Mittagsjournal 1986.08.19

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Sie hören das Mittagsschonal des aktuellen Dienstes, Udo Bachmeier begrüßt Sie.
    Heute im Mittagsschonal ein Schwerpunktthema Auto und Umwelt und zwar zur Diskussion über die Frage, wie ist das Auto mit möglichst geringer Umweltschädigung einsetzbar.
    Zum Verhältnis Mensch und Straße kommt auch ein Bericht über eine Pressekonferenz mit Bautenminister Übleis und Meinungsforscher Gemacher, die für die Beibehaltung des Tempolimits eintreten.
    Weiteres Stichwort Verstaatlichte.
    ÖVP-Wirtschaftssprecher Robert Graf erklärt, seine Partei wird im Herbst der voraussichtlich 20-Milliarden-Spritze für die Verstaatlichte nicht zustimmen.
    Die Auslandsthemen im Mittagsjournal.
    Wir fassen die jüngste TV-Rede Gorbatschows und die Reaktionen darauf zusammen.
    Unser Bonner Korrespondent hat den SPD-Kanzlerkandidaten Rao bei einer Wahlreise begleitet und schildert auch Einzelheiten über innerparteiliche Querschüsse gegen Rao.
    In Pakistan dauern die Unruhen unvermindert an.
    Und aus Italien erfahren Sie Näheres über die Auswirkungen des dortigen Weinskandals, der ja 20 Todesopfer gefordert hat.
    Die Kulturredaktion informiert über die Salzburger Premiere des jüngsten Bernhard-Stücks, Ritter Dene Voss.
    Wir beginnen mit dem Nachrichtenüberblick, zusammengefasst von Helmut Koller.
    Es liest Maria Piffel.
    Iran.
    Auf einem belebten Platz im Zentrum von Teheran ist heute früh eine Autobombe explodiert.
    Nach vorliegenden Berichten wurden zehn Menschen getötet und zahlreiche Personen verletzt.
    Zur Zeit der Detonation herrschte reger Berufsverkehr.
    Nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA enthielt die Bombe mehr als 20 Kilogramm Sprengstoff und wurde durch einen Zeitzünder zur Explosion gebracht.
    Die Agentur macht für den Anschlag Agenten des Imperialismus verantwortlich
    Damit sind gewöhnlich Oppositionsgruppen gemeint.
    Erst am Wochenende hatte die Explosion einer Autobombe in der heiligen Stadt Qom 13 Menschenleben gefordert.
    USA, Sowjetunion.
    Die Vereinigten Staaten haben den Appell von Parteichef Gorbatschow zurückgewiesen, sich an dem verlängerten Atomtest Stop Moscow zu beteiligen.
    Präsidentensprecher Larry Speaks sagte, die Sowjets hätten ihre Atomstreitmacht bereits vor dem Moratorium wesentlich modernisiert.
    Die USA seien dabei, diesen Vorsprung aufzuholen.
    Grundsätzlich sei Washington aber nach wie vor an einem Testabkommen interessiert, das Möglichkeiten der Überprüfbarkeit biete.
    Gorbatschow hat in einer Fernsehansprache in Moskau mitgeteilt, dass der einseitig ausgerufene Atomteststopp bis Jahresende verlängert wird.
    Zugleich äußerte sich der Parteichef zuversichtlich, dass er noch heuer bei dem geplanten Gipfeltreffen mit Präsident Reagan ein Abkommen über die Einstellung der Atomversuche erreichen könne.
    USA.
    Washington überschreitet nun endgültig die im SALT-II-Vertrag festgelegte Obergrenze für die strategische Atomrüstung.
    Die amerikanische Luftwaffe hat damit begonnen, ihren 131.
    Langstreckenbomber für die Aufnahme von Marschflugkörpern umzurüsten.
    Die Arbeiten werden voraussichtlich in drei Monaten beendet sein.
    Bereits im Mai hatte Präsident Reagan angekündigt, er wolle sich nicht mehr an das vor sieben Jahren in Wien vereinbarte Abkommen halten.
    Der Vertrag ist von den USA zwar nicht unterzeichnet, aber bisher eingehalten worden.
    Schweden In Stockholm hat heute die Schlussrunde der KVAI, der Konferenz für vertrauensbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa, begonnen.
    Die Tagung dauert bis zum 19.
    September.
    Hauptstreitpunkte in Stockholm sind die gegenseitige Kontrolle militärischer Manöver und die Frage, ab welcher Größenordnung Truppenbewegungen der jeweils anderen Seite gemeldet werden müssen.
    Österreich, Bundesrepublik Deutschland.
    Bundeskanzler Helmut Kohl hat in seinem Salzburger Urlaubsort St.
    Gilgen erklärt, dass die Atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf in Bayern gebaut wird.
    Kohl erläuterte in einem Fernsehinterview, die Entscheidung für den Bau sei nicht in Bayern gefallen, sondern auf Bundesebene mit Zustimmung aller Bundesländer getroffen worden.
    Morgen trifft Kohl mit Bundeskanzler Franz Franitzki zusammen.
    Dazu meinte heute ÖVP-Generalsekretär Michael Graf in einer Parteiaussendung,
    Franitzki sollte auf jede Doppelzüngigkeit verzichten und klar sagen, wie viel oder wie wenig die österreichische Regierung in der Frage Wackersdorf von der Bundesrepublik Deutschland verlange und erwarte.
    Die Regierung solle dem Sicherheitsbedürfnis der österreichischen Bevölkerung Rechnung tragen und die Möglichkeiten ausschöpfen, die das Nachbarrecht biete, sich aber auch der Grenzen dieser Möglichkeiten bewusst sein und aus dem eigenen Verzicht aus Zwentendorf nicht weltweite Verhaltensmaßregeln ableiten.
    In Bonn hat der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Jochen Vogel Kohl aufgefordert, bei der Begegnung mit Franitzki die Rückkehr zu einem gut nachbarlichen Verhalten einzuleiten.
    Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauss habe Österreich brüskiert, meinte Vogel.
    Österreich.
    Unterrichtsminister Herbert Moritz hat heute eine Offensive für die Erwachsenenbildung angekündigt.
    Bereits im kommenden Herbst sollen die Vorbereitungslehrgänge auf die berufsreife Prüfung in Oberösterreich, Salzburg und Kärnten der Bevölkerung angeboten werden.
    In Wien wurden sie im Volkshochschulverband bereits erfolgreich geprobt.
    Nach Mitteilung des Ministers gibt es insgesamt 19 Projekte für die Erwachsenenbildung.
    Moritz betonte außerdem, die Schulpolitik der vergangenen Jahre habe eine weitgehende regionale Chancengleichheit für die Schüler aus dem ländlichen Raum gebracht.
    Der Obmann der Sektion Industrie der Bundeswirtschaftskammer, Philipp Schöller, hat an die für die Wirtschaftspolitik Verantwortlichen appelliert, die jüngsten Mahnungen der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit, ernst zu nehmen.
    Schöller verlangt in einer Aussendung, bei der Budgetfinanzierung und der Sanierung der verstaatlichten Industrie neue Wege zu gehen.
    Die österreichische Hartwährungspolitik sollte sich nicht rückhaltlos und einseitig an der deutschen Mark orientieren.
    Bei der kommenden Lohnrunde im Herbst werde einer realistischen Einstellung der Gewerkschaften eine entscheidende Rolle zukommen.
    Grundsätzlich warnt Schöller vor einer wirtschaftspolitischen Lethargie in den Monaten bis zur Nationalratswahl im nächsten Jahr.
    Österreich, Bundesrepublik Deutschland, Italien, Schweiz.
    Schwere Unwetter haben in mehreren österreichischen Bundesländern große Schäden angerichtet.
    Betroffen waren vor allem das Mürztal in der Steiermark,
    Das Rheintal in Vorarlberg sowie das Lammertal in Salzburg.
    Tennisballgroße Hagelkörner zerstörten Gartenanlagen und Obstkulturen.
    Hausdächer, Fenster und Autos wurden beschädigt.
    In Vorarlberg und im Burgenland kam es zu Bränden durch Blitzschlag.
    Unwetter gab es zuletzt auch in Bayern und in Baden-Württemberg.
    Im Landkreis Heilbronn führte der starke Regen zu einem tödlichen Verkehrsunfall.
    Weit über 100 Keller wurden überflutet.
    In einem Autowerk in Ingolstadt beschädigte der Hagel zahlreiche Fabriksneuautos.
    In der Schweiz war vor allem das Gebiet um Genf von Unwettern betroffen.
