Mittagsjournal 1993.07.24

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Hier ist das Mittagsjournal aus dem Studio in Wien begrüßt.
    Silvana Löw, guten Tag.
    Das sind die Programmpunkte für die kommende Stunde.
    Eröffnung der Salzburger Festspiele.
    Bundespräsident Klestil spricht in seiner Eröffnungsrede von der Tragödie von Sarajevo.
    Völlige Ungewissheit über die geplanten Bosnien-Gespräche in Genf.
    Gewiss ist nur, in Bosnien wird weiterhin gekämpft.
    Neue Pläne für Flüchtlingswohnungen in Österreich und ehemalige iguslawische Journalisten verbreiten eine Tonbandwochenzeitung im Untergrund.
    Außerdem, was die Swissair sagt zur Partnersuche der Austrian Airlines, warum die russische Zentralbank plötzlich alle alten Rubelscheine einzieht und weshalb Computerchips auf einmal zur Mangelware wurden.
    Im Journal zu Gast heute der deutsche Wirtschaftsprofessor Jürgen Donges, einer der sogenannten Fünf Weisen aus dem Beraterstab für die Bonner Regierung.
    Zu Beginn aber wie gewohnt die Nachrichten zusammengestellt, hat sie Georg Schalk-Ruber.
    Gelesen werden sie von Aimo Gottler.
    Österreich.
    In der Salzburger Felsenreitschule sind heute die Festspiele 1993 von Bundespräsident Klestil eröffnet worden.
    Klestil sagte, die Salzburger Festspiele seien in der für Europa so schwierigen Zeit ein wichtiges Gegenbild der Hoffnung und des Glaubens an den Fortschritt europäischer Geschichte.
    Die Festrede hält der ungarische Staatspräsident Orpat Göns.
    Anwesend sind ferner der deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker und der Präsident von Tschechien Václav Havel.
    Weitere internationale Prominenz aus Kultur und Politik ist ebenfalls nach Salzburg gekommen.
    Am Abend wird im großen Festspielhaus L'Incoronazione di Poppea von Monteverdi aufgeführt.
    Die Salzburger Festspiele dauern bis zum 30.
    August.
    Insgesamt stehen 198 Veranstaltungen auf dem Programm.
    Bosnien Herzegowina
    Für eine militärische Entspannung gibt es nach wie vor keine Hinweise.
    In so gut wie allen Regionen Bosniens sind die Kämpfe heute Nacht fortgesetzt worden.
    Die schwersten Gefechte werden aus dem Norden gemeldet.
    Hier setzen serbische Truppen bei ihren Angriffen auf die Region nordwestlich von Brcko massiv Artillerie und auch Hubschrauber ein.
    Mindestens acht Menschen kamen ums Leben, darunter Frauen und Kinder.
    Es gibt allerdings eine serbische Ankündigung, wonach ab morgen in Sarajevo ein Waffenstillstand gelten könnte.
    Zwischenfälle gab es auch in den kroatischen Krisengebieten im Hinterland der dalmatinischen Küste.
    Die geplanten neuen Bosnien-Friedensgespräche in Genf stehen schon vor ihrem Beginn vor dem Scheitern.
    Ursprünglich sollten sie gestern beginnen, dann war von morgen die Rede.
    Jetzt ist als neuer Verhandlungstermin der Dienstag im Gespräch.
    USA.
    Führende amerikanische Politiker fordern, dass Präsident Clinton in den Bosnien-Konflikt eingreift.
    Die Belagerung Sarajevos durch die bosnischen Serben müsste notfalls mit militärischer Gewalt gebrochen werden, heißt es in einem Schreiben von 78 Kongressmitgliedern an Clinton.
    Falls sich die Serben unnachgiebig zeigen, sollten verstärkte UNO-Schutztruppen die Belagerung gewaltsam beenden und NATO-Kampfflugzeuge die serbischen Positionen in den Bergen um Sarajevo bombardieren, meinen die Kongresspolitiker.
    Washington überprüft das amerikanische Engagement im UNO-Einsatz in Somalia.
    Reagiert wird damit auf die wachsende Kritik an der zunehmenden Gewalt in diesem Land.
    Eine sechs Mann starke Expertengruppe aus Washington hält sich derzeit in Somalia auf und wird am Dienstag nach der Rückkehr Bericht erstatten.
    Möglicherweise wird ein Termin für den Abzug der internationalen Einheiten empfohlen.
    In den vergangenen Wochen ist es immer häufiger zu blutigen Zusammenstößen zwischen UNO-Einheiten und somalischen Banden gekommen.
    Vor allem Italien hat den Vereinigten Staaten vorgeworfen, auf militärische Gewalt zu setzen, statt auf den Dialog mit der Bevölkerung von Somalia.
    Russland.
    Die Zentralbank hat heute überraschend eine Geldreform, einen umfassenden Geldumtausch bekannt gegeben.
    Ab Montag gelten alle sowjetischen Banknoten der Jahre 1961 bis 1991 und die russischen Geldscheine des Jahres 1992 nicht mehr.
    Unternehmen und Privatpersonen können ihr Bargeld in den alten Scheinen bis zum 7.
    August umtauschen.
    Für Privatpersonen gilt aber eine Obergrenze von umgerechnet knapp mehr als 400 Schilling.
    Beträge, die darüber hinausgehen, müssen mit sechsmonatiger Laufzeit angelegt werden.
    Als Grund für den Geldumtausch wird offiziell angegeben, dass man Geldfälscher bekämpfen wolle.
    Die Regierung unterstützt die Maßnahme der Zentralbank.
    Südafrika.
    In schwarzen Siedlungen östlich von Johannesburg ist es wieder zu blutigen Überfällen gekommen.
    Mindestens acht Menschen sind ums Leben gekommen.
    Diese Siedlungen sind seit einigen Wochen Zentren schwerer Unruhen, bei denen fast 200 Menschen getötet wurden.
    Als wichtigste Ursache der Gewalt zwischen Schwarzen in Südafrika gilt der Machtkampf zwischen dem Afrikanischen Nationalkongress und der Inkatha-Freiheitspartei.
    Weiters gilt es als wahrscheinlich, dass rechtsradikale Gruppen mit gedungenen Mördern den Aufbau der Demokratie in Südafrika behindern wollen.
    Österreich.
    Der burgenländische Altlandeshauptmann Theodor Kehry begeht heute seinen 75.
    Geburtstag.
    Kehry war von 1966 bis 1987, also 21 Jahre lang, Landeshauptmann des Burgenlandes.
    Kehrys politische Karriere begann 1951, damals wurde er in den Landtag gewählt.
    1960 wurde er zweiter Landtagspräsident, 1962 Landesrat.
    Soweit also die Meldungen im Überblick.
    Den Wetterüberblick für heute Mittag hat Gerhard Steiner.
    Heute fließt trockene Luft nach Österreich.
    Sie hat am Vormittag die Wolken weitgehend aufgelöst.
    Morgen erreicht uns von Westen her etwa ab Mittag eine Gewitterzone und damit ist es mit den sommerlichen Temperaturen auch schon wieder vorbei.
    Heute bleibt es aber fast überall sonnig und warm.
    Dazu die aktuellen Meldungen.
    Wien wolkig 23 Grad, Westwind 20 Kilometer pro Stunde, Eisenstadt wolkig 24, St.
    Pölten und Linz wolkig 20, Salzburg heiter 19, Innsbruck heiter 21, Bregenz heiter 19, Graz heiter 23 und Klagenfurt heiter 22 Grad.
    Auch die restlichen Wolken im westlichen Niederösterreich trocknen noch ab.
    Die Temperaturen können auf 24 bis 29 Grad steigen.
    Die Gefahr von Gewittern ist heute gering.
    Daher gutes Berg- und Segelwetter.
    In 2000 Meter Höhe hat es etwa 11 Grad.
    Lebhaften Wind gibt es besonders im Donautal, im Wiener Becken und im Burgenland.
    Er flaut erst gegen Abend ab.
    Morgen Sonntag scheint zunächst fast überall die Sonne.
    In Westösterreich bilden sich aber am Vormittag Quellwolken und es kann bereits gegen Mittag zu Gewittern kommen.
    Am Nachmittag breiten sich Regenschauer und Gewitter rasch nach Osten aus.
    Sie können zum Teil sehr heftig sein mit Sturmböen und Hagel.
    Am Abend und in der Nacht auf Montag werden sie im Süden Österreichs ihre größte Intensität haben.
    Die Höchstwerte liegen morgen in Tirol und Vorarlberg bei 25, sonst aber zwischen 27 und 32 Grad.
    Am Montag dann hat uns die kalte Luft hinter den Gewittern voll erfasst.
    Es wird regnerisch und etwa 8 bis 10 Grad kühler.
