den österreichischen Mautplänen.
    Im Journal zu Gast heute Gertraud Knoll, die erste Frau, die einer evangelischen Diozese in Österreich vorsteht.
    Wenn man Menschen die Liebe predigt, also Kindern vor allem, dann lernen sie nicht die Liebe, sondern das Predigen.
    Ein Satz zum Nachdenken.
    Außerdem im Mittagsschornal Südafrika nach den Wahlen.
    Optimistische Stimme aus Nahost.
    Ari Rath über die Friedensaussichten.
    Zunächst aber Information prägnant.
    Nachrichten von Edgar Heider, gelesen von Wilfried Schirrlbauer.
    Österreich.
    Die Grünen wollen heute beim Sonderkongress in Goldeck ihre neuen Empfehlungen für die EU-Volksabstimmung beschließen.
    Auf dem Programm standen zunächst Referate von Europa-Staatssekretärin Ederer und Außenminister Mock.
    Ederer appellierte an die Delegierten, sich nicht so auf ein Nein zum EU-Beitritt einzugraben.
    Sollte nämlich die EU-Volksabstimmung mit Ja enden, dann wäre ein gemeinsames Arbeiten nicht mehr möglich, sagte Ederer.
    Sie würdigte ausdrücklich die Verdienste der Grünen für den Umweltschutz.
    Danach versicherte Außenminister Mock, die Neutralität Österreichs werde auch 1996 nicht weiter eingeschränkt.
    Er reagierte damit auf die Befürchtung der Grünen, beim Aufbau eines kollektiven europäischen Sicherheitssystems würde die Neutralität vermindert.
    Österreich könne als EU-Mitglied eine höhere Sicherheit erwarten, als wenn es der Union nicht beiträte, sagte Mock.
    Die Auseinandersetzungen um die Wahl des Kärntner Landeshauptmanns gehen mit aller Intensität weiter.
    SPÖ und ÖVP kritisieren die Haltung von FPÖ-Parteiobmann Haider.
    Dieser hatte gestern in Villach angekündigt, die Wahl Christoph Zernathos zum Kärntner Landeshauptmann weiterhin zu blockieren.
    ÖVP-Generalsekretärin Korosek beschuldigte Haider, die Kärntner Verfassung zur Befriedigung eigener Revanche-Gelüste zu missbrauchen.
    SPÖ-Bundesgeschäftsführer Zsab meinte, der Auszug der Freiheitlichen aus dem Kärntner Landtag sei als einmaliges Zeichen des Protestes durchaus akzeptabel.
    Das Ziel auf Dauer dem Wunsch der deutlichen Mehrheit der Wähler zu verhindern, sei für ihn aber Ausdruck der tiefsitzenden Verachtung der Demokratie, sagte Zsab.
    Er kritisiert die Ankündigung des von der FPÖ für den Posten des Wirtschaftslandesrates designierten Bauunternehmers Robert Rogner, sich auch am Montag dem Boykott des Wahlganges anzuschließen.
    Heiters Knebelungsvertrag mit Rogner zeige die vom FPÖ-Parteiobmann gewünschte Wirkung, formulierte Zsab.
    Die Einvernahmen im Zusammenhang mit der Affäre um gefälschte Zeugnisse werden fortgesetzt.
    Nach Angaben des Wiener Sicherheitsbüros sind bis jetzt 30 Fälle von Zeugnisfälschungen aktenkundig geworden.
    Die gestern verhaftete Leiterin der Matura-Schule Nawarski, Charlotte Günther, wurde unterdessen in das landesgerichtliche Gefangenenhaus überstellt.
    Wenig Konkretes hat bisher die Einvernahme des Mannes gebracht, der für Charlotte Günther als Keiler gearbeitet haben soll.
    Dem 26-Jährigen wird vorgeworfen, an Matura-Schulen Teilnehmer ohne Erfolgsaussichten zum Übertritt in das Institut Nawarski überredet zu haben.
    Dafür soll er bis zu 100.000 Schilling kassiert haben.
    Charlotte Günther berichtete von maximal 10.000 Schilling.
    Südafrika.
    Nach Abschluss der ersten freien Wahlen hat heute früh in Südafrika die Stimmenauszählung begonnen.
    Erste Einzelergebnisse werden für den Nachmittag erwartet, das Endergebnis dürfte Anfang nächster Woche vorliegen.
    Sowohl Staatspräsidente Klerk als auch ANC-Vorsitzende Mandela äußerten sich gestern Abend zuversichtlich, dass die Wahlen insgesamt fair und frei verlaufen seien, obwohl in einigen Wahllokalen Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden.
    Es wird erwartet, dass der Afrikanische Nationalkongress als Sieger aus den Wahlen hervorgeht.
    Mandela als voraussichtlich nächster Staatspräsident Südafrikas rief die Bevölkerung zur Verständigung und Versöhnung auf.
    Knapp 23 Millionen Stimmberechtigte waren dazu aufgerufen, das aus 400 Mitgliedern bestehende Parlament und neun Provinzparlamente zu wählen.
    Vereinte Nationen.
    Der UNO-Sicherheitsrat hat die Massaker gegen Zivilisten in Ruanda verurteilt, jedoch keine konkreten Maßnahmen beschlossen.
    Nach neunstündigen Beratungen verabschiedete der Sicherheitsrat eine Erklärung.
    Darin werden sowohl die Armee Ruandals als auch die Tutsi-Rebellen zu wirksamen Maßnahmen aufgefordert, neue Angriffe gegen Zivilisten in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu verhindern.
    Der Sicherheitsrat äußerte sich jedoch nicht zu dem Vorschlag von UNO-Generalsekretär Butros Ghali, mehr UNO-Soldaten in das ostafrikanische Land zu entsenden.
    Das Gremium hatte erst vor einer Woche beschlossen, das UNO-Kontingent in Ruanda von 2.500 auf 270 Mann zu reduzieren.
    Und nun zu den Wetteraussichten.
    Bleibt's sonnig?
    Eine Frage, die letztlich auch nicht uninteressant im Hinblick auf die morgigen Veranstaltungen zum 1.
    Mai ist.
    Andreas Thiesner hat die Antwort auf diese Frage.
    Nein, so bleibt es nicht.
    Die Veranstaltungen zum 1.
    Mai fallen zwar nicht ins sprichwörtliche Wasser, doch wird wind- und regenfeste Kleidung nötig.
    An diesem Wochenende wird durch den raschen Wechsel der Kreislauf ordentlich gefordert, denn sommerliche Temperaturen heute folgen morgen um 7 bis 10 Grad kühlere.
    Die Luft wird morgen mit sehr kräftigem Nordwestwind von Südskandinavien und der Nordsee kommen.
    Und damit sind eben auch gewittrige Regenschauer in ganz Österreich verbunden.
    Die aktuellen Meldungen, Wien und Eisenstadt wolkenlos 21 Grad, St.
    Pölten Heiter 20, Linz Heiter 18, Salzburg Heiter 19, Innsbruck Heiter 17 Grad, Bregenz Heiter 19, Graz Heiter 20 und Klagenfurt Heiter 18 Grad.
    Und die Temperaturen steigen heute noch auf 22 bis 27 Grad und Sonnenschein, der bleibt auch den Nachmittag über.
    Bereits heute Abend kündigt sich der windige und kühle Sonntag an, da ziehen erste dichtere Wolkenfelder vorüber.
    Am Sonntag kommen dann in den Morgenstunden von Nordwesten her gewittrige Regenschauer nach Österreich.
    Am Nachmittagmorgen setzt sich dann nördlich des Alpenhauptkamms sowie Niederösterreich, Wien und im nördlichen Burgenland bereits nach und nach die Sonne durch.
    Im Süden wird es dann am Nachmittag aber erst so richtig gewittrig.
    Die Temperaturen morgen früh 5 bis 13 Grad, tagsüber aber nur 14 bis 19.
    In 2000 Meter Höhe sinkt die Temperatur von heute 10 Grad, morgen gegen 0.
    Am Montag dann wird es in Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Kärnten die meiste Zeit übersonnig sein, weiter im Norden und Osten am Vormittag aber noch bewölkt.
    Die Höchstwerte am Montag 15 bis 20 Grad.
    Soviel zum Wetter, sieben nach zwölf ist es mittlerweile geworden.
    Im salzburgischen Goldeck tagt seit vergangenen Abend der Bundeskongress der Grünen.
    Das Thema, die Haltung der Grünen zur EU.
    Eine Standortbestimmung, die im Wesentlichen bereits vorgegeben ist, denn die Delegierten sollen heute den vor zwei Wochen vorgelegten Nein zur EU-Antrag des Bundesvorstands billigen.
