Mittagsjournal 1977.09.12

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Am Mikrofon des Mittagsschanals ist heute Roland Machatschke.
    Guten Tag, meine Damen und Herren.
    Die Schlagzeilen zu den wichtigsten Beiträgen, die wir geplant haben.
    Aktueller Stand des Files Schleyer aus Bonn und das Genf antworten auf die Frage, wer ist Denis Payot, der Verbindungsmann zwischen Bonn und den Terroristen?
    Aus Österreich, Verteidigungsminister Rösch nimmt zum ersten Mal in einem Interview Stellung zu den Problemen seines Ressorts, Reportage vom Beginn des Intensivwahlkampfes im Burgenland und Handelsminister Staribacher beschäftigt sich mit der Frage der Handelsspannen.
    Und im Kulturteil berichten wir heute über die Uraufführung eines neuen Theaterstücks von Martin Sperr.
    Jetzt aber gebe ich ins Nachrichtenstudio zu Peter Fichner.
    Er spricht Meldungen, für die Henry Goldhahner, Chef vom Dienst, verantwortlich ist.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Bundeskanzler Schmidt ist heute Vormittag mit Innenminister Mayhofer, Justizminister Vogel und dem Chef des Bundeskriminalamtes Herold zu einer neuerlichen Besprechung über die Entführung des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Schleyer zusammengetroffen.
    Bis jetzt wurde nicht bekannt, ob die Entführer das geforderte Lebenszeichen Schleyers übermittelt haben, da über den Stand der Ermittlungen eine strikte Nachrichtensperre verhängt worden ist.
    Das Bundeskriminalamt hat über den Genfer Rechtsanwalt Paiot, der als Kontaktperson zu den Terroristen fungiert, außerdem Auskunft gefordert, in welches Land die elf inhaftierten Mitglieder der Baader-Meinhof-Bande gebracht werden möchten, deren Freilassung von den Entführern gefordert wird.
    Payot hat sich auf Drängen Bonds bereit erklärt, keine neuen Einzelheiten seiner Kontakte zu den Entführern bekannt zu geben.
    Gestern ist es zwischen der Kanzlei Payots und der Regierung in Bonn zu Meinungsverschiedenheiten wegen der Veröffentlichung des jüngsten Ultimatums der Terroristen gekommen.
    Norwegen.
    In Norwegen gehen heute die zweitägigen Parlamentswahlen zu Ende.
    Bei dem Urnengang zeichnet sich eine relativ hohe Wahlbeteiligung ab, die die bürgerlichen Oppositionsparteien in die Lage versetzen könnte, die seit 42 Jahren regierenden Sozialdemokraten von der Macht zu verdrängen.
    Polen.
    Das Oberhaupt der katholischen Kirche Polens, Kardinal Wyszynski, befindet sich seit knapp einer Woche im Krankenhaus.
    Der 76-Jährige leidet nach Angaben seines Sekretariats an Gelbsucht.
    Sein Zustand wird als sehr ernst bezeichnet.
    Frankreich, Polen.
    Der polnische Parteichef Kierek wird heute Nachmittag zu einem offiziellen Besuch in Paris erwartet.
    In einem Interview für die französische Nachrichtenagentur Agence France-Presse stellte Kierek fest, in der Entwicklung der internationalen Beziehungen gebe es im letzten Viertel dieses Jahrhunderts keinen anderen Weg als den der friedlichen Koexistenz und der Entspannung.
    Seinen Gastgeber, den französischen Staatspräsidenten Giscard d'Estaing, nannte Gjerek einen großen Freund Polens, mit dem er vor allem über die Intensivierung der Entspannungsbemühungen konferieren werde.
    Zur Entwicklung der kommunistischen Parteien in den westlichen Ländern stellte der polnische Parteiführer fest, es gebe wichtigere Probleme als den Eurokommunismus und man solle die Beurteilung des richtigen Weges der Geschichte überlassen.
    Der Einfluss des Westens auf die Konsumgewohnheiten der polnischen Jugend werde in Polen toleriert, weil der Wert eines Menschen nicht von der Länge seiner Haare abhänge, sagte Gierek.
    China.
    Nach Ansicht des stellvertretenden Ministerpräsidenten Deng Xiaoping ist ein dritter Weltkrieg unvermeidlich.
    Deng Xiaoping erklärte gegenüber einer Delegation japanischer Parlamentarier in Peking, der Krieg werde nicht von den Vereinigten Staaten begonnen werden.
    Die Regierung in Washington habe dazu nicht den Mut.
    Die Sowjetunion sei jedoch darauf vorbereitet, einen Krieg zu provozieren.
    Der erst vor kurzem rehabilitierte Politiker betonte, China habe friedliche Absichten, würde aber im Falle einer Invasion zurückschlagen.
    Sowjetunion.
    Zum Abschluss seines Besuchs in der UdSSR ist UNO-Generalsekretär Waldheim heute in Moskau mit Staats- und Parteichef Brezhnev zusammengetroffen.
    Nach offiziellen Angaben erörterten die beiden Staatsmänner internationale Probleme.
    Waldheim war vor acht Tagen zu seinem ersten offiziellen Aufenthalt in der Sowjetunion seit fünf Jahren eingetroffen.
    Nach Beratungen mit Außenminister Gromyko besuchte der UNO-Generalsekretär Sibirien und die Mongolei.
    europäische Gemeinschaften.
    Neben der Arbeitslosigkeit ist derzeit die Energieversorgung das wichtigste Diskussionsthema der Kommission der europäischen Gemeinschaften in Brüssel.
    Eines der Ziele der europäischen Energiepolitik bis 1985 ist vor allem eine Senkung der Energieimporte der neuen EG-Staaten von derzeit mehr als 80 auf 50 Prozent des Verbrauchs.
    Dies soll durch den stärkeren Einsatz von Kohle, Erdgas und Kernenergie erreicht werden.
    Durch einen entsprechenden Ausbau der Energieversorgung will man die Grundlage für ein jährliches Wirtschaftswachstum von 4 Prozent schaffen.
    Dieses Wirtschaftswachstum ist notwendig, um die rund 5 Millionen Arbeitslosen der 9er-Gemeinschaft wieder in das Erwerbsleben einzugliedern.
    Nicht weniger als 40 Prozent der Arbeitslosen sind Jugendliche.
    In den nächsten Jahren wird die Zahl der jugendlichen Schulentlassungen, die einen Arbeitsplatz suchen, nicht nur in Österreich, sondern auch in den europäischen Gemeinschaften zunehmen.
    USA.
    Bis zum Ende des Jahres 1985 ist mit keiner neuen Ölpreisexplosion zu rechnen.
    Diese Ansicht vertritt die International Trade Commission, die amerikanische Handelsbehörde, in einer eben veröffentlichten Untersuchung.
    Damit stellt sich das Institut in Gegensatz zu dem amerikanischen Geheimdienst CIA, der in einer Studie im Frühjahr dieses Jahres die Ansicht vertreten hat, es werde zu einem neuen Ölschock kommen, weil der Verbrauch der Erdölförderung in nächster Zeit wesentlich übersteigen dürfte.
    Diese Untersuchung war auch die Basis für das Energiesparprogramm des amerikanischen Präsidenten Carter.
    Wer von den beiden Prognostikern recht behält, hängt im Wesentlichen davon ab, ob der Ostblock seinen Ölbedarf aus eigener Förderung zu decken vermag oder nicht.
    Nur wenn die europäischen Ostblockstaaten gezwungen sind, auf dem internationalen Ölmarkt als Käufer aufzutreten, ist mit einer Verknappung und damit auch mit einer Ölpreissteigerung zu rechnen, heißt es in der Studie der Handelskommission.
    Österreich.
    Im Jahre 1970 ist die Handelsbilanz durch Autoimporte im Ausmaß von 6 Milliarden Schilling belastet worden.
    Heute sind es, nach der neuesten Statistik, schon 16 Milliarden Schilling.
    Wie die Austria Presse Agentur im Gespräch mit Vertretern des Fahrzeughandels erfuhr, sind die Wiener und die Kärntner beim Auto am sparsamsten.
    Während bei der Steigerung der Autoimporte, die im Jahr 1976 im Vergleich zu 1975 mit 22% zu hoch war wie kaum jemals zuvor, auf Wien und Kärnten nur 18% entfallen, wird die Importsteigerung in Salzburg und Tirol mit 27% beziffert.
    Den Rekord hält Vorarlberg mit einer Importsteigerung von 39%.
    Wie aus der APA-Statistik ferner hervorgeht, neigt der Österreicher immer mehr dazu, größere und stärkere Autos zu verkaufen.
    Die Generalvertretungen mehrerer Autofirmen in Wien führen die Tendenz zum größeren und stärkeren Wagen keineswegs auf Renommiersucht zurück.
