Mittagsjournal 1988.02.06

Video-Player wird geladen.
Advertisement
Aktueller Zeitpunkt 00:00
Dauer 00:00
Geladen: 0%
Streamtyp LIVE
Verbleibende Zeit 00:00
1x
  • Marker
  • Beschreibungen aus, ausgewählt
  • Untertitel aus, ausgewählt
    x
    ZOOM HELP
    Drag zoomed area using your mouse or a finger.
    100%

    Rechtliches

    Zitieren

    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag, aus dem Studio des Mittagsjournals meldet sich Werner Löw mit folgendem Programmangebot für die kommende Stunde.
    Möglicherweise doch Weiterarbeit der Waldheimhistoriker-Kommission.
    Pressekommentare zur Woche der Jagd nach Waldheimdokumenten.
    Und eine neue Studie über die Lehrlingsausbildung in Österreich.
    Welche Betriebe bilden heutzutage Lehrlinge aus und welche warum nicht?
    Aus dem Ausland ein israelisch-palästinensisches Friedensdorf als Projekt der Versöhnung in Israel und der lange Bürgerkrieg in Äthiopien als eine der Wurzeln der äthiopischen Hungertragödie.
    Im Kulturteil eine Vorschau auf den nächsten großen Italo-Film, der auf uns zukommt, Die Familie von Ettore Scola.
    Im Journal zu Gast ist heute, auch aus Anlass der österreichischen Waffenhandelsaffäre mit der Föst-Tochter Norikom, zu Gast ist der deutsche Rüstungsexperte Peter Lok.
    Vor alldem aber die Nachrichten, zusammengestellt von Rainer Warnecke, gelesen von Ingrid Amum.
    Österreich.
    Im Wiener Stephansdom fand heute Vormittag das Requiem für Nationalbankpräsident Stephan Kuren statt.
    Weihbischof Florian Kuntner erklärte in seiner Ansprache, Koren habe gezeigt, dass Glaube und Wissenschaft, politisches Engagement und kirchliches Leben vereinbar seien.
    Er würdigte Koren als einen der Mitgestalter Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg.
    Vizekanzler Alois Mock hob hervor, Koren sei nicht nur ein Symbol für Geradlinigkeit und Beharrlichkeit gewesen,
    sondern auch ein Symbol für Stabilität.
    Als Politiker habe er stets staatsmännisches Format bewiesen, weil er klare politische Überzeugung mit der Fähigkeit zu Dialog und Toleranz vereinbart habe.
    Die Waldheim-Historiker-Kommission wird möglicherweise länger arbeiten als bisher angenommen.
    Der Vorsitzende der Kommission, der Schweizer Hans-Rudolf Kurz, meinte, durch die jüngsten Veröffentlichungen in Jugoslawien werde der Bericht der Kommission in gewisser Weise entwertet.
    Kurz will den Bericht wie geplant am Montag vorlegen und mit Bundeskanzler Franicki das weitere Vorgehen klären.
    Franicki hat darauf hingewiesen, dass der Kommission kein Termin gesetzt worden sei.
    Tschechoslowakei.
    Der tschechoslowakische ZK-Sekretär Jan Vojtik hat den Prager Frühling im Jahr 1968 als Phase der Erneuerung und Demokratisierung gewürdigt.
    Vojtik sagte im ungarischen Fernsehen,
    Der im Jänner 1968 eingeleitete Prozess sei ein großer Aufbruch gewesen, der das ganze Volk erfasst habe.
    Zugleich warnte er vor Versuchen, die Ereignisse neu zu bewerten.
    Er bestritt Angaben des früheren Parteichefs Dubček, dass nach der Niederschlagung des Prager Frühlings 480.000 Mitglieder aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen worden seien.
    Feutig betonte, von der sogenannten Normalisierung seien rund 30.000 Personen ernsthaft betroffen gewesen.
    Deutsche Demokratische Republik.
    Die Behörden haben neuerlich zwei inhaftierten Bürgerrechtskämpfern die Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland gestattet.
    Seit gestern konnten damit fünf Regimekritiker die DDR verlassen.
    Nach inoffiziellen Angaben sind derzeit noch 14 Systemgegner in Haft.
    Rumänien Staats- und Parteichef Ceaușescu hat Kritik Ungarns wegen der rumänischen Politik gegenüber der ungarischen Minderheit zurückgewiesen.
    Ceaușescu sagte, Rumänien dulde nicht, dass ihm Ratschläge zu innenpolitischen Problemen erteilt würden.
    Jeder solle zunächst bei sich selbst gegen Chauvinismus und Nationalismus ankämpfen.
    Sowjetunion
    Die Sowjetunion hat heute ihren ersten unterirdischen Atomtest in diesem Jahr durchgeführt.
    Nach Angaben der Nachrichtenagentur TASS hatte die Bombe eine Sprengkraft von 20 Kilotonnen herkömmlichen Sprengstoffs.
    Im vergangenen Jahr gab es insgesamt 21 sowjetische Atomtests.
    USA
    Nach Ansicht von Außenminister Schulz kann der Westen nicht auf nukleare Abschreckung verzichten.
    Schulz sagte, ungeachtete Fortschritte in den Beziehungen der Supermächte hingen Sicherheit, Freiheit und Wohlstand des Westens von der atomaren Abschreckung ab.
    Er bekräftigte auch die Absicht der USA, am Weltraumverteidigungssystem SDI festzuhalten.
    Vom 21. bis 23.
    Februar wird Schulz in Moskau Fragen der Abrüstung und der Menschenrechte erörtern.
    und ein neues Gipfeltreffen zwischen Präsident Reagan und Parteichef Gorbatschow vorbereiten.
    Bundeskanzler Kohl hat sich gegen Überlegungen aus den Vereinigten Staaten gewandt, das Risiko eines Atomkrieges auf Europa zu beschränken.
    Kohl sagte bei der Wehrkundetagung in München, das strategische Konzept der NATO müsse auf den Grundsätzen der Lastenteilung und Risikogemeinschaft aufbauen.
    In diesem Zusammenhang warnte er sich gegen eine sogenannte Nulllösung bei atomaren Kurzstreckenwaffen.
    Er meinte, die Abschaffung aller Atomwaffen in Europa entspräche nicht den sicherheitspolitischen Interessen der NATO.
    Italien.
    Die drohende Regierungskrise ist zunächst abgewendet.
    Die Abgeordnetenkammer hat gestern Abend das Budget 1988 angenommen.
    Bei den Abstimmungen über einzelne Budgetkapitel haben in den vergangenen Wochen
    Abgeordnete der Regierungsparteien immer wieder gegen den Regierungsentwurf gestimmt.
    Der christlich-demokratische Politiker Amintore Fanfani feiert heute seinen 80.
    Geburtstag.
    Fanfani, einer der wichtigsten Politiker Italiens in der Nachkriegszeit, blickt auf eine Karriere zurück, die in einer westlichen Demokratie beispiellos sein dürfte.
    1947 trat er zum ersten Mal als Arbeitsminister in eine Regierung ein.
    Seither hat er mehrere Ressorts geleitet.
    Außerdem war er unter anderem Ministerpräsident,
    Senatspräsident und Parteichef der Christdemokraten.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Strichweise nebelig trüb, sonst meist sonnig.
    Während der nächsten Stunden von West nach Ost aufziehende Bewölkung und während der Nacht regional Niederschläge.
    Schneefallgrenze um 800 Meter.
    In Tiefenlagen südlich des Alpenhauptkammes gefrierender Regen.
    Stellenweise Straßenglätte.
    Südost später Westwind.
    Nachmittagstemperaturen 2 bis 8 Grad, in den Föhngebieten über 10 Grad.
    Tiefstemperaturen der kommenden Nacht minus 4 bis plus 2 Grad.
    Die Aussichten für morgen, wechselnde, vielfach starke Bewölkung und gebietsweise Niederschläge.
    Schneefallgrenze um 800 Meter.
    Im Westen und im Süden zum Teil auch tiefer.
    In freien Lagen lebhafter Wind aus Südwest bis West.
    Tageshöchsttemperaturen morgen 1 bis 6 Grad.
    Eine Vorschau auf übermorgen Montag.
    Regional heiter, sonst wechselnd bis stark bewölkt.
    Keine wesentliche Temperaturänderung.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien heiter, 8 Grad.
    Eisenstadt wolkig, 7.
    St.
    Pölten heiter, 5.
    Linz heiter, 8.
    Salzburg stark bewölkt, 8.
    Innsbruck stark bewölkt, 4.
    Bregenz bedeckt, 8.
    Graz stark bewölkt, 5.
    Und Klagenfurt stark bewölkt, 0 Grad.
