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KI-generiertes Transkript
Zwölf Uhr.
Hier ist der österreichische Rundfunk.
Guten Tag, meine Damen und Herren.
Beim Samstag-Mittags-Journal begrüßt Sie Werner Löw.
Unser Beitrag heute, Österreich ein Jahr nach Tschernobyl.
Im Journal zu Gast der katholische Publizist Hubert Feichtlbauer zu den jetzigen Spannungen innerhalb der Kirche rund um die Bischofsweihe am kommenden Sonntag, die Amtseinführung des neuen katholischen Primas von Ungarn in Estagom, die Autobiografie von Lech Walesa, die jetzt in Frankreich erschienen ist,
Und ein Gespräch mit dem deutschen Dramatiker Tankred Dorst über seine Art des politischen und märchenhaft fantastischen Theaters.
Zuerst aber wie immer die Nachrichten, zusammengestellt von Georg Schallgruber, gelesen von Wilfried Schirrlbauer.
Österreich.
Helmut Klaus, der Generaldirektor der Genossenschaftlichen Zentralbank, rechnet für die nächste Zukunft mit einer Zinsensenkung.
Anlass für entsprechende Prognosen ist eine Reifeisentagung im steirischen Kurort Leupersdorf.
Klaus sagte, die schwierige Konjunkturlage lasse eine Zinsensenkung wünschenswert erscheinen, zumal einem anhaltenden Geldzufluss bei den Banken nur eine schwache Nachfrage nach Krediten gegenüberstehe.
Klaus erwartet eine Zinsensenkung zwischen einem Viertel und einem halben Prozent.
In Graz ist am Vormittag die Frühjahrsmesse eröffnet worden.
Zum ersten Mal darf sie heuer den Titel Internationale Messe führen.
Mehr als 2000 Aussteller aus dem In- und Ausland beteiligen sich.
Schwerpunkte sind Kooperationen zwischen ausländischen Partnern und heimischen Klein- und Mittelbetrieben, ferner die Bereiche Landwirtschaft und Bau.
Den traditionellen Messepartnern der Steiermark, Ungarn, Italien, Jugoslawien und Bayern sind heuer zum ersten Mal eigene Nationenausstellungen gewidmet.
Die SPÖ hält heute eine Konferenz zum Thema Österreich und die Dritte Welt ab.
Zentralsekretär Marsch sagte, die SPÖ wolle neuerlich ein Zeichen der Zusammenarbeit mit den Staaten der Dritten Welt setzen.
Diese Zusammenarbeit sei für beide Seiten unerlässlich.
Peter Jankowitsch, der außenpolitische Sprecher der SPÖ, vertrat in einem Referat die Ansicht, die österreichische Entwicklungshilfe sei völlig unzureichend.
In Wiener Neustadt findet heute der 24.
Ordentliche Bundestag der ÖVP-Frauenbewegung statt.
Das Motto lautet Umweltschutz, Jugend und Familie.
Diskutiert wird unter anderem ein Bericht der Bundesländer über die Situation in diesen Bereichen.
Bundesparteiobmann Mock hält ein Referat.
In Wien findet eine Frauenkonferenz der SPÖ statt.
Ungarn.
In der Basilika von Estergom wird heute der neue ungarische Primas-Erzbischof Laszlo Paszkaj in sein Amt eingeführt.
Kirchliche Spitzenpersönlichkeiten aus ganz Europa sind aus diesem Anlass nach Ungarn gekommen.
Der österreichische Episkopat ist durch den Wiener Erzbischof Grohe und den Eisenstädter Diözesan Bischof Laszlo vertreten.
Der Ernennung Paschkeis zum Erzbischof von Estergom und damit zum Primas der katholischen Kirche Ungarns sind intensive Konsultationen zwischen dem Vatikan und der ungarischen Regierung vorausgegangen.
Es wird erwartet, dass Erzbischof Paschkai die Linie des 1986 verstorbenen Kardinals Lekai fortsetzen wird.
Sowjetunion.
Parteichef Gorbatschow hat den Regierungen der NATO-Staaten vorgeworfen, zugunsten ihrer eigenen Propaganda nicht auf seine Abrüstungsvorschläge einzugehen.
Gorbatschow sagte, er scheue eine ernsthafte Diskussion seines Angebotes nicht, er habe aber den Eindruck, dass man im Westen bemüht sei, alles scheitern zu lassen.
Zur Nahostfrage meinte der Parteichef, bessere Beziehungen der Sowjetunion zu Israel hingen von der Beilegung des Nahostkonflikts ab.
Moskau lehne die israelische Politik der Gewalt und Annexion ab.
Der einzige Weg aus der Sackgasse führe über eine internationale Nahostfriedenskonferenz unter Beteiligung aller betroffenen Parteien.
Algerien.
Der palästinensische Nationalrat, das Exilparlament der Palästinenser, beendet heute eine mehrtägige Sitzung in Algier.
Die Wiederwahl von PLO-Chef Arafat gilt als gesichert.
Zuletzt wurde eine Entschließung ausgearbeitet, in der vor allem eine internationale Nahostfriedenskonferenz unter Beteiligung der PLO gefordert wird.
Die viel diskutierte UNO-Weltsicherheitsrat-Resolution 242 wird als ungenügend zurückgewiesen.
Der ägyptische Staatspräsident Mubarak hat dem palästinensischen Nationalrat mit Vergeltungsschritten für den Fall gedroht, dass er versuchen sollte, einen Keil zwischen Regierung und Volk zu treiben.
Island.
Etwa 170.000 Wahlberechtigte entscheiden heute über die künftige Zusammensetzung des Altings des isländischen Parlaments.
63 Abgeordnete werden gewählt.
Zurzeit wird Island von einer Mitte-Rechts-Koalition regiert.
Die Parteienlandschaft ist unübersichtlich, der Regierungschef sprach sogar von einem unglaublichen Chaos an Parteien.
Möglicherweise wird eine Frauenliste bei der künftigen Regierungsbildung eine wichtige Rolle spielen.
Im Wahlkampf standen wirtschaftliche Themen, besonders die Inflationsbekämpfung, im Mittelpunkt.
Griechenland.
Nach dem gestrigen Bombenanschlag auf einen amerikanischen Militärautobus in Athen hat sich die Organisation 17.
November als Urheberin gemeldet.
Die linksextreme Gruppe wird für zahlreiche blutige Attentate in der Vergangenheit verantwortlich gemacht.
Ihre Aktionen richteten sich überwiegend gegen amerikanische Ziele, dazu gehört auch die Ermordung des für Griechenland zuständigen Chefs des Geheimdienstes CIA.
Bei dem gestrigen Attentat wurden 17 Personen verletzt, die meisten von ihnen sind amerikanische Staatsbürger.
USA.
In Washington soll heute eine groß angelegte Demonstration gegen die Mittelamerika- und Südafrika-Politik von Präsident Reagan stattfinden.
Zu dieser Protestveranstaltung haben unter anderem amerikanische Bürgerrechtsgruppen aufgerufen.
Die Organisatoren erwarten zehntausende Teilnehmer.
Belgien.
Technische Probleme verzögern weiterhin die Bergung der Anfang März gekenterten britischen Fähre Herald of Re-Enterprise.
Das Schiff kann frühestens am Montag leergepumpt und in den Hafen von Seebrügge geschleppt werden.
Gestern Abend hatten die Bergungsmannschaften die Pumparbeiten unterbrechen müssen, weil die Fähre wieder starke Schlagseite bekam.
In dem Schiff sind noch zahlreiche Leichen eingeschlossen.
Österreich.
Auf der Schallerburg in Niederösterreich ist ab heute die Ausstellung Spielzeug, Spiele und Spielereien öffentlich zugänglich.
Diese Schau wird bis zum 1.
November täglich von 9 bis 17 Uhr gezeigt.
Einer der Schwerpunkte ist Spielzeug aus vielen Generationen des österreichischen Kaiserhauses.
Ferner wurden zahlreiche Spielecken und voll betriebsfähige Spielzeugeisenbahnanlagen vorbereitet.