    Der Österreicher, so erklären die Autohändler, suche nicht den chromglänzenden Wagen, sondern das verkehrssichere Fahrzeug.
    Der Straßenverkehr hat in der ersten Hälfte des heurigen Jahres insgesamt 800 Menschenleben gefordert.
    Das sind um 32 mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
    Nach einer heute veröffentlichten Statistik des Kuratoriums für Verkehrssicherheit stieg auch die Zahl der Unfälle mit Personenschäden um 637 auf 20.458.
    Insgesamt wurden zwischen Jänner und Juni 1977 mehr als 27.500 Personen bei Verkehrsunfällen verletzt.
    Das Kuratorium für Verkehrssicherheit führt diese Entwicklung auf das Ansteigen der Motorisierung zurück und meint, die Einhaltung der Gesetze werde nicht streng genug durchgesetzt.
    Besonders mangelhaft seien die Tempoüberprüfungen, heißt es in einer Aussendung des Kuratoriums.
    Die Wiener Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik hat in der Nacht auf heute einen Erdbeben der Stärke 6 nach der Richterskala registriert.
    Das Epizentrum des Erdstoßes wird etwa 1600 Kilometer von Wien entfernt im östlichen Mittelmeer vermutet.
    Und nun das Wetter.
    In Österreich herrscht heute unter Hochdruckeinfluss allgemein sonniges Wetter.
    Das mitteleuropäische Hoch wird aber abgebaut.
    Ein Tief zieht von der Nordsee zum Baltikum.
    Eine zugehörige Kaltfront wird auch den Alpenraum beeinflussen.
    Die Aussichten bis morgen früh.
    Zunächst allgemein heiter oder wolkenlos, schwacher bis mäßiger Wind aus südlichen Richtungen.
    Nachmittagstemperatur 20 bis 27 Grad.
    In der kommenden Nacht Bewölkungszunahme.
    Im Norden und Osten örtlich Aufkommen von Regen.
    Dabei auflebender Wind aus West bis Nordwest.
    Tiefstemperatur 8 bis 15 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen.
    Im Westen und Süden wechselnd bewölkt und nur örtlich etwas Niederschlag.
    Im Norden und Osten veränderliche bis starke Bewölkung und zeitweise Regen oder Regenschauer.
    In freien Lagen und auf den Bergen lebhafter Wind aus West bis Nordwest.
    Tageshöchsttemperatur 14 bis 20, im Süden bis 22 Grad.
    Wettermeldungen von 12 Uhr.
    Wien, Heiter 26 Grad, Westwind 10 km in der Stunde.
    Eisenstadt, Heiter 25 Grad, Ostwind 10.
    Linz, Heiter 21 Grad, Westwind 10.
    Salzburg, Heiter 24, Nordwind 2 km in der Stunde.
    Innsbruck heiter 22 Grad windstill.
    Bregenz heiter 20 Grad windstill.
    Graz heiter 23 Grad windstill.
    Klagenfurt heiter ebenfalls 22 Grad windstill.
    Es ist jetzt elf Minuten nach zwölf.
    Heute vor einer Woche wurde der Präsident der deutschen Arbeitgeberverbände Hans Martin Schleyer in Köln entführt.
    Vier Tote blieben zurück, der Chauffeur und drei Polizisten.
    Seither gibt es, wenn man es ganz überspitzt ausdrücken will, im Fall Schleyer nicht viel Neues.
    Die Forderungen der Terroristen sind bekannt.
    Sie wollen die Freilassung von elf Strafgefangenen bzw.
    Untersuchungshäftlingen der Bader-Meinhof-Szene.
    Sie wollen 100.000 Mark für jeden dieser Freigelassenen, ein Flugzeug, freie Ausreise in ein nicht genanntes Land, Verzicht auf ein Auslieferungsbegehren.
    Die deutschen Behörden arbeiten seit Bekanntgabe dieser Bedingungen vor allem auf Zeitgewinn.
    Die Kommunikation mit den Terroristen spielte sich eine Zeitlung über Radio und Fernsehen ab.
    Ab Samstag dürften die Verbrecher dann das Angebot der Behörden angenommen haben, den Genfer Rechtsanwalt Pajot als Kontaktperson zu verwenden.
    Pajot hat gestern bekannt gegeben, dass sich die Terroristen mit ihm in Verbindung gesetzt haben.
    Noch immer gilt die Nachrichtensperre, die von Bonn aus verhängt worden ist.
    Und wie immer in solchen Fällen ist der Nährboden für Gerüchte dann ganz besonders fruchtbar.
    Ansatzpunkt von Überlegungen zum Beispiel.
    Ein Appell von Frau Schleyer an die Verantwortlichen in Bonn, gestern das Leben ihres Mannes zu retten, auf die Forderungen der Terroristen einzugehen.
    Deutet das darauf hin, dass jetzt der Kurs der Unnachgiebigkeit aufgegeben werden könnte, Klaus Emmerich in Bonn?
    Nein, sicherlich nicht.
    Oder vielleicht sollte man vorsichtiger sagen, noch nicht.
    Momentan ist die Lage hier gekennzeichnet durch das Bild der letzten Tage.
    Also auch hier nichts Neues.
    Keine Nachrichten, weder direkt von den Entführern noch indirekt.
    Momentan findet im Kanzleramt hier 100 Meter, ich kann das durch die Studio-Scheiben, die Scheiben des Studios sehen, eine Unterrichtung der Minister der Regierung statt, also ohne Beamte.
    Die Parteien wollen sich heute Nachmittag damit befassen, aber was Neues ist ihnen nicht zu bitten.
    Was sagt denn eigentlich die Bundesregierung oder welche Meinung hat die deutsche Bundesregierung zu diesem Verbindungsmann Pajot?
    Dieser Verbindungsmann ist ja der deutschen Regierung sozusagen aufgezwungen worden.
    Er ist ja in einem Schreiben der Entführer genannt worden und deshalb ist man an ihn herangetreten.
    Glaubt man, dass er sozusagen ehrliches Spiel spielt?
    Das wagt niemand hier zu sagen, das gehört natürlich auch zu dieser Nachrichtensperre, aber die Verärgerung über Bayaud, dass er gestern Abend, am Sonntagabend, Einzelheiten darf, Fragen und Vorschläge und Gegenaktionen des Bundeskriminalamtes,
    an die Presse gegeben hat, ist hier natürlich unverkennbar.
    Aber es hält sich alles sehr zurück.
    Vielleicht sollten wir aber noch einmal kurz auf den Fall von Frau Schleyer kommen.
    Natürlich muss man bedenken, und das kann der Hintergrund der Hektik jetzt in diesen Minuten und in diesen Stunden sein,
    ist es eine andere Situation für eine Regierung, wenn eine Frau in einer juristisch sehr abgewogenen und unsichtlich vorbereiteten Form die Regierung praktisch daran erinnert, aus ihrer Sicht, dass der Schutz des Menschenlebens vor allen anderen Rechtsgütern gehe.
    Das ist eine so harte und eindeutige Sprache, dass das hier schon die Bewertungskriterien in Bonn
    im Laufe der nächsten Tage verändern können.
    Man macht sich eben auf mehrere Tage gefasst.
    Gerade deshalb, auch um jetzt wieder auf Resa Malpaio in Genf zurückzukommen, es ja nicht ganz einfach ist, von Bonn mit Entführern, den Ort man nicht kennt und wo man nicht einmal weiß, ob der Entführte noch lebt, über Genf zu kommunizieren.
    Nochmals zurückkommend auf den Appell von Frau Schleyer.
    Einer der Hauptunterschiede zur Entführung des Berliner CDU-Vorsitzenden Peter Lorenz vor einiger Zeit ist ja, dass damals die Bevölkerung mit der Handlung der Regierung einverstanden gewesen ist.
    Also einverstanden, dass man die menschliche Lösung gewählt hat, dass man den Gefangenen sozusagen freigekauft hat.
    Aber Meinungsumfragen in der vorigen Woche in Bonn haben ja diesmal genau das Gegenteil ergeben.
    Es sind ja fast drei Viertel der Befragten der Meinung gewesen, dass die Regierung hart bleiben
    Da ist natürlich eine starke emotionale Welle und es ist die Frage, wie weit eine Regierung eine solche Welle unterstützt oder vielleicht sogar auch die Nachrichtensperre ein Element ist, um die Erregung in Westdeutschland, die unverkennbar ist und eigentlich jedes Gespräch fast bestimmt, zu dämpfen.
    Bei Emotionen dieser Art taucht natürlich unvermeidlich immer wieder die Frage auf, kann die Todesstrafe, kann das Verhandensein der Todesstrafe oder kann die Einführung der Todesstrafe hier irgendetwas ändern?
    Und nach dem, was wir hier lesen und hören, wird ja das Thema Todesstrafe für Terrorüberfälle im Augenblick wieder ganz besonders und auch auf der politischen Ebene bereits diskutiert.
