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KI-generiertes Transkript
Und hier meldet sich die Redaktion des Mittagschannals.
Guten Tag meine Damen und Herren, im Studio begrüßt Sie heute Samstagmittag Ilse Vögl.
Was können Sie im Programm hören?
Steuerverdrossenheit, Lohnsteuersenkung, die Volksabstimmung über Zwentendorf und Fragen zur Person.
Das sind Themen eines Interviews mit Bundeskanzler Kreisky.
Johannes Fischer und Erich Aichinger haben den Kanzler quasi zum innenpolitischen Saisonabschluss um eine innenpolitische Bilanz gebeten.
Ähnliche Gespräche sind dann auch mit ÖVP-Chef Taus und dem designierten FPÖ-Parteiobmann Götz vorgesehen.
Den reigenden Gespräch eröffnen wir aber eben heute mit Bundeskanzler Kreisky.
Ein Interview, das auch recht launige Anklänge hat.
Und Stichwort LKW-Steuer Alphons Daimer meldet sich dazu aus Rom.
Nach dreitägigen Verhandlungen zwischen österreichischen und italienischen Stellen über diese Steuer, gegen die es ja auch in Italien massive Proteste gibt, sind die Gespräche momentan einmal ergebnislos abgebrochen worden.
Wir berichten dann noch über die Geschäfte der Föstalpine im Atomkraftwerksbau, über den Deutschlandbesuch von Amerikas Präsident Carter und wir ziehen eine Bilanz der jüngsten Dissidentenprozesse in der Sowjetunion.
Die Kulturredaktion berichtet unter anderem vom Abschluss der katalanischen Wochen in Berlin.
Jetzt aber zunächst einmal die Nachrichten.
Helmut Koller ist heute der verantwortliche Chef vom Dienst und gesprochen werden die Meldungen von Wilfried Schirrlbauer.
Bundesrepublik Deutschland, Berlin.
Anlässlich seines offiziellen Besuches in der Bundesrepublik Deutschland ist der amerikanische Präsident Carter heute Vormittag begleitet von Bundeskanzler Schmidt, Außenminister Genscher und Verteidigungsminister Appel in Frankfurt eingetroffen.
Anschließend wird Carter zu einem Kurzbesuch in Berlin erwartet.
In der Kongresshalle soll ein sogenanntes Bürgergespräch mit etwa 1000 Westberlinern stattfinden.
Offensichtlich im Zusammenhang mit dem geplanten Besuch Katers in Berlin behindern DDR-Grenzbeamte seit heute früh den Transitverkehr von und nach West-Berlin.
Die Regierung in Bonn hat dagegen sofort Einspruch erhoben und betont, der Besuch Carthus und Schmitz in Berlin sei in keiner Weise gegen die DDR gerichtet, sondern sollte vielmehr die Bedeutung der friedlichen Zusammenarbeit im Interesse der Stadt verstärken.
Die ostdeutschen Behörden leisteten jedoch in der Nacht auf heute einen überraschenden Beitrag zum Empfang Carthus.
Kommandos der Volksarmee übertünchten die Mauer mit weißer Kalkfarbe und überdeckten damit Parolen, auf denen die Beseitigung der Mauer gefordert wurde.
Das harte Vorgehen der sowjetischen Behörden gegenüber Bürgerrechtskämpfern hat in zahlreichen westlichen Ländern heftige Reaktionen ausgelöst.
Der deutsche Bundeskanzler Schmidt sprach sich in einem Interview gegen Vergeltungsmaßnahmen der Vereinigten Staaten für die Verurteilung der Bürgerrechtskämpfer Stransky und Ginsburg aus.
Schmidt sagte, seiner Meinung nach wäre es nicht klug, sich durch Druck von außen in die inneren Angelegenheiten der Sowjetunion einzumischen.
USA.
Die Frau des zu 13 Jahren Freiheitsstrafe verurteilten Regimekritikers Scharansky hat in Washington an die westlichen Staaten appelliert, alles zu versuchen, um ihren Mann frei zu bekommen.
Unter anderem forderte sie neuerlich einen Boykott der Olympischen Spiele 1980 in Moskau.
Israel.
Ministerpräsident Begin bezeichnete das Urteil gegen Szczeranski als barbarisch.
Der stellvertretende Regierungschef Jadin sprach von einem Versuch, die jüdische Auswanderung aus der Sowjetunion zu drosseln.
Italien.
Vor der sowjetischen Botschaft in Rom demonstrierten gestern Abend hunderte Jugendliche gegen die Urteile in den Dissidentenprozessen.
Staats- und Parteichef Brezhnev wurde auf Transparenten als Henker bezeichnet.
Schweiz.
Ein hoher Beamter des Außenministeriums in Bern hat die Bereitschaft seines Landes bekundet, allen sowjetischen Dissidenten, die bereits verurteilt wurden oder gegen deren Verfahren läuft, Asyl zu gewähren.
Sowjetunion.
Sowohl die amtliche Nachrichtenagentur TASS als auch das Parteiorgan Pravda weisen in Kommentaren die internationale Kritik an der Verurteilung der Dissidenten scharf zurück.
Wörtlich heißt es in der Pravda, die Kriminellen, Landesverräter und Spione hätten bekommen, was sie verdienen.
An anderer Stelle warnt die Pravda vor einer Beeinträchtigung des amerikanisch-sowjetischen Verhältnisses.
Der Regierung in Washington wird in diesem Zusammenhang vorgeworfen, zum sogenannten Kalten Krieg zurückkehren zu wollen.
Nahe Osten.
Nach einem Bericht der kuwaitischen Zeitung Al Anbar hat der israelische Verteidigungsminister Weizmann präzise ägyptische Vorschläge zur Frage der Sicherheit der Grenzen im Falle einer Globallösung des Nahostkonfliktes bei seinem Gespräch mit Präsident Sadat in Salzburg erhalten.
Danach will Kairo auf beiden Seiten der Grenze entmilitarisierte Zonen schaffen, in denen UNO-Soldaten stationiert werden sollen.
In Westjordanien sollen Beobachtungsstationen eingerichtet werden, die von amerikanischen Experten kontrolliert werden.
Die freie Schifffahrt im Golf von Aqaba und die Öffnung der Grenzen zwischen Israel und Ägypten sollen gesichert sein, schreibt die kuwaitische Zeitung.
Weizmann hat es gestern nach einem Informationsgespräch mit Ministerpräsident Begin in Jerusalem abgelehnt, Details seiner Verhandlungen mit Sadat bekannt zu geben.
Dieser hingegen meinte nach seiner Rückkehr nach Kairo, es seien neuen Verhandlungen mit Weizmann vereinbart worden und er erwarte zu diesem Zweck den israelischen Verteidigungsminister in Kürze in Alexandria.
Rhodesien.
Wie die Armeeführung in Salisbury mitteilte, wurde in einem 160 Kilometer nördlich der Hauptstadt gelegenen Dorf gestern Abend ein neues Massaker angerichtet.
Schwarze Untergrundkämpfer töteten 21 Farbige.
Das Dorf liegt in einem Gebiet, aus dem einer der gemäßigten Nationalistenführer, Jeremia Shiro, stammt, der zusammen mit drei anderen Nationalistenführern und dem weißen Ministerpräsidenten Smith die sogenannte Rhodesische Übergangsregierung bildet.
Erst am 23.
Juni waren in einer Missionsstation nahe der Grenze zu Mozambique 13 britische Missionsangehörige, unter ihnen vier Kinder, umgebracht worden.
Eine Woche später wurden im Bezirk Mayo, etwa 200 Kilometer östlich von Salisbury, 14 Schwarze auf der Farm eines Weißen ermordet.
Spanien
Einwohner der Stadt San Carlos de la Rapita in der Provinz Tarajona haben gestern in einer zweistündigen Versammlung eine tägliche Blockade der durch ihre Gemeinde verlaufenden Küstenstraße als Reaktion auf das schwere Explosionsunglück auf dem Campingplatz Los Alfaques am vergangenen Dienstagnachmittag beschlossen.
