Mittagsjournal 1988.08.30

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    Rechtliches

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    Die Zeit, in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag beim Mittagschanal, sagt Ihnen Fritz Wendl als Redakteur im Studio.
    In den nächsten 60 Minuten erwarten wir Beiträge unter anderem zu folgenden Themen.
    Die Eröffnung des Parteitags der Bundesdeutschen Sozialdemokraten.
    Die Bedeutung der Rammsteiner Unglückskunstflugstaffel für den italienischen Luftfahrtexport.
    Mit welchen technischen Maßnahmen die ÖBB menschliches Versagen als Ursache von Unfällen wie dem gestrigen im Bahnhof Wollfurt so weit wie möglich auszuschalten versuchen.
    Pressekonferenzen von Wirtschaftsminister Graf und von FPÖ-Obmann Haider.
    Staupe ist die Ursache des massenhaften Robbensterbens.
    Die Irrefahrt eines bundesdeutschen Frachters voll mit italienischem Giftmüll führte nun in britische Gewässer.
    Der Iran und der Irak betrachten ihre Kriegsgefangenen offenbar als Faustpfand in den in Stocken geratenen Friedensverhandlungen.
    Bernardo Bertoluccis der letzte Kaiser wird nun auch in chinesischen Kinos gezeigt.
    Ein Gespräch mit Martin Walser und die Ars Electronica Computerkulturtage.
    Vor all dem jetzt aber eine von Georg Schalgruber zusammengestellte Meldungsübersicht, die Wilfried Schirrlbauer liest.
    Bundesrepublik Deutschland.
    In Münster hat heute der 33.
    Bundesparteitag der Sozialdemokratischen Partei begonnen.
    Er dauert bis Freitag.
    Das Motto lautet Zukunft kommt von selbst, Fortschritt nur mit uns.
    Kernthemen sind die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik und eine Quotenregelung für Frauen.
    SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel hat erklärt, es gelte jetzt deutlich zu machen, dass die SPD eine echte Alternative zur Koalition in Bonn sei.
    Polen.
    Der Arbeitsminister hat jetzt jenen Beschäftigten, die die Streiks fortsetzen, mit der Entlassung gedroht, sollten sie ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen.
    Die Streikwelle sei eine ernste Gefahr für Wirtschaft und Staat, sagte der Minister.
    Ein Oberst hat im Fernsehen berichtet, von dem Ausstand seien auch Rüstungsbetriebe betroffen.
    Dies berühre die Sicherheit Polens, daher könne der Ausstand nicht unbegrenzt toleriert werden.
    Arbeiterführer Lech Walesa seinerseits hat erklärt, die Streiks würden weitergehen, bis die Regierung zu Gesprächen über die Wiederzulassung der verbotenen Gewerkschaft Solidarität bereit sei.
    Walesa hat aber auch seine Gesprächsbereitschaft erneuert.
    Bedingung dafür sei, dass er als Vertreter der Solidarität und nicht als Privatperson gehört werde, sagte der Friedensnobelpreisträger.
    Schweiz.
    Die Verhandlungen über ein Ende des Krieges am Persischen Golf sollen heute wieder unter Beteiligung der Außenminister aus Bagdad und Teheran fortgesetzt werden.
    Gestern gab es Kontakte nur auf Expertenebene.
    Die Verhandlungen haben sich an der Frage der Grenzziehung im Shuttle Arab festgefahren.
    UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar will nun einen Kompromissvorschlag präsentieren.
    Nahe Osten.
    Die Untergrundführung der Palästinenser in den besetzten Gebieten hat zum fünften Mal innerhalb von zehn Tagen zu einem Generalstreik aufgerufen.
    Die etwa eineinhalb Millionen Bewohner des Westjordanlandes und des Gazastreifens sollen heute gegen die Deportation von Arabern durch die Israelis protestieren.
    Seit Beginn der Unruhen vor etwa neun Monaten sind 34 palästinensische Aktivisten ausgewiesen worden.
    Israel hat heute im Westjordanland die meisten Ausgangssperren wieder aufgehoben.
    Chile.
    Die Militärjunta nominiert heute den Präsidentschaftskandidaten für die im Oktober geplante Volksabstimmung.
    Es bestehen kaum Zweifel daran, dass sich Junta-Chef General Pinochet aufstellen lassen wird.
    Pinochet hat vor fast 15 Jahren den letzten demokratisch gewählten Präsidenten Chiles, Salvador Allende, in einem blutigen Putsch gestürzt.
    Bei dem Referendum kann mit Ja oder Nein über den Kandidaten der Junta abgestimmt werden.
    Die Opposition hat sich zu einem 16-Parteien umfassenden Bündnis unter dem Namen Kommando für das Nein zusammengeschlossen.
    Österreich Der Chef der Nationaldemokratischen Partei Norbert Burger wird gegen das jüngste Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erheben.
    Burger sagte, das Erkenntnis sei nur die Privatmeinung der Richter, werde nun aber zu einem endgültigen Verbot der NDP hochstilisiert.
    Die jüngste Äußerung von FPÖ-Obmann Jörg Haider, die österreichische Nation sei eine ideologische Missgeburt, bezeichnete Burger als absolut richtig.
    Der Begriff österreichische Nation sei im Auftrag Stahlins erfunden worden, es sei allerdings auch eine Unterstellung, wenn man aus der Ablehnung des Begriffes der österreichischen Nation auf eine Ablehnung Österreichs schließe, meinte Burger.
    Umweltschutzministerin Marylis Fleming hat in ihrer Funktion als Konsumentenschützerin verlangt, dass die allgemeinen Reisebedingungen überarbeitet werden.
    Auch die diesjährige Saison habe wieder gezeigt, dass die Urlauber mit Überbuchungen, mit falschen Prospektangaben und mit unzulänglichen Stornierungsvorschriften konfrontiert seien, meinte das Umweltministerium.
    Die derzeitigen allgemeinen Reisebedingungen gelten seit etwa zehn Jahren.
    Italien.
    Die Kunstflieger der italienischen Staffel Frecce Tricolori wollen trotz des schweren Unglücks bei der Flugschau in Ramstein weiterfliegen.
    Möglicherweise wird die Staffel bereits am Samstag in der Schweiz auftreten.
    Auch in den Vereinigten Staaten und in Kanada denkt man im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland nicht daran, Flugtage zu verbieten.
    Die Zahl der Toten des Unglücks von Ramstein hat sich auf 47 erhöht.
    USA.
    Im Raumfahrtzentrum Cap Canaveral hat die Beladung der Weltraumfähre Discovery begonnen, die Ende September oder Anfang Oktober gestartet werden soll.
    Unter anderem wurde ein Satellit im Wert von umgerechnet mehr als einer Milliarde Schilling in den Frachtraum gebracht.
    Er ist nahezu mit jenem identisch, der an Bord der Raumfähre Challenger war, die im Jänner 1986 kurz nach dem Start mit sieben Astronauten an Bord explodiert ist.
    Sowjetunion.
    In Lettland wird demnächst das erste private Flugunternehmen in der Sowjetunion gegründet.
    Die staatliche Aeroflot erhält damit zum ersten Mal innersovjetische Konkurrenz.
    Die neue Gesellschaft wird sowohl im Güter- als auch im Passagiersektor tätig werden und wahrscheinlich auch internationale Flüge anbieten.
    Schweiz.
    Die Armeeführung will demnächst einen ungewöhnlichen Rüstungsauftrag vergeben.
    Gesucht wird das Modell für ein neues Militärfahrrad.
    Die drei Schweizer Fahrradregimenter sind mit Modellen aus dem Jahr 1905 ausgerüstet, sie sollen jetzt modernisiert werden.
    Die Schweizer Militärradfahrer sind weltweit die einzigen Verbände, die im Ernstfall in voller Ausrüstung per Rad ins Gefecht ziehen würden.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Regional noch stark bewölkt, sonst vielfach bereits heiter.
    Abflauender Westwind.
    Nachmittagstemperaturen 19 bis 23 Grad.
    Tiefstwerte der kommenden Nacht 9 bis 15 Grad.
    Die Prognose für morgen Mittwoch.
    Regional wolkenlos, sonst heiter bis wolkig.
    Mäßiger Wind.
    Frühtemperaturen 9 bis 15 Grad.
    Tageshöchsttemperaturen 22 bis 26 Grad.
    Die Vorschau auf übermorgen Donnerstag, teils sonnig, teils mäßig bewölkt, warm.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien wolkig 20 Grad, Eisenstadt heiter 21 Grad, Nordwestwind 25 Kilometer in der Stunde.
    St.
    Pölten heiter 19 Grad, Linz wolkig 17, Salzburg stark bewölkt 15, Innsbruck stark bewölkt 17, Bregenz heiter 16, Graz heiter 22 und Klagenfurt wolkig 20 Grad.