    Soweit Nachrichten und Wetter im Mittagsjournal.
    Es ist genau 8 Minuten nach 12 und bevor wir zum politischen Beitragsteil kommen, ein wichtiger Überblick der Verkehrsredaktion, der fast schon ins Ressort Inlandschronik fällt.
    Im Westen Österreichs auf allen Durchzugsstraßen dichter Kolonnenverkehr.
    Der Urlauberschichtwechsel bringt vor allem in Tirol und Salzburg erhebliche Verkehrsprobleme.
    Auf der A13, der Brenner Autobahn, vor der Mautstelle in Schönberg mehrere Kilometer Rückstau.
    In Richtung Bayern ist der Verkehr über den Fernpass auf weiten Strecken zusammengebrochen.
    Auf der A12 der Inntal-Autobahn vor dem Grenzübergang Kufstein rund 30 Minuten Aufenthalt Richtung Bayern.
    Im Land Salzburg rund 15 Kilometer Rückstau vor dem Steinpass in Fahrtrichtung Bayern und rund eineinhalb Stunden Anfahrtszeit bis zur Grenze.
    Im Salzachtal streckenweise Verkehrsstillstand in beiden Fahrtrichtungen zwischen Lend und Bischofshofen.
    Auf der A10 der Tauernautobahn in Fahrtrichtung Stadt Salzburg ist die Unfallstelle bei Werfen geräumt.
    Die Stauungen lösen sich auf.
    So und nach dieser Verkehrsdurchsage zu unserem eigentlichen Mittagsschonalprogramm.
    Vor einer Woche hat die jüngste Welle der Waldheim-Diskussionen begonnen, die, zumindest was das internationale Echo anlangt, einen neuen Höhepunkt brachte.
    Ausgangspunkt war bekanntlich die vom Nachrichtenmagazin Spiegel veröffentlichte Kopie eines Telegramms aus dem Jahre 1942, in dem von einer Dienststelle der seinerzeitigen kroatischen Faschistenarmee der Name Waldheims in Verbindung mit der Deportation von mehr als 4000 Zivilisten aus der bosnischen Stadt Kosara genannt wurde.
    Es folgte eine beispiellose Suche nach dem Original dieses Dokuments, das der Belgrader Militärhistoriker Tushan Plentscher gesehen und kopiert, dann aber wieder aus den Augen verloren haben wollte.
    Zu diesen nicht nur von Waldheim Befürwortern als Verwirrspiel bezeichneten Vorgängen kamen alsbald praktisch von allen Ecken und Enden neue Vorwürfe und Spekulationen,
    über bisher Unentdecktes aus der Kriegsvergangenheit von Kurt Waldheim bis hin zu seiner angeblichen Anwesenheit bei der Erschießung von 104 Albanern.
    Dabei wurde aber in keinem Fall eindeutiges Beweismaterial oder Originaldokumente vorgelegt.
    Abgesehen von Medienspekulationen darüber, dass das offizielle Jugoslawien nun offenbar die Waldheimkritiker im eigenen Lande nicht mehr einbremse und damit Spannungen im Verhältnis zwischen den beiden Nachbarländern drohen könnten, hatten die jüngsten Entwicklungen mit Sicherheit eines zur Folge.
    Der Abschlussbericht der Waldheimhistoriker-Kommission kann zum geplanten Termin, und das ist übermorgen Montag, nur mit diversen Vorbehaltsklauseln dem Bundeskanzler übergeben werden.
    Gestern Abend in der ZIB 2 deutete das westdeutsche Mitglied der Historikerkommission Prof. Manfred Messerschmidt an, dass eventuell eine Mandatsverlängerung für die Kommission zu erwägen wäre.
    Die Initiative dazu müsse von der Kommission kommen.
    Nicht ganz dieser Ansicht war dann wenige Stunden später in der ZIB 2 im Gespräch mit Elmar Oberhauser der Vorsitzende der Kommission, Hans Rudolf Kurz.
    Erstens einmal ist es sicher so, dass wir abgeben am Montag.
    Zum Zweiten würde ich nicht unbedingt sagen, dass wir fertig seien.
    Bis wann wird diese Entscheidung fallen, ob die Kommission nach dem kommenden Montag noch einmal zusammentreten wird?
    Ich würde sagen, in der Besprechung mit dem Bundeskanzler könnte die fallen, wenn wir ihm nicht einen Bericht abgeben können, von dem wir sagen können, jetzt ist mal aus.
    Aber das ist eine Frage, die sich wahrscheinlich über den Sonntag dann stellen wird.
    Wir wissen nicht, was wir von Jugoslawien noch bekommen.
    Und die Überraschungen, die sind hinter jeder Hausecke, warten sie.
    Professor Messerschmidt hat gemeint, man sollte es nicht der Regierung überlassen, zu entscheiden, ob die Kommission weitertagen soll oder nicht, sondern die Initiative zur Verlängerung der Kommissionsarbeit sollte von der Kommission ausgehen.
    Sind Sie auch dieser Ansicht?
    Ich bin nicht unbedingt dieser Ansicht.
    Wir müssen sagen, so und so ist die Situation.
    Unter diesen und diesen Umständen stellen sich die und die Möglichkeiten.
    Nun entscheide du.
    Aber wir sollten uns nicht selber verlängern.
    Ich bin der Meinung, am Montag sollten wir sagen, jetzt ist die Kommission an den Punkt angelangt, wo sie ihre Aufgabe erfüllt hat.
    Das, glaube ich, sollten wir sagen können.
    Wenn wir dann den Eindruck haben, wir müssen noch mal drüber, dann können wir es mit dem Bundeskanzler immer noch besprechen.
    Wenn Sie Bundeskanzler Franitzki oder wenn Sie die Bundesregierung bittet, weiterzuarbeiten, wären Sie dazu bereit?
    Ich wäre schon bereit, muss aber gewisse Vorbehalte für mich selber machen, weil ich nicht so ganz mobil mehr bin und sehr bald mal im Spital angemeldet bin.
    Könnte das heißen, dass Sie die Sitzungsperiode, die Arbeitsperiode unterbrechen müssen, bis Ihre Gesundheit wieder hergestellt ist?
    Ja, man müsste sie unterbrechen und dann müssen halt einige der Herren zu mir kommen.
    Dann fahren wir nicht in Wien weiter, sondern in einer auch schönen Stadt in Bern.
    Bundeskanzler Franitzki hat vor wenigen Tagen sinngemäß gemeint, das Ganze sei mehr als ärgerlich, was sich jetzt in Jugoslawien abspiele.
    Wie sehen Sie das?
    Sie haben sich vor wenigen Tagen eher sehr zurückhaltend geäußert.
    Wie bewerten Sie die Situation und das Verhalten Jugoslawiens?
    Diese Verärgerung des Herrn Bundeskanzlers über die Jugoslawien spricht mir aus dem Herzen.
    Ich habe geradezu Freude gehabt, als ich das gelesen habe.
    Herr Professor Kurz, was hat dieser Bericht, den Sie am Montag dem Bundeskanzler übergeben werden, was hat dieser Bericht für einen Sinn, wenn Sie eben aufgrund der Situation in Jugoslawien kein abschließendes Urteil fällen können?
    Ich möchte ohne weiteres zugestehen, dass der Bericht eine gewisse Entwertung erfährt dadurch.
    Jetzt sind wir an dem Punkt, wo wir vielleicht den Bericht noch ergänzen müssen, weil er eben nicht klar genug und nicht vollständig genug ist.
    Sehen Sie, jetzt haben wir einen Kreis gemacht.
    Ich hätte gerne einen sauberen, klaren Bericht übergeben.
    Jetzt komme ich so mit einer Halblösung, wo man mir immer wieder sagen kann, ihr seid ja gar nicht vollständig.
    Und das ist im Grunde genommen
    Nicht gerade erbaulich für die, die zu... die gearbeitet haben und mit Ernst gearbeitet haben.
    Ich sag das noch einmal.
    Auf die mögliche Verlängerung des Mandats für die Historikerkommission wurde dann auch der aus Frankreich zurückkehrende Bundeskanzler Wranicki angesprochen, gleich nach seiner Landung in Wien am späten Abend.
    Wenn die Herren der Historikerkommission die Meinung vertreten, noch länger Zeit zu brauchen für die Vorlage ihres Berichtes, dann mögen sie das in geeigneter Form mitteilen.
    Und es wird ihnen sicherlich niemand etwas dreinreden, wenn sie sagen, noch länger zu brauchen.
    Daher ist es auch nicht eine Initiative der Bundesregierung.
    Das eine, das zweite, weder ich noch sonst jemand aus der Bundesregierung haben ja überhaupt einen Termin gesetzt oder vorgeschlagen.
