Mittagsjournal 1989.06.07

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Auch im heutigen Mittagsschanal, zu dem Sie Herbert der Provolne begrüßt, gibt es einen Berichterstattungsschwerpunkt China.
    Wir informieren über die aktuelle Situation in Peking, sprechen mit österreichischen Augenzeugen und unserem Botschafter in Peking, analysieren die Fakten und berichten über eine Hongkong-Diskussion in Großbritannien.
    Außerdem hören Sie noch eine Stellungnahme der Moskauer Führung zu den Ereignissen in China.
    Zur Lage im Iran bringen wir ein Studiegespräch mit unserem Mitarbeiter Ferdinand Hennabichler, der heute früh aus Teheran zurückgekommen ist.
    Die weiteren Schlagzeilen, Pressekonferenz von Landeshauptmann Haider zum Thema Transit, Vizekanzler Riegler verhandelt in Brüssel die Transitproblematik und die EG-Beitrittsbestrebungen Österreichs und Fragestunde im Parlament auch zum Thema Nachtfahrverbot für Lkw und Transit.
    Außerdem informieren wir über die Bilanz-Pressekonferenz der ÖMV und die Kultur bringt einen Beitrag zur Aufführung der Schrecker-Oper Die Gezeichneten im Theater an der Wien.
    Nun aber die von Josef Schweizer zusammengestellten Nachrichten, die Herbert Slavik liest.
    China.
    Die Lage in der Hauptstadt Peking ist weiterhin gespannt und völlig unübersichtlich.
    In der chinesischen Hauptstadt kommt es zu starken Truppenbewegungen.
    Die Ziele sind unklar.
    Zehntausende Soldaten haben den Platz des himmlischen Friedens im Zentrum Pekings verlassen und marschieren in Richtung Osten.
    Von Süden nähern sich der Hauptstadt jedoch neue Armeeeinheiten.
    Im Osten Pekings ist ein vor allem von Diplomaten und ausländischen Geschäftsleuten bewohntes Viertel vorübergehend abgeriegelt worden.
    Ein Gebäude wurde beschossen.
    Über mögliche Opfer ist jedoch nichts bekannt.
    Die Militärs gaben an, sie wollten die Ausländer vor einem bewaffneten Mann schützen, der sich in dem Wohnblock verschanzt habe.
    Auf dem Flughafen von Peking warten tausende Ausländer auf die Ausreise.
    Die Auslandsflüge sind restlos ausgebucht.
    Die Lebensmittel in der Hauptstadt werden knapp, die meisten Geschäfte sind seit Samstag geschlossen.
    In einer chinesischen Provinz sind nach einem Zeitungsbericht gestern sechs Menschen ums Leben gekommen, als ein Zug eine Barrikade von Demonstranten durchbrach.
    Es gibt keine verlässlichen Angaben darüber, wer innerhalb der chinesischen Führung derzeit die Macht ausübt.
    Radio Peking meldete, ein Vertreter der harten Linie, Politbüro-Mitglied Zhao Shi, habe Parteichef Zhao Zeyang abgelöst.
    Die Spitzenpolitiker Chinas sollen Peking verlassen haben.
    Europa-China Als Reaktion auf den blutigen Armeeeinsatz in China hat die europäische Gemeinschaft ihre Beziehungen zu Peking eingefroren.
    In einer Erklärung protestiert die EG gegen die gewaltsame Unterdrückung der Demokratiebewegung und fordert die Führung in Peking auf, eine friedliche Lösung für den Konflikt zu suchen.
    In mehreren europäischen Städten ist es zu Protestkundgebungen gegen die chinesische Regierung gekommen.
    In Ostberlin sollen mehrere Demonstranten verhaftet worden sein.
    Die Führung in Peking hat mit einer scharfen Stellungnahme auf die internationalen Proteste gegen das Massaker vom Wochenende reagiert.
    Das Außenministerium warnte sich vor allem gegen die Entscheidung des amerikanischen Präsidenten Bush, die Waffenlieferungen der USA an China einzustellen.
    Sowjetunion
    Bei den nationalistischen Unruhen in der Sowjetrepublik Usbekistan sind nach einem Zeitungsbericht bereits 67 Menschen ums Leben gekommen.
    Das Organ des Staatlichen Jugendverbandes berichtet außerdem, 11.000 Angehörige der Minderheit der Mesketen seien aus dem Gebiet um die Stadt Fergana evakuiert worden.
    Ein Bewohner der Stadt berichtete telefonisch nach Moskau, die Lage habe sich beruhigt.
    Aber die Menschen hätten Angst, auf die Straße zu gehen.
    Der usbekische Innenminister sagte, die ins Unruhegebiet entsandten Truppen hätten die Lage noch nicht voll unter Kontrolle.
    Nach sowjetischen Presseberichten hatten Usbeken mit Knüppeln und Eisenstangen auf Mesketen eingeschlagen.
    Die türkischstämmige Minderheit der Mesketen war 1944 von Stalin aus Südgeorgien zwangsweise umgesiedelt worden.
    Ministerpräsident Nikolai Ryzhkov ist vom obersten Sowjet im Amt bestätigt worden.
    Von den 542 Abgeordneten des obersten Sowjets waren nur neun gegen Ryzhkov.
    31 enthielten sich der Stimmen.
    Ryzhkov hatte keinen Gegenkandidaten.
    In der Debatte über seine Kandidatur gab Rischkow Fehler in der Wirtschaftspolitik der vergangenen vier Jahre zu.
    Staats- und Parteichef Gorbatschow empfahl Rischkow aus politischen, fachlichen und menschlichen Gründen.
    Gorbatschow lobte dessen Engagement für das Reformprogramm.
    Nach dem obersten Sowjet muss auch der neue Kongress der Volksdeputierten den Regierungschef bestätigen.
    Polen Die Solidarität will trotz ihres Wahlerfolges in keine Regierungskoalition eintreten.
    Sprecher der Solidarität halten jedoch eine Zusammenarbeit mit der kommunistischen Partei für möglich.
    Die Partei hat unterdessen ihren Wunsch nach Zusammenarbeit in irgendeiner Form bekräftigt.
    Ministerpräsident Rakowski will bei der ersten Sitzung des neuen Parlaments den formellen Rücktritt seiner Regierung bekannt geben.
    USA Präsident Bush sieht im polnischen Wahlergebnis einen wichtigen Schritt in Richtung Freiheit.
    Bush sagte, die USA würden gemeinsam mit ihren Verbündeten der polnischen Demokratie helfen, selbstständig zu überleben.
    Dänemark.
    Papst Johannes Paul II.
    hat zur Neubewertung der Ideen Martin Luthers aufgerufen.
    Bei einer Begegnung mit Bischöfen der Lutherischen Staatskirche Dänemarks in Roskilde sprach sich der Papst für Versöhnung und für den Abbau herkömmlicher Feindbilder aus.
    Diese Erklärung wird als weitgehendes Entgegenkommen der katholischen Kirche gegenüber der evangelischen eingestuft.
    Nun der Wetterbericht, die Aussichten bis morgen früh.
    Im Westen stark bewölkt und gebietsweise Regen oder teils gewittrige Regenschauer.
    Sonst bei aufgelockerter oder geringer Bewölkung nur am Nachmittag lokale Gewitterbildungen.
    Mäßiger in freien Lagen mitunter auch lebhafter Westwind.
    Nachmittagstemperaturen im Westen 13 bis 17, sonst 18 bis 23 Grad.
    Frühtemperaturen 7 bis 14 Grad.
    Die Aussichten für morgen Donnerstag, aufgelockert bis stark bewölkt, im Westen häufig, sonst nur lokal Regenschauer und Gewitter.
    Für die Jahreszeit weiterhin zu kühl.
    Schwacher bis mäßiger Wind, Frühtemperaturen 7 bis 14, Tageshöchstwerte 14 bis 21 Grad.
    Übermorgen Freitag leichter Temperaturanstieg, aber sonst keine wesentliche Änderung.
    Nun noch die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien und Eisenstadt, Heiter 18 Grad, St.
    Pölten Heiter 17, Linz Heiter 15 Grad, Nordwestwind 20 Kilometer in der Stunde, Salzburg stark bewölkt 14, Innsbruck wolkig 15, Bregenz stark bewölkt 12, Graz Heiter 19 und Klagenfurt Heiter 18 Grad.
    Zwölf Uhr und sieben Minuten war es soeben.
    Die Neuigkeiten, die in den letzten Stunden aus China kamen, sind erschreckend und verwirrend zugleich.
    Weiterhin hört man in Peking Schüsse und auch in anderen Städten soll es zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen sein.
    Weiterhin scheint das Militär eine innere Auseinandersetzung zu fürchten und weiterhin heißt es, es gäbe Gefechte zwischen den einzelnen Militäreinheiten.
