Mittagsjournal 1983.05.07

Video-Player wird geladen.
Advertisement
Aktueller Zeitpunkt 00:00
Dauer 00:00
Geladen: 0%
Streamtyp LIVE
Verbleibende Zeit 00:00
1x
  • Marker
  • Beschreibungen aus, ausgewählt
  • Untertitel aus, ausgewählt
    x
    ZOOM HELP
    Drag zoomed area using your mouse or a finger.
    100%

    Rechtliches

    Zitieren

    KI-generiertes Transkript

    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Einen schönen Samstagmittag, meine Damen und Herren.
    Hier meldet sich der aktuelle Dienst mit dem Mittagsschornal.
    Am Mikrofon ist Reinhold Henke.
    Zwei Beiträge im heutigen Schornal zeigen deutlich den Unterschied in der Bedeutung der Öffentlichkeit für einen Politiker mal im Osten und im Westen.
    Das politische Überleben des mächtigsten Außenministers der westlichen Welt, George Schulz, hängt am optischen Erfolg seines neuesten Nahostfriedensplanes in der Öffentlichkeit.
    Und im Osten wehrt sich der sowjetische KP-Chef Andropow dagegen, der Öffentlichkeit eine freundlichere Seite zu zeigen.
    Er kann es sicher erlauben, die öffentliche Meinung zu ignorieren.
    Die Zeitungskommentatoren heute befassen sich, womit sonst kann man fragen, mit der zukünftigen rot-blauen Koalition, mit den Risiken und mit den Chancen.
    Und im Journal zu Gast ist heute Erhard Bussek, der Chef der Wiener Volkspartei.
    Wir informieren Sie dann noch über die aktuelle Situation auf dem Anlagenmarkt, also was Sie für Anleihen und Wertpapieren zurzeit an Zinsen erwarten können.
    Und dann gibt es heute noch die Eröffnung der Wiener Festwochen 1983.
    Gegen Ende des Journals werden wir da über die Eröffnungsfeierlichkeiten berichten.
    Jetzt aber zum Meldungsteil verantwortlich als Chef vom Dienst heute Mittag ist Rainer Warnecke und der Sprecher Josef Wenzl-Natek.
    Na, Ostern.
    Der amerikanische Außenminister George Shultz ist heute zur Fortsetzung seiner Naost-Mission in der syrischen Hauptstadt Damaskus eingetroffen.
    Nach der prinzipiellen Billigung des von ihm ausgehandelten Entwurfes eines Abkommens über den Abzug der Israelis aus dem Libanon durch die Regierung in Jerusalem, will sich Shultz in Damaskus darum bemühen, einen Abzug der syrischen Truppen zu erreichen.
    Shultz hat auch König Hussein von Jordanien bereits über die Regelung informiert.
    Nach offiziell noch nicht bestätigten Meldungen soll der Vertrag in der kommenden Woche unterzeichnet werden.
    Die von der israelischen Regierung gewünschten Klarstellungen im Zusammenhang mit dem Vertragsentwurf sind seiner Ansicht nach kein wirkliches Problem.
    Gegenüber Journalisten hat Schulz angekündigt, die Regierung in Washington werde nun das Embargo für die Lieferung von 75 F-16-Kampfflugzeugen an Israel aufheben.
    Das Embargo sollte bis zum Rückzug der israelischen Truppen aus dem Libanon in Kraft bleiben.
    Die Maschinen werden nun bis 1985 ausgeliefert.
    Sowjetunion In Moskau wird das vom amerikanischen Außenminister erreichte Abkommen scharf verurteilt.
    Die Nachrichtenagentur TASS schreibt, der Libanon würde dadurch verstümmelt werden.
    Israel könne seine militärische Präsenz im Libanon aufrechterhalten.
    Die USA könnten ihre Marineeinheiten weiter dort stationieren.
    Die Pläne der USA und Israels hätten das Ziel, die Libanesen und die Palästinenser zu versklaven.
    Bundesrepublik Deutschland.
    SPD-Vorsitzender Willy Brandt hat die Forderung des amerikanischen Repräsentantenhauses begrüßt, die Atomwaffenarsenale der Supermächte auf dem derzeitigen Stand einzufrieren.
    In einem Interview für die Zeitung Westfälische Nachrichten ruft Brandt den Deutschen Bundestag dazu auf, einen ähnlichen Beschluss zu fassen.
    Wörtlich meint Brandt, dem Bundestag würde es nicht schlecht anstehen, die Haltung der großen Mehrheit im Parlament des Wichtigsten Verbündeten mit einer eigenen Erschließung zu unterstützen.
    USA.
    Der zehnte Testflug einer Mittelstrecken-Rakete vom Typ Pershing II auf der Militärbasis White Sands im Bundesstaat New Mexico ist problemlos verlaufen.
    Eine Armeesprecherin erklärte, die Rakete habe ihr Ziel mit der vorgesehenen Genauigkeit getroffen.
    Die Pershing-Raketen müssen 18 Teststarts erfolgreich absolvieren, bevor sie für einsatzbereit erklärt werden.
    Sollten sich die USA und die Sowjetunion bei den Genfer Abrüstungsgesprächen nicht über die Mittelstrecken-Atomraketen einigen, werden die Pershing-Raketen ab kommendem Dezember in Westeuropa aufgestellt.
    China.
    Die Volksrepublik China hat eine mögliche Verlegung sowjetischer Mittelstrecken-Atomraketen aus Osteuropa in den asiatischen Teil der Sowjetunion energisch verurteilt.
    Das Parteiorgan Volkszeitung schreibt, ein Stellungswechsel der Raketen, wie er bei den Genfer Abrüstungsgesprächen diskutiert wird, könne die internationale Lage verschärfen.
    Ein beschleunigtes atomares Wettrüsten zwischen Sowjets und Amerikanern in Asien werde die Sicherheit in Europa nicht erhöhen, meint die chinesische Zeitung.
    Nach Ansicht Chinas sollte die Sowjetunion die Raketen nicht verlegen, sondern sie vernichten.
    Sowjetunion DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker hat seinen fünftägigen offiziellen Besuch in der Sowjetunion beendet und von Taschkent aus die Heimreise angetreten.
    Während Honeckers Aufenthalt in Moskau
    hat der sowjetische Parteichef Andropow einen neuen Vorschlag für Abrüstungsverhandlungen gemacht.
    Andropow regte an, nicht nur die atomaren Trägerraketen, sondern auch die Atomsprengköpfe in die Verhandlungen einzubeziehen.
    Bei einem weiteren Treffen zwischen Honecker und Andropow stand die Zusammenarbeit der kommunistischen Parteien des Ostblocks im Mittelpunkt.
    Polen, Sowjetunion.
    Verstärkter Druck aus Moskau und Angriffe auf die Anhänger der Verbotenen Gewerkschaft Solidarität kennzeichnen die politische Lage in Polen.
    Die sowjetische Zeitschrift Neue Zeit hat die polnische Regierung aufgefordert, schärfer gegen ideologische Opponenten vorzugehen.
    Bemerkenswert ist, dass in dem Artikel die dem als liberal geltenden stellvertretenden Ministerpräsidenten Darkowski nahestehende polnische Zeitschrift Politika kritisiert wird.
    Die polnische Parteizeitung Tribunal Lodo hat Arbeiterführer Lech Walesa angegriffen und ihn wörtlich als Primadonna einer Saison und Marionette westlicher Interessen bezeichnet.
    Vereinte Nationen, Mexiko.
    Der Weltsicherheitsrat wird sich am Montag mit der Klage Nicaraguas gegen Honduras und die Vereinigten Staaten befassen.
    Nicaragua beschuldigt die USA, die regimfeindlichen Rebellen ausgebildet und finanziert zu haben, die von Honduras und Costa Rica aus in Nicaragua eingedrungen sein sollen.
    Mexiko hat die Beteiligung an einer von Costa Rica vorgeschlagenen Friedenstruppe zur Überwachung der Grenze zwischen Costa Rica und Nicaragua abgelehnt.
    Costa Rica, eines der wenigen Länder der Welt, die über keine eigene Armee verfügen, ist übergriffen auf sein Territorium, praktisch wehrlos ausgeliefert.
    Argentinien.
    Die katholische Kirche hat den sogenannten Schlussbericht der Regierung über verschwundene Personen als ungenügend bezeichnet.
    In einer Erklärung der Kirche heißt es, der Regierungsbericht gebe keinerlei Hinweis auf das Schicksal vermisster Kinder.
    Die Regierung müsse Irrtümer eingestehen und nach Möglichkeit Wiedergutmachung suchen.
    Die argentinische Militärkunta hat in der vergangenen Woche einen Bericht vorgelegt, in dem alle in den 70er Jahren verschleppten Menschen, nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen, etwa 15.000 für tot erklärt werden.
    Die Reaktion der Kirche auf diesen Bericht ist nach Ansicht von Angehörigen der sogenannten verschwundenen Personen nicht kritisch genug.