Die Wetterlage.
In Mitteleuropa stellt sich die Wettersituation wieder um.
Der Hochdruckeinfluss nimmt ab.
Von Norden fließt kühlere Luft in unser Bundesgebiet.
Von Südwesten greifen feuchte und labil geschichtete Luftmassen auf die Alpen über.
Die Aussichten bis morgen früh.
Heiter bis wolkig.
Gegen Abend im Westen vereinzelt gewittrige Strichregen.
Während der Nacht allgemein Bewölkungszunahme.
Mäßige Winde.
Nachmittagstemperaturen 18 bis 24 Grad.
Tiefstwerte der kommenden Nacht 3 bis 8 Grad.
Die Prognose für morgen Sonntag.
Im Norden und Osten teilweise noch Auflockerungen, sonst veränderlich bis stark bewölkt und zeitweise gewittrige Strichregen.
Auflebende Winde aus West bis Nordwest.
Temperaturrückgang in allen Höhen.
Tageshöchsttemperaturen 10 bis 15 Grad.
Das Wetter übermorgen Montag.
Allgemein kühl.
Im Nord Staulagen und im Süden noch wechselhaft.
Die Messwerte von 12 Uhr.
Wien, Heiter, 18 Grad.
Eisenstadt, Heiter, 17.
St.
Pölten, Heiter, 18.
Linz, Heiter, 16.
Salzburg, Heiter, 18.
Innsbruck, Heiter, 18 Grad.
Westwind 10 Kilometer in der Stunde.
Bregenz, Heiter, 18.
Graz, Heiter, 17.
Und Klagenfurt, Heiter, 16 Grad.
Es ist genau neun Minuten nach zwölf.
Sie hören das Mittagsjournal des aktuellen Dienstes.
Seit Tagen befassen sich die Medien, die Zeitungen, genauso wie der Rundfunk, mit den verschiedensten Aspekten eines Jahrestags, bei dem für uns alle ein einziges Wort als Schlagzeile genügt.
Tschernobyl.
Genau morgen vor einem Jahr geriet der vierte Reaktorblock des Atomkraftwerks am Pripyat, rund 100 Kilometer nördlich von Kiew in der Ukraine, außer Kontrolle.
Der größte anzunehmende Atomunfall, den bis dahin niemand wirklich hatte annehmen wollen,
sandte über praktisch ganz Europa hinweg eine Wolke radioaktiver Teilchen, über deren Folgen und Auswirkungen die Meinungen heute wie damals immer noch auseinander gehen.
Freilich Strahlentote gab es bei uns nicht.
In der Sowjetunion nennt man als offizielle Zahl der Todesopfer im unmittelbaren Gefolge von Tschernobyl 32.
Rund 200 Menschen sollen durch die Strahlen schwer geschädigt sein.
Für Österreich rechnen uns Befürworter der Kernenergie vor, dass etwa jeder Bewohner des Waldviertels
schon von Natur aus jedes Jahr einer Tschernobyl-Strahlmenge mehr ausgesetzt ist als ein Burgenländer.
Unbestritten ist, dass Tschernobyl hunderte Millionen Europäer wochenlang in Sorge und Angst versetzt hat.
Unbestritten ist, dass die Politiker in der einen oder anderen Form auf Tschernobyl reagieren mussten.
Und jetzt lässt der Frühling nicht nur im wörtlichen Sinn gesünderes Gras über die Sache wachsen,
In der heutigen Neuen Arbeiterzeitung wird eine Grazer Soziologenstudie zitiert, der zufolge Tschernobyl für die Mehrzahl der Österreicher offenbar kein Thema mehr ist, abgesehen vom Jahrestag.
Die Hitparade der Ängste des Österreichers wird jetzt von Aids und Arbeitslosigkeit angeführt.
Tschernobyl arrangiert, so heißt es, nur mehr unter ferner Liefen.
Tschernobyl und Österreich, zu diesem vielschichtigen Thema hat Gisela Hopf-Müller für diesen Vorabend des Jahrestags ein facettenreiches Kaleidoskop gestaltet.
Geigerzähler ticken, seit den Wochen nach Tschernobyl allen im Ohr.
Hörbares Zeichen einer sonst nicht wahrnehmbaren Gefahr.
Reaktion?
Meist eher irrational.
Rational, sagen die Wissenschaftler, reagiert der Wissende.
Halten sie den Reaktorunfall in Tschernobyl für eine bedrohliche Katastrophe, fragten die Meinungsforscher des Institutes für Konfliktforschung 500 Österreicher.
Jeweils 500 im Juni und im Oktober des Vorjahres und jetzt im April noch einmal.
Eine bedrohliche Katastrophe?
Ja, sagt mehr als die Hälfte der Befragten.
Und zusätzlich, mehr als ein Drittel wählt die zweithärteste der angebotenen Möglichkeiten, nämlich Tschernobyl ist eine beträchtliche Gefahr.
Becquerel, Millirem, Curie, Grenzwerte, eingeackertes Gemüse, strahlenbelastete Milch, Kinder nicht in den Garten lassen, nicht Gras mähen, Tiere nicht auf die Weide lassen.
Beamte und Politiker sagen Ja, sagen Nein.
Experten sagen Ja, Experten sagen Nein.
Vor einem Jahr, in den Wochen nach der Katastrophe.
Es ist unmöglich, dass aufgrund derartiger Bodenkonzentrationen überhaupt eine Gefährdung eintritt.
Es hat sich schon etwas mehr getan,
als zur Zeit der Atombombenversuche.
Diese differenzierte Messmethodik ermöglicht es uns beispielsweise die Frischmilchversorgung der Bevölkerung mit
wenig oder mit fast nicht kontaminierter Milch sicherzustellen.
Ich beziehe mich auf das Umackern des Gemüses.
Das ist meiner Ansicht nach ein Unsinn.
Auch wenn wir nicht wissen, was dieser Grenzwert im Guten und im Bösen wirklich bedeutet.
Es kann sein, dass das viel zu niedrig ist.
Wissen wir nicht.
Ich glaube, aufgrund der Unsicherheit dieser Daten muss man doch davon ausgehen, dass die Gefahr der Spät-, eventuell eines Krebsrisikos leider doch gegeben ist.
Nehmen Sie eine Probe und schicken Sie es ins Gesundheitsministerium.
Im Jahr nach Tschernobyl wird in Österreich Zwentendorf endgültig begraben.
Schon kurz nach dem Unfall.
Mehr als ein Politiker signalisiert, ich wurde vom Saulus zum Paulus.
Und nicht nur in Österreich Aufwind für die Anti-Atom-Bewegung.
Kritiker werden jetzt aufmerksamer gehört.
Zum Beispiel Dr. Peter Weiß, Institut für Umweltwissenschaften der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Die Menschen haben alle eigentlich klar gespürt bei dieser Katastrophe, dass die Reaktortechnik nicht sicher ist und dass man ein Leben, das sicher mit der Kernenergie umgehen will, eigentlich nicht erreichen kann.
Und viele haben die
optimistische, naive Einschätzung gehabt.
Es wird nun zum Ausstieg aus der Atomenergie kommen, auch in anderen Ländern.
Dass diese Einschätzung unrealistisch war, hat sich sehr bald gezeigt.
Und zwar nicht, weil diese Konsequenz nicht gerechtfertigt wäre.
Selbstverständlich ist sie gerechtfertigt.
Aber es hat sich gezeigt, dass die technokratischen Machteliten nicht lernfähig sind.
Atomkritiker gegen Atombefürworter.
Heute wie vor einem Jahr.
Wechselseitige Bezeichnung, Panikmacher oder Verharmloser.
Die Standpunkte klaffen auseinander, Annäherung scheint unmöglich.
Argumentation der Atomwissenschaftler auch ein Jahr nach Tschernobyl, Kerntechnik ist sicher, nur der Reaktor vom Typ Tschernobyl ist es weniger.
und der Unsicherheitsfaktor menschliches Versagen?
Den wird man in Zukunft verringern müssen.