    Dafür gibt es aber keine Beweise.
    Wie sich die Situation jetzt um 19 Uhr Ortszeit darstellt, schildert Ludwig Tam.
    Die Lage in Peking ist chaotisch und wird geprägt durch unberechenbare Militäreinsätze.
    So gingen heute Mittag vor einem der besuchtesten Bürohochhäuser im östlichen Teil der Stadt Soldaten in Stellung und nahmen einen noch nicht fertigen Neubau ins Visier.
    Alle, die sie zufällig in dem Nobeltower genannten Hochhaus, in dem auch die Lufthansa ihre Büros hat, befanden, wurden dreieinhalb Stunden festgehalten.
    Offiziere sahen sich nicht in der Lage, die Erlaubnis zum Verlassen des Hauses von sich aus zu geben, sondern mussten erst mit Vorgesetzten in Verbindung treten.
    Am Nachmittag wurde gestattet, die Autos zu besteigen und wegzufahren.
    Um diese Zeit war aber der gegenüberliegende Wohnblock Jenguomenwai, in dem ausschließlich Ausländer wohnen, von Soldaten umstellt.
    Wie von ihnen zu erfahren waren, vermuteten sie in dem Rohbau, den sie belagert hatten, einen Heckenschützen.
    Dann behaupteten sie, aus dem Ausländerwohnblock sei auf sie geschossen worden.
    In Peking regiert das Militär und macht sich ständig durch Panzer und LKWs in den Straßen bemerkbar.
    Immer wieder wird in die Luft geschossen.
    Vor Querschlägern ist man nicht sicher.
    Peking wirkt ansonsten wie eine tote Stadt.
    Jeglicher Verkehr ruht, alle Geschäfte sind geschlossen, es gibt keine Zeitungen.
    Rundfunk und Fernsehen berichten nur spärlich und dann hauptsächlich offizielle Kommunikäs.
    Auch aus anderen Städten kommen alarmierende Nachrichten.
    Offensichtlich nehmen dort die Unruhen ebenfalls zu.
    Vereinzelt ist es Augenzeugen zufolge zu Streiks, andernorts zu Zusammenstößen von Demonstranten mit Polizeieinheiten gekommen.
    Niemand weiß zur Stunde, wie es weitergehen soll.
    Seit Wochenanfang verlassen die Ausländer die chinesische Hauptstadt, Firmen ziehen ihre Angestellten zurück, Sonderflüge werden arrangiert.
    Wir sind im Folgenden der Frage nachgegangen, wie es den Österreichern in Peking geht.
    Eine Lektorin, die an der Universität Peking gearbeitet hat.
    Es kamen immer wieder die Ankündigungen, Armee sei im Anmarsch, Armee habe vor, sämtliche Studenten niederzumetteln.
    Natürlich, wenn man ein Jahr lang mit diesen Studenten zusammengearbeitet hat, gibt es da doch gewisse Bindungen, das Erste.
    Das Zweite ist natürlich, dass man sich auch als Ausländer nicht ganz sicher fühlt.
    Es kamen dann auch immer wieder gerüchteweise Meldungen, man habe beschlossen, jetzt auch die Ausländer zu bestrafen, wenn sie eigentlich schuld seien an dieser ganzen Sache.
    Es war also nirgends eine klare Information zu bekommen, was ist ein Gerücht,
    Und es beunruhigt natürlich.
    Und es führt dann dazu, dass man nachts, wenn es heißt, um 12 Uhr oder um 2 Uhr früh ist ein Angriff der Armee zu erwarten oder der Einmarsch der Truppen zu erwarten, dass man dann natürlich auf jedes Geräusch achtet, dass man zum Fenster rennt, dass man nach hinten rennt, dass man zusammensieht.
    Ja, bis jetzt hat es also an der Universität selber keine Zwischenfälle gegeben.
    Keine Zwischenstelle, aber es kamen immer wieder die Meldungen am Mesa im Anmarsch.
    Auch oft waren es Studenten, die einfach angerufen haben, um uns zu warnen.
    Wie gesagt, bisher alles ruhig.
    Und im Augenblick, soweit ich informiert bin, ist ein Großteil der Studenten nach Hause geschickt worden.
    Es ist ein harzer Kern übrig geblieben.
    Hat es unter den Studenten der BDA, der Peking-Universität,
    Opfer gegeben bei dem Einmarsch der Truppen in Peking.
    Ich habe einen Anruf einer chinesischen Kollegin, also einer Lehrerin, bekommen, die mir nur berichtet hat, dass die Studenten, die in meinen beiden Klassen waren, alle in Sicherheit sind.
    Ein österreichischer Zuckerbäcker, der in einem Hotel in der Nähe des Tiananmen-Platzes arbeitet, schildert.
    Wir haben gesagt zu den Leuten, die ständig zur Arbeit kommen,
    Seit ein paar Tagen wohnen die meisten Leute hier im Hotel, weil es wirklich lebensgefährlich ist, auf die Straße zu gehen.
    Augenteilberichte gibt es genug.
    Also die Leute kommen oft mit Tränen zur Arbeit, weil sie draußen gesehen haben, wie Menschen abgeschossen wurden.
    Militär schießt mit Maschinenpistolen wahllos auf Menschen.
    Aber zurzeit ist es ziemlich ruhig.
    Die Demonstranten haben sich zurückgezogen.
    Und man hört halt immer wieder Berichte, dass das Militär die Leute richtig von den Fahrrädern runterschießt.
    Wir sind seit ungefähr einer Woche kaum mehr auf die Straße gegangen.
    Ich meine, von hier, von unserem Hotel bis zum Peking-Hotel, ist ungefähr 10 Minuten zu Fuß.
    Und das Peking-Hotel ist ungefähr 500 bis 600 Meter von Dermen Square entfernt.
    Und das ist die Zone, wo praktisch schon geschossen wird.
    Wenn es wirklich gefährlich wird, also hier im Hotel sind wir relativ sicher, solange wir nicht auf die Straße gehen.
    Und falls die Situation wirklich gefährlich wird, falls das Militär anfängt, gegeneinander zu schießen, dann werden wir wahrscheinlich Peking verlassen müssen.
    Zwei Österreicher, die noch in Peking sind.
    Einer hat Peking verlassen und ist über Hongkong, heute in Wien angekommen, ein österreichischer Geschäftsreisender.
    In der Früh wurde ich von meinem chinesischen Geschäftsfreund avisiert, ja nicht, dass er das Hotel verlassen sollte.
    Er hat sich etwas Schreckliches getan.
    Ich habe mich trotzdem unter den Chinesen gemischt mit einem Fahrrad unterwegs und habe versucht, ein bisschen in die Nähe des Tiananmen Squares zu kommen.
    Das war aber fast unmöglich.
    Es ist wahnsinnig gefährlich, man hat also brennende Autos gesehen, teilweise zwei Panzer habe ich brennend gesehen, umgeschmissene LKWs, umgeschmissene Autobusse und das Volk ist wahnsinnig aufgebracht über die Situation.
    Also ich würde sagen, es sind fast bürgerkriegsähnliche Zustände.
    Haben Sie von Soldaten aufgehalten, wie sie durch die Straßen gegangen sind?
    Am Montag, als ich mich entschlossen habe, vom Peking abzuhauen, musste man durch gewisse Sperren fahren.
    Einerseits waren das Sperren, die errichtet worden sind, von Studenten.
    Die haben also die Autos gefilzt, ob dort keine Militärs drinnen sind.
    diesen Autos auf die Windschutzscheibe eine weiße Rose, eine Papierrose, gehängt.
    Das war also quasi eine Gültigkeit für die Studenten, dass man also weiterkommt.
    Und dann hat es weitere Sperren gegeben, wo man nicht durch konnte.
    Das waren also Militärsperren.
    Und die musste man umfahren, das war eine ziemlich abenteuerliche Fahrt.
    Normalerweise braucht man am Flughafen ca.
    20 bis 30, 45 Minuten maximal.
    Und die haben wir also fast zwei Stunden am Flughafen gebraucht.
    Und war es schwierig ein Ticket zu kriegen, um zurückzufliegen?
    Ja, das ganze Reservierungssystem hat überhaupt nicht funktioniert.
    Egal, ob jemand ein Ticket bestätigt gehabt hat oder nicht.
    Es war ganz egal.
    Man musste auf den Flughafen hin und dort hat sich natürlich eine abenteuerliche Schlacht abgespielt, wer zuerst dort war und hat natürlich den Flug bekommen.
    Und das ist aber einigermaßen alles dann in gemäßigten Bahnen von sich her.
    Das war, wie gesagt, noch am Montag.
