Mittagsjournal 1988.11.24

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag, aus dem Studio des Mittagsschanals meldet sich heute Werner Löw und das mit folgendem Themenangebot.
    Der neue polnische Ministerpräsident Rakowski zu Besuch in Österreich.
    Das ungarische Parlament wählt Miklos Nemeth zum neuen Regierungschef.
    Die nichtrussischen Nationalitäten von Lettland bis Georgien proben weiterhin den Aufstand gegen die Verfassungsreform der Moskau-Zentrale.
    In Wien wird der Vertrag mit der Sowjetunion über den ersten österreichischen Kosmonauten unterzeichnet.
    Freiheitlichen Obmann Haider nimmt Stellung unter anderem zur Zusammenlegung dreier Landtagswahlen und zu einem überraschenden Personalwechsel bei den Freiheitlichen in Tirol.
    Familienministerin Flemming kündigt die Einführung eines Umweltgütesiegels an und die ÖVP-Spitze berät über parteiinterne EG-Widerstände.
    Irmgard Seefried ist in der Nacht auf heute gestorben.
    Die Kulturredaktion gestaltet einen Nachruf auf die weltberühmte Sopranistin der Wiener Staatsoper.
    Und als zweites Kulturthema ein Rückblick auf die Diskussion um das Hrdlicka-Mahnmal, das ja heute Abend auf dem Wiener Albertinerplatz feierlich enthüllt werden soll.
    Ein großes Programm also im Mittagsschnall.
    Zu Beginn aber wie immer die Nachrichten.
    Geschrieben von Helmut Koller, gelesen von Josef Wenslich-Natek.
    Ungarn.
    Das Parlament in Budapest hat heute den 40-jährigen Wirtschaftswachmann Miklos Nemet zum neuen Ministerpräsidenten gewählt.
    Nemet ist Nachfolger von Kari Gros, der sich künftig nur noch seinen Aufgaben als Parteichef widmen wird.
    Staatsminister für Wirtschaftsangelegenheiten wird der 65-jährige Rege Niersch sein.
    Bei der Herbstsitzung des ungarischen Parlaments wird auch über die Erneuerung des politischen Systems, vor allem die Frage der Einführung eines Mehrparteien-Systems, das wirtschaftliche Stabilisierungsprogramm und über die Wirtschaftsziele für 1989 diskutiert.
    Österreich Der polnische Regierungschef Mieczysław Rakowski ist am Vormittag zu einem offiziellen dreitägigen Besuch in Österreich eingetroffen.
    Rakowski wurde am Flughafen Winschwechert von Bundeskanzler Franitzki und Verstaatlichen Minister Streicher empfangen.
    Der polnische Regierungschef ist bereits im Bundeskanzleramt zu einer ersten Gesprächsrunde mit Bundeskanzler Franitzki zusammengetroffen.
    Auf dem Programm des Besuches stehen auch Unterredungen mit Vizekanzler Mock, ein Empfang durch Bundespräsident Waldheim, sowie ein Besuch im Wiener Rathaus.
    Sowjetunion
    Mehr als 800.000 Menschen haben heute früh in Baku, der Hauptstadt der Sowjetrepublik Aserbaidschan, demonstriert.
    Erst gestern ist über die Hauptstadt eine nächtliche Ausgangssperre verhängt worden.
    Anlass dazu waren Zusammenstöße zwischen Aserbaidschanern und Armeniern im Konflikt um die Region Berg-Karabach.
    Unterdessen kam es auch in der georgischen Hauptstadt Tiflis zu Massenkundgebungen.
    Dort demonstrierten gestern Abend hunderttausende Menschen gegen die geplante Verfassungsreform und verlangten mehr Eigenständigkeit.
    Philippinern.
    In einem abgelegenen Dorf auf der Insel Cebu ist es heute Nacht zu einem Massaker gekommen.
    Bewaffnete Männer haben während eines Gottesdienstes eine katholische Kirche überfallen und auf die Besucher geschossen.
    Insgesamt sollen dabei 17 Menschen getötet und weitere neun Personen verletzt worden sein.
    Der Anschlag ist vermutlich auf Spannungen zwischen kommunistischen und antikommunistischen Gruppen auf den Philippinern zurückzuführen.
    Irak, Iran
    Mit Problemen hat der Austausch von Kriegsgefangenen zwischen dem Iran und dem Irak begonnen.
    Die Regierung in Bagdad warf dem Iran vor, sich nicht an die vereinbarte Zahl von täglich 115 Gefangenen zu halten und kündigte an, weniger iranische Kriegsgefangene freilassen zu wollen.
    Der Gefangenenaustausch vollzieht sich unter Aufsicht des Internationalen Roten Kreuzes und umfasst zunächst 1.500 Kranke und Versehrte.
    Das Internationale Rote Kreuz schätzt, dass auf beiden Seiten zusammen etwa 100.000 Kriegsgefangene festgehalten werden.
    Österreich.
    Kammersängerin Irmgard Seefried ist heute Nacht im Alter von 70 Jahren in Wien gestorben.
    Die Künstlerin galt als weltweit gefeierte Mozart-Interpretin.
    Irmgard Seefried begann ihre Karriere unter Herbert von Karajan bei einem Engagement in Aachen.
    Seit Mai 1943 war sie ständig an der Wiener Staatsoper verpflichtet.
    Über zwei Jahrzehnte lang wirkte ihrem Gart Seefried auch bei den Salzburger Festspielen mit.
    Zuletzt gab sie ihre Erfahrungen an junge Künstler als Musikpädagogin weiter.
    Auf dem Platz vor der Wiener Albertina wird heute Abend das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus enthüllt.
    Um das Denkmal des Bildhauers Alfred Radlicka hat es seit der Auftragserteilung an den Künstler immer wieder Kontroversen gegeben.
    ÖVP-Hauptgeschäftsführer Peter Marbo bedauerte, dass es keinen breiten Konsens in der Bevölkerung gegeben habe.
    Der grüne Abgeordnete Fuchs meinte, es sei höchste Zeit gewesen, dass in Österreich an einem markanten Platz der Opfer des nationalsozialistischen Regimes gedacht werde.
    Zu tumultartigen Szenen kam es gestern Abend bei einer von der jüdischen Wohlfahrtsvereinigung B'nai B'ritt organisierten Diskussion mit dem Titel »Schreiben Österreichs Zeitungen antisemitisch?«.
    Zur Diskussion waren unter anderem als Vertreter der Neuen Kronen Zeitung Herausgeber Hans Dichand, Chefredakteur Friedrich Dragon sowie der Autor der Staberl-Kolumne Richard Nimmerrichter erschienen.
    Noch vor Beginn der Veranstaltung bewirkten Angehörige der Vereinigung Jüdischer Hochschüler mit einer lautstarken Protestaktion, dass zunächst die Organisatoren der Diskussion versuchten, die Aktion zu unterbinden, und schließlich Dichand, Dragon und Nimmerrichter den Saal verließen.
    Die jüdischen Hochschüler argumentierten, Vertreter der Kroner Zeitung sollten später nicht sagen können, sie seien nicht antisemitisch, weil sie sich mit Juden an einen Diskussionstisch gesetzt hätten.
    Damit hätte man historische Tatsachen geschaffen.
    Das waren die Meldungen.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im Norden und Osten Österreichs meist stark bewölkt.
    Mitunter unergiebiger Schneefall.
    Im Westen und Süden heiter bis wolkig.
    Mäßiger im Osten zum Teil auch lebhafter Wind aus West bis Nordwest.
    Nachmittagstemperaturen minus 5 bis plus 2 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Freitag im Westen und Südwesten teilweise sonnig.
    Sonst veränderliche, zum Teil auch starke Bewölkung.
    Gebietsweise Niederschlag in Tiefenlagen mitunter auch in Form von Schnee, Regen oder Regen.
    Mäßiger Nordwestwind, Tageshöchsttemperaturen minus vier bis plus vier Grad.
    Die Wetterforscher auf Übermorgen Samstag.
    Im Süden teilweise sonnig, sonst aber aufgelockert bis stark bewölkt.
    Regional unergiebiger Niederschlag.
    Tageshöchsttemperaturen am Samstag 0 bis 5 Grad.
    Hier die Messwerte von 12 Uhr Mittag.
    Wien bedeckt 2 Grad, Westwind 30, Spitzen bis 50 Kilometer in der Stunde.
    Eisenstadt, St.
    Pölten und Linz bedeckt minus 1 Grad.
    Salzburg bedeckt minus zwei.
    Innsbruck, Heiter minus fünf Grad.
    Bregenz, Heiter minus drei.
    Graz, Heiter minus neun.
    Und Klagenfurt, Heiter bei minus acht Grad.
    Es ist jetzt genau acht Minuten nach zwölf, die ersten Beiträge im Mittagsschornal führen uns ins Ausland.