    Wie schon beim FPÖ-Bundesparteitag Anfang April waren für heute auch bei den Grünen in Goldeck der Außenminister Alois Mock und die Europa-Staatssekretärin Brigitte Ederer als Diskussionspartner geladen.
    Gisela Hopfmüller und Franz Simbürger berichten.
    Drei Gründe nennt Europa-Staatssekretärin Brigitte Ederer in ihrem Einleitungsreferat vor dem Grünen-Bundeskongress für die EU.
    Erstens die ohnehin schon vorhandene enge wirtschaftliche Verflechtung Österreichs mit der EU.
    Zweitens die Sicherung des Friedens in Europa.
    Und drittens die Möglichkeit, innerhalb der EU eine Art Umweltgewissen zu sein.
    So wie die Grünen mit ihrem vergleichsweise sogar noch geringeren Anteil in Österreich einiges bewirkt hätten, so könne Österreich auch in der EU einiges bewirken, meint Ederer.
    Und daran knüpft Ederer eine konkrete Bitte an die Grünen.
    Nehmen wir an, die Österreicherinnen und Österreicher stimmen am 12.
    Juni einem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union bei.
    Dann ist es notwendig und dafür würde ich Sie bitten, dass wir dann in Zukunft doch gemeinsam Ziele vertreten in der Europäischen Union, die wichtig sind für Österreich.
    Wenn Sie sich heute zu einem Nein entscheiden,
    Bedeue ich das persönlich?
    Bedeue ich das auch politisch?
    Ich habe das zu akzeptieren.
    Ich würde Sie aber bitten, sich nicht so einzugraben, dass es nicht, wenn es ein Ja gibt am 12.
    Juni, eine gemeinsame Arbeit in der Europäischen Union geben kann.
    Ein Nein von außen würde kein Wachrütteln in der EU bewirken, ergänzt auch Außenminister Alois Mock in seinem Referat.
    Um dann den Grünen durchaus Blumen zu streuen.
    Denn, so Mock, wenn Österreich heute eine Art Umweltgewissen in Europa sei, so hätten daran auch die Grünen ihren Anteil.
    Und für den weiteren Ausbau der Umweltpolitik in der EU lohne es sich doch gemeinsam einzutreten, meint Mock.
    Dass umso mehr als die Grünbewegung
    Ja, auch ein interessanter Gesprächspartner ist zum Beispiel in der Frage, dass sich die Grünen-Bewegung immer sehr klar gegen den aggressiven Nationalismus ausgesprochen hat.
    Und ich bin persönlich der Auffassung, dass dieser aggressive Nationalismus einer der größten Gefahren ist, die sich in Europa für die Zukunft wieder zeigen und dass es wert ist, sich dagegen voll zu engagieren.
    In der anschließenden Diskussion mit den beiden Regierungsmitgliedern übernehmen Klubobfrau Madeleine Petrovic und Europasprecher Fockenhuber die Rolle, vor allem jene Probleme aufzuwerfen und jene Fragen zu stellen, die den Kongressdelegierten am meisten am Herzen liegen.
    Beim Thema Neutralität bekommen sie dann auch tatsächlich Neues zu hören, etwa bei der Antwort Außenminister Mox auf die Frage, wenn Österreich der Westeuropäischen Union beitreten sollte, ist dann die immerwährende Neutralität aufrechtzuerhalten?
    Es gibt zwei Möglichkeiten der Entwicklung, meine Damen und Herren.
    Wenn sich die Westeuropäische Union als ein System der regionalen kollektiven Sicherheit entwickelt, wie das die UNO mit ihrer globalen kollektiven Sicherheit getan hat, dann wird sie von denselben Rechtswirkungen erfasst.
    Das heißt, es hat keine Auswirkungen auf den Stand der Neutralität.
    Wenn wir heute an UNO-Aktionen teilnehmen,
    Selbst wenn österreichische Soldaten in den Irak oder Kuwait geschickt worden wären, hätte das nach dem System der kollektiven Sicherheit der UNO unseren Status nicht berührt, denn das wird nach der UNO und dem Völkerrecht seit ungefähr 20 Jahren als Polizeiaktion betrachtet.
    Wenn diese Entwicklung nicht eingetreten ist, würde eine Mitgliedschaft zur Westeuropäischen Union, meiner Auffassung nach, neuerdings zu einer Volksabstimmung führen müssen.
    Moment, da kann man das noch einmal festhalten.
    Müsste zu einer Volksabstimmung führen.
    Ja.
    Stehen Sie da nicht im Widerspruch zur Meinung des Restes der Bundesregierung?
    Stehe ich nicht im Widerspruch, weil auch dort die Meinung, Sie haben ja gesagt, unterschiedliche Töne, verschiedene Töne, Klubanfänger,
    die einen, die sagen, das kommt auch in regionaler Wirkung, berührt die Nationalität nicht, würde auch die Nationalität Österreich nicht berühren, wenn wir WU-Mitglied werden.
    Und die anderen, die sagen, also ich meine, wenn es 1996 schon käme, ist die Entwicklung noch nicht so weit für ein regionales Sicherheitssystem und würde wahrscheinlich zu einer Volksabstimmung führen müssen.
    Ja, ich wollte dazu die Bestätigung der Frau Staatssekretärin, ob das Ihre Sicht ist, denn hinsichtlich einer Polizeiaktion auf weltweitem Niveau müsste man wohl
    von der Theorie her ganz unterschiedlich argumentieren als bei einem europäischen Militärblocksystem, denn das wäre es ja letztendlich.
    Das heißt, Frau Staatssekretärin, eigentlich wurde das bisher ja stets ausgeschlossen, dass es so etwas überhaupt geben könnte.
    Stehen Sie dann wenigstens, wenn die Möglichkeit von so etwas jetzt doch hier sehr klar ausgesprochen wurde, befürworten Sie dann auch für diesen Fall die zwingende Notwendigkeit einer Volksabstimmung?
    Für mich ist Ziel 1996, wenn Österreich Mitglied der Europäischen Union ist, an der Erarbeitung eines regionalen kollektiven Sicherheitssystems mitzuarbeiten.
    Das ist in keinem Widerspruch mit der österreichischen Neutralität und daher gehe ich davon aus, dass auch nach 1996, wobei ich noch eingeschränkt dazu sagen möchte, dass es eben wahrscheinlich nicht in der Schnelligkeit geht, Österreich mit dem Kern der österreichischen Neutralität weiter hier an diesem regionalen kollektiven Sicherheitssystem teilhaben kann.
    Soweit ein Ausschnitt aus der Diskussion des Vormittags.
    Einer der nächsten Hauptpunkte des heutigen Tages ist nun die Debatte über den Antrag des Bundesvorstandes, Nein zur EU zu sagen und dies auch als Empfehlung für die Volksabstimmung zu artikulieren.
    Dieser Antrag wird zweifellos eine große Mehrheit finden.
    Aber wenigstens zu Wort kommen sollen am Nachmittag auch die EU-Befürworter unter den Grünen, wie die Abgeordnete Monika Langthaler und Stadtrat Christoph Kurherr.
    Und damit zurück ans Studio.
    Noch im laufenden Mittagsschanal werden wir wahrscheinlich über die Gegenargumentationen des grünen Bundessprechers Peter Pilz berichten können.
    Wir bleiben auch im nächsten Beitrag noch beim Thema EU, denn Mitte nächster Woche wird es ernst für die Beitrittsbewerber aus Österreich und Skandinavien.
    Das Straßburger Europarlament wird darüber abzustimmen haben, ob ihm die Erweiterung um die vier EU-Aspiranten genehm ist.
    Ganz eindeutig scheint die Stimmung der Europarlamentarier vier Tage vor der Sitzung in Straßburg nicht zu Orten zu sein.
    Informationen von Günter Schmeck.
    Spätestens am Mittwoch zwischen 17 und 18 Uhr sollte es klar sein, ob das Europäische Parlament dem Beitritt von Österreich, Norwegen, Schweden und Finnland zustimmt oder ihn blockiert.
    Bis zur Abstimmung im Straßburger Plenum wird noch viel diskutiert, lobbyiert und spekuliert werden.
    Im Prinzip gibt es im Europäischen Parlament keine nennenswerte Opposition gegen die vier Beitrittskandidaten.
    Dass die Abstimmung dennoch schief gehen könnte, liegt an einer Kombination von Grundsatzüberlegungen,
    Irritationen und formalen Schwierigkeiten.
    Die größte Gruppe der zaudernden Europaabgeordneten quer durch die Fraktionen ist die, die findet, gleichzeitig mit der Erweiterung müsste es auch eine Vertiefung der europäischen Integration geben.
    Vor allem müsste das Europaparlament von den derzeitigen Mitgliedstaaten feste Zusagen bekommen, dass es in Zukunft gleichberechtigt mit dem Ministerrat am Zustandekommen von Europagesetzen beteiligt ist.