    Ja, es gibt einen Vorschlag, da haben wir heute im Morgenjournal schon darüber berichtet, des CSU-Abgeordneten, der sich darauf beruft, er habe eine Mehrheit der Fraktionen der Opposition im Bundestag hinter sich.
    Viele in Bonn bezweifeln das, finden die Diskussion auch innerhalb der CDU als voreilig und unpassend, im Zeitpunkt jedenfalls, während auf der sozialliberalen Seite die Meinungen geteilt sind.
    Man muss auch da bei der Wertung von Meinungsumfragen vorsichtig sein.
    Allerdings darf man bei der ganzen Emotionalisierung eines nicht vergessen.
    Heute vor einer Woche mussten vier Leute, einfache Leute, die ihre Pflicht getan haben und sonst nichts, die keinerlei besondere Funktionen in diesem Staat hatten, auf der Straße unter den Kugeln von immerhin 300 Schüssen in Köln sterben.
    Das verschiebt auch im Verhältnis zum Fall Lorenz die Betrachtung ganz erheblich.
    Hat man sich überhaupt schon einmal rein theoretisch und von psychiatrischer Seite die Frage gestellt, ob Terroristen vom Schlage dieser Leute aus dem Baader-Meinhof-Kreis, die ja zum Beispiel durch Hungerstreiks und einer der Irrigen ist ja schon einmal gestorben an einem solchen Hungerstreik, ob sich die durch die Todesstrafe überhaupt abschrecken lassen, ob die so viel Wert auf ihr eigenes Leben legen, dass sie durch das Vorhandensein der Todesstrafe sich abhalten ließen von einem Verbrechen dieser Art, wie es vor einer Woche in Köln begangen worden ist?
    Das ist sehr die Frage, zum Beispiel der westdeutsche Justizminister Vogl, der dem rechten Flügel der Sozialdemokratie zugerechnet wird, ist genau dieser Meinung, dass er sagt, Leute, die zu solchen Dingen mit einer systematischen und hochintelligenten Brutalität fähig sind, die lassen sich durch die Todesstrafe, weil sie sich ja politisiert fühlen und auch legitimiert fühlen, in keiner Weise beeindrucken.
    Also aus Bonn vor der Hand mehr Emotionen als harte Nachrichten.
    Danke, Klaus Emmerich, für diesen Direktbericht aus Bonn.
    Kontaktmann zwischen Bonn und den Terroristen ist also, wie schon ein paar Mal erwähnt, ein Genfer Rechtsanwalt Denis Pajot.
    Sein Name ist zum ersten Mal aufgetaucht in dem Schreiben der Terroristen, in dem die Bedingungen für die Freilassung Schleiers genannt werden.
    Die freigelassenen Terroristen sollen von Pastor Niemöller und von Anwalt Pajot begleitet werden, so heißt es in diesem Schreiben.
    Und offenbar aus diesem Grund ist Pajot dann von der deutschen Bundesregierung als Vermittler vorgeschlagen worden.
    Wer ist nun dieser bis jetzt unbekannte Rechtsanwalt aus Genf?
    Unser Mitarbeiter Horst Höller ist dieser Frage nachgegangen.
    Der als Kontaktmann und somit praktisch als eine Art von Schlüsselfigur, in der die gesamte Bundesrepublik betreffenden Schleierentführungsaffäre bezeichnete Genfer Rechtsanwalt Dr. Dennis Bayou, ist seit Jahren in vielen Ländern kein unbekannter Mann.
    Doch jetzt mit dem Fall Schleier und dem Terrorismus in der Bundesrepublik steht der 35-jährige Junggeselle
    und Sohnen des Pastors im internationalen Scheinwerferlicht.
    Das so sehr, dass man seit gestern Abend im offiziellen Bonn nicht mehr wünscht, dass Payot in den Medien bei Namen genannt wird.
    Payot war bisher hauptsächlich durch seine Bemühungen bezüglich arabische Staaten betreffende Menschenrechtsprobleme aufgefallen.
    Doch er ist meist ein diskreter Anwalt und selbst unter seinen Genfer Kollegen ist er mehr wegen seiner Präsidentschaft bei der Schweizerischen Menschenrechtsliga und des Postens eines Vize-Generalsekretärs bei der Internationalen Föderation für Menschenrechte mit Sitz in Paris bekannt.
    Doch wie gesagt, Bayou ist in vielen Ländern bereits zum Freund oder zum Ärgernis geworden.
    Auch seine Beauftragung, als Kontakt oder Mittelsmann in der Schleieraffäre zu wirken, war nicht von ungefähr gekommen.
    Eigentlich sollte er ja nicht Vermittler, sondern auf Wunsch der Schleierentführer als Begleiter im Falle des geforderten Austausches von elf inhaftierten Bader-Meinhof-Terroristen gegen den deutschen Arbeitgeberpräsidenten wirken.
    Doch dann wurde er von der Bundesrepublik plötzlich zum Kontaktmann gewählt.
    Warum sein Name den Terroristen bekannt war, ist ganz einfach zu erklären.
    Denn Payot besaß und besitzt Kontakte mit Angehörigen und Freunden der inhaftierten Terroristen.
    Eltern hatten ihn in Genf aufgesucht und das anlässlich diverser Tagungen im Rahmen der UNO-Menschenrechtskommission.
    Wobei dies zum letzten Mal vor etwas mehr als einer Woche geschehen war, als man hier zum Thema Minoritäten und Diskriminierung über die Frage von Haftbedingungen diskutierte.
    Seit heute ist Dr. Payot wieder sehr diskret und spricht gegenwärtig nicht mehr mit der Presse.
    Doch seine bisherige Arbeit in Fragen der Menschenrechte bildet eine bunte Palette.
    So sein Einsatz für iranische Studenten im letzten Jahr, welche in Genf die iranische UNO-Mission überfallen und wichtige Dokumente über die Tätigkeit der persischen Geheimpolizei SAVAK in Europa entwendet hatten.
    Aber auch sein fast ignorierter Einsatz zur Befreiung von 157 Menschen aus den französischen Gefängnissen im afrikanischen Djibouti.
    die Frage der Menschenrechtsverletzungen in Marokko und die der Verletzungen in der spanischen Sahara, wobei Pajó besonders Algerien besuchte.
    Als man kürzlich in Genf das Problem der Kurden im Irak behandelte und schwere Anklagen gegen die irakische Regierung geführt wurden, war eine Untersuchung Pajós im Kurdistan als Gegenargument gebracht worden.
    In Israel hat sich Pajó ebenfalls einen Namen gemacht, denn er behandelte Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten.
    der als äußerst versatil und idealistisch bezeichnete Rechtsverteidiger besitzt zu verschiedenen arabischen Delegationen in Genf-Beziehungen.
    Doch die palästinensische Befreiungsorganisation PLO vertrete er nicht.
    Das betonte zumindest der offizielle PLO-Beobachter in Genf, Daoud Barakat.
    Den Anarchistenrechtsanwalt, Klaus Croissant, der nach Frankreich geflüchtet ist, will Payot nicht kennen.
    Doch er war auch in den letzten Tagen wiederholt über die Grenze gefahren und manche meinen, man kenne sich.
    Aber nicht nur in afrikanischen, arabischen und lateinamerikanischen Fragen, wie beispielsweise in Sachen der Chile-Flüchtlinge, war Payot bereits zuständig, sondern auch was Flüchtlinge aus Rumänien, aus Polen und Bulgarien betrifft.
    Wobei er einmal auch einen geflüchteten und in der Schweiz Asyl suchenden Sowjetbürger helfen wollte, dieser jedoch mit Garantien versehen nach Moskau zurückreiste und trotz der Garantien vom KGB in Empfang genommen wurde.
    Das war ein Bericht von Horst Höller aus Genf.
    Es ist jetzt in wenigen Sekunden 12 Uhr und 22 Minuten, acht Minuten vor halb eins.
    Der neue österreichische Verteidigungsminister Otto Rösch hat am Montag seine Arbeit im Verteidigungsministerium am Franz-Josefs-Keh in Wien praktisch aufgenommen.
    Die Zeit von seiner Bestellung als Nachfolger Lüttgendorffs bis zum heutigen Tag hat Roesch nach eigenen Angaben zu einem umfangreichen Aktenstudium über die Probleme seines neuen Ressorts genützt.
    Und diese Probleme sind erwiesenermaßen ziemlich zahlreich.
    Sie reichen von Maßnahmen zur Straffung der aufgeblähten Kommandostrukturen über den Ankauf von Panzern und Abfangjägern bis zur Regelung der umstrittenen Kantinenfrage.