    Das Parlament in Budapest hat am Vormittag Miklos Nemet zum neuen ungarischen Ministerpräsidenten gewählt, als Nachfolger für Karol Gros.
    Gros war ja als Ministerpräsident zurückgetreten, um sich, wie es heißt, in der schwierigen wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Situation Ungarns ganz seinen Aufgaben als KP-Chef widmen zu können.
    Die Partei hatte gestern den erst 40-jährigen Wirtschaftsexperten Nemeth als Großnachfolger nominiert und ihn den erfahrenen Reformer Reysen Niersch als Staatsminister für Wirtschaftsangelegenheiten zur Seite gestellt.
    Mehr über die Bestellung des neuen Ministerpräsidenten Miklos Nemeth, der Name heißt auf Deutsch übrigens Nikolaus Deutsch, wenn man das übersetzen möchte, mehr darüber jedenfalls telefonisch aus Budapest von Karl Stipschitz.
    Tag dem Blitzlichtgewitter der ungarischen Fotografen stellen.
    Der neue Ministerpräsident, er ist der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt, sitzt in der zweiten Reihe des Budapester Parlaments.
    Schräg vor ihm Karol Groß, der sich nun auf sein Amt als kommunistischer Parteichef beschränken will.
    Miklos Nemec, der erst 40-Jährige, gilt vielen als verlängerter Arm des dynamischen Parteivorsitzenden.
    Das kam auch schon zu Beginn der heutigen Parlamentssitzung zum Ausdruck.
    Der als sehr eigenwillig bekannte Abgeordnete Soltan Kiray störte die feierliche Ruhe und fragte, wieso denn nur der Ministerpräsident ausgewechselt wurde.
    In anderen Ländern sei es so üblich, dass mit dem Regierungschef das ganze Kabinett gehe.
    Miklos Nemec sollte sich seine Mitarbeiter selbst aussuchen und nicht auf den vom Parteichef groß vorgelegten Schienen fahren.
    Der unabhängige Abgeordnete verpackte seinen Protest in einen Antrag zur Abänderung der Tagesordnung.
    Immerhin 45 Abgeordnete stimmten für diesen spontanen Antrag.
    Das Budapester Parlament hat insgesamt 387 Mitglieder.
    Miklos Nimet, der in seiner neuen Rolle als Ministerpräsident noch etwas unsicher wirkt, springt trotz seiner Wirtschaftsausbildung in ein sehr kaltes Wasser.
    In diesem Jahr beträgt das Loch in der Ungarischen Staatskasse 15 Milliarden Forint, also umgerechnet 3 Milliarden Schilling.
    Im nächsten Jahr wird sich dieser Fehlbetrag trotz eines harten Sparprogramms auf 25 Milliarden Forint erhöhen.
    Das sind angesichts der Kleinheit der ungarischen Wirtschaft riesige Beträge.
    Dazu kommt noch eine Auslandsschuld von über 17 Milliarden Dollar.
    Die maßgeblichen Politiker im Land bleiben angesichts dieser Zahlen gelassen.
    Wir können nicht auf halbem Weg stehen bleiben.
    Wir müssen da durch, heißt die Parole der Reformer, die auch nach außen hin vertreten wird.
    In dieser Parlamentssitzung wird das Steuergesetz für die Unternehmen diskutiert und auch verabschiedet.
    Die staatlichen und privaten Unternehmer stört der hohe Steuersatz und auch die 20-prozentige Inflation, die vernünftiges Kalkulieren verhindere.
    In dem Maß, wie die ungarische Gesellschaft bunter und vielschichtiger wird, melden sich von allen Seiten Gruppen und Forderungen.
    Auf allen Universitäten des Landes finden heute Protestversammlungen statt.
    Auf einigen Fakultäten werden die Vorlesungen bestreikt.
    In Budapest wurde eine Demonstration angekündigt.
    Die Studenten protestieren gegen die Vernachlässigung der Universitäten.
    der Finanzminister spare, so die Sprecher der Streikgruppen, am falschen Platz.
    Ministerpräsident Miklos Nemeth und sein Wirtschaftsminister Rajoniaris, ebenfalls neu in der Regierung, sind nur für die ökonomische Seite solcher Proteste zuständig.
    Die politischen Forderungen nach unabhängigen Universitäten werden weniger die Regierung als die kommunistische Parteiführung prüfen.
    Die politischen Gewichte haben sich durch die Ernennung eines neuen Ministerpräsidenten in Ungarn nicht verschoben.
    Die Regierung kümmert sich in erster Linie um die Wirtschaft,
    Die Kommunistische Partei gibt weiterhin die Leitlinien der politischen Reformen vor.
    Karl Stipschitz aus Budapest.
    In Wien ist vor zwei Stunden der polnische Regierungschef Mieczysław Rakowski eingetroffen zu einem dreitägigen Besuch.
    Die österreichische Visite Rakowskis ist seine erste Westreise als Ministerpräsident überhaupt und sie wird von polnischer Seite als modellhaft für die Beziehungen mit anderen Staaten im Westen angesehen.
    Österreich, das sich nach Einführung des Kriegsrechts vor sieben Jahren nicht dem westlichen Wirtschaftsboykott angeschlossen hat, könnte auch heute, so hoffen die Polen, durch neue Kredite der polnischen Wirtschaft auf die Beine helfen.
    Aber auch Rakowskis persönliche Karriere wird in hohem Maße von Erfolg oder Misserfolg in Wien abhängen, analysiert Joanna Ratziner.
    Auch die laufend verschobenen Gespräche am runden Tisch zwischen Staatsmacht und Opposition sind namentlich nach dem Beschluss Rakowskis zur Liquidierung der Leninwerft in Danzig in unbekannte Ferne gerückt.
    Gleichzeitig haben mutige Gesetzesvorschläge in Richtung Liberalisierung und Dezentralisierung der Wirtschaft sowie eine deutliche Akzentverschiebung von der Schwerindustrie weg hin zu Landwirtschaft, Umweltschutz und Konsum zweifelsohne positive Resonanz in der polnischen Bevölkerung gefunden.
    Konkrete Erfolge und minimale Akzeptanz in der bisher nicht eben Rakowski-freundlichen Gesellschaft werden darüber entscheiden, ob Polens neuer Premier sich auch bis nach den nächsten Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr halten wird können.
    Polens Opposition ist in dieser Frage gespalten.
    Die Führung der verbotenen Gewerkschaftsbewegung Solidarność ist vor allem nach dem neuerlichen Scheitern der Vorgespräche zwischen Arbeiterführer Lech Wałęsa und Innenminister General Kiszczak betreffend der Zusammensetzung und der Ziele des geplanten Rundentisches skeptisch.
    Namentlich wurde Rakowski, neben Staats- und Parteichef General Jaruzelski, vom Pressesprecher der Solidarność Onischkiewicz in einem Interview für Radio Freies Europa der bewussten Sabotierung der Versöhnungsgespräche angeklagt.
    Auf eine Unterstützung der breiten Massen dürfe Rakowskis Programm also nicht hoffen, meinte Onischkiewicz.
    Etwas differenzierter sieht eine andere Persönlichkeit aus der Opposition die Chancen Rakowskis auf die Leitung von mehr als eines bloßen Übergangskabinetts bis zu den Wahlen.
    Alexander Pashinski war einer der Kandidaten Rakowskis für die Erweiterung seines Kabinetts durch Vertreter der Opposition.
    Pashinski war lange Jahre
    Kollege und Stellvertreter des Chefredakteurs Rakowski in der liberalen Wochenzeitschrift Politiker und gründete nach Einführung des Kriegsrechts einen Wirtschaftsverein zur Beratung privater Bauherren in Polen.
    Rakowski wollte ihn zu seinem Staatssekretär für Wohnbau machen.
    Paschinski lehnte wie alle anderen hauptsächlich deshalb ab, weil er als Individuum, nicht aber als Vertreter einer breiteren politischen Strömung angeworben worden war.
    Paschinski glaubt zu wissen, dass Rakowski längerfristig die Nachfolge General Jaruzelskis als Parteichef anstrebt.
    Wenig Interesse habe Rakowski auch am runden Tisch, wo er zur Zeit nur als schwächerer Verhandlungspartner sitzen würde.
    Wenn es Rakowski gelingt, binnen der kurzen Zeit bis zu den Wahlen an Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung zu gewinnen und konkrete Erfolge zu verbuchen, dann wird er in einem teuflischen Plan für seine Regierung Sondervollmachten fordern, und zwar für einen Zeitraum von zwei Jahren oder mehr, was nicht nur die Parlamentswahlen und die jetzt ausstehende Demokratisierung der Wahlordnung verschieben würde, sondern auch eine Chance wäre, die schweigende Mehrheit der Polen langsam auf seine Seite hinüberzuziehen.