    In Italien hat ein schweres Unwetter in Mailand und Umgebung zahlreiche Verletzte gefordert.
    Hunderte Häuser wurden von einem Sturm abgedeckt, Bäume entwurzelt.
    Zahlreiche Straßen sind unpassierbar.
    In Teilen der Lombardei sind Telefonverbindungen noch immer unterbrochen.
    Nun zur Wetterlage.
    Eine Störungszone liegt zurzeit über der Schweiz und überquert heute noch das Bundesgebiet.
    An ihrer Rückseite gelangen vorübergehend kühlere, aber trockenere Luftmassen in den Ostalpenraum.
    Die Aussichten bis zum Abend.
    Im Süden aufgelockerte bis starke Bewölkung und einige gewittrige Regenschauer.
    In Vorarlberg bereits reichlich bewölkt und erneut Aufkommen von Gewittern.
    Im übrigen Bundesgebiet noch heiter bis wolkig.
    In weiterer Folge aber auch hier Bewölkungszunahme und nachfolgend aufkommen teils gewittriger Regenschauer.
    Mäßige Winde.
    Nachmittagstemperaturen 19 bis 26 Grad, Tiefstemperaturen der kommenden Nacht 9 bis 15 Grad.
    Die Prognose für morgen Mittwoch, anfangs regional Störungsreste, in weiterer Folge aber von einigen Wolkenfeldern abgesehen, meist sonnig.
    Mäßige im Norden und im Osten, zeitweise auch lebhafte Winde aus West bis Nordwest.
    Tageshöchsttemperaturen 17 bis 23 Grad.
    Eine Vorschau auf Übermorgen, allgemein sonnig und wieder etwas wärmer.
    Das Wetter um 12 Uhr, Wien-Heiter 26 Grad, Eisenstadt-Heiter 25 Grad, St.
    Pölten-Heiter 24,
    Linz heiter 24 Grad, Salzburg heiter 23, Innsbruck wolkig 20, Bregenz bedeckt leichter Regen 18 Grad, Graz stark bewölkt 19 und Klagenfurt bedeckt Gewitter bei 16 Grad.
    Es ist nun genau 12.10 Uhr.
    Wir beginnen gleich mit dem viel diskutierten Thema Auto und Umwelt.
    Auch wenn in den letzten Wochen und Monaten in der Umweltproblematik das Thema Atom speziell an den konkreten Anlassfällen Tschernobyl bzw.
    Wackersdorf dominiert hat, die herkömmlichen Umweltprobleme, die, die wir seit Jahren beobachten, sind nicht kleiner geworden.
    Im Gegenteil.
    Erst dieser Tage haben verschiedenste Wald- und Forstexperten Alarm geschlagen, denn die Situation der österreichischen Wälder hat sich dramatisch verschlechtert.
    Vor etwa vier Jahren sprach man noch von ca.
    330.000 Hektar geschädigtem Wald, heute ist von mehr als einer Million Hektar die Rede und
    Wie gestern Universitätsprofessor Hannes Meier von der Universität für Bodenkultur sagte, latent geschädigt sei nun schon jeder Baum.
    Und auch wenn wir unsere Luft wieder auf den Zustand der 50er Jahre bringen können, bräuchte der Wald etwa 15 Jahre zum Regenerieren.
    So weit, so schlecht.
    Die Ursachen sind bekannt.
    Industrie, Hausbrand, Straßenverkehr.
    Und gerade beim Straßenverkehr hat viel von dem, was man sich in Österreich zur Luftverbesserung hat einfallen lassen, nicht so funktioniert wie geplant.
    Und nach wie vor blüht der Streit der Meinungen zum Thema, wie ist das Auto mit möglichst geringer Umweltschädigung einsetzbar.
    Hören Sie näheres von Gisela Hopfmüller.
    Die Katalysatorpflicht für Pkw ab 1987 bzw. 1988
    Die Einführung bleifreien Normalbenzins, Abgasvorschriften für Lkw.
    Es war ein ganzes Maßnahmenpaket, das die Bundesregierung bei zwei Klausurtagungen im Jänner und im Juli 1985 verabschiedete.
    Dazu kam noch die Verpflichtung zum jährlichen Test der Vergasereinstellung.
    Und das alles mit dem Ziel, bis Mitte der 90er-Jahre den Ausstoß an Kohlenwasserstoffen, Kohlenmonoxid, Stickoxiden, um mindestens die Hälfte abzusenken.
    Mittlerweile gibt es an allen österreichischen Tankstellen das unverbleite Normalbenzin und es wird von den Autofahrern weit weniger angenommen als erwartet.
    Der Anteil des unverbleiten Normalbenzins bewegt sich gegenüber dem nach wie vor verbleiten Superbenzin bei etwa 22 Prozent.
    Etwa 35 Prozent der Autofahrer könnten aber mit dem umweltschonenderen unverbleiten Normalbenzin fahren.
    Mittlerweile sind auch die Katalysatorregelungen für Pkw in Kraft, die man mit Förderungen bis zu 7.000 Schilling bei Kauf eines Katalysatorfahrzeuges attraktiver machen wollte.
    Ab 1.
    Oktober 1986 werden die, die sich nach diesem Datum noch ein katalysatorloses Fahrzeug mit über 1,5 Liter Hubraum kaufen, mit einer um eine Stufe höheren Kraftfahrzeugsteuer quasi bestraft.
    was im Moment zur Folge hat, dass, samt tatkräftiger Unterstützung des Autohandels, die Vorziehkäufe der katalysatorlosen Pkw fröhliche Urständ feiern.
    Vom Katalysator-Flop ist die Rede, von der Pleite mit dem Katalysator, weil schließlich bis jetzt lediglich etwa 4000 Katalysator-Pkw in Österreich verkauft wurden und das zu einem erheblichen Teil an Bundesdienststellen.
    Der österreichische Autofahrer ist dem Katalysator gegenüber skeptisch geblieben.
    Umweltbewusstsein scheint nicht in Mode.
    Noch nicht?
    Problematisch wird es auch, wenn es um das für die Umwelt aus Sicht vieler Experten ebenso wichtige Thema Tempolimit geht.
    Es war auch im Juli 1985 bei einer der Umweltschutzregierungsklausuren, als der damalige Verkehrsminister Ferdinand Lazina ein Referat hielt, bei dem er unter anderem sagte, es werde immer wieder die Frage diskutiert, ob nicht eine Reduzierung der geltenden Tempolimits 100-130 auf 80-100 zweckmäßig wäre.
    Weshalb in Vorarlberg ein Versuchsprojekt gestartet würde.
    Es sollte ein Jahr lang Tempo 100 auf den Vorarlberger Autobahnen gelten.
    zur Ermittlung der Abgasreduktionen, die sich so erzielen lassen.
    Und Schadstoffmessungen bei einem finanziell aufwendigeren Großversuch in der Bundesrepublik Deutschland würden zusätzlich auf das österreichische Fahrverhalten hochgerechnet.
    Sollte sich herausstellen, so hatte Latsina vor etwa einem Jahr gesagt, dass das Tempolimit eine nennenswerte Entlastung für die Umwelt gebracht habe, würden sicher verstärkt Stimmen laut werden, die für Tempo 100 auf Autobahnen und Tempo 80 auf Bundesstraßen eintreten.
    Nun geht in etwa zwei Wochen, genau am 5.
    September um 24 Uhr, dieser Versuch in Vorarlberg zu Ende.
    Wenige Tage später will Lazinas Amtsnachfolger Verkehrsminister Rudolf Streicher über die Ergebnisse berichten.
    Dabei hat die Diskussion um die 100, 130 bzw.
    die 80, 100 bereits eingesetzt.
    Während Gesundheitsminister Franz Kreuzer gestern in einem Interview für das TV-Wirtschaftsmagazin Schilling deutlich zu erkennen gab, dass er die Limits 80, 100 aus Umweltgründen durchaus für diskussionswürdig hält, speziell für katalysatorlose Fahrzeuge,
    tritt der freiheitliche Staatssekretär im Gesundheits- und Umweltministerium Mario Ferrari-Brunnenfeld für einen anderen Weg ein.
    Ferrari sagt, weg mit den 130, strengere Limits auf schlechter ausgebauten Bundesstraßen.
    In einer Übergangsphase kann sich Ferrari ein Tempo 150 für Katalysator-Autos auf Autobahnen vorstellen, während die katalysatorlosen Autos weiter 130 fahren dürften.
    Bei der Einführung der Katalysatorregelungen hatte der damalige Kanzler Fred Sinowaz erklärt, der Wald wird nicht sterben, weil wir das verhindern werden.