    Leopold Esterle hat heute zum ersten Mal seit Amtsantritt von Otto Rösch die Möglichkeit erhalten, in einem Interview mit dem Verteidigungsminister die dringendsten Probleme des Bundesheeres zu erörtern.
    Herr Minister Rösch, zum ersten Mal in der Geschichte des Bundesheeres hat durch Ihre Bestellung ein gestandener sozialistischer Parteipolitiker das Verteidigungsressort übernommen.
    Bedeutet dies nun eine generelle Änderung in der Haltung der SPÖ zum Bundesheer?
    Oder wurde mit Otto Rösch, der unumstrittenste Minister der Kreisky-Kabinette, an diese Stellung gesetzt, um für jene Ordnung zu sorgen, die bisher parteiunabhängige Experten nicht bringen konnten?
    Ich glaube, diese Bestellung bedeutet keine Änderung in der Politik des Ressorts.
    Ich glaube auch nicht, dass es darum geht, eine Ordnung, wie Sie sagten, hier herbeizuführen, die bisher nicht gewesen ist, sondern es ist eine Entscheidung aufgrund der bekannten Vorgänge gewesen, dass man eben jemand anderen gebracht hat und der Bundeskanzler und die Regierungspartei
    war der Meinung, dass ich diese Funktion ausüben soll.
    Sie haben nach dem Ersten Ministerrat, nach Ihrer Bestellung eine Rationalisierung in der Heeresverwaltung angekündigt.
    Bei den derzeit bestehenden Gegebenheiten muss dies zwangsläufig eine gewisse Umstrukturierung bedeuten.
    Wie wird diese Umstrukturierung ausschauen?
    Was werden Sie auf diesem Sektor unternehmen?
    Ich muss einmal eines richtigstellen.
    Ich habe nicht gesagt, ich werde vornehmen.
    Ich bin gefragt worden, ob ich der Meinung bin, dass es eine Umstrukturierung erforderlich macht.
    Und ich sagte darauf, das wird man sich ansehen müssen.
    Das habe ich mir jetzt angesehen.
    Sicherlich gibt es in der Erfahrung der Struktur des Jahres 1972 bis heute, aus diesen fünf Jahren, einige Konsequenzen daraus.
    Und ich bin nunmehr dabei, mit den Herren des Ministeriums diese Konsequenzen durchzudiskutieren.
    Und dann werden wir sehen, wie weit Änderungen notwendig sind.
    Es steht weder die Bereitschaftstruppe 100% und die Situation bei der Landwehr ist also ähnlich katastrophal.
    Was gedenken Sie dazu tun?
    Ich weiß nicht, warum man immer wiederum von katastrophal spricht.
    Die Herren des Ministeriums selbst, die damit betraut sind, also die Fachleute, die sehen das nicht so katastrophal, als was man es immer gerne darstellt.
    So wie es momentan aussieht, ist also die Bereitschaftstruppe etwa zu 60 bis 65 Prozent einsatzbereit.
    Obwohl
    im Rahmen dieser ganzen Reform, wir etwa in der Hälfte der Reformzeit stehen.
    Also das ist an sich gar nicht so schlecht.
    Was die Landwehr betrifft, ist das Landwehrkonzept nun ausgearbeitet, liegt fertig da, und bedarf ebenfalls dieses zwölfjährigen Zeitraumes, in dem eben der Ausbau durchgeführt wird.
    Man kann jetzt nicht nach fünf Jahren verlangen, dass wir dort stehen, wo wir dann nach zwölf Jahren stehen sollen.
    Frage der Panzerbeschaffung.
    Ihr Vorgänger, Verteidigungsminister Lütgendorf, hat sich ziemlich festgelegt auf das Schweizer Modell, das Schweizer Panzer 68.
    Welche Entscheidung werden Sie in der Panzerfrage treffen?
    Wir werden dann, nachdem wir das Angebot der Steirerwerke überprüft haben,
    die also bekanntlich sagten, sie wären unter Umständen in der Lage, ebenfalls so ein Gerät zu erzeugen, mit den Schweizer Herren darüber einig werden, was weiter geschehen soll.
    Nun bedeutet das ja, wenn Sie ein Angebot der Steyr Daimler Buch AG abwarten, dass aus dem Schweizer Projekt offensichtlich nichts werden dürfte.
    Die Möglichkeit besteht.
    Wie gedenken Sie in der Frage der Abfangjäger zu entscheiden?
    Hier gibt es einen Beschluss des Landesverteidigungsrates, der sagt, grundsätzlich Abfangjäger ja, Zeitpunkt soll dann später einmal festgelegt werden.
    Und wenn man also absieht, dass das Bodenleitsystem fertig ist oder fertig wird, dann kann man wahrscheinlich auch daran gehen, eine Entscheidung wegen der Abfangjäger zu treffen.
    Das bedeutet also Abfangjäger sicher nicht vor 82, 83?
    Zumindestens nicht eine Entscheidung meiner Meinung nach vor 79, 80.
    Was waren die Gründe oder was waren die ausschlaggebenden Motive, weshalb Sie Brigadier Karl Lütgendorff zum General ernannt haben?
    Das ist eine Frage, die eigentlich sehr eigenartig ist.
    Nachdem in der Dienstpragmatik und in den ganzen Dienstrechtsbestimmungen es
    vorgesehen ist, dass ein Pensioniert, dass ein Beamter, der in Pension geht, den nächst höheren Titel vom Herrn Bundespräsidenten verliehen werden kann.
    Das heißt, der ist weder befördert worden, was da alles drinnen steht, noch sonst etwas, sondern ich habe genau das gemacht, was bei Hunderten oder, wenn Sie wollen, einigen Tausenden Beamten in der Republik schon gemacht wurde.
    im Moment des Übertritts in den Ruhestand die Verleihung des nächsthöheren Titels.
    Das ist geschehen.
    Und warum das geschehen ist, ist, glaube ich, auch ganz klar.
    Niemand hat jemals dem Brigadier Lütgendorf als Offizier und Beamten irgendetwas vorgeworfen.
    Daher hat er genauso den Anspruch gehabt, wie alle anderen Beamten, wenn sie aus in den Ruhestand treten, den nächsthöheren Titel verliehen zu bekommen.
    Also dadurch, dass er als Verteidigungsminister, weil er den Bundeskanzler, weil er die Öffentlichkeit, weil er das Parlament nicht zu einem Wissensstand entsprechend informiert hat, als Minister zurücktreten musste, das hat keinerlei Einfluss darauf, ob er als Beamter oder Offizier befördert wird oder nicht.
    Man muss doch trennen, das eine ist eine politische Verantwortung als Minister.
    Aus dieser politischen Verantwortung hat der damalige Bundesminister Lüttgentorf eine Konsequenz gezogen und um seinen Rücktritt gebeten.
    Das andere ist die Dienstzeit des Brigadiers Lüttgentorf, der also in Pension gegangen ist.
    Das sind jetzt, glaube ich, zwei völlig getrennte Dinge.
    Danke Ihnen für immer, Herr Minister.
    Das Gespräch mit Verteidigungsminister Rösch führte Leopold Esterle.
    Im Burgenland hat an diesem Wochenende die Intensivphase des Wahlkampfes für die Landtagswahlen am 2.
    Oktober begonnen.
    Die derzeitige Mandatsverteilung im Landtag lautet 16 SPÖ, 15 ÖVP und ein freiheitlicher Sitz.
    In der Landesregierung stehen derzeit drei SPÖ-Mitglieder, drei ÖVP-Mitgliedern gegenüber.
    Eine Paz-Situation, die durch eine von der ÖVP allerdings heftig bekämpfte Wahlrechtsreform in Zukunft vermieden werden soll.
    An diesem Wochenende waren neben Landespolitikern erstmals auch führende Bundespolitiker im östlichen Bundesland im Einsatz.
    Markus Sommersacher hat die Wahlveranstaltungen beobachtet, hier sein Bericht.
    Der Einsatz der Parteipropaganda hier im Burgland ist überraschend.
    Entweder ist man als Berichterstatter aufgrund der vergangenen zwei wahllosen Jahre diesen Einsatz nicht mehr gewohnt, oder die Anstrengungen der politischen Parteien sind wirklich so energisch.
    Tatsache bleibt,
    dass das östlichste Bundesland in diesen Tagen von einer Propagandaflut überschwemmt wird, vor allem im nördlichen Teil.
    Hier zwischen Leiter und Neusiedlersee lächeln die Konterfeist der Spitzenkandidaten von SPÖ, ÖVP, FPÖ und KPÖ in unglaublicher Massierung von den Plakatständen entlang der Straße, vor und nach jeder wichtigen Kreuzung und vor und nach jedem Ort.
    Manchmal in Fünfer- bis Sechser-Kombinationen.
    Theodor Keri auf der linken, Franz Soranitsch auf der rechten Straßenseite.
