Mittagsjournal 1993.11.16

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Guten Tag, zu einer Stunde ausführlicher Mittags-Journal-Information begrüßt Sie Udo Bachmeier.
    Ein erster Blick auf die Beitragsthemen Österreich.
    Die Diskussion um den Strafvollzug geht weiter.
    Zu Bedenken gegen die Praxis des Strafvollzugs äußern sich Justizminister Michalek und ÖVP-Justizsprecher Graf.
    Neue Auseinandersetzungen gibt es rund um die umstrittene Verpackungsverordnung.
    Umweltministerin Rauch-Kallert ortet teils parteipolitisch motivierten Boykott der Verordnung.
    In Wiesbaden hat der Parteitag der deutschen Sozialdemokraten begonnen, ein Parteikongress ganz im Zeichen des bevorstehenden großen Wahljahres auch in Deutschland.
    In Russland läuft die Nominierung der Kandidaten für die Parlamentswahlen am 12.
    Dezember auf Hochtouren.
    Neue Enthüllungen gibt es über den letzten Geheimdienstchef Stalins Beria.
    Zeit der Unschuld, das ist der Titel des neuen Scorsese-Films, der diese Woche in den österreichischen Kinos anläuft.
    Erster Programmpunkt, die aktuelle Nachrichtenübersicht, heute Mittag von Georg Schalgruber.
    Es liest Josef Fenslich-Natek.
    Deutschland.
    In der Wiesbadener Rhein-Main-Halle ist vor etwa zwei Stunden der Bundesparteitag der deutschen Sozialdemokraten eröffnet worden.
    Er dauert bis Freitag.
    480 Delegierte und mehr als 2000 Gäste haben sich eingefunden.
    SPD-Chef Rudolf Scharping hat die Partei eindringlich zur Geschlossenheit aufgerufen.
    Es gelte zu demonstrieren, dass man bereit und willens sei, die Regierungsarbeit in Bonn zu übernehmen, erklärte Scharping.
    Diskutiert werden am Nachmittag Leitanträge zur Wirtschafts-, Innern- und Außenpolitik.
    Ein wichtiger Punkt ist unter anderem die Haltung der SPD zur Teilnahme deutscher Soldaten an UNO-Einsätzen.
    Die SPD wählt ferner einen neuen Vorstand und beschließt eine Parteireform.
    Die Beschäftigten bei Opel haben sich auf einen Lohnverzicht geeinigt.
    Sollte die tarifliche Lohnerhöhung über zwei Prozent liegen, wird auf ein Drittel verzichtet.
    Darauf haben sich Arbeitgeber und Betriebsrat verständigt.
    Ziel ist es, möglichst viele Arbeitsplätze an den Standorten Bochum, Rüsselsheim und Kaiserslautern zu sichern.
    Ein Prozent weniger Lohn bedeutet allein in den deutschen Opel-Werken eine Einsparung von 50 Millionen D-Mark.
    Bosnien-Herzegowina.
    Das militärische Geschehen konzentriert sich derzeit in der Region von Tuzla, im Norden Bosniens.
    Serbische Truppen wollen offenbar das Industriebecken von Tuzla völlig einkesseln.
    Um die strategisch bedeutende Stadt Olovo tobten heute Nacht erbitterte und blutige Gefechte.
    Mit einem Durchbruch könnten die Serben eine direkte Landverbindung zwischen den besetzten Gebieten im Osten und im Westen Bosniens herstellen.
    Gleichzeitig wäre das gesamte muslimisch kontrollierte Industriegebiet von Tuzla vom muslimischen Teil Zentralbosniens endgültig abgeschnitten.
    Unterdessen ist in Sarajevo der Winter eingekehrt.
    Es hat zum ersten Mal geschneit.
    UNO-Vertreter haben mehrmals vor einem schrecklichen Kriegswinter mit Hunger- und Kältetoten gewarnt.
    Deshalb hat die UNO alle drei Kriegsparteien für übermorgen Donnerstag zu politischen Verhandlungen über die Winterhilfe nach Genf eingeladen.
    Frankreich
    Israel und die PLO beraten ab heute in Paris über wirtschaftliche Aspekte ihres Grundlagenabkommens.
    Vor allem geht es um die Erschließung der künftig von den Palästinensern selbst verwalteten Gebiete.
    Parallel dazu werden die politischen Verhandlungen in Kairo fortgesetzt.
    Überschattet werden die Gespräche von weiteren Gewalttaten in den besetzten Gebieten.
    Heute wurden im besetzten Westjordanland ein 16-jähriger Palästinenser erschossen, ein anderer verletzt.
    Die israelische Armee will die Vorfälle besonders genau untersuchen.
    Indien.
    Der Konflikt um die Besetzung der Hasrat-Bal-Moschee in Srinagar im indischen Teil Kashmirs ist unblutig zu Ende gegangen.
    Die Militanten Moslems, die sich vor einem Monat in der Moschee verschanzt hatten, haben aufgegeben.
    Etwa 65 Menschen sind festgenommen worden.
    Nach der Besetzung der Moschee und dem Beginn der Belagerung durch etwa zehntausende indische Soldaten ist es in den vergangenen Wochen immer wieder zu blutigen Zusammenstößen zwischen der indischen Armee und muslimischen Demonstranten gekommen.
    Zahlreiche Menschen wurden getötet.
    Die Moslems im indischen Teil Kaschmir streben die Unabhängigkeit oder den Zusammenschluss mit Pakistan an.
    Österreich
    Die Beamtengehaltsverhandlungen werden heute fortgesetzt.
    Ein Abschluss scheint möglich.
    Die Gewerkschaft öffentlicher Dienst hat in der ersten Gesprächsrunde ihre Forderung in Höhe von 3,1 Prozent deponiert.
    Staatssekretär Kostelka strebt einen deutlich niedrigeren Abschluss an.
    Er wird heute das Angebot des Bundes bekannt geben.
    Von den Verhandlungen sind 675.000 aktive und 283.000 pensionierte Bundesbedienstete betroffen.
    USA.
    Der Popstar Michael Jackson will angeblich auch dann in die USA zurückkehren, wenn Anklage gegen ihn erhoben werden sollte.
    Dies erklärten heute die beiden Anwälte von Michael Jackson vor Journalisten in Los Angeles.
    Zur Zeit sei aber eine Rückkehr nicht erforderlich.
    Deshalb habe Jacksons Genesung absoluten Vorrang, meinten die Juristen.
    Der 35-jährige Popstar hatte am Freitag in Mexico City seine Welttournee abgebrochen.
    Seine Begründung war, er sei medikamentenabhängig.
    Dies wieder hänge mit dem Stress zusammen, erzeugt durch die Anschuldigungen des Kindesmissbrauchs.
    Die Entziehungskur, der sich Michael Jackson jetzt vor allem auf Anraten der Schauspielerin Elisabeth Taylor unterzieht, wird sechs bis acht Wochen dauern.
    Wo sich Jackson derzeit aufhält, weiß man nicht.
    Meldungen, er sei in einem Skihotel in Frankreich aufgetaucht, werden bezweifelt.
    Und jetzt gleich nach den Nachrichten der Blicke auf die Wettersituation Peter Sterzinger gibt es weiter winterliche Botschaften.
    Ja, nachdem der Überbringer nur in der Antike für die Inhalte der Botschaft büßen musste, traue ich mich.
    Es ist kalt und es wird noch kälter.
    Im Großteil Österreichs ist der Winter tatsächlich eingezogen und im Gebirge hat sich stellenweise die erste Schneeunterlage gebildet.
    In der vergangenen Nacht hat es vor allem am Nordrand der Alpen stark geschneit, in Reutte zum Beispiel 32 Zentimeter, auf dem Hahnenkamm 22 und in Mariazell immerhin drei und auch hier schneit es weiter.
    Nordwestlich von Österreich ist der Luftdruck hoch, südöstlich befindet sich ein Tief, die Folge für Österreich kann nur eine kalte Strömung von Norden sein.
    Die aktuellen Meldungen, Wien Schneefall 2 Grad, Nordwestwind 20 km pro Stunde, Eisenstadt leichter Schneefall 2 Grad, Nordwestwind 25, St.
    Pölten Schneefall 1 Grad, Linz leichter Regen 2, Salzburg leichter Schneefall 1 Grad, Innsbruck leichter Regenschauer 2 Grad, Bregenz Nieseln 2,
    Graz stark bewölkt noch 6 Grad, Nordwind 25 km pro Stunde und Klagenfurt stark bewölkt 2 Grad.