    Mittlerweile häufen sich die Alarmmeldungen über den Zustand der österreichischen Wälder.
    Täglich sterben 3000 Bäume, heißt es, latent geschädigt seien, so warnen Waldexperten mittlerweile alle Bäume.
    Die Folgen, auch die volkswirtschaftlichen, sind noch kaum abzusehen.
    Natürlich ist nicht nur der Straßenverkehr am sterbenden Wald schuld.
    Industrie, Hausbrand und Fahrzeuge wirken da schon miteinander.
    Aber immerhin kommen zwei Drittel der Stickoxide aus dem Straßenverkehr.
    Und diese Stickoxide sind nach dem Schwefeldioxid die Hauptbeteiligten am Waldsterben.
    Und auch wenn in den letzten Jahren die Schwefeldioxid-Emissionen gesenkt werden konnten, viele der auf dem Papier so griffigen Maßnahmen versickerten bisher in der Praxis im Sand.
    Informationen von Gisela Hopfmüller.
    Wir bleiben noch beim Thema Auto.
    Im Dezember vergangenen Jahres hat das Bautenministerium das IFES-Institut und das Psychologische Institut der Universität Wien beauftragt, das Forschungsvorhaben Mensch und Straße auszuarbeiten.
    Dabei sollen die Straßenbenützer über ihre Eindrücke befragt werden, die sie bei der Fahrt erleben.
    Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sollen die künftige Straßenbaupolitik beeinflussen.
    Heute hat Bautenminister Heinrich Übleis erste Ergebnisse vorgelegt, die sich auf Befragung von 6.000 Autofahrern auf 26 ausgewählten Strecken stützen.
    Aber auch auf Hirnstrommessungen während der Autofahrt.
    Ziel war es festzustellen, auf welche Qualitäten der Straßen es den Benützern ankommt.
    Und Bautenminister Übleis hat dabei auch zur aufgepflannten Diskussion zu Tempo 100 auf Autobahnen Stellung genommen, Wolfgang Fuchs berichtet.
    Die unumschränkte Herrschaft des Autos über Mensch und Natur ist offenbar vorbei, auf jeden Fall in der Theorie.
    97% der Autofahrer sind jedenfalls gegen eine Ausweitung der Motorisierung.
    98% fordern, dass im Straßen- und Brückenbau mehr als bisher auf Natur- und Umweltschutz wertgelegt wird.
    Und immerhin 85% halten eine weitere Technisierung des Lebens für nicht wünschenswert.
    Bautenminister Heinrich Übleis räumte heute auch ein, dass in der Vergangenheit beim Bau zu wenig auf Mensch, Radfahrer und Natur Rücksicht genommen worden sei.
    Bei Neubauten, Ausbauten oder Reparatur von Bundesstraßen sollen jetzt die offenbar unzufriedenen Autofahrer mehr Mitspracherecht haben.
    Die Studie des Psychologen Gislherr Gutmann und des Meinungsforschers Ernst Gemacher erfasst die subjektiven Eindrücke der Autofahrer auf der Strecke.
    Dabei wurden die Lenker nicht nur direkt an 26 ausgewählten Straßenstücken befragt, was sie an der Strecke gut oder schlecht finden, sondern bei 162 Versuchspersonen wurden auch die Gehirnsträume während der Fahrt gemessen und damit die Belastung des Fahrers.
    Erste Ergebnisse der erst mit Jahresende abgeschlossenen Untersuchung.
    Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen Berufsfahrten, Ausflugsfahrten und Fahrten zum Arbeitsplatz.
    Daraus leiten die Wissenschaftler ab, dass beim Bau einer Straße darauf Rücksicht genommen werden muss, welcher Typ hier fährt.
    Konkret, der Tagespendler wünscht sich eine flotte, wenig Konzentration erfordernde Strecke, auf schöne Aussicht pfeift er.
    Beim Ausflügler ist es natürlich umgekehrt.
    Ist der Fahrer mit dem Straßentyp zufrieden, dann ist er ausgeglichen und es passieren weniger Unfälle.
    Alle Österreicher zusammen haben aber Angst vor Baustellen, fordern einen verbesserten Blendschutz und viele auch eine Verbesserung der Beschilderung.
    Kommt der Straßenerhalter diesen Forderungen nach, so erhöht sich die Verkehrssicherheit, meinen die Wissenschaftler.
    Die Senkung der Höchstgeschwindigkeit stößt aber nur bei einem Drittel der Autofahrer auf Zustimmung.
    Zur aktuellen Diskussion zwischen Umweltminister Franz Kreuzer, der ja, wie vorher gesagt, 80-100 fordert und seinem freiheitlichen Staatssekretär Mario Ferrari-Brunnenfeld, der lieber 150 auf der Autobahn fahren möchte, dazu wollte IFES-Chef heute nicht Stellung nehmen.
    Es gebe gerade eine Untersuchung, sagte Gemacher.
    Dann aber Bautenminister Übleis.
    Ich wiederhole, was ich schon öfters gesagt habe, dass unsere Autobahnen
    so breit gebaut sind, dass sie Tempo 130 gefahrlos erlauben.
    Ich bin daher für die Beibehaltung dieser derzeitigen Tempolimits auf Autobahnen und Schnellstraßen.
    kann mir aber vorstellen, dass auf Bundesstraßen da und dort das Tempolimit 100 zu hoch ist, dass man hier auf 80 zurückgehen könnte.
    Aus Gründen der Sicherheit, wenn die Straße nicht ordnungsgemäß ausgebaut ist.
    Meine Frage an Übleis, ob er nach den jüngsten Diskussionen um den Wald einen Zusammenhang zwischen Waldsterben und der Geschwindigkeit der Autos sehe.
    Ich kann nur für meinen Zuständigkeitsbereich sprechen, nämlich für den Straßenbau, der ja verpflichtet ist, eine optimale Sicherheit im Straßenbau zu geben.
    Und ich kann keine Aussage machen, ob die Geschwindigkeit 130 oder die Geschwindigkeit 115 oder allenfalls 100,
    weniger negative Auswirkungen für das Waldsterben hat.
    Hier stehen mir Daten nicht zur Verfügung.
    Soweit mein Bericht von der Präsentation der Studie Mensch Straße durch Bautenminister Heinrich Übleis und damit zurück an Udo Bachmeier.
    Berichterstatter war Wolfgang Fuchs.
    Soviel also zum Themenkomplex Mensch und Straße, Auto und Umwelt.
    Damit beschäftigt sich heute übrigens auch der Club 2 im Fernsehen.
    Nächstes Thema Verstaatlichtenpolitik.
    ÖVP-Wirtschaftssprecher Robert Graf deponierte heute ein klares Nein zu einer neuerlichen Kapitalspritze für die verstaatlichte Industrie.
    Graf rechnet damit, dass im Herbst im Parlament 20 Milliarden Kapitalzuführung an die Verstaatlichte gegen die Stimmen der ÖVP beschlossen werden wird.
    von der Pressekonferenz des ÖVP-Wirtschaftsprechers mehr von Manfred Steinhuber.
    Eigentlich wollte ÖVP-Wirtschaftssprecher Robert Graf seine These, dass der wirtschaftspolitische Ruf Österreichs in Gefahr sei, mit einigen Studien untermauern.
    Doch der gestrige Wahlkampfauftakt in der Steiermark reizte ihn wohl allzu sehr zu einem Kommentar.
    Da gibt es nämlich Differenzen zwischen den Aussagen des steirischen Landeshauptmann-Stellvertreters Hans Gross und verstaatlichten Minister Streicher darüber, wann das Sanierungskonzept der Föst vorliegen werde.
    vor oder nach den Landtagswahlen in der Steiermark.
    Graf sieht hier jedenfalls vor allem Dilettantismus.
    Mittagssjournal gestern, groß.
    Konzept käme nicht vor der steirischen Wahl, aber...
    Stunden später erklärt der verstaatlichte Minister, dass er das nicht so gemeint hat.
    Natürlich kommt das Konzept vorher, aber es kann nichts geschehen, weil man es erst diskutieren muss.
    Und das schönste entnahm ich der heutigen Zeitung Die Presse, wo ich lese, dass Streicher erklärt, vermutlich wegen dem Lärm der Motoren im Zeltweg habe ihn Gross nicht richtig verstanden.
    Und jetzt kommt ein Fernschreiben aus der Steiermark, wo Gross sich selbst korrigiert.
    Ende der sommerlichen Tragödie.