    Die Gruppe Mütter vom Maiplatz, benannt nach ihrem Treffpunkt in Buenos Aires, wirft der Kirche vor, sich nicht stark genug für die verschwundenen Angehörigen einzusetzen.
    Türkei.
    Seit Verhängung des Kriegsrechtes im Jahre 1980 sind nach amtlichen Angaben bis Ende März 1983 mehr als 32.000 Menschen wegen politischer Vergehen in der Türkei verurteilt worden.
    23 Mal wurde die Todesstrafe vollstreckt.
    Die Militärjunta hat gestern ein neues Gewerkschaftsgesetz verkündet, das die Finanzen der Gewerkschaften unter Staatsaufsicht stellt und den Arbeitnehmerorganisationen jede politische oder religiöse Tätigkeit untersagt.
    Das Streikrecht wird auch in der Zukunft zahlreichen Beschränkungen unterliegen.
    Südkorea
    Eine chinesische Delegation unter der Führung eines hohen Beamten ist zu Verhandlungen über die Rückgabe des am Donnerstag nach Südkorea entführten Flugzeuges in der Hauptstadt Seoul angetroffen.
    Es ist der erste offizielle Kontakt zwischen China und Südkorea seit der Teilung Koreas im Jahre 1949.
    China verlangt die Rückgabe des Flugzeuges und die Auslieferung der sechs Entführer.
    Während der Flugzeugentführung wurden zwei chinesische Besatzungsmitglieder verletzt.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Das Magazin Stern unterbricht nun die Veröffentlichung der angeblichen Hitler-Tagebücher, nachdem das Bundesarchiv in Koblenz nach eingehender Untersuchung von einer Fälschung gesprochen hat.
    Stern-Herausgeber Henri Nannan sagte, das Magazin werde jetzt versuchen, die Geschichte der Fälschung lückenlos aufzudecken.
    Es gebe keinen Anlass, den Betrüger zu decken, der dem Stern die falschen Tagebücher verschafft habe.
    Die Untersuchungen haben ergeben, dass etwa für die Einbände Kunststoffmaterial verwendet worden ist, das erst seit den 50er Jahren existiert.
    Außerdem hat sich der Fälscher an einer 1962 erschienen Kronik über Hitlers Reden und Proklamationen orientiert.
    Inzwischen aufgeklärte Irrtümer in dieser Kronik wurden auch ins Tagebuch übernommen.
    Tage, die in der Kronik nicht aufscheinen, werden auch in dem gefälschten Tagebuch nicht erwähnt.
    Österreich.
    Mit einem Konzert der Wiener Symphoniker und Konzerthaus sind heute die Wiener Festwochen eröffnet worden.
    Bundespräsident Rudolf Kirchschläger würdigte in einer Eröffnungsansprache die kulturelle Bedeutung der Festwochen.
    Der Wiener Bürgermeister Leopold Graz nannte als besonderen Akzent der heurigen Festwochen Gastspiele von großen Theatern aus Berlin.
    Erstmals gastieren in Wien Theater aus Ost-Berlin und aus West-Berlin unter einem Dach.
    Am Nachmittag findet in Wien anlässlich der Festwocheneröffnung, wie jedes Jahr, ein Volksfest statt.
    Schauplätze sind der Rathausplatz, das Schottentor und der Volksgarten.
    Auf dem Rathausplatz gibt es Musikdarbietungen, unter anderem eine türkische Janitscharenkapelle.
    Am Schottentor treten bei einem Open-Air-Festival unter anderem die italienische Rocksängerin Gianna Nannini und die Wiener Rockband Dra, die Waberl auf.
    Das waren die Meldungen.
    Die Wetterlage.
    Im Alpenraum wird der Hochdruckeinfluss schwächer.
    Eine über Frankreich liegende Störung kann so ostwärts wandern und zunehmend das Wetter in unserem Bundesgebiet beeinflussen.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im Westen bereits meist starke Bewölkung und einige Regenschauer.
    Im Tagesverlauf auch örtliche Gewitterbildungen.
    Im übrigen Österreich zunächst vielfach noch aufgelockert bewölkt oder heiter, in weiterer Folge dann auch hier zum Teil stärker bewölkt und gegen Abend dann einzelne Gewitter- und Schauerbildungen.
    Winde aus Südost bis Südwest, Nachmittagstemperaturen 15 bis 22, Frühtemperaturen morgen 6 bis 10 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Sonntag, den Muttertag.
    Am Morgen lokale Gewitterreste, tagsüber unterschiedliche Bewölkung, vorübergehend auch teilweise sonniges Wetter, jedoch auch häufig Gewitter- und Schauerbildungen.
    Winde aus West bis Nordwest, Tageshöchsttemperaturen morgen je nach Bewölkung 15 bis 20 Grad.
    Das Wetter übermorgen Montag veränderlich kühl, einige Regenschauer und Strichregen.
    Nun die Messwerte von heute 12 Uhr Mittag.
    Wien heiter 15 Grad, Südostwind 15 Kilometer in der Stunde.
    Eisenstadt heiter 13, Ostwind 15, Linz wolkig 15 Grad, Ostwind 25.
    Salzburg heiter 18 Grad, Nordwind 5 Kilometer in der Stunde.
    Innsbruck stark bewölkt, 14 Grad Windstille.
    Bregenz bedeckt, 15 Grad.
    Südwestwind 3 km in der Stunde.
    Graz stark bewölkt, 13 Grad.
    Südwind 5.
    Und schließlich Klagenfurt, heiter, 15 Grad.
    Südostwind 10 km in der Stunde.
    Es war gerade 12 Uhr und 12 Minuten im Mittagsjournal.
    Zwei Beiträge mit völlig unterschiedlicher Ausgangsbasis charakterisieren in diesem Journal ganz deutlich, was die Öffentlichkeit, die öffentliche Meinung und das Verhältnis zur Öffentlichkeit und Interessensgruppen, was das alles für einen Politiker eigentlich bedeutet.
    Dem einen alles, er lebt von der Öffentlichkeit und stirbt durch sie, der andere pfeift auf gut Deutsch auf sie, er kann es sich auch leisten, weil die Öffentlichkeit ohnehin nichts bewirken kann.
    Die Rede ist von der Politik in den USA und in der Sowjetunion.
    Im Fall der Vereinigten Staaten ist die Bedeutung der Öffentlichkeit eigentlich sehr deutlich, im Fall des amerikanischen Außenministers George Shultz zu beobachten.
    Der an sich eher glücklose amerikanische Außenminister brachte für seinen Präsidenten Reagan in letzter Zeit eigentlich zu wenig Ernte in die Scheune der politischen Publicity ein.
    Die Nahostmissionen Shultz waren Seifenblasen und so verdichteten sich in Washington die Gerüchte,
    dass die Tage des George Schulz gezählt sein dürfen.
    Nur dazu kam, dass die Zeitungen und die restliche Öffentlichkeit vom Versager Schulz sprachen.
    Das zehrt natürlich an der politischen Lebensfähigkeit.
    Nun dürfte aber Schulz dem politischen Todesurteil noch einmal entronnen sein.
    Nach dem Vorwurf, Schulz zeige in der Öffentlichkeit nie irgendwelche Erfolge seiner Außenpolitik, landete er wenigstens jetzt in einen Teilerfolg.
    Dass die Israelis den Plan des Amerikaners für einen Rückzug der Israelis aus dem Libanon wenigstens kein Nein entgegengebracht haben, sondern sogar grundsätzlich zustimmten, das alles macht dem Politiker im Weißen Haus und seinem Chef Ronald Reagan großes Glück.
    In der Öffentlichkeit steht die Regierung Reagan jetzt wieder einigermaßen erfolgreich dar.
    Ein folgender Beitrag von Klaus Emmerich.
    Jahr Wochen der Kritik, dass die Regierung Regen außenpolitisch nichts vorwärtsbringe, dass in die Krisenherde der Welt immer weiter und immer unsystematischer verstrickt werde, von Haus bis El Salvador, und dass der zuständige Außenminister George Schulz nach viel Vorschusslorbeeren wie in der Versenkung verschwunden wirke.
    Nach so viel Kritik und auch Selbstzweifeln wirken die Nachrichten außen aus,
    auf das Weiße Haus und seinen Hausherrn Ronald Reagan wie ein angenehmer, warmer, belebender Frühjahrswind.
    So schnell hat jedenfalls ein amerikanischer Präsident schon lange nicht mehr auf Erfolgsmeldungen reagiert wie Ronald Reagan auf Tour im amerikanischen Süden.
    Bei Erfolgstelefonaten mit Außenminister Schulz und Premierminister Begin hat Reagan nicht sonderlich gehemmt, dass Israel nach wie vor harte Bedingungen stellt, wenn auch sicherheitstechnisch verpackt,
    Und dass noch völlig ungewiss ist, wie die anderen Partner in Nahost reagieren, vor allem Syrien und dahinter die Sowjetunion.
    Als Hauptfigur dieses Zehenausgleichs zu gegensätzlicher Interessen zeigt Außenminister Schulz, dass er seinem Ruf, ein erfolgreicher, wenn auch geräuschloser Unterhändler zu sein, erstmals nun erkennbar gerecht wird.