    Auf der Nord-Süd-Hauptverkehrsader haben wir zum Beispiel zwischen Eisenstadt und dem Sieggradner Berg mehr als 100 Plakate gezählt.
    Im Durchschnitt also steht alle 100 Meter ein Plakat.
    Und bereits hier fällt auf, Programme stehen im Hintergrund.
    Die Landtagswahlen im Burgland werden als Persönlichkeitswahlen geführt.
    Die spärlichen Slogans lauten, miteinander reden, vernünftig entscheiden, zur Demokratie gehören drei für die FPÖ, jetzt den neuen Weg bestimmen, ÖVP und für unser Burgenland, SPÖ.
    Die Kürze dieses Slogans der Regierungspartei findet ihre Parallele in der Zeit, die die Spitzenredner der SPÖ im Wahlkampf programmatischen Äußerungen widmen.
    Wie zum Beispiel Bundeskanzler Kreisky an diesem Wochenende bei einer Wahlveranstaltung im südlichen Güssing.
    Hinweise auf die bisherigen Leistungen der sozialistischen Bundesregierung seit 1970 dominieren, die wirtschaftliche Lage steht im Mittelpunkt.
    Bedeutsam allerdings der Hinweis Kreiskis auf die Bedeutung, die seiner Meinung nach den bevorstehenden Landtagswahlen für die Bundespolitik zukomme.
    Ich scheue mich nicht zu sagen, dass vom Ausgang der Wahlen auch viel für die weitere Entwicklung abhängt.
    Gehen die Wahlen gut aus,
    dann wird sich diese etwas nervöse Stimmung, die da in den letzten Wochen erzeugt wurde, sehr bald legen und wir werden die Ruhe haben, die wir brauchen, um mit Energie weiterzuarbeiten.
    Denn was Österreich in diesen Wochen und Monaten braucht, sind nicht
    Neuwahlen vor der Zeit, zwei Jahre, ehe sie stattfinden sollen, eine sinnlose Wahlkampagne.
    Was Österreich jetzt braucht, sind kraftvolle Maßnahmen, ruhige und gediegene Arbeit, damit wir uns das bewahren, was wir erreicht haben.
    Wie der Bundeskanzler für die Bundespolitik lässt Spitzenkandidat Landeshauptmann Theodor Kehry vor der Kulisse der mit Scheinwerfern angestrahlten Burg Güssing die Leistungen seiner Partei im Lande Revue passieren.
    Stolz schwingt mit, wenn er meint, dass die Zeit vorbei sei, wo die Burgenländer die Gastarbeiter Österreichs und das Burgenland der Armenwinkel des Bundesgebiets gewesen sei.
    Wem das zu verdanken sei?
    Einerseits der eigenen Leistung der Burgenländer, andererseits einer großzügigen und in diesem Umfang noch nie dagewesenen Unterstützung des Bundes für die Landesregierung.
    Das Programm für die Zukunft, Arbeitsplätze fördern, das Pendlerproblem lösen und das Gespenst der Jugendarbeitslosigkeit fernhalten.
    Keri resümiert.
    Was wir wollen und was mir auch vorschwebt ist, dass wir das persönliche Glück des Einzelnen von Jahr zu Jahr ein bisschen mehren.
    Das persönliche Glück in den Familien, in den vier Wänden, dass wir sagen können, ja, nächstes Jahr können wir uns mehr leisten, ein bisschen mehr als heute.
    So wie wir heute sagen können, heute geht es uns besser als vor fünf Jahren.
    Und vor fünf Jahren ist es uns besser gegangen als vor zehn Jahren.
    Nach der aggressiven Phase der Wahlwerbung, zum Beispiel mit dem Plakatslogan, wir wollen die rote Mehrheit brechen, dominiert derzeit bei der großen Oppositionspartei die Positivwerbung.
    Spitzenkandidat Landeshauptmann Stellvertreter Franz Soronic in der Halbzeit des Fußballspiels zwischen den Erzrivalen Leiter Brodersdorf und Sankt Margareten via Lautsprecher begrüßt, gratuliert der Bevölkerung zu dem, was sie und nicht die Landes- oder die Bundesregierung geleistet habe.
    Dennoch
    Probleme gäbe es genug zu lösen, meinte er am Abend in der Fremdenverkehrsgemeinde Neusiedl.
    Im Straßennetz, bei der Verbesserung der Fremdenverkehrseinrichtungen oder im Gesundheitswesen.
    Soronitschs spezielle Forderung an den Bund.
    Wir haben seit dem Jahre 1972 über 4000 Menschen, die dieses Land verlassen haben, weil sie einfach keine Beschäftigung gefunden haben in unserem Lande.
    Und ich glaube, das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung.
    Hier ist es nicht ein Problem der österreichischen Volkspartei allein, hier ist es nicht ein Problem des Burgenlandes, sondern das ist eine staatspolitische Aufgabe, die hier zu lösen ist.
    Und daher diese Forderung, dass man sich über dieses Problem auseinandersetzt, und wenn es auch nicht leicht zu lösen ist.
    Im Spiegelverkehr zu den Aussagen des Bundeskanzlers zur Bundespolitik sind die Bemerkungen, die ÖVP-Obmann Taus zu diesem Thema der Wahlauseinandersetzung der Bevölkerung vorsetzt.
    Die Sozialisten hätten 1970 eine glänzende Erbschaft angetreten, hätten aber ihr Spielkapital verprasst.
    Die Folgen?
    Erstmals seit dem Staatsvertrag eine negative Zahlungsbilanz und erdrückende Schulden des Staates.
    Wir sind zu einem der internationalen Schuldnerländer geworden und dort liegen die Gefahren für die Vollbeschäftigung, dort liegen die Gefahren für die Arbeitsplätze.
    Und das kann man nur sanieren, wenn man das den Menschen sagt und wenn man ihnen klar macht, was es eigentlich bedeutet, was diese sozialistische Bundesregierung hier angerichtet hat.
    Sie haben falsch und schlecht regiert und dafür verdienen Sie auch an diesem 2.
    Oktober einen Denkzettel, auch im Burgenland.
    Verlaufen die Einsätze der Spitzenpolitiker der beiden Großparteien auf die Minute genau nach einem Organisationsplan?
    Beeindruckt bei SPÖ und ÖVP der immense Aufwand mit Wagenpulks, fahrbaren Rednertribünen und einem Heer von Helfern, tut sich die Freiheitliche Partei schwer hier mitzuhalten.
    Während im Schankraum der Wirtschaft Kurz in Kemmeten bei Oberwart die Männer ihren Sonntagsfrühschoppen halten, fährt draußen der Lautsprecherwagen der FPÖ durch die Ortschaft und lädt zur Wahlversammlung im Wirtshaus ein.
    Dort im Extrasaal, gestern noch von den Sozialisten zu ihrer Wahlversammlung gebraucht, erläutert Spitzenkandidat Richard Reeser, vorgestellt als Kamerad Reeser, sein Programm.
    Die Freiheitlichen fordern klare Verhältnisse in der Landesregierung und Ausgewogenheit im Landtag.
    Fleischgewordenes Beispiel dieser Ausgewogenheit aus der Sicht der FPÖ, Richard Reeser, der einzige freiheitliche Abgeordnete im burgländischen Landtag, jener Mann, der im Frühsommer die Sozialisten mit seiner Stimme für die Beschlussfassung der neuen Wahlordnung unterstützte, jener Wahlordnung, die nach Ansicht der Sozialisten verhindern soll, dass es wegen der zahlenmäßigen Ausgeglichenheit zwischen SPÖ und ÖVP in der Landesregierung zur Beschlussunfähigkeit kommen kann.
    Resa, dessen Schritt von der ÖVP scharf kritisiert wird und auch innerparteilich nicht unumstritten war, verteidigt seine Haltung im Landtag so.
    Ich gebe zu, ich kann mit den Sozialisten in diesem Land besser reden als mit der österreichischen Volkspartei, weil die Sozialisten bereit waren, uns einen Lebensraum zu geben.
    Wir haben daher alles unternommen, um der Bevölkerung klaren Wein einzuschenken.
    Wir sind keine Steigbügelhalter.
    Wir sind weder der Wurmfahrtsatz der österreichischen Volkspartei noch das Anhängsel der Sozialisten.
    Neben den drei im Parlament vertretenen Parteien kandidieren im Burgland auch die KPÖ und wie seit gestern feststeht auch die NDP.
    Allzu große Chancen rechnen sich die Kommunisten aber nach Aussage ihres Bundesparteivorsitzenden Franz Muri nicht aus.
    Ganz im Gegenteil zu Norbert Burger, der fest damit rechnet, der Freiheitlichen Partei einige Stimmen wegnehmen zu können.
    Über den Wahlkampf im Burgenland berichtete Markus Sommersacher.
    Wir setzen nun fort mit der Inlandspresseschau.