    Heute Nachmittag wird es weiterhin häufig schneien, mit Schwerpunkt nördlich des Alpenhauptkamps, vom niederösterreichischen Alpenvorland bis nach Tirol.
    Und wo es noch regnet, geht der Regen meist in Schneeregen oder Schneefall über, denn es wird allmählich kälter.
    In Teilen der Steiermark und Kärntens wirkt sich der Nordwind als leichter Föhn aus, hier ist es aufgelockert und vorerst deutlich wärmer als im übrigen Österreich.
    Dieser Nordwind ist besonders im Raum Wien, Wald und Weinviertel sowie im Marchfeld und Nordburgenland spürbar, lässt die Kälte noch deutlicher empfinden und könnte auch die ersten Schneeverwehungen bringen.
    Die Temperaturen heute Nachmittag 0 bis 3 Grad, im Süden für kurze Zeit noch etwas höher.
    In der Nacht schneit es stellenweise weiter, da und dort auch im Süden Österreichs, doch immer mehr mit Pausen.
    Die Temperaturen gehen zurück auf etwa 0 bis minus 4 Grad.
    Morgen Mittwoch kommt zaghaft von Westen ein bisschen Sonne.
    Sie scheint zunächst in Vorarlberg, am Nachmittag auch in Teilen Tirols, Kärntens und der Steiermark.
    Sonst aber bleibt es stark bewölkt und es schneit zeitweise noch leicht.
    In Wien, Niederösterreich und im Nordburgenland ist das noch den ganzen Tag über möglich.
    Hier weht auch wieder unangenehmer, eisiger Nordwind.
    Die Temperaturen morgen minus 2 bis plus 1 Grad.
    Die Nacht zum Donnerstag wird dann bitter kalt.
    Temperaturen bis minus 10 Grad und stellenweise tiefer sind durchaus möglich, vor allem deshalb, weil die Wolkendecke fast überall auflockert.
    Und am Donnerstag ist es zwar sonnig, aber kalt bei Temperaturen zwischen minus 3 und 0 Grad.
    Danke, Peter Sterzinger.
    9 Minuten nach 12.
    Seit dem 1.
    Oktober ist sie in Kraft, die Verpackungsverordnung.
    Und seither gibt es viele Diskussionen über Sinn und Unsinn, Wirkung und Umsetzbarkeit dieser Verordnung des Umweltministeriums.
    Die Meinungsunterschiede gehen diesbezüglich quer durch die Parteien.
    Die SPÖ-Spitze hat bisher deutliche Skepsis gegenüber der Verpackungsverordnung formuliert, was natürlich bei Umweltministerin Rauch-Kallert auf wenig Freude gestoßen ist.
    Heute nun hat die Umweltministerin in der Ministerratssitzung den Regierungschef Kanzler Franitzki befragt, ob die SPÖ die Verpackungsverordnung weiter mittragen wolle.
    Denn die Umweltministerin steht unter dem Eindruck, SPÖ-Politiker boykottierten viele Maßnahmen.
    Kanzler Franitzki hat derartige Vorwürfe zurückgewiesen, Gisela Hopfmüller berichtet.
    Rauch Kallert widdert eine Kampagne gegen sich und ihre Verordnung.
    Weil die Ereignisse der letzten Wochen und vor allem die massiven Angriffe, die immer wieder von SPÖ-Politikern gekommen sind und die die Verpackungsverordnung boykottieren, meiner Meinung nach nicht der richtige Weg sind, wie man auch in einer Koalition miteinander umgeht.
    Die Kollegen aus der SPÖ hätten ein Jahr lang Zeit gehabt.
    Die Verpackungsverordnung war ja im Oktober 1992 von meiner Vorgängerin bereits erlassen.
    Alle Verbesserungsvorschläge, jegliche Kritik sowohl bei mir anzubringen als auch in der Öffentlichkeit,
    Ein Jahr lang hat keiner dieser Kollegen aus der SPÖ Kritik angebracht, auch keine Verbesserungsvorschläge oder Änderungsvorschläge gebracht.
    Und seit Inkrafttreten passiert praktisch eine Verunsicherung der Bevölkerung.
    Und dazu ist die Sache zu wichtig, als dass man daraus ein parteipolitisches Geplänkel macht.
    Der Herr Vizebürgermeister Schaden in Salzburg boykottiert, er verweigert die Aufstellung von Kunststoffcontainern, verzögert.
    Der Herr Stadtrat Peterle in Klagenfurt, SPÖ, hat seit 20.
    Oktober einen Antrag einer Entsorgerfirma auf Aufstellung von Kunststoffbehältern, die Aufstellung oder die Bearbeitung wird verzögert.
    Der Herr Landesrat Schiller erklärt sechs Wochen nach Inkrafttreten, dass die
    Verpackungsverordnung verfassungswidrig ist.
    Auch das ist bitte unsinnig.
    Natürlich ist die vom Verfassungsdienst geprüft worden.
    Der Herr Staudart Halpl in Wien erklärt die Verordnung als Unfug, obwohl er am 1.
    Oktober als einer der Ersten seine Verträge abgeschlossen hat mit der ARA und sehr viel Nutzen daraus zieht, weil nämlich
    eine erklägliche Höhe an Gebühren von der ARA an die Altstoffrecycling Wien, also an die Dachorganisation der Entsorgerfirmen in Wien geht.
    Die SPÖ hatte ja zuletzt auch in Person ihres Vorsitzenden Wranicki ein Aussetzen der Verpackungsverordnung wegen Mangeln der Umsetzbarkeit für überlegenswert gehalten.
    Das geht nicht, sagt Rauch Kallert.
    Weil nämlich mit einem Aussetzen ein verfassungsmäßiges Chaos entstehen würde.
    Es würde nämlich allen Verträgen die Rechtsgrundlage entzogen.
    Ich wäre nicht bereit, diese Verantwortung zu übernehmen.
    Ich habe den Herrn Kanzler gefragt, ob er dafür die Verantwortung übernehmen kann.
    Ich habe einen einstimmigen Beschluss aller Umweltlandesräte, der Umweltlandesrätekonferenz,
    diese Verpackungsverordnung keinesfalls auszusetzen, um eben nicht den Gemeindeverbänden, den Abfallverbänden die Rechtsgrundlage zu entziehen.
    Frau Minister, Sie stehen im Zusammenhang mit der Verpackungsverordnung und vielem, was dabei noch nicht funktioniert, stark unter Druck.
    Ist es politisch fair, die Schuld jetzt ausschließlich beim Koalitionspartner zu suchen?
    Ich versuche überhaupt keine Schuld beim Koalitionspartner zu suchen, sondern ich habe den Koalitionspartner aufgefordert, nicht zu verunsichern.
    Dazu ist die Verordnung zu wichtig.
    Ich erwarte in einer Koalitionsregierung ein konstruktives Arbeitsklima und ich bin bereit, dieses konstruktive Klima zu schaffen.
    Ist aus Ihrer Sicht das im Moment nicht gegeben?
    Wenn weiter boykottiert wird, ist es nicht gegeben.
    Und was hat Bundeskanzler Wranitzki der Umweltministerin auf ihren Vorstoß in der Regierungssitzung geantwortet?
    Nicht nur die SPÖ-Politiker nehmen Anstoß daran, sondern auch die ÖVP-Politiker und die FPÖ-Politiker und die Grün-Politiker und vielleicht auch die liberale Forum-Politiker.
    Zwei Landtage haben schon beschlossen, sich gegen die Verpackungsverordnung auszusprechen.
    Das ist durchaus ein überparteilicher Vorbehalt, der der Verordnung der Frau Bundesministerin entgegenströmt.
    Und ich habe ihr daher gesagt, dass es nicht zielführend ist, hier eine Klaviatur gerade der SPÖ gegenstimmen zu lassen.
    vorzuspielen und dass sie ja eigentlich in Wirklichkeit die erste Adresse ist, die sich um die Akzeptanz ihrer Verordnung zu kümmern hat und hätte.
    Ich werde aber nach meiner Rückkehr zur Verfügung stehen, um ihre Vorschläge, um diese Akzeptanz zu verbessern, zu hören und wenn ich damit auch übereinstimme,
    sie dabei zu unterstützen und jedenfalls, was die Parlamentarier der sozialdemokratischen Fraktion betrifft, auch in diesen Prozess einzubinden.
    Der Abgeordnete Keppl-Müller hat ja schon vor geraumer Zeit Vorschläge gemacht, nur ist er nicht angekommen damit bei ihr.
    Können Sie sich vorstellen, dass Sie auf Ihre Parteikollegen in den verschiedenen Bundesländern dahingehend einwirken, dass die Sache mit der Verpackungsverordnung, die an sich ja schon sehr schwierig ist, nicht noch schwieriger wird?