    Das heißt, wenn die historische Kommission, und ich hätte dafür Verständnis, im Interesse der Vorlage einer
    lückenlosen Arbeit daran interessiert ist, eben länger zu arbeiten, dann wird sicherlich niemand etwas dagegen haben.
    Ich habe außerdem Verständnis dafür, weil es ja letztlich um den Namen der Historiker geht, wie letztendlich ihre Arbeit beurteilt wird.
    Soviel also zum letzten Stand der Dinge in Sachen historiker Kommission.
    Wie nun die Redakteure der Tageszeitungen von heute diese Waldheimwoche kommentieren, das fasst im folgenden Fritz Besata zusammen.
    Unter dem Titel »Waldheimat« schreibt Chefredakteur Hermann Polz von den oberösterreichischen Nachrichten, aus der Insel der Seligen sei ein Fluss geworden, welches durch die Welt treibe wie durch ein Meer der Ungewissheit.
    Polz dann über die jüngste Entwicklung in der Causa Waldheim.
    Wie immer sich die neueste Phase entwickelt, das Resultat kann in jedem Fall nur unangenehm für uns sein.
    Erweisen sich die Anschuldigungen als völlig haltlos und die Papiere gefälscht, wird in Österreich wieder die fremdenfeindliche Bunkerstimmung der von aller Welt Belagerten überhandnehmen.
    Sollten sich die letzten Anschuldigungen jedoch ganz oder teilweise als wahr erweisen, würde allen Vertrauenskrisen, die unseren Staat ohne dies bereits schütteln, noch die Krone aufsetzen.
    Polz fürchtet ferner, dass unter diesen Umständen die Historikerkommission nicht die erwünschte letzte Klarheit schaffen könnte.
    Auf diesen Punkt, wonach die Historikerkommission aufgrund der jüngsten jugoslawischen Spurensuche ihren Bericht mit Vorbehalten legen muss, geht auch der Kommentator in der Neuen AZ, Josef Kalina, ein.
    Wenn nämlich der Bericht und möge er noch so viele Seiten umfassend vorgelegt wird, ohne dass möglicherweise in Jugoslawien und neuerdings auch in Großbritannien vorhandene für die Beurteilung Waldheims entscheidende Dokumente berücksichtigt werden, ist er nahezu wertlos.
    Mit einem Spruch unter Vorbehalt, der weiter freien Raum für Spekulationen lässt, ist niemandem gedient.
    Thomas Korherr, Chefredakteur der Tageszeitung Die Presse, bemüht für seinen heutigen Waldheim-Leitartikel Machiavelli und dessen Satz vom Zweck, der die Mittel heilige.
    Wobei Korherr meint, dass die Voraussetzungen dafür sein müssten, dass der Zweck auch zu Heiligen imstande sei.
    Was Korherr im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht annimmt.
    Mit dieser Metapher kritisiert der Pressechefreakteur insbesondere den sozialistischen Justizsprecher Sepp Rieder, der gestern gemeint hatte, die Historikerkommission möge wegen der jugoslawischen Anschuldigungen weiterarbeiten.
    Koher?
    Hier wird ganz bewusst den Interessen dieses Landes geschadet.
    Hier wird mitgeholfen, dass sich die Österreicher selbst zum Popanz machen.
    Hier ist eine Komplizenschaft eingegangen worden, an die wir alle zu leiden haben werden.
    Auf innerjugoslawische Motive für die jüngste Eskalation um den österreichischen Bundespräsidenten geht auch Walter Salzmann in der ÖVP-Zeitung Neues Volksblatt ein.
    Salzmann meint, es sei kein Geheimnis, dass im Jugoslawien der Nachkriegszeit ganze Fälscherwerkstätten damit beschäftigt gewesen seien, Material zu konstruieren.
    Bisher habe jedoch die Regierung in Belgrad wenig Interesse an einer Offenlegung dieser Dokumentationen gehabt.
    Salzmann fährt fort.
    Was die Jugoslawen unter Verschluss halten oder nicht, könnte uns eigentlich ziemlich egal sein.
    In diesem speziellen Fall kann den Waldheimgegnern allerdings gar nichts Besseres passieren.
    Sie können schon heute mit einer Fortsetzung der Kampagne zumindest so lange rechnen, als sich Belgrad scheut, die Originalanfertigungen überprüfen zu lassen.
    Und davor wird man sich wohl auch künftig hüten.
    Zum Abschluss noch eine ausländische Pressestimme.
    Die rechtsgerichtete Pariser Zeitung Le Quotidien de Paris beschreibt Kurt Waldheim wie folgt.
    Kurt Waldheim ähnelt einem Mann im Treibsand.
    Je mehr er kämpft, desto mehr versinkt er.
    Diese Presseschau hat Fritz Besater zusammengestellt.
    Es ist jetzt 12.19 Uhr.
    Im Journal zu Gast.
    Das ist heute Peter Lock, Mitarbeiter des Hamburger Forschungszentrums Kriege, Rüstung und Entwicklung, das wiederum ein Institut der Universität Hamburg ist.
    Anlass für diesen Gast ist die Noricum-Affäre.
    Die Firma Noricum, eine Tochtergesellschaft des verstaatlichten Stahlkonzerns Voestalpine, hat illegale Waffengeschäfte mit dem Iran gemacht.
    Das ist zuletzt durch Geständnisse von zwei leitenden Managern der Noricum erhärtet worden, nachdem schon seit Jahren entsprechende Mutmaßungen geäußert worden waren.
    Und weil durch das Auffliegen der Angelegenheit im vorigen Jahr die Firma ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Iran nicht einhalten konnte, mussten in den letzten Wochen rund 700 Millionen Schilling nach Teheran überwiesen werden.
    Natürlich wird auch dieses Geld, so wie die bisherigen Stützungsmilliarden für die Voest insgesamt, von den Steuerzahlern Österreichs aufgebracht.
    Wie gesagt, die Noricum-Affäre als Anlass, mit einem Experten über das Thema Waffenhandel zu sprechen.
    Die Fragen an Peter Lok richtet Roland Machatschke.
    Herr Lok, Regierungen und Konzerne begründen Waffenproduktion und Waffenhandel gern mit wirtschaftlichen Argumenten.
    Mit dieser Annäherung, wie entwickelt sich der globale Rüstungsmarkt?
    Gibt es Konjunktur oder gibt es Rezession?
    Der internationale Waffenhandel ist seit Beginn der 80er Jahre stark rückläufig und nähert sich einem Niveau der 60er Jahre.
    Die 70er Jahre waren wir durch die Erdöl-Exporte einfach aufgebläht.
    Geld war billig in den 70er Jahren und die
    Westeuropäische Rüstungsindustrie insgesamt hat ihre Unternehmensplanung auf das Volumen der 70er Jahre ausgerichtet und steht jetzt vor einer ganz schweren Absatzkrise.
    Die Kapazitäten sind insgesamt zu groß.
    Ich schätze ganz grob, dass in Europa 50 Prozent der Rüstungsindustrie verschwinden müssen.
    Können 50 Prozent der Rüstungsindustrie in Europa verschwinden oder ist das aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich?
    Wenn Sie die Politiker fragen, werden Sie das verneinen.
    Wenn Sie die betreffenden Unternehmen einschließlich der Gewerkschaften fragen, werden Sie das verneinen.
    Aber die Russens-Industrie ist historisch daran gewöhnt, einen ungerechtfertigten, besonderen Schutz zu haben.
    Fast alle Russens-Industrien in Europa haben einen privilegierten Zugriff auf die Staatskasse durch Kreditverbilligung, durch Produktionsfinanzierung vorab, durch besondere politische Behandlung potenzieller Kunden.
    so dass die Rüstungsindustrie, wäre sie normalen Marktgesetzen ausgesetzt, längst nicht diese Umsätze aufweisen könnte, die sie heute noch aufweist.
    Herr Lock, wenn Staaten mit Waffen handeln, geht das dann so vor sich, wie zum Beispiel der Handel mit Weizen oder der Handel mit Fernsehapparaten?
    Oder läuft das alles über Vermittler, über geheimnisvolle Drahtzieher, über Scheinfirmen, über Konten in Lichtenstein und dergleichen?
    Die Staaten kontrollieren den Handel, haben es aber gerne, wenn zwischen ihrem eigenen Auftreten und dem Vollzug dieser Verkäufe so ein unsichtbar machender Nebel entsteht und in diesem Nebel tummeln sich alle möglichen Makler und Kommissionäre, die in einem frenetischen Kampf um den enger werdenden Markt
    Prozente, selbst bei Milliardenaufträgen bis an die 10 Prozent draufschlagen.
    Da gibt es gewisse Parallelen zu dem Weizenmarkt, weil Sie den angesprochen haben.