    Meine Damen und Herren, wenn Sie sich vorstellen, was sich dahinter verbirgt, dann muss ich sagen, Tausend und ich haben von Haus aus Recht gehabt, es wird eine Tragödie prolongiert, zulasten der Dienstnehmer, in einer bisher noch nie dagewesenen Niveaulosigkeit.
    Und damit ist auch das Hauptthema der Pressekonferenz bereits angesprochen, nämlich die Verstaatlichte.
    Graf rechnet damit, dass der Nationalrat im Herbst eine 20 Milliarden Kapitalzufuhr an die Verstaatlichte beschließen wird.
    Und zwar gegen die Stimmen der ÖVP.
    Und Graf erwartet, dass es da auch keinen Widerspruch der Landeshauptleute der betroffenen Bundesländer, also Ratzenböck, Krainer und Ludwig geben wird.
    Die Begründung, die ÖVP wolle keine Vorleistungen für eine mögliche Koalition erbringen.
    Wenn es so wie bei der letzten Kapitalspritze von 16,6 Milliarden auch diesmal kein Sanierungskonzept gäbe, dann werde die ÖVP wieder dagegen stimmen.
    Und unter möglichen Sanierungsmaßnahmen versteht Graf auch nicht die Hereinnahme von Fremdkapital, wenn die Republik Mehrheitseigentümer bleibt.
    Diese Forderung, etwa von ÖGB-Präsident Anton Peña vertreten, hält Graf für unrealistisch.
    Wenn es in diesem Land jemand gibt, der glaubt, dass es möglich ist, gutes ausländisches Geld zu bekommen und 51 Prozent des Sagens durch Grünwald und andere zu behalten,
    Der kennt die Weltmarktsituation nicht und um es zu überprüfen, verfolgen Sie die Geschichte mit Bayou Steel in Amerika.
    Warum kann man es nicht verkaufen?
    Weil Leute, die Geld haben, nicht so viel hergeben wollen, wie Leute sich wünschen, die keins haben.
    Und dasselbe wird sich maßgeblich fortsetzen in diesem Staat, wenn man glaubt, Amerikaner oder irgendein ausländischer Onkel kommt, bringt gutes Geld und ist einverstanden, er habe nichts zu reden.
    51 Prozent vertreten Ruhhaltingers und Streichers und die werden vom Androsch kontrolliert.
    Soviel aus der ÖVP-Zentrale.
    Ich gebe zurück ans Studio des Mittagschanals.
    Die ÖVP sagt also Nein zu einer neuen Milliardenkapitalzufuhr an die Verstaatlichte.
    Eine Pressekonferenz mit ÖVP-Wirtschaftssprecher Robert Graf hat für uns Manfred Steinhuber besucht.
    Auslandsthemen jetzt im Mittagsschornal.
    Seit mehr als einem Jahr hält die Sowjetunion einen einseitig verkündeten freiwilligen Verzicht auf Atomversuche ein.
    Der Verzicht war sehr öffentlichkeitswirksam am 6.
    August 1985 von Parteichef Michael Gorbatschow verkündet worden, also am 40.
    Jahrestag des ersten Einsatzes einer Atombombe.
    Der Teststopp war zunächst auf ein Jahr befristet und die Sowjetunion forderte die USA auf, ein gleiches zu tun.
    Das geschah zwar nicht, aber gestern gab Gorbatschow in einer Rede im sowjetischen Fernsehen bekannt, dass Moskau nun die Frist bis zum 1.
    Jänner 1987 verlängern will.
    Über den Inhalt der Vorschläge Gorbatschows und die amerikanischen Reaktionen eine Zusammenfassung von Roland Machatschke.
    Michael Gorbatschow setzt Ronald Reagan unter Druck.
    Und er verwendet dabei auch Ironie.
    Ein Mittel, für das sowjetische Politiker bis jetzt nicht gerade bekannt waren.
    Die USA sind Weltmeister im Zünden von Atombomben, sagte er gestern Abend im Fernsehen.
    Dennoch werde die Sowjetunion auf derartige Tests verzichten, um das nukleare Wettrüsten nicht weiter anzuheizen.
    Die Reaktion der USA war eine genaue Wiederholung der Standpunkte, die schon bei den früheren sowjetischen Ankündigungen erläutert worden waren.
    In Santa Barbara, in Kalifornien, wohin sich das gesamte weiße Haus in den Urlaub zurückgezogen hat, sagt der Präsidentensprecher Larry Speaks, dass die USA derzeit an einem Teststopp nicht interessiert sind.
    Die Sowjetunion habe schon vor ihrer ersten Ankündigung ihre Atomwaffen modernisiert, deshalb könne sie es sich leisten, eine Zeit lang keine Versuche durchzuführen.
    Ganz im Gegensatz dazu die USA, die ja auf die Modernisierung der sowjetischen Atomarsenale reagieren müsse und bis zur Entwicklung ihrer neuen Generationen von Atombomben und Atomsprengköpfen entsprechende Versuche durchführen müsse.
    Nichts Neues also an der atomaren Rüstungsfront.
    Aber obwohl die USA und ihre Verbündeten von einem sowjetischen Propagandatrick sprechen, haben sie den größeren Teil der Weltmeinung nicht auf ihrer Seite.
    Angesichts einer Nuklearrüstung, die die ganze Erde mit allem Leben auf ihr vernichten kann, sind Menschen für jeden kleinen Schritt dankbar, der vom zigfachen Atomtod wegführt.
    Aber Wohltäter der Menschheit sind auch Gorbatschow und die Kaste der harten Militärs hinter ihm keineswegs.
    Der Parteichef hat gestern Abend zum ersten Mal persönlich vom Gipfeltreffen Ende des Jahres mit Präsident Reagan gesprochen.
    Wenn sich die internationale Lage nicht dramatisch ändert, wird also Gorbatschow Ende November oder Anfang Dezember die Reise nach Washington antreten.
    Die Gespräche dort müssen aber mehr an konkreten Ergebnissen bringen als das Treffen in Genf im Vorjahr.
    Die Anstrengungen beider Seiten sind offensichtlich.
    Das beweist das kurzfristig vereinbarte Abrüstungsgespräch hochrangiger Experten vor einer Woche in Moskau, das wahrscheinlich bald in Washington fortgesetzt wird.
    Das beweist auch ein Brief Reagance an Gorbatschow Ende Juli, von dessen Inhalt so viel durchgesickert ist, dass die USA sich verpflichten, weitere sieben Jahre lang den Vertrag über Raketenabwehrsysteme eng auszulegen und keine Teile ihres geplanten SDI im Weltraum zu stationieren.
    In diesem Punkt haben die USA übrigens in der Propaganda mit den Sowjets gleichgezogen.
    So wie Moskau derzeit offenbar leicht auf Atomversuche verzichten kann, wissen die Amerikaner, dass sie frühestens in 10 Jahren soweit sein werden, Teile der strategischen Verteidigungsinitiative in der Praxis zur Verfügung zu haben.
    Dennoch stimmt der Vorschlag optimistisch.
    Dennoch in Genf hatte Reagan verkündet, dass SDI kein Verhandlungspunkt sei.
    Und jetzt würde er Verlangsamung des SDI-Prozesses gegen Verringerung der Zahl der sowjetischen Atomsprengköpfe tauschen.
    SDI auf der anderen Seite ist aber einer der Gründe, warum die USA derzeit nicht bereit sind, auf Atomversuche zu verzichten.
    Für eine der Spezialwaffen im Krieg der Sterne, den Röntgenlaser, braucht man als Energiequelle kleine Atomexplosionen.
    Die notwendigen Vorrichtungen müssen noch entwickelt werden.
    Eine Welt ohne Atomversuche wird es daher leider in absehbarer Zeit nicht geben.
    Bald wird sich nämlich das politische Potenzial des sowjetischen Teststops erschöpft haben und Gorbatschow wird dem Drängen seiner Militärs nachgeben müssen.
    Und schließlich ist da noch Frankreich, das unbeeindruckt von allen Protesten seine Atomversuche in Muroroa durchführt.
    Roland Machatschke fasste die jüngste Gorbatschow-Rede und Reaktionen dazu zusammen.
    Kurz die weiteren Mittagsjournalthemen.
    Unruhen in Pakistan, leichte Imageprobleme für den SPD-Kanzlerkandidaten Rau, Auswirkungen des italienischen Weinskandals und Premiere in Salzburg, Premiere des jüngsten Bernhard-Stücks.
    Und weil wir gerade dabei sind, auch ein Programmhinweis auf eine Sendung heute Abend.
    Journal Panorama.