    Das waren die Nachrichten und das Wetter.
    Es ist 12 Uhr 8 und wir kommen jetzt zum Beitragsteil des Mittagsjournals.
    Als am Sonntag auf dem größten USA-Stützpunkt in Europa im bundesdeutschen Rammstein-Berner Flugshow drei Maschinen abstürzten, eine davon in die dicht gefüllten Zuschauerränge, fanden 47 Menschen den Tod und an die 350 wurden zum Teil schwer verletzt.
    Die Diskussionen über Sinn und Unsinn solch demonstrativen Herzeigens von Kriegsgeräten brachen ziemlich heftig los.
    Der bundesdeutsche Verteidigungsminister sprach gestern von der Einstellung solcher Flugshows.
    In Österreich gibt es angeblich ohne dies nur ungefährliche Leistungsshows, die nächste Anfang Oktober in Linz.
    Aber die USA wollen auch im nächsten Jahr in Rammstein einen Flugtag abhalten.
    Und auch die italienische Unglücksstaffel Frecce Tricolori fliegt weiter.
    Das nächste Mal am 17.
    September im spanischen Saragossa.
    Ein Nervenkitzel der Besondernart.
    Über italienische Reaktionen auf Frecce Tricolori-Katastrophe, die Geschichte und auch die Bedeutung der Kunstflugstaffel für den italienischen Luftfahrtexport berichtet aus Rom jetzt Erich Kusch.
    Der Vertreter der Grünen im Parlament und Mitglied im Verteidigungsausschuss Giancarlo Savoldi erklärte, dass bei solchen Veranstaltungen kein Raum mehr für menschliches Versagen sei und darum diejenigen, die sie befürworten, ganz präzise Verantwortung trügen.
    Und er fügte hinzu, eines der Schaufenster, in denen die Juwele des Waffenmarktes ausgestellt werden, ist in tragischer Weise in tausend Stücke zersplittert.
    Die Frecce Tricolori, die Kunstflugstaffel der italienischen Luftwaffe, war schon 1930 gegründet worden und galt damals als Aushängeschild des faschistischen Mussolini-Regimes.
    Die ruhmreiche Geschichte war aber auch immer wieder von blutigen und tödlichen Unfällen gekennzeichnet, sowohl bei Luftfahrtschauen in Italien selbst als auch im Ausland.
    Allein seit 1970 kamen 26 Piloten und Luftwaffenangehörige ums Leben.
    Vor der Katastrophe in Rammstein waren jedoch nie Zuschauer bei den Abstürzen betroffen worden.
    In Italien werden die frecce tricolori auch die fliegenden Irren genannt.
    Und bei aller Begeisterung setzten die ersten Proteste schon vor über 20 Jahren ein.
    In der letzten Zeit sind es vor allem die Umweltschützer, die gegen die Kunstflugstaffel polemisieren und ihre Abschaffung fordern.
    Aber auch an den hohen Kosten für diese Staffel entzünden sich die Proteste.
    Auf der anderen Seite sind die Düsenjäger MB 339, die von der Air Macchi gebaut werden, aber auch ein Aushängeschild für die italienische Luftfahrtindustrie und eine Prestigefrage für Italien.
    So heißt es, dass der italienische Export nach Finnland, nachdem dort eine Vorführung der Fredsche Tricolore stattgefunden hat, um 30 Prozent gestiegen ist.
    Dafür meint man auch, die zahlreichen tödlichen Unfälle in Kauf nehmen zu können.
    Und Katastrophen wie die in Rammstein sind in der Vergangenheit schon mehrere nur um ein Haar verhindert worden.
    Fünf Menschen starben und 44 wurden zum Teil schwer verletzt, als gestern Mittag im Bereich des Güterbahnhofs Wollfurt bei Bregenz zwei Personenzüge frontal aufeinanderprallten.
    Die Lokomotiven verkeilten sich ineinander, mehrere Waggons entgleisten.
    Erst seit heute früh ist die Westbahn im Unfallbereich wieder frei.
    Inzwischen haben am Vormittag der Innsbrucker ÖBB-Präsident und Verkehrsminister Streicher zur Unfallursache menschliches Versagen näher Stellung genommen.
    Es berichtet Susanna Gassner.
    Der Präsident der ÖBB-Direktion Innsbruck, Hofrat Kienbauer, hat heute Vormittag gemeinsam mit Verkehrsminister Streicher zu dem schweren Zugunglück vor dem Bahnhof Wohlfurt in Vorarlberg Stellung genommen.
    Der Eilzug, der den Unfall verursacht hat, so der Hofrat, hat das Vorsignal zum Hauptsignal noch registriert.
    Das muss nämlich der Lokführer mit einem Tastendruck quittieren.
    Das ist auf dem Registriersteifen der Lok auch dokumentiert.
    Was dann passierte, schildert Hofrat Kienbauer.
    Und da ist es dann unerklärlicherweise dazu gekommen, dass der Zug wohl bis zur Hälfte heruntergebremst wurde und dann wieder beschleunigt worden ist und das Hauptsignal überfahren hat und dann erst durch die Automatik mithilfe von
    Magneten, die auf die Lok einwirken, dann zur Schnellbremsung gekommen ist.
    Das war aber dann bereits zu spät, weil er in der Zwischenzeit schon auf den Gegenzug aufgefahren ist.
    Warum das so gekommen ist, das müsste noch durch Einvernahme des Lokführers geklärt werden.
    Der Lokführer selbst ist aber verletzt und ist momentan noch nicht einnahmefähig.
    Verkehrsminister Streicher machte eingangs auf den Unfall bei Larnbach in Oberösterreich vor rund einem Jahr aufmerksam.
    Bedauerlicherweise ist das der zweite innerhalb von zwölf Monaten mit fast ähnlichen Ablaufbild.
    Und ich habe daher sofort von der Generaldirektion einen Bericht angefordert.
    Auch mit dem Ziel, sollten hier in irgendeiner Weise Mängel festgestellt werden im Rahmen des Befundes, dass wir diese Mängel rasch beseitigen.
    Aber wie Sie aus den Ausführungen des Präsidenten hören konnten, war
    eindeutig menschliches Versagen.
    Die Schuld an diesem Unfall und menschliches Versagen wird man wohl nie zur Gänze ausschließen können.
    Ich mache diesen Bericht, ich lasse diesen Bericht, den ich mir sehr sehr sorgfältig ausgearbeitet vorstelle, auch deshalb machen, weil die Bahn das sicherste Verkehrsmittel, der sicherste Verkehrsträger bleiben muss.
    Soweit die Stellungnahmen der ÖBB und vom Verkehrsminister Streicher.
    Mit welchen technischen Möglichkeiten die ÖBB versuchen, nicht zuletzt nach dem vorjährigen Unfall in Oberösterreich, die Unfallursache menschliches Versagen so weit wie möglich auszuschalten, das fasst Herbert Hutter zusammen.
    Die zweigleisige Strecke zwischen Bregens und Dornbirn ist nach Auskunft der ÖBB vor zwei Jahren auf den modernsten sicherheitstechnischen Stand gebracht worden.
    Diese Strecke ist für den sogenannten Gleiswechselbetrieb geeignet.
    Im Gegensatz zu bisherigen signaltechnischen Einrichtungen kann jeder Zug auf jedem der beiden Gleise in jede beliebige Richtung fahren.
    Die Anordnung der Weichen und der Signale erlaubt auf den einzelnen Streckenabschnitten auch einen eingleisigen Betrieb, der von den Stellwerken aus gesteuert wird.
    Ein vorheriges, kompliziertes Abstimmen und Abfertigen zwischen dem sogenannten Hauptfahrgleis und dem Ausweichgleis auf zweigleisigen Strecken ist nicht mehr nötig.
    Dieses moderne Zuglenkungssystem dient der Beschleunigung des Betriebes.
    Bei eingleisigem Betrieb ist, zumindest nach den technischen Voraussetzungen, jeder Streckenabschnitt sicherungsmäßig vollgedeckt.
    Der Abstand zwischen dem Vorsignal und dem Hauptsignal entspricht dem effektiven Bremsweg für jeden Zug.
    Verhängnisvoll war, dass der Lokführer des Eilzuges dem Stellwerk bestätigt hat, dass er das Vorsignal, welches die Stellung Vorsicht anzeigte, richtig erkannt hat.
    Dann allerdings hätte er ohne Schwierigkeit den Zug bis zum Hauptsignal anhalten können.
    Stattdessen aber hat er aus bisher ungeklärten Gründen, wie gesagt, beschleunigt und so das Unglück herbeigeführt.
    Die automatische Halteeinrichtung beim Hauptsignal konnte den Zug daher nicht mehr rechtzeitig stoppen.