Was lernt ein Atomwissenschaftler aus Tschernobyl, zum Beispiel Prof. Dr. Helmut Rauch, Leiter des Atominstituts der österreichischen Universitäten?
Reaktortypen untereinander zu unterscheiden und nicht alle in einen Korb zu werfen.
Und vor allen Dingen wird man genauestens untersuchen die Wirkung der Strahlung auf die menschliche Gesundheit.
Und das, was man aus diesem Wissen dann ableitet, kann Ihrer Meinung nach nur ein besseres Handling der Technik sein?
Oder kann das, könnte das auch die Erkenntnis sein, Ausstieg aus der Nutzung der Atomkraft?
Ich glaube, prinzipiell sollte man als Wissenschaftler für alle Alternativen offen sein.
Ich glaube, alles andere
wäre also engstirnig.
Ich glaube nur, wenn man die tatsächliche Situation in der Welt betrachtet, wo also weiterhin massiv auf Kernenergie gesetzt wird, ist das also keineswegs zu sehen."
Ende 1986 waren weltweit 394 kommerzielle Reaktoren in Betrieb, laut Statistik der Internationalen Atomenergieorganisation.
Etwa 150 sind in Bau.
Aus Zeitungsschlagzeilen der vergangenen Monate.
In den 17 deutschen Kernkraftwerken 1982 bis 1985 64 Schnellabschaltungen wegen der Gefahr des Austritts radioaktiver Stoffe.
Belgisches Atomkraftwerk nach Leck abgeschaltet.
Studie über mehr missgebildete Kälber in Bayern im Jahr nach Tschernobyl.
Bayerisches Landwirtschaftsministerium spricht von Falschmeldungen.
Plutonium-Versäuchungen in der hessischen Atomfabrik Nukem.
Ein schwerer Unfall, bei dem der Reaktorkern in Mitleidenschaft gezogen wird, passiert alle 10.000 Reaktorjahre, beruhigten Atomwissenschaftler vor Tschernobyl.
Ist diese These jetzt noch zu halten, Professor Helmut Rauch vom Atominstitut?
Ich glaube, jetzt auf diese Frage muss man sich selbst auf die Brust klopfen und auch im Namen vieler Atomwissenschaftler oder Kerntechniker
Sicherheitsleute aus dem Westen.
Und zwar aus dem Grund, weil diese Art von Reaktoren, wie sie in Tschernobyl und auch an anderen Stellen in der Sowjetunion im Einsatz sind, in die Überlegungen nie
mit berücksichtigt wurden.
Ich wollte nur darauf hinaus zu differenzieren, dass vor Tschernobyl anders argumentiert worden ist als nach Tschernobyl.
Diesen Vorwurf müssen wir gelten lassen.
Es war sicherlich so, dass wir hier nicht alle Aspekte und die Sicherheitsniveaus
aller in Betrieb stehenden Reaktoren verglichen haben, obwohl sicher die Daten verfügbar gewesen wären.
Aber nachdem wir eben immer wieder gefragt wurden, wie es mit der Sicherheit der Siedewasserreaktoren steht, ist das offensichtlich
den normalen Lehrbüchern nicht behandelt worden.
Ergänzung des Atomwissenschafters, auch bei kernschädigenden Unfällen in Siedewasserreaktoren dringt keine Strahlung nach außen.
Kerntechnik ist eine Angelegenheit mit Eigendynamik, sagt Dr. Peter Weiß, der Atomkritiker.
Es ist völlig klar, dass jeder Wissenschaftler, der Jahre oder Jahrzehnte seine Forschungsprojekte macht, nicht sagen wird, ich schlage vor, dass wir von nun an Sonnenenergieforschung betreiben, sondern er hat nur andere Programme anzubieten, um seine Projekte weiterzutreiben.
Und so kann von innen her überhaupt kein Trend kommen.
Und man muss sehr klar einsehen, dass zwar ein Kerntechniker für die Frage kompetent ist, wie man einen Reaktor macht, aber nicht für die Frage kompetent ist, ob man einen Reaktor machen soll oder ob man ihn braucht.
Und für diese Frage, ob wir mit der Kernenergie leben wollen, sind wir alle kompetent.
Österreichs Landwirtschaft nach Tschernobyl.
Der Gesamtschaden ist kaum präziser zu errechnen.
Von einer Milliarde Schilling ist die Rede.
Bisher vom Landwirtschaftsministerium ausbezahlte Summe für direkte und indirekte Schäden sowie Futtermittelaktionen etwa 400 Millionen Schilling.
Doch viele Bauern klagen.
Die Entschädigung funktioniert schleppend.
Zivilschutz.
Vor Tschernobyl ein ungeliebtes Kind, jetzt vielfach neu entdeckt.
68 Millionen Schilling will das Innenministerium heuer in den Zivilschutz stecken.
50 Millionen mehr als bisher.
Dieses Geld kann jetzt aus dem Katastrophenfonds zum Ausbau des Waren- und Alarmsystems verwendet werden.
Daran wird gearbeitet.
Salzburg, Steiermark, Kärnten und Oberösterreich können mittlerweile funkgesteuert alarmiert werden.
Die angekündigte Bundeswarnzentrale arbeitet noch nicht.
Sie ist im Entstehen.
Was es inzwischen gibt?
Selbstschutzzentren in 109 österreichischen Gemeinden.
Informationszentralen für die Bevölkerung.
Schutzräume?
Ein Wissenschaftlerteam soll erarbeiten, wie man kostengünstige Grundschutzräume anbieten kann.
Iststand heute wie vor einem Jahr?
Für sieben Prozent der Bevölkerung gibt es Schutzräume.
Und nach wie vor strahlenbelastete Lebensmittel.
Minimal und weit unter den Grenzwerten aber doch Cesium in Milch und Fleisch, wegen der Winterfütterung mit verstrahltem Heu.
Stand der Messungen des Umweltministeriums Ende März, Trinkmilch und ähnliche Erzeugnisse höchst der Durchschnittswert in Oberösterreich.
1,8 Nanocurie Cesium 137.
Der Grenzwert liegt bei 5 Nanocurie.
Höchstbelastete Fleischsorte österreichweit, das Kalbfleisch.
Mittelwert 7,9 Nanocurie.
Erlaubter Grenzwert 16 Nanocurie.
Der Atomkritiker Peter Weiß blickt in die Zukunft.
Wenn wir erkennen, dass die Verantwortlichen eigentlich nicht in der Lage sind, die Politik zu ändern, dass sie eigentlich nur den Status quo weiter beschwören, dann bleibt nichts anderes übrig, als von der Basis her eine Politik zu machen, Druck zu entfalten, die Politiker dazu zu bringen, wirklich zielführende Schritte zum Ausstieg, zum internationalen Ausstieg aus der Atomindustrie zu machen.
Der Atomwissenschaftler Helmut Rauch mit einem Wunsch, wie das innerösterreichische Durcheinander nach Tschernobyl bei einem etwaigen Parallelfall zu verhindern wäre.
Ich glaube, ein Wunsch wäre, dass die Kompetenzen innerhalb der Ministerien und mit den Landesstellen abgeklärt werden, dass auch Fachleute wirklich in die Entscheidung
eingebunden werden.
Ich erinnere hier nur an die Strahlenschutzkommission, die leider aus dem Anlass Tschernobyl überhaupt nicht aktiv geworden ist, aber dafür zuständig wäre, sollte wirklich aktiviert werden.
Und dann wäre eine doch bessere Entscheidungsfindung möglich und eine bessere Information auch der Öffentlichkeit.
Dazu nochmal ein Blick auf die eingangs zitierte Umfrage des Konfliktforschungsinstituts.
Haben Österreichs Medien hinsichtlich des sowjetischen Reaktorunfalls objektiv informiert?
Das haben sie.
Befanden ein Drittel der Befragten.
Sie haben die wahre Situation beschönigt.
Klappt ein weiteres Drittel.
Sie haben sehr übertrieben.
Das befindet knapp ein Viertel.