    Diese Gruppe wurde noch verstärkt durch etliche Abgeordnete, die über den sogenannten Kompromiss von Ioannina verärgert sind.
    In der Schlussphase der Beitrittsverhandlungen hatten ja die Briten und Spanier versucht, über die Abstimmungsmodalitäten im zukünftigen erweiterten Ministerrat Beschlussfassungen zu erschweren.
    In der griechischen Stadt Ioannina einigten sich die zwölf Außenminister auf einen Kompromiss.
    Man würde sich um möglichst breite Mehrheiten bemühen, würde bei knappen Abstimmungsverhältnissen
    eine angemessene Bedenkzeit einhalten.
    Für so manchen Europaabgeordneten war das ein Schritt in die falsche Richtung, zurück zu den Zeiten, als alles noch einstimmig entschieden werden musste und damit jeder Staat geradezu eingeladen war, mit seinem möglichen Veto zu taktieren.
    Alles nicht wahr, versuchten in den letzten Wochen zahlreiche Minister die Abgeordneten zu beruhigen.
    Der Kompromiss von Joannina sei nur eine Absichtserklärung ohne Rechtskraft.
    Er verspreche nur das, was derzeit ohne dies getan wird, nämlich, dass man sich in jedem Fall um eine möglichst breite Zustimmung bemüht.
    Gerade, dass keiner der Minister sagte, alles nur heiße Luft, damit die Briten und Spanier ohne Gesichtsverlust nachgeben konnten.
    Auch was die zukünftigen Kompetenzen für das Parlament betrifft, bemühen sich die Regierungen, ihren guten Willen zu zeigen.
    In der größten Fraktion, der sozialdemokratischen, scheint es eine deutliche Zustimmung zur Erweiterung zu geben.
    Ähnlich auch in der Europäischen Volkspartei, obwohl dort der harte Kern der Europa-Fundamentalisten sitzt.
    Die grüne Fraktion hat ihre Position jetzt schriftlich niedergelegt.
    Die europäischen Grünen sind dafür, die Europäische Union um alle demokratischen Staaten Europas zu erweitern, insbesondere um die vier jetzigen Kandidaten.
    Sie freuen sich auf den positiven Beitrag, den diese vier Länder auf den Gebieten Soziales und Umwelt leisten können.
    Sie erwarten sich vom Beitritt der vier Länder, die über reiche Erfahrungen bei UNO-Einsätzen verfügen, neue Impulse für eine gemeinsame Außenpolitik.
    Sie halten es aber für besser, später abzustimmen, um eine bessere Information in den Beitrittsländern zu ermöglichen und den EU-Ministerrat zu klaren Aussagen in Sachen Institutionen zu zwingen.
    Die nächste Parlamentswoche in Straßburg wird jedenfalls spannend.
    Am Montag beraten die Fraktionen intern weiter.
    Am Dienstag werden die beiden größten Fraktionen interne Probeabstimmungen durchführen.
    Am Mittwoch ist dann die Plenumsdebatte, die kurz vor der Abstimmung unterbrochen wird, um dem Ministerrat noch einmal Gelegenheit zu geben, seine Absichten zu verdeutlichen.
    Dann wird es knapp, denn auch die Befürworter einer Erweiterung würden lieber die Abstimmung verschieben, wenn sich abzeichnet, dass die notwendige absolute Mehrheit der Stimmen nicht zu finden ist.
    Und jetzt, wie versprochen, nochmals zum Goldegger EU-Bundeskongress der Grünen, wo inzwischen der grüne Bundessprecher Peter Pilz seine Argumentation referiert hat.
    Wir schalten nach Goldegg zu Franz Simbürger.
    Nun hier hat die Aussage von Außenminister Alois Mock vor dem Grünen Bundeskongress, wonach bei Schaffung einer westeuropäischen Militärallianz wohl eine zweite Volksabstimmung in Österreich notwendig sei, zu
    heftigen Aufregungen geführt.
    Der Bundessprecher Peter Bild, der eben noch am Wort ist und seinen Anti-EU-Antrag, den grünen Anti-EU-Beschluss vorstellt, sagte, Bundesminister Mock hat nicht weniger getan, als zum ersten Mal sehr spät und sehr kurz vor der entscheidenden Volksabstimmung den detaillierten
    Plan der Bundesregierung zur Abschaffung der österreichischen Neutralität vorzulegen.
    Zum ersten Mal kennen wir und kennt die österreichische Bevölkerung den genauen, regierungsoffiziellen Neutralitätsabschaffungsplan.
    In einem Schritt, nämlich schon am 12.
    Juni bei der Volksabstimmung sei die Neutralität offenbar nicht ganz abschaffbar, sagte Pilz, aber erstmal sei nun auch offiziell klar, dass die Neutralität in der EU nicht zu halten sei, mein Pilz.
    Und darum gehe es eben schon bei der Volksabstimmung am 12.
    Juni.
    Es geht nicht um eine Restneutralität, wie es auch nicht um einen Restfrieden und eine Restsicherheit gehen kann, sondern es geht um die ganze Neutralität.
    Und über die wird
    trotz aller Vernebelungsaktionen, mit denen ich in den nächsten Tagen rechne, nicht bei der zweiten Volksabstimmung, sondern bereits entscheidend am 12.
    Juni abgestimmt.
    Und schon allein deswegen wird die Frage, ob es Ja oder Nein heißt, egal ob dann noch einmal über irgendwas abgestimmt wird, grundsätzlich über das Schicksal der österreichischen Neutralität entscheiden.
    Es ist wohl unzweifelhaft, dass nach diesen Worten von Peter Pilz die EU-Gegner bei den Grünen weiteren Auftrieb erhalten haben.
    Es wird auch jetzt in den nächsten Stunden zweifellos darüber weiter diskutiert werden.
    Ich gebe zurück an das Studio nach Wien.
    Reporter war Franz Sinnbürger.
    Soviel also zum grünen EU-Bundeskongress im salzburgischen Goldeck.
    Ein kleiner Wahlkampf herrscht derzeit in Österreich, denn vor den großen Wahlen im Herbst, den Nationalratswahlen, haben die großen Parteien ihren Kandidaten noch vor Wahlen verordnet.
    Je nach Land und Partei verschiedene allerdings.
    Fritz Dittlbacher hat den Vorwahlkampf genauer unter die Lupe genommen.
    Die SPÖ hat ihre Vorwahl schon weitgehend abgeschlossen.
    Nur in Tirol wird erst ab Montag abgestimmt.
    Ein erstes Resümee lautet, wenig Aufwand brachte wenig Aufsehen, aber auch wenig Aufregung.
    In der ÖVP ist man in den meisten Ländern mit Vorwahlen noch nicht so weit.
    Abgestimmt wurde bisher in Vorarlberg in Oberösterreich und Burgenland.
    Die anderen sind gerade mittendrin.
    Besonders heiß geht es dabei in Wien her.
    In der Bundeshauptstadt treten gleich 100 Vorwahlkandidaten um sechs bis sieben Nationalratsmandate.
    Auf den Listen überstrahlt die alte und neue politische Prominenz alle anderen, denn auch Minister und Generalsekretäre müssen in der ÖVP durchs Vorwahlfegefeuer.
    Doch genau das scheint viele Kandidaten angezogen zu haben.
    Und zwar auch jene, von denen man annahm, dass sie der Politik bereits Adieu gesagt hätten.
    So wie Ex-Familienministerin Marlies Fleming, jetzt Vorwahlkandidatin im Wahlkreis Innen-Süd.
    Ich habe als Ministerin für Österreich im Umweltbereich sehr viel erreicht.
    Und das, was ich für Österreich erreicht habe, jetzt für Europa umsetzen zu dürfen, das wäre eine ungeheure Herausforderung.
    Das Bild vom alten Zirkuspferd drängt sich auf.
    Wiener Vorwahlkandidaten sind einfallsreich.
    Justizsprecher Michael Graf, Kandidat Wien Innenwest, will medienbewusst das scharfe S abgeschafft wissen.
    Ein Gegenkandidat hört's und fordert umgehend die Abschaffung des Doppel-F, um auch in die Zeitung zu kommen.
    Doch der Großteil des Wahlkampfes läuft traditionell per Postwurfsendung und Zettelaktion.
    Marilis Fleming?
    Wir gehen auf die Straße, wir verteilen unsere Programmzettel, wir sprechen mit den Menschen auf den Märkten, vor den Kirchen, bei den Standeln und das Echo ist derartig positiv, dass ich mich wirklich freue.
    Mancher versteht es auch, das Angenehme mit dem Flüssigen zu verbinden.
    Ferdinand Mayer, bis vor kurzem ÖVP-Generalsekretär und Kandidatin Wien-Nordwest, verbindet seine Rückkehr mit Einkehr.