    ÖBB-Generaldirektor Heinrich Hüblers hat gestern auch auf technisch mögliche und weitergehende Sicherungstechniken verwiesen.
    Es handelt sich dabei um eine ständige automatische Zugbeeinflussung, die von den Stellwerken ausgeht.
    Bei diesem sogenannten linearen Zugbeeinflussungssystem, wie es beispielsweise bei der Wiener U-Bahn bereits installiert ist, sind an sich Signale und Tätigkeiten des Lokführers überflüssig.
    Der Lokführer sitzt nunmehr zur Überwachung am Führerstand.
    Diese Systeme werden auf der Eisenbahn für Hochgeschwindigkeitsstrecken eingerichtet, weil der Lokführer bei Geschwindigkeiten über 160 kmh die Signale nicht mehr rechtzeitig sieht und aufgrund des optischen Erkennens den Zug nicht mehr rechtzeitig anhalten könnte.
    Solche Systeme sind auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken in der Bundesrepublik Deutschland bereits zu finden und im Rahmen des Projektes Neue Bahn auch bei uns in Österreich geplant.
    Seit vergangenem Freitag gibt es Meldungen, wonach es niederländischen Wissenschaftlern angeblich gelungen sei, die Ursache des Massensterbens von Seehunden in der Nordsee zu erforschen.
    Demnach soll für den Tod von inzwischen rund 7000 Trauben nicht, wie bisher angenommen, die Umweltverschmutzung verantwortlich sein, sondern das Hundestaupe-Virus oder ein enger Verwandter dieses Erregers.
    Näheres wurde bis gestern Abend mit Rücksicht auf eine Veröffentlichung der Forschungsergebnisse in der britischen wissenschaftlichen Zeitung Nature nicht mitgeteilt.
    Nun weiß man aber mehr, auch über Impfmöglichkeiten der posierlichen Tiere, berichtet aus den Niederlanden Günther Fieten.
    Den Seehund hat also die Hundestaupe befallen.
    Und der Mensch kann ihn nicht impfen.
    Wie der Erreger des Hunde-Ehlens auf die Robbe gekommen ist, bleibt offen.
    Das hier beteiligte Carre-Virus, das die gefährliche Tierseuche überträgt, verbreitet sich durch Luft und Wasser und die flüchtigsten Kontakte.
    Für den holländischen Immunbiologen, der am Wochenende erstmals auch das lebende Carre-Virus im Serum sterbenskranker Tiere isoliert hat, steht fest, dieser Mikroorganismus ist der grausame Killer, der sich über die Sandbänke von Ost und Nordsee hergemacht hat.
    40% der europäischen Robbenbevölkerung ist daran schon verendet.
    Auch bei Hunden, Füchsen und Nerzen verläuft die Staupe in 9 von 10 Fällen tödlich.
    Anfänglich hatten nur Antikörper im Zellmaterial kranker Seehunde das Auftauchen des Staupevirus signalisiert.
    Die Idee, dass die Robben von der Hundepest befallen sein könnten, war der Tierärztin Lies Fedder von der Auffangstation Pieter Buren am westfriesischen Watt in Holland angeleuchtet.
    Sie beobachtete bei den leidenden Seehunden alle kennzeichnenden Symptome der gefährlichen Seuche.
    katharadische Ausflüsse, Fieber, Fressunlust, Veralterungen, Krämpfe und Hornhautverdickung.
    Der an der Station experimentierende Biologe Ab Osterhaus vom Staatsinstitut für Gesundheit und Umwelt beschaffte sich dann Serumproben aus den fünf anderen Ländern, in denen die Panzerotie grassiert, und traf darin stets wieder Spuren der spezifischen Infektion an.
    Die Entdeckung wird in der morgen erscheinenden Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift Nature im Einzelnen beschrieben.
    Aber einer vorgezogenen Pressekonferenz erklärte der holländische Forscher, man könne den Tieren im Grunde nicht helfen.
    Der Ansatz des Staub-Vakzins für junge Hunde in der freien Natur sei unverantwortlich und eine Massenimpfung technisch ausgeschlossen.
    Und somit steht der gerührte und erschütterte Mensch mit leeren Händen an den Flachküsten Skandinaviens, Norddeutschlands, Hollands, Großbritanniens.
    Er kann nur Tieren beistehen, die in seine Reichweite gelangen und auch dann nur Auswirkungen der Infektion zu behandeln versuchen.
    Unerklärlich ist doch in diesem Fall, welche natürlichen Faktoren den Ausbruch der grenzüberschreitenden Epidemie ausgelöst haben.
    Auch die Verschmutzung der Meeresumwelt könne im Spiel sein.
    Doch dies stehe nicht fest und müsse erst ergründet werden, erklärte der holländische Wissenschaftler.
    Die von Greenpeace verkündete ökologische Katastrophe, die das Robbensterben signalisiere, ist nun dennoch ein Fakt.
    Allerdings kommt diese Katastrophe offenbar nicht aus der Backside der Industrie, sondern aus biologischen Umweltverschmutzern auf vier Beinen, die zu Millionen und Abermillionen wedelnd, schnüffelnd und defäzierend Viren, Bakterien, Schimmel und Parasiten unter Menschen und anderen Tieren verbreiten.
    Im Namen der Robben werden Umweltschutzkampagnen und Tierliebe nun wohl bei Bellows Hygiene beginnen müssen.
    Die Gesellschaft steht hier unerwartet vor einem Haufen von Problemen.
    Seit Wochen befindet sich der bundesdeutsche Frachter Karin B. mit italienischem Giftmüll an Bord auf Irrfahrt.
    Die Italiener wollten über 2000 Tonnen giftigen Industriemülls im westafrikanischen Land Nigeria deponieren.
    Dort nahm man den Dreck aber nicht entgegen und schickte die Karin B. am 31.
    Juli zurück nach Ravenna.
    Dort angekommen wurde dem Frachter jedoch die Anlegeerlaubnis verweigert.
    Und nun tauchte das Schiff in britischen Gewässern auf.
    Wo es aber, nicht weiter überraschend, ebenfalls keineswegs willkommen ist.
    Mehr über diesen neuen Fall von internationalem Giftmüll-Tourismus berichtet aus Großbritannien Gottfried Zmeck.
    Die erste Warnung kam von den beiden Umweltschutzorganisationen Friends of the Earth und Greenpeace.
    Sie informierten das Londoner Umweltministerium, dass die Karin B. mit 2000 Tonnen giftigem Abfall an Bord auf Großbritannien zusteuere.
    Daraufhin wurde die Warnung an sämtliche britische Häfen weitergegeben.
    Tatsächlich wollte das in der Bundesrepublik Deutschland registrierte Schiff mit dem Giftmüll an Bord in Neath an der südwalisischen Küste anlegen.
    Der dortige Hafenmeister machte aber von seinem Recht Gebrauch und verweigerte dem Schiff das Einlaufen.
    Derzeit ankert die Carin B 15 Meilen vor Plymouth an der südenglischen Küste.
    Nach britischen Eingaben ist der hochgiftige Müll, der seiner italienischen Chemiefabrik stammt, nur unzulänglich verpackt.
    Einige der Fässer mit den Chemikalien sollen leck sein.
    Dass die Karin B. von Nigeria, wo der Müll ursprünglich abgeladen, dann aber wieder zurückgewiesen worden war, Richtung Spanien und schließlich Großbritannien fuhr, hat seinen Grund in einem Angebot der britischen Firma Ley Interests, den Abfall zu analysieren und gegebenenfalls zu lagern.
    Angesichts seiner alarmierten Öffentlichkeit dürfte dieses Vorhaben aber kaum mehr in Frage kommen.
    Die Affäre hat zu einer grundsätzlichen Diskussion über die eher laxe Haltung Großbritanniens in der Frage der Lagerung giftigen Abfalls geführt.
    Nicht nur die Labour-Opposition und Umweltschutzgruppen, sondern auch eine Reihe von Zeitungen wie der regierungsfreundliche Daily Telegraph kritisieren, Großbritannien habe sich aufgrund schwacher Gesetze den Ruf einer Mülldeponie Europas eingehandelt.
    Tatsächlich ist die Menge des importierten Abfalls von 5 Tonnen innerhalb von vier Jahren sprunghaft auf 183.000 Tonnen jährlich gestiegen.
    Die Hauptkunden sind Holland, die Republik Irland, Belgien, Portugal, Kanada und zunehmend die USA.
    Als Lagerungsstätten werden hauptsächlich stillgelegte Bergwerke verwendet.
    Da die Betriebsbewilligungen und Auflagen in der Kompetenz der jeweiligen Kommunalbehörden liegen, sind die Sicherheitsmaßstäbe von Region zu Region sehr unterschiedlich.
    Ein Umstand, den selbst jene Firmen beklagen, die die Abfalllagerung professionell betreiben.