    Ein zumindest bis morgen Mittag schönes Wochenendwetter verspricht uns Gerhard Steiner.
    Und trotzdem ist uns für heute auch ein schwarzer Samstag prophezeit worden, zumindest für alle die, die sich im Auto auf die Urlaubsreise machen.
    Ein erster Urlauberschichtwechsel stehe bevor, hieß es, der Ferienbeginn in Bayern und Hessen und der Betriebsurlaub in großen deutschen Automobilwerken.
    All das würde uns das stärkste Reisewochenende dieses Sommers bescheren.
    Bei mir im Studio ist jetzt Andrea Radakovic von unserer Verkehrsredaktion.
    Wie schaut es denn wirklich jetzt aus auf unseren Straßen und an den Grenzen?
    Ja, auf den Transitrouten gibt es derzeit sehr starken Reiseverkehr, besonders aus Deutschland kommend über Tirol Richtung Süden.
    So wird in Tirol auf der A12, auf der Inntal-Autobahn, vor dem Perrien-Tunnel Richtung Arlberg der Verkehr zeitweise angehalten.
    Und auf der Fernpass-Bundesstraße vor Nassereit Richtung Süden gibt es derzeit vier Kilometer Stau.
    Auch vor Landegg auf der Tiroler Bundesstraße hat sich Richtung Osten ein sechs Kilometer langer Rückstau gebildet.
    Ein Blick an die Grenzen, da gibt es vor allem Richtung Ungarn stundenlange Wartezeiten.
    Spitzenreiter sind hier Nickelsdorf und Heiligenkreuz mit jeweils vier Stunden und der Einreiseverkehr hält sich zurzeit noch in Grenzen, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Hier ist der Spitzenreiterberg mit eineinhalb Stunden.
    Ja, und wie wir von unseren Kollegen aus Bayern erfahren, hat sich vor dem Grenzübergang Salzburg-Walserberg ein 15 Kilometer langer Stau bei der Einreise nach Österreich gebildet.
    Das entspricht etwa einer Stunde Anfahrtszeit.
    Generell kann man von einem Verkehrschaos nicht sprechen.
    Bei einem Unfall allerdings kann sich das natürlich schlagartig ändern, aufgrund des doch sehr starken Reiseverkehrs.
    War das eine Prognose für das restliche Wochenende, für den Samstag?
    Eine Entwicklung für dieses Wochenende abzuschätzen ist meiner Meinung nach sehr schwer.
    Es ist nicht so schlimm geworden, wie wir es uns gedacht hätten, aber man weiß nie.
    Gut, der Verkehrsdienst natürlich immer weiterhin auf der Welle von Ö3.
    Wir im Mittagsschornal kommen zur Eröffnung der Salzburger Festspiele.
    Feiern dazu haben vor rund zwei Stunden in Salzburg begonnen.
    Mit dabei sind gleich vier Präsidenten, der Deutsche Richard von Weizsäcker, der Tschechische Vaclav Havel als Gäste, der ungarische Präsident Arpat Gönz als Festredner und Österreichs Bundespräsident Klestil als Eröffnungsredner.
    Präsident Klestil stellte die Lage im ehemaligen Jugoslawien und die Aufgabe der Politik in den Mittelpunkt seiner Rede.
    Von der Eröffnung aus Salzburg ein Bericht von Karl Kern.
    Die Salzburger Festspielfanfare hat nur für wenige Minuten heute die tagesaktuellen Ereignisse etwas abseits stehen lassen.
    Bundespräsident Thomas Klestil hat vor zahlreichen Spitzenpolitikern aus dem In- und Ausland den Existenzkampf Sarajevos angesprochen.
    Eine Tragödie, sagte Klestil, die jenseits aller Entsetzlichkeit menschlichen Leidens auch noch eine ganz andere Niederlage menschlicher Zivilisation markiere.
    Wenn es Europa wirklich ernst meint,
    mit dem Niederreißen und dem Einebenen von Grenzen.
    Und wenn wir die jugoslawische Tragödie als den letzten Höhepunkt eines bitteren und opferreichen Lernprozesses auf diesem Weg begreifen wollen, dann werden auch wir uns längerfristig in einem multikulturell geprägten Umfeld zurechtfinden müssen.
    Unter solch veränderten Vorzeichen
    Unterschiede und Kontraste nicht nur zuzulassen, sondern sogar zu fördern, ist Gewaltfreiheit aber nur vorstellbar, wenn wir zu einer ganz neuen Kultur der Empfindsamkeit im Umgang miteinander finden.
    Wenn es uns gelingt, die Begegnung mit dem Fremden, dem Unbekannten auch als Chance zu begreifen.
    Eine Chance nicht nur für die anderen, sondern auch für uns selbst.
    das verbindende Europa im Mittelpunkt dieser Festspieleröffnung hier in Salzburg.
    Die Kultur als Ersatz für die Wirtschaft, als Bindeglied der europäischen Nationen, beschwor Salzburgs Landeshauptmann Hans Katschtaler.
    Österreichs Rolle in den Augen Katschtalers dabei, heraus aus der Inselmentalität, denn diese Inselmentalität führe zu einer Ghetto-Bildung.
    Mir geht es darum, das Gefühl einer geschlossenen Sattheit ebenso
    wie die Gefahr einer fundamentalistischen Enge aufzubrechen, weil die Welt sonst über uns hinweggeht.
    Manchmal habe ich den Eindruck, man könnte die Salzburger Festspiele in den letzten Jahren mit der geistigen Situation in Österreich vergleichen.
    Hohes Niveau, Exklusivität und nun Sorge vor Veränderung und Öffnung, verbunden mit der Warnung vor Qualitätsverlust und wirtschaftlichem Niedergang.
    Als Repräsentant des Kuratoriums des Salzburger Festspielfonds nehme ich diese Sorgen ernst.
    Niveau und Qualität und auch treue Gäste sind zu halten.
    Aber ich bekenne mich zur internationalen und nationalen Öffnung der Salzburger Festspiele in einem größeren Ausmaß als bisher.
    Europa dann auch im Mittelpunkt der Rede von Unterrichtsminister Rudolf Scholten.
    Für ihn sind frei, Kultur und Bildung der innerste Kern des europäischen Traums, der eine friedliche Identität für die Zukunft verspricht.
    Der europäische Traum ist also auch der Traum der Freiheit der Kunst.
    Meine Damen und Herren, wir reden viel von Kunst.
    Wir reden viel vom kulturellen Erbe, von unserer Verpflichtung in der Gegenwart gegenüber dem Geerbten, von der Kunst als Rückgrat unserer Gesellschaft.
    Doch, frage ich mich, haben wir sie nicht zum Sonntagsthema gemacht?
    Der Feiertag, der braucht diese, das Odium der Besonderheit.
    Doch wochentags bleibt sie zurück, da muss sie sich dann rechnen.
    Umwegrentabilität dient als Krücke.
    Nur wenn sie ihren Nutzen nachweisen kann, dann ist die Kunst auch wochentags willkommen.
    In Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Schwierigkeiten und wachsender sozialer Spannungen kommt sie auf die Abschussliste.
    Der diesjährige Festredner zur Eröffnung der Salzburger Festspiele ist Ungarns Staatspräsident Arpat Gönz.
    Der studierte Jurist, der gefeierte Übersetzer und Literat.
    Gönz versuchte eine Standortbestimmung des heutigen Ungarns im Spannungsfeld zwischen Ost und West, im Spannungsfeld auch Europas.
    Gönz' Definition von Mitteleuropa ist keine der Sprache, auch keine der Literatur.
    Gönz versucht es über die Sprache der Musik.
    Es gibt Vokal- und Instrumentalmusik, eine Musik, die etwas ausdrückt und eine ohne Bedeutung, eine tendenziöse und eine Programmmusik.
    Aber wer hat je von einer Propagandamusik gehört, von einer politisch rechts- oder linksorientierten Musik, von exklusiver Musik, von nationalistischer Musik oder ideologischer und programmatischer Musik oder über falsches musikalisches Bewusstsein?
    Soweit Ungarns Staatspräsident Arpat Gönz.
    Die Eröffnung der Salzburger Festspiele dauert derzeit noch an.
    Mehr vom Festakt von dieser Eröffnung bringen wir ab 19 Uhr in Österreich 1.
    Reporter aus Salzburg von der Eröffnungsfeier war Karl Kern und wir wechseln zunächst zu der von Präsident Klestil auch angesprochenen Lage in Bosnien.
    Während es offenbar völlig ungewiss ist, ob und wann die seit Wochen Mitte geplanten Genfer Gespräche unter Leitung der Vermittler Owen und Stoltenberg wirklich beginnen sollen oder können.