    Noch einmal, es sind nicht meine Parteikollegen allein, die Schwierigkeiten sehen.
    In allererster Linie sind es die Staatsbürger und meine Parteikollegen artikulieren das, was die Staatsbürger dabei empfinden.
    Aber auf der anderen Seite ist das nun einmal ein Thema und eine ergriffene Maßnahme und ich sehe Politik nicht darin, dass man jetzt
    wochenlang oder monatelang damit herum lamentiert, sondern dass man zu einer praktikablen Lösung kommt.
    Und dafür werde ich der Kollegin Rauch-Kallert auch mit meinen Parteikollegen zur Verfügung stehen, aber natürlich die Plausibilität ihrer Vorschläge und der Aktionen muss gegeben sein.
    Ist das sowas wie ein innerkoalitionäres politisches Ping-Pong, was da stattfindet?
    Ich denke nicht, nein.
    Aber nach Ihrer Meinung wäre es immer noch das Beste, die Verordnung zu verschieben, also jetzt einmal aufzuheben?
    Jetzt möchte ich einmal hören, was sie mir vorträgt nächste Woche.
    Kein Ende der Debatte rund um die Verpackungsverordnung, diese soll trotz aller Kritik voraussichtlich nicht ausgesetzt werden.
    Weiter Diskussion auch um die Praxis des Strafvollzugs in Österreich.
    Tragischer Anlass ist ja der Fall des zu lebenslanger Haft verurteilten Mannes, der während eines sogenannten Freiganges seinen 13-jährigen Stiefsohn ermordet haben soll.
    Ein solcher Freigang ist laut Gesetz auch bei lebenslänglichen vor der bedingten Entlassung möglich.
    Vor dem Hintergrund dieses Falles äußern Richter und Staatsanwälte grundsätzliche Bedenken gegen die Praxis des Strafvollzugs.
    Auch Vertreter von politischen Parteien sowie der Justizminister haben dazu heute Stellung bezogen.
    Ingrid Thurnherr berichtet.
    Es ist eine ganze Reihe von Kritikpunkten, die die Richter im Zusammenhang mit dem konkreten Fall auf den Tisch legen und die sie grundsätzlich zum Nachdenken angeregt hätten, wie sie sagten.
    Der wichtigste Kritikpunkt sei, ob mit der Entscheidung der Anstaltsleitern nicht die gerichtlichen Entscheidungen unterlaufen worden seien, wonach die vorzeitige Entlassung des Mannes zweimal abgelehnt wurde.
    Die Richter sprechen sich zwar gegen weitere Liberalisierungen des Strafvollzugs aus, sind aber dafür, dass auch lebenslänglich Verurteilte bedingt entlassen werden können.
    Und ein sanfter Übergang von der Haft in die Freiheit sei eben notwendig, obwohl der Chef des Wiener Sicherheitsbüros, Max Edelbacher, dabei ein flaues Gefühl hat.
    So hätten etwa einige Freigänger, die im Zusammenhang mit zwei spektakulären Wiener Mädchenmorden überprüft worden seien, kein Alibi angeben können.
    Der Vizepräsident der Richtervereinigung Wolfgang Jedlicka meint insgesamt, dass die gesetzlichen Bestimmungen für Freigang vor vorzeitiger Haftentlassung nicht klar genug seien.
    Der Anstaltsleiter nämlich kann oder muss dem Häftling Freigang ermöglichen, wenn er glaubt, dass dieser vorzeitig entlassen werden könnte.
    Jedlicka?
    Es wird also dem Anstaltsleiter per Gesetz insinuiert und ihm aufgetragen, er soll sich das denken, was sich Richter später denken, wenn sie diesen Mann oder diese Frau einmal entlassen werden.
    Eine Bestimmung, die äußerst problematisch ist.
    Insgesamt gesehen ist die Vorgangsweise, wie sie eingehalten worden ist, zumindest
    nach dem Wort, laut einiger gesetzlicher Bestimmung, fraglich und zweifelhaft oder anders gesagt, abschließend gesagt, ich glaube, was die Entlassungspraxis des Mietersteigabends belangt, man entweder die, dann nennen wir es progressive Praxis der Entlassung, auf den derzeitigen Standard der gesetzlichen Bestimmungen zurückgenommen werden müsste oder die gesetzlichen Bestimmungen dieser progressiven Praxis angepasst werden muss.
    Entweder also sollten nur die Richter oder nur die Anstaltsleiter über eine voraussichtlich bedingte Entlassung entscheiden, verlangt Jedlička, er lässt aber für keine der beiden Möglichkeiten eine Vorliebe erkennen.
    Noch deutlichere Zweifel daran, ob in diesem konkreten Fall die Entscheidung des Anstaltsleiters für den Freigang gesetzeskonform gewesen sei, meldet ÖVP-Justizsprecher Michael Graf an.
    Ich rede nur über die gesetzliche Seite und da ist es tatsächlich, auch meiner Meinung nach, sehr zweifelhaft und problematisch, ob das geltende Gesetz bei einem lebenslang in Strafhaft Angehaltenen überhaupt Freigang erlaubt.
    Und ich werde mir gestatten, dazu eine parlamentarische Anfrage an den Herrn Justizminister zu richten, ob in diesem Fall die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten wurden.
    Denn es darf diese Chance für den Verurteilten nicht auf Kosten des Schutzes der rechtstreuen Bevölkerung gehen.
    Noch schärfere Maßnahmen gegen einmal verurteilte Straftäter fordert FPÖ-Chef Jörg Haider.
    In Wirklichkeit begünstigt der derzeitige Strafvollzug die Täter und nicht den Schutz der Opfer.
    Und daher bin ich auch der Meinung, dass man umdenken sollte und auch hier stärker die Abschreckungswirkung der Strafe wieder in den Vordergrund des Strafvollzugs zu richten hat.
    Was bedeutet, dass jemand, der als
    Mörder lebenslang bekommen hat, auch lebenslang in der Haft verbleiben soll und nicht als Freigänger sich unterm Tag gemütliche Stunden macht, um nur am Abend dann ins Gefängnis zum Schlafen zurückzukehren.
    Also keine Gnade für lebenslänglich Verurteilte?
    Aus meiner Sicht darf es hier keine Gnade geben, denn der Schutz der anständigen Bürger muss uns wichtiger sein als die Pardonierung der Ganoven.
    sagt FPÖ-Chef Jörg Haider.
    Justizminister Nikolaus Michalek hingegen steht zum Strafvollzugsgesetz und auch zur Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung lebenslänglich verurteilter.
    Da stimmt er auch mit den Richtern überein, denn auch ein Lebenslanger müsse noch Hoffnung auf Entlassung haben, meint Michalek.
    Wenn man sich zu einer bedingten Entlassung bekennt, muss es eine Vorbereitung auf diese bedingte Entlassung geben, denn es ist unmöglich, Menschen nach langen Haftstrafen unvorbereitet vor die Türe zu stellen, wenn ich so salopp sagen darf, sondern dazu gehört eben auch eine langfristige
    sorgsame, zunehmende, überwachte, kontrollierte Vorbereitung, die auch mit Freigängen zur Arbeit, zur Besuchung von Kursen, wie es in diesem Fall war, aber auch zu therapeutischen Zwecken, um soziale Bindungen aufzubauen und zu intensivieren, dass diese also vorgenommen werden.
    Nun wird ja das Strafvollzugsgesetz mit 1.
    Jänner neuerlich novelliert, liberalisiert, wie die Richter und Staatsanwälte sagen.
    Ist das vor dem Hintergrund dieses tragischen Falles durchzusetzen?
    An und für sich hat der Nationalrat das beschlossen und in diesem Punkt hat es auch überhaupt keine Einwände oder Vorbehalte von irgendeiner Seite.
    gegeben.
    Also in der Frage der Vorbereitung auf die bedingte Entlassung hat es keinerlei Einwände gegeben und hier war es ein einstimmiger Nationalratsbeschluss.
    Also hier war eine einheitliche Meinung der Parteien gewesen.
    Auch der Justizminister räumt allerdings ein, dass die gesetzlichen Regelungen unübersichtlich und für viele vielleicht missverständlich seien.
    Und ich gebe damit zurück ins Studio.
    Danke, Ingrid Thurnherr.
    Soviel also zur Debatte rund um die Praxis des Strafvollzugs.
    In Deutschland werden die Beschäftigten bei VW vermutlich schon bald nur mehr vier Tage pro Woche zur Arbeit gehen.
