Clara S.

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[https://emmywerner.at/volkstheater/daten/eingang/index.html] Sie konnten einander natürlich nie begegnet sein, die gefeierte Pianistin und wenig beachtete Komponistin Clara S(chumann) aus dem Deutschland des 19. Jahrhunderts und der Erfolgsautor und Kriegsheld Gabriele d’Annunzio aus dem Italien des frühen 20. Jahrhunderts. Doch Elfriede Jelinek schubst Clara samt familiärem Anhang bedenkenlos und wohlbedacht ins Italien Mussolinis und konfrontiert sie mit dem Über-Macho und seinem weiblichen Hofstaat. Weiblicher Prototyp gegen männlichen Prototyp. Künstlerin versus Künstler. „Großes Frauenleben“ und „männliche Größe“. Und natürlich nimmt da die „musikalische Tragödie“ – wie die Jelinek ihr Stück nennt – die Form einer bösen Farce an. Denn Clara ist nicht nur engelsgleiches Wunderkind und Hohepriesterin der Kunst, sie ist auch Gattin eines geisteskranken Genies, Mutter viel zu vieler Kinder und daher permanent in Geldnöten. Und d’Annunzio ist nicht nur Kriegsheld von eigenen Gnaden und Produzent schwülstig-kitschiger Romane, er verfügt auch über Geld und Macht in einem für Künstler und selbst für Kriegshelden ungewöhnlichen Ausmaß. Die Frau bietet Kunst zum Verkauf an, ihre eigene, europaweit gerühmte, die ihres genialen Gatten, die ihrer vielversprechenden Tochter. Doch der Mann will von Frauen nicht Kunst kaufen, die macht er bei Bedarf selbst, sondern Körper. Den Körper will die Frau nicht verkaufen. Macht auch nichts, käufliche Frauenkörper gibt es zur Genüge und in jeder Preislage. Auf dieser Grundsituation baut Elfriede Jelinek ihr wütendes Stück auf: wütend über den bürgerlichen Kunstbetrieb, wütend über männliche Kunstideologien, wütend über die Vernichtung weiblicher Kreativität. Luft macht sich ihre Wut in Gelächter. Und lächerlich sind sie schließlich alle, die Käufer und die Käuflichen, und am lächerlichsten die, die die Marktgesetze nicht kennen.
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