Ein Jahr nach Tschernobyl.
Fast ein Hörbild von Gisela Hopfmüller.
Ein Jahr nach Tschernobyl, das ist auch der Titel übrigens der heutigen Sendung Im Brennpunkt.
Da wird versucht, anhand eines akustischen Tagebuchs dieses Jahr 1 nach Tschernobyl zu dokumentieren.
Im Brennpunkt, heute um 15 Uhr im Programm Österreich 1.
Und der nächste Programmpunkt im Mittagsjournal ist die heutige Folge unserer Serie.
Im Journal zu Gast.
Das ist heute der bekannte katholische Journalist Dr. Hubert Feichtlbauer.
Seit der Vatikan Anfang März die Ernennung des aus Oberösterreich stammenden Regensburger Universitätsprofessors Dr. Kurt Krenn zum Weihbischof in Wien bekannt gab, da gehen die Wellen eines Meinungsstreits innerhalb der Kirche hoch.
Klerus und Laien sind gespalten, Konflikte werden sichtbar, Grundsatzfragen werden diskutiert.
Selten noch hat eine kirchliche Angelegenheit so viele Menschen innerhalb und außerhalb der katholischen Kirche bewegt.
Bei der Bischofsweihe von Dr. Krenn morgen im Wiener Stephansdom wird Erzbischof Groer, so hat er versprochen, eine kritische Erklärung zur Ernennung verlesen.
Diese Erklärung stammt vom Forum Kirche ist Gemeinschaft, einem spontanen Zusammenschluss von katholischen Gruppierungen und Persönlichkeiten, die sich durch die Entscheidung des Papstes verunsichert, übergangen, desavouiert und besorgt fühlen.
Und zu den Besorgten gehört eben auch Dr. Hubert Feichtlbauer.
Er ist Vorsitzender des Verbandes der katholischen Publizisten Österreichs, Vorstandsmitglied des katholischen Laienrates, also des Dachverbands aller Laienverbände Österreichs, und er war von 1978 bis 1984 Chefredakteur der katholischen Wochenzeitung Die Furche.
Das Gespräch mit Dr. Feichtlbauer führte Roland Machatschke.
Dieser Tage hieß es in einem Zeitungskommentar, Österreichs-Katholiken dürfen zu diesen Ostern die Auferstehung ihrer Kirche aus der Sprachlosigkeit vergangener Jahre mitfeiern.
Über die Kirche wird also geredet, über die Kirche wird diskutiert, über die Kirche wird gestritten.
Herr Dr. Feichtlbauer, soll man sich darüber freuen oder soll man sich darüber ärgern?
dass über die Kirche geredet und auch gestritten wird, ist eher positiv zu beurteilen, glaube ich.
Man hat lange Jahre darüber geklagt, dass die Kirche für die Massenmedien überhaupt nicht interessant genug sei, um sie überhaupt zu erwähnen.
Wenn jetzt um wirklich innerkirchliche Fragen gerungen und auch öffentlich gerungen und auch gestritten wird, ist das eher positiv als negativ.
Ich glaube, es kommt nur auf die Begleitumstände und auf die Töne an, die dabei angeschlagen werden.
Über die Anlässe, also um die Namen zu nennen, Grohe und Kren vor allem, sind Sie nicht unglücklich?
Ich bin unglücklich darüber, dass sich in letzter Zeit gezeigt hat, dass einige Bischofsernennungen offenbar nicht von ungefähr erfolgen und dass es weltweit offenbar einen Trend gibt,
der darauf schließen lässt, dass der Vatikan die Freiheit des Christenmenschen in verschiedenen Ländern und Kontinenten wieder ein bisschen einzuschränken versucht.
Das macht mich unglücklich.
Die einzelnen Personen, die in Österreich zur Debatte stehen, machen mich überhaupt nicht unglücklich.
Nicht zuletzt deswegen, weil ich glaube, dass Kirche ungleich mehr ist, als sie ein Bischof repräsentieren kann, im Guten und im Bösen.
Ein Weihbischof, ein Erzbischof auch, kann Kirche nicht kaputt machen, kann Kirche nicht retten.
Das sind ungleich mehr Dinge im Spiel als nur Personen und insofern habe ich überhaupt keine Sorge, dass einzelne Ernennungen der Kirche Schaden zufügen könnten.
Glauben Sie, dass sich die Proteste gegen Dr. Krähn in irgendeiner Form quantifizieren lassen?
Richten Sie sich gegen seine Person und gegen die Richtung innerhalb der katholischen Kirche, die er in gewisser Form repräsentiert?
Oder, das was Sie vorhin angesprochen haben, richten sich die Proteste in erster Linie gegen die Art, wie er zu dem Amt gekommen ist?
Die erste Welle der Proteste hat sich gegen die Art, wie er berufen wurde, gerichtet, weil man der Meinung ist, dass zwar die formalrechtlichen Regeln des Kirchenrechtes bei dieser Bestellung eingehalten wurden, dass es aber nicht mehr dem heutigen Selbstverständnis einer Landeskirche oder Ortskirche entspricht, ohne irgendwelche Konsultation vom Vatikan einfach einen Bischof vorgesetzt zu bekommen.
Die zweite Welle
des Protestes kam, als der Kurienkardinal Alfons Stickler, ein Österreicher von Herkunft, plötzlich das öffentlich zugegeben hat, was viele vermutet hatten, aber bisher bestritten worden war, nämlich dass es sich dabei um den Versuch handele, Kurskorrekturen im Hinblick auf die bisherige pastorale Linie der österreichischen Bischofskonferenz vorzunehmen.
Das hat eine viel breitere Protestbewegung und wie ich glaube mit Recht und begründet ausgelöst.
Glauben Sie, dass die österreichischen Bischöfe Fehler gemacht haben?
Dass sie zum Beispiel zu wenig aktiv in Rom waren?
Dass sie zu wenig den Standpunkt der Mehrheit der österreichischen Bischofskonferenz in Rom repräsentiert haben?
Dass sie sich vielleicht zu wenig um Personalpolitik gekümmert haben?
Dieser Meinung, so scheint es, wenn man den halboffiziellen und auch den öffentlichen Äußerungen einzelner Bischöfe nach der letzten Bischofskonferenz folgt, diese Meinung scheinen jetzt auch österreichische Bischöfe zu sein.
Nur hinterher ist man immer gescheiter.
Ich verstehe es, wenn Bischöfe nach Rom kommen und nie auch nur den leisesten Vorwurf zu hören bekamen vom Papst oder
vom Kardinal Staatssekretär oder wer immer ihr Gesprächspartner war, dass man sich dann nicht veranlasst fühlt, viel zu verteidigen und viel zu erklären.
Hinterher stellt sich heraus, wäre das wahrscheinlich notwendig und auch sinnvoll gewesen.
Kann man Kardinal König von einer gewissen Mitschuld an dieser Entwicklung freisprechen?
Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass er nicht sehr glücklich über die Person seines Nachfolgers als Wiener Erzbischof
ist und hätte er es nicht in der Hand gehabt, durch ein persönliches Gespräch beim Papst oder durch andere Schritte, zum Beispiel einen Coadjutor mit Nachfolgerecht in Wien zu schaffen, zu erreichen, dass die Kontinuität seiner Arbeit, seiner jahrzehntelangen Arbeit in Österreich, nicht unterbrochen wird?
Auch hier muss man sagen, hinterher ist die Frage zu bejahen.
Wahrscheinlich hätte der Kardinal mit größerem Nachdruck seine Meinung hinsichtlich der Nachfolge vertreten müssen und die Bestellung des von Ihnen erwähnten möglichen Coadjutors mit dem Nachfolgerecht
hätte die Weichenstellung ermöglicht.
Aber auch da muss man sagen, es ist dann leicht, sich das nachzurechnen.
Aber niemand konnte annehmen, dass er nicht auf jeden Fall und ungeachtet irgendwelcher formalrechtlicher Vorgangsweisen vom Papst als erster und am gewichtigsten sozusagen gehört würde, wenn es um seine Nachfolge geht.