    Ich glaube, Dienstag dürfte es viel ärger gewesen sein.
    Welche Schritte unsere Vertretung in Peking nun unternimmt, um die Sicherheit der restlichen Österreicher in China zu gewährleisten, fragten wir Botschafter Paul Ullmann.
    Wir haben die Evakuierungsliste knapp vor der Fertigstellung.
    Es werden ca.
    40 Personen sein.
    Die Evakuierung wird gemeinsam mit der Schweiz durchgeführt.
    Und es wird morgen ein Sonderflugzeug der Swissair zu diesem Zweck nach Peking kommen.
    und um 16.40 Uhr abfliegen.
    Die Landeerlaubnis für diesen Sonderflug ist bereits erteilt worden.
    Es werden in Peking die Mitarbeiter der Botschaft zurückbleiben.
    Die Familienangehörigen zum überwiegenden Teil werden evakuiert sein.
    Es werden einige Österreicher
    zurückbleiben.
    Wir haben mit allen, die wir erreichen konnten, gesprochen.
    Es sind vor allem Angestellte von drei Hotels, die nach einer internen Beratung und Rücksprache mit der Geschäftsleitung vorerst in Peking bleiben wollen, um im Hotel weiterzuarbeiten.
    Herr Botschafter, wie hat sich denn die Sicherheitslage in Peking seit gestern entwickelt?
    Wir haben den Eindruck, dass sie nicht besser geworden ist.
    Es kommt doch immer wieder zu Schießereien.
    Eine hat sehr nah an der Botschaft stattgefunden.
    Es gibt Berichte, dass ein Ausländerwohnkomplex von der Armee umstellt worden ist.
    Das ist richtig.
    Es ist sogar einer meiner Mitarbeiter betroffen gewesen.
    mit dem Außenministerium in Verbindung gesetzt und die Umstellung ist aufgehoben worden.
    Die Betreffenden haben das Gebäude inzwischen verlassen.
    Angeblich vermuten die chinesischen Behörden, dass vom Dach dieses Gebäudes auf vorbeiziehende Soldaten geschossen wurde.
    soweit die Pläne und Schilderungen des österreichischen Botschafters in Peking, Paul Ullmann.
    Der Machtkampf in China und in diesem Machtkampf ist bis auf weiteres kein Ende abzusehen.
    Was sich aber zeigt ist, dass es eine Fülle von Gerüchten und Spekulationen gibt.
    Helmut Opletal versucht im folgenden Beitrag die Gerüchtesspreu vom Faktenweizen zu trennen.
    Ein Attentat auf Li Peng, Deng Xiaoping soll sterbenskrank sein und zwischen verschiedenen Armeeeinheiten sind Kämpfe ausgebrochen.
    Das sind nur einige der zahlreichen unbestätigten Gerüchte, die in den letzten Tagen durch Peking schwirrten und die auch über die internationalen Agenturen in der ganzen Welt verbreitet worden sind.
    Verständlich, wenn angesichts fehlender offizieller Informationen Hörensagen oft die einzige Quelle überhaupt ist.
    Was sind also heute, drei Tage nach dem brutalen Einmarsch der Armee, die harten Fakten, auf die wir die Beurteilung der Lage in China stützen können?
    Zunächst einmal haben nach außen hin, in allen offiziellen Medien, unter den Militärs, die das Zentrum von Peking kontrollieren, die Vertreter des harten Kriegsrechtskurses eindeutig die Oberhand.
    Für Meinungsverschiedenheiten und bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Truppenteilen gibt es zwar manche Indizien, aber bis zur Stunde keinen handfesten Beweis.
    Manche Informationen von Augenzeugen, die in den letzten Tagen verbreitet wurden, entstammen vielleicht auch einem Wunschdenken aus der chinesischen Bevölkerung, die in einer Rebellion von Armeeeinheiten im Augenblick die einzige Möglichkeit sieht, die Situation noch einmal herumzudrehen.
    Doch eine echte Bestätigung für eine Militäre Wollte gibt es bisher nicht.
    Ebenso wenig wie für die Berichte, der Kriegsrechtsverkünder Li Peng sei angeschossen worden oder Deng Xiaoping sei krank oder sogar tot.
    Heute Nacht kam aus Peking auch eine Meldung, dass Politbüro-Mitglied Xiaoxue sei möglicherweise neuer Parteichef in China.
    Diese Nachricht stützt sich immerhin auf eine im chinesischen Rundfunk verlesene Loyalitätsbotschaft, die an den Genossen Xiaoxue und das Zentralkomitee gerichtet war.
    Bis zur Stunde ist dies jedoch der einzige Hinweis geblieben.
    Immerhin ist der für Polizei und Sicherheitsbelange zuständige Zhao schon bisher die Nummer 3 in der chinesischen Führung gewesen und er wäre die logische Wahl der Vertreter der harten Linie, wenn Zhao Ziyang gestürzt ist und er in der Öffentlichkeit so sehr verhasste Ministerpräsident Li Peng lieber im Hintergrund bleiben möchte.
    Die Aufmerksamkeit der Beobachter hat sich in den letzten Tagen auch auf die chinesischen Provinzen gerichtet, aus denen nur spärliche Nachrichten dringen.
    Doch wir wissen, dass auch heute fast überall Proteste gegen das Kriegsrecht weitergehen.
    Truppenaufmärsche werden nun aus fast allen Landesteilen gemeldet, obwohl das Kriegsrecht bisher nur für Peking gilt.
    In einigen Städten ist es sogar schon zu Zusammenstößen mit vielen Toten und Verletzten gekommen.
    Eine Ausweitung bewaffneter Konfrontationen auf das ganze Land würde aber tatsächlich eine dramatische Zuspitzung der Lage bedeuten und dann sehr wohl die Frage stellen, wie weit die chinesische Armee zahlenmäßig überhaupt in der Lage wäre, eine landesweite Rebellion zu unterdrücken.
    Denn allein um Peking herum ist derzeit etwa ein Zehntel der gesamten chinesischen Streitkräfte stationiert.
    Eine Analyse von Helmut Opletal.
    Die blutige Niederschlagung des Volksaufstandes in Peking führt weiter zu internationalen, aber auch nationalen Reaktionen.
    Österreichs Außenminister Mock wird der Bundesregierung empfehlen, die Beziehungen zu China einzufrieren.
    Besuchstätigkeit auf politischer Ebene soll ausgesetzt werden.
    Die diplomatischen Kontakte sollen auf jenes Maß reduziert werden, das unbedingt notwendig ist, um die Interessen Österreichs zu wahren.
    Die zwölf Staaten der EEG haben beschlossen, ihre Beziehungen zu China einzufrieren.
    Besuche von chinesischen Repräsentanten in EEG-Staaten wurden abgesagt.
    Nachdem die Vereinigten Staaten relativ schnell reagiert hatten und schon am Montag ein Waffenembargo gegenüber Peking verhängt hatten, wurde seit Tagen mit Spannung eine Stellungnahme aus Moskau erwartet.
    Umso mehr, als die Unruhen am Platz des himmlischen Friedens ja erst mit dem Gorbatschow-Besuch in Peking Anfang Mai so richtig begonnen hatten.
    Wo ist ein Gorbatschow für China, riefen die demonstrierenden Studenten in Anspielung auf die politische Öffnung in der Sowjetunion.
    Die bislang einzige Stellungnahme aus Moskau blieb allerdings jene des radikalen Reformers Boris Yeltsin, der das Massaker in Peking scharf verurteilte.
    Nun gibt es erstmal seine offizielle Reaktion der UdSSR.
    Keine Rede von Perestroika.
    Moskau unterstützt gleichsam die Schlechter von Peking.
    Franz Kößler dazu.
    wird vor allem in den Medien sichtbar.
    In den vergangenen Tagen zeigte das Fernsehen beeindruckende Bilder von der blutigen Niederschlagung der Studentendemonstration, versehen mit einem Kommentar des Pekinger Korrespondenten, der die Ereignisse als Augenzeuge beschrieb.
    Zur Vervollständigung der Information wurden sowohl aus der chinesischen als auch aus den westlichen Nachrichtenagenturen zitiert.
    Seit gestern Abend jedoch gilt nur noch die offizielle chinesische Version.
    Der Korrespondent kommt nicht mehr zu Wort und dieselben Bilder, die in den vergangenen Tagen den Widerstand der unbewaffneten Studenten gegen die Panzer der Armee zeigten, werden jetzt als Beweis für eine anhaltende, umstürzlerische und konterrevolutionäre Bewegung interpretiert.
    Chinesische Militärs liefern ihre Version der Ereignisse und der Opferzahlen.