    Ich gehe gerne in Wiener Beiseln.
    Es ist kein Wunder, weil meine Eltern selbst einen Beißel haben und da kennen mich auch viele Leute und da sprechen sie mich an.
    Was macht man nun aber, wenn man beim Wirten sitzt und Mangels Prominenz will einen keiner ansprechen?
    Ein Gutteil der 100 Vorwahlkandidaten fällt in diese Kategorie.
    Und hier muss man sich schon einiges einfallen lassen, um ins Gespräch zu kommen.
    Matthäus Thun-Hohenstein ist einer dieser umtriebigen, aber relativ unbekannten Wahlwerber.
    Er geht auf seine Art und Weise in die Offensive und veranstaltet Wahlpartys im eigenen Wohnzimmer.
    Ein schönes Haus in Wien-Hitzing, fast schon im Grünen.
    An der Gartentür hängt ein Plakat mit freundlicher Einladung.
    Im Wohnzimmer lockt ein kaltes Buffet.
    Und an den Schränken kleben selbstgemachte Plakate.
    Bürgerliche Erneuerung statt Sozialismus prangt darauf als Slogan.
    Ein älterer Herr aus der Umgebung nippt am Sektglas.
    Und seine Anforderungen an einen Kandidaten sind weniger ideologisch.
    Sympathie, Sympathie in erster Linie.
    Von Ersten kennenlernen wird man auch nicht, aber immerhin, man kann sich unter den Menschen vorstellen.
    Und Matthäus Thun-Rundstein stellt sich vor.
    Wer bin ich?
    Von meinem Lebenslauf her, 1963 geboren, schon relativ früh in der Jugend politisch tätig, immer bei der ÖVP und habe jetzt die Chance ergriffen, um
    meine existenzielle Sorge um die ÖVP auch zu artikulieren.
    Thun Hohenstein artikuliert zumindestens heute Abend vor allem vor Gleichgesinnten.
    Zwei junge Herren auf die Frage, warum sie denn für Thun Hohenstein votieren würden.
    Naja, die ganze Einstellung zu der heutigen Zeit, was sehr wichtig ist, nicht?
    Und... Kann man die irgendwie illustrieren?
    Nein, ich würde sagen, genau kann man... Das ist ja nicht äußert, ich meine, will ich auch nicht.
    Die Roten müssen weg, ist doch klar.
    Das ist das Allerwichtigste.
    Die Roten sind ein verkommener Baggage, das muss weggeräumt werden.
    Das Land ist krank.
    Und der Graf Thun ist einer derjenigen, der hier Flagge zeigt.
    Flagge zeigen, das heißt bei diesem Kandidaten ein besonders wertkonservatives Programm.
    Thun Hohenstein ist für ein striktes Verbot der Abtreibung, für gesetzliche Scheidungserschwernisse.
    Er ist gegen Subventionen für moderne Kunst und für die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer.
    In der BUSSEG-ÖVP steht der Familienbundkandidat damit in vielen Bereichen für eine Minderheitsmeinung.
    Ist seine Vorwahlkandidatur somit nicht nur Aufputz für Randgruppen?
    Thun Hohenstein ist optimistisch.
    Ich gehe davon aus, dass es ein Erfolg wird.
    Und was ist ein Erfolg?
    Ein Erfolg ist auf jeden Fall ein Platz unter den ersten fünf bei der Vorwahl.
    Und das heißt ein Nationalratsmandat?
    Ein Nationalratsmandat heißt das nur, wenn es die Nummer eins ist, aber ein Erfolg ist es, wie gesagt, eins bis fünf.
    Das ist aber dann irgendwie ein Kämpfen für unter Umständen auch in Schönheit Sterben.
    Man muss auch in Kauf nehmen, dass man das Richtige verdreht, aber mit fliegenden Fahnen das Ziel nicht erreicht.
    Denn Tom Hohenstein zeichnet das aus, was auch auf alle anderen Vorwahlkandidaten zutrifft.
    Er ist von sich, von seiner Wahrheit und seiner Notwendigkeit überzeugt.
    Ich gebe mir sehr gute Chancen, weil ich sage,
    Die Basis der ÖVP, und da sind nun einmal ihre Mitglieder und ihre Sympathisanten, denkt anders als das Parteiestablishment.
    Die Wahrheit und die Überzeugung, ihr zum Durchbruch verhelfen zu müssen.
    Und sei es nur bei den Wiener ÖVP-Vorwahlen.
    Noch einmal Ex-Ministerin Marlies Fleming über ihre Motivation, sich neuerlich in den Ring zu begeben.
    Ich war immer ein politischer Mensch und mein Vater hat mich gelehrt, du hast diese Welt ein bisschen besser zu verlassen, als du sie vorgefunden hast.
    Und das war nicht nur ein Auftrag für ein paar Jahre, sondern für mein ganzes Leben.
    Und solange ich laufen, gehen, denken, sprechen kann, werde ich mich bemühen, das zu tun.
    Marie-Lise Flemming in Fritz Dittlbachers Beitrag über die Vorwahlen.
    Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel hat mit seinen Plänen für eine generelle Autobahn-Maut für umfangreiche Diskussionen gesorgt.
    Österreichs Straßenbau steht vor einem großen Finanzloch und die entsprechenden Pläne in der EU kommen da gerade recht.
    Auch Deutschland und die Benelux-Staaten denken über eine Autobahn-Maut nach.
    Die südeuropäischen Länder haben ohnehin schon seit langem eine generelle Autobahn-Maut, dazu auch die Schweiz.
    Herbert Hutter hat mit Recherchehilfen der Autofahrerklubs ÖAMTC und ARBÖ einen Blick über die Grenzen getan.
    Die klassischen Autobahn-Mautländer Italien und Frankreich haben sogenannte geschlossene Mautsysteme.
    Das heißt, bei jeder Auf- und Abfahrt ist von vornherein ein Mauthäuschen dazugebaut worden.
    Bei der Auffahrt wird ein Ticket gezogen, bei der Abfahrt wird gezahlt.
    Münsterichter bei der Auffahrt sind nunmehr selten.
    Die Italiener haben ein relativ kompliziertes Tarifsystem.
    Je nach Fahrzeugkategorie PKW-Fahrer zahlen im Schnitt 70 Groschen pro Kilometer.
    In Frankreich liegt der Durchschnittspreis bei 40 Groschen je Kilometer.
    Die Spanier zahlen ebenso viel wie die Italiener, nämlich 70 Groschen.
    In Frankreich und in Spanien kann man auch mit den gebräuchlichsten Kreditkarten die Autobahngebühr bezahlen.
    Autobahn-Mauten gibt es dann noch auch in Portugal, in Griechenland und in ehemaligen Jugoslawien.
    Die Schweiz mit dem generellen, jährlich gültigen Autobahn-Pickel ist ein Einzelfall geblieben.
    Frankreich und Italien führen bereits umfangreiche Systeme mit der elektronischen Funkmaut durch.
    Das System in Frankreich auf einer Versuchsstrecke bei Paris sieht so aus.
    Ein Kreditkartengroßer Sender an der Windschutzscheibe funkt die Daten an einen Zentralrechner, der Autofahrer bekommt dann die Rechnung per Post ins Haus.
    Je nach Tageszeit werden zwischen 30 und 70 Groschen je Kilometer verrechnet.
    Der große Nachteil, keine Anonymität.
    Die Italiener sind da schon einen Schritt weiter.
    Da funktioniert das sogenannte Telepass-System völlig anonym.
    Die elektronische Einheit im Auto selbst, genannt Onboard Unit, arbeitet ähnlich wie eine Telefonwertkarte.
    Sie kann ebenso anonym gekauft wie benutzt werden.
    An großen Mautstellen haben die Italiener ein bis zwei Abfertigungsspuren für diese elektronische Funkmaut installiert,
    Die Preise schwanken zwischen 40 und 70 Groschen je Kilometer.
    In Europa wird derzeit an einem einheitlichen Standardsystem gearbeitet.
    Die Chipkarte im Auto soll noch viel mehr können als bisher und eine einheitliche Mikrowellenfrequenz für den Funkkontakt hat man bereits gefunden.
    Dieses europäische Einheitssystem wird unter anderem auch in Österreich an der Tauernautobahn getestet.
    Umfangreiche Erfahrungen mit der elektronischen Maut hat man in Norwegen und zwar beim Stadtautobahn-Maut-System in Oslo.
    Seit 1990 haben sich zwei Drittel der Autofahrer für den günstigeren Tarif mit der Elektronikkarte entschlossen, obwohl es noch Geldautomaten für das Barzahlen gibt.
    Das Kontrollsystem ist so dicht, dass es sage und schreibe 0,1% der Autolenker als Maut-Schwarzfahrer überhaupt erst probiert haben.