Muss man wirklich davon ausgehen, dass die katholische Kirche Österreichs, so wie sie von der Mehrheit der Bischöfe und wahrscheinlich auch der Laien repräsentiert wird, beim Vatikan in irgendeiner Form suspekt ist?
Also um hier nur die zwei immer wieder gebrauchten Schlagworte zu erwähnen, die Sakramente für die wiederverheirateten Geschiedenen und die Empfängnisverhütung, die die österreichischen Bischöfe dem Gewissen der mündigen Gläubigen überlassen.
Das ist unter anderem das ärgerniserregende vom Prinzip her an dieser Auseinandersetzung, dass man, wenn jetzt nachgeforscht wird, was passt denn etwa der Glaubenskongregation in Rom an der österreichischen Kirche nicht, von der es wirklich viel Gutes zu sagen gibt, die wirklich entscheidende Impulse für die Entwicklung des kirchlichen Lebens, die beispielhaft auch für andere Länder sein können, gesetzt hat, was passt ihnen denn eigentlich nicht,
dann kommen die zwei von Ihnen erwähnten Dinge.
Und da muss ich sagen, wird einfach die Erregung katholischer Laien immer größer, wenn man den ständigen Versuch erlebt, Anstand und Moral auf die Frage der Empfängnisregelung oder überhaupt, wenn man es einmal allgemein sagt,
der Geschlechtlichkeit zu reduzieren.
Es gibt zehn Gebote Gottes und immer wieder bekommt man bei einigen kirchlichen Würdenträgern den Eindruck, dass sie diese auf eines oder vielleicht auf zwei, das Sechste und das Neunte, das Begehren, reduzieren und dort mit einer Fülle von Einschränkungen vorgehen, als ob die ganze Moral und der ganze Anstand nur auf diesem Gebiet verletzt werden könnten.
Das hat überhaupt nichts mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil zu tun, das habe ich schon vom Religionslehrer im Gymnasium gehört.
dass die Sünden gegen die Liebe ungleich größer seien als die Sünden der Liebe.
Aber es gibt eben immer wieder einige Kirchenlehrer, die glauben, die Sünden der Liebe als die Sünden schlechthin hinstellen zu müssen.
Und dagegen, glaube ich, muss man sich wirklich mit aller Entschiedenheit zur Wehr setzen.
Warum, glauben Sie, besteht diese Besessenheit innerhalb gewisser kirchlicher Kreise mit bestimmten Moralvorstellungen?
Ich maße mir kein Urteil darüber an, aber schon langsam wird es unvermeidlich, die Frage in aller Offenheit aufzuwerfen, ob nicht die Tatsache, dass zum Zölibat verpflichtete Personen Formulierer der katholischen Moral sind,
zu diesen Verzerrungen führt und ob man das auf die Dauer einfach so stehen lassen kann, ist eine Frage, die Millionen von Katholiken in einem Ausmaß existenziell berührt, dass man darüber nicht mehr mit Schweigen hinweggehen kann.
Herr Dr. Feichlbauer, sehen Sie eigentlich eine tiefergehende Spaltung innerhalb der katholischen Gläubigen, nämlich zwischen denen, für die der Priester noch immer eine Art heiliger Mann ist und der Papst, Gott auf Erden persönlich, und den anderen, die durchaus auch im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils eben kritische Mitarbeit pflegen?
Ich würde nicht unbedingt von einer Spaltung reden, aber unbestritten ist, dass es vielen katholischen Christen noch schwerfällt, dieses Verständnis von einem ebenbürtigen Mitarbeiter in der Kirche, in der Reichgottesarbeit, um es mit der kirchlichen Terminologie zu sagen, diesem Selbstverständnis des mündig gewordenen Laien zu folgen.
Dafür habe ich auch Verständnis und
Ich glaube, das Christuswort im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen, muss man auch in dem Sinn ernst nehmen, dass man die einen wie die anderen in ihrer redlichen Absicht ernst nimmt.
Was mich stört, ich glaube, ist die sogenannten Konservativen und die sogenannten Liberalen in der Kirche, eine sehr fragwürdige Etikettierung, sind einander an charakterlicher Güte ebenbürtig.
Ich würde nie behaupten, die einen sind die Besseren und die einen sind die Schlechteren.
Aber ein Unterscheidungsmerkmal gibt es.
Ich habe noch nie gehört, dass irgendjemand einen Brief geschrieben hätte an den Papst oder an den Nuncius oder an den Kardinal Ratzinger oder an wen immer, um sich darüber zu beschweren, dass ein Christ zu wenig liberal, zu wenig offen, zu wenig tolerant, zu wenig gesprächsbereit sei.
Aber es gibt tausende Briefe seit vielen Jahren, wo sich konservative, sehr konservative Katholiken darüber aufregen, dass irgendeiner zu liberal, zu großzügig, zu wenig ernsthaft im Umgang mit den Äußerungen des kirchlichen Lehramtes sei.
Diese Verteufelung, diese Vernaderung, diese Sittenpolizei und Glaubenswächterspielen ist etwas, was die Katholiken
Österreichs mehr ein Zweit als ein bisschen liberalere, ein bisschen konservativere Auffassungen, die jeder in seiner eigenen Brust trägt.
Keiner ist nur konservativ, keiner ist nur liberal.
Der eine ist es auf diesem, der andere auf jenem Gebiet mehr.
Diese Unterscheidungen sind nicht die entscheidenden.
Kurin Kardinal Stickler hat in Rom unter anderem gesagt, dass der Protest in Österreich gegen Krenn in diesem Falle getragen wird von einer Minderheit des Klerus und einer Minderheit der Laien.
Beim Klerus hat man eine präzise Zahl.
17 von 20 Wiener Dechanten haben Krenn aufgefordert, brieflich zurückzutreten.
Herr Dr. Feichlbauer, wie schaut es bei den Laien aus?
Wie sind da die Mehrheitsverhältnisse?
Haben Sie da einen Überblick?
Ich weiß es nicht.
Ich glaube, man kann auch nicht ohne weiteres quantifizieren.
Es gibt eine Vielzahl von Briefen und Erklärungen, die zirkulieren, wenn man hört, dass das Forum Kirche ist Gemeinschaft immerhin 10.000 Unterschriften in wenigen Tagen zusammengebracht hat.
um eine Verschiebung der Bischofsweihe für Weihbischof Krenn zu erreichen, wenn man weiß, dass von den Mitgliedern des Verbands katholischer Publizisten Österreichs, die etwa zwischen 200 und 300 sind, 126 einen Brief an den Vorsitzenden der österreichischen Bischofskonferenz geschrieben haben, um sich gegen diese
Art der Bischofsbestellung zu werden, dann darf man annehmen, dass die Zahl nicht so klein ist.
Aber ich glaube,
Es ist überhaupt falsch zu quantifizieren und gerade diejenigen, die sagen, die Kirche ist nicht eine Demokratie, die nach staatlichen Spielregeln geordnet werden kann und ich bekenne mich auch zu dieser Auffassung, gerade dann darf man auch nicht fragen, wie viele sind es denn?
Sondern dann hat die einzige Frage zu lauten, haben sie Recht, vertreten sie einen begründeten Anspruch oder dürfen sie nicht, was sie tun?
Und nicht in erster Linie die Frage, wie viele sind es denn eigentlich?
Wenn wir uns das katholische Österreich anschauen, Herr Dr. Feichtlbauer, das ist ein Land, in dem hunderte Pfarrstellen unbesetzt sind, weil es nicht genug Priester gibt.
Das ist ein Land, in dem die meisten Priester ungeheure Arbeitslast auf sich nehmen müssen, auch wegen des Priestermangels.
Das ist ein Land, in dem die Kirchenaustritte die Kirche nicht nur immateriell gefährden, sondern auch finanziell gefährden.
Es ist ein Land, in dem das kirchliche Leben ohne die aktive Mitarbeit der Laien wahrscheinlich in dieser Form auf jeden Fall unmöglich würde.