    Rund drei Millionen afghanische Flüchtlinge leben in Pakistan.
    die meisten schon seit Jahren.
    Für die internationalen Hilfsorganisationen geht es immer stärker um die Auseinandersetzung mit den Langzeitfolgen des Flüchtlingsdramas.
    Die Afghanen versuchen, wenn auch nur auf Abruf, sich einzurichten.
    Sie suchen Arbeit, wodurch die Löhne in der Region spürbar gefallen sind.
    Afghanische Handwerker wurden zu einer ernsthaften Konkurrenz am lokalen Markt.
    In den letzten Monaten haben Bombenattentate zu einer weiteren Verschärfung der Spannungen zwischen Flüchtlingen und der lokalen Bevölkerung geführt.
    Für die Hilfsorganisationen, die mit langfristigen Entwicklungshilfeprojekten zu einer Entschärfung beizutragen versuchen, heißt es aber auch, auf die traditionalistische islamische Lebensweise der afghanischen Flüchtlinge einzugehen.
    Das erzählt Nassim Djawab vom österreichischen Hilfskomitee in Peshawar.
    Wir haben zum Beispiel vier Jahre lang gebraucht in unseren Lagern, bis wir es akzeptabel gemacht haben für die Männer.
    dass ihre Frauen auch nützlich sein können.
    Und dann haben wir natürlich immer wieder materielle Motivationen auch benutzt.
    Zum Beispiel diese traditionellen Hebammen, die wir ausgebildet haben.
    Jeder hat eine eigene Tasche, jeder kriegt alle zwei, drei Monaten ein paar Kleidungen, ein paar Schuhe.
    Bei jeder Geburt, die Sie in Verbindung mit dem Klinik geben, kriegen Sie etwas extra dazu.
    Das gibt Ihnen auch einen Prestige, aber andererseits, es bringt Ihnen auch etwas zu Hause.
    Und ich glaube, solange die Männer glauben,
    dass durch die Frauen eine zusätzliche Einnahme hineinkommt.
    Das verhindert wiederum, das endet wiederum die Situation.
    Mehr über die Situation afghanischer Flüchtlinge in Pakistan hören Sie heute Abend ab 18.30 Uhr im Journal Panorama.
    Ein Journal Panorama, gestaltet von Rüdiger Wischenbart.
    12.33 Uhr ist es gleich.
    Seit vergangenen Donnerstag halten nun schon die Unruhen an, die Pakistan mit einer Welle von Gewalt überziehen.
    Die schweren Zusammenstöße zwischen der Polizei und regierungsfeindlichen Demonstranten
    sind eine Folge der Verhaftung der pakistanischen Oppositionsführerin Benazir Bhutto, deren Freilassung von den Demonstranten gefordert wird, ebenso wie die Freilassung von mehr als tausend oppositionellen Arbeitern und leitenden Regimegegnern, die von der pakistanischen Regierung inhaftiert wurden.
    Die Teilnehmer an den untersagten Protestkundgebungen liefern sich regelrechte Schlachten mit der Exekutive.
    Steine und Brandbomben werden geworfen, staatliche Banken werden angegriffen, Brandanschläge auf Bahnstationen werden verübt.
    Polizei und Militär, die anfangs noch mit Tränengas und Gummigeschoßen vorgingen, schießen jetzt scharf.
    Nach offiziellen Angaben sind allein seit gestern mindestens vier Demonstranten und vier Polizisten ums Leben gekommen.
    Über das Ausmaß der Unruhen setzt sie jetzt Rainer Wolfgram ins Bild.
    Es müssten noch viel mehr Demonstrationen gegen den pakistanischen Präsidenten Zia-Ul Haq und gegen die Regierung unter Premier Mohammed Khan Jonejo veranstaltet werden, forderten heute die wenigen noch nicht verhafteten Führer der Oppositionsparteien.
    Die 19 Toten, die nach ihren Angaben seit vergangenem Donnerstag in den Auseinandersetzungen mit der Polizei zu beklagen waren, sie müssten durch eine Massenerhebung gesühnt werden.
    Überall im Lande solle der Kampf für die Wiederherstellung der Demokratie jetzt intensiviert werden.
    Die Situation ähnelt der Lage von 1983.
    Auch damals hatten die Oppositionsparteien zu landesweiter Agitation, zu Ungehorsam gegenüber der Regierung, zu Kundgebungen und Demonstrationen aufgerufen.
    Und damals wie heute war die Opposition nur teilweise erfolgreich mit ihrem Aufruf.
    In der südpakistanischen Provinz Sindh, der Heimat der Volkspartei PPP, und in der Provinzhauptstadt Karachi, der bevölkerungsstärksten Stadt des Landes, dort kam und kommt es zu Straßenschlachten.
    Vorwiegend Jugendliche verbrennen an den Straßenkreuzungen Altölfässer und Autoreifen, decken die anrückenden Sicherheitskräfte mit Steinhageln ein und verschwinden dann im Gewirr der Gassen der Altstadt und des Hafenzirkels.
    Die Polizei setzt Tränengas, Schlagstock und Plastikgeschosse ein, hat auch, nach Angaben von Augenzeugen, mehrere Male schon scharf in die Menge geschossen, als Geschäfte und Häuser geplündert und Busse und Autos angezündet wurden.
    Auch aus kleineren Orten in der Nähe Karachis wurden Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Polizei gemeldet, die sich aber nicht zu größeren Auseinandersetzungen auswuchsen.
    Dort sind auch Armee-Einheiten aufmarschiert, die die Situation unter Kontrolle haben.
    Wie 1983 ist es der Opposition aber auch in diesem Jahr nicht gelungen, die Unruhen landesweit auszudehnen, wie angekündigt, große Volksmassen für längere Zeiträume auf die Straße zu bringen.
    Im pakistanischen Punjab und der Provinzhauptstadt Lahore kam es zwar am vergangenen Donnerstag, dem Unabhängigkeitstag, zu Straßenschlachten.
    Doch danach wurde es dort wieder ruhig.
    Und aus den Nachbarprovinzen wurden gar keine Ausschreitungen oder Demonstrationen gemeldet.
    Die Regierung hat entsprechend reagiert.
    Nur für die Sint-Provinz sind vorbeugende Maßnahmen verhängt worden, bleiben Schulen und Universitäten bis zum 1.
    September geschlossen.
    Die Festnahme der Volksparteiführerin Benazir Bhutto und fast 1000 anderer führender Politiker auch anderer Parteien
    macht es für die Opposition schwer, wenn nicht gar unmöglich, den gegenwärtigen Protest im Süden des Landes auszudehnen und politisch umzusetzen.
    Die Regierung spricht dann auch nur von jugendlichen Krawallmachern, spricht ihnen die politische Zielsetzung ab.
    Und der Adressat der Attacken der Opposition, der ehemalige Militärherrscher und jetzige Präsident Pakistans,
    Und immer noch Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Zia-ul-Haq gibt sich demonstrativ gelassen und setzt seine Pilgerfahrt in Saudi-Arabien planmäßig bis zum kommenden Freitag fort.
    Unruhe in Pakistan, Sie hörten Rainer Wolfgram.
    Weiter mit der Berichterstattung in die Bundesrepublik Deutschland.
    Die dortige innenpolitische Szenerie steht zunehmend im Zeichen des Wahlkampfs für die Bundestagswahlen im Jänner nächsten Jahres.
    Ein zentrales Thema der Wahlausanandersetzung ist und bleibt wohl die umstrittene Nutzung der Atomenergie.
    Während Bayerns Franz Josef Strauß und der Bonner Regierungschef Helmut Kohl jüngst wieder ihre Pro-Atom-Haltung bekräftigten und unmissverständlich erklärten Wackersdorf wird gebaut, propagierte der sozialdemokratische Kanzlerkandidat Johannes Rau erneut seinen Anti-Atom-Kurs.
    Er würde als Kanzler dem Wunsch der Mehrheit der Bevölkerung entsprechend schrittweise aus der Atomenergie aussteigen.
    Aber wegen dieses Themas allein dürfte Rao der Sieg noch nicht sicher sein.
    Bruder Johannes, so wird der Ministerpräsident in seinem Bundesland Nordrhein-Westfalen liebevoll genannt,
    sieht sich nämlich mit Imageproblemen in der Öffentlichkeit konfrontiert, auch wenn er nach jüngsten Umfragen an Beliebtheit Helmut Kohl weiter überrundet.
    Aber so unangefochten ist Rao auch in seiner eigenen Partei nicht mehr.