    Dazu kommt, dass wegen der ständig wachsenden Menge an Müll der einschlägige Wettbewerb in dieser Branche immer härter wird.
    Die internationalen Abfallmakler wenden sich an den Billigsbieter und das heißt oft, dass bei der Lagerung auf Kosten der Sicherheit gespart wird.
    Auf die Londoner Regierung wächst jetzt der Druck, gegen dieses Image eines internationalen Abfallkübels grundsätzlich etwas zu unternehmen.
    Zunächst muss allerdings das konkrete Problem in Form der Karim B gelöst werden, die wie gesagt vor der südenglischen Küste liegt.
    Dem Gesetz nach ist Italien als das Ursprungsland des Mülls auch dafür verantwortlich.
    Das Londoner Umweltministerium hat sich daher heute früh mit den Behörden in Rom in Verbindung gesetzt.
    Welches Ergebnis dabei herauskam, ist noch nicht bekannt.
    Bereits vorher wusste man allerdings, dass Italien den Giftmüll nicht zurücknehmen will.
    Dass sich Großbritannien dazu bereit erklärt, ist aber ebenfalls unwahrscheinlich.
    London will sogar die königliche Marine einsetzen, um die Bewegungen des Schiffes zu überwachen.
    Nicht nur für die Briten ist die Karin B. mit den giftigen Chemikalien an Bord zu dem Schiff geworden, das niemand will.
    Der heute begonnene 33.
    Parteitag der bundesdeutschen Sozialdemokraten steht nicht zuletzt im Zeichen jüngster Umfragen, die der SPD bescheinigen, derzeit in der Wählergunst die Nase vorne zu haben.
    Und zwar soweit, dass die SPD sowohl stärkste Partei wäre, als auch CDU, CSU gemeinsam mit der FDP keine Bundeskoalition mehr zusammenbrechen.
    Völlig euphorisch, reibungslos verspricht der Bundesparteitag in Münster aber deshalb trotzdem nicht zu werden.
    Denn die Gewerkschaft erlaufen Sturm gegen Oskar Lafontaines Idee zur Arbeitsplatzschaffung bei einer Arbeitszeitverkürzung bei Besserverdienenden auf vollen Lohnausgleich zu verzichten.
    Ein weiterer Hauptpunkt des SPD-Parteitags ist das Vorhaben, nach SPÖ-Vorbild eine Quotenregelung, einen fixen Anteil von Frauen in Parteifunktionen zu sichern.
    Aus Münster berichtet Helmut Brandstätter.
    Johannes Rau, der stellvertretende SPD-Vorsitzende, begrüßte gestern Abend die Journalisten beim Presseempfang guten Mutes.
    Der Anteil der Frauen bei den Parteitagsdelegierten sei schon auf 36% gestiegen, während er vor 20 Jahren bei nicht einmal 20% lag.
    Die Frauen seien bei den Sozialdemokraten stark im Kommen, diktierte Rau den Journalisten in die Blöcke.
    Fast ausschließlich Männer übrigens.
    Beim Bonner Pressechor hätte eine Mindestquote für Frauen keine Chance.
    Die SPD aber will sich heute Fortschritt verordnen.
    Dazu gehört die Gleichstellung der Frauen in erster Linie.
    Und weil auch bei den Sozialdemokraten Männer angestammte Rechte, oder soll man sagen, Freunde, nicht so gerne aufgeben, soll es im Statut festgeschrieben werden.
    Der Antrag, über den heute diskutiert und abgestimmt wird, würde den Frauen
    der Plätze reservieren.
    Ab 1994 gar 40 Prozent.
    Bei öffentlichen Mandaten lässt man sich etwas mehr Zeit.
    Da soll die 40-prozentige Frauenquote bis 1998 erreicht werden.
    Zwei Drittel der Parteitagsdelegierten, also überwiegenden Männer, müssen für die Änderung des Statuts, für die Einschränkung ihrer eigenen Möglichkeiten stimmen.
    Da sich die gesamte Führung für den Antrag ausgesprochen hat und die Mehrheit der Delegierten wohl einsieht, dass eine Niederlage des Antrags bei den Wählerinnen nicht gut aussehen würde, ist diese Zweidrittelmehrheit heute im Lauf des Nachmittags zu erwarten.
    Und das, obwohl Verfassungsjuristen ein hohes Prozessrisiko auf die SPD zukommen sehen.
    Da, wie es heißt, die formale Wahlrechtsgleichheit im Sinne der Erfolgschancengleichheit verletzt würde.
    Aufmerksam beobachtet wird die Quotendebatte von Staatssekretärin Johanna Donal.
    In der SPÖ haben die Frauen vorerst ja nur das Ziel von 25% Frauenquote angestrebt und das wurde noch nicht erreicht.
    Mehr Streit als bei der Quotenregelung kommt auf die Delegierten beim zweiten großen Thema des Parteitags zu, bei einer groß angelegten Diskussion über die Wirtschaftspolitik.
    Parteichef Vogl stellte zu Beginn seiner Rede auch das Thema Wirtschaft, zunächst freilich mit heftigen Angriffen gegen die Regierung Kohl, die sich nicht nur schlecht verkaufe, wie mancher sage, zudem auch inhaltlich nichts mehr zu bieten habe.
    Nicht, wie es immer wieder gesagt wird, die Verpackung ist schlecht.
    Nein, die Ware selbst ist faul.
    Das ganze politische Produktionsverfahren und das Management taugen nicht.
    In der Tat, das sagen ja nun nicht nur allein Sozialdemokraten, das sagen ja mehr und mehr auch Leute, die dieser Koalition in führenden Funktionen angehören.
    In der Tat.
    Noch keine Bundesregierung hat so abgewirtschaftet wie die Regierung Kohl und das gilt schon dann, wenn man sie nur an ihren eigenen Ankündigungen misst.
    Den Parteitag wird aber mehr die Auseinandersetzung zwischen SPD-Gewerkschaftern und dem saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine beschäftigen.
    Sie hat vor dem Parteitag an Schärfe wieder zugenommen.
    Die Gewerkschafter können es Lafontaine noch immer nicht verzeihen, dass er gerade während der Tarifverhandlungen im Frühjahr mit unkonventionellen Ideen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Aufsehen erregte.
    Lafontaine hatte den Arbeitnehmervertretern mit Verantwortung dafür angelastet, dass trotz weiter steigender Wirtschaftszahlen nicht mehr Leute Arbeit finden.
    Laut Lafontaine wäre das dann möglich, wenn die Arbeitszeit verkürzt, der Lohnausgleich aber nur teilweise ausbezahlt würde.
    Mit dem Rest des Lohnausgleichs könnten neue Leute eingestellt werden.
    Diejenigen, die Arbeit haben, sollten also ein Solidaritätsopfer bringen.
    Gerade vom linken Oskar hatte sich das niemand erwartet.
    Doch Lafontaine denkt offenbar schon an kommende Wahlen und mit ihren Stammwählern alleine kann die SPD nicht an die Mehrheit herankommen.
    So wird es bei der Wirtschaftsdebatte in Münster nicht nur um die neuen Anträge gehen, sondern auch um das Bild, mit dem die Sozialdemokraten sich in den kommenden Monaten profilieren wollen.
    Und es wird auch um die Person Oskar Lafontaine gehen.
    Wenn er bei den Wahlen am Donnerstag mit großer Mehrheit zum stellvertretenden Vorsitzenden wiedergewählt wird, dann kann ihm wohl niemand mehr in der SPD den Anspruch um die nächste Kanzlerkandidatur streitig machen.
    Wenn nicht, dann stehen der SPD wieder einmal quälende Personaldebatten ins Haus.
    An Selbstbewusstsein mangelt es den deutschen Genossen aber nicht.
    Das Parteitagsmotto lautet Zukunft kommt von selbst, Fortschritt nur mit uns.
    Das war Helmut Brandstetter aus Münster.
    Es ist inzwischen 12.30 Uhr halb eins geworden.
    In Salzburg zieht eine Affäre um die Gebietskrankenkasse immer weitere Kreise.
    Die Vorwürfe umfassen unter anderem Machtmissbrauch, Bereicherung, Privilegien.
    Einer der leitenden Ärzte der Salzburger Gebietskrankenkasse wurde gestern vom Verwaltungsausschuss fristlos entlassen.
    Und heute ist der Kassenvorstand für den Nachmittag zu Sozialminister Dallinger gleichsam zum Rapport bestellt.
    Die Skandalgeschichte fasst Brigitta Walkner zusammen.
    Die Salzburger Gebietskrankenkasse liefert seit Jahren immer wieder negative Schlagzeilen.