    Hans Langsteiner hat die Auszüge aus den Zeitungskommentaren zusammengestellt.
    Die Zeitungen der beiden Großparteien gehen heute auf die Hintergründe der für morgen angekündigten Demonstration des ÖVP-Wirtschaftsbundes gegen das geplante zweite Abgabenänderungsgesetz ein.
    Im sozialistischen Salzburger Tagblatt schreibt Manfred Eder
    Nun will Finanzminister Androsch mit dem zweiten Abgabenänderungsgesetz die Staatseinnahmen erhöhen und gleichzeitig der Steuergerechtigkeit ein kleines Stück näher kommen.
    Der Wirtschaftsbund ist dagegen.
    Das ist verständlich.
    Weniger verständlich ist die geplante Demonstration, ohne auch nur den Versuch von Verhandlungen mit der Regierung unternommen zu haben.
    Dies deutet darauf hin, dass es in erster Linie eine parteipolitische Aktion ist und die Interessensvertretung erst in zweiter Linie folgt.
    Die Haltung der ÖVP in dieser Frage, aber auch zu anderen Problemen wie der Kernenergie, der Lohnsteuerreform, der inneren Sicherheit, der Schulreform, ist vorwiegend durch politisch-taktische Überlegungen geprägt.
    Sie ist und wirkt unehrlich.
    Das Organ der im sozialistischen Salzburger Tagblatt kritisierten ÖVP, das Neue Volksblatt, verteidigt die Demonstration.
    Peter Klar meint,
    Bei der Demonstration am Dienstag geht es nicht darum, anstelle von Verhandlungen zu demonstrieren.
    Es geht darum, den Herren am Ballhausplatz und in der Himmelpfortgasse in aller Deutlichkeit vor Augen zu führen, wie ernst es der Wirtschaft bei diesen Verhandlungen ist.
    Und weiter?
    Immer wieder wurden die Wirtschaftsfunktionäre als Schwarzmaler und Krankjammerer verschrien.
    Und plötzlich hat vom fernen Mallorca her
    der Herr Bundeskanzler die Grenzen des Zumutbaren überschritten.
    In Sonnenlaune schoss er über eine Boulevardzeitung Giftpfeile gegen österreichische Selbstständige.
    Dies zu einem Zeitpunkt, da sein Vize ein 17-Milliarden-Schröpfungsgesetz ausarbeitete.
    Wenn jetzt die Selbstständigen sich noch einmal ducken, dann bremst nichts mehr die Herren.
    Dann folgt diesem einen Schlag eine zweite und eine dritte Ohrfeige.
    Deshalb ist die Demonstration notwendig.
    Soweit das ÖVP-Organ Neues Volksblatt zur morgigen Wirtschaftsbundaktion.
    In der Tiroler Tageszeitung kommentiert Hans Thür den Landesparteitag der Tiroler ÖVP, bei dem Landeshauptmann Wallnöfer am Wochenende als Landesparteichef bestätigt worden war.
    Thür schreibt, diese ÖVP hat Konturen und Schlagkraft gewonnen, was allerdings ungewolltes Mitverdienst Kreiskis und seiner Minister in Wien
    so wie Salchers in Innsbruck ist.
    Die Schwierigkeiten in die siebeneinhalb Jahre sozialistischer Politik, die Österreicher geführt haben, die bitteren Früchte, die wir nun alle ernten müssen, machen es der ÖVP relativ leicht, ein bürgerliches Kontrastbild zu zeichnen.
    meint Hans Thür in der Tiroler Tageszeitung.
    Die Presse schließlich geht auf ein ORF-Interview des sozialistischen Klubobmannes Heinz Fischer ein, in dem dieser unter anderem von der ökonomischen Notwendigkeit der Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Zwentendorf gesprochen hatte.
    Man liest
    Fischer hat Recht, es wäre vernunftwidrig und wirtschaftlich unverantwortlich, Zwentendorf zur Ruine werden zu lassen.
    Man sollte sich also, und vielleicht kann der Klubobmann der Regierungspartei da mithelfen, dafür einsetzen, dass der Bericht an das Parlament so bald wie möglich vorliegt.
    Erst dann kann der Nationalrat entscheiden.
    Ihn schon jetzt auf ein Ja einschwören zu wollen, würde die Zahl der Neinsager vermehren.
    Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund führen immer wieder Klage darüber, dass die Handelsspannen in Österreich zu hoch seien.
    Das Institut für Wirtschaftsforschung hat nun eine Studie veröffentlicht, wichtigster Punkt, ein Vergleich der Handelsspannen in Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland.
    Erst die Ergebnisse sind bereits Ende August bekannt geworden, sie sind aber nach Ansicht von Handelsminister Staribacher falsch interpretiert worden.
    Der Handelsminister nahm daher sein heutiges Pressegespräch zum Anlass, um nochmals die Frage der Handelsspannen anzuschneiden, Matthäus Katinger berichtet.
    Wichtigstes Ergebnis des Vergleichs der Handelsspannen in Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, bei uns sind gerade die Spannen im Großhandel merklich höher als in der Bundesrepublik.
    Schlagen die deutschen Großhändler etwa 15 Prozent auf, sind es in Österreich 22 Prozent.
    Weit höher sind die österreichischen Spannen im Großhandel mit landwirtschaftlichen Produkten, mit Nahrungs- und Genussmitteln, mit pharmazeutischen und kosmetischen Erzeugnissen.
    Etwa gleich hoch die Spannen im Großhandel mit Holz- und Brennstoffen, Eisen- und Metallwaren sowie Mineralölerzeugnissen.
    Im Einzelhandel dagegen sind die Unterschiede in den Spannen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Österreich geringer.
    Sie betragen nur knapp ein Prozent.
    Im Vergleich sieben Prozent im Großhandel.
    In den einzelnen Branchen ist die Situation jedoch sehr unterschiedlich.
    Nahrungsmittel und Getränke, Bekleidung, Parfümeriewaren und Heilmittel haben in Österreich um ein bis drei Prozent höhere Einzelhandelsspannen.
    Bei Papierwaren, vor allem aber bei Büchern, sind die Spannen in Österreich um sieben Prozent höher als in der Bundesrepublik.
    Gleich dagegen die Aufschläge der Einzelhändler bei Hausrat und Wohnbedarf, Uhren und Schmuckwaren, optischen und feinmechanischen Erzeugnissen.
    In Summe, also Großhandel und Einzelhandel, ergibt das bei Nahrungsmitteln beispielsweise 10 Prozent.
    Höhere Preise allein aufgrund der Handelsspannen.
    Handelsminister Staribacher sieht die unterschiedlichen Spannen so.
    Die Erklärung, warum also die Großhandelsspanne in Österreich höher ist als wie in der Bundesrepublik, ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, weil wir in Österreich eine geringere Umschlagshäufigkeit haben, als das in der Bundesrepublik der Fall ist.
    Erst vor etwa einer Woche war die Frage der Handelsspannen wieder aktuell geworden, als nämlich die Oberösterreichische Arbeiterkammer eine Untersuchung über Autoersatzteilpreise in der Bundesrepublik und in Österreich veröffentlichte.
    Daraus ging hervor, dass die Preise für Autoersatzteile in Österreich zwischen 30 und 100 Prozent höher liegen als in der Bundesrepublik.
    Nach Ansicht Staribaches sind die Ursachen dieser Preisunterschiede, dass die Autoimporteure in Österreich die Preise beliebig festsetzen können, da ja die Konkurrenz fehle.
    Die Frage der Ersatzteilpreise bei Autos werde demnächst im Preisunterausschuss der Paritätischen Kommission behandelt.
    Handelsspannen selbst sind ja, ebenso wie die Preise von Importwaren,
    von der Preisfestsetzung in der Paritätischen Kommission ausgenommen.
    Allerdings gibt es auch hier ein Hintertürl, die sogenannte Sonderkommission.
    Ich habe keinerlei Möglichkeiten, weil bekanntlicherweise vor etlichen Jahren der Vorschlag
    dieses allumfassende Preisstabilisierungsgesetz oder Preisstämpfungsgesetz, welches eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig hat, weil es eine Verfassungsbestimmung enthält, vom Parlament nicht genehmigt wurde.
    Ich habe in Verhandlungen mit der Handelskammer versucht, andere Lösungen zu erreichen, die aber bis jetzt nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnten.
    Ich möchte ausdrücklich festhalten, dass ich gar nicht die Absicht habe, eine Preisregelung von vornherein zu dekretieren, sondern dass mein Plan immer der war, eine Möglichkeit zu bekommen, dass wenn es sich um ungerechtfertigte Preiserhöhungen handelt, wo immer,
    ob ein Importeur oder beim Groß-Kleinhändler oder sonst wo, dass ich dann entsprechende Preisregelungen durchführen könnte.