    Währenddessen gehen die Kämpfe in Bosnien weiter.
    Angeblich soll ab morgen eine Feuerpause gelten.
    Vorläufig ist davon nichts zu merken, berichtet Franz Bumeda aus Sarajevo.
    Als eine Prüfung für das Gewissen der gesamten Menschheit bezeichnete der bosnische Präsident Alija Izetbegovic gestern die derzeitige Situation in seinem Land.
    Und anschließend stellte er die fast rhetorische Frage, ob die Menschheit weiterhin bereit ist, Völkermord und ethnische Säuberungen zuzulassen.
    Die brutale Antwort liegt auf der Hand, wenn man sie allein aus den Granateneinschlägen ableitet, die gestern bis in die späte Nacht die bosnische Hauptstadt terrorisierten.
    Ein Geschoss explodierte am Abend in einem improvisierten Markt nur wenige Meter vom hiesigen Rundfunkgebäude entfernt.
    Gott sei Dank war der Markt menschenleer, sonst wäre ein weiteres Massaker in die Geschichte dieses grausamen Krieges eingegangen.
    Aus Mostar wandte sich gestern Abend der Kommandant des 6.
    Korps der bosnischen Armee, Anarija Izetbegovic.
    Er forderte den Präsidenten auf, den für morgen in Genf geplanten Gesprächen fernzubleiben.
    Allein die Situation in der herzegowienischen Stadt, die seit sechs Wochen von der Versorgung abgeschnitten ist, erlaube eine Teilnahme nicht.
    Wieder aufs Neue gefährdet ist auch die Versorgung von Gorazde.
    Ein UNHCR-Sprecher in Belgrad habe angegeben, so Radio Sarajevo, serbische Frauen würden weitere Transporte nicht zulassen.
    Somit könnte der erste Konvoi, der die ostbosnische Stadt vorgestern Abend nach 14 Tagen Unterbrechung erreichte, schon wieder der letzte gewesen sein.
    In Sarajevo gerät das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen zunehmend in die Kritik.
    In einer gemeinsamen Resolution forderten mehrere lokale humanitäre Organisationen das UNHCR auf,
    ihnen den Transport von Lebensmitteln und Medikamenten in die Belage der Hauptstadt selbst zu überlassen.
    Das Flüchtlingskommissariat hätte sich als weitgehend wirkungslos erwiesen.
    Franz Boumeda aus Sarajevo und buchstäblich in diesen Minuten ist über die Fernschreiber eine Meldung gekommen, wonach Bosniens Regierung und die Serben einen Waffenstillstand für Sarajevo und die Umgebung vereinbart hätten.
    Der Chef der UNO-Friedenstruppen für Bosnien, General Brigmont, hat das mitgeteilt.
    Der Waffenstillstand soll ab morgen 10 Uhr gelten.
    Die moralische Pflicht eines Staates, in ihren Heimatländern verfolgte Flüchtlinge aufzunehmen, ist im Allgemeinen unbestritten.
    Aber die Probleme enden für Flüchtling- und Aufnahmestaat nicht mit der Erledigung des Asylantrags.
    Anerkannte Flüchtlinge brauchen auch einen Arbeitsplatz, sie brauchen eine Wohnung.
    Vor allem bei den Wohnungen ist es dabei in Österreich in den letzten Jahren immer wieder zu Schwierigkeiten gekommen.
    Ein detaillierter Plan des Innenministeriums soll dem jetzt abhelfen, Fritz Dittlbacher berichtet.
    Etwa 2000 Menschen werden derzeit in Österreich Jahr für Jahr als Flüchtlinge anerkannt.
    Das heißt, dass sie in Österreich eine neue Heimat finden, mit dauerndem Aufenthaltsrecht und Berechtigung zur Arbeitsaufnahme.
    Das Innenministerium sorgt dabei für die notwendigen Begleitmaßnahmen.
    Für Sprachkurse etwa oder für berufliche Zusatzschulungen.
    Am schwierigsten ist dabei stets die Lösung der Wohnprobleme.
    Theoretisch verfügt das Innenministerium über 6.000 Flüchtlingswohnungen in ganz Österreich.
    Denn im Zug der Ungarn-Krise 1956 wurden die Wohnungsgenossenschaften verpflichtet, gegen Zuschüsse bei ihren geförderten Wohnbauten einen Teil als Flüchtlingswohnungen vorzusehen.
    Für diese Wohnungen hat das Innenministerium die Einweisungsrechte.
    Doch in der Praxis hat man da nicht viel davon.
    Jährlich werden gerade 300 bis 400 Wohneinheiten für Neuvergaben frei, angesichts von 2000 jährlichen anerkannten Konventionsflüchtlingen eine zu geringe Zahl.
    Eine massive Einweisung von Flüchtlingen in Gemeinde- oder Sozialwohnungen, wiederum sei, wie es im Ministeriumspapier wörtlich heißt, angesichts der jahrelangen Wartezeiten von Inländern auf geförderte Wohnungen absolut unrealistisch.
    Im Löschenaggressor will man daher nun auf Eigeninitiative setzen.
    Dazu ist ein detaillierter Drei-Punkte-Plan ausgearbeitet worden.
    Neu angekommene Flüchtlinge sollen zunächst ein halbes Jahr lang in eigenen Flüchtlingswohnheimen untergebracht werden.
    Diese Heime sollen so ähnlich wie fremden Pensionen aufgebaut sein.
    Und dort soll dann auch die Sprach- und Berufsschulung abgehalten werden.
    In jedem Bundesland soll eines dieser sogenannten Integrationswohnheime entstehen.
    In Wien und Niederösterreich gibt es sie bereits, in Oberösterreich hat man ein entsprechendes Objekt im Auge, in den anderen sechs Bundesländern wird noch gesucht.
    Nach den ersten sechs Monaten in Österreich geht es dann in die zweite Stufe.
    Dabei gibt es zwei Alternativen.
    Der Flüchtling oder die Flüchtlingsfamilie bekommt eine kleine Genossenschaftswohnung, für die das Innenministerium den Eigenmittelanteil aufbringt.
    Der Mietvertrag wird allerdings auf drei Jahre befristet.
    Danach muss auf eigene Faust eine neue Wohnung gesucht werden.
    Oder aber man nimmt an einem Integrationswohnbauprogramm teil.
    Das heißt, der Flüchtling arbeitet selbst am Bau eines Hauses mit, ganz in der Tradition der Siedlerbewegungen den 20er und 30er Jahren.
    In diesen über Gemeinden oder gemeinnützige Bauträger errichteten Wohnungen sollen dann auch Österreicher einziehen, um die Schaffung von Ausländer-Ghettos zu vermeiden.
    Für diese mit eigener Leistung errichteten Bauten erhält der Flüchtling ein Dauerwohnrecht.
    Der Baugrund für solche Projekte soll, so hofft man zumindest im Ministerium, von Gemeinden oder auch Kirchen kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
    Für diese Bauten soll eine zentrale Planung mit jeweils 40 und 60 Quadratmeter Wohneinheiten erstellt werden.
    Auf im normalen Wohnbau üblichen Luxus, also etwa aufwändige Autoabstellplätze, will man verzichten.
    Der Wegfall der Grundkosten, die Reduzierung der Planung, die Vermeidung jeden unnötigen Aufwandes und schließlich die Mitarbeit der künftigen Bewohner würde dann die dringend benötigten günstigen Kleinwohnungen schaffen, rechnet man im Ministerium.
    Die monatliche Mietbelastung sollte bei etwa 3.000 Schilling liegen.
    Fritz Dittlbacher mit IMA-Mikrofon Robert Unterweger.
    In so gut wie allen jugoslawischen Nachfolgestaaten gibt es längst keine Spur mehr von der mit der Demokratisierung erhofften Pressefreiheit.
    Sowenen ist die Ausnahme.
    Ob in Serbien oder Kroatien, ob Tudjman oder Milošević, Fernsehen und Rundfunk wurden umfunktioniert zur Propagandamaschinerie und auch die letzten unabhängigen Zeitungen sind gleichgeschaltet oder überhaupt abgewürgt.
    Kritische Journalisten wurden zu Hunderten auf die Straße gesetzt und oft unter fragwürdigen Beschuldigungen vor Gericht gestellt.
    Dazu kommen die Repressionen der Behörden und ständiger Terror.
    Trotz der nur zu realen Gefahr für Leib und Leben haben eine Handvoll Journalisten versucht, im Untergrund ein Informationsnetzwerk aufzubauen.
    Ihr Ziel ist ein freies Radio für Jugoslawien, ja für den ganzen Balkan.
    So weit sind sie freilich noch nicht.
    Der erste Schritt ist eine wöchentliche Tonbandzeitung, wie Gerhard Roth berichtet.