    Noch ist es nicht soweit, aber als sicher kann gelten, dass die Österreich-Visite Rakowskis und hier vor allem die Zusicherung westlicher Devisen in hohem Maße auch die weitere innenpolitische Entwicklung in Polen beeinflussen wird.
    Mit seiner geplanten Verfassungsreform für die Sowjetunion hat Michael Gorbatschow sich auch Geister gerufen, die er wohl nicht gemeint hat und die er nun auch nicht so ohne weiteres los wird.
    Immer mehr nichtrussische Nationalitäten im Vielvölkerstaat fordern mehr Eigenständigkeit von Russland, d.h.
    von der Moskauer Zentrale.
    Die Esten formulierten eine eigene Souveränitätserklärung.
    In Lettland wird dagegen protestiert, dass der dortige oberste Sowjet bisher eine solche Erklärung nach estnischem Muster nicht beraten will.
    Und zuletzt demonstrierten auch in bis dahin ruhigen Georgien im Kaukasus Hunderttausende gegen geplante Verfassungsänderungen.
    Gerade in dieser südlichen Region im Kaukasus wird der Verfassungsstreit ja noch durch den ethnischen Konflikt zwischen Armeniern und Aserbaidschanern überschattet und verschärft.
    Über die neuesten Entwicklungen im Aufbegehren der Nationalitäten in der Sowjetunion ein Bericht von Franz Köstler aus Moskau.
    Die Situation ist nur noch mit der eisernen Faust zu kontrollieren.
    Die Lage in Aserbaidschan hat sich so sehr zugespitzt, dass in der vergangenen Nacht nun auch über die Hauptstadt Baku der Ausnahmezustand verhängt worden ist.
    In den Nachtstunden von 22 Uhr bis 5 Uhr morgens gilt eine Ausgangssperre.
    In zwei weiteren Regionen Aserbaidschans, in Nakhichevan und Kirovabad,
    war bereits gestern der Ausnahmezustand dekretiert worden, nachdem in Kirovada drei Soldaten der Sondereinheiten des Innenministeriums ums Leben gekommen sind.
    Ihre Einheit war in die Stadt entsandt worden, um die Übergriffe aserbaidschanischer Jugendlicher gegen die armenische Minderheit zu stoppen.
    Augenzeugen berichteten heute Vormittag aus Baku, dass die Lage in der 2-Millionen-Einwohner-Stadt extrem gespannt, aber offensichtlich unter Kontrolle sei.
    Im gesamten Stadtgebiet haben gepanzerte Fahrzeugestellungen bezogen und Sondertruppen des Innenministeriums patrouillieren auf den Straßen.
    Seit mehr als einer Woche haben Hunderttausende Aserbaidschaner in Baku anti-armenische Kundgebungen veranstaltet.
    Nachdem die Nachricht bekannt geworden war, dass ein Moskauer Gericht einen jungen Aserbaidschaner wegen der Beteiligung am anti-armenischen Massaker von Sumgait im vergangenen Februar
    zum Tode vorteilt hat, war die Menge kaum noch zu halten.
    Der Bakur-Rundfunk verbreitete ununterbrochen Aufrufe zu Ruhe und Ordnung.
    Am Abend begannen Autokolonnen mit wehenden Fahnen mit hoher Geschwindigkeit durch die Straßen der Stadt zu fahren.
    Der Zugang zu den Armenienvierteln war von Truppen abgeriegelt worden.
    In der Nacht schließlich die Entscheidung, den Ausnahmezustand auszurufen.
    Ein Sprecher des aserbaidschanischen Außenministeriums wollte heute Mittag keine Auskunft darüber geben, ob es in Baku zu Zusammenstößen gekommen ist.
    Die Bilanz der Opfer ist beim Stand von gestern Nachmittag drei Tote und 126 Verletzte.
    Man muss aber davon ausgehen, dass es vor allem in der Provinz, wo sich die Situation nach Angaben von Radio Baku gestern noch weiter verschärft hat, in der vergangenen Nacht weitere Ausschreitungen gegeben hat.
    Die Informationen über die Ereignisse sind sehr beschränkt, denn wie immer in Krisenzeiten hat die Politik der Glasnost nur beschränkte Bedeutung.
    Die Krisengebiete sind für ausländische Korrespondenten gesperrt.
    Die nationalen Medien haben die Unruhen bisher mit keinem einzigen Wort erwähnt.
    Der Sprecher in Baku, der gestern eine erste Opferbilanz bekannt gegeben hatte, wollte heute keine Zahlen mehr nennen.
    Wenige Tage vor der für Dienstag geplanten Diskussion im obersten Sowjet über die Verfassungsreform ist die politische Situation in der Sowjetunion also in eine extreme Spannung geraten.
    Zu den blutigen nationalen Zusammenstößen im Süden kommt die Protesthaltung der Baltischen Republiken im Norden, die gestern einen überraschenden Bündnispartner gefunden haben.
    Auch der georgische oberste Sowjet hat zum Verfassungsprojekt eine ablehnende Haltung bezogen.
    Seit Tagen finden in Tiflis Demonstrationen gegen die Abschwächung des freilich nur theoretischen Rechts der Unionsrepubliken statt, aus der Sowjetunion sozusagen austreten zu können.
    Der Massenprotest findet in der Resolution des obersten Sowjets Georgiens einen Niederschlag.
    Dem Bedenken der Bevölkerung heißt es, müsse Rechnung getragen werden.
    Für Gorbatschow, der die Reform möglichst rasch durchziehen will, um sich ein mächtiges Instrument für seine Öffnungspolitik zu schaffen, ist die Situation somit kritisch geworden.
    Wahrscheinlich verfügt er trotz allem über die Zweidrittelmehrheit im obersten Sowjet, die zur Verabschiedung des Verfassungsprojekts erforderlich ist, aber die zahlreichen Proteste könnten die Parteiführung doch noch zu Zugeständnissen zwingen.
    12.20 Uhr ist es und der nächste Beitrag führt uns aus der Sowjetunion zurück nach Österreich.
    Im Wissenschaftsministerium wurde heute Mittag nämlich der Vertrag über die Beteiligung Österreichs an einem sowjetischen Raumfahrtunternehmen unterzeichnet.
    Ende 1991 oder Anfang 92 wird ein Österreicher oder eine Österreicherin acht Tage an Bord der Raumstation Mir verbringen und dort Experimente österreichischer Wissenschaftler betreuen.
    Die Einladung an Österreich war bereits vor eineinhalb Jahren von Ministerpräsident Rischkow bei einem Besuch in Wien ausgesprochen worden.
    Die Verhandlungen zogen sich aber vor allem wegen der finanziellen Forderungen Moskaus in die Länge.
    Aus dem Wissenschaftsministerium meldet sich Roland Machatschke.
    Österreich hat für seine Raumfahrtwissenschaft und Raumfahrttechnik eine Jahrhundertchance genutzt.
    Denn ein Raumflug eines Österreichers wäre allenfalls innerhalb des Hermes-Programms der Europäischen Weltraumorganisation ESA möglich.
    Aber Hermes existiert einstweilen nur auf dem Papier und wird erst am Ende des nächsten Jahrzehnts einsetzbar sein.
    Die Beteiligung am sowjetischen Raumfahrtprogramm öffnet Wissenschaftlern, Universitätsinstituten und Firmen die Möglichkeit, Erfahrungen zu sammeln, die später auch bei Auftragsausschreibungen der ESA als Argumente eingesetzt werden können.
    Der sowjetisch-österreichische Vertrag sieht einen achttägigen Flug an Bord der Raumstation Mir vor.
    Wissenschaftsminister Tupi heute bei der Unterzeichnung.
    Bei der vorläufigen Erstauswahl der österreichischen Nutzlast während des Fluges wurden viele wissenschaftliche Teilgebiete berücksichtigt.
    Es sind eine Reihe von Forschungsarbeiten im Bereich der Humanmedizin, der Werkstoffkunde und Werkstofftechnologie, der Weltraumphysik und der Fernerkundung vorgesehen.
    unter diesem Gesichtspunkt, dass wir bemüht sind, Ergebnisse in verschiedenartigen wissenschaftlichen Bereichen durch diesen Raumflug zu erzielen.
    werden nun auch die beiden österreichischen Kosmonauten-Kandidaten ausgewählt.
    Bis Ende 1989 müssen aus dem Kreis der 190 Frauen und Männer, die sich auf die Ausschreibung des Wissenschaftsministeriums heuer beworben haben, zwei ausgewählt sein.
    Diese beiden werden dann die spezielle Ausbildung für den Raumflug erhalten.
    Einer wird schließlich für die Mission nominiert.
    Der oder die andere macht das Training aber bis zum Schluss mit, um jederzeit einspringen zu können.
    Von den ursprünglich 190 sind zurzeit noch 130 übrig.
    Sie werden zunächst nach flugmedizinischen Gesichtspunkten von Spezialisten des österreichischen Bundesheeres selektiert.