    Der Wende vorausgegangen ist eine Stellungnahme des Präsidiums des sowjetischen Volkskongresses, die zwar das Blutvergießen bedauert, die Peking-Ereignisse jedoch als innere chinesische Angelegenheit bezeichnet und westliche Kritik daran zurückweist.
    Oberstes Gebot der Stunde sei die Stabilität in China.
    Die sowjetische Führung ist offensichtlich besorgt.
    Eine kritische Stellungnahme könnte die vor kurzem von Gorbatschow besiegelte Normalisierung der Beziehungen zu China gefährden.
    Daran ändert auch nichts, dass die Pekinger Studenten sich offen auch auf den Demokratisierungsprozess in Moskau und auf Gorbatschow selbst berufen und der chinesische Parteichef, mit dem Gorbatschow zusammengetroffen war, im Handstreich abgesetzt worden ist.
    Die offizielle sowjetische Position ist freilich auch in Moskau selbst umstritten.
    Gestern Abend wurde bei einer Kundgebung kritischer Volksdeputierte und ihrer Anhänger
    eine Resolution beschlossen, die die chinesische Studentenbewegung und ihre Forderung nach Demokratie voll unterstützt und die blutige Repression ohne Wenn und Aber verurteilt.
    Nun zum Thema Iran.
    Sie haben ja gestern wahrscheinlich in den Nachrichtensendungen gehört oder auch gesehen, die Szenen, die sich beim Begräbnis von Ayatollah Khomeini abgespielt haben.
    Unser Mann in Teheran war Ferdinand Hennabichler.
    Er ist heute in der Nacht von Teheran nach Wien geflogen, in der Früh in Wien angekommen und jetzt bei uns im Mittagsschornalstudio.
    Herr Hennerbichler, was haben Sie eigentlich da unten empfunden während dieser Massenszenen dieses stundenlang dauernden Begräbnisses mit den einzelnen Hindernissen?
    Ich habe wieder, wie schon seit zwölf Jahren, ein Volk gesehen, das ungeheure Emotionen, ungeheuren Druck gezeigt hat, die Gefühle gezeigt hat, eine kulturelle Tradition von Begräbnisritten
    gezeigt hat, die wir in Europa nicht haben.
    Wir haben eine Tradition, Tote ruhig zu begraben, in relativ geordneten Verhältnissen.
    Und wir haben es hier zu tun, und wir haben das als Europäer zur Kenntnis zu nehmen, dass es hier andere kulturelle Begräbnisrhythmen gibt und die Völker eben ihre Toten anders begraben, als wir es tun.
    was wir als Massenhysterie empfinden und auch für in Grunde genommen persönlich gefährlich sehen, ist für diese Völker nicht so.
    Sie sind zum Beispiel gewohnt, dass man
    offen zeigt, dass man trauert, dass man offen weint, dass man klagt, dass man sich an Kopf und Brust schlägt, dass man sich richtig in Massenhysterie hineintreiben lässt, von Einpeitschern sozusagen die Emotionen rauskommen lässt, bis hin sozusagen zu mystischen Explosionen in Massen rund um sich sozusagen.
    Und das gehört dazu, in diesen Völkern, nicht nur im Iran.
    Und was wir eben gesehen haben, ist ein Ausbruch von einer Massentrauer in einer lokalen Tradition von einem persischen Volk, wie Sie es seit, ich würde sagen, Jahrtausenden sehen würden.
    Ich kann mir vorstellen, dass wenn ein persönlicher Anverwandter eines Persers stirbt, dass diese Trauer, diese emotionale Trauer normal ist und im Familienkreis zur Tradition gehört.
    Wie lässt sich es aber erklären, dass ein Mann stirbt und Millionen Menschen in diese Massenhysterie ausbrechen, die ja Comeni weder persönlich gesprochen haben, noch persönlich getroffen haben?
    Zwei Aspekte.
    Das eine, dieser Mann wird als politischer Revolutionär gesehen von seinen Massen.
    Wie immer die Geschichte diesen Mann beurteilen wird, eines können sie ihm nicht absprechen.
    Er hat bis zu seinem Tod die Massen hinter sich gehabt.
    Dieser Mann ist angetreten und hat mit Massen den Schar gestürzt und hat sich eine Legitimität daher erworben unter den Massen.
    Und sie haben ihn als politischen Revolutionär und Befreier bis zu seinem Tod gefeiert.
    Und das zweite ist, diese Menschen haben ihn religiös gesehen.
    Ich habe wirklich einfache Menschen gesehen, die
    zu 100.000, wahrscheinlich Millionen, nicht lesen und schreiben können, die sehr einfache Menschen sind, die von Brot, Tee, Fladenbrot, Joghurt leben sozusagen, unter dem Existenzminimum, das wir in Europa haben.
    Und diese Menschen haben diesen Mann als Heiligen verehrt.
    Hat es nicht, wer auch immer Nachfolger von ihm sein mag, der Mann enorm schwer, diese Mystik nachzuvollziehen, genauso für das Volk ein erster Mann zu sein, ein Heiliger zu sein?
    Wir haben hier eine völlig neue Entwicklung im Iran.
    Das ist ein interessanter Punkt, auf den Sie aufmerksam machen.
    Wir haben eine Zukunft im Iran, die nichts mehr mit dem großen Befreier, mit dem großen Ayatollah zu tun hat.
    Wir haben eine neue Zukunft, wo Leute angetreten sind, die nicht mehr von Ayatollah Khomeini legitimiert sind.
    Der Staatspräsident Khamenei, sein Nachfolger, ist vom Volk gewählt, nicht von Khomeini, wenn Sie wollen, leitet er seine Legitimation her.
    Und der Sprecher des Parlaments, Hashemi Rafsanjani, wird jetzt auch antreten, hat die besten Chancen Präsident zu werden und wird auch vom Volk legitimiert.
    Wir haben also eine höchst interessante Entwicklung im Iran, wo die Leute nicht mehr von Ayatollah Khomeini und von seiner charismatischen Persönlichkeit und dem Sturz des Schahs gerechtfertigt sein werden, legitimiert sein werden im Volk.
    sondern wo sie nur mehr die Chance haben werden, sich vom Volk selber wählen zu lassen, sich sozusagen vom Volk die Bestätigung geben zu lassen oder scheitern und in dieser Funktion untergehen.
    Wie glauben Sie, kann es jetzt, zehn Jahre nach Beginn der iranischen Revolution, ein Jahr nach dem Waffenstillstand mit dem Kriegspartner Irak und wenige Tage nach dem Tod Khomeinis mit dem Iran weitergehen?
    Der Iran ist heute gegangen in eine neue Führung von von Klerikern, die vom Volk rekidamiert sind.
    Staatspräsident Ali Khamenei.
    Es wird ein zweiter Mann als großer, starker politischer Führer im Sommer sehr wahrscheinlich gewählt werden.
    Er hat die besten Chancen, zum neuen Präsidenten und Nachfolger von Ali Khamenei gewählt zu werden.
    Hashdjimi Rastouniani, der Sprecher des Parlaments.
    Beide Männer sind Männer, die man als Pragmatiker bezeichnet, Männer, die kompromissfähig sind.
    Kompromissfähig in dem Sinne, dass sie in der Lage sind, mit den Gegnern Kompromisse zu schließen und nicht diktatorische, exklusive Wege gehen, vermutlich in die Explosion oder in die totale Isolation vom Westen, in die Abkoppelung.
    Ich würde sagen, beide wären zumindest fähig in ihrer Anlage, eine Öffnungspolitik nach außen hin fortzusetzen, die sie begonnen haben mit China, die sie jetzt fortsetzen mit der Sowjetunion und die sie vielleicht in absehbarer Zukunft in sehr loser Form mit dem Westen wieder aufnehmen werden.
    Und beide wären auch in der Lage, eine vorsichtige Liberalisierungspolitik nach innen zu beginnen, eine Reform der Wirtschaftspolitik.
    In dem Sinne, dass es den Menschen endlich besser geht und auch den Massen, was es bisher nicht tut.
    Und auf der anderen Seite auch, dass sie fähig sein würden, eine begrenzte interne Opposition zuzulassen.
    Und wenn sie nicht mehr tun, als die Regime im Ostblock tun, um zum Beispiel Dampf abzulassen, den Leuten die Möglichkeit zu geben zu schimpfen, ohne dass sie ins Gefängnis gehen,
    Wenn diese Entwicklung kommt, wird es eine positive Entwicklung.
    Die Chancen sind da, aber ich gebe gerne auch zu, das Gegenteil ist durchaus auch möglich.
    Es ist durchaus auch möglich, dass sich alle auseinander dividieren, dass sie zum Streiten anfangen, dass es zum großen Blutbad kommt, dass die Iran in einen Bürgerkrieg geht, dass der Iran explodiert.
    Und wenn dieser Iran explodiert, wird der Golf explodieren.