Die Behörden sollen damit gezwungen werden, Maßnahmen zu treffen, um den Verkehr um die Stadt zu leiten.
In den Krankenhäusern in der Provinz Tarragona kämpfen die Ärzte noch immer um das Leben von 72 Schwerverletzten.
35 Patienten, in der Mehrzahl deutsche Staatsbürger, sind ihren schweren Verbrennungen, die sie bei der Explosionskatastrophe erlitten hatten, erlegen.
Insgesamt hat das Unglück bis jetzt an die 150 Menschen Leben gefordert.
Zu der Katastrophe war es gekommen, als unmittelbar vor dem Campingplatz ein mit flüssig Gas beladener Tanker über eine Böschung stürzte und explodierte.
Österreich.
Vor dem Verein unabhängiger Tiroler Ärzte in Innsbruck verlangte ÖVP-Gesundheitssprecher Wiesinger eine Reorganisation des österreichischen Gesundheitswesens und begründete dies mit einem Misserfolg der gesunden Untersuchungen.
Wiesinger sagte, in der Bundesrepublik Deutschland hätten sich in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen zu Krebsfrüherkennungsuntersuchungen gemeldet.
Bei den Frauen sei der Anteil von 45,1% im Jahre 1971 auf 52,3% im vergangenen Jahr gestiegen, bei den Männern von 24,9% auf 28%.
In Österreich hingegen unterziehen sich nur etwa 5% der gesunden Untersuchungen.
Als Grund dafür nannte Wiesinger die bürokratische Abwicklung und der damit verbundene Zeitaufwand.
Nach Meinung Wiesingers sollten die gesunden Untersuchungen nicht über den Weg der Krankenkassen, sondern durch die Ärzteschaft durchgeführt werden.
SPÖ-Klubobmann Fischer hat heute die Warnungen der ÖVP vor einem Anwachsen der Steuerverdrossenheit und dem Entstehen von Antisteuerparteien als unehrlich und unglaubwürdig bezeichnet.
Gerade die ÖVP und die ihr nahestehenden Organisationen führten seit Monaten eine Kampagne, die ein Anwachsen des Steuerwiderstandes zum Ziel oder zur Folge habe, sagte Fischer.
Die ÖVP sei es auch, die stets neue Forderungen an den Staatshaushalt stelle, aber die Einhebung der zur Kostendeckung notwendigen Geldmittel kritisiere, erklärte der sozialistische Klubobmann.
Fischer betonte außerdem, dass die österreichische Staatsquote von rund 40 Prozent im Durchschnitt vergleichbarer europäischer Industrieländer liege und der Bundesanteil an dieser Quote in den 70er Jahren weniger rasch gestiegen sei, als in der Zeit der ÖVP-Alleinregierung.
Iran.
Der stellvertretende Generalsekretär der Staatspartei, Rastakis Mohamed Reza Ameli, hat heute in Teheran seinen Rücktritt bekannt gegeben.
Er begründete dies damit, dass seine Vorschläge für innerparteiliche Reformen nicht akzeptiert worden seien.
Erst vor wenigen Tagen hatten vier Parlamentsabgeordnete die Staatspartei verlassen und sich der ebenfalls von einem Parlamentsmitglied neu gegründeten ultranationalistischen paniranischen Partei angeschlossen.
Es wird für möglich gehalten, dass auch Amelie zu dieser Organisation übertritt und wie schon früher einmal neuerlich ihr stellvertretender Vorsitzender wird.
Obwohl nach der Gründung der Einheitspartei Rastakis im März 1975 alle anderen Parteien verboten wurden, hat die Regierung bisher nichts gegen die Pan-Iranisten unternommen.
Das waren die Meldungen.
Die Wetterlage.
Mit einer großräumigen Nordwestströmung gelangen nun wieder etwas kühlere Meeresluftmaßen in den Alpenraum.
Eingelagerte Störungsausläufe streifen unser Bundesgebiet und gestalten den Wetterablauf ziemlich unbeständig.
Die Wetteraussichten bis morgen früh.
veränderlich bis stark bewölkt, gebietsweise Regen oder Regenschauer, örtlich auch Gewitter.
West- bis Nordwestwind in freien Lagen mitunter lebhaft auffrischend.
Nachmittagstemperaturen meist 17 bis 23 Grad, Tiefstemperaturen der kommenden Nacht 6 bis 12 Grad.
Die Prognose für morgen
Am Vormittag gebietsweise heiter.
Im weiteren Tagesverlauf bei veränderlicher, häufig stark quellender Bewölkung an der Alpen-Nordseite verbreitet, sonst strichweise Regenschauer, örtlich auch Gewitter.
West- bis Nordwestwind, in Schauern lebhaft auffrischend.
Tageshöchsttemperaturen 16 bis 24 Grad.
Die Messwerte von 12 Uhr.
Wien wolkig 20 Grad, Nordwind 20 Kilometer in der Stunde.
Eisenstadt stark bewölkt, 21 Grad, Nordwest 35, Linz stark bewölkt, 19 Grad, West 30, Salzburg stark bewölkt, 17 Grad, Nordwest 25, Innsbruck wolkig 19 Grad, Südost 5,
Prägens bedeckt 18 Grad Nordwestwind, zwei Kilometer in der Stunde.
Graz stark bewölkt, 21 Grad Windstill.
Und Klagenfurt stark bewölkt, 17 Grad Windstill.
In drei Minuten ist es Viertel eins.
In der ersten Juli-Woche hat das Parlament seine Frühjahrssession 1978 beendet.
Seither ist die innenpolitische Szene von politischen Bilanzen dieser letzten Monate bestimmt.
Diese Bilanzen sind heuer von einer Reihe sehr heftig diskutierter Themen geprägt.
Da geht es um die Atomdebatte, um die Einführung der Lkw-Steuer und um die Diskussion um eine Steueranpassung.
Sie alle haben Zündstoffe für zum Teil recht harte Kontroversen zwischen den einzelnen Parteien geliefert.
Wir bringen in den nächsten Tagen Bilanzinterviews mit den drei Parteiführern, die auch Ausblicke auf den aller Voraussicht nach recht lebhaften innenpolitischen Herbst enthalten werden.
Nach den Sommermonaten stehen ja immerhin drei wichtige innenpolitische Wahlgänge auf dem Programm, die Gemeindewahl in Wien, Landtagswahlen in der Steiermark und die Kernenergievolksabstimmung.
Die Serie dieser Interviews beginnen wir heute mit Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky.
Reporter sind Johannes Fischer und Erich Aichinger.
Herr Bundeskanzler.
Die Lkw-Steuer und die Entwicklungen drumherum haben nach Meinung einiger Leute, auch der Opposition etwa, zu einer gewissen Steuerverdrossenheit, zu einer gewissen Staatsverdrossenheit nicht unwesentlich beigetragen.
Man meint hier Entwicklungen zu sehen.
die in anderen Ländern schon existieren und die jetzt offensichtlich mit einer gewissen Verspätung auch Österreich überschlagen.
Was können die etablierten Parteien, was kann die Regierungspartei und was können die etablierten Institutionen tun, um solchen Entwicklungen, die es offensichtlich gibt, entgegenzuwirken oder ihnen zu begegnen?
Vor allem ist zu sagen, dass die Volkspartei ein ausgesprochenes Interesse daran hat, derartiges zu verkünden.
Das ist genauso gefährlich, diese Propaganda mit der Staatsverdrossenheit, wie das seinerzeit die Propaganda großer konservativer Parteien war mit der Demokratieverdrossenheit.
Letzten Endes hat man damit erst diese Dinge
geschaffen und dasselbe ist auch jetzt der Fall.
Natürlich ist das Steuerzahlen für niemanden eine Freude und ist mit Unlustgefühl verbunden, aber auf der anderen Seite muss man doch objektiv sehen, was los ist.
Nehmen Sie zum Beispiel die Frechter.