    Die sechs übrig gebliebenen Kandidaten werden dann in Moskau im Kosmonautenausbildungszentrum besonderen Prüfungen unterworfen, zum Beispiel in Zentrifugen.
    Die Ausbildung für die beiden Endausgewählten dauert 18 Monate.
    Die Sowjetunion fordert für Ausbildung, Start, Aufenthalt des österreichischen Kosmonauten in der Station Mir und Rückkehr zur Erde 85 Millionen Schilling.
    Der Betrag wird in vier Raten gezahlt.
    Darin ist auch der Betrieb der wissenschaftlichen Geräte inbegriffen, die Österreich mitschickt.
    Bis zu 150 Kilogramm können das laut Vertrag sein.
    Die Auswahl der Experimente wird primär von österreichischer Seite getroffen.
    Sie müssen nur in den Rahmen des sowjetischen Programms passen.
    Für diese Experimente sind 75 Millionen Schilling an Budget vorhanden, sodass also die gesamte österreichische bemannte Weltraummission auf 160 Millionen Schilling kommen wird.
    1991, 92, wie gesagt, soll es also soweit sein.
    Schon in der Regierungserklärung vom Jänner 1987 bekannte sich die Bundesregierung dazu, dass Postenbesetzungen im öffentlichen Dienst nach fachlichen Kriterien und ohne Ansehen der Parteizugehörigkeit vorzunehmen seien.
    Im Februar dieses Jahres verabschiedete der Ministerrat einen Gesetzesentwurf und nach oftmals heftigen Parteigesprächen zwischen ÖVP und SPÖ gibt es nun die Vorlage für das Ausschreibungsgesetz 1988.
    Auch der Parlamentarische Unterausschuss für diese Frage hat seine Arbeit abgeschlossen.
    Was genau nun das Parlament demnächst beschließen wird, das haben heute Kanzleramtsminister Franz Löschner für die SPÖ und der ÖVP-Abgeordnete Andreas Kohl vorgestellt.
    Bettina Reuter berichtet.
    Postenschacher und Parteibuchwirtschaft im öffentlichen Dienst wird es nach Überzeugung von Kanzleramtsminister Franz Löschnerk und dem ÖVP-Abgeordneten Andreas Kohl nicht mehr geben, wenn das neue Ausschreibungsgesetz 1988 in Kraft ist.
    Und das wird zur Gänze mit erst im Jänner 90 geschehen.
    Bei Aufnahmen in den Bundesdienst sind darin die öffentliche Einsehbarkeit der Bewerberlisten und anonyme Aufnahmetests vorgesehen.
    Außerdem wird hier erstmals ein Überwachungsausschuss über die Erfüllung der wesentlichen Kriterien wachen.
    Und die sind die Eignung für den ausgeschriebenen Posten und die soziale Bedürftigkeit.
    Was die Beförderungen betrifft, werden künftig mehr Leitungspositionen als bisher ausgeschrieben, etwa auch der Generalsekretär des Bundestheaterverbandes.
    Die Aufnahmetests wird der Überwachungsausschuss überprüfen.
    Seine Zusammensetzung, je ein Vertreter jeder in die Personalvertretung gewählten Fraktion.
    Gibt es dort allerdings nur eine Fraktion, so kommt je ein Vertreter aller anderen wahlwerbenden Gruppen hinzu.
    Allerdings, in den meisten Personalvertretungen sind ohnehin zwei Fraktionen, ÖVP und SPÖ, vertreten.
    Dieser Fall wird also kaum eintreten.
    Anders als die Ausschüsse für die Neuaufnahmen sind die Begutachtungskommissionen für Beförderungen zusammengesetzt.
    Zwei der vier Mitglieder werden von der zuständigen Zentralstelle ernannt, eines von der zuständigen Gewerkschaft und eines vom zuständigen Zentralausschuss.
    Die Kommission reiht die Bewerber als höchstgeeignet, geeignet, weniger geeignet und nicht geeignet.
    Wenn sich nun ein Minister nicht für den höchstgeeigneten entscheidet, so muss er dies in Zukunft begründen.
    Aber, so betont Andreas Kohl,
    Die Entscheidung bleibt, weil wir das Prinzip der Ministerverantwortlichkeit in der Bundesverfassung haben.
    Der Minister trägt ja die Verantwortung für die Einstellung und auch dafür, dass dieser Beamte nicht versagt.
    Daher muss er es verantworten.
    Aber er muss die Gründe mitteilen.
    Diese Gründe sprechen in der Regel für sich selbst.
    Und wenn sie nicht für sich selbst sprechen, ist die öffentliche Meinung ja hier und ist die Personalvertretung hier.
    Und Minister Löschnack ergänzt?
    Es ist nicht die Kommission, die entscheidet, ob jetzt der Herr Mayer oder das Verein Müller aufgenommen wird, sondern es ist nach wie vor der Minister der Entscheidende bzw.
    die personalführende Stelle, die von ihm beauftragt ist.
    Nur der Begutachtungsausschuss hat eine volle Kontrollmöglichkeit.
    und hat damit auch die Möglichkeit festzustellen, ob die Bestimmungen des neu zu schaffenden Ausschreibungsgesetzes eingehalten wurden, ja oder nein, und mit der Außenwirkung, die mit solchen Feststellungen verbunden sind natürlich.
    Am bisherigen System wurde besonders kritisiert, dass es zwar Ausschreibungen gibt, dass sie aber häufig schon auf eine ganz bestimmte Person zugeschnitten sind.
    Die sogenannten maßgeschneiderten Ausschreibungen also, die anderen Bewerbern gar keine Chance mehr lassen.
    Das soll sich nun nach Kanzleramtsminister Löschnack aufhören.
    Das wird in Zukunft nach unseren Intentionen nicht möglich sein, weil die Ausschreibung sich an der jeweiligen Geschäftseinteilung zu orientieren hat und daher etwa
    die Kenntnisse irgendeiner Fremdsprache oder sonstigen, das in diesem Bereich überhaupt nicht von Notwendigkeit ist, nicht mehr Ausschreibungskriterium sein kann und daher das nicht auf einen Einzelfall, der offenbar schon vorher im Auge war, zugespitzt werden kann.
    Die Kosten für die neuen Maßnahmen schätzt man mit rund 5 Millionen Schilling.
    Aber das sollte die Objektivierung den Österreichern schon wert sein, betont Minister Löschnack.
    Jene Kommissionen, die einzelne ÖVP-Minister bereits in ihren Ministerien eingesetzt haben, werden aufgelöst bzw.
    in die nach dem neuen Gesetz zusammengesetzten übergeleitet.
    Dass mit den neuen Regelungen das Parteibuch in den Ministerien seine Wirkung verlieren wird, das glauben sowohl Kohl als auch Löschnack.
    Wir sind überzeugt davon, dass damit die Objektivierung gewährleistet ist, weil wenn wir nicht überzeugt wären, könnten wir gewissens nicht dem Modell des Ort reden.
    Und damit gebe ich zurück ans Studio.
    Ein Bericht von Bettina Reuter.
    Gestern und heute tagten die ÖVP-Spitzengremien zu einem zentralen Beratungsthema, nämlich Europäische Gemeinschaft.
    Das Ergebnis dieser Gespräche ist eine ÖVP-Europaresolution.
    Hören Sie weitere Einzelheiten von Manfred Steinhuber.
    Die Europaresolution, die der erweiterte Bundesvorstand der ÖVP heute beschlossen hat, bestätigt voll den bisherigen Europakurs der Volkspartei.
    Gefordert wird der Übergang von der Bekenntnis zur Handlungsphase.
    Und der Vorsitzende der Europakommission der ÖVP, der Vorarlberger Landeshauptmann Martin Putscher, begründet diese Forderung.
    Es ist dies nicht.
    etwa eine Problematik der Euphorie oder Skepsis, sondern einfach eine konsequente Fortsetzung des bisherigen Weges mit der Zielsetzung einer möglichst raschen Entscheidungsfindung aus politischer und wirtschaftlicher Vernunft.
    Wir möchten ganz bewusst etwa deshalb nicht als Stürmer bezeichnet werden, denn es gibt eine Vielzahl von Gründen, die eine rasche Entscheidung herbeizuführen, es unerlässlich erscheinen lassen.
    Landeshauptmann Putscher meint, eine rasche Entscheidung sei staatspolitisch notwendig, damit die EG nicht zum Wahlkampfthema werden könne.
    Außerdem sei sie ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft.
    Betriebe würden sonst aufs Standort Suche in EG-Länder gehen.
    Außerdem gelte es dafür zu sorgen, dass Österreichs Brückenfunktion zum Osten nicht verloren gehe, da sich die RGW-Länder nun verstärkt um EG-Kontakte bemühten.
    Und auch einen psychologischen Grund nimmt Burca.