    Das Vier-Tage-Modell wird derzeit fast in der ganzen EG diskutiert.
    Kein Wunder, gibt es doch mehr als 18 Millionen arbeitslose EG-Bürger.
    In Frankreich beispielsweise wird derzeit um die politische Durchsetzung der 32-Stunden-Woche gekämpft, dass durch Arbeitszeitverkürzung das Heer der Arbeitslosen abgebaut werden kann.
    Daran haben die Wirtschaftsforscher aber bereits ihren Zweifel angemeldet.
    In Österreich gibt es nach wie vor die alte Forderung der Gewerkschaft nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.
    Werden wir in Zukunft mehr oder eher weniger arbeiten?
    Werden die starren Arbeitszeiten fallen?
    Diesen Fragen sind Karin Fischer und Dieter Bornemann nachgegangen.
    Nur mehr vier Tage pro Woche arbeiten.
    Den Beschäftigten bringt das vor allem mehr Freizeit.
    Allerdings auch weniger Geld, weil die Firmen für weniger Arbeit natürlich auch weniger bezahlen wollen.
    Und noch ein Vorteil.
    Der Arbeitsplatz wird sicherer, es werden weniger Stellen abgebaut.
    Für die Firmen hat die Viertagewoche den Vorteil, dass die Lohnkosten zurückgehen.
    Dass es in Österreich aber in den nächsten Jahren dazu kommt, ist eher unwahrscheinlich.
    Derzeit gibt es zwei festgefahrene Positionen.
    Da ist zum einen die Gewerkschaft.
    Sie wünscht sich generell eine 35-Stunden-Woche.
    Doch sollen die Arbeitnehmer weiterhin gleich viel verdienen wie jetzt bei 38 oder 40 Stunden Arbeitszeit pro Woche.
    Auf der anderen Seite stehen die Wünsche der Wirtschaft.
    Sie will möglichst flexible Arbeitszeiten.
    Das heißt, es gibt zwar grundsätzlich eine 40-Stunden-Woche, es können aber, wenn es mehr Arbeit gibt, auch 60 Stunden werden.
    Und wenn es weniger Arbeit gibt, kommt der Arbeitnehmer nur mehr für 20 Stunden in den Betrieb.
    Beide Varianten sind in dieser Form unwahrscheinlich.
    Die Gewerkschaftsvariante ist für die Unternehmer nicht zu finanzieren.
    Die flexiblen Arbeitszeiten ohne Beschränkung sind für die Arbeitnehmer nicht zumutbar.
    Denn der Arbeitnehmer auf Abruf kann sein Privatleben nicht mehr planen.
    Die Lebensqualität sinkt.
    Bei einer generellen Verkürzung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich hat das nur auf den ersten Blick positive Wirkungen auf die Unternehmen.
    Langfristig würde aber die Kaufkraft sinken und die Wirtschaft schrumpfen.
    Aber wie kann ein mögliches Arbeitszeitmodell für die Zukunft aussehen?
    Ein Mittelweg ist denkbar.
    Die Arbeitszeit wird zwar verringert, es gibt aber keinen vollen Lohnausgleich dafür.
    Ein Beispiel, ein Arbeiter hätte um 20 Prozent weniger Arbeitszeit und bekäme dann um 10 Prozent weniger Lohn.
    Oder aber die Arbeitszeit wird nicht wie bisher Woche für Woche berechnet, sondern über das ganze Jahr.
    Das heißt, wenn es etwa im Sommer viel Arbeit gibt, sind die Beschäftigten länger im Betrieb.
    Und in der schwächeren Winterzeit wird dafür weniger lang gearbeitet.
    Unter dem Strich soll es aber bei den rund 40 Stunden pro Woche bleiben.
    Auch die Gleitzeit wird für immer mehr Firmen attraktiv werden.
    Gleitzeit heißt, die Beschäftigten haben eine sogenannte Kernarbeitszeit, etwa von 10 bis 15 Uhr, in der sie im Betrieb sein müssen.
    Sie können aber kommen und gehen, je nachdem wie sie es sich einteilen oder wie viel Arbeit anfällt.
    Dem einzelnen Arbeitnehmer bringt das mehr Freizeit.
    Die Betriebe sparen sich Überstunden, weil wenn nichts zu arbeiten ist, gehen die Beschäftigten nach Hause.
    Was heißt das alles für die Zukunft?
    Werden wir eher mehr oder eher weniger arbeiten müssen?
    Es wird sich an der Arbeitszeit verteilt auf das ganze Leben wohl nicht allzu viel ändern.
    Nur der zeitliche Ablauf wird anders werden.
    So werden in Zukunft Beschäftigte in ihrem Arbeitsleben von Zeit zu Zeit aussetzen müssen, um zu lernen.
    Denn die Technologiesprünge werden es unmöglich machen, dass jemand über Jahrzehnte hinweg im selben Job bleibt, ohne in Schulungen zu gehen.
    Es wird also Karenzzeiten geben, in denen sich der Arbeitnehmer weiterbildet oder einfach für ein Jahr aussetzt.
    Im Gegenzug wird das Pensionsalter vermutlich hinaufgesetzt werden, um die Pensionen überhaupt finanzieren zu können.
    In den meisten Betrieben in Österreich ist aber von einer deutlichen Verkürzung der Arbeitszeit noch keine Rede.
    Es gibt zwar rund 25 Betriebe, in denen Kurzarbeit angesagt ist, diese Betriebe haben aber zumeist massive wirtschaftliche Probleme.
    Dass es so wie bei VW in Deutschland auch in Österreich zu einer Vier-Tage-Woche kommt, glauben weder die Gewerkschaft noch die Standesvertreter der Wirtschaft.
    Deutliche Lohnkürzungen sind politisch nicht durchsetzbar.
    Dadurch wird das Vier-Tage-Modell unwirtschaftlich.
    Und in Österreich sind die Betriebe nicht annähernd so groß wie etwa das VW-Werk in Deutschland.
    Die Sozialpartner werden sich wohl auf eine langsame und schrittweise Senkung der Arbeitszeit einigen.
    Diskussion über die Arbeitszeit, Sie hörten Karin Fischer und Dieter Bornemann.
    Worüber haben wir im Mittagsschonal bisher noch berichtet, zum Wichtigsten, weiter Diskussion auch um die Verpackungsverordnung.
    Familienministerin Rauch-Kallert ortet eine Kampagne seitens diverser SPÖ-Politiker gegen die Verordnung.
    Kanzler Franitzski weist entsprechende Vorwürfe zurück.
    Debatte auch über die Praxis des Strafvollzugs, der sogenannte Freigang dürfe nicht auf Kosten des Schutzes der Bevölkerung gehen, erklären ÖVP-Justizsprecher Graf und FPÖ-Chef Haider.
    Justizminister Michalek erklärt, auch ein Lebenslanger sollte die Chance auf vorzeitige Entlassung haben, allerdings nur nach vorsichtiger, kontrollierter Vorbereitung.
    Und nun ein Hinweis auf eine Sendung heute Abend.
    Journal Panorama.
    Die Weltbevölkerung zählt heute weit über fünf Milliarden Menschen.
    Sie wächst jährlich mit gegen 100 Millionen.
    Im Verlaufe der nächsten zehn Jahre wird dieser Welt ein zusätzliches Indien hinzugefügt.
    Das sind mehr als 850 Millionen Menschen, die grosse Mehrheit davon arm bis sehr arm.
    Und diesen jenen Teilen der Erde
    wo heute Wälder abgebrannt werden, wo der Boden ausgelaugt wird, wo täglich Tier- und Pflanzenarten zum Aussterben verurteilt wird, weil die absolute Armut den Menschen dort in ihrem Überlebenskampf gar keine anderen Alternativen lässt.
    Diese Gedanken beschäftigen den Chef des Schweizer Unternehmens Eternit, zugleich Großaktionär von ABB, Landes & Gier und des Schwarzschaustellers SMH, Stefan Schmidheini.
    Er hat sich als umweltbewegter Industrieller einen Namen gemacht.
    Beim Weltumweltgipfel in Rio 1992 war er wirtschaftlicher Berater.
    Und er hat Arbeitsgruppen von gleichgesinnten Unternehmern ins Leben gerufen.
    Ihn beschäftigen Fragen wie... Wie wird denn eine Zukunft für 10 Milliarden arme und 1 Milliarde reiche Menschen wohl aussehen?
    Wird denn Friede und Wohlstand in einer solchen Welt irgendwo überhaupt noch möglich sein?
    Optimistische und zugleich realistische Antworten gab Schmidt-Heine bei einem Vortrag in Wien.