Die zahlen in Österreich für die Lastkraftwagen einen lächerlichen Bruchteil an Steuern von dem, was ihre deutschen Kollegen zahlen, was ihre Kollegen in irgendeinem Land der Welt zahlen.
Also man kann nicht davon reden, dass sie überbelastet waren.
Dazu gibt es auch viele andere Möglichkeiten, die sie haben, die andere nicht haben.
So schaut es.
dann aus, wenn man sich die Dinge wirklich anschaut.
Was die persönlichen Steuern betrifft, dann vergleichen Sie einmal die persönlichen Steuern in Österreich mit den Steuersätzen, die man heute in Skandinavien zahlt, die man in England zahlt und dann wird man finden, dass bei uns
obwohl das niemanden eine Freude machen wird an diesem Fest.
Deshalb hat er doch nicht gern, wenn er Steuern zahlen muss, dass bei uns relativ niedrige Steuersätze existieren.
Nach Ihrer Argumentation, Herr Bundeskanzler, zahlen also die Österreicher angemessen Steuern.
Warum kommt dann gerade der ÖGB relativ vehement mit einer Forderung nach Steuersenkung?
Natürlich hat der ÖGB das Interesse, dass in einer Zeit, in der Lohnbewegungen wenig bringen können, weil halt wenig drin ist, dass wenigstens von der Steuerseite her eine gewisse zusätzliche Erleichterung kommt.
Dafür habe ich volles Verständnis.
Nun muss ich vom Standpunkt des Staates mich mit dem Standpunkt des Finanzministers hundertprozentig identifizieren.
Ich bin aber dennoch dafür, dass wir mit großer Intensität Überlegungen anstellen, wie irgendwie doch diesen Wünschen entsprochen werden kann, einigermaßen entsprochen werden kann, wobei auch der Zeitpunkt eine gewisse Rolle spielt.
Herr Bundeskanzler, können Sie sich eine Variante vorstellen, etwa in der Lohnsteuerfrage, dass man auf eine kleine Lohnsteueranpassung, wie sie jetzt verlangt wird, mit 1.
Jänner 1979, ganz generell verzichtet und dafür quasi schon festlegt, dass man ein Jahr später oder zwei Jahre später eine große Reform, wie sie ja etwa vom Finanzminister vorgestellt wird, dann durchführt?
Ich glaube, dass wenn der Finanzminister nun eine solche Steuerreform global
ankündigt, oder zumindest die Untersuchungen darüber ankündigt, dass viel geschehen kann auf diese Art, nämlich zur Vereinfachung unseres Steuerwesens.
Und allein das verursacht auch weniger Kosten, etwa der Wirtschaft, der Industrie und so weiter, im Gewerbe.
Das ist das eine.
Und dann sieht man aber auch sehr viel deutlicher,
Wo kann es Erleichterungen geben?
Schließlich darf man auch nicht ganz von der Hoffnung absehen, dass vielleicht in zwei Jahren diese gegenwärtige weltwirtschaftliche Krise überwunden werden kann.
Aber ich muss immer wieder eines sagen, da kommen die Spitzen der Weltpolitik zweimal zusammen, die der europäischen Politik in Bremen, die der Weltpolitik jetzt in Bonn,
und beschäftigen sich mit der Weltwirtschaftskrise und ihren Folgen.
Und von all dem spüren eigentlich jedenfalls die Österreicher, was die Beschäftigungssituation betrifft, noch nichts.
Denn niemand kann behaupten, dass wir vom Gespenst der Arbeitslosigkeit sozusagen erstickt werden, wie das heute in vielen Ländern sehr bedrohlich aussieht.
Gäbe es hundertprozentige Sicherheit, dass es im Jahre 1979 eine
stürmische Aufwärtsentwicklung in der Weltwirtschaft, ich rede von der Weltwirtschaft, die es gibt, das weiß ja niemand, kann ja niemand vorsehen, es spricht auch gar nichts dafür, dann würde ich dem Finanzminister sagen, nehmen wir das Risiko, weil diese weltwirtschaftliche Konjunkturentwicklung wird auch auf Österreich zurückwirken.
So etwas schaut es halt leider nicht aus.
Und es ist sehr schwierig, jetzt einen Kompromissvorschlag zu finden, der auch den Menschen das Gefühl gibt, dass das etwas Substantielles ist.
Denn wenn gar nichts herauskommt, dann
werden die Menschen nicht sehr glücklich sein damit.
Darf man das vereinfacht auch so verstehen, dass es eine kleine strategische Überlegung ist?
Etwa 200-300 Schilling monatlich tatsächliche Ersparnis ab 1.
Jänner wäre dann zum Wahltermin eigentlich im Lohnsackerl nicht mehr spürbar und auch eben aus taktisch-strategischen Überlegungen nicht sehr sinnvoll.
Also 200-300 Schilling, das ist ja nicht so wenig.
200-300 Schilling, das ergibt
Ja, mehr als 3.000 Schillig.
Nur 3.000 Schillig ist ja schon ein ganz schöner Betrag von Steuerrechten.
Man vergisst ja immer wieder,
dass ja die Steuer für Hunderttausende überhaupt nicht existiert.
Es sind ja nahezu 400.000 Menschen, die überhaupt keine Steuer zahlen.
Im Herbst, Herr Bundeskanzler, wird es eine ganze Reihe von Wahlgängern geben.
Wien, Steiermark und auch die Frage der Volksabstimmung ATOM.
Bleiben wir zunächst einmal ganz kurz bei ATOM.
Wird die SPÖ hier dem Gewerkschaftsbund folgen und eventuell auch den anderen Parteien und die Empfehlung gewissermaßen freigeben, keine eigene Parteiempfehlung im Herbst aussprechen?
das wäre sehr inkonsequent.
Die sozialistische Partei hat in dem Parlament einen Beschluss gefasst, hat das Gesetz beschlossen, dass unter der Voraussetzung, dass eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen befriedigend gelöst werden, dass Zwentendorf in Betrieb gehen soll und dieses Gesetz der Volksabstimmung unterbreitet zusätzlich.
Also es ist so, dass unter der Voraussetzung, dass alle Sicherheits-
Maßnahmen getroffen werden, zwingend auf den Betrieb geht und dass dieses Gesetz, das sich damit beschäftigt, von der Mehrheit der Abstimmenden akzeptiert wird.
Die Sozialistische Partei muss daher, da sie ja für dieses Gesetz gestimmt hat, da sie ja
sozusagen von ihr eingebracht wurde, muss natürlich dafür auch in der Öffentlichkeit geradestehen.
Und Sie prophezeien der SPÖ in Wien ein gutes Resultat und der Steiermark auch?
Ich kann gar nichts prophezeien.
Ich habe noch nie Wahlresultate prophezeit, aber ich kann nur sagen, die sozialistischen Parteien in beiden Bundesländern haben sehr gute und gewissenhafte Arbeit geleistet und ich glaube, dass sie
auch gut bestehen werden, aber prophezeien kann ich gar nichts.
Würde ein schlechtes Wahlergebnis für die SPÖ in Wien, das ja auch immerhin denkbar ist, die Rolle des Bürgermeisters und ewigen Kronprinzen, kann man jetzt fast schon sagen, ein bisschen ankratzen?
Erstens mal hoffe ich, dass es kein schlechtes Wahlergebnis in Wien geben wird.
Man darf ja nicht vergessen, was in dieser Stadt alles ein gigantischem in diesen letzten Jahren geleistet und vollbracht wurde.
Ungeheueres ist hier geschehen, mehr als in irgendeiner Hauptstadt Europas.
Ich glaube, diese Dinge ein bisschen zu kennen.
Und das hat überhaupt nichts mit der anderen Sache zu tun.
Ich bin jetzt einmal der Parteivorsitzende und der Kanzler und der Bundeskanzler.
Und soweit ich die Meinung der Partei kenne, soll ich das im Jahre 1979 abermals kandidieren.
Wir haben doch noch einiges unter 70 und ich will nicht, dass man übertreibt und hier das Gefühl hat, das wird also ewig dauern.
Aber in unserer Partei ist das sehr viel einfacher.