    Die Verunsicherung würde zunehmen, wenn die Entscheidung verzögert würde.
    Auch der Tiroler Landeshauptmann Alois Bartl, von dem in letzter Zeit auch skeptischere Töne zu hören waren, bekennt sich nun voll zur Parteilinie.
    Mein Bekenntnis ist also voll zur europäischen Gemeinschaft.
    Das ist schon von der wirtschaftlichen Struktur her in unserem Lande gegeben.
    Eine Isolierung wäre ja für Tirol eine große Gefahr und für ganz Österreich.
    Wir bekennen uns also und ich bekenne mich voll zum Antrag auf Aufnahme von Verhandlungen, aber mit konkreten Zielvorstellungen.
    Diese konkreten Zielvorstellungen sind Bedingungen für die Beitrittsverhandlungen.
    Und zwar volle Wahrnehmung der Neutralität, dann eine umweltfreundliche Lösung des Transitproblems, das heißt eine neue transalpine Eisenbahn mit dem Kernstück Brenner Basistunnel.
    Außerdem will Partell einen Schutz der Bauern nach dem Muster von Südtirol und eine Regelung, die den Ausverkauf an Grund und Boden ans Ausland verhindert.
    Und Generalsekretär Kukacka berichtet, dass die Diskussion in den Parteigremien vollständige Übereinstimmung zu diesem Kurs ergeben habe.
    Jetzt jedenfalls müsse der Brief nach Brüssel abgeschickt werden.
    Soviel aus der ÖVP.
    Ich gebe zurück ans Studio.
    Reporter war Manfred Steinhuber.
    Viele österreichische Konsumenten wünschen sich seit langem ein Umweltgütesiegel, das Produkte als umweltfreundlich kennzeichnet und das damit bei der Kaufentscheidung helfen kann.
    In der Bundesrepublik Deutschland existiert so ein Umweltgütesiegel, der sogenannte Blaue Engel.
    Doch diese Orientierungshilfe für umweltbewusste Konsumenten ist in unserem Nachbarland nicht unumstritten.
    Nicht letzt deshalb, weil sich eben die Geister darüber scheiden, was nun als umweltfreundlich gelten kann und was nicht und was weniger.
    In Österreich könnte es nach jahrelangen, eher fruchtlosen Diskussionen darüber nun doch bald auch ein solches Umweltgütesiegel geben.
    Ministerin Marilies Fleming ist in ihrer Funktion als oberste Konsumentenschützerin dabei, einen ernsthaften Anlauf zur Einführung eines solchen Sieges zu machen.
    Gisela Hopfmüller hat mit Ministerin Fleming darüber gesprochen.
    Frau Minister Fleming, seit Jahren wird in Österreich geredet über ein Umweltgütesiegel, sprich ein Siegel für umweltfreundliche Produkte.
    Bis jetzt gibt es so etwas nicht in Österreich.
    Warum?
    Es gibt in Deutschland den sogenannten blauen Engel und der hat jetzt natürlich einige Mängel gezeigt, an denen wir lernen wollten.
    Wir möchten nicht die gleichen Fehler begehen, die man in der Bundesrepublik begangen hat, die darin bestanden haben, dass man
    ein bisschen irrtümlich den Eindruck erweckt hat, wenn ein Produkt den blauen Engel bekommen hat, dann gibt es überhaupt keine Belastungen der Umwelt.
    So ist es nicht, so kann es nicht sein, sondern was wir mit unserem Umweltgütesiegel erreichen möchten, ist ganz einfach zu zeigen, dieses Produkt,
    ist besser, wenn sie wollen, als andere.
    Was heißt jetzt bessere?
    Die Umweltbelastung durch Emissionen kann geringer sein.
    Die Ressourcenbeanspruchung kann besser sein.
    Recyclingfähigkeit kann gegeben sein.
    Vertriebssystem und Transportmethode kann besser sein.
    Das heißt, man wird, wenn man von einem Produkt sagt, umweltfreundlich, auch hinzufügen müssen, warum.
    Also zum Beispiel, umweltfreundlich, weil dieses Auto einen Katalysator hat.
    Oder umweltfreundlich, dieser Haspre, weil er keine umweltgefährdenden Treibgase hat.
    Das heißt, das Umweltgütesiegel wird dann nur einen Teil des Produktes betreffen?
    Das ist vollkommen richtig und es soll Anreiz sein, für andere Produzenten ähnlicher Produkte hier nachzugehen, denn das Produkt, das absolut umweltfreundlich ist, das wird es nicht geben.
    Das kann wohl nicht sein, sondern man kann nur versuchen, hier schrittweise in Richtung einer Umweltfreundlichkeit zu gehen.
    Nun ist bis jetzt, wie in vielen anderen Bereichen, auch in diesem Bereich von der Wirtschaft sehr viel Skepsis einem Umweltgütesiegel entgegengebracht worden.
    Wie wollen Sie denn diese Skepsis aus der Welt schaffen?
    Wir haben gestern im Konsumentenpolitischen Beirat sehr eingehend darüber diskutiert.
    Wir haben unsere Vorschläge auch schriftlich auf den Tisch gelegt.
    In diesem Konsumentenpolitischen Beirat sind die Sozialpartner vertreten.
    das Justizministerium und selbstverständlich das Wirtschaftsministerium und wir haben uns jetzt einen Zeitrahmen bis Ende Februar gesetzt.
    Bis dahin hoffen wir die Stellungnahmen zu unserem Vorschlag zu haben und hoffen dann die Diskussion beenden zu können.
    Können wir ein bisschen erörtern, wie Ihr Vorschlag im Detail ausschaut?
    Wer soll entscheiden, wer bekommt ein Umweltgütesiegel?
    Es soll jede Firma die Möglichkeit haben anzusuchen und zwar beim Verein für Konsumenteninformation.
    Diese Organisation ist ja auch sozialpartnerschaftlich zusammengesetzt und
    hat ja hier auch die notwendigen Fachleute.
    Hier soll dann dieser Antrag überprüft werden und dem Umweltministerium sozusagen ein Vorschlag gemacht werden.
    Wir würden dann nach Rücksprache mit dem Verein und auf Vorschlag des Vereins, also mit Zustimmung der Sozialpartner, dann dieses Zeichen vergeben.
    Wird in Zukunft jedes Produkt theoretisch, wenn es entsprechend erzeugt wird, ein Umweltgütesiegel bekommen können?
    Nein, das glaube ich sicherlich nicht.
    Es wird einige Produktgruppen geben, die schon von ihrer Substanz her so geartet sind, dass man hier sicherlich kein Umweltgütesiegel wird geben können.
    Zum Beispiel?
    Ja, das könnten verschiedene Lösungsmittel sein, die an sich so problematisch sind, dass man hier auf keinen Fall von Umweltfreundlichkeit sprechen kann.
    Bis wann haben Sie sich denn vorgenommen, wird Österreich so ein Umweltgütesiegel haben?
    Bis zum Frühjahr möglichst.
    Das war Konsumentenschützerin Marilies Fleming mit ihren Plänen, ein Umweltgütesiegel auch in Österreich einzuführen.
    Gisela Hopfmüller sprach mit der Ministerin.
    Der nächste 12.
    März wird ein großer Landeswahltag in Österreich.
    Ursprünglich wollten an diesem Tag eigentlich nur die Salzburger wählen.
    Dann legten sich aber auch die Tiroler und zuletzt die Kärntner auf diesen neuen Termin für ihre Landtagswahl fest.
    Während in beiden Bundesländern offiziell verschiedene Gründe für die vorgezogenen Wahlen genannt werden, gibt es freilich auch Vermutungen, dass der gemeinsame große Wahltag in drei Bundesländern dem FPÖ-Obmann Haider einen Wahlkampfeinsatz wie bei der jüngsten Niederösterreich-Wahl erschweren soll.
    Der Erfolg der Freiheitlichen Niederösterreich ist ja zu einem Teil auf die Wahlkampflokomotive Haider zurückgeführt worden.
    Heute nahm nun der verheitliche Obmann zu den kommenden Landtagswahlen Stellung und er gab dabei auch die neuen Spitzenkandidaten seiner Partei in Tirol bekannt.
    Und Haider richtete eine heftige Kampfansage an die Große Koalition.
    Ernest Hauer berichtet.
    Die Vorziehung der Landtagswahlen in Tirol und Kärnten auf den Termin 12.
    März hält FPÖ-Obmann Jörg Haider für demokratiepolitisch bedenklich und für einen Beweis dafür,
    dass die Große Koalition das ganze Land mit einem rot-schwarzen Strickmuster überziehen wolle.
    Haida spricht von Notstandsmaßnahmen.
    Das ist eine Hysterie, die durch nichts begründet ist.