    Wenn der Golf explodiert, dann explodieren die Ölpreise.
    Und wenn der Golf explodiert und sie in Europa Schwierigkeiten haben, wird sehr wahrscheinlich auch der gesamte Nahe Osten explodieren.
    Und dann steht eine Region in Flammen, die bisher im Hintergrund all ihre Probleme enorm aufrüstet.
    Und zwar so, wie es keine Region auf der ganzen Welt gibt, wo die Leute rüsten.
    Dann haben sie den Super-GAU in diesem Nahen Osten.
    Und zwar ausgerechnet in einer Region, wenn der brennt und wenn dort alles kaputt ist, dann ist bei ihnen sehr viel in Europa auch kaputt, dann können sie sich vorstellen, dass niemand im Augenblick
    Weder die Leute dort noch wir in Europa oder auch die Amerikaner, die Atlantiker im Westen irgendein Interesse haben könnten, dass diese Entwicklung um sich greift.
    Daher bin ich letzten Endes optimistisch in dem Sinn.
    Ich hoffe nur immer, die Menschen können nicht so dumm sein, dass sie sich daran beteiligen, dass die Welt explodiert und dass wir das totale Chaos und den Superkau haben.
    sondern dass wir in irgendeiner Form dazu beitragen können, in eine Entspannungspolitik mit dem Iran zu gehen, dass die es in eine Konsolidierung schaffen, damit der große Supergau, von dem wir uns fürchten, wirklich nicht passiert.
    Im Studio zu Gast fährt ein Antenna-Bichler.
    Es war soeben 12.31 Uhr, eine Minute nach halb eins.
    Journal Panorama.
    Im Journal Panorama ist heute der Prager Schriftsteller Vaclav Havel zu Gast, der nach viermonatiger Haft vorzeitig auf Bewährung freigelassen worden ist.
    Es wäre nicht gut, wenn jetzt jemand denken würde, wenn mit Havel alles in Ordnung ist, dann ist auch mit der Tschechoslowakei alles in Ordnung.
    Viele andere Freunde sind nach wie vor im Gefängnis und ich möchte sehr ungern als ein Deckmantel dienen, der diese Wirklichkeit zudecken soll."
    Václav Havel im Gespräch mit Barbara Kudnov-Kalergi, heute im Büro.
    Journal Panorama.
    18.20 Uhr, Österreich 1.
    Verkehrsminister Rudolf Streicher tritt heute Nachmittag mit den Verkehrsreferenten der Länder zusammen, um Fragen des Transitverkehrs zu erörtern.
    Die Wünsche der Länder zur Eindämmung des Transitverkehrs gehen ja teilweise über die von Streicher propagierten Maßnahmen, allen voran des Nachtfahrverbotes, hinaus.
    Kärntens Landeshauptmann Haider will zum Beispiel ein Nachtfahrverbot auf allen Straßen des Bundeslandes verhängen.
    Haider hat sich heute in Wien in einer Pressekonferenz überdies mit einem neuen Vorschlag zur Verlagerung des Transitverkehrs von der Straße auf die Schiene zu Wort gemeldet.
    Es berichtet Franz Simböger.
    Seit 1970 hätten sozialistische Verkehrsminister nichts gegen den Transitverkehr unternommen, beklagt der Kärntner Landeshauptmann, FPÖ-Chef Jörg Haider.
    Dass jetzt etwas geschehe, sei zweifellos Verdienst der Wähler und Ergebnis der Wahlverluste der Großparteien bei den Landtagswahlen am 12.
    März, sagt Haider.
    die von Verkehrsminister Streicher vorgeschlagenen Maßnahmen, vor allem das Lkw-Nachtfahrverbot, seien schon richtige Schritte, meint Haider.
    Um das Nachtfahrverbot wirksam zu machen, müsse Streicher aber sich jetzt intensiv mit einer Verbesserung des Transportangebotes auf der Schiene auseinandersetzen, meint Haider.
    attraktiv zu machen.
    Denn sonst haben wir eine Verkehrspolitik, die zwar ein temporäres Nachtfahrverbot vorsehen wird, die aber auf der anderen Seite zusätzliche Belastungen in den Tageszeiten schaffen wird, weil es nicht gelingt, verstärkt Verkehr von der Schiene auf die Bahn zu bringen.
    Ich bin mir bewusst, dass man das mit der jetzigen ÖBB und mit diesem Management nicht machen kann.
    Denn wenn man Blindgänger in einem Konkursbetrieb mit Geld ausstattet, wird also nach ein paar Jahren letztlich derselbe Zustand wieder existieren.
    Unter Blindgängern will Haider generell die nach seinen Worten aufgeblähte Generaldirektion beziehungsweise die Regionaldirektionen der ÖBB verstanden wissen.
    Generaldirektor Übleis selbst, so Haider, würde durchaus Bereitschaft zu neuen Managementmethoden zeigen.
    Und solche neuen Methoden seien nur über eine privatwirtschaftliche Konstruktion im Schienentransitverkehr zu erreichen, sagt Haider.
    Ich schlage daher dem Verkehrsminister vor, nachdem es sich ja hier um wirklich eine Grundfrage auch der österreichischen Politik handelt, er möge den Mut aufbringen und eine privatwirtschaftlich organisierte Transportgesellschaft oder Transitgesellschaft gründen,
    an der die österreichische Bundesbahn und die österreichische Transportwirtschaft je zur Hälfte beteiligt ist.
    Und diese Gesellschaft soll die Anlagen der österreichischen Bundesbahn auf einen befristeten Zeitraum leasen, anmieten und nach privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten und einer modernen Logistik und mit entsprechenden vorgezogenen Investitionsprogrammen
    eine stärkere Leistungsfähigkeit der ÖBB oder eine stärkere Leistungsfähigkeit des Gütertransportes auf der Schiene ermöglichen.
    Eine solche privatwirtschaftliche Gesellschaft wäre in der Lage, flexibel zu reagieren und sie sollte langfristig den gesamten, auch innerösterreichischen Güterverkehr auf der Schiene organisieren.
    Die österreichische Transportwirtschaft, so Haider, hätte größtes Interesse an einer derartigen Konstruktion.
    Und die ÖBB als beteiligter Partner könnten letztlich auch Gewinne aus einer derartigen Konstruktion ziehen.
    Prinzipiell will Haider der von ihm vorgeschlagenen Transitgesellschaft auch den Aufbau der nötigen Infrastruktur übertragen.
    Ich würde also vorschlagen, dass man ein abgestecktes Streckennetz dieser neuen Gesellschaft zur Verfügung stellt.
    und dieser Gesellschaft auch die Möglichkeit gibt, diese Investitionen dann selbst zu realisieren.
    Als denkbare Streckennetze nennt Haider die zwei großen Nord-Süd-Verbindungen, nämlich die Brennerstrecke und die Tauernstrecke.
    Und statt einer rollenden Landstraße, also dem Transport ganzer LKW auf der Schiene, sollte in erster Linie der Containerverkehr ausgebaut werden, sagt Haider.
    Darüber hinaus müsste auch der Stückgutverkehr und der Haus-zu-Haus-Transport wesentlich effizienter gestaltet werden.
    Binnen eines Jahres, so Haider, könnte die von ihm vorgeschlagene Organisationsform 20 bis 30 Prozent des derzeitigen Transitverkehrs auf die Schiene bringen.
    Und sie könnte vor allem zusätzliche Steigerungen im Transitverkehr von vornherein abfangen und die LKW gar nicht erst auf die Straße lassen, meint Haider.
    Franz Simbürger fasste die Vorstellungen des Kärntner Landeshauptmanns zum Thema Transit und LKW-Nachtfahrverbot zusammen.
    Das Thema Transit war auch Inhalt der Fragestunde des Parlaments, von wo sich nun Robert Staubacher meldet.
    Mit Nachdruck verteidigte heute Verkehrsminister Rudolf Streicher vor dem Parlament seine Entscheidung über ein Lkw-Nachtfahrverbot auf Transitautobahnen ab 1.
    Dezember.
    Ausgenommen davon sind ja nur lärmarme Lkw.
    Die Einwände, vor allem von deutscher Seite, dass es solche lärmarme Lastwagen noch gar nicht gäbe, diese Ausrede lässt Minister Streicher nicht gelten.
    Solche Fahrzeuge gibt es.
    Sie werden nur deshalb nicht gekauft, weil sie zwischen 30.000 und 50.000 Schilling teurer sind.
    Und es ist einfach nicht mehr zumutbar einer belasteten Bevölkerung, dass man den heutigen Stand der Technik, also die Erkenntnisse des Standes der Technik, nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt einer so belasteten Bevölkerung zugutekommen lässt.