    Aufgrund der Marktlage und aufgrund der hervorragenden Rolle der Staaten als Weizenaufkäufer sind
    Weizen und Waffen im internationalen Handel sehr ähnlich.
    Aber alle anderen Güter werden unter anderen Bedingungen gehandelt.
    Und diese ungeheure Grauzone des Vermittelns, das vorgeblich den Verkauf zustande gebracht haben, das gibt es in keiner anderen Branche wie in der Ostensbranche.
    Existieren eigentlich noch diese Waffenhändler vom alten Schlag, Leute, die so ähnlich sind wie vielleicht Basil Sakharov?
    Die gibt es noch, deren relative Bedeutung zum Gesamthandelsvolumen nimmt aber drastisch ab.
    Ganz einfach, weil insbesondere viele kleinere Länder, Staaten in der dritten Welt, mittlerweile die Güter anbieten, die traditionellerweise von diesen Waffenhändlern vorgehalten wurden und wo immer
    im Bürgerkrieg oder sonst wo Bedarf danach war, mit entsprechenden Aufschlägen angeboten haben.
    Der Rüstungsmarkt ist in einem solchen Maße ein Nachfragermarkt geworden, dass die Kommissionäre über ihre politische Funktion, die Finger des Staates sauber zu halten,
    keine eigentliche Marktfunktion mehr haben.
    Und das ist auch, sieht man mal von verdeckten Aktionen und bewussten Verschleiern ab, oder wenn irgendwo Bedarf ist für sowjetische Waffen, die jemandem oder anderen untergeschoben werden sollen, gibt es kaum noch die Rolle, die historisch solche Waffenhändler gehabt haben.
    Die Staaten machen es heute, sie versuchen aber, formal davon Distanz zu halten.
    Neben der Rüstungsindustrie dürfte es ja auch ein blühendes Gewerbe geben mit gefälschten Papieren, Endverbraucherzertifikaten und dergleichen.
    Ja, das sind aber Geschäfte, die relativ regierungsnah ablaufen, denn in den meisten Exportregelungen in Westeuropa sind sozusagen staatliche Siegel des Empfängers gefragt.
    Das heißt, das sind die Pfründe für Militärattachés von, ich nenne mal den hässlichen Ausdruck, Bananenrepubliken.
    Und diese Zertifikate, die sind viel Geld wert und entsprechend des Geldwertes entwickelt sich die kriminelle Energie.
    Und wenn es so ist, Herr Lok, dass sich Leute nicht gut auskennen in dieser Art von Geschäft, nehmen wir also das fiktive Beispiel eines kleinen, mitteleuropäischen, neutralen Landes, in dem zum Beispiel Manager eines staatlichen Konzerns glauben, dass sie mit Waffen handeln müssen.
    Sind sie dann nicht überfordert?
    Laufen diese Leute dann nicht Gefahr, total übertölpelt zu werden?
    Ja, dieses Geschäft ist ein Barbarspiel, da die Leute, die sozusagen stofflich die Waffen in den Händen haben, die Industriemanager,
    Die dürfen in dem Geschäft möglichst nicht direkt auftauchen.
    Und deshalb haben sie ein Geflecht, bei dem auch manche Millionen oder auch manche 10 Millionen einfach im Boden verschwindet.
    Das ist ein Risiko.
    Es gibt immer Naive in diesem Spiel und es gibt immer Verlierer.
    Im Moment ist in der Bundesrepublik sind diese 1000-Mark-Schein-Kettenspiele wieder im Gange.
    Die können nur funktionieren,
    Weil jeder, der etwas dabei gewinnt, es geht nur so ein Siebener Spiel in der Bundesrepublik im Moment, wenn statistisch gesprochen sechs andere dabei verlieren.
    Und in diesem Fall waren die Österreicher, gehörten zu den sechs Verlierern in diesem Spiel.
    Irgendwo müssen die Provisionen ja auch herkommen.
    Nach Ihren Erfahrungen, Herr Locke, kann es in diesen dunklen Geschäfts- und Geschäftsanbahnungen auch zu Dingen kommen, wie zum Beispiel geheimnisvollen Todesfällen.
    Sie wissen, es wird in Österreich also gemutmaßt, dass zumindest zwei solcher Todesfälle im Zuge des Waffenhandels mit dem Iran eingetreten sind.
    Halte ich für absolut wahrscheinlich, denn wie gesagt, eine Szene, in der fiktive Bankgeschäfte auf mehreren Stufen abgewickelt werden,
    ziehen ja wie das Licht die Insekten an, Leute, die sich mit der Absicht des Betruges in diese Transferdienstleistungen hineinbringen.
    Und wenn irgendein Betrüger in dieser Szene wirklich Erfolg hat, muss es auch den Verlierer geben.
    Und wer verliert schon gerne einige 10 Millionen, wenn er losgeschickt war, Waffen zu kaufen?
    Ich glaube, dann ist der Übergang nochmal irgendwo 50.000 Mark zu bezahlen, um die betreffende Person aus dem Verkehr zu bringen.
    Nur noch eine Randerscheinung dieses Gesamtphänomens.
    Neben dem Handel mit eigentlichen Waffen, also mit Maschinengewehren oder Panzern oder solchen Dingen, gibt es ja zunehmend jetzt einen Handel mit Waffenkomponenten oder überhaupt mit Komponenten, die gar nicht als Waffenteile erkennbar sind, die aber verwendet werden können für die Rüstung.
    Das Ganze zusammengefasst unter dem etwas vagen Begriff Hochtechnologie.
    Wie beurteilen Sie diese Entwicklung, Georg?
    Diese Entwicklung hat volumenmäßig ganz außerordentlich zugenommen.
    In dem Maße, in dem in der dritten Welt industrielle Fertigung möglich ist, kann jedes politische Risiko der Waffenherstellung auch in diese Länder verlagert werden.
    Und aus Sicht der Bundesrepublik kann ich
    so feststellen, dass die bundesrepublikanische Rüstungsindustrie mit ihren vielfältigen Töchtern, zivilen Töchtern in der dritten Welt, ganz erfolgreich an der Wertschöpfung der Rüstungsproduktion in der dritten Welt beschäftigt ist.
    Kein Panzer in der dritten Welt, der dort gefertigt wird oder auch überholt wird, hat eine große Chance, nicht einen Daimler-Motor zu haben.
    Und so können sie von Komponente zu Komponente gehen.
    Der interessante Punkt, und das ist dann eine Frage der Kosten, ist die spezifischen Blaupausen für Waffen.
    Wie kommt die dritte Welt oder wie kommt ein kleinerer Hersteller ohne allzu großen Kostenaufwand an diese Blaupausen?
    In der Vergangenheit gab es noch eine Kostenabwägung, sich ein paar Techniker zu kaufen und das versuchen selbst zu machen.
    Die Alternative war, Pläne hier in Europa zu kaufen.
    Da hat es ja verschiedene illegale oder auch legale Geschäfte gegeben.
    Meine Prognose ist, die Krise bringt es mit sich, dass diese Blaupausen zum
    Winterschlussverkauf in der Dritten Welt verfügbar werden.
    Der Rüstungsmarkt ist zusammengebrochen.
    Die Leute wissen, dass sie ihre Panzer nicht mehr loskriegen.
    Wenn sie ihre Panzer schon nicht mehr losbekommen, dann wenigstens bitteschön noch die Blaupausen und wenn sie sich nicht ganz schnell verkaufen, verkauft sie der Konkurrent.
    Und deshalb glaube ich, dass Rüstungstechnologie in absehbarer Zeit so frei verfügbar sein wird, wie nie zuvor in der Geschichte des Nachkriegs.
    Die Amerikaner, die ja einer der Hauptlieferanten für Hochtechnologie-Güter sind, versuchen ja zumindest, den Verkauf von solchen Dingen an den ideologischen Gegnern, die Sowjetunion, einen Riegel vorzuschieben.
    Es wurde deshalb ja die sogenannte COCOM geschaffen, also eine NATO-Einrichtung, die den Verkauf von militärisch nutzbaren Gütern an den Osten verhindern soll.
    Jetzt hat man gehört, dass das offenbar auch nicht mehr so ganz gut funktioniert, weil sowohl Firmen als auch Regierungen Interesse daran haben, solche Geschäfte zu machen.
    Diese Technologie ist nur schwer zu unterscheiden von ziviler Technologie.
    Und das Dilemma besteht darin, wenn Daimler-Benz etwa ein Motorenwerk, nehmen wir mal an, in einem Ostbork-Land bauen will, dann wird es viele Technologien und Komponenten für den Aufbau dieses Werkes benötigen, wenn das Werk produktiv sein soll, die auf der KOKOM-Liste stehen.