    Auch die würde ich selbstverständlich im Einvernehmen mit den Interessensvertretungen machen.
    Die Frage, mehr Kompetenzen für Staribacher bei der Preisregelung, wird ja im Herbst neuerlich aktuell.
    Nämlich dann, wenn die Verhandlungen über die im Juni kommenden Jahres auslaufenden Marktordnungsgesetze beginnen.
    Das war im Bericht von Matthäus Katinger.
    Rund 2.700.000 Norweger wählen ein neues Parlament.
    Die Wahl erstreckt sich über zwei Tage.
    Sie hat gestern begonnen.
    Heute Nacht schließen die letzten Wahllokale.
    In Norwegen ist derzeit eine sozialistische Minderheitsregierung im Amt.
    Ergebnisse sind natürlich noch keine bekannt.
    Alles, was man derzeit feststellen kann, ist eine sehr starke Wahlbeteiligung.
    Aus Oslo berichtet Hans-Joachim Schilde.
    ganze zehn Jahre muss man in norwegischer Wahlgeschichte zurückgehen, um eine derart hohe Wahlbeteiligung wie bei der diesjährigen Parlamentswahl der 9. nach 1945 zu finden.
    Die Wahlen, die für 224 Kommunen bereits gestern begannen, zeigen, dass wahrscheinlich fast 85 Prozent der 2.700.000 Wahlberechtigten zur Urne schreiten werden, von Oslo bis zum Nordkap.
    Es scheint, dass sämtliche Parteien alle mobilisiert haben, um trotz winterlicher Temperaturen, in Oslo wurden bereits heute Morgen 0 Grad Celsius gemessen, die als Schicksalwende für norwegische Politik bezeichnete Wahl für sich zu entscheiden.
    1965 lösten bei ebenfalls Rekordbeteiligung die Bürgerlichen die Sozialdemokraten ab.
    Keiner wagt jedoch, bevor das erste Ergebnis gegen 21 Uhr am heutigen Abend vorliegen wird, endgültig zu sagen, ob die Bürgerlichen auch diesmal die Sozialdemokratie schlagen können.
    Eins ist jedoch sicher, die Fortschrittspartei, die nach dem dänischen Beispiel des Morgens Glistrup
    eine Senkung der Steuern im Lande der höchsten Besteuerung des Einzelnen will und um das zu erreichen die Entwicklungshilfe einstellen möchte, diese Partei hat nach letzten Voraussagen diesmal keine Chancen.
    Norwegische Mentalität lässt im Grunde keinen engen Chauvinismus zu.
    Nicht umsonst hat das kleine Land mit den nur vier Millionen Einwohnern die meisten Missionare bis heute in die Welt gesendet.
    Nicht umsonst sind die Norweger in ihrer Afrikapolitik führend in der Unterstützung eines freien, selbstständigen Afrikas.
    Nicht umsonst ist es das industrielle Norwegen, das mit die größten Bodenschätze in Sachen Erdöl und Erdgas unserer Welt besitzt, das mit den Entwicklungsländern zusammen für stabile Rohstoffpreise eintritt.
    Dieser Einsatz des Landes unter der Mitternachtssonne wird sich auch bei einem bürgerlichen Wahlsieg nicht verändern.
    Im Gegenteil, die christlichen Volksdemokraten und die Centerpartei, in deren jeweiliger Spitze zwei lutherische Pfarrer zu finden sind, wollen eine neue Brüderlichkeit in ihre Außenpolitik einführen und damit das in Europa verstärken, was Schemekater in den USA begonnen hat.
    Wie allerdings darauf der mächtige Nachbar im Norden, die Sowjetunion, reagieren wird, ist ebenfalls heute eine noch unbeantwortete Frage.
    In 10 Minuten ist es.
    Ein UR-Kultur-Magazin.
    In Bonn fand am Wochenende eine mit Spannung gewartete UR-Führung statt.
    Martin Sperr, in den 60er Jahren einer der meistversprechenden jungen deutschen Dramatiker, Autor der Jagd-Szenen aus Niederbayern, hat nach langen Jahren der Krankheit wieder ein Stück herausgebracht.
    Hören Sie Ulrich Schreiber.
    Erstmals seit seinem Unfall vor über fünf Jahren präsentiert sich Sperr wieder als Bühnenautor, wenn auch nicht mit einem völlig neuen Stück.
    Die Spitzeder, so der Titel, geht auf einen von Pierre Raben 1971 inszenierten Fernsehfilm Sperrs zurück, dessen Szenarium er nun für das Theater eingerichtet hat.
    Dabei hat er aber zu dramaturgischen Eingriffen und motivischen Veränderungen Zuflucht genommen, sodass man von einem originären Theaterstück sprechen kann.
    Gegenstand ist die Skandalchronik der 1832 geborenen und als Schauspielerin nie so recht reüssierenden Adele Spitzeder, die Kind aus einer angesehenen Künstlerfamilie, während des Wartens auf ein Engagement im München des Jahres 1868 durch Zufall zum Privatbankier wurde und bis zu ihrer Verhaftung und Verurteilung vier Jahre später
    der bayerischen Provinz eine private Version des Gründerzeitunternehmerschwungs vorlebte.
    Die Spitzäder ließ sich nämlich vor allem von einfachen Menschen aus dem Dachauer Moos Geld geben und zahlte dafür zweieinhalb Prozent mehr Zinsen als die Banken.
    Natürlich nahm sie diese Zinsen vom Kapital selbst, bis sie auf Veranlassung der an den Rand des Bankrotts getriebenen Münchner Großbanken einen Einlagebetrag auszahlen sollte, der ihre Liquidität überstieg.
    Erst dann wurde ihr durch die Profis der Geldwirtschaft das Handwerk gelegt.
    Sperr interessiert der kriminalistische Aspekt dieser Story, die viel theatralischer, absurder und spannender ist, als es ein Theaterstück je sein könnte, nicht.
    Erst recht interessiert ihn nicht der massensychologische Aspekt einer Kapitalverseuchung des Volkes, also die ideologische Rechtfertigung der Spitzeder, die ihre Kunden durch die sofortige Vorausbezahlung der Zinsen in eine schon biblische, weil an die Faszination durch das goldene Kalb erinnernde Euphorie trieb.
    Überhaupt hat sich Sperr, und das macht den Reiz seines Stücks aus, davor gehütet, die Geschichte aus der Sicht des später Geborenen, des viel Klügeren, zu erzählen.
    Da zieht sich die Redensart »Ein Geld« als sprachlicher Ausdruck von Verdinglichung des menschlichen Bewusstseins durch das Stück, befrachtet die homoerotischen Neigungen der Spitzeder ebenso, wie sie die Begeisterung des Volkes für ihre hohen Zinsen als Utopie eines freieren Lebens charakterisiert.
    Und da die Bonner mit der detailbesessenen Regie von Wolfgang Quethes in der alle Spielorte zusammenfassenden Simultanbühne von Ernst Wiener, mit dem zwischen den einzelnen Szenen durch sein Zitterspiel lokal kolorit beisteuernden Max Faltermeier und vor allem Friederike Weber in der Titelrolle eine Prachtinszenierung zustande brachten, steht Martin Sperrs Neubegin als Dramatiker unter einem denkbar günstigen Stern.
    Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des Gebäudes der Akademie der Bildenden Künste in Wien wird heute Nachmittag eine Ausstellung geöffnet, die sechs Architekten gewidmet ist.
    Johann Georg Stoi, Hans Hollein, Wilhelm Holzbauer, Josef Lackner, Gustav Peichl und Johannes Spalt.
    Sie alle sind Absolventen der Meisterschule Clemens Holzmeister aus den 50er Jahren.
    Hören Sie einen Beitrag von Konrad Zobel.
    Der Gestalter der Ausstellung, Gustav Peichl, Leiter der Meisterklasse für Architektur am Schillerplatz, ist einer der sechs Holzmeisterschüler, die von der Ausstellungskommission und dem Professorenkollegium ausgewählt wurden.
    Er sagte uns über den einstigen Lehrer.
    Das Interessante an der Person Clemens Holzmeister ist ja, dass er nicht nur ein hervorragender Architekt, sondern, wie die Arbeiten zeigen, auch eben ein guter Lehrer war.
    Und das Schwierigste in Ausbildungsfragen ist ja die Frage nach der Architekturausbildung.
    das Phänomen Clemens Holzmeister mit seinen Schülern, die zahlenmäßig im Vergleich zu anderen Hochschulen weniger sind, aber in der Wirkung eben deutlich hervorgetreten sind, ist eben das Phänomen.
    Man fragt sich, war es die Zeit, war es der Lehrer, waren es die Architekten oder war es der Zeitgeist, der das hervorgebracht hat?
    An die übrigen fünf Architekten stellten wir die Frage, was ihr Hauptanliegen als Architekt sei.