Sehen Sie die Gefahr einer Entwicklung, dass die katholische Kirche ihre vorhandene gesellschaftspolitische Relevanz verliert und zu so etwas wird wie einer fundamentalistischen Sekte unter anderen Sekten?
Wenn nur die eine Richtung, die sich jetzt zu Wort meldet, am Wort bliebe, dann bestünde die Gefahr der Reduktion auf eine fundamentalistische Sekte.
Jawohl!
Nur glaube ich, dass gerade diese Auseinandersetzung, die es jetzt in Österreich gibt, wo Katholiken miteinander ernsthaft diskutieren und streiten, durchaus ein kräftiges Lebenszeichen dieser Kirche darstellen.
Ich sehe noch nicht zumindest die Gefahr eines schweigenden Auszugs aus der Kirche auf Seiten derer, die sich missverstanden fühlen.
Und vor allem, glaube ich, muss man auch deutlich sagen, dieser Konflikt ist nicht
ein Konflikt Laien gegen Priester oder Bischöfe oder gegen päpstliche Autorität.
Er ist nicht einmal ein Konflikt zwischen Reformern und Bewahrenden.
Er ist nicht ein Konflikt, wie es manche außenstehende Kommentatoren darzustellen versuchen,
zwischen Funktionärskatholiken und revolutarischen Autoritätsstürmern gegen die wahren Gläubigen und Papsttreuen.
Das ist es einfach nicht.
Der Konflikt geht quer durch den Klerus, geht quer durch die
Leihenschaft und kann insgesamt zu einer Belebung des kirchlichen Bewusstseins, des kirchlichen Lebens beitragen.
Die Kirche wird, glaube ich, von denen, die ihr nicht sehr nahe stehen, aber die in ihr eine wichtige gesellschaftliche Kraft erblicken, sie wird dann ernst genommen werden, wenn man erlebt, dass auch dieser Konflikt ernsthaft
aber im brüderlichen Geist ausgetragen wird.
Die Konflikte hat es immer schon gegeben im Laufe der Kirchengeschichte, von der Urkirche angefangen.
Der Paulus hat dem Petrus, also dem ersten Papst, ins Angesicht widerstanden, wie man im Galaterbrief liest.
Er hat einen Konflikt mit dem Barnabas gehabt, wie man im 2.
Korintherbrief nachlesen kann.
Es hat Konflikte unter führenden Persönlichkeiten der Urkirche immer wieder gegeben, wie es in der Apostelgeschichte nachzulesen ist.
Also die Kirche braucht sich vor dem Konflikt als solchem wirklich nicht zu fürchten.
Danke für das Gespräch.
Im Journal zu Gast war heute Hubert Feichtlbauer, unter anderem Vorsitzender des Verbandes der katholischen Publizisten Österreichs.
Das Gespräch mit Dr. Feichtlbauer führte Roland Machatschke.
In der Basilika von Estagom findet zurzeit die feierliche Amtseinführung des neuen Primas von Ungarn, Laszlo Paschkei, statt.
Aus Österreich sind der Wiener Erzbischof Grohe und der Eisenstädter Diözesanbischof Laszlo in die ungarische Bischofsstadt an der Donau gereist.
Die Ernennung des Nachfolgers für den im Vorjahr verstorbenen Erzbischof von Estagom, Kardinal Lekaj, war wie immer in Oststaaten ein Kompromiss zwischen der Kirchenführung im Vatikan und der kommunistischen Staatsführung.
Was vom neuen Primas von Ungarn in diesem Kräfteverhältnis zu erwarten ist, auch das schildert Karl Stipschitz in seinem Telefonbericht von den Feierlichkeiten in Estagom.
Unter den Klängen des Sexes-Azerdos zieht die hohe Geistlichkeit aus der klassizistischen Basilika von Estragón auf den Vorplatz der Kirche.
Dieser Platz hat sich nur zum Teil gefüllt.
Vereinzelt tragen alte Fahnen aus der Menge hervor.
Es sind vor allem Landbewohner, die nach Estragón gekommen sind, um der Amtseinführung des neuen Erzbischofs Laszlo Boschkoj beizuwohnen.
Bunte Sachen mischen sich mit der Uniform katholischer Mittelschüler,
Ein Rabbiner ist gekommen, westliche Botschafter und zahlreiche Vertreter katholischer Kirchen aus den Nachbarstaaten.
Laszlo Boszkaj, Jahrgang 1927, war im März dieses Jahres von Papst Johannes Paul II.
zum neuen Oberhaupt der ungarischen Katholiken ernannt worden.
Der Franziskaner Pater gilt als guter Organisator und wirkt freundlich, aber zugleich nüchtern.
Er sitzt auf einem leicht erhöhten Trunkstuhl.
Imselinken hat Imre Miklosch, der Chef des Staats- und Kirchenamtes, Platz genommen.
Das komplizierte Verhältnis zwischen Staat und Kirche in Ungarn bezeichnet Imre Miklosch als modellhaft.
Es ist eine friedliche, aber komplizierte Koexistenz, die von einigen Kritikern innerhalb der katholischen Kirche Ungarns als unaufrichtig bezeichnet wird.
Die katholische Kirche und die kommunistische Partei in Ungarn kämpfen mit denselben Problemen.
Keine von beiden kann die Jugend für sich begeistern.
Autos, Stereoanlagen und Reisen in den Westen gelten den meisten Ungarn mehr als die Pflege von Idealen, ob sie jetzt ins Diesseits oder ins Jenseits gerichtet sind.
In den letzten Jahren aber spürt der ungarische Klerus ein verstärktes Interesse für die Gottesdienste.
Die Aufgaben des neuen ungarischen Primas Laszlo Porschkaj sind vielfältig.
Er muss sich weitere Freiräume vom Staat erkämpfen.
Die Zahl der Orden und damit auch eine wichtige Quelle des Priesternachwuchses
vom ungarischen Staat sehr beschränkt.
An den Rändern der katholischen Amtskirche agieren sogenannte Basisgruppen, die das Evangelium wortgetreu befolgen wollen.
Doch heute ist in Estagom ein Feiertag.
Das Hochamt dauert noch an.
Danach kommt eine feierliche Prozession bunt gekleideter Landbewohner und ein feierlicher Empfang im Erzberg.
In Frankreich ist seit vorgestern, seit Donnerstag, ein Buch im Handel, dem man getrost ein Bestseller-Schicksal prophezeien kann.
Die rund 600 Seiten starke Autobiografie des polnischen Arbeiterführers Lech Walesa.
Um den Vertrag mit dem prominentesten Elektriker Polens hatten sich mehrere Verlage, auch aus den USA, bemüht.
Das Rennen machten die Franzosen, angeblich weil sie bei Lech Walesa damit argumentieren konnten, dass man auch Solzhenitsyn und Karol Wojtyla, also Papst Johannes Paul II., im Verlagsprogramm habe.
Und auch in einem anderen Medium machten die Franzosen das Rennen bei Lech Walesa.
Der Chef der TV-Literatursendung Apostroph machte Ende Jänner in Polen ein langes Fernsehinterview mit Walesa und schmugelte dann die Aufnahme außer Landes.
Gestern Abend, also genau rechtzeitig zum Start der Walesa-Biografie, ging das 40-Minuten-Interview über den Sender.
Noch dazu mit einem prominenten Gewerkschaftschef und mit Yves Montand als Aufputz im Fernsehstudio.
Lorenz Galmezza hat sich dieses Interview und natürlich das Buch von Lech Walesa angesehen.
Hier sein Bericht.
Ich möchte der polnischen Sache helfen.
Ich möchte dazu beitragen, dass diese Sache besser verstanden wird.
Denn 16 Monate offizieller Existenz waren sehr kurz, zu kurz und wir waren mit einer ganzen Reihe von Problemen konfrontiert.
So begründet Valesa sein Buch und fährt fort.
Und dann möchte ich einige Sachen klarstellen.
Ich bin ein einfacher Mensch wie alle anderen.
Es ist die Situation, das Schicksal, die mich dazu bringen, gewisse Sachen zu unternehmen, um so weit zu gehen.