Solange einer da ist und seine Aufgaben befüllt und die Leute mit ihm zufrieden sind, solange redet niemand über denjenigen, den er setzen soll.
In dem Moment, dass es dieses Gespräch gibt, ist ja eh Zeit für den ersten Mann, seine Sachen zu packen.
Und das ist bei uns eben eine Regel.
Bei uns gibt es diese neurotische Diskussion immer wieder über den Parteivorsitzenden nicht.
Es hat einmal einen Wechsel gegeben, der ist vollzogen worden.
Daher ist es ja auch so, dass die sozialistische Partei, wenn ich die 100 Jahre nehme, die sie fast existiert,
höchstens fünf Parteivorsitzende gehabt hat.
Und die der ÖVP in der Zweiten Republik, die kann ich gar nicht zählen.
Auf jeden Fall sind es mehr als fünf gewesen.
Wollen wir nun wieder das Bleiben der Nummer 1 Bruno Kreisky außer Streit stellen?
Aber es gibt ja auch Spekulationen über die Personen Nummer 2 bis 7, um jetzt Hausnummern zu nennen.
Zum Beispiel haben Zeitungen über die Position des Vizekanzlers spekuliert.
Können Sie garantieren, dass Sie mit der Mannschaft so in die 79er-Wahlen gehen?
Alle Kombinationen damit, ein vollkoster Lufthügel.
Der Finanzminister, das kann heute niemand bestreiten, ist einer der sachkundigsten Personen, den wir haben.
Und noch einmal muss ich sagen, er hat einen großen Anteil und ich möchte fast sagen einen Hauptanteil an der positiven Entwicklung, die wir in den letzten Jahren in Österreich durchgemacht haben, verglichen mit der in anderen Ländern.
festhalten, also an Androsch, festhalten auch an allen anderen, auch wenn zum Beispiel Altersgründe für eine Ersetzung sprechen würden für die Zeit nach 79, wenn wir also hier schon kombinieren dürfen.
Ich bin ein Regierungschef, der nicht zu den Einfachsten und Leichtesten gehört, das weiß ich.
Und ich verfolge mit sehr wachsamer Kritik die Tätigkeit jedes Ressortministers.
Ich bin ein Mitverantwortlicher, ich habe ihn vorzuschlagen gehabt und ich wusste,
dass wir mitvertreten.
Und jeder, der seine Aufgabe ordentlich erfüllt, wobei natürlich Fehler jedem passieren können, der wird von mir gestützt werden, solange die Voraussetzungen
die gegeben sind, solange er korrekt und erfolgreich seine Tätigkeit ausübt.
Also wenn wir Ihren Worten folgen, Herr Bundeskanzler, keine Kabinettsumbildung bis zu den Wahlen 79?
Das will ich nicht sagen.
Ich weiß nicht, was da noch in diesen eineinhalb Jahren oder einem Vierteljahren passieren kann.
Ich will nur sagen, im Augenblick habe ich keine Absicht.
Sie werden auch die ganze nächste Legislaturperiode durchhalten.
Ich leugne nicht, dass ich die Vorstellung hatte, dass gegen das Ende der Legislaturperiode man den Menschen sagen muss, wer der Nächste ist.
Und das muss man auf jeden Fall tun, wenn diese Ablöse stattfinden soll.
Ich habe mich bestimmen lassen, von meinen Freunden diese Frage nicht mehr zu relevieren.
Also stehe ich für die Zeit nach 1979 zur Verfügung, obwohl auch ich mir vorstellen könnte, dass es manches gibt oder geben könnte im Leben, das man dann auch machen könnte und das angenehmer ist als das, was man
als das, was einen in dieser Zeit erwarten wird.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das also war das Interview mit Bundeskanzler Kreisky.
Montagmittag hören Sie dann ein Gespräch mit ÖVP-Parteiobmann Taus und für Dienstagmittag geplant ist ein Interview mit dem designierten FPÖ-Parteiobmann Götz.
Wir aber im Mittagschanal setzen fort mit der Inlandspresse.
Schau, Zita Bernardi hat heute die Zitate zusammengestellt.
Die jüngsten Meinungsumfragen über die parteipolitischen Präferenzen der Österreicher, die im Zuge der Lkw-Blockade entbrannte Diskussion um die Person von Finanzminister Androsch sowie die Themenbereiche Kernenergievolksabstimmung und Umweltschutz bestimmen heute die Kommentare der österreichischen Tageszeitungen.
Im Kurier zieht Alfred Peierleitner aus einer für die Sozialisten eher negativen Meinungsumfrage und aus den politischen Aktivitäten der beiden Großparteien die folgende Bilanz.
So aber ist wenig geschehen, um aus dem Konsumbourgeois wieder einen Citoyen, einen echten Staatsbürger zu machen.
Betäubt vom Bruno Kreiskis Dauerzirkus geben sich die Regierungstreuen mit geschlossenen Augen dem Genuss der Hochschaubahn hin, mit rasendem Tempo runter, vielleicht auch wieder rauf, während die Opposition die mageren Fäuste ballt und auf die radikale Mitte hofft, die ihr nun die Arbeit erleichtern soll.
Eine Tendenzwende?
Eines ist jedenfalls möglich.
Wenn überlegte Führungsentscheidungen aus Angst vor den Wählern unterbleiben, siehe Atomabstimmung, so wird der nächste Denkzettel ganz sicher kommen.
Im Salzburger Volksblatt blickt Max Waller unter dem Titel Steuerbalkan auf die Fernsehdiskussion zum Thema Steuerbelastung am Donnerstagabend zurück.
Finanzminister und Steuerberater Hannes Androsch bemühte sich, von der österreichischen Steuerlast ein Bild zu entwerfen, das zusammengefasst wie der alte Witz von der Dorfpfarrkirche wirkt.
Wenn alle hineingehen, wäre sie zu klein, weil aber nicht alle hineingehen, ist sie zu groß.
Milliardenbeträge in fast gleicher Höhe wie das Budgetdefizit bekommt der Steuersäckel wegen der unzähligen Steuerbegünstigungen nicht.
Was verbreitete Pfuscherunwesen verringert, das Steueraufkommen aus dem Gewerbe.
1,8 Prozent der Steuerlast wird nur von der rechten in die linke Tasche des Steuerzahlers transferiert.
Und weiter heißt es im Salzburger Volksblatt.
Auch in der Kronenzeitung sieht Viktor Reimann einige Schatten auf der Person des Finanzministers.
Wachsende Staatsverschuldung und Steuerlast, aber auch Gerüchte um die Privatgeschäfte Andros hätten das Image des Vizekanzlers angekratzt.
Reimann schreibt,
Diese Art von Geschäften ist zwar weder strafbar noch irrenrührig, wäre aber für einen sozialistischen Minister abwegig, weil sie eine Verletzung des Parteiprogramms darstellt und sozialistischen Grundsätzen widerspricht.
Es scheint mir deshalb notwendig zu sein, dass Androsch zu diesen gegnerischen Behauptungen, die an Verleumdung grenzen, öffentlich Stellung nimmt, weil er und seine Partei sie sonst bei der nächsten Wahl zu spüren bekommen werden.
Die Kernenergievolksabstimmung und die Empfehlung der Parteien zu diesem Wahlgang analysiert Gerhard Neureiter in den Salzburger Nachrichten.
Er bezeichnet die Freigabe der Entscheidung durch die Volkspartei als das Beste, was diese Partei in den letzten Jahren an taktischen Leistungen vollbracht habe und schreibt dann wörtlich
Es wird wahrscheinlich keine neuen Erkenntnisse über Kernkraftwerke zwischen Juli und November 1978 geben.
Eine neue politische Erkenntnis ist allerdings aufgetaucht.
Die ÖVP hat im achten Jahr der Opposition dazugelernt.
Sie ist nahezu kreiskehisch raffiniert geworden.
Ein Zug in der Volkspartei, auf dem sie bis zur Volksabstimmung bequem fahren kann, auch wenn ihr Lokführer etwas zu früh Nein gepfiffen hat.