    Zuerst die Antwort von Wilhelm Holzbauer, dem Gestalter des Bildungshauses St.
    Wirgel in Salzburg, des Amsterdamer Rathauses, der Wiener U-Bahn-Stationen, des Rechnungshofes in Wien.
    Kontinuität.
    Ich meine damit auch, dass unsere Zeit heute sich in seinen architektonischen Ausdrücken eigentlich nicht wesentlich verändern soll aus den großen Traditionen.
    Und ich sehe eigentlich für mich ist das Problem der Verbindung von alten Stadtstrukturen und neuen Bauten eigentlich ein Problem, das immer wieder in meinen Arbeiten vorkommt.
    Josef Lackner ist der einzige der sechs Architekten, der nicht in Wien lebt, sondern in Tirol.
    Von seinen Entwürfen seien die Hotelanlage Mösern, die Kirche Wulfen, die Ursulinen-Schule in Innsbruck erwähnt.
    Mein Hauptanliegen ist das wahrscheinlich vieler Kollegen, speziell der Jungen,
    in meinem unmittelbaren Heimatbereich Tirol auch so etwas wie moderne Architektur zu zeigen und neben dem Traditionellen aufzuzeigen, dass es Dinge gibt, die von heute vielleicht für morgen gebaut sind.
    Hans Hollein ist der jüngste und wohl radikalste der Gruppe.
    Er ist gleichzeitig Architekt, Designer, Künstler, er baut viel im Ausland.
    Die Wiener kennen sein Kerzengeschäft Retti am Kohlmarkt oder das Geschäft des Juwelier Schulin am Graben.
    Meine Position als Architekt ist vielleicht eine etwas zwiespältige oder vielfältige, weil ich mich nicht nur als Architekt, sondern auch als
    freier Künstler betrachte und mir eigentlich die Gestaltung unserer Umwelt im Gesamten in allen Bereichen ein Anliegen ist.
    Johann Georg Gstoi wird in der Ausstellung unter anderem mit dem Seelsorgezentrum Baumgartner Spitz in Wien, mit der Bildhauer Unterkunft St.
    Margareten und dem Kindergarten Hetzendorf vorgestellt.
    Ich versuche, meine formalen Entscheidungen von mehreren Seiten zu hinterlegen.
    Und zwar, ich traue mir nicht zu, sozusagen aus dem Magen heraus, die Dinge zu entscheiden, sondern ich habe gern, wenn sie methodisch vom Material her gedeckt sind.
    Das heißt also, wenn ich mich irgendwo für eine runde Form entscheide,
    dann ist die nicht rein formal, sondern in manchen Fällen, oder ein Versuch, ein Druckrohr beispielsweise, bleibt ewig als runde Form, zeigt es den Kräfteverlauf an und zeigt die Möglichkeit an, dass es also diese Beanspruchungen aushält.
    Johannes Spalt, der Älteste, der hier Vereinigten Architekten, heute Rektor der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien, ist unter anderem mit dem Haus Van der Bertone und dem Haus Wittmann vertreten.
    Ich würde sagen, dass ich beim Bauen unter einem gewissen Zwang stehe, das Problem, das gestellt wird, zu lösen.
    Und dass, wenn die Lösung nach meiner Meinung gut ist,
    dann auch die Lösung für die Allgemeinheit etwas bedeuten könnte.
    Das Bauen etwas ganz Schwieriges ist und aus der Situation heraus, aus unserer Umgebung und aus unseren
    oder von unserem Bauherrn her bestimmt ist, das ist nebenbei zu erwähnen.
    Zu diesem nebenbei gibt dem Katalog noch Friedrich Achleitner den Besucher der Ausstellung zu denken, wenn er sagt, die Autonomie der Architektur wird weiterhin als eine der Architekten verstanden, ihre gesellschaftliche Isolation bleibt erhalten.
    Zwei Minuten vor eins, Kurznachrichten.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Bundeskanzler Schmidt ist heute Vormittag mit Innenminister Mayhofer, Justizminister Vogel und mit dem Chef des Bundeskriminalamtes Herold zu einer neuerlichen Besprechung über die Entführung des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Schleyer zusammengetroffen.
    Der Genfer Rechtsanwalt Pajot hat auf Drängen Bonds bereits sich erklärt, keine neuen Einzelheiten seiner Kontakte mit den Entführern bekannt zu geben.
    Österreich.
    Verteidigungsminister Rösch hat heute erstmals zu aktuellen Problemen seines Ressorts Stellung genommen.
    Zur Neubeschaffung von Panzern, meinte Rösch, hier müsse das Angebot der Stahldaimler Puch AG abgewartet werden, die eine Eigenkonstruktion in Aussicht gestellt habe.
    Eine Entscheidung über den Ankauf von Abfangjägern würde nicht vor 1979-80 getroffen werden.
    Als Brigadier Lütgendorff zum General ernannt wurde, habe man entsprechend der Dienstpragmatik gehandelt, weil gegen den Offizier Lütgendorff niemals Einwände erhoben worden seien, sagte Roche.
    Norwegen.
    In Norwegen gehen heute zweitägige Parlamentswahlen zu Ende.
    Die Wahllokale schließen um 22 Uhr.
    Erste Hochrechnungen werden gegen Mitternacht erwartet.
    Polen.
    Das Oberhaupt der katholischen Kirche Polens, Kardinal Wyszynski, befindet sich seit knapp einer Woche im Krankenhaus.
    Der 76-jährige Kardinal leidet nach Angaben seines Sekretariats an Gelbsucht.
    Sein Zustand wird als sehr ernst bezeichnet.
    China.
    Nach Ansicht des stellvertretenden Ministerpräsidenten Deng Xiaoping ist ein dritter Weltkrieg unvermeidlich.
    Teng erklärte gegenüber einer Delegation japanischer Parlamentarier in Peking, der Krieg werde nicht von den Vereinigten Staaten begonnen werden, aber die UdSSR sei darauf vorbereitet, eine bewaffnete Auseinandersetzung zu provozieren.
    Und mit diesen Kurzmeldungen ist das Mittagschanal geschlossen.
    Auf Wiederhören um 18.30 Uhr im Programm Österreich 1 beim Abendschanal.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Neuester Stand der Terror-Affäre Hans Martin Schleyer
    Mitwirkende: Emmerich, Klaus [Gestaltung] , Machatschke, Roland [Moderation]
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Portrait des Vermittlers Denis Payot in der Schleyer-Entführung
    Mitwirkende: Höller, Horst [Gestaltung]
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Minister Rösch nimmt erstmals zu Verteidigungsfragen Stellung
    Einblendung: Verteidigungsminister Rösch
    Mitwirkende: Esterle, Leopold [Gestaltung] , Rösch, Otto [Interviewte/r]
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Beginn Wahlkampf im Burgenland
    Einblendung: Bundeskanzler Kreisky, Landeshauptmann Kery, ÖVP-Landesparteiobmann Scoronics, ÖVP-Obmann Taus, Richard Rezar (FPÖ)
    Mitwirkende: Sommersacher, Markus [Gestaltung] , Kreisky, Bruno [Interviewte/r] , Kery, Theodor [Interviewte/r] , Soronics, Franz [Interviewte/r] , Taus, Josef [Interviewte/r] , Rezar, Richard [Interviewte/r]
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vergleich der Großhandelsspanne Österreich - BRD
    Einblendung: Minister Staribacher
    Mitwirkende: Kattinger, Matthäus [Gestaltung] , Staribacher, Josef [Interviewte/r]
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wahlen in Norwegen
    Mitwirkende: Schilde, Hans Joachim [Gestaltung]
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Martin Sperr Stück "Die Spitzeder" in Bonn uraufgeführt
    Mitwirkende: Schreiber, Ulrich [Gestaltung]
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Ort: Bonn [Ort der Aufführung]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Kultur ; Theater ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    "6 Architekten vom Schillerplatz" - Ausstellung der Akademie der bildenden Künste
    Einblendung: Gustav Peichl, Johann Georg Gsteu, Josef Lackner, Wilhelm Holzbauer, Hals Hollein, Johannes Spalt
    Mitwirkende: Zobel, Konrad [Gestaltung] , Peichl, Gustav [Interviewte/r] , Lackner, Josef [Interviewte/r] , Holzbauer, Wilhelm [Interviewte/r] , Hollein, Hans [Interviewte/r] , Spalt, Johannes [Interviewte/r] , Gsteu, Johann Georg [Interviewte/r]
    Datum: 1977.09.12 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Akademie der bildenden Künste, Schillerplatz [Veranstaltungsort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Kultur ; Wirtschaft ; Bildende Kunst ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1977.09.12
    Spieldauer 01:00:02
    Mitwirkende Machatschke, Roland [Moderation] [GND]
    Dobrovolny, Herbert [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1977.09.12 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-770912_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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