    Die Reaktion in Washington, wo man ebenso gerne von einem Extrem ins andere stolpert wie im amerikanischen Privatleben, ist entsprechend.
    Vorgestern noch schien Außenminister Schulz gefährdet, der Ungnade des Präsidenten ausgesetzt, ein schulzscher Rücktritt nicht mehr ausgeschlossen und eine Rückkehr von Alexander Haig im hauptstädtischen Ortsratsch.
    Gestern noch mahnten viele im Weißen Haus fassbare Fortschritte von Schulz hinaus an, wurde dem Außenminister pauschal vorgeworfen zu weichen,
    zu unentschlossen und zu kompromisslerisch zu sein, nicht nur in der Ost, sondern ganz allgemein.
    Heute scheint das alles vergessen und vergeben.
    Schulz ist der Held der Stunde und plötzlich dreht sich auch sonst der Wind um ihn.
    Das hat nicht nur Gründe in der verschlossenen, starken Persönlichkeit dieses Wirtschaftswissenschaftlers mit Manager-Erfahrung, des Washingtoner Experten mit der jahrelangen Politiker-Erfahrung, des Kaliforniers Schulz mit dem hohen Vertrauenskapital in Europa.
    Mit Erfolg oder Misserfolg von ihm steht oder fällt auch ein wesentlicher Teil des Entscheidungsprozesses bei Ronald Reagan, ob er nächstes Jahr wieder als Präsidentschaftskandidat antritt.
    Ohne außenpolitische Erfolge würde sich ein Präsidentschaftskandidat Reagan wesentlich schwerer tun als mit Fortschritten etwa in der Ost-, in Zentralamerika oder im Ost-West-Verhältnis, vor allem aber in Abrüstungsfragen.
    Mit dem Schulzenfortschritt nimmt für die meisten Beobachter in Washington, die sowieso außenpolitisch eine gewisse Klimaverbesserung für die Regierung regeln wittern, die Wahrscheinlichkeit der Wiederkandidatur dieses Präsidenten von Tag zu Tag zu.
    Zu den Mechanismen der Macht, die in Washington über Verstärker laufen wie anderswo zehnt, dass ein Durchbruch in der Ost auch aus der Enge der allgemeinen Erfolgslosigkeit herausführt,
    Und solche Bewegungen bei internen Auseinandersetzungen des Weißen Hauses um Ziele und Methoden alles etwas leichter macht.
    Genau gesagt, auch Sicherheitsberater Clark kann ein Stück vom Erfolg für sich verbuchen.
    Jedermann also in geradezu ein brüderliches Vertrauensverhältnis zu Ronald Reagan nachgesagt wird und dessen Machtstellung und Machtfülle ihm viele in Washington neigen.
    Washington wäre aber nicht Washington, würde es den Erfolg von Schulz hinaus nicht sofort
    ins Verhältnis zu anderen Krisenherden gebracht haben, wo die USA momentan weniger erfolgreich operieren.
    Aber auch dort taucht die Regierung Regen unbefangen an und hofft auf glückliche Umsätze.
    Das war Klaus Emmerich.
    Der folgende Korrespondentenbericht aus Moskau hat nichts mit dem vorangegangenen Beitrag aus Washington zu tun und dennoch gehören sie irgendwie zusammen.
    Wenn man sich vor Augen hält, wie die Mechanismen des politischen Erfolges funktionieren und in welcher Abhängigkeit, man kann sagen Gott sei Dank, letztlich die Politiker doch von der öffentlichen Meinung leben, dann ist man eigentlich sprachlos, wenn man an die politische Realität im Ostblock diesbezüglich denkt.
    Die Sowjetunion erlebt mit ihrem neuen Parteichef Yuri Andropov eine Phase der völligen Abschottung der regierenden Funktionärsschicht von der Öffentlichkeit.
    Bei Leonid Brezhnev davor war das deswegen noch etwas anders, weil Brezhnev selbst darstellungssüchtig war.
    Das hat gelegentlich den Trugschluss gefördert, als sei Brezhnev etwas an der öffentlichen Meinung gelegen, als fühle er sich der Öffentlichkeit und den Bürgern verpflichtet.
    Der Unterschied zu Yuri Andropov ist nur, dass er die Sowjetbürger unmittelbar spüren lässt, dass er sie nicht braucht zur Beurteilung seiner Politik nämlich.
    Er braucht nicht fürchten, dass die öffentliche Meinung, heißt also die Zeitungen, ihn ständig beurteilen oder gar kritisieren.
    Wolfgang Nette zeichnet im folgenden Beitrag, wie das Bild des Yuri Andropov in der russischen Öffentlichkeit aussieht.
    So wie es für jeden amerikanischen Politiker zur physionomischen Standardausrüstung gehört, liegt Yuri Andropov nicht.
    Wenn der KPDSU-Generalsekretär, wie jetzt beim Besuch von Erich Honecker, sich freundlich geben muss, dann wirkt sein Lachen eher gespreizt, beinahe gequält, so als wolle er sagen, ich mag nicht auf Befehl lachen, ich muss dazu in Stimmung sein.
    Die scharfen und großen Brillengläser dominieren beim fürs Protokoll unerlässlichen Fototermin.
    Die Gesichtsfalten wirken streng und die kräftigen Lippen Anthropos schließen sich wieder schnell, wenn es sich für Sekunden ein Lächeln abrang.
    Die sowjetische Öffentlichkeit hat in diesen Tagen dank ausführlicher Filmsehberichterstattung, Hohen Neckermann macht's möglich, sozusagen Yuri Andropov zum ersten Mal hautnah in die Wohnstuben geliefert bekommen, der Generalsekretär zum Anfassen.
    Der ohnehin kamerascheue Politiker war bisher meist in der Totale abgelichtet worden, pro Drehfotos eine Seltenheit.
    Andropovs eher als tätische Lebenseinstellung, sein mehrprofessuraler Habitus und das Amt als KGB-Chef brachten es mit sich, dass der jetzige Kreml-Chef eine optische Rarität blieb.
    Im Prinzip hat sich auch jetzt nichts daran geändert.
    Die Tageszeitungen geizen mit Fotos.
    Auf den Plakatwänden mit den Ablichtungen der Polizbüro-Mitglieder ist er lediglich einer.
    Und dergleichen ganz anders als sein Vorgänger, der sich schon im Format deutlich über seine Mitstreiter hinausheben ließ.
    Yury Andropov strahlt nicht die joviale Selbstsicherheit von Lenin Brezhnev aus.
    Anders als der bäuerlich vitale Khrushchev wirkte 68 Jahre alter Mann, er, so beschrieb es die Heritage Tribune, verbrechlich.
    Ein Kraftwort war er wohl auch in jungen Jahren nicht.
    Wenn die ihm nachgesagte Belesenheit zutrifft, dann müssen ihn Bücher stets mehr interessiert haben als beispielsweise Eishockey.
    Freilich, auch das war für alle sowjetischen Fernsehzuschauer überraschend.
    Der alte Herr scheint physisch nicht in bester Verfassung zu sein.
    Bei der Maiparade auf dem Roten Platz machte ihm das Treppensteigen erheblich zu schaffen.
    Ein Mitarbeiter stützte ihn beim Aufstieg zur Balustrade.
    Und die Begrüßungsadresse, die er für den Gast Honecker verlas, gab den Blick auf heftig zitternde Hände des Kreml-Chefs frei, für Sekunden freilich nur, denn die hiesigen Kameras sind ihm wegschwenken geübt.
    In solchen Augenblicken wollen in der stets brodelnden Moskauer Gerüchteküche die Halbwahrheiten nicht verstummen, wonach es Juri Andropow gesundheitlich bei weitem nicht so gut gehe, wie seine straffe Amtsführung vermuten lasse.
    Gewiss, ein beinahe 70-Jähriger kann kein Spring ins Feld sein.
    Doch die den Sowjetrussen eigene Vitalität verschiebt sich bei Yuri Andropov in eine seinen Mitbürgern eigentlich nur aus der Romanwelt bekannte zerbrechliche Blasphemie.
    Das war ein Bericht von Wolfgang Nette aus Moskau über das Erscheinungsbild des sowjetischen Parteichefs Yuri Andropov in der Öffentlichkeit.
    Zwölf Uhr und 22 Minuten ist es nun.
    Wir werfen jetzt einen Blick in die heutigen Tageszeitungen, genauer gesagt in die Kommentarspalten.
    Die heutigen Kommentatoren der Zeitungen befassen sich, man kann sagen, womit sonst in diesen Tagen, mit der bevorstehenden kleinen Koalition zwischen Sozialisten und Freiheitlichen.
    Welche Chancen und Risiken gibt es?
    Welche Auswirkungen sind zu erwarten?
    Fangen wir mit der Sozialistischen Arbeiterzeitung an.
    Herbert Lackner betitelt seinen Kommentar mit Lernen in der Koalition.
    Lackner meint einleitend, dass nun alle drei Parteien umlernen werden müssen.
    Zuerst einmal die Sozialisten.