Soweit ein Auszug aus einem Kommentar der Salzburger Nachrichten.
In der Presse ortet Thomas Kurherr angesichts von technischen Versagen und Umweltkatastrophen ein steigendes Unbehagen der Öffentlichkeit, das seiner Ansicht nach durchaus positiv zu bewerten ist.
Die Botschaft, die von den sogenannten Grünenlisten und Bürgerinitiativen, zuletzt von Herrn Gruhl aus Bonn, an die etablierten Parteien gerichtet wird, ist eine Herausforderung.
Wenn auch sie sich des Unbehagens annehmen, es zu kanalisieren versuchen, ihnen Plattformen bieten und am Ende Abhilfe schaffen, muss ihnen vor den Grünen nicht bangen.
Aber dazu gehört, wie gesagt, Courage.
Dazu gehört Verantwortungsgefühl.
Und es gehört auch Ehrlichkeit dazu.
Drei Defizitposten in der Politik.
Auch in der österreichischen.
Leider.
Zitter Bernardi ist für die Inlandspresseschau verantwortlich, zwei Minuten nach halb eins.
Noch immer also beherrscht der jüngste Streik der Lkw-Frechter die innenpolitische Szene.
Die Opposition fordert nach wie vor die Abschaffung dieser Steuer.
Bundeskanzler und Außenminister dagegen haben erst zu Beginn dieser Woche betont, sie würden sich nun noch intensiver als bisher schon um eine gesamteuropäische Lösung des Problems bemühen.
Es geht hier ja um die Frage der Transitkosten.
Österreich baut mit verhältnismäßig viel Aufwand Straßen, die dann wie Kreisgemeinde von unverhältnismäßig vielen ausländischen LKWs befahren werden.
Das heißt also, das Problem LKW-Steuer ist nicht nur ein innerösterreichisches, was man erst in dieser Woche sah, als die italienischen Grenzübergänge Brenner, Silian und Törnermaglern von streikenden italienischen LKW-Fahrern blockiert worden sind.
In den vergangenen Tagen haben nun Gespräche zwischen österreichischen und italienischen Stellen über die LKW-Steuer stattgefunden.
Mit welchem Ergebnis, hören Sie Alfons Thalmer.
Was den italienisch-österreichischen Ausschnitt der Problematik mit der LKW-Transitsteuer betrifft, so scheint der Streitfall zwischen Wien und Rom von der aktiven Phase der Agitation und der Blockaden der Frechter an den Grenzstellen in eine politische Periode überzugehen.
Nachdem der italienische Ministerrat gestern Abend die Situation erörtert und eine Reihe von Schritten und Maßnahmen erwogen hat, haben die Regierung, die Transportverbände und die Gewerkschaften einen Appell zur Einstellung der Agitation an den Grenzen gerichtet.
Soweit man das heute von Rom aus beurteilen kann, scheinen die Frechter auf diesen Aufruf einzugehen.
Die Streitfrage selbst ist damit aber alles eher als erledigt.
Die heutigen Zeitungen berichten in ziemlich starker Aufmachung über die Beschlüsse des Ministerrates.
Es wurde entschieden, den Finanzminister zu beauftragen, auf dem Verordnungswege die bisherige italienische Pauschaltransitsteuer in besonderen Fällen, gemeint sind also die österreichischen Frechter in Italien, zu erhöhen.
Der Außenminister soll unverzüglich die österreichischen Transitsteuern und Abgaben auf die Tagesordnung der Europäischen Gemeinschaft setzen, da das Vorgehen Wiens nach Meinung Roms eine Verletzung des österreichischen Assoziierungsvertrages mit der Europäischen Gemeinschaft darstelle.
Die darin vorgesehene Vorzugsbehandlung Österreichs durch die EG
soll infrage gestellt werden, wenn die Wiener Regierung ihre Transitsteuermaßnahmen nicht revidiere.
Das Außenministerium wurde weiter beauftragt, in Wien mit Nachdruck vorstellig zu werden, um eine Erleichterung und Vereinfachung der Abwicklungsmodalitäten zu fordern.
Das italienische Verkehrsministerium ist angewiesen worden, die Konferenz der europäischen Verkehrsminister
mit der Frage einer gemeinsamen Reaktion auf die österreichischen Maßnahmen zu befassen.
Diese Beschlüsse des italienischen Ministerrates wurden am dritten und letzten Tag des römischen Aufenthaltes einer österreichischen Delegation unter der Leitung des Botschaftsrates Bogen gefasst.
Sie drücken also die Ergebnislosigkeit dieses Verhandlungsbesuches aus.
Die österreichisch-italienischen Erörterungen sind gestern spät am Abend zu Ende gegangen.
Es hat sich gezeigt, dass nicht nur ein gemeinsames Kommuniqué für die Öffentlichkeit, sondern auch die Abfassung eines gemeinsamen Protokolls nicht möglich war.
Botschaftsrat Bogen begibt sich heute zurück nach Wien.
Die österreichischen offiziellen Stellen in Rom sind bezüglich des Inhalts dieser Gespräche sehr diskret.
Den offizieusen italienischen Quellen ist indessen zu entnehmen, dass Rom das Bestehen der österreichisch-italienischer Verkehrsabkommen durch die neue Supersteuer in Österreich, wie sie hier genannt wird, als verletzt ansehe, ist dieses doch auf der Basis der Reziprozität, der Gegenseitigkeit abgeschlossen worden.
Erwogen wird also eine Erhöhung der italienischen Kraftfahrzeugsteuer für die LKWs aus Österreich,
die bis jetzt aus einem Pauschalbetrag besteht, der ein 36. der in Italien geltenden Jahreskraftfahrzeugsteuer darstellt.
Für österreichische LKWs im Transit soll künftig nach dem Muster der Ratenzahlungen für die italienischen LKWs in Italien ein 4-Monate-Betrag eingehoben werden.
Das käme einer Erhöhung um das 12-fache gleich.
Die italienischen Transportverbände ließen in dessen Wissen, dass sie die Grenzagitation vorläufig einstellen.
deren Wiederaufnahme aber vom Erfolg und von der Durchführung der Beschlüsse des italienischen Ministerrates abhängig machen.
Alfons Thalmer war das.
Auf Europatournee befindet sich derzeit Amerikas Jimmy Carter.
Morgen wird er beim Weltwährungsgipfel der sieben größten westlichen Industrienationen in Bonn teilnehmen.
Inzwischen aber ist er auf einer Goodwill-Tournee durch Deutschland.
Heute Nachmittag wird er in Berlin bei einer großen Veranstaltung sprechen.
Am Vormittag war er in Frankfurt.
Und was es dort von ihm zu hören gab, das hören Sie von Klaus Emmerich.
Der zweite Tag des offiziellen Staatsbesuches des amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter in Deutschland hat gezeigt, dass der erste Mann der westlichen Führungsmacht eine Menschenrechtskampagne ganz deutlich erweitern und vertiefen möchte, und zwar am Beispiel der Probleme eines geteilten Landes wie der Bundesrepublik und des Herausstreichens der gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen der Amerikaner und der Westeuropäer.
Obwohl er gestern bei den Sachverhandlungen mit Bundeskanzler Schmidt deutlich gemacht hat, dass er von den Westdeutschen mehr Beiträge zu gemeinsamen Agenden wie etwa der
Verteidigung oder der Entwicklungshilfe verlangt, wurde heute hier noch einmal von Kater bei Truppenbesichtigungen auf dem Flugplatz in Frankfurt und Erbenheim und heute vor allem jetzt hier auf dem Römer in Frankfurt herausgestrichen, dass er seine Menschenrechtskampagne angewandt sehen möchte im Zusammenhang mit den Sicherheits- und Wiedervereinigungsinteressen der Bundesrepublik.
Bundeskanzler Helmut Schmidt ist auf dem
Wiesbadener Flugplatz Erpenheim auf diese Sicherheitsversprechen der USA.