    Das ist die Kennung der Bura, der Tonbahnzeitung des Unabhängigen Informationsnetzwerkes, diesmal ausgestrahlt über ein französisches Regionalradio.
    Die IBURA nennt sich ganz bewusst jugoslawisch, sind doch im Redaktionsteam Journalisten aus allen Nachfolgestaaten vertreten.
    Slowenen, Kroaten, Serben, Montenegriner, Mazedonier und Bosnier versuchen gemeinsam gegen die Übermacht der Propaganda anzutreten.
    Die Mittel sind bescheiden.
    Die Informationen laufen intern über Computer-Mailboxen, werden gesammelt und dann in einer wöchentlichen Tonbandzeitung verarbeitet.
    Diese Halbstunden-Kassetten, produziert wie eine professionelle Radiosendung, gehen dann in die meisten Flüchtlingslager im Ausland, werden aber auch in allen Nachfolgerstaaten unter der Hand verbreitet.
    Im Land selbst beschränkt sich das Publikum freilich auf die wenigen kritischen Intellektuellen.
    Mehr Gehör glaubt man in den Flüchtlingslagern gefunden zu haben.
    Die Menschen dort hätten längst jedes Vertrauen in die Propagandamaschinerie verloren, wie die Bura-Journalisten wissen wollen.
    Im Team sind eine ganze Reihe prominenter jugoslawischer Journalisten, aber auch Schriftsteller, Liedermacher, Künstler.
    Die meisten von ihnen standen schon dem alten Regime kritisch gegenüber, haben mit beigetragen zum demokratischen Aufbruch in Jugoslawien und mussten dann erleben, wie mit dem wütenden Ausbruch des Nationalismus die kritische Intelligenz erneut an den Rand gedrückt wurde.
    Aus dieser Unmacht mag sich wohl auch die bittere Kritik an der internationalen Staatengemeinschaft erklären, wie sie Schelko Vukovic in der letzten Ausgabe der Bura formuliert.
    Vukovic arbeitet in Sarajevo für die letzte dort erscheinende Tageszeitung, die Oslobojenje.
    So sagt er, dass es ein schwerer Fehler gewesen sei, Alija Izetbegovic und seine Regierung als legitime Vertretung aller in Bosnien lebenden Völker anzuerkennen.
    Das sei kurzsichtig gewesen.
    Tatsächlich würden in Bosnien von heute drei Militärhunderts diktieren, die ihre Existenz und ihre Macht vor allem den Irrtümern der internationalen Staatengemeinschaft zu danken hätten.
    Diese habe die Kriegsherren Obkaracic, Ormate Boban und andere de facto legitimiert und dabei übersehen oder übersehen wollen, dass es auch in Bosnien-Herzegowina nach wie vor eine Mehrheit gäbe, die für die Koexistenz der Volksgruppen eintrete.
    Diesen Menschen habe das offizielle Europa die Unterstützung versagt, meint der Journalist.
    Nach einem Bericht über die triste Situation der nahezu vergessenen Bosnien-Flüchtlinge in Mazedonien – es sollen an die 20.000 sein – schließt die Bura mit zwei umfassenden Analysen aus Kroatien und Serbien.
    So schildert die Zagreber Journalistin Gordana Simonovic die Probleme ihrer Landsleute mit der geänderten Haltung der europäischen Gemeinschaft und den angedrohten Sanktionen.
    Man könne es in Kroatien nicht verwinden, dass die internationale Sympathie für Kroatien als Opfer der serbischen Aggression nun in scharfe Kritik umgeschlagen habe.
    Und die Journalistin erortet ein ähnliches Verhalten wie auch in Serbien.
    Als Antwort auf die Kritik aus dem Ausland trommeln die Medien jetzt erst recht und das noch dazu garniert mit der Träne im Knopfloch.
    Von Europa verraten und im Stich gelassen.
    Der Hintergrund für die zunehmende Distanz gegenüber der kroatischen Regierung wird freilich sorgsam ausgespart, wie die Journalistin berichtet.
    In den offiziellen kroatischen Medien wären stets die bosnischen Muslime die Aggressoren und kroatische Frauen und Kinder die unschuldigen Opfer.
    Ob es die Journalisten der Bura schaffen werden, Propaganda-Lügen wie diesen entgegenzusteuern, bleibt freilich abzuwarten.
    Die Chancen sind ungleich verteilt.
    David wird in diesem Kampf wohl unterliegen müssen, wodurch auch die internationale Unterstützung für das mühsam aufgebaute Netzwerk bisher ausgeblieben ist.
    Eine wöchentliche Tonbandzeitung kritischer jugoslawischer Journalisten Gerhard Roth hat berichtet.
    Es ist drei Minuten vor halb zwölf.
    Im Journal zu Gast.
    Das ist heute Professor Jürgen Donges, Wirtschaftsprofessor an der Universität Köln.
    Donges ist einer der sogenannten Fünf Weisen, also Mitglied des Sachverständigenrates zur Beratung der Bundesregierung in wirtschaftlichen Fragen.
    Der deutsche Bundeskanzler und der Wirtschaftsminister wählen die Mitglieder dieses Rates aus.
    Seine Hauptaufgabe ist es, jeden Herbst ein Gutachten über die Perspektiven für die deutsche Wirtschaft zu erstellen.
    Außerdem nehmen die Ratsmitglieder an Besprechungen mit dem Bundeskanzler und mit Fachministern teil,
    Sie sollen den wissenschaftlichen Hintergrund für wirtschaftspolitische Entscheidungen liefern.
    Die deutsche Wirtschaft befindet sich ja in einem tiefen Tal.
    In diesem Jahr wird die gesamte Wirtschaftsleistung um etwa zwei Prozent zurückgehen.
    Die Zahl der Arbeitslosen liegt derzeit bei dreieinhalb Millionen.
    Bis zum Jahresende könnten vier Millionen Deutsche ohne Arbeit sein.
    Deutschland leidet gleichzeitig an einer Strukturkrise der Unternehmen und an den finanziellen Lasten als Folge der Wiedervereinigung.
    Mit Prof. Donges führte Ronald Adrowitzer das folgende Gespräch.
    Herr Prof. Donges, befindet sich Deutschland nun wirklich in der schwersten Rezession seit dem Krieg oder ist das übertrieben?
    Nun, es ist soweit nicht übertrieben, als in der Tat wir bisher noch nicht eine so scharfe Talfahrt erlebt haben in der gesamtwirtschaftlichen Produktion wie in den letzten anderthalb Jahren etwa.
    Dazu muss man allerdings sagen, dass sich das Ganze konzentriert hat auf die Industrie.
    Das unterscheidet die jetzige Rezession von früheren Rezessionen in der Bundesrepublik, die sich auf alle Wirtschaftsbereiche verteilt haben.
    Es ist die Industrie, die ist eingebrochen.
    Vorausgegangen war allerdings so eine Art Sonderboom,
    als Folge der deutschen Einigung.
    Das muss man auch sehen.
    Das heißt, wir kommen von einem sehr hohen Niveau und nähern uns, wenn man so will, wieder normalen Zuständen.
    Es gibt nun Berichte, Meinungen, die Rezession geht im Ende zu etwa Hilmar Kopper, Vorstandsprecher der Deutschen Bank.
    Ist das Zweckoptimismus oder mehr?
    Nein, es ist nicht Zweckoptimismus.
    Wir haben einige Indikatoren,
    die uns zeigen, dass die Talfahrt zu Ende geht.
    Wir sehen etwa in der Welt, dass sich die kulturellen Auftriebskräfte konsolidieren, in den Vereinigten Staaten, in Großbritannien, in anderen Ländern.
    Das ist sehr wichtig für ein Land wie Deutschland, wie auch für Österreich, in dem der Export eine wichtige Rolle spielt.
    Wir haben auch etwas Luft bekommen von der Lohnseite her.
    Wir haben in diesem Jahr recht moderate Lohnabschlüsse gehabt.
    Jedenfalls, was Westdeutschland anlangt.
    Nicht so sehr in Ostdeutschland, aber immerhin in Westdeutschland.
    Auch auf der Zinsseite sind Entspannungstendenzen deutlich.
    Das heißt, wir haben ein allgemeines Umfeld, das eigentlich uns zeigt, es kann wieder bergauf gehen.
    Wir haben eine wichtige ...
    Ungewissheit noch, das ist der Staat selbst und seine Finanzpolitik.
    Aber auch hier hat in den letzten Tagen die Bundesregierung versucht, die Weichen so zu stellen, dass wieder Vertrauen gewonnen wird über den Kurs der Finanzpolitik, sodass man sich nicht in Zweckoptimismus ergehen muss.