    Auch das Argument, die Verlagerung der Güter auf die Schiene sei kurzfristig nicht möglich, weil die Kapazität der Bahn nicht ausreiche, sei nicht stichhaltig, sagt Streicher.
    Die Bahn könne auf der Brennerstrecke sofort, zumindest innerhalb eines halben Jahres, 30 zusätzliche Züge zur Verfügung stellen.
    Bei gutem Willen ist es jetzt schon möglich, auf der Schiene eine entsprechende Entlastungskomponente herbeizuführen.
    Die Kapazitäten sind vorhanden.
    Es geht nur darum, dass man auch unsere Nachbarländer dazu bewegen kann, den kombinierten Verkehr entsprechend zu fördern.
    Österreich stellt jetzt im Rahmen dieses kombinierten Verkehrs das rollende Material zur Verfügung.
    Bitte, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.
    Wir stellen das rollende Material zur Verfügung und wir erwarten, dass man hier nicht in erster Linie kommerzielle Gesichtspunkte in den Vordergrund stellt.
    Bei der Deutschen Bundesbahn, man redet sich immer auf kommerzielle
    Gesichtspunkte aus, sondern dass man, wie das in allen Ländern notwendig sein wird, eben den kombinierten Verkehr in dieser Art und Weise fördert.
    Sofort 30 Züge bedeutet rein theoretisch, rechnerisch ein Drittel der heutigen Schwertransitbelastung.
    Streicher wird schließlich noch gefragt, warum die Pyren-Autobahn in dem Maßnahmenpaket betreffend Nachtfahrverbot nicht enthalten ist.
    Die Begründung des Ministers, die Pyren-Strecke sei ja keine durchgehende Autobahn, sondern großteils Bundesstraße und dafür seien die Landeshauptleute zuständig.
    Streicher stellt aber klar,
    Ich bin nicht gegen ein Nachtfahrverbot, um Gottes Willen.
    Ich bin nicht gegen ein Nachtfahrverbot auf der Bühnenstrecke.
    Ich möchte das aber, bevor ich eine diesbezügliche Entscheidung bekannt gebe, mit den wirklich Zuständigen und den Entscheidungsträgern besprechen.
    Dazu wird in etwa einer halben Stunde Gelegenheit sein, wenn Streicher mit den Landesverkehrsreferenten zusammentrifft.
    Soweit mein Bericht aus dem Parlament und damit zurück zum Studio.
    Um das Lkw-Nachtfahrverbot und um die österreichischen EG-Beitrittsbestrebungen ging es heute auch bei Verhandlungen, die Vizekanzler Riegler in Brüssel führte.
    Helmut Brandstetter informiert sie.
    Vizekanzler Riegler und Landwirtschaftsminister Fischler hatten es heute früh gar nicht leicht, in der Chefetage des EG-Gebäudes den ersten Gesprächspartner zu finden.
    Das Perlemon, der EG-Glaspalast, ist nämlich eine riesige Baustelle.
    Asbest in den 60er Jahren auch hier bedenkenlos verwendet, muss in mühevoller Kleinarbeit aus den Ritzen des EG-Hauptquartiers entfernt werden.
    So hofften die beiden Österreicher auf für Umweltfragen sensibilisierte EG-Kommissare zu treffen.
    Denn wieder einmal sind Regierungsmitglieder aus Wien nach Brüssel gekommen, um über den Transitverkehr durch Österreich zu verhandeln.
    Nur diesmal unter geänderten Bedingungen.
    Das angedrohte Nachtfahrverbot hat die EG aufgeschreckt, wobei sich der zuständige Kommissar Karel van Myrt als schuldloses Opfer sieht.
    Sei er doch, wie er sagt, der erste, der wirklich Verständnis für die Bevölkerung in Westösterreich habe.
    Die EG-Kommission in Brüssel sieht aber das Nachtfahrverbot für Lkw gelassener als etwa der Bonner Verkehrsminister Friedrich Zimmermann, der, wenn auch dafür völlig
    mit negativen Konsequenzen für die Beitrittsbemühungen gedroht hat.
    Vizekanzler Riegler betonte heute, der Außenminister der EG, Franz Andriessen, habe bei einem Gespräch gestern Abend das Nachtfahrverbot mit keinem Wort erwähnt.
    Eine Verknüpfung Transit-EG-Beitritt sei von keinem Gesprächspartner hergestellt worden.
    Josef Riegler.
    Insbesondere das Gespräch mit dem Vizepräsidenten Andriessen war ein sehr
    Konkretes, ein sehr offenes, aber es hat keinerlei Zusammenhang zwischen dem Transitproblem und der Beitrittsdiskussion erkennen lassen.
    Das heißt, unsere Position auch bestätigt.
    Nun schaut es ja bei den Verkehrsverhandlungen schwierig aus.
    Die EG sagt, dieses Nachtfahrverbot müsse weg und Österreich sagt, es ist nicht verhandelbar.
    Was sind das für Verhandlungen, wo beide von vornherein sagen, dass sie von ihrem Standpunkt nicht weg können und wollen?
    Ich habe Herrn van Miert sehr eindringlich
    informiert über die Zuspitzung der Stimmungslage in der österreichischen Bevölkerung und auch über die Beweggründe, die zu dieser Maßnahme seitens des Verkehrsministers geführt haben, die von der Bundesregierung insgesamt getragen wird.
    Wir sind übereinstimmend, und das war sehr positiv in dem Gespräch,
    zur Auffassung gekommen, dass wir das Problem als ein gesamteuropäisches zu sehen haben, dass wir umfassender an die Lösung herangehen müssen, das heißt die Bemühungen in Richtung des kombinierten Verkehrs, hier gibt es eine Reihe von Vorschlägen Österreichs, die Bemühungen in Richtung umweltfreundlicherer Transportlösungen, auch Kommissar van Miert hat bestätigt, dass man die Industrie drängen muss rascher umweltfreundliche
    Transportmittel zur Verfügung zu stehen und wir haben vereinbart, dass umfassende Gespräche auf hoher politischer Ebene geführt werden, um eben von einer gegenseitigen Fixierung in einem bestimmten Punkt durch umfassende Lösungen wegzukommen.
    Das heißt, an dem 1.
    Dezember Nachtfahrverbot wird sich nichts ändern?
    Ich habe das klar zum Ausdruck gebracht, dass dieses Faktum aus österreichischer Sicht besteht.
    EG-Kommissar Karel Van Miert will schon bald mit Verkehrsminister Rudolf Streicher zusammenkommen.
    Wobei aus der Umgebung des EG-Politikers zu erfahren ist, dass sich Van Miert auf ein atmosphärisch belastetes Gespräch mit dem Österreicher einstellt.
    Van Miert sei sehr verärgert, heißt es über Streicher, mit dem er bis dahin auch als Parteifreund ein gutes Gesprächsverhältnis hatte, weil Streicher ohne
    einseitigen Nachtfahrverbot regelrecht vor den Kopf gestoßen habe.
    Das war ein Bericht von Helmut Brandstetter aus Brüssel.
    Österreichs Öl-Multi, die ÖMV, hat heute die Bilanz für 1988 veröffentlicht.
    Eine erfolgreiche Bilanz.
    Die seit dem vergangenen Jahr neuen privaten und der alten staatlichen Aktionär bekommen 17 Prozent Dividende.
    Das ist mehr als selbst die weltweit operierenden Multis ihren Kapitalgebern zugestehen.
    Der Markt für Öl, Ölprodukte und Kunststoff aus Erdölderivaten ist in ständiger Bewegung, gerade jetzt während der OPEC-Sitzung in Wien, nach dem Unglück der Echsenwaldes in Kanada und nach dem Tod Komenis mehr denn je.
    Die ÖMV selbst steht vor einer internen Umorganisation, die nicht zuletzt mit der Internationalisierung des Unternehmens, welche sich noch mehr als früher im Ausland engagieren möchte, zusammenhängt.
    Auch das kam heute auf dieser Bilanz-Pressekonferenz zur Sprache, von der nun Hans Adler berichtet.
    Das vergangene Jahr hat für die Ölverarbeiter die niedrigsten Rohstoffpreise seit der Ölpreisexplosion Anfang der 80er Jahre gebracht.
    Für die Ölverkäufer, und dazu gehört die ÖMV natürlich auch, brachte 1988 einen Verbrauchsrückgang bei allen Heizölen und bei Bitumen für den Straßen- und sonstigen Bau.
    Dafür ist aber der Treibstoffverbrauch gestiegen.
    Grund war der milde Winter.
    Es wurde mehr gefahren und weniger geheizt, berichtete ÖMV-Generaldirektor Herbert Käß.
    Es hat bei Benzinern eine größere Nachfrage gegeben durch den extrem warmen Winter.