Carter hatte gesagt, eure Sicherheit ist unsere Sicherheit, noch einmal deutlich eingegangen und hat seinerseits ein westdeutsches Bekenntnis zur gemeinsamen Verteidigung abgelegt.
Politische Beobachter sehen darin eine erste Andeutung, auch mit dem Blick auf den morgen beginnenden Weltwirtschaftsgipfel, dass nämlich die Bundesrepublik den amerikanischen Wünschen auf mehr Leistungen der Bundesrepublik auch auf militärischem und währungstechnischem Gebiet sehr wohl entgegenkommen könnte.
Der amerikanische Präsident ist dann heute Mittag hier auf den Römer in Frankfurt gefahren.
Vor der wiederaufgebauten, ehrwürdigen Kulisse der alten Kaiserstadt wurde er von etwa 10.000 Personen freundlich begrüßt, während ein ungewöhnliches Aufgebot an Polizei und Sicherheitskräften jene Kräfte vielleicht abgehalten hat, die ihren anderen politischen Meinungen hätten Ausdruck verleihen können.
Carter sprach etwa 20 Minuten und hat dann die Sicherheitsgarantie der USA vor den Frankfurter Bürgern noch einmal so zusammengefasst.
Our future in the United States is tied intimately with the future of the people of Germany.
Any attack on your soil will be the same as an attack
on the soil of my own country.
We are bound together with unshakable bonds of friendship and mutual commitment.
This gives us strength and gives us strength together.
Thank you very much, my friends.
Von den amerikanischen Präsidenten, die die Bundesrepublik besucht hat, Carter ist der fünfte, hat sich keiner so deutlich festgelegt wie Carter mit diesen Worten.
Er hat die Zukunft der USA und der Bundesrepublik verteidigungspolitisch ganz eng zusammengebündelt und erklärt, jeder Angriff auf die Bundesrepublik ist auch ein Angriff auf die Vereinigten Staaten von Amerika.
Carter hat bei diesem letzten öffentlichen Auftreten während seines viertägigen Besuches wohl bewusst diesen Akzent gesetzt,
Denn jetzt, wenn er nach Berlin fliegt, wird er sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen, sondern im geschlossenen Rahmen des Kongresszentrums eine Bürgerdiskussion abhalten.
Etwas Neuartiges auch für westdeutsche Verhältnisse, indem der erste Mann aus Amerika mit etwa 1000 Bürgern von Westberlin heute Nachmittag diskutiert.
Mehr darüber hören Sie dann im Abendjournal, wenn Sie Interesse daran haben.
In der Sowjetunion hat man in dieser Woche ein Lehrstück in Sachen Menschenrechtspolitik gegeben.
Ein Lehrstück, das besser als vieles andere zeigt, was das Papier von Helsinki vielleicht in der Praxis wert ist.
Drei sowjetische Bürgerrechtskämpfer mussten sich vor sowjetischen Gerichten verantworten.
Alle drei sind zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.
Die Prozesse sind nicht nur von der westlichen Presse, sondern auch von den kommunistischen Parteien Italiens und Frankreichs scharf verurteilt worden.
Was die sowjetischen Behörden vielleicht nur noch mehr darin bestärkt haben mag, dem Westen zu zeigen, wer in der UdSSR das Sagen hat.
Eine Bilanz dieser Woche zieht Otto Hörmann in Moskau.
Seit gestern 21 Uhr der Hauptnachrichtensendung des sowjetischen Fernsehens ist der Name Anatoly Scharansky auch hier weiten Bevölkerungskreisen ein Begriff.
Nicht als Bürgerrechtskämpfer wie in den westlichen Medien, sondern als Spion, Verräter und Verleumder.
Und heute ziehen die Zeitungen nach.
Auf Titelseite der Moskauer Pravda feiert man die jüngsten Erfolge an der Erntefront und man applaudiert dem millionsten Traktor.
Doch ganz hinten auf Seite 6, neben dem Fernsehprogramm, ein 5-Spalter aus der Feder des Redaktionskollegiums unter dem Titel Geschiebt ihnen Recht.
Und Recht geschieht laut Trafter Anatoly Sharansky und jenem rätselhaften Filatov, gegen den seit Montag parallel zu Sharansky in der Sowjethauptstadt behandelt worden war.
Sharansky erhielt wegen Spionage und antisowjetischer Agitation und Propaganda bekanntlich 13 Jahre Gefängnis und Arbeitslager, Filatov wegen Spionage für eine nicht näher genannte ausländische Macht die Todesstrafe durcherschießen.
Dzharansky und Filatov zusammen in einem Partha-Diesel.
Damit wird offenbar, wie wenig hier doch dem Zufall überlassen bleibt.
Nach Ansicht von Kennern der Lage hier in Moskau ist damit die Theorie erhärtet worden, dass mit den jüngsten Prozessen an die Adresse Washington signalisiert werden sollte, wer in der Sowjetunion Herr im Haus ist und dass man sich gegen Menschenrechtsinterventionen katastrophal.
Seit Mitte Mai folgte ein Prozess dem anderen.
Gegen Arlof, Kamsahurdiya, Kostaba, Lepak, Muros, Yadku, Zinsburg, Karantzi.
Alles Helsinki-Aktivisten und seinen Teilnehmern.
Dieser Punkt scheint den offiziellen Stellen aber wert für eine spezielle, indirekte Gegendarstellung zu sein.
In den offiziellen Medien wurde eine umfangreiche Rezension des Buches eines Amerikaners veröffentlicht,
der nach einer Reise durch die UdSSR zur Feststellung kam, in der Sowjetunion gäbe es keinen Antisemitismus und die Rechte der Juden sei in jeder Hinsicht gewahrt.
Die Amerikaner sollen wissen, dass man sich jede Einmischung verbietet, doch die Parallelität der Fälle Scharanski und Pilatov dürfte noch eine andere Interpretation zulassen.
Beide sind nach sowjetischer Lesart Spione, doch nur der eine soll vor dem Exekutionskommando enden.
Man hätte auch bei Scharansky härter urteilen können, als womöglich das Signal an Washington.
Immerhin gibt es zwischen den beiden Supermächten Dinge, die im beiderseitigen Interesse sind.
Die strategische Abrüstung, die auch diese Woche in Genf zwischen Benz und Omikro nicht viel weiter kam, und von sowjetischer Seite der Handel und die Weitergabe von Technologie.
Wie sehr Moskau daran gelegen ist, zeigte sich Anfang Juli, als Ministerpräsident Kastigin vor dem obersten Sowjet in einer Rede auf die Handelsbeziehungen zu den USA zu sprechen kam und eine unbefriedigende Situation konstatierte, natürlich wegen der Haltung der Amerikaner.
Kastigin spielte damit auch den Rückgang des bilateralen Handels USA-USSR an, vor dem Hintergrund des vor drei Jahren geplatzten Handelsvertrages.
Der Kongress knüpfte damals die Gewährung der Maisbegünstigungsklausel an die Gewährung von Ausreiseerleichterungen.
Die Sowjets stiegen dann aus.
Die jüngste Prozesswelle in der Sowjetunion ist zu Ende.
Einige unbekannte Aktivisten sitzen in Untersuchungshaft, werden aber ohne Ziel Publicity im Westen bestraft werden.
Eine prominente Figur wie der Weltpreisrechner Davorow wird man wohl nicht anrühren.
Der heute getraffte Artikel über Scharansky schließt mit dem Satz
Wer diesen Spion, Verräter und Verleumder verteidigt, der bis zu den Ohren im Schmutz versunken ist, wird sich ebenfalls beschmutzen.
Man scheint hier in Moskau zu wollen, dass sich Kater nun endgültig reinwäscht und zur Sache kommt.
Otto Hörmann war das aus Moskau, es ist jetzt dreiviertel eins.
Der österreichische Stahlkonzern Vöstalpine AG hat am Donnerstag dieser Woche seinen Geschäftsbericht für das Jahr 1977 veröffentlicht.
Und dabei zeigte sich, dass ein nicht unwesentlicher Produktionszweig des Konzerns die Erzeugung von Bestandteilen für Kernkraftwerke ist.