    Sie sind eine von 13-jähriger Regierungsverantwortung verwöhnte Partei geworden.
    Reformen gingen dabei vor allem in der ersten, in der Konjunkturfase, leicht von der Hand.
    Jetzt gilt es also für die SPÖ zweierlei zu lernen.
    Eine vielleicht manchmal schmerzliche Kompromissfähigkeit nach außen, die mit einer noch größeren Konsensfähigkeit im Inneren korrespondiert.
    Und das alles bei entsprechendem Augenmaß, dass die 4,9 Prozent des Koalitionspartners als das erkennt, was sie tatsächlich sind.
    Herzlich wenig.
    Anschließend geht Herbert Lackner in der AZ nahtlos auf die FPÖ ein.
    Er schreibt,
    Sie darf sich durch die plötzlich auf sie zukommende Regierungswürde nicht zur Großmannssucht hinreißen lassen.
    Auf jede Stimme, die sie bekam, kommen zehn der Sozialisten.
    Und irgendwie so muss auch, bitteschön, die Politik aussehen, die in den nächsten vier Jahren gemacht wird.
    Einen Schweif, der mit dem Hund wedelt, kann es auch in der Politik nicht geben.
    Und abschließend geht Lackner auf die ÖVP ein und darauf, was sie seiner Meinung nach noch lernen muss.
    Oppositionspartei zu sein, darüber können auch die 1,3 Prozent, die sie dazugewonnen hat, nicht hinwegtäuschen.
    Für eine Partei, die seit 13 Jahren auf der Oppositionsbank sitzt, ist das verschwindend wenig.
    Alles in allem ungute Perspektiven für die künftige Koalition, sieht Chefredakteur Hermann Polz in den Oberösterreichischen Nachrichten.
    Zur Rolle der ÖVP als Oppositionspartei meint der Autor,
    Die ÖVP steht vor der Frage, ob sie gegen die Backelversuchungen, denen ihre bündischen Interessensvertretungen kraft ihrer Natur von Seiten der Regierung ununterbrochen ausgesetzt sein werden, eine konsequente Opposition aufbauen und durchziehen wird können.
    Oder ob diese Opposition eine mit Augenzwinkern sein wird, die je nach Opportunität aus- und wieder einsetzt, ihr Geschrei an- und abschwellen lässt, wie es die Gunst oder Ungunst der Stunde erfordert.
    Von der Beantwortung dieser Frage wird abhängen, ob sie in diesem Jahrhundert wieder an die Regierungsmacht kommt oder immer tiefer in die Oppositionsohnmacht sinkt.
    Befasst sich also Hermann Polz in den oberösterreichischen Nachrichten mit der Rolle der ÖVP, widmet Josef Nowak in der Tiroler Tageszeitung der FPÖ breiten Raum.
    Dort liest man
    Steger wird sich in dem Punkt weder die Sparbuchsteuer noch die höhere Besteuerung auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld zu akzeptieren durchsetzen müssen, wenn sein Staat in die rot-blaue Koalition einigermaßen glücken soll.
    Und er wird auch später der SPÖ kein bequemer Partner sein können, wenn er seine Partei in der Regierung als bürgerliches Gegengewicht zur SPÖ profilieren will.
    Hier liegt tatsächlich Stegers historische Chance.
    Nur so kann es ihm gelingen, in die Wählerschichten der ÖVP einzubrechen.
    Diese Hoffnung steht auch hinter dem rot-blauen Pakt.
    Die Stärkung der freiheitlichen Partei auf Kosten der Volkspartei.
    Da verbinden sich die Interessen der Koalitionspartner.
    In dieselbe Kerbe wie Josef Nowak in der Tiroler Tageszeitung schlägt auch Thomas Korherr in der Presse.
    Für Coher reduziert sich das Problem darauf, wie viel Preis gegeben werden kann.
    Die SPÖ hat die absolute Mehrheit nicht zuletzt deshalb verloren, weil sie die Besteuerung der Sparbuchzinsen und des 13. und 14.
    Monatsgehaltes angekündigt hatte.
    Kann sie es sich leisten, jetzt auf die eine oder die andere oder gar auf beide dieser Forderungen zu verzichten?
    Die FPÖ wieder hat den Verzicht auf beide Steuern zur unabdingbaren Koalitionsfrage gemacht.
    Dies freilich zu einer Zeit, da sie nicht so sicher war wie jetzt, in die Regierung zu kommen.
    Aber kann sie nun, da sie sich berufen fühlt, den SPÖ-Kurs einzubremsen, diese Forderungen vergessen?
    Ein Kompromiss liegt in der Mitte, heißt es.
    Nur, wo ist die Mitte?
    In der Dialektik des sozialistischen Verhandlungsteams wohl weiter links.
    Aber wenn die Freiheitlichen schon jetzt allzu stark nachgeben, wie wollen sie es weiterhalten?
    Fragt Thomas Korherr und schließt.
    Norbert Stege hat bis jetzt nicht ungeschickt agiert.
    Man wird sehen, wie er das Preis-Rätsel löst, das die Koalitionstür öffnet.
    Fragen über Fragen also bei Thomas Korherr in der Presse.
    Das hemmzärmelige Original der oberösterreichischen Nachrichten, der schnauzbärtige Fitus-Moss-Dipf, ist sich in einem Punkt jedenfalls schon sicher.
    Für ihn kommt die Sparbuchsteuer, nur... Der Sparbüchelsteuer wird jetzt umtauft in Koalitionsopferabgabe.
    Und das Redaktionsidol der kleinen Zeitung Graz, Amanda Klachel, meint...
    Gar nicht schlecht steirisch geredet, kann man sagen.
    Die Inlandspresseschau war das heute.
    Verantwortlich für die Zitate war Leopold Esterle.
    Gerade wird gemeldet, dass in Istanbul im Hotel Washington ein Hotelbrand ausgebrochen ist mit 36 Toten und der Bezug zu Österreich ist, dass es auch österreichische Gäste im Hotel gegeben haben soll.
    Man weiß aber noch nicht, ob die unter den Toten sind.
    Wir werden versuchen, mit Istanbul in Verbindung zu treten.
    Es ist jetzt 12 Uhr und 28 Minuten und jetzt zu unserer Samstagsserie.
    im Journal zu Gast.
    Da ist heute Erhard Busseck, der Wiener Vizebürgermeister und Chef der Wiener Österreichischen Volkspartei.
    Einer der Stellvertreter auch von Bundesparteiobmann Alois Mock.
    In dem folgenden Interview geht es auch hauptsächlich um Fragen, die die Bundespolitik und die BundesöVP betreffen, also nicht so sehr um die Wiener ÖVP.
    Die Fragen, wo steht die ÖVP heute nach ihrem Wahlgewinn, der aber kein Wahlsieg war,
    Um 3,4 Prozent, zur Erinnerung, ist der Stimmanteil der SPÖ bei der Nationalwahl zurückgegangen, aber nur 1,3 Prozent konnte davon die ÖVP gewinnen.
    Das sind die harten Fakten.
    Und auch davon ist, wenn man nun den Wählerstromanalysen glauben kann, auch davon ist der größte Teil gar nicht von der SPÖ, sondern von den freiheitlichen und den früheren Nichtwählern gekommen.
    Der größte Teil der SPÖ-Verluste ging also nicht an die ÖVP, sagen die Analytiker, sondern an die neuen Kleinparteien, also die Vereinten Grünen und die Alternativen.
    Diese Zahlen und diese Vermutungen sind auch die Ausgangslage für das Interview mit dem ÖVP-Vizechef Rudolf Nagilla, sprach mit Busek.
    Herr Dr. Bussek, wie schätzen Sie das Gesamtwahlergebnis?
    Wir reden jetzt von der Nationalratswahl ein.
    Was ist denn da passiert?
    Hat die ÖVP die Wahl gewonnen oder hat die SPÖ die Wahl verloren?
    Was überwiegt da?
    Ich glaube, dass die Sozialisten in erster Linie die Wahl verloren haben und dass sich ein beachtlicher Prozentsatz der Wähler auf die Reise begeben hat.
    Auf die Reise zur ÖVP, aber auch zu anderen Gruppen oder zum Teil auch zum Nichtwählen, weil ja die Wahlbeteiligungen eiserst unterschiedlich sind.
    Das heißt, der Misserfolg der SPÖ war größer als der Erfolg der ÖVP?
    Das ist aber bei Beuer-Erfolgen meistens so.
    Und was bedeutet das?
    Was muss das für die ÖVP bedeuten?
    Für die Volkspartei bedeutet das keinesfalls die Übung, die wir ansonsten an den Tag gelegt haben, nämlich jetzt dringend eine Personen- und Statutenreform zu machen.
    Auf dem Sektor ist nichts notwendig.
    Im Gegenteil, ich glaube, wir sind hier vor allem personell bestens gerüstet.
    Ich glaube, dass wir sachpolitisch noch besser werden müssen.
    nämlich überzeugender die Alternative herauszuarbeiten, worum es überhaupt geht, nämlich den Themenwechsel politisch zu schaffen.