    Und da ist dann der Interessenkonflikt zwischen den USA.
    Die USA sind keine exportorientierte Nation.
    Sie verfügen über verschiedene militärisch relevante Monopole in der Technologie, Triebwerkbau.
    Und in diesen Bereichen kontrollieren die USA auch den internationalen Handel.
    Die 16 COCO-Mitglieder haben dieser Tage beschlossen, einerseits ihre Kontrollen zu verschärfen und andererseits die Zusammenarbeit mit sogenannten Drittländern zu verstärken.
    Sind diese Ziele realistisch?
    Ich denke, dass sie realistisch sind, wenn das eintritt, was insbesondere Europäer bei der Nordatlantischen Versammlung gefordert haben, nämlich einerseits die Liste radikal zu reduzieren,
    und nur noch ganz wichtige Technologien drauf zu haben, die dann aber auch vollständig zu überwachen.
    Und wie das schwedische Beispiel zeigt, haben die USA auch vielen kleineren Drittländern gegenüber genügend politische und technologische Druckmittel,
    um auf das Handelsgebaren dieser Länder Einfluss zu nehmen.
    Auch Österreich hat sich den COCOM-Regeln weitgehend angeschlossen, unter Druck der USA.
    Schweden haben Sie schon erwähnt.
    Ein weiteres neutrales, waffenproduzierendes Land in Europa ist die Schweiz.
    Sehen sich diese Länder mehr oder weniger gezwungen, die COCOM-Kontrolle zu überprüfen, weil sie sonst wichtige Produkte, etwa auf dem Gebiet der Mikroelektronik, nicht mehr beziehen könnten?
    Ja, das haben die USA sehr deutlich gemacht und es ist ja im Unterschied zur europäischen Völkerrechtsdoktrin akzeptierte amerikanische Praxis, dass die amerikanische Regierung auf das Geschäftsgebaren von selbstständigen Auslandstöchtern amerikanischer Konzerne vollen politischen Einfluss nimmt.
    Und das wird jedes Land abzuwägen haben.
    Länder wie Österreich, die Schweiz oder Schweden stehen vor dem Dilemma.
    Wenn sie aus Gründen der Souveränität und der Autonomie eine eigene Rüstungsindustrie aufgezogen haben, dann ist ganz klar, dass der Markt im eigenen Lande dafür zu klein ist.
    Sie müssen also exportieren, wenn diese Industrie Gewinne einbringen soll.
    Gibt es Ihrer Meinung nach, Herr Lok, einen Ausweg aus diesem Dilemma?
    Ja, der Ausweg heißt schlicht und einfach Überprüfung des Autonomieargumentes.
    Was heißt es denn, wenn ein Land wie Österreich keine eigenen Waffen mehr baut?
    Ich denke, die Welt ist im Moment so multipolar geworden, dass ich mir kein Österreich vorstellen kann, das irgendwelche Schwierigkeiten hat, die für ihre militärische Verteilung notwendige Ausrüstung
    wo auch immer auf der Welt gegen zivile Güter einzutauschen.
    Ich glaube, das ist ein Argument der Geschichte, insbesondere weil dieses Argument ja sich ableitet aus der Notwendigkeit, im Falle eines Krieges Ersatzproduktion durchzuführen.
    Aber das wissen wir ja in Europa allemal, dass das, was im Zweiten Weltkrieg noch relevant war, dass der Krieg in der Ersatzproduktion strategisch geführt wurde, dass das in einem neuen Krieg, wie immer er auch heißen mag und welches Land in Europa auch immer daran beteiligt sein wird,
    keine Rolle mehr spielt, sondern verteidigen, militärisch verteidigen, wenn das im Nuklearzeitalter überhaupt noch denkbar ist, kann man sich nur mit dem, was man zur Stunde des Kriegsausbruchs an Rüstungsmaterial hat.
    Und das kann man sich kostengünstig und die besten Produkte, die man aufgrund der eigenen Doktrin für notwendig erachtet, weltweit kaufen.
    Ich kann mir sogar vorstellen, und das wäre sicherlich ein Beitrag zur Entspannung, wenn Österreich
    preiswert, leistungsfähige Waffensysteme in der Sowjetunion kauft.
    Ich halte diese Entwicklung für möglich.
    Und wie steht es mit dem Argument der Arbeitsplatzsicherung?
    Das Argument der Arbeitsplatzsicherung, glaube ich, muss man offensiv angehen.
    Man muss einerseits feststellen, dass aufgrund der
    Haushaltsvolumina, der zyklischen Entwicklung von Rüstungsaufträgen und von Rüstungsbedarfen, Rüstungsarbeitsplätze strukturell unsicher sind.
    Das heißt, immer wieder Nachfragelücken entstehen.
    Aus der Sicht Österreichs würde ich sagen, gibt es überhaupt keine vernünftige ökonomische Chance mehr, die Nachfragelöcher
    der eigenen Nachfrage durch Exporte abzusichern.
    Das können Brasilien, Argentinien, Taiwan, Südkorea kostengünstiger.
    Also stellt sich das Problem grundsätzlich
    Wann und am besten so schnell wie möglich verzichtet Österreich auf eine breit gefächerte Rüstungsindustrie?
    Es mag das ein oder andere kleinere militärische Gut geben, in dem ein österreichisches Unternehmen technologisch besonders leistungsfähig ist.
    Das mag man im Rahmen internationaler Arbeitsteilung weiterführen.
    Und ich denke, das ist nach einiger politischer Diskussion möglich.
    Zumal man mit den eingesparten Geldern, auf dem internationalen Markt gekaufte Rüstung ist billiger als die selbstproduzierte, es angehen kann, die betreffenden Industrien auf andere Produkte umzustellen und mit staatlicher Hilfe Österreich in eine bessere, auch unter dem Gesichtspunkt der Landesverteidigung, wenn man sie militärisch für notwendig erachtet, bessere Zukunft zu bringen.
    Danke für das Gespräch.
    Peter Lok vom Hamburger Forschungszentrum Kriege, Rüstung und Entwicklung ließ uns im Journal zu Gast einen Blick werfen hinter die Kulissen von Rüstung und Waffengeschäft.
    Das Gespräch führte Roland Machatschke.
    Ein großer Themensprung jetzt zur Lehrlingsausbildung in Österreich.
    Das Institut für Bildung und Forschung der Wirtschaft hat vor kurzem wieder einmal eben die Ausbildung der Lehrlinge unter die Lupe genommen.
    Und zwar diesmal nicht, wie zuvor, nach der Ausbildungsqualität ausgerichtet.
    Die Wissenschaftler sind vielmehr der Frage nachgegangen, welche Betriebe in Österreich Lehrlinge ausbilden und welche nicht.
    Und wenn nicht, warum nicht?
    Ergebnis ist eine umfangreiche Untersuchung mit vielen Details, über die uns Hans Adler im Folgenden einen Überblick gibt.
    In österreichischen Unternehmen werken etwa 166.000 Lehrlinge der verschiedensten Jahrgänge.
    Die meisten davon, nämlich beinahe 52%, sind im Gewerbe tätig, 21% im Handel und 15% in der Industrie.
    Der Fremdenverkehr ist mit 11% Anteil an den Lehrlingen gar nicht so stark vertreten.
    Im Gewerbe sind Tischler, Kraftfahrzeugmechaniker, Friseure, Elektroradio- und Fernsehtechniker, Schlosser, Landmaschinenmechaniker und Schmiede die ausbildungsintensivsten Branchen mit dem größten Anteil an Lehrlingen.
    Beachtlich ist, dass gerade im Gewerbe ein relativ großer Anteil an Betrieben keine Lehrlinge ausbildet.
    Der Anteil des Gewerbes an der Lehrlingsausbildung könnte also doch wesentlich höher sein, als er ohnehin schon ist.
    Die Frage nach dem Warum beantwortet die Untersuchung.
    Im Bereich des Gewerbes gibt es eine große Zahl von Betrieben, die gar keine Angestellten, also auch keine Lehrlinge haben.
    Von den 31.000 Gewerbebetrieben sind nicht weniger als 12.000 ohne Arbeitnehmer.
    Ein weiterer Grund dafür, dass das Gewerbe nicht so viele Lehrlinge ausbilden kann, wie es nach der Zahl der Betriebe vielleicht möglich scheint,
    liegt in einem relativ großen Anteil von Unternehmen, die praktisch nur Hilfsarbeiter beschäftigen.
    Die brauchen natürlich keine Lehrausbildung.
    Dann gibt es wieder Dienstleistungsbranchen, wie die Werbebranche, sowie Immobilien- und Vermögenstreuhänder, deren Arbeitnehmer, wenn es überhaupt welche gibt, ihre Ausbildung nicht aus einer Lehre beziehen.