    Zank, parteipolitischer Hader und dubiose Praktiken im chefärztlichen Dienst sorgen inzwischen für Zorn und scharfe Kritik unter den rund 300.000 Versicherten der Salzburger Gebietskrankenkasse.
    Die jüngste Affäre in der Salzburger Gebietskrankenkasse war durch das Postengerankel um den stellvertretenden Chefarzt ausgelöst worden und ist bis heute nicht beendet.
    Wenig später deckten die Prüfer des Sozialministeriums merkwürdige Praktiken im chefärztlichen Dienst auf.
    So stellten die angestellten Kassenärzte in den vergangenen 16 Monaten den rund 400 Kassenmitarbeitern rund 5000 Rezepte für Medikamente aus, die andere Sozialversicherte aus der eigenen Tasche bezahlen müssen.
    Darunter waren auch medizinische Haarshampoos und Badezusätze.
    Jener Arzt, der am häufigsten Rezepte für Kassenmitarbeiter ausgestellt hat, ist der Direktionsarzt Dr. Eugen Zadra.
    Er war vor sechs Jahren von dem damaligen Kassendirektor, seinem Schwiegervater, in die Gebietskrankenkasse geholt worden, um salopp formuliert das Verrechnungswesen auf Vordermann zu bringen.
    Inzwischen hat der Verwaltungsausschuss Dr. Eugen Zadra fristlos entlassen.
    Der betroffene Arzt verantwortet sich damit, dass er nicht der einzige der angestellten Kassenärzte ist und war, der Kassenmitarbeiter Rezepte ausgestellt habe.
    Die Kasse habe durch diese Praktiken sogar Geld gespart, weil sich die Kassenangestellten, nicht so wie andere Versicherte, in die Ordination eines Arztes setzen hätten müssen, die Kassenangestellten hätten in der Gebietskrankenkasse arbeiten können und seien nicht wegen eines Arztbesuches dem Dienst ferngeblieben.
    Tatsache ist, dass alle Ärzte im chefärztlichen Dienst Rezepte an Kassenmitarbeiter ausgestellt haben.
    Die Prüfer des Sozialministeriums sind aber auf noch andere Fakten gestoßen.
    Ehemalige Kassenmitarbeiter, die in Pension gegangen sind, haben eine Lücke im ASVG offensichtlich besonders vorteilhaft zu nutzen gewusst.
    Sie sind bei Pensionsantritt meistens auch krank geworden, chefärztlich bestätigt.
    Diese Bestätigung hat manchen ehemaligen Kassenmitarbeitern erlaubt, dass sie Pension und gesetzlich gedeckt bis zu 18 Monaten Krankengeld bezogen haben.
    Nun wird geprüft, ob die ehemaligen Kassenmitarbeiter, die Pension und Krankengeld bezogen haben, auch nachweislich krank waren.
    Möglicherweise muss der ein oder andere sein zu Unrecht bezogenes Krankengeld zurückzahlen.
    Auch die Ärzte können belangt werden.
    Kassenvorstand und Kassendirektion wollen von all diesen Vorfällen und dubiosen Praktiken nichts gewusst haben.
    Kassenobmann Josef Schwab sagt, den Funktionären könne keine Schuld angelastet werden.
    Funktionäre hätten keine Kontrollmöglichkeit.
    Eine Aussage, die auch der Kontrollor des Landes in der Gebietskrankenkasse wiederholt.
    Kassenobmann Josef Schwab denkt trotz der riesigen Affäre in der Salzburger Gebietskrankenkasse nicht an Rückzug, sondern eher an Durchstehen.
    Ob diese Meinung auch im Sozialministerium geteilt wird, stellt sich heute Nachmittag heraus, wenn der Salzburger Kassenvorstand zum Rapport bei Sozialminister Dallinger vorgeladen ist.
    Die Vorfälle in der Salzburger Gebietskrankenkasse nahmen am Vormittag Jörg Haider zum Anlass, um in einer Pressekonferenz einmal mehr eine Neuordnung des gesamten Sozialversicherungssystems zu fordern.
    Haiders heutiges Hauptthema war aber die weitere politische Entwicklung in Kirnden.
    Dort peilt die FPÖ das Ziel an, nach den nächsten Landtagswahlen zweitstärkste Partei zu sein und eventuell den Landeshauptmann zu stellen.
    Möglicher FPÖ-Kandidat dafür?
    Jörg Haider.
    Es berichtet Franz Simbürger.
    Für FPÖ-Chef Jörg Haider haben die Vorfälle in der Salzburger Gebietskrankenkasse über die eigentlichen Missstände hinaus auch eine politische Dimension.
    In der Salzburger Gebietskrankenkasse sind, so Haider, alle Positionen auch per schriftlichem Vertrag in Proporz zwischen SPÖ und ÖVP aufgeteilt.
    Und ausgehend von der Salzburger Gebietskrankenkasse erhebt Haider sechs zum Teil schon bekannte Forderungen, um das Sozialversicherungssystem überhaupt zu verändern.
    Diese Forderungen sind Auflösung aller Selbstverwaltungskörper und Eingliederung in die allgemeine Bundesverwaltung, das heißt sie der direkten Kontrolle durch das Parlament zu unterstellen.
    Zweitens, aus Rechnungshofberichten müssten auch Konsequenzen gezogen werden.
    Weiters, Proporzvereinbarungen im Sozialversicherungsbereich seien überhaupt aufzulösen.
    Ehrenamtliche Funktionen im Sozialversicherungsbereich sollten ersatzlos gestrichen werden.
    Die zu Unrecht bezogenen Leistungen im Bereich der Salzburger Gebietskrankenkasse müssten zurückgezahlt werden und schließlich alle Betriebskrankenkassen seien aufzulösen und mit den Gebietskrankenkassen zu fusionieren.
    Zweites Thema, die aktuellen Entwicklungen in Kärnten.
    FPÖ-Chef Jörg Haider hat vor kurzem in einem Zeitungsinterview angekündigt, er wolle nach den Angriffen wegen seiner Äußerungen über die österreichische Nation jetzt jedenfalls in der Bundespolitik bleiben.
    Nach Satz Haiders in dem Interview, die Funktion des Kärntner Landeshauptmannes strebe ich jetzt nicht mehr an.
    Heute nahm Haider diese Äußerung indirekt wieder zurück.
    Die Kärntner FPÖ werde ihre Entscheidungen über das weitere Vorgehen von den nächsten Schritten der SPÖ abhängig machen, sagte Haider.
    Landeshauptmann Leopold Wagner hat nach dem Reser-Prozess ja angedeutet, er könnte aus der Politik ausscheiden.
    Haider zunächst zu diesem möglichen Schritt, das wäre unakzeptabel.
    Wagner müsste sich bei der nächsten Landtagswahl dem Urteil über seine Politik stellen und dürfte nicht aus der Verantwortung für Fehler in Kärnten fliehen.
    Frage an Haider, glauben Sie denn nicht, dass ein Mensch nach so einem Attentat auch psychisch getroffen sein könnte?
    Haider dazu, nein, das glaube ich nicht.
    Wagner hat sich gut regeneriert und jedermann weiß, dass er nicht im Entferntesten tatsächlich an Rücktritt denkt.
    Und Haider weiter?
    Er nimmt den Riesaprozess als Vorwand, um jetzt einmal eine Komödie aufzuziehen, hinter der er wenig Ernsthaftigkeit stellt.
    Er will sozusagen jemanden verkörpern, der gar nicht abtreten will, aber gleichzeitig gerufen werden will.
    Und das wird halt nicht gehen.
    Momentan organisiert man quer durch die Bezirke Solidaritätsbotschaften, wo also die Funktionäre sagen, Leopold bleib!
    Während die Parteispitze sagt Leopold G. Und auf weitergehende Fragen, wie er Haider im einen oder anderen Fall entscheiden würde, was also die Kärntner FPÖ im Falle eines Wagner-Rücktritts und was sie im Falle seines Verbleibs im Amt bei der nächsten Landtagswahl unternehmen werde, sagte der FPÖ-Chef...
    ist durchaus vorstellbar, dass meine Lust, mich mit Leopold Wagner zu messen, schon steigen würde, wenn er noch einmal in den Ring steigt in der Landtagswahl 1981 und sich wirklich dort dem Urteil stellt, für das er verantwortlich ist, nämlich dem Wählerurteil.
    Naja, wenn er nicht mehr kandidieren würde, ist das Ganze natürlich nicht so reizvoll, denn hinten noch sind ja wirklich keine attraktiven Alternativen angeboten.
    Wie tut sich Heider aber mit der ÖVP, mit der er ja zusammengehen müsste, um gegebenenfalls Landeshauptmann zu werden?
    ÖVP-Generalsekretär Helmut Kuckatzka hat die Kärntner ÖVP ja gleichsam vor einer Liaison mit Haider gewarnt.
    Jörg Haider dazu.