    Die ÖVP muss ihre Themen wechseln.
    Wir müssen kapieren, dass die Themen seitens der Bürger gewechselt haben.
    Ich glaube, dass es nicht mehr um die Fragen des klassischen Wirtschaftswachstums und ähnliches mehr geht, sondern vielmehr um die persönliche Lebensgestaltung und Lebenszufriedenheit und das Gefühl, gegenüber der Angst vor der Zukunft Hoffnung vermitteln zu können.
    Also die ÖVP muss Themen über Bord werfen und andere neu aufnehmen?
    Dem Lebensgefühl Rechnung zu tragen, das bei den jungen Menschen heute entschieden verändert ist.
    Das stärker emotional ist, das nicht mehr nach den Wegen und Messen geht, sondern einfach innere Sicherheiten haben will.
    Erkennt das die Bundesführung der ÖVP?
    Sie können aus den Äußerungen des Bundesparteiobmanns alles wogentnehmen, dass er mit seinen Grundsatzschwerpunkten, die er genannt hat, diesen Weg schon, meines Erachtens, noch sehr richtig beschrieben hat.
    Beschrieben, aber noch nicht beschritten?
    Beschreiten, glaube ich, können wir alle miteinander noch nicht, weil wir zu wenig darüber nachgedacht haben.
    Wir können beginnen zu suchen.
    Glauben Sie, dass Sie mit Ihrer Wiener ÖVP, die sich ja sehr stark geändert hat, viel stärker als sich die BundesöVP in den letzten Jahren geändert hat, dass Sie da auf dem Weg voraus sind?
    In der Geschichte ist es immer so, dass sich die Entwicklung in den Städten als erstes abzeichnet.
    Die Städte sind die, die voraneilen.
    Hier werden Entwicklungen geprägt oder vorausgeahnt.
    Und da glaube ich, dass wir eigentlich von einem Wort Schlusslicht der Politik als Wiener ÖVP zum Vorreiter geworden sind.
    Das heißt, die BundesöVP wird früher oder später das, was Sie so jetzt vorgehupft haben, die letzten Jahre auch machen müssen, sollen?
    Ja, nicht im Sinne des Nachhupfens.
    Die Probleme einer großen Gemeinde sind unterschiedlich von der Bundespolitik, aber... Vom Prinzip her.
    ...im Inhaltlichen, glaube ich, ja.
    Was ist denn das Entscheidende, was Ihrer Ansicht nach die ÖVP oder vielleicht die Parteien überhaupt, was die ändern sollten?
    eine umkehrende Art, wie sie politisch überhaupt mit den Menschen reden.
    Ich glaube, wir sollten einmal deutlich zugeben, was wir zusammengebracht haben und was wir nicht zusammengebracht haben.
    Welche Fehlentwicklungen wir durch manche Entscheidungen eingeleitet haben und was für die jungen Menschen noch zu tun ist.
    Mir gehen diese serienweise Erfolgsberichte auf die Nerven, denn wenn was in Ordnung ist, merken es die Menschen ohne ihn selber.
    Und wenn man einen vorlügt, das sei in Ordnung, aber es stimmt dann in Wirklichkeit nicht, ist die Enttäuschung noch viel größer.
    Nur um es jetzt klarzustellen, das betrifft alle Parteien, also alle etablierten Parteien, nicht nur etwa die SPÖ, also ihren politischen Gegner.
    Alle.
    Alle Parteien müssen sich ändern, alle Parteien machen in der gleichen Art irgendwas falsch, heißt das, was Sie da gesagt haben.
    Diese grüne alternative Richtung, die wirft ja den Etablierten manchmal vor, den etablierten Parteien, sie seien in Wahrheit eine Einheitspartei.
    Der große Gegensatz sei zwischen der etablierten Einheitspartei und den neuen Richtungen.
    Das sei der wahre Graben in der Politik.
    Die Kritik ist nicht ganz daneben.
    Es ist auch ein unterschiedliches Erscheinungsbild.
    Wir traditionellen Parteien haben auf alles eine Antwort, auch wenn wir das Problem nicht lösen.
    Und die sagen sehr ehrlich, da haben wir Vorschläge und über das andere wissen wir nichts.
    Und ich komme mehr und mehr darauf, dass den jungen Menschen das viel besser gefällt, weil es ihnen überhaupt eine Chance lässt, etwas mitzutun.
    Sie finden eine vorfabrizierte Welt vor, wo es sozusagen niemanden mehr einen Raum gibt.
    Nur da machen sie irgendetwas anderes, was den Großteil der Bürger dann komisch vorkommt.
    Die sagen, das ist dann ein Flohmarkt.
    oder die leben nach anderen Gesichtspunkten.
    Ich verstehe das auch, wenn alles vorfabriziert ist und man es nur mehr übernehmen kann und nicht selber was machen kann, dann ist es nicht nur Fahrt, sondern es löst sich auch die Probleme nicht.
    Andererseits haben Sie dann das Dilemma, dass es ja auch viele andere Leute gibt, wahrscheinlich tendenziell eher aus der älteren Generation, die ja fertige Antworten und Patentrezepte wollen.
    Nur auch da schleicht sich eine beachtliche Skepsis ein, ob das dann stimmt.
    Da bröckelt es auch ab, glaube ich.
    Da bröckelt es ganz entschieden ab.
    Es ist nur resignativer, wenn man sich halt auch bei einem gewissen Alter sagt, das wissen wir eh schon, was die drauf sagen.
    Und man verhält sich auch dann traditionell.
    Das sind die alten Lager.
    Nur alle müssen damit rechnen, dass die von Wahl zu Wahl ganz entschieden kleiner werden und wir uns mit mehr Wettbewerben mehr einfallen lassen müssen, um den Wähler überhaupt zu erreichen.
    Im Zusammenhang damit ein Zitat von Erhard Busiek aus den Vorarlberger Nachrichten vom November letzten Jahres.
    Die traditionellen Parteien sind in einem Wettlauf mit dem Tod.
    Wegen diesen neuen Gruppierungen.
    War das zu dramatisch damals?
    Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass was dieses Wahlergebnis nicht zeigt, aber in tausenden Gesprächen für mich im Wahlkampf beinhaltet hat, ist der totale Glaubwürdigkeitsverlust der klassischen politischen Parteien bei den Jungen.
    Wir müssen feststellen, dass eigentlich auf der Seite der Jungen nicht weiß Gott, was nachkommt.
    Und ich wäre als Josef Czapp auch auf meine 61.000 Stimmen gar nicht so stolz, weil sie in Wirklichkeit nicht Stimmen für Czapp, sondern gegen ein Verhalten der SPÖ sind, in das Czapp mit seinem Nationalratsmandat direkt eintaucht und wahrscheinlich gar nicht sehr viele Chancen haben wird, ein eigenes an den Tag zu legen.
    Und wie schaut Ihre Prognose für diese neuen grünen alternativen Gruppierungen aus in der Zukunft?
    Zunächst muss man mal sagen, dass ich von Haus aus der Meinung gewesen bin, dass die Grünen eine Bewegung sind und nicht politische Parteien.
    Und dass sie auf diesem Sektor eigentlich viel mehr erreicht haben, als wenn sie Parteien gründen.
    Diese Prognose ist an sich aufgegangen, weil sie entscheidend die Politik in Österreich verändert haben.
    Ich glaube, dass eine Gruppierung bleiben wird, das ist die alternative Liste Österreichs, weil sie nicht nur Grün ist, sondern weil sie aus der Tradition der 68er-Studentenbewegung kommt,
    bestimmte Elemente dieser damaligen studentischen Revolution in sich trägt und eine andere politische Methodik hat.
    Würden Sie also annehmen, dass diese Alternativen früher oder später auch im Parlament sitzen, zumindest als Kleinpartei?
    Das kann ich mir durchaus vorstellen.
    Sie sind systematische Arbeiter und sie sind da nicht gedrängt von irgendeinem Zeithorizont, also jetzt muss ich hinein oder nie, sondern die haben einfach eine andere politische Überlegung.
    Wie groß ungefähr können die werden, so die nächsten 10 Jahre?
    Quantifizieren tue ich mir schwer.
    Das ist in erster Linie eine Frage an die SPÖ.
    Für die SPÖ ist die FPÖ sozusagen gefährlich.
    Denn in dem Ausmaß, in dem die FPÖ die SPÖ in eine bestimmte Richtung zieht, gibt sie Raum frei für die alternative Liste Österreichs.
    Und Sie glauben, der ÖVP wird diese alternative Liste weniger schaden?
    Ich halte sie für einen möglichen, gerade aus Wiener Sicht, für einen möglichen inhaltlichen Partner in einer Reihe von Fragen, weil die alternative Liste aus einem anderen Befund heraus zu den gleichen Ergebnissen kommt, zum Beispiel bei Straßenprojekten, beim Vorrang für den öffentlichen Verkehr, bei den Großprojekten und ähnliches mehr.
