Mittagsjournal 1985.08.29

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in 5 Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Grüß Gott beim Mittagsschanal des aktuellen Dienstes.
    Redakteurin im Studio ist Ilse Oberhofer.
    Viele mögen es ja zum Weinen finden, das neue österreichische Weingesetz wird also doch nicht mit den Stimmen aller drei Parteien beschlossen werden.
    Das steht seit gestern Abend fest.
    Heute ist eine entsprechende Sondersitzung im Nationalrat, quasi eine Weinsondersitzung.
    Die Debatten beginnen erst ab 13 Uhr, die Stimmung sicher alles andere als weinselig dabei.
    Wir berichten in diesem Mittagsschanal in einem Rückblick nochmals über dieses Panscherl mit Folgen.
    Folgen, die nun die kleinen Weinbauern zu spüren bekommen.
    In der Weinwirtschaft rollt nämlich eine Pleitewelle an.
    Das wären die Themen von uns heute Mittag zum Thema Wein.
    Weitere Stichworte zum Programm, wie läuft die Getreideernte 1985 in Österreich und Weltschachkongress in Graz.
    Unsere Auslandsbeiträge beschäftigen sich mit dem Beginn des Prozesses rund um die Flick-Spendenaffäre in der Bundesrepublik Deutschland.
    Ein Musterprozess zum Thema, ist die Politik käuflich?
    Wir beschäftigen uns mit der nach wie vor trostlosen Situation der Menschenrechte in Chile und mit Schuhimport-Problemen, die die Amerikaner haben.
    Die Kulturredaktion bringt einen Beitrag zum Thema Theorie der Fantasie.
    Das ist das Thema der ersten Sommerschule der Waldviertler Akademie.
    Zunächst aber gibt es für immer Nachrichten.
    Verantwortlicher Redakteur heute Christian Auer und gesprochen werden die Meldungen von Wolfgang Riemerschmidt.
    Österreich.
    Der Nationalrat beschließt heute in einer Sondersitzung das neue Weingesetz.
    Zustimmen werden die Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.
    Die ÖVP hat gestern die Ablehnung des Gesetzentwurfs angekündigt.
    Ihrer Ansicht nach enthält das Gesetz bürokratische Schikanen und steuerliche Belastungen für die Weinbauern.
    Der Gesetzesantrag der Regierung wird von der ÖVP als Husch-Pfusch-Entwurf bezeichnet.
    Außerdem verlangt die Volkspartei eine parlamentarische Untersuchung gegen Gesundheitsminister Kurt Steirer und Landwirtschaftsminister Günter Heiden.
    Die ÖVP wirft den beiden Ministern vor, monatelang Gesetze nicht angewandt zu haben, in denen die Verfälschung des Weins mit Diethylenglykol verboten wird.
    Die Abstimmung über das Weingesetz ist für die Plenarsitzung am Nachmittag vorgesehen.
    Umstritten ist vor allem die Vorführpflicht für das Lesegut.
    Nicht verwirklicht wird die Festsetzung von Hektar Höchsterträgen, weil sie als Verfassungsbestimmung an der Ablehnung der ÖVP scheitern würde.
    Die Industrie protestiert gegen das geplante Verbot der Verpackung von Wein in Tetrapackungen.
    Die Zahl der Verhaftungen im Weinskandal ist um 4 auf 54 gestiegen.
    Zuletzt wurden in Wien-Leopoldstadt die 43-jährige Isolde Feikes und ihre Schwester Dagmar Dietl festgenommen.
    Den Frauen wird vorgeworfen, mit Diethylenglykol und sonstigen Chemikalien gehandelt zu haben.
    Wegen des Verdachtes der Kunstweinherstellung wurde außerdem der Weinhändler Peter Grieser aus Wien-Döbling verhaftet.
    In Neusiedl an der Zeyer wurde der Weinhändler Georg Bierbaum wegen Verdunkelungsgefahr festgenommen.
    Vor dem Landgericht Bonn hat heute der Prozess um die Flick-Parteispenden-Affäre begonnen.
    Angeklagt sind die ehemaligen Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff und Hans Friederichs sowie der frühere Generalbevollmächtigte des Flick-Konzerns Eberhard von Brauchitsch.
    Die Anklage lautet auf Bestechlichkeit, Bestechung und Steuerhinterziehung.
    Den beiden ehemaligen Ministern wird vorgeworfen, vom Flick-Konzern für Steuerbefreiungen sechsstellige D-Mark-Beträge angenommen zu haben.
    Im Fall eines Schuldspruches drohen Haftstrafen bis zu fünf Jahren.
    Bundeskanzler Helmut Kohl hat heute die erwarteten personellen Konsequenzen aus den jüngsten Spionagefällen bekannt gegeben.
    Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Heribert Hellenbroich, wurde abgelöst.
    Hellenbroich wird vorgeworfen, als Vorgesetzter des in die DDR übergelaufenen Verfassungsschutzbeamten Hans-Joachim Tietke über dessen Alkohol- und Schuldenprobleme informiert gewesen zu sein und Tietke trotzdem im Amt belassen zu haben.
    Neuer Chef des deutschen Nachrichtendienstes ist der bisherige Botschafter Bonds bei der NATO, Hans-Georg Wieg.
    Österreich Finanzminister Franz Franitzki lehnt die Forderung nach billigen Wohnbaukrediten ab.
    Nach einer Aussprache mit Vertretern der Geldinstitute in Alpbach in Tirol sagte Franitzki, in diesem Bereich wären Sonderregelungen nicht zweckmäßig.
    Er sprach sich auch gegen billige Personalkredite der Betriebsräte aus.
    Die Industrie wird bis zum Jahr 1990 voraussichtlich etwa 30 Milliarden Schilling in Umweltschutzmaßnahmen investieren.
    OERG-Vorstandsdirektor Klaus Reidel sagte bei den Alpbacher Wirtschaftsgesprächen, ein Drittel dieser Summe werde allein im Bereich der verstaatlichen Industrie ausgegeben werden.
    Die Summe der industriellen Investitionen für den Umweltschutz habe sich seit dem Jahr 1971 mehr als verdoppelt.
    Reidel schlug vor, Mittel aus der Arbeitsmarktförderung und der Arbeitslosenversicherung heranzuziehen, um entsprechende Investitionen zu fördern.
    Südafrika.
    Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Einheiten von Polizei und Armee haben gestern und heute mindestens zwölf Menschenleben gefördert.
    Ausgangspunkt der Unruhen war die Umgebung von Kapstadt, wo die Polizei gewaltsam einen Protestmarsch zu jenem Gefängnis auflöste, in dem der schwarze Bürgerrechtskämpfer Nelson Mandela inhaftiert ist.
    Dabei wurden Tränengas und Schrottgewehre eingesetzt.
    Eine Außenministerdelegation der Europäischen Gemeinschaft wird voraussichtlich heute Abend nach Südafrika reisen, um sich über die Lage im Land zu informieren.
    Zwei Bombenanschläge in der Hauptstadt Santiago, wenige Stunden vor einer Rede von Staatschef General Pinochet, haben gestern sechs Leichtverletzte gefordert.
    Die Sprengkörper explodierten in überfüllten Geschäften im Stadtzentrum.
    Binochet lehnte in seiner Rede Gespräche der Regierung mit der Opposition ab.
    Zugleich wies er den sogenannten Nationalpakt zurück, in dem wichtige Oppositionsgruppen eine Verfassungsreform sowie baldige Präsidenten- und Parlamentswahlen gefordert haben.
    USA, Großbritannien.
    Nach dem verheerenden Brand einer Boeing 737 auf dem Flughafen von Manchester haben nun auch die amerikanischen Luftfahrtbehörden die Überprüfung aller Maschinen mit ähnlichen Triebwerken angeordnet.
    Betroffen sind etwa 2000 Aggregate des Herstellers Pratt & Whitney.
    Diese Triebwerke werden außer in der Boeing 737 auch in der Boeing 727 und in der Douglas DC-9 eingesetzt.
    Unterdessen hat sich die Zahl der Opfer des Flugzeugbrandes von Manchester auf 55 erhöht.
    Ein 31-jähriger Engländer erlag seinen schweren Brandverletzungen.
    USA Die Besatzung der Raumfähre Discovery wird heute den letzten von insgesamt drei Fernmeldesatelliten im All aussetzen.
    Die Mission der Discovery wurde um einen Tag bis zum kommenden Dienstag verlängert, um die geplante Reparatur eines defekten Satelliten zu ermöglichen.
    Österreich.
    Der ÖAMTC lehnt Vorschläge entschieden ab, wonach das Radfahren in Einbahnen auch gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung gestattet werden sollte.
    In einer Aussendung heißt es, dies dürfe nur auf Radwegen oder auf Radfahrstreifen erlaubt werden.
    Die anderen Verkehrsteilnehmer müssten durch entsprechende Verkehrszeichen auf die Situation aufmerksam gemacht werden.
    Die Wetterlage.
    Österreich liegt im Einflussbereich einer ausgedehnten Hochdruckzone, die sich von der iberischen Halbinsel nordostwärts über Mitteleuropa bis zum Baltikum erstreckt.
    Die Aussichten bis morgen früh.
    Im Osten vorübergehend noch stärkere Bewölkung, sonst vielfach aufgelockert oder gering bewölkt.
    mäßige nördliche Winde.