    Die ÖVP-Organisation hat die Besonderheit, dass in der Regel das nicht geschieht, was die Generalsekretäre befähigen.
    Daher interessiert mich das überhaupt nicht, was der Generalsekretär der ÖVP sagt, der ja auf Wiener Ebene ohne dies nur so etwas darstellt wie einen Sondermüllflüchtling aus Oberösterreich, nachdem er dort abgezogen wurde, weil er mit seinen Umweltagenten nicht zu Rande gekommen ist.
    Denn wenn das stimmt, was der General als Linie vorgibt, dann erwarte ich, dass in nächster Zeit eine Reihe von Bereichen der Zusammenarbeit aufgekündigt werden.
    Ein solcher Bereich der Zusammenarbeit, der aufgekündigt werden müsste, ist die Koalition zwischen FPÖ und ÖVP in der Landeshauptstadt Klagenfurt.
    Haider hofft jedenfalls, dass sich die Kärntner ÖVP von den Aussagen Kukatzkas nicht beeinflussen lasse.
    Und damit zurück zum Studio des Mittagsschinals.
    Franzi Mbürger berichtete von einer Haider-Pressekonferenz.
    Bei einem großen Teil der Ö3-Hörer kann ich mich für eine Unterbrechung dieses Berichts durch den Ö3-Verkehrsdienst nur entschuldigen.
    Um Jörg Haiders Meinung, die österreichische Nation sei eine ideologische Missgeburt, ging es in der heutigen Pressekonferenz so gut wie nicht.
    Dazu erklärte der Führer der vom Verfassungsgerichtshof als neonazistisch bezeichneten NTP Norbert Burger,
    Haiders Bewertung sei absolut richtig.
    Mit dem Begriff österreichische Nation, der im Auftrag Stalins erfunden worden sei, solle zum Ausdruck gebracht werden, dass unser schönes Heimatland mit dem deutschen Volk und der deutschen Nation nichts mehr zu tun hat.
    Und um die Missgeburt der österreichischen Nation wird heute ab 22.22 Uhr in FS2 im Club 2 unter der Leitung von Axel Korte diskutiert.
    Mit Gästen wie Jörg Haider, Ex-Nationalratspräsident Alfred Malita, dem Historiker Gerald Sturz und dem Publizisten François Bondy.
    Wirtschaftsminister Robert Graf hat heute in einer Pressekonferenz eine Art Bilanz seiner bisherigen Tätigkeit als Chef eines der größten Ressorts gezogen.
    Zum eigentlichen Schwerpunktthema wurde allerdings das von Graf befürwortete Ansuchen Österreichs um einen Vollbeitritt zur europäischen Gemeinschaft.
    Auch jüngste EG-Stimmen zu Österreichs Neutralität als Beitrittshindernis bringen Graf von seiner EG-Linie nicht ab, berichtet Bettina Reuter.
    Minister Robert Graf sieht wirtschaftspolitisch keine Alternative zu einem Vollbeitritt Österreichs zur EG.
    Und auch die Realisierung eines europäischen Binnenmarkts ohne die Teilnahme Österreichs und der Schweiz hält Graf für unmöglich.
    Was Österreichs Beitrittsansuchen anlangt, meint Graf,
    Ich bin überzeugt, im zweiten Halbjahr des nächsten Jahres sollte dieser Brief geschrieben werden mit einer einzigen unabdingbaren Forderung, die Akzeptanz der immerwährenden Neutralität.
    Ich sehe trotz verschiedener Äußerungen, die mich nicht überrascht haben, die sichere Möglichkeit, dass sich das vereinbaren lässt, die Neutralität ist ganz ohne Frage unser höchstes Gut, dass wir nicht aufgeben werden.
    Zu einwenden aus dem Ausland, zitiert Graf, EG-Außenkommissär, Willi de Klerk.
    Wer nicht fragt, kann keine Antwort bekommen.
    Ich bin mir völlig darüber bewusst, über zwei Dinge, die man geflissentlich übersieht.
    Nicht alle warten auf Österreich, nicht alle EG-Staatskanzleien und Ministerien sind versessen, uns zu haben.
    Aus den verschiedensten Gründen Hochagrarländer in der EG sind nicht gerade begeistert, dass das Agrarland Österreich hineinkommt.
    Nur als Beispiel sei das gesagt.
    Und dann das Zweite.
    Wir wollen nicht die Rosinen aus dem Kuchen der EG, aber wir wollen unsere Neutralität.
    Graf hat den EFTA-Ministern mitgeteilt, dass Österreich keine Minute früher seine Mitarbeit in der EFTA einstellen werde, als eine positive Antwort aus der EG vorliege.
    Graf ist ja dieses Jahr noch Vorsitzender der EFTA.
    Dass die EG sich zu einem paramilitärischen Vertretungsapparat entwickeln könnte, wie das ja etwa die UdSSR befürchtet, glaubt Graf angesichts der zunehmenden Wirtschaftskontakte der EG mit dem Ostblock nicht.
    Allgemein warnte Graf davor, im Hinblick auf die EG die österreichischen Wettbewerbsbedingungen zu gefährden und etwa im Umweltschutz zu strenge Vorschriften zu erlassen.
    Und er spielte dabei auf verschiedene Auseinandersetzungen mit Umweltministerin Fleming an.
    Einer der Punkte war die Frage, wann die Verordnung über das Verbot der Treibgase in Kraft treten solle.
    Ministerin Fleming möchte ja das Abfüllverbot mit Februar 1989 und das Verkaufsverbot mit Anfang 1990 in Kraft treten lassen.
    Graf möchte das um ein Jahr später und kommentiert das so.
    Aber Sie sehen ja, wir sind in guter Kondition.
    Es wurde mir attestiert, dass ich ein charmanter Mann bin.
    Es tat mir diese Feststellung gut.
    Ich habe sie lange nicht gehört.
    Noch eine abschließende Bemerkung.
    Zu seinem Wunsch, ungenützte Immobilien des Bundes zu verkaufen, meinte der Wirtschaftsminister heute, er habe nie die Absicht gehabt, historische Gebäude öffentlich feil zu bieten.
    In Salzburg war ja deshalb Aufregung entstanden, weil die Festung auf einer diesbezüglichen Computerliste aufscheint.
    Das war ein Beitrag von Bettina Reuter.
    Und zu meinem vorherigen Programmhinweis auf den heutigen Club 2 über die österreichische Nation haben wir jetzt eine Programmänderung erfahren.
    Alfred Mallet, der Ex-Nationalratspräsident, musste aus Gesundheitsgründen absagen, aber es wurde ein neuer Gast eingeladen, der Bildhauer Alfred Rydlitschka.
    Und jetzt gleich noch ein Programmhinweis, ein auf unser heutiges Abendjournal dessen.
    Formaldehyd ist seit Jahren als Wohngift in Verruf.
    Bei zu hoher Konzentration reichen die Folgen der stechend riechenden, in jedem vierten Produkt enthaltenen Substanz von Kopfschmerzen bis zu schweren Vergiftungen.
    Die Diskussion um Gesundheitsschädigungen durch Formaldehyd zeigt ihre Wirkung.
    Der Tischler Peter Kledorfer etwa hat seither seinen Umsatz verdoppelt.
    Wir haben fast täglich Anfragen, ob wir Möbel mit Möbel machen, die kein Formaldehyd enthalten.
    Wir arbeiten mit Leimen, in denen das so wenig wie möglich vorhanden ist, also drinnen ist das Formaldehyd.
    Und wir schauen einfach darauf, dass wir so wenig wie möglich Leim verwenden.
    In 20 bis 30 Prozent der österreichischen Neubauwohnungen, schätzt Professor Erich Panzhauser von der Technischen Universität Wien, ist die Vormaldehydbelastung zu hoch.
    Sein Rat, die Fenster aufmachen, auch im Winter.
    Man soll auch im Winter eine Dauerlüftung haben, etwa in dem Ausmaß, dass das Luftvolumen des Raumes alle zwei Stunden völlig erneuert wird.
    Gesetze, die einen Grenzwert für die Formaldehydbelastung von Produkten festlegen, sind trotz der jahrelangen Diskussion erst in Planung.
    Wie kann man Formaldehyd vermeiden?
    Wie hat die Industrie auf die Angst der Konsumenten reagiert?
    Hören Sie dazu heute Abend in Österreich 1 um etwa 18.20 Uhr ein... ...Journal Panorama.
    Und jetzt weiter im Mittag-Journal-Programm.
    Der unter anderem mit neun Oscars ausgezeichnete, auch von der CA mitfinanzierte Bervolucci-Film Der letzte Kaiser ist nach mehrmaliger Verschiebung der Premiere nun vergangene Woche erstmals auch in der Volksrepublik China öffentlich gezeigt worden.