    Der sozialistische Meinungsforscher Ernst Gemacher hat dieser Tage in der Arbeiterzeitung gemeint, dass dieses Reservoir für die grünen Alternativen oder wie auch immer, dass es von derzeit etwa 10 auf 20 bis sogar 30 Prozent so in die 90er Jahre hineinsteigen kann.
    Das glaube ich auch, weil die, ich will mich auf die Zollen nicht festlegen, aber die Jungen sind einfach anders und sind mit der politischen Methodik nicht zufrieden.
    Die werden nicht in Sektionen und in Ortsparteien gehen.
    Die werden auch die traditionellen Institutionen nicht so übernehmen.
    sondern die wollen einfach was Eigenes, Neues bauen, so wie das jede Generation will.
    Und das, was wir uns einbilden, ist, dass sie partout das alles übernehmen müssen, was wir erfunden haben.
    Wobei wir gar nicht beweisen können, dass das alles so gut funktioniert.
    Im Gegenteil, manches ist uns zu groß und nicht handlich genug geraten.
    Und die bauen was Neues.
    Wir sagen dazu, sie sind Aussteiger.
    Das ist unfair, weil sie ja nicht nur aussteigen, sondern auch in eine andere Lebensform einsteigen.
    Und gerade damit müssen wir uns befassen.
    Zurück zu dem Thema, die Wiener ÖVP als Vorreiter der gesamten ÖVP.
    Auf welches Verständnis stoßen Sie denn mit, mit Ihrer Politik, mit Ihren Ideen, so bei anderen Landespolitikern, bei anderen Bundespolitikern und so?
    Wie schaut es da mit den Widerständen aus?
    Das kommt darauf an, wer von den Themenkreisen selber betroffen ist.
    Wir haben sicher ein bisschen Schwierigkeiten gehabt im Bereich der Energiepolitik, das will ich gar nicht leignen.
    Mit Ihrem Antizenten-Durchbruch?
    Ja, nur ist das auch wieder verständlich, weil halt manche Politiker Funktionen in Energiegesellschaften haben und sich aus den Schlips getreten fühlen und sich dann irgendwo wehren oder die Vorstände ihnen sagen, sie müssen sich wehren.
    Aber wenn man sich dann länger damit auseinandersetzt, dann trifft man auf Fehlverständnis.
    Und man muss auch fair sein.
    Ich habe mich gerade in energiepolitischen Fragen immer mit dem Landeshauptmann Wallenöfer sehr lange unterhalten, der ein Politiker der alten Generation mit viel Erfolg und mit einer ungeheuren Authentizität als Person ist.
    Also der ist Tirol und der ist eine bestimmte Generation.
    Und man muss innerlich akzeptieren, wenn er mir sagt, schau, Straßen zu den entlegensten Bauernhöfen hat für uns bedeutet mehr Freiheit, mehr Bewegungsspielraum.
    Also darum bin ich für das Straßenbauen.
    Und mehr Energie hat bedeutet, weniger arbeiten müssen in einem sehr angestrengten Bauernleben.
    So muss man diesen Standpunkt für diese Generation akzeptieren.
    Wobei er auf der anderen Seite wieder akzeptiert, dass man sichere Grenzen erreichen kann und dass sich nicht alles in einer Linie weiterentwickeln lässt.
    Und um diese lebendige Auseinandersetzung geht es.
    Und wenn da jemand einen anderen Standpunkt hat, halte ich das für wertvoll.
    Ich glaube, man hat überhaupt ein falsches Bild von den Parteien, dass die so geschlossen eine einzige Antwort sagen müssen.
    eine einzige Form, sondern ist von den Generationen, von den sozialen Situationen, von den Lebensbedingungen her unendlich vielfältig.
    Und da gibt es eben verschiedene Antworten aus einer gemeinsamen Grundhaltung heraus.
    Herr Dr. Busek, wie gefährlich kann die Freiheitliche Partei in den nächsten Jahren der ÖVP werden durch die Mitwirkung der Freiheitlichen Partei an den Regierungsgeschäften?
    Kann sie da der ÖVP Wähler abspenstig machen?
    Sie muss versuchen, sich neben der sozialistischen Partei einen eigenen politischen Raum zu schaffen.
    Das ist ihre Überlebensfrage.
    Es wird naturgemäß der stärkere Regierungspartner, nämlich die ESP, nicht freiwillig irgendetwas preisgeben, wo er glaubt, dass er Chancen hat.
    Ist das eine Gefahr?
    Also ich glaube nicht, dass es Erfolg haben wird.
    Aber rein theoretisch gedacht ist es selbstverständlich eine Gefahr, wenn jemand versucht, jemanden ein Wählerpotenzial wegzunehmen.
    Nur die Ansätze sind bis jetzt nicht sehr überzeugend.
    Und warum soll es keinen Erfolg haben?
    Ich meine auch von den Ansätzen, die Sie nicht überzeugen.
    Weil die Freiheitliche Partei einfach nicht jene historische Tradition hat, wie es die FDP in Deutschland hat und die hat es schwer genug gehabt.
    Wir haben es hier mit einer nach Selbstbezeichnung national-liberalen Partei zu tun, die sich mit dem Begriff Liberalheit wahnsinnig schwer tut.
    Ich kenne keinen Wirtschaftspolitiker bei der FDP vom Zuschnitt eines Lambsdorf und wenn Steger Handelsminister wird, glaube ich, muss er noch lange studieren, dass er in die Richtung kommt.
    In dem Zusammenhang noch, Herr Dr. Busek, es gibt Stimmen, die sagen, sie sind dagegen, dass Friedrich Peter III.
    Nationalratspräsident werden soll, wegen seiner SS-Vergangenheit.
    Zunächst muss man sagen, das ist ein Problem der sozialistischen Partei und sie muss wissen, was sie damit tut.
    Weil sie den Posten abgibt.
    Weil sie den Posten hier abträgt.
    Das Zweite, was man dazu sagen muss, ist, dass Friedrich Peter wissen muss, was er hier tut.
    Ich halte ihn für klug genug, diese Belastung für sich und international für Österreich zu vermeiden.
    Ich darf nur daran erinnern, dass in der Bundesrepublik jemand nicht einmal für eine halbe Stunde Alterspräsident sein konnte.
    in einer vergleichbar geringeren, komplizierten Situation.
    Was mich an der Sache an sich menschlich sehr stark betrifft, ist die Frage der Glaubwürdigkeit von Politikern.
    Wir erleben im Wiener Gemeinderat bei jeder sich bietenden Gelegenheit
    dass uns die Wiener Sozialisten das 34er-Jahr vorhalten, obwohl es bei uns niemanden mehr gibt, der in der christlich-sozialen Partei war oder der irgendetwas damit zu tun hat.
    Und da geht der Bürgermeister Leopold Kratz her und teilt Persil-Scheine aus und da, glaube ich, werden wir nicht sehr glaubwürdig sein, wenn wir mit so unterschiedlichen Maßen messen, aber offensichtlich ist der Preis, den man zahlen muss, an seine eigene Partei ungeheuer.
    Wenn ich jetzt boshaft wäre, könnte ich jetzt fragen, wenn Peter verzichten würde, würde denn die ÖVP das Dollfußbild, das viel von der SPÖ kritisierte, aus dem Klub entfernen?
    Das sind zwei unterschiedliche Dinge.
    Der Dollfuß gehört zur Geschichte der christlich-sozialen Partei, ob man will oder nicht.
    Und ich glaube, man soll sich an alle Vorteile und Nachteile solcher Persönlichkeiten erinnern.
    Die Sozialisten hängen ja auch nicht den Karl Renner weg, der im April 1938 empfohlen hat, für den Anschluss zu stimmen.
    Herr Dr. Busek, zum Schluss zu den Koalitionsverhandlungen, die derzeit laufen.
    Wieder ein Zitat von Erhard Busek vom September vergangenen Jahres.
    Ich empfehle meiner Partei den Österreichern zu sagen, dass die FPÖ, die Freiheitlichen also, für sie kein tragbarer Partner für eine Koalition wäre.
    Zu diesem Zitat stehe ich aus meinem Erleben auch im ostösterreichischen Raum.
    Ich könnte in einer solchen Konstellation keine tragfähige Situation finden für die Lösung der Probleme, die wir für uns haben, und die sind groß genug.
    So gesehen waren also die Gespräche der ÖVP mit der FPÖ auch von der Seite der ÖVP aus Scheingespräche, wenn man das als Parteimeinung annimmt.
    Ich glaube, dass man der FPÖ klarmachen muss, dass es keine gemähte Wiese ist, dass sie auf jeden Fall den sozialistischen Weg geht.
    und damit der Öffentlichkeit klar zu machen, dass das an sich eine ausgemachte Sache ist.
    Denn zu erklären, es ist kein seriöses Angebot, ist die Frage, wie seriös war das Angebot der Sozialisten.
    Die ÖVP wird jetzt also in die Opposition gehen.
    Wird das eine gute Situation für sie sein?
    Ganz sicher.
    Ich bin überzeugt, dass die ÖVP eine ungeheure Chance hat, gerade in den sachpolitischen Fragen, gerade in dem, was sie grundsätzlich an Umorientierung braucht, sich zu entwickeln und damit stärker zu werden.
    eine bessere Situation als die Große Koalition für Sie gewesen wäre?