    Für Österreich ist ein sogenanntes offenes Streckenmautsystem geplant.
    Das heißt, an strategisch besonders günstigen Stellen, wo am meisten Geld zu holen ist, wird eine Mautstelle errichtet.
    Über die Höhe der Maut, wie gesagt, wird erst diskutiert.
    Die von Minister Schüssel genannten 30 Groschen je PKW und Kilometer und die 1 Schilling 20 für den LKW im Durchschnitt sind noch keineswegs ausgemachte Sache.
    Herbert Huter über Autobahnmauten.
    Eins vor halb eins ist es jetzt und der nächste Programmpunkt, das ausführliche Personality-Interview.
    im Journal zu Gast.
    Sie war die erste evangelische Pfarrerin im Burgenland und sie ist seit Donnerstag die erste Frau in Österreich, die einer Diözese vorsteht.
    Mag.
    Gertraud Knoll, Superintendentin, eine Funktion, die in der katholischen Kirche etwa jener eines Diözesanbischofs entsprechen würde.
    Die Mit-30erin kommt aus dem burgenländischen Weppersdorf, ist mit einem evangelischen Pfarrer verheiratet und Mutter eines dreijährigen und eines erst neun Monate alten Töchterleins.
    Für die Familie bringt die Wahl Gertraud Knolls zur Superintendentin einiges an Veränderungen mit sich.
    Als Hubert Arnim Ellison Gertraud Knoll in Weppersdorf für das folgende Interview besuchte, ließ sich etwa das dreijährige Töchterlein trotzig vernehmen, Mami, ich will nicht, dass du super wirst.
    Die Kleine wird es wohl bald so akzeptieren lernen, dass die Mami Superintendentin ist und vielleicht auch ein wenig stolz auf sie sein.
    Für die Kinder ist die Wahl zur Superintendentin ihrer Mutter natürlich das größte Problem.
    Die müssen sie jetzt sehr teilen in diesen Tagen, nicht wahr?
    Ja, die Kleine bekommt das, glaube ich, noch nicht so mit.
    Die lebt ja noch eigentlich in meinem Rhythmus sehr stark, dadurch, dass ich sie auch noch stille.
    Aber die Große, die jetzt in einer eher sehr schüchteren Phase ist, für die war der heutige Tag eine echte Belastung.
    Die hat die vielen fremden Herren, die da mit Blitzen anmarschiert sind, also nicht sehr willkommen geheißen.
    Hat ihnen leidenschaftlich gern die Zunge entgegengestreckt und solche Scherze.
    Und hat gesagt, ich will jetzt laut sein.
    Ich will jetzt laut sein.
    War Ihr Mann schon bisher vermutlich oft der Mann von der Frau Pfarrer?
    Ja, das war sein Schicksal.
    Er hat ja immer scherzhaft gesagt, er ist die erste männliche Pfarrfrau des Burgenlandes gewesen.
    Und jetzt bist du wirklich auch noch mein Chef.
    Je nachdem, wie gut man sich in der evangelischen Kirche auskennt, assoziiert man ja mit dem Begriff, mit dem Wort Superintendent, Verschiedenes.
    Man kann daran denken, das ist so etwas wie der Bischof in der römisch-katholischen Kirche.
    Wenn man etwas weiter denkt, dann assoziiert man den Theaterintendanten.
    Was ist denn der Superintendent?
    Also das gefällt mir zum Beispiel sehr gut, diese Vorstellung des Theaterintendanten.
    Denn unser Leben geschieht ja sehr oft unter dem Motto, dass wir etwas inszenieren, was uns in unseren Seelen inne wohnt.
    Und davon weiß ja auch die Theologie sehr viel zu erzählen.
    Die ganze Bibel ist so ein Szenarium von
    von Leben und hinter diesem Bild könnte ich mich also sehr gut wiederfinden.
    So ein Theaterintendant hat aber doch dann auf der anderen Seite viel mehr Ähnlichkeiten mit der Machtbefugnis und der Autorität des katholischen Bischofs, denn wenn es ums Geld geht, um die Besetzung geht, der verschiedenen Rollen auch in den Gemeinden, dann steht doch der Superintendent
    wesentlich weiter in der Gemeinde und die Gemeinden sind mehr selbstverantwortlich.
    Da ist doch der Theaterintendant eher ein Bischof als ein Superintendent.
    Das liegt wahrscheinlich jetzt darin, dass ich zu wenig Einblick habe, was dem Theaterintendanten alles obliegt.
    Das mag schon sein.
    Ich habe jetzt eher die kreative Seite des Theaters herausgehört, in diesem Vergleich, als diese Manager-Seite, die Sie jetzt ansprechen.
    Es ist ganz sicher so, dass in der evangelischen Kirche eben auch diese Besetzungsstrukturen auf demokratische Weise geschehen und das hat sich also auch vorgestern bei dieser Subvenentenwahl jetzt so deutlich gezeigt.
    Es war ja selbst für die evangelische Kirche, in der Frauen schon länger auch geistliche Ämter übernehmen können, schon auch eine Sensation, dass hier eine Frau zum Superintendent gewählt worden ist.
    Es gibt in Hamburg die Bischöfin Jebsen.
    Wo liegt denn da jetzt der Unterschied zwischen dem Bischof, der Bischöfin und der Superintendentin?
    Prinzipiell einfach in der unterschiedlichen Größe der Landeskirchen.
    Deshalb gibt es einfach in der deutschen Kirche auch mehrere Strukturebenen.
    Eigentlich ist das österreichische Superintendentenamt wirklich adäquat dem deutschen Bischofsamt der Landeskirchen.
    Also Sie sind schon mit Fug und Recht eine Bischöfin.
    Wenn Sie so wollen, ja.
    Wir wollen das.
    Nun sind Sie als Frau Superintendentin geworden im Burgenland und Sie sind bekannt dafür in der burgenländischen Kirche, dass Sie die Frauenfrage auch wirklich weiterbringen wollten, dass Ihnen das ein Anliegen gewesen ist.
    Sehen Sie das jetzt als ein ganz entscheidendes Etappenziel?
    Ich bin eine sehr praktische Frau und die Frauenfrage war für mich nie so sehr eine theoretische Frage.
    Das ist für mich erst dazugekommen im Laufe meiner Tätigkeit in diesem Männerberuf, dass mir einfach bewusst geworden ist,
    wie benachteiligt die Frauen wirklich noch sind.
    Das war die erste Begegnung im Fahramt, dass ich immer gedacht habe, die Frauen sind die ersten Mitstreiterinnen auf meiner Seite, bis ich zuerst einmal kennenlernen musste, dass die Frauen sehr, sehr distanziert waren, weil sie einfach gemerkt haben, dass ich ganz andere Lebensvollzüge habe als sie selbst.
    Die mussten wahrscheinlich noch größtenteils
    sich organisieren oder bitten, dass sie weggehen durften am Abend.
    Und ich habe da so großzügig handhaben können und war das nie gewohnt, irgendjemanden fragen zu müssen, was ich tue.
    Also habe ich die Frauenproblematik erst im Laufe der Jahre kennengelernt.
    Und sie hat mir auch irgendwo dann bei der Suppenendentenwahl, sie mir noch einmal begegnet mit dieser Frage, wie stellen Sie sich das eigentlich vor mit zwei Kindern?
    Wie haben Sie denn da überhaupt argumentiert?
    Denn immerhin sind Sie ja da in eine Männerriege eingedrungen.
    Erstens einmal schon bei der Kandidatenliste, Sie waren die einzige Frau.
    Zweitens natürlich auch bei der Anhörung, wo Sie Ihre Fragen beantworten mussten, wo Sie Ihre Motive darstellen mussten und Ihre Konzeptionen vorlegen mussten.
    Das war ja auch eine Männergesellschaft, mit der Sie sich da unterhalten haben.
    Also das ist sicherlich der Punkt, der mich heute noch am meisten freut, dass ich dort also nicht irgendwelche so schmackhaften Regierungserklärungen angeboten habe, dass ich mich heute den Vorwurf machen müsste, und den musst du jetzt auch einlösen, sondern dass es gerade diese Frage war, die offenbar wirklich hinübergekommen ist zu den Männern, die Sie jetzt auch angesprochen haben.
    Nämlich die Frage, wie stellen Sie sich das vor mit den zwei Kindern.
    Und ich zunächst einmal gesagt habe, zum Beispiel der andere Kandidat hatte auch eine Tochter mit vier Jahren und bezeichnenderweise wurde er mit dieser Frage überhaupt nicht konfrontiert.
    Und ich dann gesagt habe, die Kirche hat sich 1982 zu den verheirateten Frauen auch bekannt.
