Die führende Rolle

1994 hat der Berliner Filmemacher und Essayist Harun Farocki die Fernsehbilder aus Ost und West von der Maueröffnung erneut gesichtet. Es war besonders auffallend, dass sich das Ereignis nicht richtig repräsentieren ließ. Tagelang hatten sich unzählige Kamerateams vor dem Brandenburger Tor aufgebaut, um ein emblematisches Bild einzufangen. Doch gibt es überhaupt ein Bild, in dem das Ereignis getroffen ist?
Harun Farockis essayistischer Dokumentarfilm "Die führende Rolle" entstand ausschließlich durch die Montage von bereits vorhandenem Archivmaterial. "Heute nach fünf Jahren, können wir aus den Dokumenten herauslesen, wie tief das kollektive Bewusstsein erschüttert war und mit welcher Gefasstheit diese Erschütterung maskiert wurde. Damit haben wir den Ausdruck dessen, der am nächsten Tag den Freitod wählt." (Harun Farocki, 1994).

Als die BRD und die DDR mit dem Prozess der Vereinigung beider Staaten begannen, diskutierten sie miteinander durchs Fernsehen: Man sah einander zu, schaute, wie der andere auf die Situation reagierte, kommentierte einander. Die BRD-Medien übernehmen "die führende Rolle", deren Staat behält sie, die DDR wird eingesackt.

Harun Farocki setzt die ost- und westdeutschen TV-Bilder des Jahres 1989 in Beziehung zueinander.Fernsehbilder der Nachrichtenmedien der BRD (ARD, ZDF: heute journal,...) und der DDR (Aktuelle Kamera)