    Und darüber hinaus waren die Landeshauptleute bisher immer stolz darauf, ihre autonomen Wahltermine festzulegen, weil sie gesagt haben, Landtagswahlen sind Landtagswahlen und Bundeswahlen sind Bundeswahlen und wir wollen beides nicht miteinander vermengen.
    Jetzt haben sie es getan.
    Damit erklären sie quasi den totalen Krieg gegenüber der freiheitlichen Opposition.
    Und wir nehmen das zur Kenntnis und werden Ihnen zeigen, dass Sie, selbst wenn Sie alle wollen, allen Landtagswahlen zugleich jetzt durchführen werden, die FPÖ recht gut über die Runden kommt.
    Wenn jemand den Begriff totaler Krieg, verletzend oder belastet finde, so könne er ja auch Fedehandschuh sagen, meinte Haider.
    Man solle Worte nicht auf die Goldwaage legen.
    Er sei jedenfalls unbelastet, sodass er auch belastete Begriffe gebrauchen könne.
    Die Vorgänge in NÖ oder auch im Lukona-Ausschuss, der nur zum Zudecken dienen solle, zeigten jedenfalls, dass die Koalition die totale Herausforderung der Opposition versuche.
    Haider zeigt sich dennoch optimistisch.
    Wenn manche vor den oder nach den letzten Nationalratswahlen
    uns belächelt haben mit der Aussage, wir würden die alten Parteien vor uns hertreiben, so stellt sich immer mehr heraus, dass sie geradezu ein ideales Objekt sind für diese Treibjagd.
    Die Koalitionsparteien zeigten nämlich keinerlei Lösungskompetenz für Probleme wie ÖBB-Reform, Pensionsreform oder Privilegienabbau und sie verlegten sich nur aufs Taktieren.
    Zum Thema Privilegienabbau präsentierte Haider nach den Vorgängen in der Mietervereinigung wieder eine ganze Reihe von Vorschlägen.
    Offenlegung aller Gehälter und Bezüge von Kandidaten.
    Einschränkung von Bezügen von Mehrfachfunktionären.
    Überhaupt sollte jeder nur eine bezahlte politische Funktion ausüben dürfen.
    Unvereinbarkeit von Spitzenfunktionen in der Sozialpartnerschaft mit Abgeordneten oder Regierungstätigkeit.
    Abschaffung von Politikerpensionen und Abfertigungen.
    Das neue Ausschreibungsgesetz, über das wir in diesem Journal ja berichtet haben, ist nach Ansicht Haiders nur ein großkoalitionäres Feigenblatt-Gesetz.
    Für zwei der drei Bundesländer, die am 12.
    März wählen werden, präsentierte der FPÖ-Obmann heute auch die Spitzenkandidaten.
    In Salzburg werde neben Parteiobmann Winkler der Notar Thaller kandidieren.
    Und in Tirol sei es gelungen, einen neuen Mann als Spitzenkandidaten zu gewinnen, den Arzt Heinz Unterberger.
    Er ist der sportliche und medizinische Betreuer von FC Swarovski Wattens.
    Er ist ein Mann, der sehr stark im Bereich des Sportes, im Bereich der Bürgerinitiativen tätig ist.
    Er ist einer der Träger der Tiroler Bürgerbewegung.
    Er ist erst vor kurzem zur FPÖ gestoßen, seit wir unseren Reformkurs steuern und es ist daher ein ganz beachtlicher Schritt eines weiteren Quereinsteigers gelungen, dass wir Persönlichkeiten, die sich nicht durchdienen durch den Apparat und die Institutionen,
    mit an die Spitze eine Erneuerungsbewegung stellen.
    Die Tiroler Partei habe diese Bestellung wie auch den Wechsel im Landesvorsitz von Hermann Eigentler zu Siegfried Dillersberger jedenfalls einstimmig beschlossen.
    Für Kärnten werde nach einem Vorwahlverfahren bis Weihnachten Anfang nächsten Jahres der Spitzenkandidat präsentiert werden.
    Da sei alles offen.
    Ob dieser Spitzenkandidat auch Jörg Haider heißen könne?
    Ich glaube, dass ich derzeit die Funktion eines permanenten Spitzenkandidaten für Österreich, für die österreichische Freiheitliche Partei habe und in dieser Aufgabe auch meinen Freunden in den Ländern behilflich bin und das reicht mir eigentlich im Moment.
    Freiheitliche Planung für den 12.
    März und danach jedenfalls, in der Formulierung Jörg Haiders, über die Länder die große Koalition aufrollen und damit bald neue Wahlen erreichen.
    Soviel von der Pressekonferenz des FPÖ-Obmanns und damit zurück ins Studio.
    Berichterstatter war Ernest Hauer und wir bleiben gleich bei den zum Teil überraschenden Veränderungen an der Spitze der freiheitlichen in ihrer Tiroler Landesorganisation.
    Aus Innsbruck dazu Markus Sommersacher.
    Seit gestern Abend um 23 Uhr sieht die politische Landschaft in Tirol anders aus.
    Wie sehr sie ab jetzt auch in Tirol die Handschrift Jörg Haiders trägt, ist nicht klar.
    Klar ist nur, dass Haider gestern Abend nach Innsbruck kam und um 11 Uhr Abend alles anders war als vorher.
    Der bisherige Landesparteiobmann der Tiroler Freiheitlichen, Hermann Eigentler, tritt am 4.
    Dezember zurück ins zweite Glied.
    Neuer Parteiobmann wird der Nationalratsabgeordnete Dr. Siegfried Dillersberger.
    Neuer geschäftsführender Parteichef wird Dr. Johannes Luker, Gerichtsvorsteher in Rattenberg.
    Und neuer Spitzenkandidat der Freiheitlichen für die vorverlegten Landtagswahlen wird Dr. Heinz Unterberger, der Mannschaftsarzt der Fußballmannschaft FC Swarovski Tirol.
    Soweit die Fakten.
    Wie das zustande gekommen ist, darüber gab es heute folgende offizielle Darstellung.
    In einer Sitzung, an der auch Jörg Haider teilgenommen habe, sei alles auf Wunsch des bisherigen Parteichefs Hermann Eigentler und des Nationalratsabgeordneten Siegfried Dillersberger so fixiert worden.
    Also kein Handstreich Haiders, so die offizielle Version.
    Dass das Ganze tatsächlich ohne politisches Gemetzel abgelaufen ist, dafür spricht, dass Hermann Eigentler auf der Landtagskandidatenliste an zweiter Stelle gereiht ist, nach Unterberger.
    Er soll der Partei also erhalten bleiben, teilte Siegfried Dillersberger heute mit.
    Dillersberger selbst will weiterhin in Wien im Nationalrat tätig bleiben und bestand deshalb auf einem geschäftsführenden Obmann in der Person von Hannes Lugger.
    Der neue Spitzenkandidat, Sportarzt Dr. Heinz Unterberger, stellte sich heute vor als jemand, der noch im November 1986 schwarz gewählt habe, aber jetzt in einer schwarz-roten Packelei keinen Sinn mehr sehe und deshalb von Jörg Haiders politischer Erneuerung fasziniert sei.
    Er ist erst seit einem halben Jahr, seit dem 26.
    März 1988, Parteimitglied der FPÖ.
    Ausgelöst habe die jetzige Entscheidung der Tiroler Freiheitlichen die Vorverlegung der Tiroler Landtagswahlen auf den März sowie die Festsetzung der Kärntner und der Salzburger Wahlen auf denselben Tag, sagte heute Siegfried Dillersberger.
    Die Begründung der ÖVP, dass man am ursprünglich vorgesehenen Termin, dem 4.
    Juni, wegen der Herz-Jesu-Prozessionen nicht habe wählen lassen können, bezeichnete Dillersberger heute als faule Ausrede und lachhaft.
    Soviel für das Erste aus Innsbruck und damit wieder zurück zum Studio.
    Reporter vom Landesstudio Tirol war Markus Sommersacher.
    Es ist genau dreiviertel eins.
    In der Nacht auf heute ist im 70.
    Lebensjahr in Wien Kammersängerin Irmgard Seefried gestorben.
    Die Künstlerin war einer der ganz großen Staatsopernstars der Nachkriegszeit und ist bis 1980 Mitglied des Hauses am Ring und auch der Volksoper gewesen.
    Als Mozart und Liedsängerin hatte sie Erfolg in aller Welt.
    In den letzten Jahren hat sie auch noch Ausflüge ins Operettenfach unternommen.
    Unter anderem ist sie im Walzer Traum an der Volksoper und im Musical Helden, Helden im Theater an der Wien aufgetreten.
    Die Seefried war seit 1969 Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper und wurde mit zahlreichen internationalen Auszeichnungen wie der Hugo-Wolf-Medaille und der Mozart-Medaille überhäuft.
    Komponisten wie Frank Martin, Henze, Liebermann, Blacher und Fortner widmeten ihr Werke.
    Zuletzt war sie auch erfolgreich als Musikpädagogin tätig.