    Ja, aber hat sie mit diesem Bekenntnis zu den Frauen dann sich auch dazu bekannt, dass sie die Familien akzeptiert, die familiäre Belastung akzeptiert und damit ja auch akzeptiert, dass eine Pfarrerin und eine Superintendentin erst recht nicht so zur Verfügung steht, wie ein Mann, der die Familie Familie sein lässt und die Frau das alles managen lässt und er kümmert sich ums Geschäft?
    Ja, es ist ganz richtig.
    Nur halte ich das also gerade für den falschen Weg, gerade in dieser Kirche, die den Anspruch stellt, dass unsere Beziehungen glücken sollen.
    Weil so glücken sie eben jetzt in der Gegenwart überhaupt nicht mehr, wo die klassischen Rollenbilder eben nicht mehr funktionieren und wo sich die Frauen nicht mehr sagen lassen, du bist für die Sorge in der Familie allein zuständig.
    Und Sie haben völlig recht, ich betrachte es auch nicht unbedingt als meine Privatsache, dass das jetzt funktioniert und dass ich mich da jetzt aufteilen muss und mir überlegen muss, wie ich das als Privatmensch organisiere, dass ich jetzt Suppenentendin geworden bin, sondern ich bin, wenn Sie so wollen, auch eine Zumutung für meine Kirche.
    Und ich sehe das auch so, dass die Kirche das jetzt mit mir zu tragen hat.
    Allerdings ist eben auch das Leben der Kirche sehr stark geprägt, vor allem dann, wenn es um die Leitungsgremien geht, sehr stark geprägt von Sitzungen, die oft abends und nächtelang dauern.
    Wir haben das also im Burgenland wirklich von den Frauen eben initiiert, dass sowas auch stattfinden kann am Samstag von 17 bis 21 Uhr, wo man also nicht unbedingt zu Hause erforderlich ist.
    Und also nur um zu zeigen, dass es eben so sicherlich möglich ist, dass in der praktischen Organisation der Arbeit nicht unbedingt männliche Strukturen Voraussetzung sein müssen.
    Denken Sie, dass dieses neue Rollenverständnis innerhalb Ihrer Kirche dann auch hinauswirken kann auf die Gesellschaft?
    Denn irgendwo will ja die Kirche auch eine gesellschaftliche Bedeutung haben.
    Also wenn ich zum Beispiel jetzt die Reaktion auf meine Wahl hernehme, dann nehme ich genau solches Signal auch an und freue mich darüber.
    Es ist ein ungeheures Interesse und das zeigt auch, dass die Leute nicht prinzipiell Religion jetzt in nicht kirchlichen, esoterischen und sonstigen Kreisen suchen, sondern offenbar doch warten und hoffen, dass aus der Kirche lebensfreundliche Signale kommen, die die Leute auch
    gerne hören und uns auf ihrer Lebensebene entdecken.
    Auf dieser Lebensebene, das bedeutet dann aber auch, dass die Kirche, und Sie stehen eben für die evangelische Kirche im Burgenland jetzt, in die Gesellschaft hineinwirken will, versöhnend, tröstend,
    Wie kann das dann in der Praxis ausschauen?
    Man hat oft das Gefühl, die Kirche ist eben da für die Leute, die im Leben irgendwo nicht mehr weiter wissen.
    Für die, die im Leben stehen, die brauchen die Kirche nicht.
    Die Jungen brauchen sie nicht, die Gesunden brauchen sie nicht.
    Die Alten, die sich auf den Tod vorbereiten, die kommen dann zur Kirche.
    Die Kranken, da kommt dann der Seelsorger.
    Ja, das ist ein fürchterliches Image, das sich die Kirche da eingeholt hat.
    Und in meiner Person sehe ich die Möglichkeit, gerade mit den Kindern in der Richtung, dass ich sage, ich habe ja in meinem Beruf als Pfarrerin durch meine Kinder eine solche Bereicherung erfahren.
    Ich habe so viel gelernt.
    Ich habe erstmals verstanden, was Jesus meint, mit lasst die Kinder zu mir kommen, weil ich an ihnen gemerkt habe,
    dass man das Wesentlichste im Leben nicht planen kann, dass man offen sein muss, dass ich im Augenblick zu leben habe und mir nicht ununterbrochen darüber Gedanken machen muss und mich davon quälen lassen muss, was morgen oder was übermorgen sein wird.
    Also ich habe so viel Theologisches gelernt, was ich vorher im Kopf
    reflektiert habe und wahrscheinlich auch sehr klug darüber geredet habe in irgendwelchen Predigten, aber nicht gelebt habe.
    Und meine Kinder haben mich also ganz gezielt immer wieder gezwungen, zu überprüfen, ob das, was ich sage, auch so ist.
    Und in ihren Augen und in ihrem täglichen Fordern und in dem, was sie mir schenken, lerne ich das.
    Im öffentlichen Leben ist die Kirche nur mehr für bestimmte Bereiche zuständig.
    Die evangelische Kirche eher weniger als die katholische, da denkt man sofort an Sexualvorstellungen und vor allem Verbote.
    Bei der evangelischen Kirche, würde ich mal sagen, weiß man gar nicht so genau, wofür sie steht, zumindest in Österreich.
    Deshalb die Frage an die neue Superintendentin, wofür steht sie denn?
    Ja, das ist also schon ein Problem, dass man gerade durch diese große Medienbedeutung auch gewohnt ist, immer in Schlagzeilen zu denken und auch in Schlagzeilen zu hören und dafür steht dann jemand oder wird jemand etikettiert.
    So einfach ist das eben nicht, dass man jetzt wirklich hergehen kann und schablonenhaft jeder Kirche einfach ein Schild umhängt und sagt, die katholische Kirche steht eben für Aussagen zur Sexualethik.
    Das ist ja eine ganz grobe Verkürzung.
    Oder die evangelische Kirche kennzeichnet sich gerade darin, dass sie zu nichts konkrete Aussagen macht.
    Das sind ja lauter Negativbestimmungen.
    Und so kommt es aber oft hinüber durch diese Betonung, dass man zu allem zum Beispiel Stellung zu nehmen hat.
    Das halte ich also für absolut unsinnig.
    Und wofür würden Sie es dann etikettieren?
    Wofür steht es im positiven Sinn?
    Die Kirche steht auf der Seite der Menschen, auf der Seite der Fragenden, Suchenden, auf der Seite des Lebens schlechthin, auf der Seite der Suche nach Orientierung vor allem.
    Ich denke da vor allem an das große Problem,
    dass wir ja gar nicht mehr merken, wie süchtig wir in unserer Zeit leben nach Arbeit.
    Wir leben in einer absoluten Suchtgesellschaft, in der wir ständig weitergetrieben werden zu noch höheren Idealen, zu noch größeren Leistungen und auf der anderen Seite die emotionale Ebene dauernd zu kurz kommt.
    Und wir haben im Jahr der Familie die größten Ansprüche an eine heile Welt im privaten Bereich und scheitern kläglich daran, weil uns diese andere sucht, es im Leistungsdruck genauso gut zu können, weil das einfach nicht zusammenzubringen ist.
    Und ich glaube, das ist einfach der Ort der Kirche, wo sie
    wo sie eine Institution sein sollen, die den Menschen Mut macht, als Menschen zu leben und nicht als Maschinen zu funktionieren, für irgendeine Ideologie oder für irgendeine Wachstumsgesellschaft, die immer weiter und immer höher hinaus muss.
    Nein, die Botschaft ist, ihr dürft Menschen sein und sollt darum kämpfen, menschenwürdig auch zu leben.
    Was müsste passieren, dass Sie sagen, ich kann jetzt nicht mehr, ich funktioniere seit längerer Zeit nur mehr als Maschine, das will ich jetzt nicht mehr, ich bin auch Mutter, ich habe Familie, ich bin Ehefrau, mir ist das wichtiger, ich verzichte auf mein Amt, ich lege das Amt der Superintendentin zurück.
    Das ist sehr einfach zu beantworten.
    Sollte ich das Gefühl haben, dass meine Familie, was zu meiner Identität gehört, ich bin eben nicht Superintendentin und auch Mutter, sondern ich bin als Superintendentin Mutter,
    Und wenn das einmal so wird, dass aus einem Kreis, wenn das also mein Leben ein Kreis ist, nur mehr ein winziges Segment aus diesem Kreis fürs Muttersein überbleibt oder für meine Familie, dann denke ich, dass die Kirche auch ihrem Auftrag nicht ganz gerecht wird, dass wir eine Kirche sind, wo die Verheirateten, also wo die Amtsträger auch Familie haben dürfen.
    Dann stimmt etwas nicht.
    Dann wäre das Zölibat, der Zölibat gerechtfertigt.
    Ich erwarte mir, dass ich als Mensch mit all dem, was zu meinem Menschsein gehört, dieses Amt leben kann.