    Die Große Koalition hätte meines Erachtens auch andere Vorbedingungen haben müssen.
    Sie hätte nämlich im Kern beider Parteien Menschen haben müssen, die die Bereitschaft haben, die Verantwortung für Veränderung zu tragen, zum Teil für schmerzvolle Veränderung.
    Diese Personen und diese Bereitschaft hat sich offensichtlich nicht gefunden.
    Eine Koalition ohne diese Bereitschaft wäre für mich sinnlos gewesen.
    Ich glaube, da müssen beide großen Parteien wieder was lernen, nämlich gemeinsam zu können.
    Also, wenn man das alles berücksichtigt, ist die Opposition, vor allen Dingen auch die Alleinopposition, das Beste, was der ÖVP jetzt passieren kann.
    Außer Frage.
    Danke für das Gespräch.
    Im Journal zu Gast war Erhard Pusek, Wiener Wirtschaftsbürgermeister und Chef der Wiener Volkspartei.
    Das Gespräch führte Rudolf Nagila.
    12.45 Uhr ist es genau dreiviertel eins.
    Anfang kommender Woche gibt es eine Vollversammlung des Verbandes der österreichischen Landeshypothekenanstalt in Eisenstadt.
    Diese Hypos, wie sie sich kurz nennen, sind Spezialinstitute für die Ausgabe langfristiger Wertpapiere.
    Das sind in diesem Fall die Pfand- und Kommunalbriefe, wobei das aufgebrachte Geld insbesondere für hypothekarisch besicherte Kredite und für Kredite an Gemeinden und Länder eingesetzt
    wird.
    Rund ein Drittel der festverzinslichen Wertpapiere wird derzeit von Empfand- und Kommunalbriefen gestellt, etwa zwei Drittel sind Anleihen.
    Und gerade jetzt läuft auch in den Banken und Sparkassen die Debatte über die weitere Vorgangsweise bei den Zinsen, also vom Eckzinssatz bis zur Anleiheverzinsung.
    Helmut Gezander gibt einen Überblick.
    Die Stimmung unter den Anleiheverkäufern wird wohl am besten durch Verbundgeneraldirektor Walter Fremuth beschrieben, der die Zurückstellung der Anleihewünsche der Verbundgesellschaft trocken mit dem Satz kommentierte, wir sind doch keine Maroni-Brater.
    Dahinter verbirgt sich der Groll des Verbundchefs, dass die für 10.
    Mai geplante Anleihe auf einen Zeitpunkt nach Pfingsten verschoben wurde,
    weil eben die Geldanleger heuer nur ein durchaus mäßiges Interesse an Anleihen gezeigt haben und die Banken und Sparkassen ihrerseits wenig Lust haben, diese 8%igen Anleihen zu kaufen, wenn man für einen Kredit an die 10% bekommen kann.
    So wird es in nächster Zeit nur die Bundesanleihe von 17. bis 19.
    Mai geben.
    Von diesen Verkaufsproblemen sind die Hypothekenbanken mit ihren durchlaufend angebotenen Pfand- und Kommunalbriefen nicht betroffen und nach einem guten Verkaufserfolg im vorigen Jahr sind die Hypos auch mit dem Ergebnis bis zum heurigen Mai durchaus zufrieden.
    Ob zwar der Zinssatz der Pfand- und Kommunalbriefe durchaus gleich hoch ist wie die Verzinsung der Anleihen, dürften hier die Hypos die treuere Kundschaft haben.
    Zur weiteren Vorgangsweise bei der Wertpapierverzinsung ist nun die Meinung durchaus geteilt.
    Vorläufig, so meint nicht nur Generalsekretär Walter Janauer vom Hypothekenbankenverband, sollte einmal abgewartet werden, denn niemand weiß, welche Richtung die weitere Zinsenentwicklung im Ausland einschlägt.
    So gibt es an sich eine hohe Realverzinsung, also einen großen Abstand zwischen Inflation und den im Durchschnitt bezahlten Spar- und Einlagezinsen.
    Das spricht für eine weitere Zinsensenkung.
    Auf der anderen Seite hat der Geldumlauf in vielen Staaten stark zugenommen und manche Experten erwarten deswegen wieder bremsende Schritte der Notenbanken, um die mühselig erreichten niedrigen Inflationsziffern nicht zu gefährden.
    Die Hypothekenbanken sind jedenfalls der Auffassung, dass eine Verringerung des Exzinssatzes für das normale Sparbuch von 4,5 auf 4% auch eine entsprechende Verringerung bei den anderen Einlagezinsen und damit auch der Wertpapierverzinsung zur Folge haben sollte.
    Es gibt jetzt ja gerade eine Diskussion über die Fragen der Senkungen etwa im Einlagenbereich und sollte etwa am kurzen Ende des Marktes, also bei den Einlagen, speziell beim Eckzinsfuß, eine Veränderung eintreten, glaube ich, sollte die gesamte Zinsskala relativ parallele Veränderungen erfahren.
    Es gibt aber noch eine zweite Zinsenproblematik bei den Wertpapieren, und zwar betrifft es die am Höhepunkt der Zinsenwelle zu Ende des Jahres 1981 verkauften elfprozentigen Anleihen und Pfandbriefe.
    Nach der unlängst erschienenen Nationalbankstudie über den österreichischen Kapitalmarkt sind rund 15 Milliarden Schilling an diesen extrem hochverzinsten Papieren in Umlauf.
    Nimmt man noch die gleichfalls weit über den derzeitigen Wertpapierzinsen liegenden 10- und 10,5-prozentigen Papiere dazu, so ergeben sich grob gerechnet 50 Milliarden Schilling Umlauf oder deutlich über 10 Prozent des Bestandes an festverzinslichen Wertpapieren.
    Dieses teuer hereingenommene Geld lässt nun immer wieder Stimmen laut werden, die von einer nachträglichen Herabsetzung der damals angebotenen hohen Zinsen für diese Wertpapiere sprechen.
    Generalsekretär Walter Janauer unterstützt eine solche Diskussion nicht.
    Gerade die vorerwähnte Überlegung zur Frage von Zinsveränderungen oder eventuellen weiteren Zinssenkungen lässt hier angezeigt sein, dass die Frage noch sehr geprüft wird und im Vordergrund steht keineswegs eine Veränderung der Emissionszinssätze.
    Das heißt also, diese Käufer von Pfandbriefen und Kommunalbriefen müssen sich nicht fürchten, dass sie nur mehr ein achtprozentiges Papier in der Hand haben?
    Wie gesagt, diese Diskussion ist verfrüht und die weitere Zinsentwicklung muss hier sehr abgewartet werden.
    Natürlich gibt es hier zwei widerstreitende Ansichten.
    Einerseits wollen die Kreditnehmer jetzt gern nur mehr die neuen niedrigen Zinsen bezahlen, andererseits waren gerade diese Kreditnehmer recht froh, als sie im vorvorigen und vorigen Jahr am Höhepunkt der Zinsenwelle überhaupt Geld bekommen hatten.
    Und demgemäß ist es auch nicht leicht verständlich, dass die damaligen Geldgeber jetzt nachträglich um einen Teil ihrer Zinsen gebracht werden sollen.
    Festzuhalten ist jedenfalls, dass man sich überwiegend gegen eine solche Zinsenherabsetzung ausspricht.
    Das war ein Beitrag von Helmut Klezander.
    Heute begannen am Vormittag die Wiener Festwochen 1983 am Nachmittag und am Abend findet auf dem Rathausplatz ein großes Volksfest statt.
    Das Burgtheater veranstaltet einen Tag der offenen Tür und bereits jetzt am Vormittag war das Wiener Konzerthaus, das heuer das internationale Musikfest veranstaltet, Schauplatz dieser feierlichen Eröffnung.
    Brigitte Hofer hat zur Festwocheneröffnung den folgenden Beitrag gestaltet.
    Von Beethovens Roman 10f vor einer Stunde beim offiziellen Eröffnungsakt im Konzerthaus bis zur türkischen Militärmusik der Janitschankapellen reicht das weite Spektrum des Festwochenprogramms in diesem Jahr.
    Türkisch ist allerorten.
    Sie wissen es jetzt sicher schon, 1983 wurde zum Gedenkjahr an die Belagerung Wiens durch ein türkisches Heer unter Kara Mustafa vor 300 Jahren deklariert.
    Deshalb auch die Aufführung der Zaide, Mozarts erster Türkenoper im Theater der Wien, Konzerte zum Türkeneinfall 1683 im Spiegel der Musik und ein türkisches Oratorium.
    Aber auch Ausstellungen, die den jahrhundertelangen Kampf, die Auseinandersetzung der gegensätzlichen Kulturen und Religionen deutlich machen, wird es an verschiedensten Orten geben, unter anderem im Künstlerhaus, in der Nationalbibliothek, in der österreichischen Galerie, im Museum des 20.
    Jahrhunderts und in Wiener Bezirksmuseen.