    Hören Sie einen Nachruf auf ihrem Garzeefried von Volkmar Paschak.
    Aus der Nachkriegsgeschichte der Wiener Staatsoper ist sie nicht wegzudenken.
    Gerade jetzt, wo der Mozartgesang im Argen liegt und man alle Orten für das Mozartjahr 1991 rüstet, spricht man immer wieder von dem legendären Wiener Mozart-Ensemble, dessen Mittelpunkt Irmgard Seefried war.
    Die Seefried wurde am 9.
    Oktober 1919 in Köngetried geboren, studierte am Konservatorium von Augsburg und kam schon als 19-Jährige zu Karajan nach Aachen, wo sie als Priesterin in Aida und als Nuri in Tiefland debütierte.
    1943 wurde sie an die Wiener Staatshofe verpflichtet.
    Unter Karl Böhm sang sie das Äwchen in den Meistersingen.
    In der Nachkriegszeit schlug dann die große Stunde der Seefried im Theater an der Wien in der Volksoper im Redoutensaal im Salzburger Festspielhaus ab 1955 in der wieder aufgebauten Wiener Staatsoper.
    Ihren dominierenden Platz im Wiener Mozart-Ensemble verdankte die Seefried ihrer kostbaren, silberglänzenden Sopranstimme, die direkt ins Herz traf,
    ihrer liebenswerten mädchenhaften Erscheinung und einem nur ihr eigenen totalen Aufgehen und Versenken in eine Opernrolle, die sie je nach Erfordernis mit unbändigem Temperament oder fast überirdischer Empfindungstiefe erfüllte.
    An vier Mozart-Partien demonstrierte sie ihre große Vielseitigkeit und in jeder dieser vier Partien hat sie unerreichbare Maßstäbe gesetzt.
    Als liebenswertes Bauernmädchen Cerline, als bezaubernd exaltierte Fiordiligi, als durchtriebene, kokett-selbstbewusste Susanna, bis zur Pamina in der Zauberflöte, der schönsten Frauengestalt im mozartschen Werk.
    Irmgard Sefrid hat einmal über den Mozartgesang gesagt,
    Ich habe erst in Wien gewusst, was Mozart ist.
    Ich habe es bis dahin nicht gewusst.
    Aber ich habe nicht gewusst, dass er so in meinem Körper drinnen ist.
    Und gerade Mozart, heute weiß ich es mehr als damals, Mozart ist schon wirklich das Schwerste, das Natürlichste und eigentlich das, was den Sänger zum wahren Künstler macht.
    Im Gedächtnis blieben auch ihre Richard-Strauss-Hosenrollen, der Oktavian im Rosenkavalier, der Komponist in der Ariadne, dessen Glauben an die Musik als heilige Kunst, die Seyfried mit einem auf den Zuschauer überspringenden Ernst gültig vermittelte.
    Musik ist eine heilige Kunst, zu versuchen,
    In Wien lernte die Seefried den großen Geiger Wolfgang Schneiderhahn kennen, den sie 1948 heiratete.
    Ihre beiden Töchter sind ebenfalls in künstlerischen Berufen tätig.
    Mona ist Schauspielerin, Barbara Kostüm- und Bühnenbildnerin.
    Von Wien aus eroberte die Seefried alle großen Opernhäuser der Welt.
    Neben ihrem Mozart- und Strauss-Repertoire war sie als Michaela, als Agathe, als Liù, Cleopatra, Verkaufte, Braut.
    Mit den drei Frauen rollen in Hoffmanns Erzählungen, aber auch als Wozzeck-Marie und als Blanche in Boulogne's Dialog der Karmeliterinnen erfolgreich.
    Im Jahr 1955 bei der Staatsoperneröffnung war die Seefried mit gleich drei Partien Mittelpunkt der Feierlichkeiten.
    Als Marceline im Fidelio, als Celina im Don Giovanni und als Äwchen in den Meistersingen.
    Über das Zusammenwirken Sängerin-Dirigent, im speziellen Fall mit dem Dirigenten Josef Krips, hat Irmgard Seefried einmal gesagt,
    das herrliche war, dass ein Dirigent es spürt, eine Stimme ist ja die Seele, eine Stimme ist ja der Körper.
    Und er hat eben fertiggebracht, er hat immer gesagt, Kinder, nicht für den hohen Ton müsst ihr leben, das ist genau das Gegenteil von heute, Kinder, da glaubst du es mir, sondern das Fundament muss geschaffen werden, rauf und schon wieder drunter sein.
    Nicht wegzudenken ist der Liedgesang aus dem Leben der Seefried.
    Sie war eine der bedeutendsten Liedsängerinnen unseres Jahrhunderts.
    Ausdruck und künstlerische Wahrheit, eine Gefühlsintensität ohne gleichen, waren für sie oberste Maxim im Konzertsaal.
    Einer ihrer größten Erfolge war das Zusammenwirken mit Oskar Werner und Erik Werber bei einer Schumann-Heine-Platte.
    Auf ihrem Grab, da steht eine Linde.
    Drin pfeifen die Vögel und Abendwinde, und drunter sitzt auf dem grünen Platz der Müllers Knecht mit seinem Schatz.
    So weit ein Nachruf von Volkmar Paschalk auf Irmgard Seefried, die in der Nacht auf heute gestorben ist.
    Heute Abend um 19 Uhr wird auf dem Albertiner Platz in Wien das Mahnmal gegen Krieg und Faschismus von Alfred Hrodlitschka enthüllt werden.
    Die Historikerin Erika Weinzierl wird eine Rede halten.
    Vertreter des evangelischen, jüdischen und katholischen Glaubens werden der Toten des Krieges gedenken.
    Bürgermeister Zilk wird die einzelnen Teile des Mahnmals enthüllen.
    ÖVP-Prominenz wird vermutlich fehlen.
    Erst heute Vormittag sprach ÖVP-Hauptgeschäftsführer Peter Mabo im Pressedienst seiner Partei von einem bedauerlichen Versagen der politischen Verantwortungsträger.
    Ein Mahnmal erhalte seinen Sinn in erster Linie daraus, dass es von einem breiten Konsens der Bevölkerung getragen und bejaht werde.
    Und das sei in diesem Fall nicht geglückt.
    Eine ÖVP-Stellungnahme, in der sich widerspiegelt die reichlich bewegte Vorgeschichte dieses Mahnmals.
    Und die fasst im folgenden Beitrag Brigitte Hofer nochmals zusammen.
    Sie war endgültig entschieden, die Vorgeschichte als Helmut Silk heuer am 26.
    Juli bekannt gab.
    Meine Damen und Herren, das Denkmal wird auf dem Albertiner Platz aufgestellt.
    Dieser endgültigen Entscheidung des Wiener Bürgermeisters gingen debattenquerellen, aggressiv geführten Auseinandersetzungen voraus.
    Nicht um die Frage ging es, ob Kunst dem Ungeheuerlichen der Vergangenheit überhaupt gerecht werden kann.
    Das war kaum Thema der Auseinandersetzung.
    Nein.
    Im Mittelpunkt stand vor allem die Person des unkonventionellen, kompromisslosen, provokanten Künstlers, die Person Alfred Hrlickas.
    Für manche einer der bedeutendsten internationalen Bildhauer, für manche, auch Kollegen, ein zu naturalistisch, zu gegenständlich Arbeitender, für manche ein anarchischer Linker oder ähnlich abwertend gemeint ist.
    Seit zwölf Jahren arbeitet Rydlicka nun an dem Wiener Mahnmal, zuerst als Idee, seit zehn Jahren in Verhandlung mit der Stadt Wien.
    Zuerst soll es vor der Rupprechtskirche stehen, aber da baut man ja eine Tiefgarage.
    1983 wird das Projekt offiziell genehmigt, einstimmig mit den Stimmen aller Parteien im Wiener Gemeinderat.
    Und damit ist der Boden für unentwegten politischen Streit aufbereitet.
    Jörg Haider von den Freiheitlichen sagt, dass Rittlschka ist Stalinist, ungeeignet sei, ein Antifaschismusdenkmal zu errichten.
    Generalsekretär Kuckaßka betont, dass die ÖVP nie gegen das Denkmal an sich eingetreten sei, sondern nur gegen den Standort.
    Die SPÖ schießt sich auf Minister Tuppi wegen eines Rechtsgutachtens um das Verbauungsverbot ein.
    Bundeskanzler Voranitzki kann und will in das Vertragsverhältnis nicht eingreifen.
    Im Gefolge dieser Debatten um Hritlicka und sein Mahnmal werden nicht nur in öffentlichen Kommentaren und Leserbriefen andere Standorte ventiliert, Morzinplatz, Helden, Rathaus oder Schwarzenbergplatz, sondern es kommt viel Beschämendes und Schlimmes hoch.