    Hören Sie die Zusammenfassung heute Abend um etwa 8.20 Uhr in Österreich 1 in einem...
    Journal Panorama.
    Und einige der Beitragsthemen, die Sie jetzt im Mittagjournal noch hören werden.
    SPD-Parteitag in Wiesbaden.
    Die Kandidatenauslese für die Wahl zum russischen Unterhaus läuft auf Hochtouren.
    Neues Material ist aufgetaucht über den russischen Geheimdienstchef Beria.
    Zeit der Unschuld, das ist der Titel des jüngsten Scorsese-Films, der am Freitag in Österreich anläuft.
    Werden sie nun im Juni nächsten Jahres stattfinden oder nicht, die Präsidentenwahlen in Russland?
    In den vergangenen Wochen gab es ziemliche Verwirrung rund um diese Frage.
    Der starke Mann Russlands, der bereits als Tsar Boris bezeichnete russische Staatspräsident Jelzin,
    hat man einen möglichen Rückzug vor 1996 weitgehend ausgeschlossen.
    So zumindest wurde er in der Öffentlichkeit verstanden.
    Gestern jedoch versuchte Jelzin klarzustellen, sein Dekret, die Präsidentenwahlen wie versprochen im Sommer nächsten Jahres abzuhalten, bleibe gültig.
    Aber er, Jelzin, werde erst abwarten, was das neue Parlament zu sagen hat.
    Dann werde endgültig entschieden.
    Eines erscheint hingegen sicher, der Termin für die russischen Parlamentswahlen am 12.
    Dezember dürfte halten.
    Die russischen Bürger sind an diesem Tag aufgerufen, die Duma, das Unterhaus und den Föderationsrat, das ist das Oberhaus, zu wählen.
    Um den Einzug ins Unterhaus bemüht sich eine ziemlich große Zahl an Kandidaten aus mehreren Parteien.
    Aus Moskau Details dazu von Susanne Scholl.
    Zuerst war die Rede von 80 Parteien und Gruppierungen, die bei den Parlamentswahlen am 12.
    Dezember antreten, dann von 21.
    Jetzt hat die Wahlkommission endgültig 13 Parteien für die Wahl qualifiziert.
    Aber die Verwirrung ist darum nicht geringer geworden.
    450 Abgeordnete zum Unterhaus des neuen russischen Zweikammernparlaments gilt es zu wählen.
    Die Hälfte direkt, die Hälfte über Parteienliste.
    was einerseits dazu führt, dass russlandweit insgesamt mehr als 3000 Personen um die Gunsta Wähler streiten und andererseits eine ganze Reihe mehr als kurios anmutender Direktkandidaturen möglich macht.
    So hat sich zum Beispiel kürzlich der ehemalige sowjetische Parlamentspräsident Lukjanov, der wegen des Putschversuchs vom August 1991 vor Gericht steht, mit der Mitteilung zu Wort gemeldet, er werde sich um einen Sitz im neuen Parlament bewerben.
    Die Tatsache, dass das Wahlgesetz die Kandidatur von Häftlingen nicht gestattet, münzte Lukianow sehr einfach zu seinen Gunsten um.
    Weil sich die Putsch-Anführer vom August 1991 alle auf freiem Fuß befinden, obwohl ihr Prozess immer noch läuft, können ja nicht als Häftling betrachtet werden und habe daher das Recht zu kandidieren.
    Aber auch der im Lefortowo-Gefängnis inhaftierte ehemalige russische Parlamentspräsident Rav Bulatov hat aus der Zelle heraus eine Direktkandidatur angemeldet.
    Angeblich habe man in der zur russischen Föderation gehörenden Kaukasus-Republik Dagestan auch schon die nötigen Unterschriften für seine Kandidatur gesammelt.
    Allerdings wird ihn die Wahlkommission vermutlich genauso von der Liste der Wahlwerber streichen, wie sie schon den ebenfalls inhaftierten radikalen Führer der nationalistischen Bewegung Nationale Rettungsfront, Ilya Konstantinov, gestrichen hat, dessen Kandidatur man in Novosibirsk durchsetzen wollte.
    Nicht verhindern kann die Wahlkommission dagegen Kandidaturen wie die des ebenfalls radikalen Nationalisten Barburin, der sich nämlich, obwohl er am 4.
    Oktober bis zur letzten Minute im umkämpften Moskauer Parlamentgebäude ausgeharrt und gehetzt hatte, in Freiheit befindet und um jeden Preis wieder Abgeordneter werden will, auch wenn seine Partei nicht die nötigen Unterschriften zusammenbringen konnte.
    Der Kandidatenkreis ist jedenfalls bunt und weit gesteckt und für viele Wähler wird es einigermaßen schwer werden zu entscheiden, welchen Direktkandidaten sie ihre Stimme geben sollen.
    Um Ähnliches bei den Stimmen für die Parteien zu vermeiden, hat die Wahlkommission beschlossen, allen 13 Gruppierungen gleiche Chancen zu geben.
    Das heißt, allen Sendezeiten im Fernsehen zur Verfügung zu stellen.
    In Russland kommt im Fernsehen im Wahlkampf bei weitem die wichtigste Rolle zu.
    Um nur ja nicht der Parteilichkeit geziehen zu werden, hat die Wahlkommission beschlossen, nach einem einfachen Muster vorzugehen.
    Eine Stunde Sendezeit pro Tag wird den Parteien und Gruppierungen zur Verfügung gestellt.
    In welcher Reihenfolge und an welchen Tagen diese ihr Konzept unters Volk bringen dürfen, entscheidet das Los.
    Aber auch damit wird man wohl die Verwirrung der russischen Wähler nur bedingt mindern können.
    Denn kaum eine der 13 Parteien hat tatsächlich ein eindeutig definierbares Programm, mit dem sie sich von den anderen abheben könnte.
    sodass letzten Endes ja doch wieder vor allem zählen wird, welche Personen welche Partei repräsentieren.
    Grigory Javlinsky zum Beispiel, einst Gorbatschows wirtschaftspolitischer Vordenker, hat ihm am eindeutigsten Rechnung getragen.
    Seine Partei, der hierzulande nach der Jelzin-treuen Bewegung Russlands Wahl des stellvertretenden Ministerpräsidenten Yegor Gaidar die besten Chancen eingeräumt werden, hat sich gar nicht um einen eigenen Namen bemüht.
    Sie nennt sich in einer Abkürzung einfach nach ihm selbst und seinen Mitkandidaten.
    soviel aus Moskau von Susanne Scholl.
    In die Geschichte Russlands, genauer der Sowjetunion, ist Lavrentiy Beria eingegangen als einer der Hauptverantwortlichen für Willkür und Terror in der Sowjetunion in den letzten Lebensjahren Josef Stalins.
    Der gebürtige Georgij Beria war Stalins letzter Geheimdienstchef.
    Nach einem wilden Machtkampf hinter den Kulissen mit der von Nikita Khrushchev geführten Gruppe von Parteiführern wurde er 1953 erschossen.
    Jetzt behauptet eine amerikanische Historikerin, dass neue Dokumente es erforderlich machen, die Vorstellung von Beria als menschliches Monster gründlich zu revidieren.
    Fünf Jahre lang hat die an der Library of Congress in Washington beschäftigte Russlandspezialistin Amy Knight an ihrer Beria-Biografie gearbeitet.
    Und aus ihren Recherchen in den russischen Archiven zieht Amy Knight den überraschenden Schluss, dass der gefürchtete Geheimdienstchef in den Monaten der Diadochenkämpfe nach Stalins Tod als radikaler Reformer aufgetreten ist und nicht als stalinistischer Hardliner, wie das sein großer Gegenspieler Nikita Khrushchev behauptet hat.
    Die Historikerin bestreitet nicht, dass Beria als Herrscher über das riesige Reich der Lager und Gefängnisse direkt in die schlimmsten Verbrechen des Stalinismus verwickelt war.
    Aber gerade weil Beria als Chef aller Nachrichtendienste über das katastrophale Erbe Stalins informiert war wie kein anderer, habe er nach dem Tod des Diktators 1953 auf eine viel radikalere Reform hingearbeitet, als der damals noch stramm stalinistisch denkende Khrushchev, sagt Emmy Knight.
    Zum Zeitpunkt von Stalins Tod haben nicht wahnsinnig viele Menschen in der Sowjetunion Beria als schreckliche Gefahr angesehen.
    Es gab damals ein gewisses Tauwetter.
    Eine Million Gefangene wurden freigelassen.
    Viele haben das Beria zugeschrieben.