Diese Kernkraftwerksteile, auch Kernkraftwerkskomponenten genannt, werden vor allem am Hauptsitz des Unternehmens in Linz erzeugt.
Wie hat sich das Geschäft mit dem Kernkraftwerkskomponentenbau bisher entwickelt und wie stehen die Chancen für die Zukunft?
Dazu sprach Michael Kerbler mit Voest-Generaldirektor Herbert Abfalter.
Herr Generaldirektor Abfalter, der Kernkraftwerkskomponentenbau stellt eine wichtige Einnahmequelle für die Völstalpine AG dar.
Wie viel konnten Sie im vergangenen Jahr im Kernkraftwerkskomponentenbau an Umsatz erzielen?
Im vergangenen Jahr und auch die Jahre vorher konnten wir im Durchschnitt zwischen 200 und 300 Millionen Schilling umsetzen.
Welche besonderen Teile von Kernkraftwerken erzeugen Sie?
Wir erzeugen primär die Containments, das heißt die Behälter, und die Kerneinbauten.
Das gehört zu unseren Spezialgebieten, weil hier besonders hohe metallurgische Anforderungen an uns gestellt werden.
Wird es im heurigen Geschäftsjahr und auch in Zukunft weitere Investitionen auf diesem Sektor geben, um diese Anlagen noch weiter zu spezifizieren?
Wir haben in Linz das Investitionsprogramm für den Komponentenbau abgeschlossen.
Wir glauben, sind heute so eingerichtet, dass wir ein Umsatzvolumen jährlich von bis zu 300 Millionen Schilling verkraften können.
Im kommenden November wird es in Österreich eine Volksabstimmung geben, eine Volksabstimmung, die nicht zuletzt über Zwentendorf entscheiden wird.
Welche Auswirkungen könnte ein Nein in dieser Volksabstimmung für den Kernkraftwerkskomponentenbau in der Voestalpinia AG nach sich ziehen?
Wenn ich davon ausgehe, dass er nein, keine Auswirkungen auf den Kernkraftwerksbau in den umliegenden Ländern hat, würde ich sagen, keine Auswirkungen auf uns, weil wir außer Zwentendorf bisher in Österreich nichts geliefert haben.
In welche Länder exportiert denn die Förstalpine solche Anlagen?
Im Kernkraftwerksbau gehen wir grundsätzlich gemeinsam mit der KWU, mit der deutschen KWU,
in alle Welt.
Wir haben bisher Kernkraftwerkskomponenten geliefert, gemeinsam mit der KWU, nach Argentinien, nach Deutschland, in die Schweiz.
Und wir sind derzeit dabei, einen Auftrag für den Iran zu bearbeiten.
Und gerade im Zusammenhang mit dem Komponentenbau haben wir gemeinsam mit zwei großen deutschen Firmen eine Gesellschaft gegründet, die sich mit dem Bau von Kernkraftwerkskomponenten befasst.
In welche Länder werden Sie denn im heurigen Jahr bzw.
im nächsten Jahr Kernkraftwerkskomponenten liefern?
Bundesrepublik und Iran im Wesentlichen.
Sie waren auf Besuch in der Sowjetunion.
Ein Teil Ihrer Gespräche hat sich ja auch um die Kernkraftwerkskomponenten gedreht.
Bei dem Gespräch zwischen dem Herrn Kossikin und Bundeskanzler Kreisky wurde dieses Thema angeschnitten.
Aufgrund dieses Gespräches haben wir eine Einladung ausgesprochen gegenüber den Herren von Atommast.
Das ist die zuständige Firma in Moskau.
Die Einladung, der Besuch wurde vollzogen.
Ich habe kürzlich den Energieminister in Moskau besucht.
Er war sehr beeindruckt von uns und ich verspreche mir davon auch künftig eine Zusammenarbeit.
Die zweite große asiatische Macht, China.
Welche Chancen rechnet sich Österreich auf dem chinesischen Markt im kommenden Jahr und im letzten Halbjahr 1978 aus?
Wir sind bezüglich Chinas sehr optimistisch.
Der Besuch, der kürzlich in Österreich stattgefunden hat, berechtigt uns zu diesem Optimismus.
Nach den Ausführungen des chinesischen Hüttenministers ist beabsichtigt, in China die Stahlproduktion um mehr als 25 Millionen Tonnen auszubauen.
25 Millionen Tonnen bedeutet in Umsatz ausgedrückt mehr als 600 Milliarden Shilling.
Also wenn wir bescheiden sind, glauben wir, dass es möglich sein müsste, aufgrund unserer Erfahrungen und aufgrund unserer internationalen Reputation, dass doch einige Milliarden zu holen sind.
Werden Sie auch den Chinesen Kernkraftwerkskomponenten anbieten?
Davon wurde bisher mit den Chinesen nicht gesprochen.
Herr Generaldirektor Abfalter, ich danke für das Gespräch.
Das Interview führte Michael Kerbler.
In Berlin gehen heute die katalanischen Wochen zu Ende, die ein wichtiger Programmpunkt der ersten internationalen Sommerfestspiele Berlin sind und zugleich ein erster Versuch, eine kulturelle Minderheit in einem breit gefächerten Programm aus nahezu allen Kunst- und vielen Wissenschaftssparten sowie auch in politischen Analysen darzustellen.
Den folgenden Abschlussbericht hat Klaus Henning Bachmann gestaltet.
Ohne dich wäre ich nie hier gewesen
Barcelona 1976.
Der Liedermacher Lluís Llach singt im Sportpalast vor 8000 Menschen.
Viele Jahre Auftrittsverbot, 1974 aufgehoben und dann von neuem verhängt, liegen hinter ihm.
Er singt von dem Pfahl, Lestaka, an dem sie alle festgebunden sind.
Der Pfahl, heißt es im Lied, ist schon verfault.
Wenn alle an ihm ziehen, dann wird er fallen.
Der Pfahl ist natürlich ein Symbol für Franco oder genauer für den Frankismus, für das System, das Gestalten wie Franco hervorbringt, wie sich die Bilder gleichen.
Der Pfahl könnte natürlich auch ein Symbol für den Faschismus sein oder, wie man heute mit einem überstrapazierten Begriff zu umschreiben pflegt, für ein faschistoides System.
Der Pfahl ist heute eine Warnung.
Im Rahmen der katalanischen Wochen, die unter anderem die Nova Canzo, die neue katalanische Liedbewegung, präsentierten, trat der Liedermacher Lluis Jacques im Auditorium Maximum der Technischen Universität Berlin auf, zusammen mit anderen Liedermachern aus seiner Heimat und mit Christian Kunert, Gerolf Panach und Wolf Biermann, die vor kurzem noch Bürger der DDR waren.
Er sang auch hier das Lied vom Pfahl, genauso intensiv wie 1976 in Barcelona, aber mit einem aufwendigen musikalischen Begleitarrangement.
Das bedeutet, er benutzt heute den durch die Massenmedien verbreiteten Sound gewissermaßen als Beförderungsband.
Die Nova Cançó, das neue, nach 16 Jahren nicht mehr ganz so neue Lied, steht an einer Wende.
Und es gibt katalanische Stimmen, die meinen, dass der zukünftige Weg ein mehr ästhetischer sein werde.
Einige Politiker konnten nicht nach Berlin kommen, weil sie in Madrid an Abstimmungen teilnehmen mussten.
Es geht um die neue spanische Verfassung, die erste, in der die Existenz von unterschiedlichen Nationalitäten im Staate anerkannt wird.
Unterschiedlichen Völkern mit eigener Tradition und Sprache.
Ein Volk, ein Reich, ein... Ach nein, das war ja in einem anderen Land, aber das eben soll nicht mehr sein.
Formale Autonomien wurden vergeben, wobei man in Hinsicht auf Katalonien freilich mit einem realistischen Kompromiss zu Werke ging.