    Intoleranz, Leugnen einer kollektiven Verantwortung, Unverständnis gegenüber Funktion von Kultur, von Demokratie und vieles mehr.
    Und Alfred Hilditscher selbst?
    Er wartet ungeduldig bis zum Juli dieses Jahres auf die Entscheidung Bürgermeister Zilks, mit der Aufstellung noch heuer beginnen zu können.
    Im Gedenkjahr.
    Es muss ein Denkmal werden, es wird ein Denkmal sein, das den Erniedrigten in dieser Welt gewidmet ist.
    Der Erniedrigung
    der menschlichen Kreatur, wie das in keiner Zeit vorher wie in diesen tausend Jahren geschehen ist.
    Und die Reaktion Erhard Busegs als ÖVP-Kultursprecher?
    Ich glaube nur, dass wir irgendwann einmal ein Ende dieser Debatte finden müssen, denn die eigentlichen Probleme dieser Republik sind nicht die Fragen der Denkmalaufstellung, das ist Geschichte, sondern die Lösung der Probleme der Zukunft, damit wir nicht wieder einmal irgendein Denkmal für irgendeine schreckliche Zeit aufstellen müssen.
    Seit heute sind die einzelnen Teile des Mahnmals aufgestellt.
    Die zwei Granitblöcke zum Tor der Gewalt, nur 90 cm auseinander.
    Links darauf ein Block aus Carrara-Marmor, der rechte wird im Frühjahr nachgeliefert.
    Dahinter die nur 80 cm hohe Bronze-Statue des straßenwaschenden Juden.
    Ein über zwei Meter hoher Kalkstein, in den eine Figur gleichsam hinein verschwindet, sie symbolisiert nicht zuletzt die Opfer, auch die, die unter der Stahlbetondecke des Albertinerplatzes begraben sind.
    Und dann der hohe Abschlussstein aus geschliffenem Granit, in den Auszüge aus der Erklärung der provisorischen Staatsregierung vom 27.
    April 1945 eingemeißelt sind.
    Noch ist der Albertiner Platz eine Baustelle.
    Noch sind die einzelnen Teile des Mahnmals weiß verhüllt.
    Noch halten sich Zustimmung und Ablehnung der Passanten die Waage.
    Bis heute Abend.
    Dann wird auch Alfred Hrdytschka kurz resümieren.
    Man kann eine Sache über das Thema, was ich 10, 12 Jahre arbeite,
    sich ja so was wie ein Lebenswerk nennen.
    Und es ist mir auch wichtig, dass das in Wien passiert.
    Wissen Sie, Politik weit weg von Wien betreiben kann ja jeder.
    Ich finde, dass man dort, wo man echt zu Hause ist, was durchsetzt und auch künstlich durchsetzt, das ist wohl das Wichtigste.
    Alfred Hrdlicka.
    Heute Abend wird sein Mahnmal am Albertiner Platz enthüllt.
    Drei Minuten vor eins noch ein kurzer Programmhinweis auf unser Journal Panorama heute.
    Da geht es um das Thema der Nahe Osten heute.
    Nach der Wahl in Israel, nach einem Jahr Palästinenser Aufstand, nach der Ausrufung eines eigenen Palästinenser Staates.
    Armin Wolf wird mit dem israelischen Politikwissenschaftler Shlomo Avinerisch sprechen.
    Heute Abend um etwa 18.20 Uhr im Programm Österreich 1 in unserem Journal Panorama.
    Im Mittagsschanal jetzt noch die Schlussmeldungen.
    Österreich.
    Der polnische Regierungschef Rakowski ist am Vormittag zu einem offiziellen Besuch in Österreich eingetroffen.
    Im Bundeskanzleramt kam Rakowski zu einer ersten Gesprächsrunde mit Bundeskanzler Franicki zusammen.
    Weitere Programmpunkte des Besuches sind Unterredungen mit Vizekanzler Mock, ein Empfang durch Bundespräsident Waldheim und ein Besuch im Wiener Rathaus.
    Ungarn.
    Das Parlament in Budapest hat den Wirtschaftsfachmann Miklos Nemeth zum neuen Ministerpräsidenten bestellt.
    Nemeth ist der Nachfolger von Karol Gros, der sich künftig nur noch den Aufgaben als Parteichef widmen wird.
    Wirtschaftsminister wird der 65-jährige Rege Niersch.
    Bei der Herbstsitzung des Ungarischen Parlaments wird auch über die Erneuerung des politischen Systems, vor allem über die Frage eines Mehrparteien-Systems diskutiert.
    Weitere Themen sind wirtschaftliche Reformen.
    Sowjetunion.
    Im Konflikt zwischen den Sowjetrepubliken Armenien und Aserbaidschan kommt es nun täglich zu Massendemonstrationen.
    In Baku, der Hauptstadt von Aserbaidschan, nahmen heute früh mehr als 800.000 Menschen an einer Kundgebung teil.
    Während der Nacht hatte eine Ausgangssperre gegolten.
    Anlass dafür waren gewalttätige Zusammenstöße zwischen Aserbaidschanern und Armeniern im Konflikt um die Region Berg-Karabach.
    Unterdessen kam es auch in der georgischen Hauptstadt Tivlis zu Massendemonstrationen.
    Gestern Abend protestierten hunderttausende Menschen gegen die geplante Verfassungsreform und verlangten mehr Eigenständigkeit für die georgische Sowjetrepublik.
    Österreich.
    Im Wissenschaftsministerium in Wien ist heute der Vertrag über die Beteiligung eines Österreichers an einem sowjetischen Weltraumflug unterzeichnet worden.
    Spätestens im Jahre 1992 wird ein österreichischer Wissenschaftler acht Tage lang an Bord der sowjetischen Raumstation Mir Experimente durchführen können.
    Zurzeit gibt es noch 130 Bewerber dafür.
    Sechs von ihnen werden in Moskau weitergetestet.
    Schließlich bleiben ein österreichischer Kosmonaut und ein Ersatzmann über.
    Die Kosten für den Weltraumflug und für die wissenschaftlichen Versuche werden mit 160 Millionen Schilling veranschlagt.
    Die Wetteraussichten für Österreich bis zum Abend im Westen und Süden sonnig, sonst meist bewölkt, mitunter etwas Schneefall.
    Und damit geht wenige Sekunden vor 13 Uhr das Mittagsschanal vom 24.
    November zu Ende.
    Im Namen aller Mitarbeiter verabschiedet sich Werner Löw.
    Auf Wiederhören.
    Das war's für heute.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Ungarns Parlament wählt neuen Premier Nemeth
    Mitwirkende: Stipsicz, Karl [Gestaltung]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Ort: Budapest [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Polens Ministerpräsident Rakowski in Wien
    Mitwirkende: Radzyner, Joana [Gestaltung]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Souveränitätsbestrebungen der SU-Nationalitäten
    Mitwirkende: Kössler, Franz [Gestaltung]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Ort: Moskau [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichisch - Sowjetisches Raumfahrtsabkommen
    Einblendung: Wissenschaftsminister Tuppy
    Mitwirkende: Machatschke, Roland [Gestaltung] , Tuppy, Hans [Interviewte/r]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Löschnak und Khol zu Ausschreibungsgesetz
    Einblendung: SP-Kanzleramtsminister Löschnak, VP-Abgeordneter Khol
    Mitwirkende: Roither, Bettina [Gestaltung] , Löschnak, Franz [Interviewte/r] , Khol, Andreas [Interviewte/r]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    ÖVP zu parteiinternen Widerständen, Purtscher
    Einblendung: VP-Europakommissionsvorsitzender Purtscher
    Mitwirkende: Steinhuber, Manfred [Gestaltung] , Purtscher, Martin [Interviewte/r]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Flemming: Zwischenbilanz zum Konsumentenschutz
    Einblendung: Umweltministerin Flemming
    Mitwirkende: Hopfmüller, Gisela [Gestaltung] , Flemming, Marilies [Interviewte/r]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressekonferenz FPÖ, Haider zu FPÖ-Bundesländern und Privilegienabbau
    Einblendung: FP-Obmann Haider
    Mitwirkende: Hauer, Ernest [Gestaltung] , Haider, Jörg [Interviewte/r]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Neue FPÖ-Spitze in Tirol
    Mitwirkende: Sommersacher, Markus [Gestaltung]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Ort: Innsbruck [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Nachruf Irmgard Seefried
    Einblendung: Musikausschnitte, Sängerin Seefried
    Mitwirkende: Parschalk, Volkmar [Gestaltung] , Seefried, Irmgard [Interviewte/r]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Rückblick auf Hrdlicka-Denkmal-Diskussion - Enthüllung des Mahnmales
    Mitwirkende: Hofer, Brigitte [Gestaltung]
    Datum: 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1988.11.24
    Spieldauer 01:00:05
    Mitwirkende Löw, Werner [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1988.11.24 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-881124_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt

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