    Es sei denn, es passiert was ganz Schlimmes irgendwo auf der Welt, aber das wollen wir ja nicht hoffen.
    um zu sagen, dass wir bis zum Jahresende die Wende hinter uns gebracht haben werden und dass es dann im Jahre 1994 konjunkturell wieder bergauf gehen kann.
    Nun, wie weit geht dann dieser Aufstieg?
    Geht der so weit, wie es vor der Rezession war?
    Vor allem gehen dann auch die Arbeitslosenzahlen wieder zurück?
    Kommt die Wirtschaft auf das alte Niveau zurück?
    Wird Deutschland wieder die Lokomotive Europas?
    Also zunächst mal, was die Arbeitslosigkeit anlangt, werden wir uns darauf einstellen müssen, dass uns das noch länger begleiten wird als sehr bedrückendes Problem.
    Der Arbeitsmarkt in Deutschland reagiert immer mit einer Verzögerung auf Veränderungen in der Produktion, sowohl wenn die Produktion in die Rezession geht, als auch im umgekehrten Fall.
    Und so wird es diesmal wohl auch sein.
    Was die Frage anlangt, ob wir nun wieder auf den alten Wachstumspfad zurückfinden und damit Lokomotivfunktionen ausüben können, da bin ich mir noch nicht ganz so sicher.
    Aber ganz sicher ist, dass nicht nur sozusagen um Lokomotive werden zu wollen in Europa, das ist ja nicht ein unmittelbares Ziel für die Wirtschaftspolitik, sondern einfach aus ureigenem Interesse,
    nicht, um unseren eigenen Lebensstandard hochhalten zu können, um die Arbeitslosigkeit wieder runterbringen zu können, um das für den Umweltschutz tun zu können, was sich viele Menschen wünschen, um die sozialen Sicherungssysteme finanzierbar zu halten, um keine Verteilungskonflikte zu haben.
    Also aus ureigenstem Interesse müssen wir alles tun, um die Wirtschaft wieder auf den Wachstumspfad zu bringen in den 90er Jahren.
    Und ich bin eigentlich zuversichtlich, dass uns das gelingt.
    Nun leidet ja Deutschland wie alle Wirtschaftsstaaten Westeuropas, wie alle Industriestaaten Westeuropas unter dem großen Problem.
    Quasi liegt Malaysia jetzt vor der Haustüre durch die Öffnung der ehemaligen osteuropäischen Staaten und das Stichwort des Jahres heißt Sozialabbau.
    Müssen alle wieder länger arbeiten, müssen Sozialleistungen zurückgenommen werden, sind die Leute wieder dazu bereit zurückzusteigen.
    Also von dem Begriff Sozialabbau halte ich nicht sehr viel.
    Natürlich ist es sehr angenehm, wenn man ein hohes Wohlfahrtsniveau hat.
    Und wer möchte das nicht haben?
    Andererseits kann man ja vielleicht auch ein etwas weniger hohes Wohlfahrtsniveau haben.
    Und das ist immer noch ein sehr hohes Wohlfahrtsniveau.
    Da muss man sich immer in der Welt herumgucken und sehen, wie es anderswo ist.
    Und wenn wir in Deutschland nun uns ernsthaft überlegen müssen,
    Sozialleistungen zurückzunehmen, dann muss man sich das so vorstellen, dass das Teil des Versuches des Staates ist, sein strukturelles Defizit abzubauen, also Haushaltskonsolidierung zu betreiben über die nächsten vier oder fünf Jahre und dabei nichts
    auf der Ausgabenseite zu tabuisieren.
    Also wirklich alle Ausgabenposten mal daraufhin durchzugehen und zu fragen, muss es so bleiben, wie es bisher war?
    Muss das, was wir uns in guten Zeiten leisten konnten, weiterhin aufrechterhalten bleiben?
    Es ist ganz interessant zu sehen, es gibt Umfragen in unserem Lande, wo die Menschen das auch schon längst begriffen haben.
    Ich glaube, dass es hier eher ein Nachhinken der politischen Diskussion hinter dem ist, was die Menschen auf der Straße schon längst wissen.
    Umfragen zeigen, dass die Menschen selbstverständlich bereit wären, wieder zur 40-Stunden-Woche zurückzugehen, ohne Lohnausgleich.
    Zum Teil auch, weil sie erkannt haben, dass das, was man gewonnen hat in den letzten 20 Jahren in Form von mehr Freizeit, ja auch nicht ganz ohne Probleme einhergeht.
    Was mache ich mit dieser vielen Freizeit?
    Das ist ja nicht so, dass ich jetzt die Freizeit habe und den ganzen Tag vorm Fernsehen stehe oder nur Sport treibe.
    Irgendwo stößt man da auch mal an Grenzen.
    Und offensichtlich
    Stoßen viele Menschen an solche Grenzen und finden das gar nicht so fürchterlich schrecklich, wenn sie wieder 40 Stunden in der Woche arbeiten, die ja auch nicht effektives Arbeiten sind, wie wir wissen, ohne dass sich das sofort auch in höheren Einkommen niederschlägt.
    Und auf diese Weise dann die Produktivität steigert in den Betrieben, damit Wettbewerbsfähigkeit sichert, damit wieder neue Beschäftigungsschancen, auch Einkommenschancen schafft.
    Also ich glaube, das ist gar nicht so ein großes Problem und diese Diskussion über sozialen Abbau, das ist mehr so eine Diskussion, die in politischen Kreisen, auch in bestimmten intellektuellen Kreisen
    sehr modern ist, aber nicht unbedingt das Empfinden der Bevölkerung widerspiegelt.
    Also hinken Sozialpolitiker und Gewerkschaftsfunktionäre dahinter der Vox Populi nach?
    Ja, nicht nur Gewerkschaftsfunktionäre, auch sonstige Politiker und vor allem eben auch viele Intellektuelle und zum Teil auch die Medien und so.
    Sagen wir mal, alle diejenigen, die sich eigentlich als die Meinungsbildenden empfinden und vielleicht gar nicht so Meinungsbildend sind.
    Sie glauben, die Menschen wären durchaus bereit, das alles zu akzeptieren, wenn Ihnen die Politik und auch die Wissenschaft und die Medien endlich hier reinen Wein einschenken würden?
    Also ich bin ziemlich sicher jedenfalls, ich kann ja nur hier für Deutschland sprechen, ich bin ziemlich sicher, dass die deutsche Bevölkerung größtenteils, es gibt natürlich immer Ausnahmen, aber größtenteils genau weiß, dass die Probleme, die entstanden sind im Zuge der deutschen Vereinigung etwa,
    von einer solchen Art sind, dass man nicht so weitermachen kann wie bisher.
    Es gibt nicht etwa das Denken der Art zu sagen, hätten wir es lieber sein gelassen.
    Ich glaube, das steht überhaupt nicht zur Disposition.
    Wir haben uns alle gefreut über die Einigung und das ist gelaufen und es will auch keiner zurückdrehen.
    Aber dass man das jetzt einfach so nebenher jetzt alles erledigen kann, das spüren die Menschen, dass das so nicht geht.
    Nur wird in immer wieder in der einen oder anderen Form
    suggeriert, als könnte man es auch schmerzfrei machen.
    In Ostdeutschland werden große Erwartungen geweckt, wie man Arbeitsplätze, wie man Unternehmen erhalten könnte, wenn man nur wollte, wenn nur der Wille da wäre.
    Das jüngste Beispiel etwa mit den Kaliwerken in Bischofsrode.
    Und bei uns im Westen wird immer so der Eindruck erweckt, na ja, also, na gut, ein bisschen Steinehöhe müssen wir schon machen, aber was machen wir sozusagen mit der Portokasse, das wird alles nicht so schlimm.
    Ich meine sehr wohl, wenn die Politik klipp und klar erklären würde, also das ist die Marschrichtung, das sind die Implikationen, wir müssen das und das machen und das tut uns vielleicht ein bisschen weh, aber wir gehen da nicht zugrunde, wir haben ein sehr hohes Einkommensniveau, dann würden die Bürger das mitmachen.
    Nur was nicht geht, finde ich, ist dieses ständige Hin und Her.
    Aber ist nicht die Gefahr, dass jetzt über diese neuen Herausforderungen
    die Ökologie ganz vergessen wird.
    Dass jetzt gesagt wird, wir können uns Umweltschutz nicht mehr leisten oder nicht mehr das, was wir vorhatten, sondern wir müssen jetzt wieder schauen, Wachstum um jeden Preis.
    Das finde ich sehr gut, dass Sie das hier in das Gespräch einführen.
    Ich hatte vorhin ja schon mal so en passant gesagt, dass wir wirtschaftliches Wachstum unter anderem brauchen,
    um uns den Umweltschutz leisten zu können, den wir uns wünschen.