    Für Klaus Bölling, Ex-Regierungssprecher und Vertrauter von Ex-Kanzler Helmut Schmidt, ist Rao als Bonner Regierungschef nicht besonders geeignet.
    Deshalb, so zitiert der Stern
    Als Tenor der Bölling-Äußerungen zu Johannes Rau in Anlehnung an einen alten Schlager, wärst du doch in Düsseldorf geblieben.
    Aus Bonn, Helmut Brandstetter.
    Wenn man in diesen Tagen mit dem SPD-Kanzlerkandidaten Johannes Rau durch die Bundesrepublik reist, könnte man meinen, dass bis zu den nächsten Bundestagswahlen nur noch ganz wenige Wochen Zeit bleiben.
    Wo immer der Kandidat ankommt, wartet die Blasmusik,
    Rao gibt Autogramme, küsst Babys, wechselt ein paar freundliche Worte mit Neugierigen und hat staatstragende Worte für die zahlreichen Reporter parat.
    Es sind zwar noch fünf lange Monate bis zum entscheidenden Datum, 25.
    Jänner 1987, doch Raos Beratern ist in den letzten Wochen klar geworden, dass ihr Kandidat noch sehr viel aufzuholen hat, wenn er im Jänner sein Wahlziel, die absolute Mehrheit, auch nur annähernd erreichen will.
    Nach dem Wahltriumph der SPD in Nordrhein-Westfalen im Mai vergangenen Jahres überstrahlte der Ministerpräsident interne Schwierigkeiten der SPD.
    Seine Kandidatur zum Kanzlerkandidaten gab allen Hoffnung, die die Sache für die Sozialdemokraten im kommenden Jänner schon verloren sahen.
    Johannes Rau, der sich in Nordrhein-Westfalen auch mit seiner jungen Frau und den beiden kleinen Kindern plakatieren ließ, überholte Kanzler Kohl bei den Sympathiewerten für deutsche Politiker spielend.
    Doch in der SPD waren vom Slogan des bibelfesten Wuppertalers Versöhnen statt Spalten bald nicht mehr alle überzeugt.
    Eindeutigere Aussagen waren erwünscht.
    Aktuelles Beispiel, die Energiepolitik.
    Johannes Rauh stimmt zwar dem SPD-Papier, das den Ausstieg aus der Kernenergie innerhalb von zehn Jahren programmiert, prinzipiell zu.
    Allerdings meint er, es käme mehr darauf an, den Beginn des Ausstiegs festzulegen, nicht das Ende.
    Und außerdem sein solches Vorhaben nur im großen nationalen Konsens zu verwirklichen.
    Ein Standpunkt, der vielen in der SPD zu weich ist.
    Die deutlichste Kritik am Führungsstil des Kandidaten kam von Klaus Bölling, dem Regierungssprecher des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt.
    Der Bruder Johannes sei zwar mit seinem Verlangen nach Nähe und Harmonie ein guter Familien- und Landesvater.
    Als politischen Führer in Bonn kann ich ihn mir nicht vorstellen, schreibt Bölling in einem Buch, das Anfang September vorgestellt wird.
    Rau werde scheitern, das Amt des Kanzlers sei zu mächtig für ihn.
    Kränken solche Worte nicht, fragten wir Johannes Rau.
    Es ärgert einen immer, wenn Leute, die sich als Freunde bezeichnen, öffentlich Ratschläge mit Zensuren verbinden.
    Aber Helmut Schmidt hat sich dazu so deutlich geäußert, dass ich denke, ich muss dazu nicht doch selber Stellung nehmen.
    Helmut Schmidt wollte zwar an Rausfähigkeiten ebenso wenig Zweifel aufkommen lassen wie der Parteivorsitzende Willy Brandt, doch auch dieser hat Rau in diesem Sommer schon viele lästige Fragen beschert.
    Als Brandt im Urlaubsdomizil laut darüber nachdachte, dass auch schon 43 Prozent ein schöner Wahlerfolg wären.
    Während Rau in jeder seiner Reden betont, er wolle die absolute Mehrheit, denn mit den Grünen könne man nicht regieren.
    Da wird gefragt, kann man das schaffen?
    ist die Messlatte nicht zu hoch.
    Immer wieder die gleiche Frage und immer wieder die gleiche Antwort.
    Ja, das kann man schaffen, wenn wir zusammenstehen und wenn wir uns nicht mehr für uns selber interessieren und wenn die SPD aufhört, sich nur um sich selber zu kümmern, wenn sie die Bürger entdeckt als die eigentlichen Adressaten der Politik.
    Der Aufruf zur Einigkeit bei Rausreden in dieser Woche richtet sich vor allem an den SPD-Parteitag, der am kommenden Montag in Nürnberg beginnt.
    Rausberater wollen dort möglichst wenig Auseinandersetzungen, vor allem beim Atom- und im Bereich der Wirtschaftspolitik, wo linke SPDler mehr Staatseinfluss das Wort reden.
    Die CDU schießt sich unterdessen auf den Kanzlerkandidaten der SPD ein.
    Sowohl das Image des sympathischen Landesvaters wird angekratzt, als auch die Strategie raus, die Grünen einfach links liegen zu lassen, als unwahr bezeichnet.
    CDU-Generalsekretär Heiner Geißler.
    Es kommt nicht darauf an, ob rau schön oder nicht schön ist.
    ob seine Kinder auf seinen Wahlkampfsommerreisen je nach Region Matrosenanzüge oder Lederhosen tragen.
    Es kommt auch nicht darauf an, ob seine Bibelzitate stimmen oder nicht stimmen.
    Es kommt ausschließlich und allein darauf an, welches Lager Rot-Grün oder die Regierungsparteien am 25.
    Januar eine Mehrheit bekommen.
    Rausberater hoffen, dass sowohl die Angriffe des politischen Gegners als auch die fallenden Sympathiewerte für den Kandidaten die SPD jetzt aufwecken und geschlossen hinter Johannes Rau bringen.
    Helmut Brandstätter aus Bonn, wir wechseln nach Italien.
    Giftmord im Großversuch hat ihn die Süddeutsche Zeitung genannt, den italienischen Weinskandal.
    Die betrügerische Beimengung von Methylalkohol zum Wein hat in unserem südlichen Nachbarland immerhin mehr als 20 Todesopfer gefordert.
    Im Unterschied zum österreichischen Weinskandal, der keine Todesopfer gefordert hat.
    Allerdings mussten in Österreich 10% der Jahresernte beschlagnahmt werden.
    In Italien war nur, unter Anführungszeichen, 1% der Jahresproduktion vergiftet.
    Ein weiterer Unterschied
    sind die Auswirkungen auf den Export, über die man in Italien jetzt fünf Monate nach dem ersten Todesopfer vom 16.
    März einen ersten Überblick hat.
    Während die österreichische Weinausfuhr praktisch zusammengebrochen ist, ist das Exportvolumen der Chiantis, Frascatis, Valbolicellas oder Soaves lediglich fast halbiert worden.
    Ein großer wirtschaftlicher Schaden für Italien, dass er der größte Weinproduzent der Welt ist.
    Es gibt dort nicht weniger als eine Million Weinbaubetriebe.
    Rolf Gallus erzählt auch, wie sich die Trinkgewohnheiten im Gefolge des Skandale del Vino geändert haben.
    Insgesamt ist der italienische Weinexport in den ersten vier Monaten 1986 um fast 45 Prozent auf knapp 3,8 Millionen Hektoliter gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres gesunken.
    Damals 6,5 Millionen Hektoliter.
    mit einem Wertverlust von umgerechnet zwei Milliarden Schilling.
    Besonders stark betroffen waren und sind noch die Ausfuhren von Verschnittweinen und offenen Tafelweinen.
    Weniger gravierend verliefen die Einbußen bei den Qualitätsweinen.
    Damit zeitigte der italienische Weinskandal vom Frühjahr, den ein knappes halbes Dutzend ruchloser Weinpanscher verursachten, katastrophale wirtschaftliche Folgen und gewiss
    noch erinnerlich die tragische Bilanz an Opfern.
    Durch den Genuss der mit Methylalkohol vergifteten Weine sind im März und April in Oberitalien 21 Menschen gestorben.
    Auch die Hersteller von Wermutwein, Schaumwein und Spirituosen klagen über Geschäftsverluste.
    Eine solche renommierte Firma wie Cinzano in Turin
    muss die Produktion ihres bekannten Astis-Bumante, Schaumwein aus Asti, drastisch reduzieren.
    Der technische Leiter der Firma Martini & Rossi, ebenfalls Turin, befürchtet, dass der gesamte Absatz von Astis-Bumante von fast 70 Millionen Flaschen im letzten Jahr auf etwas über 50 Millionen 1986 zurückgehen wird.