    Nachmittagstemperaturen 18 bis 23 Grad, Frühwerte morgen 7 bis 12 Grad, örtlich nach klarer Nacht in höheren Lagen auch nur bei 2 bis 4 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen.
    Örtlich Frühnebel.
    Tagsüber allgemein sonniges Wetter.
    Schwache bis mäßige Winde aus Nordwest bis Nordost.
    Tageshöchstwerte 19 bis 25 Grad.
    Das Wetter zum Wochenende.
    Spätsommerliches, warmes, Schönwetter.
    Die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
    Wien stark bewölkt, 17 Grad, Nordwestwind 20 Kilometer in der Stunde.
    Eisenstadt bedeckt 17 Grad, Westwien 25 Kilometer mit Spitzen bis 50 Kilometer.
    Linz, Heiter 19 Grad, Salzburg, Heiter 19, Innsbruck, Heiter 16 Grad, Bregenz, Heiter 16, Graz, Heiter 20 Grad, Nordwien 20 Kilometer in der Stunde und Klagenfurt wolkig 20 Grad.
    Eine erste Zeitansage im Mittagsjournal, es ist 10 Minuten nach 12 Uhr.
    In rund einer Stunde beginnt also im Parlament in Wien die Debatte um das neue Weingesetz.
    Genau vor einem Monat hatte Kanzler Sinowaz nach einem Gipfelgespräch mit Vertretern der Weinwirtschaft verkündet, dass Österreich das strengste Weingesetz Europas bekommen werde.
    Nach den Verhandlungen der letzten Tage war klar, dass dieses Gesetz nur mit den Stimmen der Regierungsparteien, also mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ, beschlossen werden wird.
    Heute früh ist der Regierungsentwurf im Parlament formell eingebracht worden, dann trat der Landwirtschaftsausschuss zu Beratungen zusammen.
    Dabei wurden von der SPÖ noch 39 Abänderungsanträge eingebracht, die zum Teil damit zusammenhängen, dass man ursprünglich beabsichtigte Verfassungsbestimmungen wegen des Neins der ÖVP abändern musste.
    Die ÖVP selbst plant, wie vor der Sitzung zu erfahren war, keine eigenen Abänderungsanträge.
    Dafür aber scharfe politische Attacken auf Landwirtschaftsminister Günther Heiden und Gesundheitsminister Kurt Steirer.
    Konkret wird die ÖVP die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses verlangen und möglicherweise auch den beiden Ministern das Misstrauen aussprechen.
    So viel über die heutige Parlamentsdebatte, die wie gesagt um 13 Uhr beginnt.
    Wie kam es nun eigentlich zu diesem Skandal, der nach übereinstimmender Ansicht der größte Wirtschaftsskandal der Zweiten Republik ist?
    Fritz Besata zieht im folgenden Beitrag eine Bilanz dieses Skandals.
    Der Skandal um die Verfälschung österreichischen Weins ist sicherlich schon etliche Jahre alt.
    Und ebenso wurden seit vielen Jahren Stimmen laut, die meinten, irgendetwas sei mit dem österreichischen Tröpferl da nicht in Ordnung.
    Allein aufgedeckt und aufgeflogen ist der ursprünglich burgenländisch genannte Weinsskandal erst im heurigen Frühjahr.
    Wie Landwirtschaftsminister Günther Heiden später bekannt gab, sei man auf das verbotene Diethylenglykol letztlich durch anonyme Anzeigen gestoßen.
    Heiden selbst, der ursprünglich geglaubt hatte, der Skandal beziehe sich vornehmlich auf verpanschten Prädikatswein, der in Tankzügen nach Deutschland ging, nannte in einer Pressekonferenz am 26.
    April erst den Namen von ertappten Sündern.
    Es sind dies zwei Firmen aus dem Seewinkel.
    Und zwar mit der größten Menge überhaupt, die Firma Josef und Arnold Tschida in Abethlon.
    Und die zweite Firma, die mit der nächstgroßen Menge
    Nach dieser quasi öffentlichen Brandmarkung zweier Burgenländischer Weinhändler blieb es die nächsten Wochen erstaunlicherweise ziemlich ruhig.
    Erst im Juli begann sich das ganze Ausmaß des Skandals abzuzeichnen.
    Nicht nur Prädikatswein war verfälscht worden, die Spur des Dirty Lincoln Coals zog sich praktisch durch alle anderen Weine ebenso.
    Ja, auch Traubensäfte waren von der Manipulation der Händler und Weinkämmiger nicht verschont geblieben.
    Und man kam im Zuge der Ermittlungen auch der offenkundig seit Jahren florierenden Kunstweinproduktion auf die Schliche.