    Das ist also genau umgekehrt gesehen, als das viele sehen, die sich besonders große Sorgen machen um die Ökologie.
    Warum?
    Nun, wenn wir einen vernünftigen Umweltschutz betreiben wollen,
    Dazu brauchen wir ja Ressourcen.
    Da muss investiert werden, da müssen Menschen angestellt werden, das braucht Geld usw.
    Das heißt, das muss erwirtschaftet werden.
    Das geht nur mit Wachstum.
    In einer stagnierenden Wirtschaft können wir keinen Umweltschutz machen, sondern nur in einer wachsenden Wirtschaft.
    Und die Aufgabe ist eigentlich, dafür zu sorgen, dass wir das, was wir an wirtschaftlichem Wachstum haben wollen, dass wir das in Einklang bringen mit unseren Wünschen des Umweltschutzes.
    Das Problem bei der Umwelt ist ja nicht, dass wir sie nutzen,
    Sondern sie ist in der Tat da, um genutzt zu werden.
    Sie ist wie ein Produktionsfaktor.
    Das Problem entsteht dann, wenn wir sie übermäßig nutzen.
    Wann nutzen wir die Umwelt übermäßig?
    Da haben wir Erfahrungen mittlerweile.
    Wir nutzen sie dann übermäßig, wenn aus der Sicht des Einzelnen sie zur Verfügung steht zum Nulltarif.
    Praktisch gratis.
    Wenn sie nichts kostet.
    Dann wird sie übermäßig beansprucht.
    Dann trampen wir die Wälder kaputt und schmeißen alles weg, den Müll irgendwo hin und sagen, das geht mich ja nichts an.
    Soll doch gefälligster Staat, das kostet mich ja nichts.
    Sobald wir aber die Nutzung von Umwelt mit einem Preisschild versehen und die Umwelt betrachten wie ein ganz normales Gut, das kannst du kaufen und dann kannst du es auch nutzen.
    Und du musst bezahlen entsprechend der Knappheit dieses Gutes.
    Wie das Brötchen oder wie der Fernsehapparat.
    beginnt das ökonomische Kalkül zu wirken.
    Und dann fangen die Menschen an, sich anders zu verhalten.
    Und da kann man nachstoßen.
    Also wenn man so diskutiert über CO2-Steuern oder andere Formen von Abgaben, Müllabgaben oder was auch immer.
    Das ist auch ein Umdenken des Staates.
    Früher hat der Staat immer mit Ordnungsrecht.
    gearbeitet im Umweltschutz.
    Da wurden Dinge verboten und dann wurden Dinge angeordnet.
    Und wie das so immer ist, beim Verbot ist immer ein großer Anreiz, das zu umgehen.
    Das ist ganz klar, wir Menschen sind nun mal unvollkommen.
    Und wenn man etwas anordnet, dann sagt man auch, naja, mal sehen, ob ich es nicht anders machen kann oder so.
    Ganz davon abgesehen, dass der Staat ja immer nur anordnen konnte, was er selber wusste.
    Und wenn die Unternehmen, die Ingenieure nicht gesagt haben, was es für Möglichkeiten des Umweltschutzes gibt, wie man Emissionen kleiner machen kann, überhaupt jede Schadstoffproduktion kleiner machen kann, dann konnte der Staat das ja auch nicht anordnen.
    Also es gab sowas wie...
    Wir haben das so genannt hier bei uns, das Schweigekartell der Oberingenieure der Unternehmen.
    Die waren schön, ruhig, haben bloß nichts dem Staat mitteilen, was wir alles könnten, potenziell könnten, an Umwelteinsparung.
    Denn da kommt der Staat sofort, macht ein Gesetz und zwingt uns dazu.
    Da müssen wir all diese Entschwefelungsanlagen und so weiter, müssen also Investitionen durchführen und das ist ja Gott sei Dank.
    Lieber ruhig sein.
    Das hat der Staat gelernt.
    Und er sagte, ich weiß ja gar nicht so viel, was man da machen kann.
    Ich weiß, das Einzige, was ich als Staat nur wissen muss, ist, welche Höchstgrenzen muss ich angeben.
    So viel wissen wir.
    Das sagen mir die Naturwissenschaftler.
    Die können mir sagen.
    Also Schadstoffe nicht mehr, also und so viel und so weiter.
    Und das gebe ich vor.
    Und jetzt versuche ich, die Unternehmen und die Verbraucher dazu zu bringen, dass sie tatsächlich nicht mehr Schadstoffe emittieren, nicht mehr Lärm verursachen, nicht mehr Umwelt ganz allgemein nutzen, als mit diesen Standards, die ich als Stadt vorgebe, vereinbar ist.
    Und wie mache ich das?
    Ich erhebe Steuern oder Abgaben.
    Und das wird jetzt versucht, nach und nach, in verschiedenen Bereichen.
    Und das geht genau in die richtige Richtung.
    Und auf diese Weise kriegen Sie die Verhaltensänderung rein.
    Und wenn Sie das in ein Gesamtpaket einpacken, in dem auch die anderen Teile der Wirtschaftspolitik zu Ihrem Recht kommen, insbesondere auch die allgemeine Steuerpolitik, muss das nicht zulasten des wirtschaftlichen Wachstums gehen, sondern Sie können das miteinander vereinbaren.
    Abschließend, wie ist denn Ihre Prognose für Österreich?
    Wird Österreich vom vielleicht eintretenden deutschen Aufschwung mit profitieren?
    Nun, die Wirtschaft Österreichs und Deutschlands, vor allem der Altbundesrepublik, sind ja sehr verzahnt, schon seit vielen, vielen Jahren.
    Und so wie ich vermute,
    dass Österreich nicht besonders glücklich ist über unsere derzeitige konjunkturelle Rezession, weil sie sie in irgendeiner Form zu spüren bekommen, natürlich.
    Denn die Aufträge, die bei unseren Unternehmen wegbleiben, die bleiben natürlich auch bei Ihren Unternehmen zu einem guten Teil weg.
    würde ich vermuten, dass wenn sich Deutschland konjunkturell wieder erholt, dass das auch positiv sich auswirkt auf Österreich.
    Ich sehe da für Österreich jede Menge guter Chancen.
    Und von daher gesehen ist es natürlich auch ein, wie ich meine, sehr klares Interesse Ihres Landes, dass wir in Deutschland mit unseren Problemen fertig werden.
    Prof. Donges, vielen herzlichen Dank für das Gespräch.
    Im Kanal zu Gast war heute Jürgen Donges, Wirtschaftsprofessor an der Universität Köln und als Berater der Bonner Regierung einer der sogenannten Fünf Weisen.
    Das Gespräch mit ihm führte Roland Adrovica.
    Und auch in den verbleibenden Beiträgen dieses Mittagsjournals geht es noch um Wirtschaftsthemen, es geht um eine Geldreform in Russland, um die Partnersuche der Austrian Airlines aus Sicht der Schweizer und um eine weltweite Chips-Krise.
    Die russische Zentralbank hat heute überraschend eine Geldreform angekündigt.
    Die alten sowjetischen Geldscheine sollen ab Montag aus dem Verkehr gezogen werden.
    Eine Vereinheitlichung der Währung und ein Schlag gegen Geldfälscher, so lauten die offiziellen Begründungen dafür.
    Aus Moskau mehr von Georg Dox.
    Alle Banknoten, die bis Ende 92 aufgegeben wurden, sollen eingezogen werden, und zwar in kürzester Frist.
    Bis 7.
    August soll die Bevölkerung in den Sparkassen die alten Geldscheine gegen neue eintauschen.
    Unternehmen und Organisationen sollen bereits am Montag ihre Bargeldbestände bei der Bank gutschreiben lassen.
    Das empfiehlt jedenfalls die russische Zentralbank in einer heute von ITATAS verbreiteten Erklärung.
    Bargeldbesitz über 35.000 Rubel, also etwas mehr als 400 Schilling, soll auf Konten wandern.
    Offenbar gibt es noch nicht genügend neue Geldscheine, um größere Umtauschmengen landesweit zu garantieren.
    Richtig ist, dass die Inflation die 1, 3, 5 Rubelscheine praktisch wertlos gemacht hat, von den Kopekenmünzen ganz zu schweigen.
    Richtig ist auch, dass es verschiedene 100 Rubelscheine gibt.
    Alte mit Lenin und neue mit russischer Fahne.
    Eine klassische Touristenfalle übrigens.
    Auch die neue 5000er Note gibt es einmal in bläulicher und einmal in rötlicher Ausführung.
    Blüten sind reichlich im Umlauf.
    war der russische Rubel noch eine einigermaßen aufwendig gestaltete Banknote in einem Land, in dem Kopiergeräte aus Sicherheitsgründen praktisch verboten waren.