    Der dort 1986 an Originalschauplätzen gedrehte Film erzählt das Leben von Pui, der 1908, dem zarten Alter von drei Jahren, zum letzten Manchu-Kaiser gekrönt worden war.
    Als 1911 das chinesische Kaiserreich von einer Republik abgelöst wurde, war er sechs.
    Doch 1934 wurde er von den Japanern neuerlich zum Kaiser ernannt.
    Zum machtlosen Herrscher von deren Marionettenstaat Manchukuo.
    1945 von der sowjetischen Roten Armee gefangen genommen, vier Jahre später an China ausgeliefert, als Kriegsverbrecher verurteilt, kam Pui erst 1959 wieder frei und führte bis zu seinem Tod 1967 ein Pensionisten-Dasein in Peking.
    Seine Autobiografie »Ich war Kaiser von China« diente Bernardo Bertolucci als Vorlage für seinen Film, der jetzt, wie gesagt, auch in Peking angelaufen ist.
    Mehr von Helmut Opletal.
    Als Bernardo Bertolucci 1983 in Peking die Verhandlungen über die Drehgenehmigung für den Film »Der letzte Kaiser« führte, war von vornherein klar, dass es sich um eine Filmproduktion
    ausschließlich für den ausländischen Markt handeln würde.
    Die Volksrepublik China stellte nur gegen großzügige finanzielle Abgeltung die Originalschauplätze und die Infrastruktur zur Verfügung.
    Chinesische Schauspieler wurden zur Mitwirkung eingeladen, Einheiten der Armee, buddhistische Mönche und Volkstanzensembles als Statisten abkommandiert.
    Ein stellvertretender Kulturminister nahm im Film selbst sogar die Rolle des Polizeioffiziers an.
    der den ehemaligen Kaiser im Kriegsverbrecherprozess verhört.
    Aber die inhaltliche Gestaltung wurde ausschließlich dem Regisseur Bertolucci überlassen, da man von Anfang an nie an eine Vorführung in der Volksrepublik China selbst gedacht hat.
    Doch spätestens nachdem das Werk dieses Jahr wie kaum ein anderer Film zuvor mit zahlreichen Oscars preisgekrönt worden ist, forderten chinesische Kulturpolitiker auch eine öffentliche Aufführung im eigenen Land.
    In der letzten Woche ist der letzte Kaiser nun in zwei Pekinger Premierenkinos zu einer Voraufführung angelaufen.
    Der offizielle Start im ganzen Land soll Ende September über die Bühne gehen und Bertolucci will zu diesem Anlass selbst nach China reisen.
    Hunderte Zuschauer drängten sich in den ersten Tagen um Eintrittskarten für die Aufführungen in Peking.
    Doch, so die Berichte aus China, waren viele von der Bertolucci-Bearbeitung des zeitgeschichtlichen chinesischen Stoffes enttäuscht.
    zu sehr mit europäischen Augen, exotisch verbrämt und mit übertriebenen China-Klischees beladen.
    Und wohl auch etwas vorbei an der historischen Realität habe der italienische Starregisseur seine Filmversion angelegt, lautet die am häufigsten vernommene Kritik.
    Die Witwe und letzte Frau des 1967 verstorbenen ehemaligen Kaisers, die heute 63-jährige Li Shuxian, meinte in ihrem ersten Interview für eine westliche Nachrichtenagentur, Bertolucci sei zu sehr von der historischen Realität abgewichen, um dem westlichen Publikumsgeschmack Genüge zu tun.
    Im Besonderen kritisiert sie eine Szene im ersten Filmdrittel, wo der 17-jährige Kaisersprössling Pouy seine Hochzeitsnacht gemeinsam mit seiner ersten Braut und einer Konkubine mit ausgiebigen Liebesspielen unter der Bettdecke verbringt.
    So etwas wäre am von Feudaler Stränge regierten Kaiserhof absolut unmöglich gewesen, sagte die Witwe des letzten Kaisers.
    Die Chinesen können diese Szene genauso wie einige andere als sexuell zu offenherzig empfundene Passagen nur in beschnittener Version sehen.
    Auch eine zweite Szene gegen Ende des Films, wo sich die frühere Konkubine von einer lesbischen Chinesin liebkosen lässt, die als Spionin für die Japaner arbeitete, fiel der Schere der Pekinger Zensoren zum Opfer.
    Doch die meisten übrigen, zum Teil auch politisch heiklen Szenen des Films wurden auch in den für das chinesische Publikum bestimmten Filmkopien in voller Originallänge belassen.
    Niemand rechnet allerdings damit, dass der letzte Kaiser in der Volksrepublik China genauso ein Kassenschlager werden könnte wie in Europa und Nordamerika.
    Vor allem viele junge Chinesen werden sich den Film aus Neugier ansehen, doch dem chinesischen Massengeschmack viel eher zu entsprechen scheint eine 28-teilige Fernsehserie, in der der bekannte chinesische Regisseur Zhou Huan den gleichen historischen Stoff
    nach Ansicht chinesischer Experten historisch viel präziser verfilmt hat.
    Nach dem Erfolg im eigenen Land wollen die Produzenten dieser chinesischen Version des letzten Kaisers die Fernsehserie demnächst auch westlichen Anstalten verkaufen.
    Ein neuer Martin-Walser-Roman, Jagd, erscheint demnächst im Surkamp-Verlag.
    Der 61-jährige Schriftsteller, der spätestens seit den 60er-Jahren zu den wichtigsten deutschsprachigen Autoren gezählt wird, widmet sich mit Jagd seiner gewohnten Romanthematik, bundesdeutsche Kleinstadt.
    Schrieb wieder ein Buch, das in den Zyklus der einsilbigen Helden-Walsers gehört, berichtet Brigitte Hofer.
    Martin Walser-Leser kennen den Mann schon.
    Aus den Romanen Seelenarbeit und Schwanenhaus.
    Dr. Gottlieb Zürn ist Immobilienmakler am Bodensee, also dort, wo Walser seit 30 Jahren lebt.
    Ein Selbstzweifler, nicht geschaffen für den wirtschaftlichen Machtkampf in einer Gesellschaft, die Profit über alles stellt.
    Die Häuser verkauft jetzt Anna, seine Frau.
    Sie hat das größere Standvermögen.
    Dafür bleibt Gottlieb zu Hause, träumt, dichtet.
    Gottlieb ist in Walsers neuem Roman Jagd, fast nur von Frauen umgeben.
    Da sind die entschlossene, starke Anna, die Ehe mit Anna ist nicht mehr das, was sie einmal war, und auf der Gegenseite Gisela und Annette, die in dem etwa 60-Jährigen noch einmal Sehnsucht und Lust anstacheln.
    Annette, eine Frau in psychotherapeutischer Behandlung, die wegen ihrer politischen Vergangenheit unter das Berufsverbot fällt und die ihr Leben nicht verkraftet.
    Eine Frau, die so krank wirkt wie die Gesellschaft, die sie in die Knie zwingt.
    Gisela, die aggressive Großstädterin.
    Eine Jagd nach Liebe, Lust und Nähe entsteht.
    Aber die geheimen Wünsche lassen sich nicht einlösen.
    Gottlieb verliert auch da.
    Eine Walserfigur gewinnt durch Scheitern.
    Mit seinen also zum Teil schon bekannten Figuren holt Martin Walser Welt und Politik in die bürgerliche Idylle am Bodensee.
    Es hat nichts mit einer Fortsetzung zu tun, sondern es ist eine Variation mit diesen Figuren.
    Das ist eigentlich mein ältester Stoff in diesem Figurenkreis.
    Da hat sich halt das Einanderjagen und Gejagtwerden als Motiv
    Jagt also ein Stück Zeitgeschichte durch private Erzählung.
    Meine eigene Empfindung ist ja, dass Bücher nicht explizit von Geschichte und Politik handeln müssen und trotzdem ist in ihnen Politik und Geschichte eingefangen, gegenwärtig und ausgedrückt und ein Verhältnis dazu hergestellt.
    Und wie private Geschichten verlaufen, das ist eben
    So einfühlsamweise die Schilderung Gottlieb Zürns fast erwachsener Kinder in der Jagd gelingt, so schwer nachzuvollziehen sind diesmal seine Frauengestalten, vor allem die ihr erotisches Thema rücksichtslos verfolgende Münchnerin Gisela.
    Ein Bild hart an der Grenze der Lächerlichkeit, der Mann als Jäger und Gejagter.
    Wahr ist diesmal auch der Handwerkliche Ehrgeiz, eine Gruppe von
    Frauenfiguren entstehen zu lassen.
    Nicht nacheinander, sondern durcheinander gewirkt.
    Eine Gruppe von Frauenfiguren, die eben weibliche Existenz und Erfahrung gut von einem Mann aus gesehen, aber doch also mehr als ich es hier in einem anderen Buch versucht habe.
