Altweibersommer

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Information

Inhalt

Teil der Sammlung Franz Hiesel
Bluhm, Walter (Wilhelm Behrendt) ; Rose, Traute (Sophie Behrendt) ; Müller-Elmau, Eberhard (Heimleiter) ; Mitulski, Ernstwalter (Anton) ; Fleischmann, Herbert (Schmidt) ; Schoenau, Marlies (Frau Schmidt) ; Szczesny, Claudia (Sabine)
Die Fabel ist denkbar einfach. Sophie und Wilhelm Behrendt, ein altes über sechzigjähriges Bauernehepaar, hat durch seine LPG einen Ferienscheck erhalten. Diese Reise der beiden Alten ist zugleich der erste Urlaub ihres Lebens, und es zeigt sich, daß es ihnen zunächst sehr schwer wird, sich in das Nichtstun hineinzufinden. Nach einigen heiteren Zwischenfällen aber gelingt es durch die verständnisvolle Hilfe aller Beteiligten, den beiden ihren Urlaub so zu gestalten, daß sie zuletzt versprechen, im nächsten Jahr wiederzukommen. Was dieses Hörspiel auszeichnet, ist der poetische Ansatzpunkt, den sein Autor gefunden hat. Die bekannte Tatsache, daß viele Kleinbauern ihr Leben lang Knechte des kärglichen Besitztums waren und heute zum ersten Mal die Möglichkeit erhalten, an sich selbst zu denken, ist hier in einer Weise umgesetzt, die das längst Bekannte wieder neu und unmittelbar nacherlebbar werden läßt. Dazu braucht es nur ein Minimum an äußerer Handlung: zwei-drei Episoden, die nur so weit ausgeführt sind, wie sie der Hörer zum Weiterdenken benötigt, dazu ein paar Gespräche, in denen die handelnden Personen profiliert werden. Das Hörspiel lebt nicht von Aktionen, es skizziert jeweils nur die Anstöße dazu, die Punkte, in denen im äußeren Geschehen menschliche Verhaltensweisen zutage treten. So in den Dialogen des Heimleiters mit Schmidt und Anton, in der Unterhaltung der alten Frau Behrendt mit Sabine und in Antons Aussprache mit Wilhelm Behrendt. Diese Zwiegespräche sind so dicht, so frei von allem konventionellen Gerede, daß ihnen eine eigene Spannung innewohnt. Alle Gespräche sind zugleich ein Stück Nachdenken der Personen über sich selbst, ein Stück Selbstverständigung und Selbstaussage. Gerhard Rentzsch hat einmal den "Trend zur Problemerörterung, zur Meditation" als wesentlichen Bestandteil eines guten Hörspiels bezeichnet. Sein Stück schafft solche Situationen, in denen das "Nachdenken zum Handlungsdrehpunkt" wird, in denen das Nachdenken das Geschehen trägt. Hierbei zeigt sich zugleich, daß der "intime" Charakter solcher Hörspiele kein äußerliches Gestaltungsmittel ist, sondern unmittelbar mit dem Wesen dieser Hörspiele verknüpft ist. Je mehr das Hörspiel von der bloßen Darstellung zur Erörterung kommt, je mehr das äußere Geschehen durch innere Auseinandersetzung abgelöst wird, um so "dichter" kann der Hörer an die Vorgänge heranrücken, die er schließlich nicht mehr als außenstehender Betrachter, sondern als einbezogener Mitspieler erlebt. Aus dem Gegenüber zweier Dialogpartner wird dann ein Dreiecksverhältnis, in das der Hörer als dritter Partner eingegliedert ist. Hier aber liegt nun das eigentliche Wesen des Hörspiels, hier ergeben sich seine höchsten Möglichkeiten, die weder mit dem Film noch mit dem Fernsehen deckungsgleich oder gar austauschbar sind. Altweibersommer ist in diesem Sinne ein Meisterwerk unserer jüngsten Hörspielproduktion. Es nutzt die funkischen Möglichkeiten gleich zu Beginn, wenn es den Hörer schrittweise an das Ehepaar Behrendt heranführt. Ahnlich ist es mit dem Bericht von der geplanten Reise nach Hamburg, der schrittweise bis zu dem Zeitpunkt fortgeführt wird, als Wilhelm Behrendt Anton vom Tod des Sohnes erzählt. - Daß das Stück in allen Teilen tiefe Vertrautheit mit der Gattung Hörspiel und ihren Ausdrucksmitteln zeigt, kann hier nur festgestellt werden. Es zeichnet sich vor allem durch eine bruchlose Einheit aller einzelnen Situationen aus, ohne daß der Autor besonders "raffinierte" Mittel zu Hilfe nimmt. (Peter Gugisch in Hörspieljahrbuch 1, Henschelverlag Berlin 1961) Diese Produktion: Ein Ehepaar bekommt einen Ferienscheck. Die beiden Alten haben vorher noch nie Urlaub gemacht. - Das erste DDR-Hörspiel, das in der BRD (nach)produziert wurde.
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