    So sind in den letzten Jahren äußerst schlichte Banknoten ausgegeben worden und Farbkopierer finden sich nun auch in Moskau.
    Trotz der Kritik an der Qualität der Geldscheine kam die Entscheidung der russischen Zentralbank überraschend.
    In den meisten der ehemaligen Sowjetrepubliken ist der Rubel noch Zahlungsmittel.
    Wenn die neuen Geldscheine nicht ins nahe Ausland geliefert werden, sind die Bürger beispielsweise Kasachstans vom russischen Markt abgeschnitten.
    Die Regierung hat dann auch dazu erklären lassen, die Maßnahme richte sich nicht gegen den gemeinsamen Wirtschaftsraum mit den ehemaligen Sowjetrepubliken und an die eigene Bevölkerung gerichtet, heißt es in der Regierungserklärung.
    Der Umtausch ist an keine Bedingungen geknüpft und soll für niemanden materielle Einbußen bedeuten.
    Die Austrian Airlines, wir haben immer wieder darüber berichtet, sind angesichts der weltweit harten Konkurrenz unter den Fluglinien auf Partnersuche.
    Mit wem die AUA zusammengehen oder zusammenarbeiten wird, steht noch nicht fest.
    In Frage kommen vor allem zwei Varianten, ein Bündnis mit der deutschen Lufthansa oder das sogenannte Projekt Alcazar.
    Eine im Grundsatz schon im vergangenen Herbst beschlossene Kooperation der AUA mit KLM, SAS und Swissair.
    Auch für die Schweizer ist Alcazar eine Schicksalsfrage.
    Eine endgültige Entscheidung hat man aber auch in Zürich noch nicht getroffen.
    Man hat, so hieß es kürzlich, Varianten der Zusammenarbeit mit Air France, Lufthansa oder British Airways geprüft.
    Die Swiss Air Führung lässt allerdings Präferenzen für den Vierer-Verband Alcazar erkennen, berichtet Reinhard Trütsch.
    Genau dies werfen Kritiker der Swissair heute vor.
    Man habe von Anfang an zu stark auf Alcazar gesetzt, sich auf diese Lösung gar versteift und so ein mögliches Zusammengehen mit einer grösseren europäischen Fluggesellschaft wie etwa British Airways, Lufthansa oder Air France ausgeschlossen.
    Die AUA mache es der Swissair vor, alle Varianten unvoreingenommen zu prüfen, kritisierte vor Wochen eine Sonntagszeitung.
    Es sei wichtig, über Alternativen zu Alcazar öffentlich zu diskutieren.
    Der Präsident der Air France, Attali, hat zudem auch in einem Brief an den Swissair-Verwaltungsratspräsidenten Götz sein Bedauern ausgedrückt, dass die Swissair nie mit Air France Kontakt aufgenommen habe.
    Air France hat auch durchblicken lassen, dass man bei einem Scheitern von Alcazar durchaus bereit wäre, mit Swissair über eine Kooperation zu sprechen.
    Eine solche Zusammenarbeit wäre nicht zum Vornherein abwegig.
    Schon heute arbeiten die beiden Fluggesellschaften auf dem internationalen Flughafen Genf eng zusammen.
    Die Swissair-Geschäftsleitung stellt sich auf den Standpunkt, dass Alternativen zu Alcazar in einer Vorphase geprüft worden seien, hier im Gespräch auch eine Zusammenarbeit mit Lufthansa, Air France oder British Airways.
    Alcazar sei bis heute die bei Weitem vielversprechendste Alternative, deshalb wolle man keine Energien in die detaillierte Evaluation weiterer Kooperationsmodelle investieren.
    Die ganze Diskussion führt vorab auch bei den rund 25.000 Swissair-Bediensteten zu einer Verunsicherung.
    Rund 10 Prozent des heutigen Personalbestandes wären laut Aussagen der Direktion mit Alcazar abzubauen.
    Ein Personalabbau sei zudem unabhängig von der gewählten Lösung unumgänglich, hieß es vor Wochenfrist bei der Kadertagung.
    Dazu kommt die Rolle der Bundesregierung.
    Man wolle der Swissair die unternehmerische Freiheit lassen, heißt es offiziell in Bern.
    Dabei sind sich in letzter Zeit Politiker aller Richtungen plötzlich so richtig bewusst geworden, dass sie über die Zukunft der Swissair auch mitreden wollen.
    Das EWA-Nein der Schweiz hat zudem die Verhandlungsposition der Swissair eingeschränkt.
    Man ist bei bilateralen Luftverkehrsabkommen auf den Gutwill der Diplomatie und der Politik angewiesen.
    Dieses Lavieren zwischen Politik und unternehmerischem Handeln erschwert rasche Entscheide.
    Dazu kommt der Symbolgehalt.
    Für sehr viele Schweizerinnen und Schweizer ist die Swissair ein nationales Markenzeichen.
    Mehr noch als Schokolade und Käse ist man stolz, dieses Image oder gar den Namen aufzugeben, die es mag und kann man sich nicht vorstellen.
    Und Umfragen belegen denn auch, der Name Swissair muss auf jeden Fall bei jeder Art einer Zusammenarbeit bestehen bleiben.
    Natürlich gibt es auch in der Schweiz noch Swissair Patrioten, all jene, welche glauben, auch ein Alleingang wäre eine Alternative.
    Jeden Monat braucht Swissair ein um 10 Prozent höheres Verkehrsaufkommen, um die Einnahmen auf der Höhe des Vorjahres halten zu können.
    Ein Alleingang ist denn auch aus Sicht des Managements kein Thema.
    Hannes Götz, Verwaltungsratspräsident, in einem Interview, auch wir haben uns gegen den Zusammenschluss gewehrt.
    Experten haben uns eines Besseren belehrt.
    Reinhard Trütsch aus der Schweiz.
    Sollten Sie sich zufällig rechtzeitig mit Computerchips eingedeckt haben, dann könnten Sie jetzt kräftig daran verdienen.
    Die Preise für die Elektronikbausteine haben sich in den vergangenen Tagen mehr als verdoppelt.
    Denn der Markt für diese Computerbauteile ist fast zum Erliegen gekommen.
    Die Ursache für die Preisexplosion hat sogar Computerspezialisten überrascht.
    Ein Brand in einer Kunststofffabrik in Japan gefährdet die internationale Chipversorgung weltweit.
    Josef Schweinzer informiert.
    In den internationalen Agenturen war es eine Drei-Zeilen-Meldung zu Monatsanfang.
    Eine Explosion und ein anschließender Brand zerstörten eine Fabrik der Sumitomo Chemical in Niihama, südwestlich von Tokio.
    Ein Arbeiter wurde getötet, drei erlitten Verletzungen.
    Die Unglücksursache ist ungeklärt.
    Die Fabrik produzierte Epoxidharz, einen Kunststoff, in den Computerchips und elektronische Schaltungen eingebettet werden.
    Was nur wenige wussten, das Sumitomo-Werk war der weltgrößte Lieferant dieses Chip-Rohstoffes mit einem Marktanteil von 60 Prozent.
    Der Großteil der Produktion ging zu den Halbleiter-Fließbändern in Südkorea und Malaysia.
    Als sich die Bedeutung der Fabriksexplosion herumsprach, explodierten auch die Chippreise.
    Innerhalb einer Woche verteuerten sich Speicherbausteine für Personalkomputer auf das Doppelte, auch in Österreich.
    Der NPCs derzeit gebräuchlichste Chipsat mit einem Megabyte Speicherkapazität ist derzeit, wenn überhaupt, dann nicht unter 1000 Shilling zu haben.
    Vor einigen Wochen war weniger als die Hälfte, etwa 400 Shilling auf den Ladentisch zu legen.
    Diese Preisexplosion bekommen, neben PC-Benützern, die ihren Speicher vergrößern wollen, vor allem die kleinen Computerhersteller zu spüren.
    Sie haben kein gefülltes Chip-Lager, auf das sie zurückgreifen können, sie sind auf die kurzfristigen Tagespreise angewiesen.
    Solche Produzenten müssen ihre Computer demnächst verteuern oder Verluste in Kauf nehmen.
    Die Branchengrößen dagegen wie IBM oder Siemens haben zum Teil eigene Chip-Produktionen, die selbst über Rohstoffreserven an Epoxidharzen verfügen oder Verträge mit anderen Lieferanten als Sumitomo haben.
    Bis diese Firmen die Teuerungswelle spüren, muss die Chip-Krise noch länger anhalten.
    Inzwischen versucht Sumitomo, den Produktionsausfall durch ein Abkommen mit dem zweitgrößten Epoxidharz-Hersteller, ebenfalls einem japanischen Unternehmen, wettzumachen.