    Ich würde nicht sagen, dass er populär war, aber ich glaube nicht, dass die Leute ihn für schlimmer hielten als die anderen.
    Drei Monate dauerte es, bis Beria nach Stalins Tod von Khrushchev und seinen Mitarbeitern gestürzt und während einer dramatischen Sitzung der politischen Führung im Kreml unter vorgehaltenen Pistolen verhaftet wurde.
    Amy Knight schreibt es seinen Wirken in den Wochen vor seinem Sturz zu, dass schon Tage nach dem Tod Stalins die unter dem Titel Komplott der Weißen Kittel bekannt gewordene Repressionskampagne gegen Intellektuelle vor allem jüdischer Herkunft eingestellt wurde.
    Beria versuchte auch eine Kehrtwendung in der Nationalitätenpolitik.
    Er wollte den Republiken echte Autonomie geben.
    Am spektakulärsten aber waren seine internationalen Initiativen.
    Beria wollte eine rasche Aussöhnung mit dem von Stalin bekämpften Josip Broz Tito in Belgrad und vor allem propagierte er eine neue Deutschlandpolitik.
    Seinen Vorstellungen nach sollte der Aufbau eines sowjetähnlichen Systems in Ostdeutschland aufgegeben werden.
    Auch ein vereintes Deutschland hielt Beria für durchaus denkbar.
    Der Reformdruck aus Moskau in Richtung der Ulbrecht-Führung wurde allerdings brutal unterbrochen, als sowjetische Panzer den Arbeiteraufstand vom Juni 1953 niederwalzten.
    Die Historikerin Emmy Knight ist überzeugt, dass Beria mit seiner neuen Deutschlandpolitik auf eine Beendigung des Kalten Krieges überhaupt abzielte.
    Als Verantwortlicher für die noch ganz in den Anfängen steckende sowjetische Atomrüstung waren ihm die Gefahren des anbrechenden Wettrüstens voll bewusst.
    Er wollte die Sowjetunion ganz eindeutig aus der feindseligen Frontstellung mit dem Westen hinausführen.
    Es schwebte ihm eine Art Tauwetter vor.
    Im Vergleich zu Stalins Politik waren seine Initiativen recht dramatisch.
    Sie gingen alle in Richtung Öffnung.
    Es schwebte ihm eine praktische und pragmatische Politik vor, keine völlige Aufgabe der Ziele der Sowjetunion.
    Er wusste, dass die Sowjetunion möglicherweise langfristig Gewinn daraus ziehen wird, wenn sie einige ihrer radikalsten, antiwestlichen Positionen aufgibt.
    Ob Beria tatsächlich drei Jahre vor Khrushchevs Entstalinisierung mit dem Erbe Stalins gebrochen hätte, muss dahingestellt bleiben.
    Aber Eminait weist auch auf den ebenfalls aus dem Geheimdienst kommenden Gorbatschow-Vorgänger Yuri Andropov hin.
    Im sowjetischen System war die Staatssicherheit eine derart mit der ganzen Gesellschaft verwobene Institution, dass sie fallweise auch Reformer hervorgebracht hat.
    Und wenn man der Historikerin Eminait folgt, dann hätte absurderweise vielleicht sogar der Oberhengger Stalins.
    das Zeug dazu haben können.
    Neues rund um Stalins letzten Geheimdienstchef, zuhörten Raimund Löw.
    Das Superwahljahr 1994 rückt näher, nicht nur in Österreich.
    Mehrere Landtagswahlen und vor allem die Bundeswahlen sorgen auch bei den deutschen Nachbarn für innenpolitische Spannung.
    Angesichts der tristen Entwicklung in den Bereichen Wirtschaft und Arbeitsmarkt, auch im nächsten Jahr soll es keinen Wirtschaftsaufschwung geben,
    Die Zahl der Arbeitslosen wird laut jüngsten Prognosen auf eine Rekordmarke von vier Millionen ansteigen.
    Die Folgen der deutschen Einigung sind insgesamt eher negativ.
    All dies dürfte die Wahlchancen der regierenden konservativ-liberalen Bonner Regierung nicht gerade erhöhen.
    Aber auch die oppositionellen Sozialdemokraten signalisieren nicht gerade strahlende Siegeszuversicht.
    Der Neuanfang mit Rudolf Scharping, er ist erst seit Juni neuer SPD-Chef als Nachfolger Björn Engholms,
    hat laut Umfragen auch noch nicht überragend zu Buche geschlagen.
    Und dennoch, es überwiegt der Optimismus vor dem großen Wahljahr.
    Vor allem auch heute zum Auftakt des für vier Tage anberaumten Parteitags der SPD in Wiesbaden.
    Von dort meldet sich jetzt Gerhard Seyfried.
    Ganz auf den SPD-Kanzlerkandidaten zugeschnitten ist dieser Parteikonvent.
    Scharping, der sich am Donnerstag den Delegierten zur Wahl stellt, soll als starker Herausforderer im Kampf um das Kanzleramt aus dem Parteitag hervorgehen.
    So wollen es die Parteistrategen.
    Flankiert von Johannes Rau, dem SPD-Kandidaten für die Bundespräsidentschaft, und dem stellvertretenden Parteichef Oskar Lafontaine, hat Scharping auf der Parteitagsbühne Platz genommen.
    Die Sozialdemokraten wollen sich, das ging schon aus den Begrüßungsadressen hervor, selbst Mut und Zuversicht zusprechen.
    Der Tenor lautet, die Zeit ist reif für einen Machtwechsel in Bonn, die SPD kann es schaffen und nur sie selbst kann es verhindern.
    Bis zur Bundestagswahl ist es freilich noch beinahe ein Jahr, der Weg für Scharping ist noch lang.
    Nicht weniger als 19 Wahlen stehen im nächsten Jahr in Deutschland auf dem Programm.
    Ein Superwahljahr.
    Die SPD, die in den letzten Jahren von einer Führungskrise in die nächste getaumelt ist, erwartet sich von ihrem Parteichef den Willen zur Macht.
    So ist dieser Parteitag wohl auch so etwas wie ein Startschuss zu einem langen Wahlkampf.
    Rudolf Scharping hat am späten Vormittag mit seiner Rede an den Parteitag begonnen und die Linie vorgegeben.
    Wir müssen in unserer gesamten politischen Praxis
    auch auf diesem Parteitag immer klar machen, dass die Sozialdemokratie die Interessen der arbeitenden Menschen ernst nimmt, sich ihnen zuwendet, die Arbeitslosigkeit überwinden und soziale Gerechtigkeit wiederherstellen will.
    Darauf folgte das Bekenntnis zum Siegeswillen.
    Das sei nicht irgendein Parteitag, sagte Scharping.
    sondern der Parteitag, der die Weiche dafür stellen muss, dass in elf Monaten eine sozialdemokratisch geführte Bundesregierung Verantwortung für Deutschland übernehmen kann.
    Soweit also Rudolf Scharping, der am Donnerstag mit fünf Stellvertretern zur Wiederwahl steht.
    Für den morgigen Mittwoch wird Österreichs SPÖ-Vorsitzender Franz Franitzki beim SPD-Parteitag in Wiesbaden erwartet.
    SPD-Parteitag in Wiesbaden, Berichterstatter war Gerhard Seyfried.
    Ein Blick auf die Uhr, es ist nun 12.42 Uhr.
    Vor knapp vier Jahren ist in Rumänien die Revolution blutig zu Ende gegangen.
    Doch bis heute ist es zu keiner wirklichen Neugestaltung des Landes gekommen.
    Mit der rumänischen Wirtschaft steht es schlimmer als je zuvor.
    Ohne humanitäre Hilfe aus dem Ausland könnten viele Rumänen kaum überleben.
    Das betrifft auch die deutschsprachige Minderheit in Siebenbürgen.
    Die Landler, die zu Zeiten von Maria Theresia, also vor etwa 250 Jahren, aus Oberösterreich und Kärnten in Siebenbürgen angesiedelt wurden, diese Landler leiden unter der Auszehrung ihrer Volksgruppe.
    Viele haben Rumänien bereits Richtung Westen verlassen, nur die Alten bleiben.
    Peter Matta vom Landesstudio Kärnten hat die Landler besucht, hier sein Bericht.
    Verhungern muss in Großpold keiner.
    Die meisten Landler sind ja Bauern.
    Doch die Ernte von den eigenen kleinen Feldern ist kärglich.
    Einige Kartoffeln, Rüben und ein bisschen Mais für das Vieh.
    Ein paar Hühner, ein Schwein und im besten Fall eine Kuh kann jeder Hof sein Eigen nennen.