    Interessant ist auch, dass eine Anzahl relativ bekannter Gewerbespartner eine deutlich rückläufige Beschäftigungsentwicklung hat,
    und schon deshalb wenige Lehrlinge ausbildet.
    Darunter sind Druckereien, Molkereien, Mühlen und die Nahrungs- und Genussmittelgewerbe.
    Den höchsten Lehrlingsanteil haben im Bereich des Gewerbes die Karosseriebauer, die Friseure, die Gesundheitsberufe, Kfz-Mechaniker, Zimmermeister, Elektrotechniker und Zahntechniker.
    Der zweitgrößte Lehrherr ist der Handel.
    Und innerhalb des Handels sind es wieder die sparten Vieh und Fleisch, Wein, Spirituosen und Textil, welche die meisten Arbeitnehmer beschäftigen und in denen auch der Lehrlingsanteil besonders hoch ist.
    Insgesamt sind 10% aller Arbeitnehmer im Handel Lehrlinge.
    Im Handel gibt es eine Reihe von Betrieben, deren Metier man nicht lernen kann, wie zum Beispiel der Altstoffhandel, Tabakverschleißer, Brennstoff- und Mineralölhandel und die Handelsvertreter.
    Die drittgrößte Gruppe der Lehrlinge erhält die Ausbildung in der Industrie.
    Am stärksten vertreten sind dort Schmied-, Schlosser- und Werkzeugmacherlehrlinge.
    Dann gibt es eine schon wesentlich kleinere Gruppe von Lehrlingen in Büro und Verwaltung, gefolgt von den Elektrikern und den Mechanikern.
    Insgesamt sind die 25.000 Lehrlinge der Industrie in etwa 2.400 Lehrbetrieben in Arbeit.
    Das sind aber nur 32% aller Industriebetriebe.
    Als Grund geben die Untersucher an, dass für einen erheblichen Teil der Industriebetriebe eine Lehrlingsausbildung nicht möglich ist, wie zum Beispiel in den 2000 Sägewerken.
    Weitere Branchen der Industrie, die keine Lehrlinge ausbilden, sind die Audiovisions- und Filmindustrie, die Erdölverarbeiter sowie die Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen.
    Abschließend der Fremdenverkehr.
    Von den 115.000 Arbeitnehmern im Fremdenverkehr sind mehr als 12% Lehrlinge.
    Die Ausbildungsquote ist also sehr hoch und der Lehrlingsstand nimmt ständig zu.
    Allerdings ist auch im Fremdenverkehr die Zahl der Kleinstbetriebe ohne Arbeitnehmer und daher auch ohne Lehrling sehr hoch.
    Von den 42.500 Fremdenverkehrsbetrieben in Österreich sind nicht weniger als 17.000 sogenannte Inhaberbetriebe, in denen der Chef allein.
    die Arbeit macht.
    Ein Beitrag von Hans Adler, es ist mittlerweile 12.42 Uhr.
    Zwischen Israelis und Palästinensern stehen die Zeichen seit Wochen auf Konfrontation.
    Dutzende tote Demonstranten und hunderte zum Teil Schwerverletzte hat das Vorgehen der israelischen Armee gegen demonstrierende Palästinenser gefordert.
    Die Möglichkeiten zu einer Verständigung zwischen den beiden Völkern scheinen geringer denn je.
    Zu beweisen, dass ein gleichberechtigtes Zusammenleben der beiden Völker, Israelis und Palästinenser, aber doch möglich ist, das ist das Ziel eines Projektes mit einem zwischen Tel Aviv und Jerusalem gelegenen Dorf namens Neve Shalom, Quelle des Friedens.
    Hören Sie mehr darüber von Raimund Löw.
    Neve Shalom, Ouachat El Salam.
    Die 70 Einwohner des auf dem Boden des Klosters Latrun, unweit der Autobahn Tel Aviv-Jerusalem stehenden Dorfes, nennen stets den hebräischen und den arabischen Ortsnamen in einem.
    Ein Symbol dafür, dass hier Juden und Araber gleichberechtigt miteinander leben.
    Vom Kindergarten bis zum Gemeinderat ist hier alles binational und zweisprachig.
    Der Bürgermeister ist abwechselnd ein Jude und ein Palästinenser.
    Ein einzigartiges Projekt in Israel.
    Eva Guggenheim, eine aus der Schweiz stammende Vertreterin von Neve Shalom, zu Deutsch Quelle des Friedens.
    Wir sind ein genossenschaftliches, demokratisches Dorf.
    Ungefähr die Hälfte palästinensische Araber und die Hälfte Juden, die bei uns wohnen.
    Das heißt, die Häuser gehören alle der Genossenschaft, der Schafstall, der Olivenheim, die Friedenschule.
    Jeder, der dort arbeitet, kriegt denselben Lohn.
    Und die Leute, die ausserhalb arbeiten, das ist die Minderheit, können den Lohn in die eigene Tasche stecken.
    Demokratisch haben wir die Vollversammlung, die das Sekretariat wählt, den Sekretär, wobei in allen Komitees und Sekretariat Hälfte Juden, Hälfte Palästinenser sind.
    Wie ist Ihre Sprache im Dorf?
    Beide.
    Wird Arabisch und Hebräisch gesprochen.
    In der Schule sind beide Sprachen gleichberechtigt.
    Der arabische Lehrer spricht nur Arabisch, die jüdische Lehrerin nur Hebräisch.
    Die Kinder wachsen von klein auf mit beiden Sprachen und beiden Kulturen auf.
    Und auch unter uns werden beide Sprachen gesprochen.
    Die israelische Öffentlichkeit sieht in den Leuten von Neve Shalom oft liebenswerte Spinner.
    Staatspräsident Chaim Herzog hat den Einwohnern zwar einen symbolischen Besuch abgestattet, aber Neve Shalom ist nicht als reguläre Ortschaft anerkannt.
    Straßen, Wasserleitungen und Elektrizitätsleitungen müssen sich die Dorfbewohner selbst finanzieren.
    Sie fühlen sich als Vorhut und wollen über die Grenzen ihrer Siedlung hinaus wirken.
    Dazu haben sie die sogenannte Friedensschule geschaffen.
    Zum Abbau von Vorurteilen und Feindbildern werden jüdische und palästinensische Jugendliche zu gemeinsamen Seminaren eingeladen.
    Wir arbeiten vor allem mit Schulen zusammen, also mit Jugendlichen im Alter von 15 bis 18 Jahren.
    Da bringen wir eine arabische Klasse und eine jüdische Klasse zu uns, teilen sie in kleine Gruppen auf und dann wird mit Gruppenleitern, einem palästinensischen und einem jüdischen Gruppenleiter in jeder Gruppe, ein Seminar durchgeführt.
    Sehen Sie da eigentlich Erfolge bei dieser Arbeit?
    Ja, das sehen wir.
    Erstens sind schon ca.
    9500 Jugendliche durch unsere Friedensschule gegangen, aus ganz Israel.
    Ein Beispiel eines Erfolges ist in Orihuda, eine Entwicklungsstadt mit 80% jüdischer, orientalischer Bevölkerung.
    hat die Stadtbehörde beschlossen, dass es nicht gut sei, solche Treffen zu machen.
    Und dann sind unsere Jugendlichen demonstrieren gegangen, damit sie diese Treffen weiterführen können.
    Ein anderes Beispiel aus der gleichen Gruppe ist, dass sie sich wählen ließen in den Schulwahlen als Partei für gleiche Rechte aller Bevölkerungsgruppen in Israel.
    Nicht selten treffen hier jüdische Schüler erstmals auf palästinensische Jugendliche, die für die PLO eintreten.
    Oder umgekehrt, Palästinenser auf junge Juden, die finden, es gäbe sowieso genügend arabische Länder, da sei ein eigener palästinensischer Staat unnötig.
    Nationale Konflikte gibt es manchmal auch zwischen den Dorfbewohnern selbst.
    Etwa wenn es um den Unabhängigkeitstag in Erinnerung an die Staatsgründung Israels 1948 geht.
    Für die Juden ist es ein Freudentag.
    Sie haben ihren Staat an diesem Tag erhalten.
    Für die Palästinenser ist es ein Tag der Trauer.
    Sie haben damals ihre Heimat verloren.
    Aber mit solchen Gegensätzen muss man leben, meint Eva Guggenheim.
    Wenn die jüdischen und die arabischen Dorfbewohner darüber sprechen und ihre unterschiedlichen Emotionen akzeptieren, dann hält die Gemeinschaft das aus.