    Und auch die Amerikaner überlegen sich, wieder in das Geschäft einzusteigen.
    Dow Chemical ist voriges Jahr aus der Epoxidharz-Produktion ausgestiegen, jetzt werden die Kosten für die Wiederaufnahme durchkalkuliert.
    Vorteile haben nun jene Firmen, die anderes Material für ihre Bausteine verwenden.
    So schweißt der amerikanische Halbleiterriese Intel seine Rechenchips zwischen Keramikscheiben ein.
    Konkurrent Motorola verwendet das fragliche Epoxidharz.
    Von den hohen Chippreisen versuchen nun die japanischen Halbleiterfirmen zu profitieren.
    Hitachi, Fujitsu, Toshiba und Neck verkürzen die Werksferien und legen Sonderschichten ein.
    Die Kunstharzlager sind offenbar gefüllt.
    Die Chippreise werden abgesehen von der japanischen Firmenexplosion von der natürlichen Nachfrage angeheizt.
    Neue Computerprogramme brauchen immer mehr Speicher, zugleich hat sich die Konjunktur in den USA und damit die Investitionsfreude in neue Computersysteme belebt.
    Eines hat die Chipkrise dem industrialisierten Westen bisher jedenfalls schon vorgeführt, wie abhängig Europa und die USA von den japanischen Halbleitergiganten sind.
    7 vor 1 ist es mittlerweile, Zeit für die Schlussnachrichten.
    Bosnien-Herzegowina.
    In Sarajevo soll morgen ein Waffenstillstand in Kraft treten.
    Die Feuerpause wurde von der bosnischen Regierung und den angreifenden Serben vereinbart.
    Nach Angaben der UNO sollen die Waffen ab morgen 10 Uhr schweigen.
    Unklar bleibt, wann die neue Runde der Genfer-Bosnien-Verhandlungen beginnt.
    Als Termin wurde jetzt angeblich der kommende Dienstag festgesetzt.
    Es wäre bereits die zweite Verschiebung.
    In fast allen Regionen Bosniens gab es auch in der Nacht wieder erbitterte Gefechte.
    Schwerpunkt war die nordbosnische Stadt Brcko.
    Mindestens acht Menschen wurden dort getötet.
    In Washington wächst der Druck auf Präsident Clinton, in den Bosnien-Konflikt einzugreifen.
    78 Kongressmitglieder haben an Clinton appelliert, die Belagerung Sarajevos notfalls mit militärischer Gewalt zu beenden.
    Österreich Bundespräsident Klestil hat die Salzburger Festspiele 1993 eröffnet.
    In seiner Rede in der Salzburger Felsenreitschule ging Klestil auf die Lage in Bosnien ein.
    Der Existenzkampf in Sarajevo sei eine Tragödie, die jenseits aller Entsetzlichkeit menschlichen Leidens noch eine ganz andere Niederlage menschlicher Zivilisation markiere.
    Denn wie keine andere europäische Stadt sei Sarajevo über Jahrhunderte hinweg geprägt vom Zusammenleben verschiedener Nationen, sagte Klestil.
    Umso wichtiger sei es jetzt, die Verantwortung für den Vernichtungsfeldzug gegen diese Stadt ausfindig zu machen, so Klestil.
    Die Festrede hielt der ungarische Staatspräsident Göns.
    Auch der deutsche Bundespräsident von Weizsäcker und der tschechische Präsident Havel waren anwesend.
    Innenminister Löschnack hat einen Plan zur Unterbringung von Flüchtlingen ausgearbeitet.
    Neu ankommende Flüchtlinge sollen zunächst in sogenannte Integrationswohnheime kommen.
    Dort erhalten sie Sprachkurse und Schulungen.
    Nach sechs Monaten sollen die Flüchtlinge dann in eigene Wohnungen übersiedeln.
    Und zwar entweder in kleine Genossenschaftswohnungen, für die das Innenministerium vorerst die Eigenmittel zahlt, oder in Häuser, die von Flüchtlingen mitgebaut werden.
    In diesen Bauten soll es nach dem Löschnack-Plan auch Sozialwohnungen für Österreicher geben, um ein Ausländer-Ghetto zu verhindern.
    In Österreich gibt es jährlich etwa 2000 anerkannte Flüchtlinge.
    Italien.
    Die Christdemokraten stehen vor einem Neubeginn.
    Die durch den Korruptionsskandal schwer angeschlagene Partei soll umbenannt und neu gegründet werden.
    Zu Beginn des viertägigen Sonderparteitages der Christdemokraten schlug Parteichef Martina Zoli den neuen Namen Partito Popolare Volkspartei vor.
    Er tritt dafür ein, die Partei in der politischen Mitte zu positionieren.
    Die Christdemokraten sind seit Jahrzehnten die stärkste Partei in Italien.
    Zuletzt gab es einen Absturz in der Wählerkunst.
    Jetzt noch ein Blick auf das Wetter von heute Nachmittag.
    In weiten Teilen Österreichs sonnig, lebhafter Westwind im Donauraum, im Wiener Becken und im Nordburgenland.
    Temperaturen 24 bis 29 Grad.
    Nachrichten und Wetterbericht am Ende des Samstag-Mittag-Journals, durch das sie heute Werner Löw geführt hat.
    Ich verabschiede mich auch im Namen aller Mitarbeiter und wünsche ein angenehmes Wochenende.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Verkehrssituation
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Eröffnung der Salzburger Festspiele
    Einblendung: Klestil, Katschthaler, Scholten, Göncz
    Mitwirkende: Kern, Karl [Gestaltung] , Klestil, Thomas [Interviewte/r] , Katschthaler, Hans [Interviewte/r] , Scholten, Rudolf [Interviewte/r] , Göncz, Arpard [Interviewte/r]
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Kultur ; Politik ; Reden und Ansprachen ; Krieg ; Friede ; Kulturveranstaltung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Kontinente / Europa
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kommt es zu Bosnien-Gesprächen in Genf?
    Die bosnische Hauptstadt Sarajewo wird nach wie vor schwer bombadiert, aber auch in anderen Städten ist die Lage aufgrund der Versorgung prekär.
    Mitwirkende: Bumeder, Franz [Gestaltung]
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Ort: Sarajevo
    Schlagworte: Politik ; Krieg ; Straftaten ; Friede ; Verhandlung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Tonbandzeitung für kritische Journalisten in EX-Jugoslawien
    Einblendung: Zeljko Vukovic, bosnischer Journalist, Gordana Simonovic, kroatische Journalistin. Untergrundzeitung bei der Journalisten aus allen Nachfolgestaaten Jugoslawiens mitarbeiten und die gegen die Gleichschaltung der Medien kämpfen. Die meisten Beitragenden standen schon dem alten System kritisch gegenüber.
    Mitwirkende: Roth, Gerhard [Gestaltung] , Vukovic, Zeljko [Interviewte/r] , Simonovic, Gordana [Interviewte/r]
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Ort: Sarajevo
    Schlagworte: Politik ; Medien und Kommunikation ; Krieg ; Straftaten ; Friede ; Verhandlung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Jürgen Donges
    Interview: Donges, Wirtschaftswissenschaftler und einer der fünf "Weisen" für wirtschaftliche Fragen der deutschen Regierung
    Mitwirkende: Adrowitzer, Roland [Gestaltung] , Donges, Jürgen [Interviewte/r]
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Wirtschaft ; Industrieländer ; Wirtschaftspolitik ; Finanzpolitik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Russische Geldnoten müssen umgetauscht werden
    Alte sowjetische Geldscheine sollen aus dem Verkehr gezogen werden, was zu einer Vereinheitlichung des Währungssystems führen und Fälschungen vorgreifen soll.
    Mitwirkende: Dox, Georg [Gestaltung]
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wirtschaft ; Währung ; Währungspolitik ; Straftaten ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Mögliche AUA-Kooperation aus Schweizer Sicht
    Die Führung der Swiss Air präferiert den Vierer-Vorschlag mit KLM, AUA, SAS, prüft aber auch andere Kooperationen mit Air France oder British Airways.
    Mitwirkende: Trütsch, Hans-Peter [Gestaltung]
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wirtschaft ; Luftfahrt ; Verkehr ; Diskussion ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Nach Brand in japanischer Fabrik: Chips sind Mangelware
    Nach einem Brand im größten Chipwerk der Welt steigen Preise für Computerchips stark an und die Chipversorgung ist gefährdet.
    Mitwirkende: Schweinzer, Josef [Gestaltung]
    Datum: 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wirtschaft ; Technik ; Unfälle und Unglücksfälle ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1993.07.24
    Spieldauer 00:55:52
    Mitwirkende Löw, Werner [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1993.07.24 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-930724_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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