    Andere Lebensmittel sind, wenn überhaupt, nur für horrende Summen am Markt im 30 Kilometer entfernten Hermannstadt zu bekommen.
    In den letzten vier Jahren ist dort der Preis für Brot zum Beispiel auf das 20-fache angestiegen.
    Die Inflationsrate in Rumänien
    liegt derzeit über 200 Prozent.
    Die prekäre Wirtschaftslage ist sicherlich der schwerwiegendste Grund, warum viele Länder ihr Heimatdorf verlassen.
    Man kann schon von einem regelrechten Exodus sprechen.
    Waren vor vier Jahren noch etwa 1700 Landler in Großbold, so ist die deutschsprachige Gemeinde auf knapp ein Zehntel zusammengeschrumpft.
    Die Jungen sind weg ins gelobte Land, wie Maria Theiles nennt, nach Deutschland.
    Die 52-Jährige und ihr Mann wollen in Siebenbürgen bleiben, solange es geht, ihren Hof nicht gegen eine ungewisse Zukunft eintauschen.
    Viele haben gesagt, es wäre besser gewesen in Ceausescus' Zeit, dann wären die Leute alle schön hier zusammengeblieben, auch wenn ab und zu einer oder zwei im Jahr ausgereist sind, aber es sind ja immer viele Kinder nachgekommen und es wäre doch
    gut gewesen.
    Sie sind nicht zufrieden mit dem, dass Ilescu die Grenzen aufgemacht hat und alles weggelaufen ist.
    Es hätte irgendwie anders laufen müssen, dass auch die Alten zu ihrem Recht gekommen wären.
    Jetzt sind alte Leute hier, sie können sich kaum Holz kaufen oder können sich kaum ein Brot bringen vom Bäcker oder so.
    Es ist schwer.
    Großbold wird zum Geisterdorf.
    Die Verbliebenen sind jetzt noch näher zusammengerückt.
    Man trifft sich zum Beispiel im Café Klagenfurt, um abzusprechen, wie es mit dem vor zweieinhalb Jahren gegründeten landwirtschaftlichen Verein weitergehen soll oder um zu erfahren, wer gestorben ist oder ob wieder einer das Dorf Richtung Westen verlassen hat.
    Die deutschsprachige Schule kann nur überleben, weil auch die Kinder aus den Nachbarorten hier unterrichtet werden.
    Zwei Lehrer, die im Rahmen der Oberösterreichischen Landlerhilfe jeweils für ein Jahr in Großbold arbeiten,
    sind zwar eine große Hilfe, aber eigentlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
    Also die ausgebildeten Lehrkräfte, die arbeiten, wollen auch lieber in der Stadt arbeiten, weil es ja mit dem Pendeln so schwierig ist.
    Die Busse fahren nicht pünktlich und das Benzin ist teuer.
    Das hätte ja sicher jeder Lehrer ein Auto, aber er kann es sich nicht leisten, dass er einzeln alleine irgendein Dorf hinfährt, tagtäglich.
    Das kann er sich nicht leisten.
    Das Gehalt reicht ja nicht aus.
    Er muss ja auch essen, nicht nur fahren.
    Und die Lehrer haben heutzutage fast das kleinste Gehalt.
    Maria Roasdorfer leitet das Internat in Großbold.
    Ein privater Transport aus Kärnten hat für die 42 Schüler gerade Kindernahrung gebracht.
    Ohne die Hilfe aus Österreich hätten wir schon längst zusperren müssen, erzählt Maria Roasdorfer.
    Ohne Hilfe würde das gleiche Schicksal auch das Dispensar, die kleine Krankenstation in Großboll treffen, den Verbandszeug und Einwegspritzen, ganz zu schweigen von teuren Medikamenten, sind in Rumänien immer noch Mangelware.
    Eine Reportage aus Rumänien war das von Peter Marta.
    Die Zeit eine Minute nach dreiviertel eins.
    In den österreichischen Kinos läuft diesen Freitag der neueste Film des amerikanischen Starregisseurs Martin Scorsese an.
    Der Titel des Films Zeit der Unschuld.
    Die Regisseur von Streifen wie Taxi Driver und Goodfellas erzählt darin eine tragische Liebesgeschichte aus dem New York des ausgehenden 19.
    Jahrhunderts.
    Nach einer Romanvorlage von Edith Wharton spielen Michelle Pfeiffer, Oscar-Preisträger Daniel Day-Lewis und Winona Ryder die Hauptrollen.
    Hans Landsteiner hat zu dieser Filmneuheit den folgenden Beitrag verfasst.
    In seinen bisherigen Filmen lief ein Taxifahrer blutig Amok und Jesus Christus erlag am Kreuz einer letzten Versuchung.
    Da mordeten Mafia-Leute und ein skrupelloser Killer hatte am Cup der Angst ein tödliches Rendezvous mit einer biederen Familie.
    Jetzt hat der 51-jährige Amerikaner Martin Scorsese einen 1921 veröffentlichten Gesellschaftsroman aus dem alten New York verfilmt.
    Und doch ist es wieder ein aufregend pessimistisches Drama über die Irrationalität menschlicher Gefühle geworden.
    Wir befinden uns im New York der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts.
    Ein junger Anwalt drängt seine Verlobte zur baldigen standesgemäßen Heirat.
    Dass er in Wahrheit eine andere, nämlich eine von Michelle Pfeiffer gespielte, unkonventionelle Gräfin liebt, das wagt er sich kaum selber einzugestehen.
    Kannst du nicht verstehen, wie sehr ich wünsche, dich zu heiraten?
    Weshalb noch ein Jahr verstreichen lassen?
    Bist du dir vielleicht nicht sicher, was deine Gefühle mir gegenüber angeht?
    Ich weiss nicht, was du meinst.
    Ist da vielleicht eine andere?
    Wie sich soziale Regeln und gesellschaftliche Rituale einem erfüllten Leben entgegenstellen, Martin Scorsese hat es vielleicht noch nie so kalt und genau beschrieben, wie in diesem anmutig opulenten Bilderreigen aus scheinbar fernen Tagen.
    Scorsese?
    Was mich beeindruckt, war der starke emotionale Inhalt
    Was mich fasziniert hat, war das Starkgefühl unterdrückter Leidenschaft.
    Ich wollte schon immer eine Liebesgeschichte drehen.
    Dies hier ist natürlich eine obsessive, ein ohne übliches Happy End.
    Aber so ist das Leben nun einmal.
    Es ist eine Love Story, aber eine unmögliche.
    Es ist eine unmögliche Liebesgeschichte.
    Die Geschichte mag im 19.
    Jahrhundert spielen, der formale Reichtum, mit dem sie hier im Kino erzählt wird, stammt unübersehbar aus dem 20.
    Regisseur Scorsese bricht das trügerisch-triviale Geschehen nämlich immer wieder durch subtile Tricks.
    Da kommentiert eine Erzählstimme die Vorgänge auf der Leinwand mit abgeklärter Ironie, da erweisen sich Ausbrüche von Leidenschaft im Nachhinein als bloße Wunschfantasien der Charaktere und da ersteht aus Schriftinserts, kühnen Kamerabewegungen und Bildüberblendungen das dichtgewobene Bild einer Epoche, der die Oberfläche alles, seelische Vorgänge dagegen nichts gelten.
    Besonderes Augenmerk hat Martin Scorsese der stimmigen Rekonstruktion des Zeit-Colorids geschenkt.
    Ich war daran interessiert, eine ganze Mauer aus Details zu errichten, speziell was das Essen angeht.
    All diese Details, die Genoiserien, die Löffel und Gabeln, die Weine, die Tischdekorationen, Blumenarrangements und Gemälde sind ja wunderschön, aber zugleich sind sie wie ein schönes Gefängnis.
    Kann ich denn jetzt noch heiraten?
    Kannst du dir das vorstellen?
    Zuletzt sind hier drei Leben zerstört und Momente des Glücks nur noch Erinnerung an vergangene Tage.
    So wird ein vermeintliches Kostümstück zur künstlerisch verdichteten Allegorie auf eine Zeit, die ihre Unschuld längst verloren hat.
    Martins Quasizes Film »Zeit der Unschuld« vom Freitag an in den österreichischen Kinos.
    Sie hörten dazu einen Beitrag gestaltet von Hans Langsteiner.
    Zurück zum Tagesgeschehen.
    Das Wort hat Josef Wenzlich-Natek.
    Österreich.
    Die Richtervereinigung kritisiert die Praxis des Freigangs.
    Anlass ist der sogenannte Fall Haas.