Das Recht auf die eigene Kultur und Sprache wurde nicht etwa den spanisch-katalanischen Ländern insgesamt zuerkannt, sondern jeweils für sich dem eigentlichen Principat Katalonien mit Barcelona als Hauptstadt, dem Gebiet um Valencia und den Balearen mit Mallorca.
Gleichwohl, um auf Louis Siac und das neue musikalische Arrangement seines Kampfliedes vom Pfahl zurückzukommen, die Gäste aus Katalonien erinnerten daran, dass, wenn Unterdrückung herrscht, die Kulturmacher sich um Anerkennung beim Volk nicht zu sorgen brauchen.
Kulturelle Avantgarde und politische Fortschrittlichkeit stimmen dann meist überein.
Die gesellschaftsbezogene Volks- und Unterhaltungskunst gewinnt hohen Rang.
Heute, so scheint es, ist das Geschäft der realistischen Politiker das eine, das der an progressiver Kunst Interessierten ein anderes.
Nicht nur in Katalonien.
In Ascona am Lago Maggiore ist vor kurzem unter dem Titel Monteverità eine neue Ausstellung von Harald Seemann eröffnet worden.
Seemann, früher Leiter der Berliner Kunsthalle und dann Leiter der Documenta 5 in Kassel, wird gerne als ein Ausstellungskünstler bezeichnet, als jemand, der Ausstellungen zum Kunstwerk macht.
Aber hören Sie folgenden Bericht von Werner Krüger.
Seemann trug in seiner archäologischen Schau an vier verschiedenen Orten in Ascona rund 1000 Objekte, Bilder, Plastiken, Bücher und Utensilien des Alltags zusammen, um möglichst gründlich und umfassend die Spuren und die Lebenspraxis einer Außenseiterbewegung nachzuzeichnen.
Schauplätze sind der Monte Verità, die Brissago-Inseln, das Städtische Museum und das Collegio Papio.
Dabei geht es ihm nicht um die Ausbreitung einer Kuriositätensammlung oder um die Beschreibung skurriler Charaktere, sondern um die Rekonstruktion einer gesellschaftlichen Utopie.
Wie recht sie man hat, beweist die Liste der Siedler in der Askoneser Landschaft.
Am Beginn steht die Invasion der russischen, italienischen und deutschen Anarchisten, angeführt von Michael Bakunin, der die Herrschaftslosigkeit propagiert und auf den mündigen Menschen sein anarchisches System aufbaut.
Um 1905 lässt Erich mühsam sich in Ascona nieder.
Er entwirft hier seine Vision vom schöpferischen, entsagungsreichen Lumpenproletariat und der Republik der Heimatlosen.
Aber vor allem durch die Besiedlung des Monte Verità durch den belgischen Millionärssohn Henri Oedenkoven und seine Gefährtin Ida Hofmann rückt Ascona dann ins Blickfeld weltweiter Öffentlichkeit.
Der Naturapostel Ödenkowen schreibt auf seine Fahnen die naturgemäße Lebensweise.
Er setzt auf Vegetariertum, Nacktkörperkultur, auf Entsagung und Bedürfnislosigkeit.
Er propagiert eine Schreibreform, eine Kleiderreform, eine Kulturreform, eine Wohnreform und eine neuzeitliche Erziehung.
Faszination hat der Monte Verità vor allem auf die Zeitgenossen ausgeübt, die dort zu Besuch kamen und das Modell studierten.
Auf der Besucherliste findet man Namen wie Fürst Krapotkin, Lenin, Trotzki, Mary Wigman, Hermann Hesse, Rudolf Steiner, Ivan Goll, Marianne von Verevkin oder auch Hugo Ball, Paul Klee, Isidore Duncan und Stefan George.
Wer unmittelbar oder mittelbar die Bannmeile des Monte Verità überschritten hat oder auch nur streifte, ist in Seemanns Ausstellung durch eines oder mehrere Exponate vertreten.
Die Schau in Ascona möchte zeigen, so seh man, dass die ideale Gesellschaft eine Utopie ist.
Dass aber, von der Zusammensetzung her, die Gesellschaft von Monte Verità eine ideale Gesellschaft hätte sein können, wäre da nicht die stets virulente Selbstzerfleischung unter Minoritäten, die zwar Führergestalten in Hülle und Fülle aufweisen, aber kaum Gemeinschaften bilden.
Und jetzt noch einmal kurz Nachrichten.
Österreich.
Bundeskanzler Kreisky sagte heute in einer Bilanz der parlamentarischen Frühjahrssession, er sei Parteivorsitzender und Bundeskanzler und wie er die Meinung der Partei kenne, solle er bis 1979 abermals kandidieren.
Dies würde nicht ewig dauern.
In der sozialistischen Partei sei es jedoch so, dass solange einer seine Aufgaben erfüllt und die Leute mit ihm zufrieden sind, niemand über den Mann redet, der ihm nachfolgen soll.
Kreisky stellte sich voll und ganz vor Vizekanzler Androsch und sagte, Androsch habe das Hauptverdienst an der positiven Entwicklung Österreichs im Vergleich mit anderen Ländern.
SPÖ-Klubobmann Fischer hat die Warnungen der ÖVP vor einem Anwachsen der Steuerverdrossenheit als unehrdlich und unglaubwürdig bezeichnet.
Die ÖVP sei es, die stets neue Forderungen an den Staatshaushalt stelle, aber die Einhebung der zur Kostendeckung notwendigen Geldmittel kritisiere, sagte der sozialistische Klubobmann.
ÖVP-Gesundheitssprecher Wiesinger hat vor Tiroler Ärzten eine Reorganisation des Gesundheitswesens gefordert.
Wie er sagte, unterzögen sich in Österreich nur etwa 5 Prozent der gesunden Untersuchung.
Als Grund dafür nannte Wiesinger die bürokratische Abwicklung und den damit verbundenen Zeitaufwand.
Der Wiener Vizebürgermeister Pfoch und Gemeinderat Müller sind heute Vormittag bei einem Verkehrsunfall bei Edlitz in Niederösterreich schwer verletzt worden.
Ein aus der Gegenrichtung kommendes Auto geriet auf die linke Straßenseite und rammte frontal den Wagen des Vizebürgermeisters.
Berlin.
Der amerikanische Präsident Carter wird heute zu einem Kurzbesuch in Berlin erwartet.
In der Kongresshalle soll ein sogenanntes Bürgergespräch mit etwa 1000 Westberlinern stattfinden.
Offensichtlich im Zusammenhang mit dem Berlin-Besuch Carters behindern ostdeutsche Grenzbeamte seit heute früh den Transitverkehr von und nach Westberlin.
USA.
Die Frau des zu 13 Jahren Freiheitsentzug verurteilten sowjetischen Regimekritikers Stransky hat in Washington an die Staaten des Westens appelliert, alles zu versuchen, um ihren Mann frei zu bekommen.
Unter anderem förderte sie neuerlich einen Boykott der Olympischen Spiele 1980 in Moskau.
Israel.
Ministerpräsident Begin bezeichnete das Urteil gegen Szczeranski als barbarisch.
Der stellvertretende Regierungschef Jadin sprach von einem Versuch, die jüdische Auswanderung aus der Sowjetunion zu drosseln.
Schweiz.
Ein hoher Beamter des Außenministeriums in Bern hat die Bereitschaft der Schweiz bekundet, allen sowjetischen Dissidenten Asyl zu gewähren, die bereits verurteilt sind oder gegen die ein Verfahren läuft.
In einer halben Minute ist es 13 Uhr, wir sind am Ende des Mittagsschnalls für Redaktion und Technik, verabschiedet sich Ilse Vögel, auf Wiederhören.
Einblendung: US-Präsident Carter
Mitwirkende:
Emmerich, Klaus [Gestaltung]
, Carter, Jimmy [Interviewte/r]
Datum:
1978.07.15 [Sendedatum]
Ort:
Frankfurt am Main [Aufnahmeort]
Schlagworte:
Gesellschaft
;
Politik
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Radiosendung-Mitschnitt
;
20. Jahrhundert - 70er Jahre
Typ:
audio
Inhalt:
Nachrichten