Nach seiner Schicht in den Danzinger Leninwerken, wo er wieder als Elektriker arbeitet, ist Valesa nach Hause gegangen, um sich umzuziehen, und erscheint am geheimen Treffpunkt.
Für das Interview hat er sich eine Krawatte umgebunden,
weil man ihm gesagt hatte, dass die Sendung Apostroph nur von Intellektuellen gesehen werde und dass in Frankreich alle intellektuelle Krawatten tragen.
Ein 40-Minuten-Interview, in dem Valesa wie in seinem Buch eine ungeschminkte Selbstdarstellung bietet.
Sehr persönliche Fragen wie jene nach dem Verhältnis zu seiner Frau Danuta, die eine bedeutende Rolle in Valesas Leben spielt, werden ebenso wenig aufgeklammert wie das Eingeständnis seiner Fehler als Gewerkschafter und Oppositionsführer.
In seinem Buch »Ein Weg der Hoffnung« beginnt Walesa mit der Schilderung seiner Familienherkunft.
Nicht ohne Humor und Selbstironie erzählt er das turbulente und nicht immer heroische Schicksal seiner Vorfahren.
Der Kampf gegen die zaristischen Kosaken, der Verlust des bescheidenen Landbesitzes durch seinen Großvater Jan, der die französischen Spielcasinos besser kannte als seine eigenen Kinder, und schließlich die deutsche Besatzung und der Tod seines Vaters, nachdem er von den Nazis ins KZ gesteckt worden war.
Die Ich-Erzählung wird zur Wir-Geschichte mit dem Eintritt bei Lesers in die Danzinger Schiffswerften, wo er als 27-Jähriger den ersten großen Streik leitet, der er schlecht leitet, wie er selbst eingesteht.
Das war 1970, als der Aufruhr im Blut erstickt wurde.
Der Hauptteil der Autobiografie ist eine detaillierte Schilderung der letzten 15 Jahre Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte von Solidarnosch,
die Valesa nicht allein, sondern mit Hilfe seiner anonym bleibenden Mitarbeiter geschrieben hat.
Ausführliche Beschreibungen der Versammlungen und Diskussionen mit zahlreichen Belegen von Augenzeugen im Tagebuchstil liefern bisher unbekannte Details.
Ein Beispiel, als Valesa 1970 mit dem Betriebsleiter der Schiffswerften über die Forderungen der Streikenden verhandelte, gab es Korruptionsversuche.
Ich muss feststellen, dass die Leute mehr auf Sie hören als auf mich, sagt der Direktor zu Valesa und fährt fort.
Wir können uns arrangieren.
Wir geben Ihnen Geld.
Versuchen Sie, die Leute zu bremsen.
Und Valesa blieb selbst während seiner fast einjährigen Internierung hart, obwohl man ihm wiederholt Angebote machte, vom gemütlichen Abendessen und verbindlichen Schulterklopfen bis hin zu angedeuteten Versprechungen.
Das Buch enthält keine aufregenden Enthüllungen, bietet jedoch ein lehrreiches Anschauungsmaterial
über den Versuch einer konsequenten Demokratisierung der polnischen Gesellschaft, ohne die vorgegebenen Rahmenbedingungen eines Ostblocklandes bewusst sprengen zu wollen, weil das nur mit einer Katastrophe enden hätte können.
Die Verkörperung dieser Bewegung all ihrer Hoffnungen ist Lech Walesa.
Bodenständig infolge seiner ländlichen Herkunft, mit dem Sinn des Elektrikers für das Praktische Konkrete, mit dem Instinkt für die Stimmung der zu Tausenden versammelten Arbeiter,
aber zugleich mit dem Pragmatismus des im Tageskampf gegen ein totalitäres Regime groß gewordenen Gewerkschafters.
Dieses Bild bot Valese auch in dem gestern ausgestrahlten Interview.
Ungeduldig und energiegeladen, mit den Fingern auf der Tischplatte trommelnd, meinte er, er könne von seiner Rolle und Verantwortung nicht zurücktreten, obwohl er lieber fischen gegangen wäre, als sich einem anstrengenden Interview zu stellen.
wo er denn die Kraft für so viel Hoffnung hernehme, angesichts der Niederlagen, die Solidarnosc erlitten habe, lautet die Frage.
Solidarnosc sei nicht besiegt, im Gegenteil, die Bewegung lebe weiter, wenn auch unter anderen Bedingungen.
Und die Hoffnung, die komme vom ungebrochenen Glauben an Gott, der das Schicksal aller Menschen lenke, meinte Valesa.
In Frankreich ist die Autobiografie von Lech Valesa erschienen, Übersetzungen in weitere Sprachen sind in Vorbereitung.
Der bundesdeutsche Dramatiker Dankred Dorst hält derzeit in Wien mehrere Vorträge am Dramatischen Zentrum über sein Theater.
Der 1925 geborene Dorst ist bekannt für Stücke mit fantastischen Fabeln, mit zeitkritisch-politischen Stoffen.
In Wien war vor fünf Jahren eine gekürzte Fassung des auf neun Stunden angelegten monumentalen Märchens »Merlin oder das Wüste Land« am Volkstheater zu sehen, in dem Dorst eine Vision vom Untergang der Welt aus der Sicht eines mittelalterlichen Zauberers vorführte.
Und einen langen Monolog über die Doppelbötigkeit der Welt, über Genie und Irrsinn, brachte Dorst in seinem vor einem halben Jahr in München nur aufgeführten Stück »Ich, Feuerbach« auf die Bühne.
Monumentales Theater verspricht nun wieder eine Gemeinschaftsarbeit von Tancred Dorst mit dem Amerikaner Robert Wilson in Hamburg.
eine Bearbeitung des Parsifal-Mythos.
Rüdiger Wischenbart hat mit dem Autor über seine Arbeit gesprochen.
Danke, du hast als eine ihrer Lieblingsfiguren in der Geschichte, haben Sie bei einem Fragebogen mal angekreuzt, Merlin, einen Zauberer, den Sie in einem neun-Stunden-Stück auf die Bühne gestellt haben.
Was für Figuren sind das, die Sie für das Theater, für Ihre Stücke interessieren?
Merlin war für mich eine
ja nicht nur ein Zauberer, ein Magier, der ja der Legende nach auch ist, sondern in dem Stück ist er auch eigentlich der Macher, der Erfinder dieser ganzen Geschichte und jemand, der einen Menschen
der zwischen den Gesellschaften steht, also zwischen der Natur und der von Menschen gemachten Welt steht.
Und das war das eine, was mich an Merlin interessiert hat.
Das andere war, er ist auch derjenige, der, wenn man so will, auch Theater macht oder unser Welttheater irgendwie macht oder beeinflusst.
Wobei er sozusagen einerseits auch ein Entertainer ist, andererseits aber auch ein Moralist.
In den Vorträgen, die Sie hier in Wien jetzt halten, schlagen Sie einen Bogen von einem Ihrer frühen Stücke, Toller, bis eben in die Gegenwart zu Merlin und vielleicht auch bis zu den letzten Stücken.
Eines der Themen wird sein, die Utopie am Theater.
Was hat die Geschichte, was hat die Möglichkeit über die Geschichte hinaus, Utopien zu skizzieren, überhaupt am Theater zu suchen?
Nun, ich denke, wir leben ja alle von Utopien, privaten und politischen gleichermaßen.
Also jeder Mensch hat ja eine Vorstellung von sich, wie er sein möchte, was er vielleicht nicht erreicht, und das ist sein eigentliches Drama.
Oder er hat auch eine Vorstellung davon, wie die Welt sein könnte oder sein müsste, und auch das erreicht ja die Welt nicht.
Und das ist ein Thema, was mich immer wieder in sehr vielen Varianten immer wieder beschäftigt hat, auf das ich immer wieder gekommen bin.
Und in Merlin ist es sozusagen die Erfindung des runden Tisches, der Artusrunde.