    Haas war wegen Mordes verurteilt und in der Wiener Strafanstalt Mittersteig untergebracht.
    Dort hatte er Freigang und steht im dringenden Verdacht, während seines Hafturlaubes einen 13-jährigen Buben ermordet zu haben.
    Jetzt ist Haas flüchtig.
    Der Vizepräsident der österreichischen Richtervereinigung, Wolfgang Jedlitschka, spricht von einem großen Fragezeichen.
    Er fragt, wie es möglich sei, dass ein Mann von der Anstaltsleitung Freigang bekäme, nachdem die Richter zweimal Nein zu einer bedingten Entlassung gesagt hatten.
    Jedlitschka fordert eine klare gesetzliche Regelung, wo die Kompetenz liegt.
    Ähnlich hat sich ÖVP-Justizsprecher Michael Graf geäußert.
    Er will eine parlamentarische Anfrage an Justizminister Michalek richten, ob die gesetzlichen Bestimmungen im Fall Haas eingehalten wurden.
    Der Justizminister räumt ein, dass manche gesetzliche Regelungen missverständlich seien.
    Grundsätzlich sei ein Freigang zur Vorbereitung auf die Entlassung nötig, meint Michalek.
    FPÖ-Obmann Haider stellt den Strafvollzug insgesamt in Frage.
    Er fordert, lebenslang müsse wirklich lebenslang bedeuten.
    Für Mörder dürfe es keine Gnade geben, sagt Haider.
    Die Verpackungsverordnung sorgt weiter für Diskussionen.
    Umweltministerin Rauch-Kallert hat die SPÖ kritisiert.
    Rauch-Kallert sagte, vor allem von SPÖ-Politikern gebe es massive Vorwürfe.
    Jetzt sei nicht der richtige Zeitpunkt.
    Die SPÖ hätte ein Jahr lang Zeit gehabt, vor Inkrafttreten der Verpackungsverordnung, bessere Verbesserungsvorschläge und Kritik anzubringen.
    Ein Aussetzen der Verpackungsverordnung, wie dies Teile der SPÖ gefordert haben, hält Rauch Kallert für nicht machbar.
    Bundeskanzler Warnitzki sagt, nicht nur die SPÖ, sondern auch die anderen Parteien würden an der Verpackungsverordnung Anstoß nehmen.
    Warnitzki erklärte, er werde für eine praktikable Lösung zur Verfügung stehen.
    Deutschland.
    In Wiesbaden hat heute der Parteitag der deutschen Sozialdemokraten begonnen.
    Parteichef Scharping hat die SPD eindringlich zur Geschlossenheit aufgerufen.
    Man müsse klarstellen, dass man für soziale Gerechtigkeit eintrete, sagte Scharping.
    Auf diesem Parteitag müsse man außerdem die Weichen für einen Regierungswechsel im nächsten Jahr stellen.
    Der Parteitag dauert noch bis Freitag.
    480 Delegierte und mehr als 2000 Gäste haben sich eingefunden.
    Bosnien-Herzegowina.
    Serbische Truppen greifen massiv die Region um Tuzla an.
    Sie wollen offenbar das Becken völlig einkesseln.
    Um die strategisch wichtige Stadt Olovo hat es in der Nacht blutige Kämpfe gegeben.
    Sollten die Serben mit ihrer Offensive Erfolg haben, wäre eine direkte Landverbindung zwischen den serbisch besetzten Gebieten im Osten und im Westen Bosniens hergestellt.
    Für die Menschen in Bosnien wird die Lage immer schlimmer.
    In Sarajevo hat es zum ersten Mal geschneit.
    Die UNO warnt vor einem schrecklichen Kriegswinter mit Hunger- und Kältetoten.
    Die Vereinten Nationen wollen deshalb mit allen drei Kriegsparteien über die Winterhilfe für die Zivilisten verhandeln.
    Israel, Libanon.
    Im Südlibanon gibt es wieder schwere Gefechte.
    Kämpfer der proiranischen Organisation Hezbollah haben nach eigenen Angaben Stellungen der Israelis überfallen und dabei zwölf Soldaten gefangen genommen.
    Die von Israel beanspruchte Sicherheitszone wurde mit Raketen beschossen.
    Zwei israelische Soldaten wurden dabei verwundet.
    Die Hezbollah hat bestritten, die Raketen abgefeiert zu haben.
    Die israelische Artillerie hat nach libanesischen Angaben etwa 200 Granaten auf schiitische Dörfer geschossen.
    Über mögliche Opfer gibt es noch keine Angaben.
    Nun das Wetter heute Nachmittag in Österreich.
    Weiterhin kalt, windig und feucht.
    Immer wieder Schneefall oder Schneeregen.
    Besonders am Nordrand der Alpen sowie im Osten.
    Temperaturen heute 0 bis 3 Grad.
    Das war das Mittagsjournal vom 16.
    November.
    Einen recht angenehmen Nachmittag wünscht Udo Bachmeier.
    Auf Wiederhören.
    Das war's.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Ministerrat: Verpackungsverordnung
    Einblendung: Maria Rauch-Kallat, Franz Vranitzky
    Mitwirkende: Hopfmüller, Gisela [Gestaltung] , Vranitzky, Franz [Interviewte/r] , Rauch-Kallat, Maria [Interviewte/r]
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Diskussion ; Umweltpolitik ; Regierung ; Justizpolitik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Ministerrat: Kritik zu Strafvollzug von Richtern und Staatsanwälten
    Einblendung: Wolfgang Jedlicka, Michael Graff, Jörg Haider, Nikolaus Michalek
    Mitwirkende: Thurnher, Ingrid [Gestaltung] , Jedlicka, Wolfgang [Interviewte/r] , Graff, Michael [Interviewte/r] , Haider, Jörg [Interviewte/r] , Michalek, Nikolaus [Interviewte/r]
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Justizpolitik ; Diskussion ; Regierung ; Straftaten ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Diskussion um Arbeitszeitverkürzung
    Gewerkschaften fordern die Einführung einer Vier-Tage-Woche sowie eine Einführung von Kernarbeitszeiten.
    Mitwirkende: Fischer, Karin [Gestaltung]
    Datum: 1993.11.16 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Arbeitnehmerverbände ; Wirtschaftspolitik ; Arbeitnehmerverbände ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Trailer: Die Vision einer nachhaltigen Entwicklung
    Einblendung: Stefan Schmidheiny
    Mitwirkende: Schweinzer, Josef [Gestaltung] , Schmidheiny, Stefan [Interviewte/r]
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Schlagworte: Wissenschaft und Forschung ; Soziales ; Soziales ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kandidaten für die Wahl zum russischen Unterhaus
    13 Parteien bewerben sich um den Einzug in das russische Unterhaus. Kaum eine von ihnen hat ein klar definiertes Programm, weshalb der Wahlkampf eher über Personen und Gesichter läuft.
    Mitwirkende: Scholl, Susanne [Gestaltung]
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Ort: Moskau
    Schlagworte: Politik ; Direkte Demokratie ; Personalfragen ; Opposition ; Regierung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    SPD-Parteitag in Wiesbaden
    EInblendung: Rudolf Scharping
    Mitwirkende: Seifried, Gerhard [Gestaltung] , Scharping, Rudolf [Interviewte/r]
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Schlagworte: Politik ; Sozialismus und Sozialdemokratie ; Wahlen ; Reden und Ansprachen ; Personalfragen ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Landler in Rumänien
    Einblendung: Maria Teil, Landlerin. Die deutschsprachige Minderheit in Siebenbürgen, deren protestantische Vorfahren zu Zeiten Maria Theresias aus Oberösterreich, Kärnten und dem Salzkammergut in das damals durch Krieg entvölkerte Siebenbürgen ausgesiedelt worden waren, verlässt immer zahlreicher Rumänien. Aufgrund der schlechten Zukunftsperspektiven bleiben oft nur die Alten in den Dörfern und schlagen sich mit der eigenen Landwirtschaft durch, um zu überleben.
    Mitwirkende: Matter, Peter [Gestaltung] , Teil, Maria [Interviewte/r]
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Minderheiten ; Migration ; Soziales ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Zeit der Unschuld (Movie of the year) der jüngste Film von Martin Scorsese
    EInblendung: Martin Scorsese
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung] , Scorsese, Martin [Interviewte/r]
    Datum: 1993.11.16 [Datum der Restaurierung]
    Schlagworte: Film ; Spielfilm ; Unterhaltungssendung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1993.11.16
    Spieldauer 00:55:34
    Mitwirkende Bachmair, Udo [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1993.11.16 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-931116_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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