    Das, finde ich, gehört zur protestantischen Tradition, wo das evangelische Pfarrhaus doch gerade eine so bedeutende Rolle spielte und bis heute spielt es und wo so oft bedauert wird, dass es eben nicht mehr so gut funktioniert, weil ja die Frauen nicht mehr mitmachen.
    Sie machen sich selbstständig und übernehmen die Ämter.
    Richtig.
    Sie sind jetzt 35 Jahre alt.
    Das bedeutet, wenn Sie bis zu Ihrer Pension Superintendentin sind, dann sind das locker 25 Jahre.
    In dieser Zeit können Sie natürlich Kirche ungeheuer prägen.
    Was nehmen Sie sich für diese hoffentlich doch 25 Jahre vor?
    Große Vorhaben habe ich jetzt noch nicht, aber was mir immer schon wichtig war und was mich sicherlich auch in meinem neuen Amt prägen wird, ist, ich möchte es in einem Satz zusammenfassen, den ich bei Alice Miller gefunden habe, die hat nämlich einmal gesagt, wenn man Menschen die Liebe predigt, also Kindern vor allem, dann lernen sie nicht die Liebe, sondern das Predigen.
    Und ich glaube, da liegt so ein Grundübel, eine Grundkrise der Kirche begraben, dass so viele Appelle in Worten ausgesprochen, empfohlen oder sogar geboten werden, aber dass das die Leute nicht annehmen können, weil dazu die Wurzeln fehlen.
    Und jetzt auf mein Amt übertragen, dann möchte ich einfach versuchen, diese Liebe nicht nur zu predigen, sondern zu leben.
    mit meiner ganzen Person, mit meiner Familie.
    Das ist mir sehr wichtig.
    Und das auch nicht hinter verschlossenen Türen, sondern in der Öffentlichkeit.
    Frau Superintendentin, ich danke Ihnen für das Gespräch und wünsche Ihnen alles Gute für die kommenden 25 Jahre.
    Danke vielmals.
    Fragen an Gertraud Knoll stellte Hubert Arnim Ellisen.
    Südafrikas Demokratie-Premiere ist also über die politische Bühne gegangen, die ersten freien Wahlen sind abgeschlossen, die Stimmen werden ausgezählt.
    Armin Wolf aus Johannesburg.
    Ein Sieg für das Volk, so schreibt heute die größte Tageszeitung Südafrikas Riesengroß auf der Titelseite.
    Und ein anderes Blatt nennt die ersten demokratischen Wahlen in der Geschichte des Landes Korts einen Triumph.
    Tatsächlich ist diese Wahl entgegen vieler Befürchtungen überraschend friedlich abgelaufen und auch die zahlreichen organisatorischen Probleme können die allgemeine Jubelstimmung im Land nicht trüben.
    Trotz der vielfältigen Schwierigkeiten rechnet niemand damit, dass die unabhängige Wahlkommission den Urnengang als nicht frei und fair qualifizieren könnte, was de facto ja eine Wiederholung der Wahl bedeuten würde.
    Undenkbar, sagt auch der österreichische Politologe Wolfgang Briem, der seit vergangenen Sommer für eine Wählerschulungsorganisation in Johannesburg arbeitet und diese Woche einer von 14.000 Wahlbeobachtern war.
    Ich kann es mir auch nicht vorstellen, weil das Land
    jetzt zu lange, also seit vier Jahren, auf diese Wahl hinlebt und hinarbeitet.
    Und auch wenn die Wahl jetzt mehr oder weniger schlecht organisiert war und das Ergebnis nicht substanziell als frei und fair angesehen werden kann, glaube ich, dass das Land keine andere Möglichkeit hat, als jetzt diese Wahl, auch wenn sie schlecht organisiert war, als Grundstein für den Neubeginn in Südafrika anzuerkennen.
    Mit dem Schließen der Wahllokale gestern Abend sind die Schwierigkeiten aber noch keineswegs vorbei.
    Ganz im Gegenteil.
    Die Auszählung der Stimmen begann heute früh in manchen Landesteilen durchaus chaotisch.
    In Natal und anderen Regionen sind nach wie vor zahlreiche Wahlurnen nicht an den Sammelstellen eingetroffen.
    Schlechtes Wetter behinderte den Transport.
    Die Auszählung selber ist ziemlich kompliziert.
    Erst wird die Zahl der ausgegebenen und der wieder retourgekommenen Stimmzettel verglichen.
    Allein das dürfte angesichts hunderttausender verschwunderner Stimmzettel etliche Zeit in Anspruch nehmen.
    Dann müssen die Stimmen für das nationale Parlament, neun Provinzparlamente und insgesamt 27 Parteien eigens gezählt werden.
    Und schließlich müssen sich die Vertreter der verschiedenen Parteien dann noch über die umstrittenen Stimmen einigen.
    Das alles dürfte die Bekanntgabe von Ergebnissen in die Länge ziehen.
    Ursprünglich hatte man mit dem Endergebnis am Sonntagabend gerechnet.
    Tatsächlich wird es das amtliche Resultat wohl nicht vor Dienstag oder gar Mittwoch geben.
    Manche Kommentatoren befürchten jetzt, dass lange Warten auf die Resultate und vor allem Siegesfeiern könnten nach der friedlichen Wahl nun doch noch zu Gewaltexplosionen in den Townships führen.
    Der Politologe Wolfgang Priem glaubt das nicht.
    Ich glaube zum einen, dass die Leute sehr geduldig sind.
    Also man darf nicht vergessen, dass die Mehrheit der Bevölkerung über 30, 40 Jahre auf diese Wahl gewartet hat.
    Und ich glaube, dass man sehr wohl noch eine Woche warten kann auf diese Ergebnisse.
    Zweitens nehme ich an, dass die Wahlergebnisse von allen größeren Parteien akzeptiert werden.
    Eben wie gesagt, weil keine andere Option da ist, man kann die Wahl jetzt nicht wiederholen.
    Natürlich bleibt es ein Fragezeichen, wie die Inkarter-Freiheitspartei reagiert, falls das Wahlergebnis nicht in ihrem Sinn oder nach ihren Berechnungen ausfallen wird.
    Aber im Moment bleibe ich optimistisch und glaube nicht, dass es zu Konflikten kommen wird.
    Allgemein rechnen die Experten mit einem Sieg des afrikanischen Nationalkongresses von Nelson Mandela deutlich vor der Nationalpartei von Staatspräsident De Klerk.
    Das Wahlgesetz hat allerdings Umfragen innerhalb der letzten drei Wochen vor den Wahlen verboten.
    Verlässliche Hochrechnungen aufgrund erster Zwischenergebnisse sind also kaum möglich.
    Soviel aus Südafrika.
    Der Nahe Osten ist dem Frieden näher gerückt.
    Das Autonomieabkommen zwischen Israel und der PLO ist unterschriftsreif.
    In Wien hält sich zur Zeit einer Ostexperte Ari Rath auf.
    Er war 15 Jahre lang Chefredakteur der Jerusalem Post.
    Mit ihm sprach Christian Moser über die Friedenschancen.
    Herr Rath, es sieht jetzt so aus, als ob das Autonomieabkommen zwischen Israel und der PLO am 4.
    Mai unterzeichnet werden kann.
    Ist das für Sie jetzt tatsächlich der Durchbruch bei den israelisch-palästinensischen Verhandlungen?
    Ich würde sagen, das ist der endgültige Durchbruch.
    Wir haben in den letzten Monaten etliche Durchbrüche und auch viele Auf- und Abstiege miterlebt.
    Auf jeden Fall, was meiner Meinung nach ganz wichtig ist festzuhalten, dass trotz dieses furchtbaren Massakers in Hebron der Friedensprozess sich erneuern konnte und jetzt
    in der ersten Phase vollendet wird.
    Am Anfang des Monats hat Ministerpräsident Rabin den Siedlern noch zugesichert, dass ihre Siedlungen bestehen bleiben würden, auch nach einem Abkommen mit den Palästinensern.
    Nur zehn Tage später hat er dann gesagt, für den Frieden sei er auch bereit, die jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten aufzugeben.
    Wie ist da die Stimmung im Land und wie ist die Stimmung unter den Siedlern?
    Lassen Sie sich das gefallen.
    Erstmal,
    Wie Sie das dargestellt haben, klingt das wie ein Widerspruch.
    Es ist kein Widerspruch, denn Herr Rabin hat eben betont, dass in der ersten Phase der Selbstverwaltung der Palästinenser, die jetzt in der Tat beginnen wird, keine Räumung von Siedlungen und Osidlern vorgesehen ist, aber nur in der ersten Phase.
    Und hat sich dann etliche Male bereit erklärt für Frieden,
    auch Siedlungen zu räumen, auch auf den Golanhöhen.