    Stolz ist Neve Shalom, Wacha del Salam auch, weil es trotz der gegenwärtigen angespannten Lage keine Absagen für die Friedensschule gegeben hat.
    Seit kurzem interessiert man sich auch international für dieses Projekt.
    Eine Gruppe aus Irland war zu Besuch und startet jetzt einen ähnlichen Versuch zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland.
    Die europäische Gemeinschaft hat seit langem eine Wirtschaftshilfe für das von Dürre und Hungersnot geplagte Äthiopien beschlossen.
    Aber erst jetzt ist man bereit, diese Gelder an die Regierung in Addis Ababa auch auszubezahlen.
    Die Finanzhilfe war deshalb blockiert worden, weil die EG in der Agrarpolitik der äthiopischen Machthaber Maßnahmen zu einer besseren Eigenversorgung Äthiopiens vermisste.
    Jetzt hat die Regierung unter Mengistu Hailemariam beschlossen, den Bauern für ihre landwirtschaftlichen Produkte 10% mehr zu bezahlen als bisher.
    Damit scheint ein Anreiz geschaffen, mehr zu erzeugen, als zur Eigenversorgung der Bauern notwendig ist.
    Kurzfristig wird diese Maßnahme allerdings nichts daran ändern, dass in Äthiopien mehr als 5 Millionen Menschen von ausländischer Nahrungsmittelhilfe abhängig sind.
    Die Wurzeln der äthiopischen Katastrophe reichen weit zurück, in jene Zeit, als Äthiopien im Besitz europäischer Kolonialmächte war.
    Über Ursachen und Folgen des längsten Krieges in Afrika, der Bürgerkrieg am sogenannten Horn von Afrika, dauert nun schon 26 Jahre, darüber informiert Michael Kerbler.
    Die äthiopische Tragödie hat viele Wurzeln.
    Aber die entscheidende Ursache ist der Krieg zwischen der Zentralregierung in Addis Ababa und den eritreischen Separatisten.
    Ein Krieg, dessen Keim von den einstigen europäischen Kolonialherren gelegt wurde.
    Das heute um Selbstständigkeit kämpfende Eritrea war von 1890 bis 1942 italienische Kolonie und stand dann bis 1952 unter britischem Protektorat.
    In diesen Jahren entwickelte das Land einen gewissen Wohlstand.
    Eine Gewerkschaftsbewegung entstand, Parteien, Parlament und Staatsflagge waren sichtbare Zeichen einer einigermaßen stabilen eritreischen Nation.
    Es waren die Vereinten Nationen, die UNO, die im Jahr 1950 Eritrea an Äthiopien in einer Föderation angliederten.
    Gegen den damals noch friedlichen Protest Eritreas.
    Unter Kaiser Haile Selassie verlor Eritrea gänzlich seine Eigenständigkeit, was den USA, die auf eritreischem Gebiet einen Militärstützpunkt mit bis zu 3500 Mann Personal installierten, nur Recht war.
    John Foster Dulles, 1952 Amerikas Außenminister, erklärte damals, der Gerechtigkeit halber müsste der Wille des eritreischen Volkes berücksichtigt werden, aber strategische Interessen der USA und Überlegungen zur Weltsicherheit zwingen dazu, eine Verbindung dieses Landes mit unserem Alliierten Äthiopien zu unterstützen.
    Es überrascht nicht, dass die Militärs, die 1974 den Negus stürzten, in der Sowjetunion ihren natürlichen Verbündeten sahen.
    Doch als der gemeinsame Feind, der feudal herrschende Selassie, der die linken Militärs und die marxistisch-leninistische Befreiungsbewegung einte, plötzlich fehlte, wurden aus Bundesgenossen Gegner.
    Als im Herbst vergangenen Jahres die Zentralregierung unter Major Mengistu Hailemariam die Provinzen als Regionen mit teils weitreichenden Autonomierechten ausstattete, schien es begründete Hoffnung für ein Einlenken der Rebellen zu geben.
    Magister Zigezab Gergis, er stammt aus Eritrea und ist mit der Position der Volksbefreiungsbewegung EPLF vertraut, erklärt die Ablehnung des Autonomiestatus durch die Separatisten.
    Von den Hügeln Eritreas ausgesehen ist dies kein akzeptables Friedensangebot, weil es nicht das Selbstbestimmungsrecht für Eritrea beinhaltet.
    Die Regierung in Addis spricht zwar von Autonomie, gleichzeitig teilt sie die Provinz, spaltet sie in zwei Teile.
    Das ist doch ein Widerspruch zwischen ihrem Reden und ihrem Handeln.
    Die EPLF will den Konflikt friedlich lösen und deshalb verlangt sie ein Referendum, eine Volksabstimmung.
    Das Volk soll entscheiden, was es will, ob es eine Föderation zwischen Eritrea und Äthiopien will, ob es eine Autonomie innerhalb eines äthiopischen Staates oder die vollkommene Unabhängigkeit bevorzugt.
    Aber die Regierung in Addis lehnt diese demokratische Forderung ab.
    Die Lösung aller Probleme läuft in Äthiopien über eine Beendigung des Krieges, meint ein westlicher Diplomat in Addis.
    Doch von einer politischen Lösung scheint man dort weiter entfernt denn je.
    Der Eritreer, Magister Tsegetzab Gergis, sieht die Verantwortung für den Frieden in seiner Heimat bei der Sowjetunion.
    Ob es Frieden geben wird in diesem Jahr 1988, hängt nicht von der Befreiungsbewegung ab, sondern von der äthiopischen Regierung und ihren Herren, den Sowjets.
    Die EPLF ist ohne Vorbedingungen zu Verhandlungen bereit, aber ich glaube nicht, dass Addis Ababa entscheiden kann, auf dieses Angebot einzugehen.
    Denn sie sind von Kreml abhängig, was auch an ihrer Innen- und Außenpolitik leicht abzulesen ist.
    Wenn sich in Addis Abeba etwas ändern soll, dann muss diese Veränderung von Moskau ausgehen.
    Heutzutage hört man so viel von diesem Herrn Gorbatschow, seiner Perestroika und der Politik der Glasnost.
    Wir hören auch davon, dass die UdSSR aus Afghanistan abziehen wird, dass dieses Land neutral werden soll.
    Wenn der Rückzug aus Kabul Ausdruck einer Generallinie in der neuen sowjetischen Außenpolitik ist, dann müsste Moskau auch seinen Einfluss in Äthiopien zurücknehmen und dann wird es auch bei uns Frieden geben.
    Doch mächtige Drahtzieher im Ausland scheinen an einem raschen Frieden im Hunger leidenden Äthiopien gar nicht interessiert zu sein.
    Saudi-Arabien etwa soll mit Waffenlieferungen muslimische Eritreer im Kampf gegen die überwiegend christlichen Äthiopier unterstützen.
    Und über Syrien soll die EPLF auch von Moskau Beistand erhalten haben, obwohl doch der Kreml seine Freundschaft zu Addis Abeba immer wieder betont.
    Schließlich, so der verstorbene CIA-Direktor Casey, unterstützen auch die USA die marxistisch-leninistische Volksbefreiungsbewegung.
    Der Grund?
    Die EPLF kämpft gegen einen verbündeten Moskaus.
    Und da scheint es der CIA gleichgültig zu sein, welcher Ideologie der Geldempfänger anhängt.
    Unter diesen Voraussetzungen, so muss mit Bitterkeit registriert werden, wird der Krieg im ostafrikanischen Äthiopien noch tausende Tote lang dauern.
    Sieben Minuten vor eins zum Kulturbericht im Mittagsjournal.
    Italien steht derzeit im Kino hoch im Kurs.
    Nach der Mafia-Oper der Sizilianer und Good Morning Babylon, der Hommage an die Italiener in Hollywood, erscheint nächsten Freitag Die Familie.
    der jüngste Film des italienischen Regisseurs Ettore Scola, der durch Filme wie Ein besonderer Tag, Le Bal, Der Tanzpalast und Macaroni bekannt wurde.
    In diesem neuesten Film beschreibt Scola die kleine Welt einer typisch italienischen Mittelstandsfamilie, in der sich die große Welt der Geschichte unseres Jahrhunderts widerspiegelt.
    Dazu ein Beitrag von Karin Baur.
    Zwei Familienfotos stehen zu Beginn und Ende des Films.
    Die Taufe des kleinen Carlo 1906 und der 80.
    Geburtstag des Kreisenjubiläums 1986.
    Umgeben von seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln schweifen seine Gedanken zurück in die Höhen und Tiefen des Lebens mit seiner Familie.
    Eine Paraderolle für Vittorio Gassmann.
    Dies ist der Tag meines Geburtstags, gefeiert in der Hause des neuen Quartiers Prati, gerade verkauft von meinem Freund.