    Im türkischen Rauchkabinett, im Tabakmuseum, können Sie sich im Wasserpfeife rauchen üben und in typisch türkischer Umgebung wahrsagen lassen.
    Aber auch der berühmt gewordene türkische Kaffee wird in Wiens Kaffeehäusern serviert werden.
    Dickflüssig, bitter oder süß, kulinarisches, aber auch aufrüttelndes, unter die Haut gehendes in diesen Festwochen.
    Die erschütternden Soldaten, Musiktheater unserer Zeit als Gastspiel der Frankfurter Oper.
    Nach langer Zeit wieder mal die Berliner Schaubühne zu Gast in Wien unter anderem mit Nigel Williams schonungslos brutalem Klassenfeind.
    und Theater aus Ost-Berlin mit einem Stück über Molière, einem Stück gegen Verrat und Intrige.
    Das Grippstheater aus Berlin kommt mit unkonventionellem Kindertheater ins Volkstheater und unkonventionelle Musik in die Secession.
    Ideen und Klänge, Töne und Gegentöne als aufregende Musikausstellung.
    Intellektuelles, wie zum Beispiel die RING-Vorlesungen zum Thema Auf Gottes Spuren in Österreich, neben spontan kreativen, zum Beispiel auf dem offenen Karlsplatz, wo es täglich Programm geben soll.
    Ebenso wie beim Festival der Heitigkeit, dem Festival der Clowns, die diesmal zum letzten Mal auf ihren Zeltbühnen in Prater auftreten werden.
    Im nächsten Jahr soll das Clown-Festival in der inneren Stadt verteilt werden.
    Okay, anfangen!
    1, 2, 3!
    Kapellmeister, bitteschön!
    1, 2, 3!
    Die Mitwirkung des einzelnen Erstes kann diese große Summe von Veranstaltungen zu einem Fest werden lassen.
    Bundespräsident Dr. Kirchschläger in seiner Eröffnungsrede im Wiener Konzerthaus, bei der gleich nach Beginn von einer Gruppe von Demonstranten kurz unterbrochen wurde, die eine braun-rote Fahne mit Kampf dem Faschismus enthüllte, dann sofort aus dem Saal gedrängt wurde.
    unsere Feste sind in ihrer großen Mehrheit keine betäubenden und auch keine trotzigen Veranstaltungen.
    Sie sind Stunden, Tage und Wochen, die das Ziel haben, uns aufgrund der kulturellen und der geistigen Kräfte, die in und um uns wirken, zusammenzuführen und
    die uns erkennen lassen, dass uns in Wirklichkeit doch vieles verbindet.
    Und seien wir froh, dass es bei uns die Freiheit gibt,
    Und seien wir froh, dass es bei uns auch bei Festen und auch bei frohen Festen die Freiheit gibt, zu demonstrieren.
    Es ist ein wertvoller Teil unseres Lebens.
    Und in gewohnt souveräner Ruhe fuhr der österreichische Bundespräsident fort.
    Wir scheinen gerade in diesem geistigen und politischen Zustand unseres Volkes
    die Wiener Festwochen 1983 als erste Festwoche nach diesen Wahlen besonders notwendig zu sein.
    Denn sie könnten Kraft ihrer Vielfalt, mit der sie alle Gruppen von Menschen ansprechen, jenes Erkennen der gemeinsamen Werte fördern,
    die uns gerade im kulturellen und zivilisatorischen Bereich verbinden, um Brücken zu schlagen, in der Lage sind, dort, wo Gräben sich aufgetan haben.
    Ich beabsichtige nicht, schon gar nicht von diesem Forum aus, mich in die im Gang befindlichen Parteiengespräche über eine Regierungsbildung einzumengen.
    Ich meine,
    Wir können daher bei aller persönlich verschiedenen Präferenz, die jeder für uns für eine der möglichen Regierungszusammensetzungen haben mag, doch wieder stärker uns darauf konzentrieren, mehr nach dem Gemeinsamen denn nach dem Trennenden zu suchen.
    So versuchen wir auch in diesem Jahr das Gedenken
    an den Entsatz von Wien und an die Befreiung von Türkennot nicht als triumphales Jubiläum zu feiern.
    Wir wollen angesichts der Grausamkeit und der Unmenschlichkeit jedes Krieges keine Sieger- und keine Besiegtenmentalität in uns nähern.
    Denn wirklich Sieger sind alle, die den Frieden gewinnen.
    Wirklich Sieger sind alle, die in persönlicher Wahrhaftigkeit der Wahrheit einen Schritt näher kommen.
    Mögen es in diesem Sinn inhaltsträchtige und erfolgreiche Festwochen werden.
    Und mit diesem Wunsch erkläre ich auch die Wiener Festwochen 1983 für eröffnet.
    Eröffnet der Wiener Festwochen mit der Festrede vom Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger.
    Über den Hotelbrand in Istanbul, meine Damen und Herren, wissen wir noch nichts Näheres.
    Wir haben in Istanbul selbst noch niemanden erreicht.
    Daher können wir Ihnen auch nicht sagen, ob die österreichischen Gäste auch zum Teil oder gar nicht unter den Opfern dieses Hotelbrandes sind.
    36 Tote soll es bisher gegeben haben.
    Was es sonst noch in der Welt gibt, erfahren Sie in den jetzt kommenden Kurzmeldungen.
    Österreich.
    Der stellvertretende ÖVP-Obmann, Wiens Vizebürgermeister Erhard Busseck,
    hat die Oppositionsrolle als das Beste bezeichnet, was der ÖVP habe passieren können.
    Das Wahlergebnis habe für ihn, so Bussek, den totalen Verlust der Glaubwürdigkeit der etablierten Parteien bei der Jugend gezeigt.
    Es müsse deshalb zu einem generellen Umdenken der Parteien im Umgang mit den Menschen kommen.
    Die Wiener Festwochen sind heute mit einem Konzert der Symphoniker im Wiener Konzerthaus eröffnet worden.
    Bundespräsident Rudolf Kirchschläger würdigt dabei die kulturelle Bedeutung der Festwochen.
    Am Nachmittag findet in Wien wie jedes Jahr ein Volksfest statt.
    Schauplätze sind der Rathausplatz, das Schottentor und der Volksgarten.
    Polen.
    Die politische Lage wird durch verstärkten Druck aus Moskau und Angriffe auf die Anhänger der Verbotenen Gewerkschaft Solidarität gekennzeichnet.
    Wie heute bekannt wurde, ist der frühere Berater der Solidarität Bronislaw Geremek von den Sicherheitsbehörden in Gewahrsam genommen worden.
    In der Wohnung des 51-Jährigen wurde eine Hausdurchsuchung durchgeführt.
    Nahe Osten.
    Der amerikanische Außenminister George Shultz hält sich zur Fortsetzung seiner Nahostmission in Damaskus auf.
    Er will sich in der syrischen Hauptstadt bemühen, nach der prinzipiellen Billigung eines Abkommens über den Abzug der Israelis aus dem Libanon auch einen Truppenabzug der Syrer zu erreichen.
    Sowjetunion.
    In Moskau wird das vom amerikanischen Außenminister erreichte Abkommen scharf verurteilt.
    Zum Schluss das Wetter in Österreich bis heute Abend.
    Im Westen stark bewölkt und Regenschauer, sonst vielfach noch sonniges Wetter.
    Nachmittagstemperaturen 15 bis 22 Grad.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1983.05.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1983.05.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    UdSSR: Änderung im Stil der Selbstdarstellung Breschnew - Andropow
    Mitwirkende: Nette, Wolfgang [Gestaltung]
    Datum: 1983.05.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medizin ; Medien und Kommunikation ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: ÖVP-Wien Obmann Busek
    Interview: ÖVP-Wien Obmann Busek
    Mitwirkende: Nagiller, Rudolf [Gestaltung] , Busek, Erhard [Interviewte/r]
    Datum: 1983.05.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Medien und Kommunikation ; Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Zinsendebatte bei Wertpapieren
    Einblendung: Direktor der Hypotheken-Banken Walter Janauer
    Mitwirkende: Kletzander, Helmut [Gestaltung] , Janauer, Walter [Interviewte/r]
    Datum: 1983.05.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Festwocheneröffnung Wien 1983 im Wiener Konzerthaus
    Einblendung: Musik (Beethoven Romanze in F, Janitscharenmusik), Ausschnitt aus Clown-Programm, Bundespräsident Kirchschläger, Zwischenrufe
    Mitwirkende: Hofer, Brigitte [Gestaltung] , Anonym, Wahlkämpferin für Bundespräsident Kirchschläger [Interviewte/r] , Anonym, Demonstrant, Demonstrantin, Demonstranten [Interviewte/r]
    Datum: 1983.05.07 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Konzerthaus [Veranstaltungsort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Politik ; Kultur ; Theater ; Musik ; E-Musik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1983.05.07
    Spieldauer 00:59:45
    Mitwirkende Henke, Reinhold [Moderation] [GND]
    Bachmair, Udo [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1983.05.07 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-830507_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
    Mediathek Logo