    Es war ein viel höherer Bedarf an hochoktanigen Komponenten, insbesondere auch durch das doch immer stärker durchschlagende Nachfrage nach bleifreien Benzinern.
    Auch die USA
    hat den Bedarf ganz gewaltig angeheizt und hat alles aufgekauft in Rotterdam und zum Teil auch in Italien, was verfügbar war.
    Und es konnten einfach diese Bedarfsspitzen nicht aus den bestehenden Konversions- und Veredelungskapazitäten gedeckt werden.
    Der internationale Ölpreis hat 1988 nach einem Tiefpunkt bei 11 Dollar heuer im Frühjahr die 20-Dollar-Markte kurzfristig überschritten, als das Unglück der Exxon Valdez passierte.
    Jetzt tagt die OPEC in Wien.
    Und es geht erstmals seit Jahren in diesen Gesprächen nicht um die Quoten der Förderung, sondern eindeutig nur um den Preis.
    Er soll einfach ausgedrückt aus der Sicht der Ölproduzenten gerade so hoch sein, dass Spartechnologien und Alternativen nicht rentabel werden.
    Aus dieser Sicht ist auch die Einschätzung von ÖMV-Generaldirektor Käß zu sehen.
    Wir erwarten daher eine mehr oder weniger Festschreibung der jetzigen Preisentwicklung.
    Das heißt, es wird sich im zweiten Halbjahr etwa eine Bandbreite von 16 bis 18 Dollar unter dieser Voraussetzung einstellen.
    Und ich kann Ihnen sagen, dass wir mit unserem Budget, das wir allerdings ja schon im Sommer, Herbst des vorigen Jahres gemacht haben und mit einem Durchschnittspreis von 16 Dollar pro Perel angenommen haben als echten Preis, daher durchaus richtig liegen.
    Die ÖMV ist längst ein Multi geworden und arbeitet direkt oder durch Tochterfirmen weltweit in zehn Ländern, darunter Kanada, Dänemark, Tunesien, Türkei, Libyen und Indonesien.
    Eine eigene Raffinerie besitzt die ÖMV seit einem Jahr in Deutschland, in Burghausen, und baut dort, ebenso wie in Österreich, die Kunststofferzeugungskapazität aus.
    Das international 10.000 Beschäftigte umfassende Unternehmen soll nach einem amerikanischen Betriebsberater-Unternehmen umgestaltet werden, und zwar so.
    Es sollen drei Divisionen
    Divisions, Unternehmensbereiche auf Deutsch, kommen.
    Das wäre oder das ist Exploration und Produktion inklusive Gasgeschäft.
    Das ist das Mineralölgeschäft vom Rohöl, Einkauf über die Verarbeitung und Vertrieb.
    Das ist der Bereich Petrochemie und das sind die sogenannten Corporate Functions der Unternehmensgruppe, die vom Vorstandsbereich Finanzen und Controlling und von einem Generaldirektor wahrgenommen werden sollen.
    Diese Umstellung wird aber bereits ein neuer Generaldirektor überwachen.
    Herbert Kies geht um.
    von der ÖMV mit Ende dieses Jahres weg.
    Insgesamt rechnet man heuer aus der ÖMV-Sicht mit einer eher ruhigen Preisentwicklung bei Rohstoffen wie bei Produkten und hofft, das Jahr 89 ebenso positiv abzuschließen wie das Vorjahr.
    Berichterstatter war Hans Adler, 12 Uhr und 49 Minuten war es soeben.
    Willkommen zum Kulturbeitrag im Mittagschanal.
    Von den Nationalsozialisten war er verfemt, seine Opern gerieten in Vergessenheit und erst Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre begann man sich seiner wieder zu erinnern.
    Die Rede ist vom österreichischen Komponisten Franz Schrecker, dessen Oper »Die Gezeichneten« heute Abend im Rahmen der Wiener Festwochen als Gastspiel der Deutschen Oper am Rhein im Theater an der Wien Premiere hat.
    Der vor 111 Jahren geborene Komponist, ein Zeitgenosse Mahlers und Schönbergs, erlebte mit Werken wie »Der ferne Klang«, »Die Schatzgräber« oder »Irrelohe« seinen Durchbruch.
    Er starb kurz nach der Machtübernahme der Nazis 1934 in Berlin.
    Die Aufführung ist übrigens die erste szenische Aufführung einer Oper von Schrecker in Österreich seit rund einem halben Jahrhundert.
    Konzertante Aufführungen hat es einige gegeben.
    Zuletzt war in Wien Ihre Lohe zu hören.
    Dirigent des Festwochengastspiels der Deutschen Oper am Rhein ist Hans Wallert.
    Regie führte Günther Krämer.
    Es spielt das ORF Sinfonieorchester.
    Gernot Zimmermann beginnt seinen Vorbericht mit einer Schlüsselszene aus den Gezeichneten.
    dass du nur nicht mehr eins unter mir bist.
    Doch, doch, ihr Liebt, trotz Deiner Pestilenz,
    Die Liebe des reichen, verkrüppelten Alviano zur Malerin Carlotta steht im Zentrum von Franz Schrekers 1913-15 komponierter Oper »Die Gezeichneten«.
    Vor Genua hat Alviano eine Kunstinsel, ein Elysium bauen lassen, das junge Adelige für sexuelle Experimente nutzen.
    Dort erliegt letztlich dann auch Carlotta den Verführungen.
    Wie die meisten Werke von Schrekers waren auch die gezeichneten lange Zeit in Vergessenheit geraten, bis man sie 1979 in Frankfurt wieder mit großem Erfolg herausbrachte.
    Karl Ritterbusch, der den Bürgermeister von Genua singt, erklärt sich das so.
    Das hängt sicherlich damit zusammen, dass er im Dritten Reich verfilmt war, seine Musik.
    Aber man darf auch nicht vergessen, dass Herr Schreker ganz abrupt
    So schnell wie er hochkam damals, war er wieder in der Versenkung verschwunden.
    Ich habe erst vor 14 Tagen einen Artikel gelesen und daraus konnte ich entnehmen, dass er vor der Machtübernahme Hitlers in einem Jahr über 300 Mal aufgeführt wurde.
    Und dann hörte die Sache ganz schnell auf und Schräger war weg vom Fenster.
    Trudelise Schmid ist diese Carlotta, eine gespaltene, abgründige Figur.
    Die zerbrochene Identität, das Widerspiel zwischen Trieb und Bewusstsein, all das macht Schrekers unverwechselbarer Klang fassbar.
    Trudelise Schmid?
    Er hatte natürlich die Schwierigkeit in der Strauß-Epoche zu groß zu werden.
    Ich denke, dass das Fatale an seinen Stücken ist, wenn Sie sich den Klavierauszug von den Gezeichneten anschauen, seine eigene Vorstellung der Interpretation.
    Er schreibt tausend Schaften vor, da würde die ganze Wienzeile nicht ausreichen, um das Stück aufhören zu wollen.
    Und wenn man sich daran hält, ist man verloren.
    Das haben wir jetzt natürlich vermieden, Gott sei Dank.
    Das Stück spielt nicht in der Renaissance, sondern in einer anderen Zeit, wo es meiner Meinung nach auch hingehört.
    Dadurch ist das Stück wieder aufführbar.
    Sonst hätten wir die allegorischen Figuren auf der Bühne und tausend Statisten und zweitausend Elefanten ums Hof zu treiben.
    Das kann man nicht tun.
    Und damit wäre das Stück verloren.
    sind die jungen, die neuen Regisseure dabei, diese Stücke über die Regie wirklich wieder ins Gespräch zu bringen.
    Das finde ich unglaublich schön.
    Günther Kremer versetzt seine Inszenierung in ein eindeutig faschistisches Ambiente.
    Nietzsches Philosophie vom Herrenmenschen, Homoerotik und Männerbündlerisches Soldatentum geistern über die Bühne.
    Abschließend Trudelise Schmid,
    Wir hängen das Stück an dem Juden auf.
    Wie Sie wissen, ist Schreker selbst in dieser Zeit furchtbar schlecht dran gewesen.
    Und die hündische Hauptrolle ist also der Ausgestoßene, der trotz all seines Geldes nicht anerkannt wird.
    Und ich fühle mich als einzige zu dieser Missfigur eigentlich, zu dieser unschönen Figur hingezogen, was ein Widersinn gibt.
    Für mich interessant ist einfach, diese Rolle zu spielen und zu singen.
    Ich will das nicht überpsychologisieren, weil dazu tauge ich nicht, aber ich habe versucht, die Feinheiten in die Rolle jede Sekunde lang umzusetzen und zu zeigen.
    Jetzt haben wir ein Signal, jetzt müssen wir auf die Bühne.