    In zwanzig Jahren wird sie unserer sein.
    In der Gruppe für die Fotografie von Rito, ist mein Opa derjenige, der in Polnien sitzt.
    Mein Großvater, Professor für Literatur an der Universität von Rom und leidenschaftlich dilettierender Poet.
    Der Junge, dem die Großmutter gerade die Folgen seiner Fresssucht schildert, ist Onkel Nicolino, der Bruder meiner Mutter.
    Er wohnt in Macerata und ist nur für meine Taufe hergekommen.
    Das Kind, das Tante Adelina gerade füttern will, ist mein Cousin Enrico.
    Er ist auch eigens für meine Taufe hergekommen, lebt aber in Rom.
    Die Familie ist in den Filmen von Ettore Scola ein wichtiges Element.
    Als Hauptthema in seinem neuesten Film hat sie eine doppelte Funktion, die Geschichte unseres Jahrhunderts wieder zu spiegeln und den Glauben Scolas an die moderne Familie auszudrücken.
    Gerade unter den jungen Menschen, die heute heiraten und eine Familie gründen, gibt es das Bedürfnis, sich den Problemen der Gesellschaft zu stellen.
    Das Haus dient dann als eine Art Labor, in dem Mann und Frau ihre Teilnahme an der Gesellschaft ausprobieren können.
    Eine Keimzelle der Gesellschaft, die heute jedoch auf der freien Wahl jedes Einzelnen beruht und nicht mehr auf Zwängen und Pflichten.
    Die Institution Familie verfügt auch nicht mehr über diese strukturierte Hierarchie, all diese festen Rhythmen und Lehrenzeremonien, die oftmals ihren Zerfall beschleunigt haben.
    Das Positive am Familienleben scheint mir heute die Möglichkeit zu sein, wirklich frei zu leben.
    Wie schon in seinen früheren Erfolgsfilmen »Ein besonderer Tag« und »Le Bal, der Tanzpalast« erzielt Skola auch hier wieder größte filmische Wirkung auf engstem Raum.
    Die ganze Familiengeschichte läuft in einer repräsentativen römischen Bürgerwohnung ab und dort bleibt auch die Kamera die ganze Zeit.
    Was sich draußen ereignet, auch alle politischen Veränderungen, erfährt der Zuschauer nur durch Gespräche.
    Ja, wenn ich Sie so höre, wie Sie reden, habe ich den Eindruck, dass Ihnen diese neue historische Entwicklung gar nicht besonders gefällt.
    Mir?
    Jetzt siehst du, Carlo, welchen Eindruck man von dir kriegen muss.
    Was soll man von mir denken?
    Dass ich ein Faschist bin?
    Nein.
    Oder ein Mitläufer?
    Na, also dann will ich Ihnen sagen, dass die Partei, der ich angehöre, in Partito d'Azione, um ganz genau zu sein, Verrucciopare, sagt dir nichts?
    Ja?
    Diese Partei hat mehr als jede andere zu dieser umfassenden gesellschaftlichen Erneuerung beigetragen, von der sie da umfaseln, ohne dass sie etwas davon wissen.
    Ja, diese Partei hat Lektionen an Streng- und Kampfesmut erteilt, auch euch Franzosen.
    Auch uns, den Franzosen?
    Ja, euch.
    Das betrifft speziell euch Franzosen.
    Im neuen Skola-Film »Die Familie« bleibt auch Raum für den Betrachter.
    Die Erinnerungen Carlos sollen jedermanns Erinnerungen wachrufen.
    Das Publikum animieren, sich eine eigene Geschichte zu erzählen.
    Nächsten Freitag kommt »Die Familie« nach Österreich.
    Und wir schalten jetzt noch einmal ins Nachrichtenstudio.
    Österreich.
    Die Historikerkommission zur Klärung der Kriegsvergangenheit von Bundespräsident Waldheim wird möglicherweise länger arbeiten, als bisher geplant war.
    Kommissionvorsitzender Hans Rudolf Kurtz sagte, der Bericht der Kommission werde durch die jüngsten Veröffentlichungen in Jugoslawien in gewisser Weise entwertet.
    Kurz will den Bericht allerdings wie vorgesehen am kommenden Montag präsentieren und dann mit Bundeskanzler Franitzki das weitere Vorgehen klären.
    Franitzki hat betont, der Kommission sei kein Termin gesetzt worden.
    Im Wiener Stephansdom ist am Vormittag das Requiem für Nationalbankpräsident Stephan Kuren zelebriert worden.
    Weihbischof Florian Kuntner würdigte Koren als einen der Mitgestalter Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg und erklärte, Koren habe gezeigt, dass Glaube und Wissenschaft, politisches Engagement und kirchliches Leben vereinbar seien.
    Vizekanzler Mock sagte, Koren sei ein Symbol für Stabilität, Geradlinigkeit und Beharrlichkeit gewesen und habe stets staatsmännisches Format bewiesen.
    Deutsche Demokratische Republik.
    Weiteren zwei bisher inhaftierten Bürgerrechtskämpfern ist die Ausreise in den Westen gestartet worden.
    Seit gestern haben insgesamt fünf Regimekritiker die DDR verlassen.
    Nach inoffiziellen Angaben sind derzeit noch 14 Dissidenten in Haft.
    Tschechoslowakei.
    Der tschechoslowakische ZK-Sekretär Jan Vojtik hat den sogenannten Prager Frühling des Jahres 1968 gewürdigt.
    Vojtik sagte im ungarischen Fernsehen, der im Jänner 1968 eingeleitete Prozess sei eine Phase der Erneuerung und Demokratisierung gewesen.
    Damals habe ein großer Aufbruch das ganze Volk erfasst.
    Der ZK-Sekretär warnte zugleich vor Versuchen, die Ereignisse neu zu bewerten.
    Er warnte sich ferner gegen Angaben des früheren Parteichefs Dubček, wonach nach der Niederschlagung des Prager Frühlings fast eine halbe Million Mitglieder aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen worden seien.
    Bundesrepublik Deutschland Der deutsche Bundeskanzler Kohl hat in den USA geäußerte Überlegungen, das Risiko eines Atomkrieges auf Europa zu beschränken, zurückgewiesen.
    Kohl sagte, das strategische Konzept der NATO beruhe auf den Grundsätzen der Lastenteilung und der Risikogemeinschaft.
    Die Wetteraussichten bis zum Abend heiter bis wolkig, später regional Niederschläge.
    Das war das Samstag-Mittag-Journal.
    Ein schönes Wochenende wünscht Werner Löw.
    Auf Wiederhören morgen beim Sonntag-Journal um fünf.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Verkehrsmeldung: Stauwarnung
    Mitwirkende: Löw, Werner [Sprecher/in]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Waldheim - Diskussion: Kurz, Historikerkommission
    Einblendung: Kommissionsvorsitzender Kurz
    Mitwirkende: Oberhauser, Elmar [Gestaltung] , Kurz, Hans Rudolf [Interviewte/r]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: übernommen aus ZIB 2, 5.2.1988 , Nachrichten
    Waldheim - Diskussion: Vranitzky
    Einblendung: Bundeskanzler Vranitzky
    Mitwirkende: Vranitzky, Franz [Interviewte/r]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Ort: Schwechat, Flughafen Wien-Schwechat [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: übernommen aus ZIB 2, 5.2.1988 , Nachrichten
    Waldheim - Diskussion: Presseschau
    Mitwirkende: Pesata, Fritz [Gestaltung]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Rüstungsexperte Peter Lock
    Interview: Rüstungsexperte Lock
    Mitwirkende: Machatschke, Roland [Gestaltung] , Lock, Peter [Interviewte/r]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Lehrlingsausbildung in Betrieben
    Mitwirkende: Adler, Hans [Gestaltung]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    "Neve Shalom" – israelisch-palästinensiches Friedenslager
    Einblendung: Projektmitarbeiterin Guggenheim
    Mitwirkende: Löw, Raimund [Gestaltung] , Guggenheim, Eva [Interviewte/r]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wurzeln der äthiopischen Katastrophe
    Einblendung: Experte Zabgergis
    Mitwirkende: Kerbler, Michael [Gestaltung] , Zabgergis, Zige [Interviewte/r]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Ettore Scolas Großfilm über eine italienische Familie
    Einblendung: Szenenausschnitte, Regisseur Scola
    Mitwirkende: Baur, Karin [Gestaltung] , Scola, Ettore [Interviewte/r]
    Datum: 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1988.02.06
    Spieldauer 00:59:58
    Mitwirkende Löw, Werner [Moderation]
    Kerbler, Michael [Regie] [GND]
    ORF [Produzent]
    Datum 1988.02.06 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-880206_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
    Mediathek Logo