    Und dort könnte es akut werden.
    Denn ja, die Syrer, auch unter amerikanischem Druck, sind bereit, irgendwie aktiv die Friedensvereinigung zu erneuern.
    Bleiben wir gleich bei den Siedlungen auf den Golanhöhen.
    Glauben Sie, dass das eine Grundlage ist, die Aufgabe der Siedlungen durch Israel für einen dauerhaften Frieden mit Syrien?
    Heute gilt noch bei Assad ein vollkommenes Njet.
    Nichts.
    Er sagt auch Njet zu einem Vorschlag, der schon besteht, dass man das in Phasen machen soll.
    Also einen Rückzug auf drei Phasen im Laufe etlicher Jahre, um auch das Vertrauen gegenseitig zu gewinnen und ganz offen zu sein, um es auch leichter zu machen, die israelische Öffentlichkeit daran zu gewöhnen.
    Es ist eigentlich ganz gut jetzt, dass wir ein vollkommenes Abkommen mit der PLO haben für die erste Phase, denn Herr Assad will sicher nicht jetzt draußen bleiben wollen.
    Glauben Sie, könnten die USA so etwas widerschlichter sein zwischen Israel und Israel?
    Ja, das ja, das ja.
    Aber in dieser Phase der letzten Monate der Verhandlungen mit den Palästinensern, die waren meistens ganz direkt.
    Und wir haben jetzt, und das ist ganz wichtig, mit der Führung der PLO so eine direkte Sprache.
    Die Amerikaner, es ist wichtig, dass sie da sind.
    Aber sie sind auch viel vorsichtiger geworden seit den Zeiten von Baker und Kissinger.
    haben sich die Amerikaner leider in Somalien die Finger verbrannt, von Bosnien nicht zu reden.
    Es ist nicht so einfach.
    Aber es ist wichtig, dass sie als einzige wichtige große Weltmacht da sind und die Russen möchten ja auch so ein bisschen teilnehmen und sie haben noch ein bisschen Einfluss auf die Syrer und ich hoffe, es wird auch so weitergehen.
    Ich weiß, das ist jetzt eine schwierige Frage zum Abschluss, aber in welchen Zeitrahmen könnte sich das Ihrer Meinung nach abspielen?
    Ja, wir sprechen sicher nicht mehr von Jahrzehnten.
    Wir sprechen Zeitrahmen von etlichen Jahren.
    Jetzt ist April, schon bald Mai 94.
    Also ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass am Ende des Jahrhunderts und des Jahrtausends
    wir schon einen Nahosten mit einem umfassenden Frieden mit Israel als gleichberechtigten Partner vor uns sehen können.
    Ari rat über die Hoffnungen auf Nahostfrieden.
    Gerade das Wetter geht sich noch aus im Mittagsjournal.
    Heute Nachmittag sonnig, zwischen 22 und 27 Grad warm, morgen Sonntag merklich kühler, sehr windig, wechselnd bewölkt und von Nordwesten her gewittrige Regenschauer.
    Damit verabschieden sich Toni Benedikt für die Technik, Fabio Polli für die Regie des Mittagsjournals
    und Manfred Kronsteiner als Moderator.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Mitwirkende: Haider, Edgard [Gestaltung] , Schirlbauer, Wilfried [Sprecher/in]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Mitwirkende: Tiesner, Andreas [Gestaltung]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Klima und Wetter ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Mock und Ederer vor dem Europäische Union-Sonderkongress der Grünen
    In Goldegg in Salzburg tagt der Bundeskongress der Grünen zum Thema der Haltung der Grünen zur EU. Das Ergebnis dieser Standortbestimmung ist im wesentlichen bereits vorgegeben. Die Delegierten sollen das "Nein" des Bundesvorstands zum EU-Beitritt billigen. Sowohl Außenminister Mock als auch Europastaatssekretärin Ederer waren als Gastredner eingeladen. Einblendung: Europastaatssekretärin Brigitte Ederer, Einblendung: Außenminister Alois Mock, Einblendung: Grüne Madeleine Petrovic.
    Mitwirkende: Hopfmüller, Gisela [Gestaltung] , Ederer, Brigitte [Interviewte/r] , Mock, Alois [Interviewte/r] , Petrovic, Madeleine [Interviewte/r]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Ort: Goldegg
    Schlagworte: Politik Österreich ; Parteien / Grüne ; Opposition ; Regierung ; EU ; Direkte Demokratie ; Konferenz ; Außenpolitik ; Neutralität ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Stimmung in der Europäischen Union gegenüber Erweiterung, Entscheidung demnächst
    Das Straßburger EU-Parlament stimmt in der kommenden Woche über die Erweiterung der vier EU-Aspiranten Österreich, Schweden, Finnland und Norwegen ab. Die Stimmung scheint nicht ganz eindeutig zu sein.
    Mitwirkende: Schmidt, Günter [Gestaltung]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Ort: Straßburg
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; EU ; Parlament ; Außenpolitik ; Regierung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Goldegg: Aufregung um Mock, 2. Volksabstimmung
    In Goldegg in Salzburg tagt der Bundeskongress der Grünen zum Thema der Haltung der Grünen zur EU. Das Ergebnis dieser Standortbestimmung ist im wesentlichen bereits vorgegeben. Die Delegierten sollen das "Nein" des Bundesvorstands zum EU-Beitritt billigen. Sowohl Außenminister Mock als auch Europastaatssekretärin Ederer waren als Gastredner eingeladen. Einblendung: Bundessprecher Grüne Peter Pilz.
    Mitwirkende: Simbürger, Franz [Gestaltung] , Pilz, Peter [Interviewte/r]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Ort: Goldegg
    Schlagworte: Politik Österreich ; Parteien / Grüne ; Außenpolitik ; Neutralität ; Militär ; Direkte Demokratie ; EU ; Regierung ; Opposition ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Turbulenzen um Vorwahlen
    Vor der Nationalratswahl im Herbst finden in den Großparteien Vorwahlen statt. Der Vorwahlkampf ist je nach Bundesland und Partei unterschiedlich. Interview: Vorwahlkandidatin ÖVP Marilies Flemming, Interview: diverse anonyme Passanten, Interview: Vorwahlkandidat ÖVP Matthäus Thun-Hohenstein.
    Mitwirkende: Dittlbacher, Fritz [Gestaltung] , Flemming, Marilies [Interviewte/r] , Anonym, Passantin, Passant, Passanten [Interviewte/r] , Thun-Hohenstein, Matthäus [Interviewte/r]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Parteien / SPÖ ; Parteien / ÖVP ; Wahlen ; Regierung ; Regierung ; Föderalismus ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Internationale Maut-Systeme
    Wirtschaftsminister Wolfgang Schüssel hat mit seinen Plänen für eine generelle Autobahnmaut für Diskussionen gesorgt. Österreichs Straßenbau steht vor einem großen Finanzloch. Die entsprechenden Pläne in der EU kommen gerade recht.
    Mitwirkende: Hutar, Herbert [Gestaltung]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Verkehr ; Finanzwesen und Kreditwesen ; EU ; Reportage ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Gertraud Knoll, Superintendentin
    Im Journal zu Gast ist die erste evangelische Pfarrerin im Burgenland. Sie ist die erste Frau die einer Diözese als Superintendentin vorsteht. Interview: evangelische Superintendentin Gertraud Knoll.
    Mitwirkende: Arnim-Ellissen, Hubert [Gestaltung] , Knoll, Gertraud [Interviewte/r]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Theater ; evangelische Kirche ; Frauen ; Porträt ; Interview ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Bundesland / Burgenland
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Südafrika nach den Wahlen
    Die ersten freien, demokratischen Wahlen in Südafrika sind abgeschlossen. Ein Situationsbericht nach Abschluss der Wahlen. Interview: Politologe Wolfgang Briem.
    Mitwirkende: Wolf, Armin [Gestaltung] , Briem, Wolfgang [Interviewte/r]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Wahlen ; Rechtsextremismus ; Rassismus ; Terror ; Interview ; Reportage ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Südafrika
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Interview mit Ari Rath über Autonomieabkommen
    Der Nahe Osten ist dem Frieden näher gerückt. Das Autonomieabkommen zwischen Israel und der PLO ist unterschriftsreif. Interview: Nahostexperte Ari Rath.
    Mitwirkende: Moser, Christian [Gestaltung] , Rath, Ari [Interviewte/r]
    Datum: 1994.04.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Krisen und Konflikte ; Terror ; Interview ; Minderheiten ; Ethnie ; Verhandlung ; Diplomatie ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Israel ; Regionen / arabische Welt
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1994.04.30
    Spieldauer 00:55:51
    Mitwirkende Kronsteiner, Manfred [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1994.04.30 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-940430_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
    Mediathek Logo