    Sonst dominieren bei mir immer sehr die Männerfiguren.
    Diesmal habe ich das versuchsweise einmal
    Gibt es viele lebendige Vorbilder dafür oder sind die sehr in der Fantasie, in ihrer Fantasie entstanden?
    Ich habe kein bisschen Fantasie.
    Fantasie ist für mich ein totales Fremdwort.
    Ich muss sagen, dass es keinen Satz in einem Buch gibt, der nicht von etwas Wirklichem angeregt wurde.
    Das heißt nicht, dass ich erzähle, was in Wirklichkeit passiert, aber meistens schreibe ich gegen etwas, was in Wirklichkeit passiert ist.
    Zum Beispiel so eine Figur wie die Annette, die ist bis ins
    einzelne hinein aus mehreren Frauenfiguren entstanden.
    Ich könnte die bis ins Einzelne genau angeben und das sind Materialien aus circa 20 Jahren, vielleicht sogar 25 Jahren, die mir so in die Hände gekommen sind und die ich
    Ist da nicht die Gefahr des Bruches, wenn Sie das in so langer Zeit sammeln, des Bruchs einer Persönlichkeit?
    Völlig richtig.
    Das ist sozusagen die wichtigste Erfahrung, die man macht, wenn ein Buch sich so lange angesammelt hat.
    Aber für mich ist alles Material, das sich ansammelt, sekundär beim Schreiben.
    Da muss man aufpassen.
    Man habe schon etwas, wenn man Material hat, kann man nur kurz Zeit verfallen, weil Material hat nichts mit Schreiben zu tun.
    Schreiben ist organisierte Spontanität.
    Jagd, der neue Roman von Martin Weiser.
    Am 1.
    Oktober wird er daraus bei den Rauriser Literaturtagen lesen.
    Brigitte Hofer sprach mit Martin Walser.
    Und jetzt noch einmal zu einer Nachrichtenübersicht ins Nachbarstudio.
    Österreich.
    Das gestrige schwere Eisenbahnunglück in Vorarlberg ist auf menschliches Versagen zurückzuführen.
    Dies bestätigten heute Verkehrsminister Streicher und der Präsident der Bundesbahndirektion Innsbruck, Kien Pointner, bei einer Pressekonferenz in Alpbach.
    Nach den bisherigen Ermittlungen hat der Lokführer des Eilzuges auf das Vorsignal reagiert und eine Bremsung eingeleitet, dann aber aus noch unerklärlichen Gründen wieder beschleunigt und das Hauptsignal überfahren.
    Die daraufhin eingeleitete Schnellbremsung war zu spät.
    Bei dem Zusammenprall zweier Personenzüge sind fünf Menschen ums Leben gekommen, 18 wurden schwer und 28 leicht verletzt.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Die Zahl der Toten der Katastrophe von Rammstein hat sich in der vergangenen Nacht auf 47 erhöht.
    Vier Personen erlagen in Krankenhäusern ihren schweren Verletzungen.
    Die Zahl der Toten könnte sich noch erhöhen, da einige Patienten in akuter Lebensgefahr sind.
    In verschiedenen Kliniken befinden sich insgesamt 344 Verletzte.
    Von den 34 Todesopfern, die unmittelbar an der Abstürzstelle starben, sind bisher erst sechs identifiziert worden.
    Österreich FPÖ-Parteiobmann Haider hat heute eine umfassende Reform des Sozialversicherungssystems in Österreich gefordert.
    Anlass dafür sind die vom Rechnungshof aufgedeckten Unregelmäßigkeiten in der Geschäftsführung der Gebietskrankenkasse Salzburg.
    Unter anderem verlangte Haider deshalb die Auflösung der Selbstverwaltungskörper, die Kündigung der Proporzvereinbarungen im Sozialversicherungsbereich und die ersatzlose Streichung ehrenamtlicher Funktionäre, die für ihre Tätigkeit monatlich zwischen 18.000 und 56.000 Schilling kassierten und daraus den Anspruch auf eine Zusatzpension ableiteten.
    Zur Landtagswahl in Kärnten im kommenden Jahr sagte Haider, Landeshauptmann Wagner versuche im Zusammenhang mit dem Rieser-Prozess durch eine Mitleidsmasche seine verfehlte Politik vergessen zu machen.
    Haider ließ es offen, ob er für die Funktion des Landeshauptmanns nach der Landtagswahl zur Verfügung stehen werde oder nicht.
    Die Freiheitlichen Kärntens wollen zweitstärkste Partei werden.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Mit massiven Vorwürfen gegen die Bundesregierung ist heute in Münster der Parteitag der Sozialdemokraten eröffnet worden.
    Parteivorsitzender Vogel beschuldigte die bürgerlich-liberale Koalition, Versprechungen nicht eingehalten zu haben.
    Sie habe weder die Massenarbeitslosigkeit abgebaut, noch die Staatsschulden verringert.
    Vogel rief die Delegierten dazu auf, mit der Ausarbeitung eines künftigen Regierungsprogrammes zu beginnen.
    In der Wirtschaftspolitik müssten vor allem Qualifikationen und Investitionen gesteigert werden, forderte der SPD-Chef.
    Schweiz.
    Die Verhandlungen zur Beilegung des Krieges am Persischen Golf werden heute in Genf auf Ministerebene fortgesetzt.
    Gestern waren die Gespräche nur auf Expertenebene geführt worden.
    Die Verhandlungen zwischen den Außenministern des Iran und des Irak sind durch einen Streit über die Grenzziehung im Shuttle Arab ins Stocken geraten.
    UNO-Generalsekretär Pérez de Cuéllar will nun einen Kompromissvorschlag ausarbeiten.
    Schweiz.
    Bei den Bemühungen zur Lösung der West-Sahara-Krise gibt es einen ersten Erfolg.
    Marokko hat den von UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar ausgearbeiteten Friedensplan grundsätzlich akzeptiert.
    Die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend, teils heiter, teils noch stark bewölkt.
    Nachmittagstemperaturen bis 23 Grad.
    Nachrichten und das Wetter standen am Ende des Mittagsjournals.
    Auf Wiederhören sagt Ihnen im Namen von Redaktion und Technik Fritz Wendl.
    Musik

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kunstflugstaffel in Italien
    Mitwirkende: Kusch, Erich [Gestaltung]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Ort: Rom
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Eisenbahnunfall Vorarlberg: Ursache
    Einblendung: ÖBB-Innsbruck-Präsident Kienbauer, Verkehrsminister Streicher
    Mitwirkende: Gassner, Susanna [Gestaltung] , Kienbauer, ... [Interviewte/r] , Streicher, Rudolf [Interviewte/r]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Sicherheitsvorkehrungen bei den ÖBB
    Mitwirkende: Hutar, Herbert [Gestaltung]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Staupe ist Ursache für Robbensterben
    Mitwirkende: Vieten, Günther [Gestaltung]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Giftmüll-Tourismus vor Britanniens Küste
    Mitwirkende: Zmeck, Gottfried [Gestaltung]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Ort: London [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Eröffnung SPD-Parteitag in Münster
    Einblendung. SPD-Parteichef Vogel
    Mitwirkende: Brandstätter, Helmut [Gestaltung] , Vogel, Hans Jochen
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Ort: Münster [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Skandal in Salzburger Gebietskrankenkasse
    Mitwirkende: Walkner, Brigitta [Gestaltung]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Jörg Haider zu Sozialversicherungssystem und Politentwicklung Kärnten
    Einblendung: FP-Obmann Haider
    Mitwirkende: Simbürger, Franz [Gestaltung] , Haider, Jörg [Interviewte/r]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Robert Graf zu Österreich-Neutralität und EG
    Einblendung: Wirtschaftsminister Graf
    Mitwirkende: Roither, Bettina [Gestaltung] , Graf, Robert [Interviewte/r]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Trailer Panorama: Diskussion um Formaldehyd in Möbeln
    Einblendung: Tischler Kleedorfer, Universitätsprofessor Panzhauser
    Mitwirkende: Langer, Waltraud [Gestaltung] , Kleedorfer, Peter [Interviewte/r] , Panzhauser, Erich [Interviewte/r]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bertolucci-Film "Der letzte Kaiser" in Chinas Kinos
    Mitwirkende: Opletal, Helmut [Gestaltung]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Telefoninterview mit Martin Walser
    Interview: Schriftsteller Walser
    Mitwirkende: Hofer, Brigitte [Gestaltung] , Walser, Martin [Interviewte/r]
    Datum: 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1988.08.30
    Spieldauer 00:59:40
    Mitwirkende Wendl, Fritz [Moderation] [GND]
    ORF [Produzent]
    Datum 1988.08.30 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-880830_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

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    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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