    Für andere Perl- und Spezialweine ergibt sich mehr oder weniger die gleiche Problematik.
    Unterdessen hat das Landwirtschaftsministerium in Rom verfügt, dass alle italienischen Exportweine mit einem Zertifikat zur Garantie ihrer Reinheit versehen sein müssen.
    Zum Studium der Auswirkungen der Giftweinaffäre in Italien selbst veranlasste die Enotheca Italica Permanente in Siena
    die größte ständige Weinsammlung Italiens, eine breit angelegte Meinungsumfrage im Mai, Juni 1986, die zugleich Aufschluss über die Trinkgewohnheiten der italienischen Bevölkerung gibt.
    Es stellte sich heraus, dass 20 Prozent der Italiener wegen des Methanols ihren Weinkonsum eingeschränkt haben, sodass erstmals im ersten Halbjahr 1986
    in Italien mehr Milch als Wein getrunken wurde.
    Allerdings ist inzwischen der Milchverbrauch infolge des Tschernobyl-Effekts wieder zurückgegangen.
    Dennoch ist der Pro-Kopf-Konsum an Wein in Italien mit 77 Litern im Jahr immer noch sehr hoch.
    Nach der von der Enoteca in Siena in Auftrag gegebenen Untersuchung
    bekennen sich von 100 Befragten 64 als Gewohnheitsweintrinker.
    Das heißt, sie trinken täglich oder fast täglich ihren Wein, während 16 nur mäßige Weinverbraucher sind.
    11,6 Prozent erklären sich als Abstinenten, 13 Prozent trinken gewöhnlich Bier.
    Von den Weintrinkern sind knapp zwei Drittel Männer,
    Der weibliche Anteil ist gegenüber früheren Jahren aber gestiegen.
    In Italien wird der Wein überwiegend zu den Mahlzeiten eingenommen.
    Weinverbrauch außerhalb der Mahlzeiten ist dagegen wenig verbreitet.
    Am beliebtesten sind die Rotweine mit 39,8 Prozent des Gesamtverbrauchs, gefolgt von den Weißweinen mit 29,3 Prozent und den Rosés mit 8,3 Prozent.
    Rolf Gallus Nachlese zum italienischen Weinskandal.
    12.49 Uhr ist es gleich ein Kulturbericht im Mittagsschanal und zwar zur letzten Premiere bei den Salzburger Festspielen 1986.
    Im Landestheater brachte Klaus Peimann, der künftige Burgtheaterdirektor,
    Ritter, Dene, Voss, das neue Schauspiel von Thomas Bernhard zur Uraufführung.
    Es ist das die fünfte Uraufführung eines Thomas-Bernhard-Stückes bei den Salzburger Festspielen.
    Vier davon hat Klaus Peimann inszeniert.
    Volkmar Parschalk war bei der gestrigen Premiere von Ritter, Dene, Voss hier seine Eindrücke.
    Immer an der Grenze der Verrücktheit, niemals diese Grenze überschreiten, aber immer an der Grenze der Verrücktheit.
    Verlassen wir diesen Grenzbereich, sind wir tot.
    In kaum einem anderen Stück, die doch alle verzweifelte Monologe des Ankämpfens gegen die Sinnlosigkeit des Lebens und des Todes sind,
    hat Thomas Bernhardt seine persönlichsten Gedanken so direkt ausgedrückt wie in »Ritter Denefoss«, einem Schauspiel, dessen Titel höchst willkürlich nach dem Namen dreier deutscher Schauspieler gewählt wurde, deren Intelligenz und Darstellungskunst der Autor bewundert.
    Allerdings beginnt bereits bei diesem Titel und bei dem Einsatz dieser drei bedeutenden Schauspieler das Missverständnis der Salzburger Uraufführung.
    Denn was Gerd Voss, Kirsten Thene und Ilse Ritter mühsam erspielen mussten, nämlich dekadente Cottage-Geschöpfe zu sein, d.h.
    dem Untergang Ausgelieferte, den Anforderungen des Lebens Nichtgewachsene, sich vor der brutalen Umwelt in die elterliche Döblinger Villa zurückziehende, aufeinander angewiesene und hoffnungslos aneinandergeklammerte Menschen aus reichem Haus,
    die sich nie aus ihrem autistischen Kindsein und ihrer Bindung an dominierende Eltern lösen konnten, das hätten österreichische Schauspieler meiner Ansicht nach viel selbstverständlicher, milieugerechter, ohne die artistische Verkrampftheit und Beduligkeit interpretiert, die dieser Uraufführung doch auf weite Strecken hin anhaftete.
    Drei Geschwister präsentiert Thomas Bernhard vor, während und nach dem Mittagessen in einer Herrschaftsvilla in Töblingen.
    Die beiden alt-jungferlichen Schwestern sind Schauspielerinnen im Theater in der Josefstadt, wo sie alle paar Jahre einmal in kleinen Rollen auftreten.
    Sie sind nämlich Aktionäre dieses Privattheaters und haben also das Recht, die eigenen Auftritte zu bestimmen.
    Ludwig der Bruder ist ein gescheiterter Philosoph, der dem elterlichen Milieu zuerst an die Universität nach England, dann in ein norwegisches Blockhaus und zuletzt in die Geborgenheit der Wiener Nervenheilanstalt am Steinhof entfloh.
    Die drei komplex beladenen Geschwister sind in inzestuöser Liebe aneinander gebunden.
    Man hat den Bruder für einen Besuch von Steinhof nach Hause geholt.
    Die mühsam verdrängten und aufgestauten Konflikte brechen angesichts der mütterlichen Aufdringlichkeit und Besorgtheit der älteren Schwester und der Allgegenwart der Eltern, deren riesige Porträts im Speisezimmer hängen wieder auf.
    Essgeschirr und Porzellan werden zertrümmert.
    Möbel werden verschoben und umgestellt.
    Die Ahnenbilder werden umgedreht, aber nichts hat sich geändert.
    Es gibt nichts Schöneres als einen verregneten Nachmittag im Bett, ist der letzte Satz des Stückes, den die jüngere Schwester beim Kaffee spricht.
    Ludwig wird in die Nervenheilanstalt zurückkehren und weiterhin versuchen, sich zwei, drei Seiten unsterblicher Schrift abzuringen.
    Die Schwestern werden in Töbling auf die Rückkehr des genialen Bruders warten.
    Thomas Bernhard hat ein Stück über sich selbst geschrieben und über seinen Freund Paul Wittgenstein, einen Neffen des berühmten österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein.
    Die Parallelen sind für alle, die den skurrilen Musikliebhaber, das Originalgenie Paul Wittgenstein, gekannt haben, verblüffend.
    Natürlich hat Thomas Bernhardt auch in diesem Stück seine ganze pessimistische Weltanschauung verpackt, viel Gescheites über unser gefährdetes Leben gesagt.
    Und wie im Theatermacher auch viel Banales, so dass stellenweise Karlauer und Fedoscher Unterhosenklamauk nicht weit sind.
    Es gibt wie immer Diskussionen über das Theater und seine Verlogenheit, diesmal auch massive Ausfälle gegen die bildende Kunst, gegen Literatur und Philosophie, gegen die Ärzte.
    Willst du nicht weiteressen?
    Lass sie doch in Ruhe!
    Sie ist ja nicht so ausgezeichnet, dass man es essen muss.
    Sicher nicht.
    Ihr habt ja beide fast nichts gegessen.
    Ich erinnere mich, als Fräge zum letzten Mal in meinem Hause war, nicht dabei war, war auch dieser Erzbischof da.
    Diese Leute passen gut zusammen.
    Ein Mann wie Fräge, rücksichtslos, stutzig, und ein Mann wie dieser Erzbischof, durch und durch abgefeindet.
    Diese Fräge, die Settler, die entsetzliche Menschen, die wir fortwährend lieben, die uns aber immer wieder
    Die Musik, Beethovens Eroica, bringt schließlich Beruhigung in Ludwigs wütende Attacken.
    Klaus Beimann hat man dem Stück, das in seiner Grundkonstellation an Sartras hinter verschlossenen Türen denken lässt, die komödiantischen Passagen gereizt.
    die das Werk in reichem Maß enthält und die klinische Studie der Schizophrenie, zu der er seinen Hauptdarsteller Gerd Voss anhält, der leider im dritten, auch von der Substanz her dünneren Akt, die Rolle verliert.