Und im Stück Toller ist es die Ausrufung, vielleicht nicht die Erfindung, aber doch die Ausrufung einer Räterepublik 1919, also ein historisches Ereignis, das ich in dem Stück Toller behandelt habe.
Die Erfindung, wenn man so will, der Räterepublik hat auch etwas mit Fantasie zu tun, also mit Vorstellungsvermögen.
eine Vorstellung von einer anderen Welt in sich spürt und versucht sie zu realisieren.
Und ich denke, auch Utopien ohne Fantasie gibt es nicht.
Aber gerade dieser Glaube an die Hoffnung an die Utopien ist ein
bei vielen Autoren, aber nicht nur bei deinen Schriftstellungen in den letzten Jahren oder im letzten Jahrzehnt sehr brüchig geworden.
Es ist eigentlich immer eine sehr anti-utopische Zeit.
Wie ist es bei Ihnen?
Ja, nun muss man ja sagen, sowohl das Stück Toller wie auch das Stück Merlin oder das Wüste Land, wie es im Untertitel heißt, beide Stücke enden ja katastrophal.
Also das eine
Toller endet katastrophal, weil auch die Rätserepublik katastrophal geendet hat.
Man sucht sich die Stoffe ja sozusagen nicht zufällig aus, also man findet etwas an einer Geschichte, an einem historischen Vorgang, was einen selber fasziniert.
Und ein Teil dieser Faszination ist natürlich auch, nicht nur die Anstrengung, eine Utopie zu realisieren, was man ja ohnehin nicht kann,
Sondern es ist auch der Sache Innenwohnende mögliche Katastrophe.
Und Merlin endet ja überhaupt mit dem Ende der Welt.
Also es ist kein gerade sehr optimistisches Stück.
Es gibt ein neues Projekt.
Sie wollen in Hamburg gemeinsam mit Bob Wilson einen Parzifal machen.
Was soll das genau werden?
Das Material zu diesem Theaterabend kommt zunächst mal zum Teil aus dem Merlin-Stück, zum Teil auch aus Entwürfen, die ich nie verwendet habe.
Ich hätte gerne einen Parsifal-Film gemacht.
Und dazu habe ich eine Menge von Skizzen und auch Szenen schon gehabt.
Und aus diesem Material ergab sich so ein Konzept, aus dem Wilson ein Theaterabend macht.
sozusagen eine Zusammenarbeit, aber der eigentliche Erfinder eines solchen Abends und der eigentliche Macher ist ja der Bildermacher Robert Wilson.
Was immer wieder auffällt, was vielleicht auch ihren Merlin mit dem Theater von Robert Wilson verbindet, ist auch ein Zug des Theaters zu einer gewissen Monumentalität.
Von den Stoffen wie auch von der Realisierung auf der Bühne bricht das Theater nicht aus in Gefilde, die nicht mehr zum Theater, sondern eher eben zum Film mit Hollywood vergleichbar führen.
Das meine ich nicht.
Ich meine schon, dass das Theater seine Möglichkeiten doch noch erweitern kann.
Das Theater doch eigentlich auch noch was ganz anderes sein könnte.
Also dass es nicht, sozusagen, vielleicht gar nicht so unbedingt sein muss, dass man ein fertiges Stück nach einer brauchbaren Dramaturgie geschrieben hat und dass dann ein Regisseur das so macht, wie es da steht.
Ein Theater der Bilder.
Ein Theater, was nicht unbedingt im engeren Sinn dramatisch sein muss.
Und ich denke, so etwas wie Robert Wilson etwa oder Pina Bausch haben die Möglichkeiten, die das Theater hat, doch schon um einiges erweitert.
Und da ist noch so ein weites Land, was man noch betreten kann und mit dem man noch leben kann als Theaterautor, glaube ich.
Der bundesdeutsche Dramatiker Tankred Dorst, die Fragen an ihn richtete Rüdiger Wischenbart.
Es ist vier Minuten vor eins, wir schalten noch einmal ins Nachrichtenstudio.
Österreich.
Anlässlich der Eröffnung der Grazer Messe hat sich Wirtschaftsminister Robert Graf heute optimistisch geäußert, dass am kommenden Mittwoch grundsätzliche Einigung im Regierungsverhandlungskomitee über die Finanzspritze für die verstaatlichte Industrie erzielt werden kann.
32 Milliarden Schilling für die ÖIAG, 12 Milliarden Schilling an Eigenleistungen der verstaatlichten Industrie und zusätzliche Forschungsmittel stellten einen wesentlichen Schritt zur Sanierung dar, sagte Graf.
Es werde aber auch eine äußerst mäßige Lohnrunde notwendig sein, ergänzte der Minister.
Die Grazer Frühjahrsmesse, die heuer erstmals die Bezeichnung international führen kann, hat bis zum 3.
Mai geöffnet.
Mehr als 2000 Aussteller aus dem In- und Ausland zeigen ihre Produkte.
Schwerpunkte sind die Bereiche Landwirtschaft und Bauwesen.
Der Generaldirektor der Genossenschaftlichen Zentralbank, Helmut Klaus, erwartete demnächst eine Zinsensenkung.
Anlässlich der Raiffeisentagung im steirischen Kurort Leupersdorf sagte Klaus, die schwierige Konjunkturlage lasse eine Zinsensenkung wünschenswert erscheinen, zumal einem anhaltenden Geldzufluss bei den Banken nur eine schwache Kreditnachfrage gegenübersteht.
Klaus erwartete eine Zinsensenkung zwischen einem Viertel und einem halben Prozent.
In Wiener Neustadt findet heute der 24.
Ordentliche Bundestag der ÖVP-Frauenbewegung statt.
Das Motto lautet Umweltschutz, Jugend und Familie.
Diskutiert wird unter anderem ein Bericht der Bundesländer über die Situation in diesen Bereichen.
Bundesparteiobmann MOK hält ein Referat.
In Wien findet eine Frauenkonferenz der SPÖ statt.
Die Vorsitzende der Wiener SPÖ-Frauen, Friederike Seidel, verlangte die konsequente Erfüllung der parteiinternen Quotenregelung.
Als Positiv bezeichnete der katholische Publizist Hubert Feichtelbauer in der Radioreihe Im Journal zu Gast den Streit in der katholischen Kirche.
Feichtelbauer sagte, er habe keine Sorge, dass die Ernennung von Weihbischof Krenn und Erzbischof Grohe der Kirche schaden könnten.
Auch von einer Spaltung der Kirche könne man derzeit nicht sprechen.
Was die Katholiken entzweihe, seien Verteufelung und Vernaderung sowie Leute, die Sittenpolizei oder Glaubenswächter spielen wollten.
Der Konflikt gehe quer durch Laien und Kerus und auch von manchen Würdenträgern habe er, Feichtlbauer, den Eindruck, dass sie die zehn Gebote auf das sechste und neunte reduzieren wollten.
Dagegen solle man sich mit Entschiedenheit zur Wehr setzen.
Ungarn.
In einer feierlichen Zeremonie in der Basilika von Estergom ist heute Vormittag der neue Erzbischof von Prima und Primas von Ungarn Laszlo Baschkay in sein Amt eingeführt worden.
An der Feier nahmen zahlreiche führende Vertreter der Kirche aus dem Ausland teil, unter ihnen der Wiener Erzbischof Grohe und der Diözesanbischof von Eisenstadt Laszlo.
Auch hohe Repräsentanten des ungarischen Staates wohnten der Amtseinführung des neuen Primas bei.
Der Ernennung Baschkais zum Erzbischof von Estergom und damit zum Primas der katholischen Kirche Ungarns gingen intensive Beratungen zwischen dem Vatikan und der ungarischen Regierung voraus.
Die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend?
Vielfach sonnig, Nachmittagstemperaturen 18 bis 24 Grad.
In wenigen Sekunden ist es 13 Uhr, das Mittagsschornal geht zu Ende.
Im Namen des Mittagsteams verabschiedet sich Werner Löw.
Ein schönes Wochenende noch und auf Wiederhören morgen beim Sonntagsschornal um 17 Uhr.