    So heil' ich euch, die Leibernau, so gottlich heil' ich euch, in die Gescheite, die Sonne und den Himmel.
    wie schön uns sie spiegelt.
    Und nach diesem Ausschnitt aus den gezeichneten, fünf Minuten vor 13 Uhr eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse.
    China, Österreich.
    Die Lage in der chinesischen Hauptstadt Peking bleibt weiterhin gespannt.
    Der österreichische Botschafter in Peking, Paul Ullmann, berichtete, es komme nach wie vor immer wieder zu Schießereien.
    Eine solche Schießerei sei sogar nahe der österreichischen Botschaft gewesen.
    Der Botschafter kündigte an, dass 40 Österreicher gemeinsam mit Schweizern morgen aus der chinesischen Hauptstadt ausgeflogen werden.
    Ein Sonderflugzeug der Swiss Air habe bereits die notwendigen Fluggenehmigungen erhalten.
    Ein Österreicher, der in einem Hotel in der Nähe des Platzes des himmlischen Friedens arbeitet, bezeichnete es als lebensgefährlich, auf die Straße zu gehen.
    Chinesische Hotelangestellte würden immer wieder mit Tränen in den Augen zur Arbeit kommen, schilderte er.
    Auf dem Flughafen in Peking warten unterdessen tausende Ausländer auf die Ausreise.
    Die Auslandsflüge sind restlos ausgebucht.
    Zurzeit gibt es keine verlässlichen Angaben darüber, wer innerhalb der chinesischen Führung derzeit die Macht ausübt.
    Radio Peking meldete, ein Vertreter der harten Linie, Politbüro-Mitglied Jiao Shi, habe Parteichef Zhao Ziyang abgelöst.
    Außenminister Mock wird der Bundesregierung empfehlen, die Beziehungen zu China einzufrieren.
    Besuchstätigkeit auf politischer Ebene soll ausgesetzt werden.
    Die diplomatischen Kontakte sollen auf jenes Maß reduziert werden, das unbedingt notwendig ist, um die Interessen Österreichs zu wahren.
    Sowjetunion.
    Die am vergangenen Wochenende in der Sowjetrepublik Usbekistan ausgebrochenen nationalistischen Unruhen haben bisher 67 Menschenleben gefordert.
    Die Zeitung der kommunistischen Jugend der Sowjetunion, Komsomolskaya Pravda, berichtet, die Lage sei weiterhin gespannt.
    11.000 Angehörige der Minderheit, der Meskheten, sollen aus dem Gebiet um die Stadt Fergana evakuiert worden sein.
    Auch der usbekische Innenminister sagte, die ins Unruhegebiet entsandten Sondertruppen hätten die Lage noch nicht voll unter Kontrolle.
    USA Der amerikanische Präsident Bush hat der Sowjetunion Hilfe für die Opfer der Explosionskatastrophe im Ural angeboten.
    Die Vereinigten Staaten wollen ein Ärzteteam in die Sowjetunion entsenden, das auf die Behandlung von Brandverletzungen spezialisiert ist.
    Bei dem Unglück am vergangenen Sonntag sind mindestens 450 Menschen ums Leben gekommen.
    Einige Agenturmeldungen sprechen von bis zu 800 Toten.
    Hunderte Menschen liegen mit teilweise schweren Brandverletzungen in Krankenhäusern.
    Belgien, Österreich.
    Vizekanzler Riegler hat heute bei einem Gespräch mit dem Verkehrskommissar der Europäischen Gemeinschaft, Van Miert in Brüssel, das Festhalten Österreichs am geplanten LKW-Nachtfahrverbot bekräftigt.
    Im Anschluss an das Gespräch erklärte Riegler, er habe als Anwalt der österreichischen Bevölkerung versucht, ein Stimmungsbild über die emotionelle Zuspitzung in den letzten Monaten angesichts der brisanten Transitbelastung zu vermitteln.
    Beide Seiten seien sich einig, dass möglichst rasch Verhandlungen auf politischer Ebene aufgenommen werden müssten.
    Unter anderem sollte ein Gespräch zwischen Verkehrsminister Streicher und dem EG-Verkehrskommissar zustande kommen.
    Verkehrsminister Streicher hat in der Fragestunde des Nationalrates in Wien klargestellt, dass die Transitfrage kein Tauschobjekt im Zusammenhang mit allfälligen Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Gemeinschaft sein könne.
    Streicher kündigte an, er wolle sich um die weitere Verlagerung des Transitverkehrs auf die Schiene bemühen.
    Polen.
    Die unabhängige Gewerkschaft Solidarität will trotz ihres Wahlerfolges in keine Regierungskoalition eintreten.
    Sprecher der Solidarität halten jedoch eine Zusammenarbeit mit der kommunistischen Partei für möglich.
    Die Partei hat unterdessen ihren Wunsch nach Zusammenarbeit bekräftigt.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Der Ehrenvorsitzende der deutschen Sozialdemokraten, Willy Brandt, wird für eine weitere Periode Präsident der Sozialistischen Internationale bleiben.
    Brandt teilte mit, er werde dem Wunsch seiner Freunde entsprechen und sich auf dem in 14 Tagen stattfindenden Kongress der Sozialistischen Internationale in Stockholm wieder für dieses Amt zur Verfügung stellen.
    Noch das Wetter für Österreich bis zum Abend.
    Im Westen häufig Regen, sonst teilweise sonnig und nur lokale gewittrige Schauer.
    Damit sind wir am Ende unserer heutigen Mittagsberichterstattung für Redaktion und Technik.
    Verabschiedet sich Herbert der Provolne.
    Es ist 13 Uhr.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Situation in China
    Mitwirkende: Thamm, Ludwig [Gestaltung]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Ort: Peking [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Situation in China: Augenzeugen - Prof. Heissenberger
    Einblendung: Universitätslektorin Lektorin
    Mitwirkende: Opletal, Helmut [Gestaltung] , Heissenberger, ... [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Ort: Peking [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Situation in China: Augenzeugen - Zuckerbäcker
    Einblendung: Zuckerbäcker
    Mitwirkende: Opletal, Helmut [Gestaltung] , Anonym, Zuckerbäcker [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Situation in China: Augenzeugen - Geschäftsmann (bereits in Wien)
    Einblendung: Geschäftsmann
    Mitwirkende: Pongracz, Mathias [Gestaltung] , Anonym, Geschäftsmann, Geschäftsmänner [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Situation in China: Augenzeugen - Österreichischer Botschafter Ullmann aus Peking
    Interview: Botschafter Ullmann
    Mitwirkende: Opletal, Helmut [Gestaltung] , Ullmann, Paul [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Ort: Peking
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Situation in China: Analyse der chinesischen Vorgänge
    Mitwirkende: Opletal, Helmut [Gestaltung]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Erste Reaktionen der Sowjetunion zu China
    Mitwirkende: Kössler, Franz [Gestaltung]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Ort: Moskau [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Lage im Iran nach dem Tod Khomeinis - Studiogespräch
    Interview: Korrespondent Hennerbichler
    Mitwirkende: Dobrovolny, Herbert [Gestaltung] , Hennerbichler, Ferdinand [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Trailer Journal-Panorama: Vaclav Havel
    Einblendung: Schriftsteller Havel
    Mitwirkende: Coudenhove-Kalergi, Barbara [Gestaltung] , Havel, Václav [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressekonferenz Haider zu Transit
    Einblendung: Kärntner Landeshauptmann Haider
    Mitwirkende: Simbürger, Franz [Gestaltung] , Haider, Jörg [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Parlament, Streicher zu Transit
    Einblendung: Verkehrsminister Streicher
    Mitwirkende: Stoppacher, Robert [Gestaltung] , Streicher, Rudolf [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Parlament [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vizekanzler Riegler in Brüssel, Riegler zu Transitfrage
    Einblendung: Vizekanzler Riegler
    Mitwirkende: Brandstätter, Helmut [Gestaltung] , Riegler, Josef [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Ort: Brüssel [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bilanz der ÖMV
    Einblendung: ÖMV-Generaldirektor Kaes
    Mitwirkende: Adler, Hans [Gestaltung] , Kaes, Herbert [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Schrekers Oper "Die Gezeichneten" im Theater an der Wien
    Einblendung: Szenenausschnitte, Sänger Ritterbusch, Sängerin Schmidt
    Mitwirkende: Zimmermann, Gernot [Gestaltung] , Ritterbusch, Karl [Interviewte/r] , Schmidt, Trudeliese [Interviewte/r]
    Datum: 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte: Musik ; E-Musik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1989.06.07
    Spieldauer 00:59:49
    Mitwirkende Dobrovolny, Herbert [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1989.06.07 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-890607_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    mit Zeitansage 'es ist 13 Uhr'
    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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