    Kirsten Thene spielt die penetrante Hausfraulichkeit der älteren Schwester viel zu dick aus, am stärksten interessieren kann Ilse Ritter, doch ist auch sie eher eine Berliner Halbweltfigur als das im Text zitierte Wiener Cottage-Geschöpf.
    Eine weniger realistische, weniger breit ausgespielte Inszenierung hätte dem Stück gut getan.
    Der stärkste Eindruck ging von Karl Ernst Hermanns Bühnenbild aus, einem schräg ansteigenden, mit schon schäbig gewordenen weinroten Tapeten und Holzverkleidung ausgestatteten Jugendstilspeisezimmer, das für den zweiten Akt um 90 Grad gedreht wird.
    Das Publikum hielt sich an die Komödie, lachte bei allen möglichen und unmöglichen Stellen, applaudierte am Schluss begeistert und überschüttete alle Mitwirkenden mit Bravo-Rufen.
    Premier des Bernhardstücks-Ritter Dene Voss beurteilt von Volkmar Parshalk fünf Minuten vor 13 Uhr eine aktuelle Nachrichtenübersicht.
    Iran.
    Auf einem beliebten Platz im Zentrum von Teheran ist heute früh eine Autobombe explodiert.
    Dabei wurden mindestens zehn Menschen getötet und zahlreiche verletzt.
    Die iranische Nachrichtenagentur macht für den Anschlag Agenzen des Imperialismus verantwortlich.
    Damit sind gewöhnlich Oppositionsgruppen gemeint.
    Erst am Wochenende hat die Explosion einer Autobombe in der heiligen Stadt Qom 13 Menschenleben gefordert.
    USA Die Vereinigten Staaten haben den Appell von Parteichef Gorbatschow zurückgewiesen, sich dem verlängerten Atomteststopp Moskaus anzuschließen.
    Präsidentensprecher Larry Speaks erklärte, die USA seien dabei, den Vorsprung der Sowjetunion aufzuholen.
    Sie seien aber grundsätzlich an einem Abkommen interessiert, das allerdings überprüfbar sein müsse.
    Gorbatschow hatte den einseitig ausgerufenen Atomteststopp bis Jahresende verlängert.
    Schweden.
    In Stockholm beginnt heute die Schlussrunde der Konferenz für vertrauensbildende Maßnahmen und Abrüstung in Europa.
    Wichtigste offene Punkte sind die gegenseitige Kontrolle militärischer Manöver und die Frage, ab welcher Größenordnung Truppenbewegungen der jeweils anderen Seite gemeldet werden müssen.
    Nahe Osten.
    Der israelische Außenminister Yitzhak Shamir hat die gestrigen Gespräche zwischen der Sowjetunion und Israel und Helsinki zur Wiederaufnahme diplomatischer Kontakte als guten Beginn bezeichnet.
    Shamir sagte, die Frage der sowjetischen Juden sei dabei keine Vorbedingung gewesen, es sei aber unvorstellbar, das Verhältnis zu Moskau ohne grundsätzliche Änderung der Einstellung des Kremes zu dieser Frage zu verbessern.
    Die Gespräche in Helsinki haben nur eineinhalb Stunden gedauert.
    Österreich ÖVP-Generalsekretär Michael Graf hat Bundeskanzler Franitzki aufgefordert, bei dem bevorstehenden Gespräch mit dem deutschen Bundeskanzler Kohl in der Frage Wackersdorf Klarstellung zu beziehen.
    In einer Reaktion auf die gestrige Erklärung Kohls, Wackersdorf werde auf jeden Fall gebaut, meinte Graf, die Regierung solle dem Sicherheitsbedürfnis der österreichischen Bevölkerung Rechnung tragen und die Möglichkeiten ausschöpfen, die das Nachbarrecht biete.
    Sie solle sich aber auch der Grenzen dieser Möglichkeiten bewusst sein und aus dem eigenen Verzicht auf Zwentendorf nicht weltweite Verhaltensmaßregeln ableiten.
    Bautenminister Heinrich Übleis hat sich für die Beibehaltung von Tempo 130 auf Autobahnen ausgesprochen.
    Übleis sagte, auf bunten Straßen könnte die Höchstgeschwindigkeit auf 80 km in der Stunde zurückgenommen werden, falls die Straßen nicht entsprechend ausgebaut seien.
    Der Minister präzisierte, er spreche in diesem Zusammenhang allein vom Standpunkt der Sicherheit.
    Über die Auswirkungen von Tempolimits auf das Waldsterben habe er keine Unterlagen.
    Die ÖVP will einer neuerlichen Kapitalzufuhr für die verstaatlichte Industrie zunächst nicht zustimmen.
    ÖVP-Wirtschaftssprecher Robert Graf sprach die Erwartung aus, dass im Herbst im Nationalrat dafür ein Betrag von 20 Milliarden Schilling gegen die Stimmen der ÖVP beschlossen wird.
    Graf rechnet auch mit keinem Widerspruch der ÖVP-Landeshauptleute zu dieser Haltung.
    In Anspielung auf jüngste, unterschiedliche Aussagen von Vertretern der Regierung und der SPÖ meinte er, die Tragödie um die verstaatlichte Industrie werde zu Lasten der Dienstnehmer prolongiert.
    Schwere Unwetter haben in mehreren Bundesländern große Schäden angerichtet.
    Betroffen waren vor allem das Mürztal in der Steiermark, das Rheintal in Vorarlberg und das Lammertal in Salzburg.
    Tennisballgroße Hagelkörner zerstörten Gartenanlagen und Obstkulturen.
    Hausdächer, Fenster und Autos wurden beschädigt.
    Unwetter gab es auch in Bayern und in Baden-Württemberg.
    In der Schweiz war vor allem das Gebiet um Genf von Unwettern betroffen.
    In Italien gab es bei einem schweren Unwetter im Gebiet von Mailand zahlreiche Verletzte.
    Nun noch die Wetteraussichten bis heute Abend.
    Im Süden und im äußersten Westen meist reichlich bewölkt und gewittrige Regenschauer.
    Im übrigen Bundesgebiet noch sonnig.
    In weiterer Folge aber auch hier Bewölkungszunahme und Aufkommen von Gewittern.
    Nachmittagstemperaturen 19 bis 26 Grad.
    Eine Stunde Mittagsjournalinformation ist zu Ende.
    Einen recht angenehmen Nachmittag wünscht Udo Bachmeier.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Diskussion um Tempolimits in Österreich
    Mitwirkende: Hopfmüller, Gisela [Gestaltung]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressekonferenz Übleis - Gehmacher über "Mensch und Straße"
    Einblendung: Bautenminister Übleis
    Mitwirkende: Fuchs, Wolfgang [Gestaltung] , Übleis, Heinrich [Interviewte/r]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Medizin ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    VP-Wirtschaftssprecher Graf: Sorgen um wirtschaftspolitischen Ruf Österreichs
    Einblendung: Wirtschaftssprecher Graf
    Mitwirkende: Steinhuber, Manfred [Gestaltung] , Graf, Robert [Interviewte/r]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Ort: Wien, ÖVP Parteizentrale Palais Todesco Kärntnerstraße [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Zusammenfassung der Gorbatschow - Rede und Reaktionen
    Mitwirkende: Machatschke, Roland [Gestaltung]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medien und Kommunikation ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Trailer Journal-Panorama: Afghanische Flüchtlingslage
    Einblendung: Nassim Jawad
    Mitwirkende: Wischenbart, Rüdiger [Gestaltung] , Jawad, Nassim [Interviewte/r]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Anhaltende Unruhen in Pakistan
    Mitwirkende: Wolfgramm, Rainer [Gestaltung]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Imageprobleme von Johannes Rau
    Einblendung: Blasmusik, SPD-Kanzlerkandidat Rau, CDU-Generalsekretär Geißler
    Mitwirkende: Brandstätter, Helmut [Gestaltung] , Rau, Johannes [Interviewte/r] , Geißler, Heiner [Interviewte/r]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Ort: Bonn [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Auswirkungen des italienischen Weinskandals
    Mitwirkende: Gallus, Rolf [Gestaltung]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Ort: Rom [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Nach der "Ritter, Dene, Voss" - Premiere in Salzburg
    Einblendung: Szenenausschnitt
    Mitwirkende: Parschalk, Volkmar [Gestaltung]
    Datum: 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Kultur ; Theater ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

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    Titel Mittagsjournal 1986.08.19
    Spieldauer 00:59:35
    Mitwirkende Bachmair, Udo [Moderation]
    Kronsteiner, Manfred [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1986.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-860819_k02
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    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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