    Gesundheitsminister Kurt Steirer, der sich im Weinskandal, wie er selbst sagte, wegen mangelnder Kompetenz, sehr zurückhielt, warnte vor dem Genuss der Glykolperlen.
    Heute muss jeder, der heute Wein konsumiert, rechnen, vor allem wenn er heute Flaschenwein, Prädikatswein konsumiert, muss also heute, bevor das nicht eindringlich geklärt ist, rechnen, dass Zusätze vorhanden sind.
    Heute, genau vor einem Monat, kam es dann im Bundeskanzleramt in Wien zum ersten Weingipfel unter Kanzler Sinowaz und man beschloss dort ein neues, schärferes, ja das schärfste Weingesetz Europas zu erarbeiten.
    Von unserer Seite ist alles getan worden, was denkbar ist und was möglich ist.
    Ich muss immer wieder in Erinnerung rufen, dass nicht die Regierung den Wein verfestigt hat, sondern andere und dass wir die waren, die das aufgedeckt haben und die Möglichkeiten geschaffen haben für ganz strenge Kontrollen.
    Wir haben heute diesen Gipfel veranstaltet, weil ich der Meinung bin, dass möglichst rasch jetzt die mittelfristigen Maßnahmen gesetzt werden und weil ich der Auffassung bin, dass es notwendig ist, dass dabei alle zusammenarbeiten sollen.
    Damals also sah alles noch nach einem Drei-Parteien-Konsens aus.
    Auch die ersten Beratungen im Landwirtschaftsministerium über das neue Gesetz waren noch getragen von der Absicht, nach österreichischer Tradition, also im Konsens, das neue Gesetz zu beschließen.
    Zu diesem Zeitpunkt waren bereits mehr als 40 Verhaftungen vorgenommen worden, mehr als 100 Händler oder Produzenten hatten Selbstanzeigen erstattet und der größte Wirtschaftsskandal der Zweiten Republik war zum beherrschenden Medienthema dieses Sommers geworden.
    Wie schon zum AKH-Skandal vor fünf Jahren fand Bundespräsident Rudolf Kirchschläger auch zum Weinskandal mahnende Worte.
    Wir müssen den Boden säubern, indem sich der Bazillus der Unredlichkeit, des wachsenden Egoismus, der Doppelzüngigkeit, der Pflichtvergessenheit
    und manche andere Krankheiten gesellschaftlicher Natur eingenistet hat.
    Das war am 9.
    August.
    Die folgenden Tage waren von einem zähen Ringen um Details des neuen Gesetzes geprägt.
    Und immer mehr versteifte sich der Widerstand der Funktionäre der Weinwirtschaft und auch die ursprünglich zurückhaltende Kritik der ÖVP am behaupteten Versagen des Landwirtschaftsministers wie auch des Gesundheitsministers nahm wieder zu.
    Haydn selbst sah die verspätete Aufdeckung des Skandals darin, dass die deutschen Medien offensichtlich zu spät reagiert hätten.
    Ich mache nicht den Vorwurf, dass die Medien darüber berichtet haben.
    Ich mache den deutschen Medien den Vorwurf, dass sie buchstäblich etwa zweieinhalb Monate oder länger als zwei Monate geschwiegen haben, ehe das dann draußen aktuell war.
    Seit Beginn dieser Woche zeichnete sich dann ab, dass die ÖVP ohne deren Zustimmung einzelne Verfassungsbestimmungen im Gesetz nicht beschlossen werden können, dem Haydn-Entwurf ihre Zustimmung versagen wird.
    Auch ein Vier-Augen-Gespräch zwischen Kanzler Sinovac und ÖVP-Chef Alex Mock gestern brachte kein Ergebnis.
    Mein Gott, ich hätte ganz gerne den ÖVP-Parteiobmann einen Erfolg gegönnt, aber schauen Sie, das ist eine sehr ernste Angelegenheit.
    mit dem Weingesetz, da kann man nicht so argumentieren, dass ein Stückerl mehr oder dass ein Stückerl weniger sein.
    Ich habe ihm daher vorgeschlagen, dass man sich zumindest verbindlich abspricht und verbindlich beschließt, dass wir anschließend an die Beschlussfassung gemeinsam über die Wiedereroberung der ausländischen Märkte reden, wie wir gemeinsam den Weinwirtschaftsfonds reformieren wollen
    Und vor allem auch, wie wir bessere Qualität und höhere Leistung auch steuerlich anerkennen.
    Dieser Vorschlag, dass man zumindest nachher über die drei Punkte redet, ist nicht akzeptiert worden.
    Ein Beitrag von Fritz Besata war das.
    Wie gesagt, die Parlamentsdebatte zum neuen Weingesetz beginnt um 13 Uhr, also in knapp einer Dreiviertelstunde.
    Wir werden im Abendjournal natürlich ausführlich darüber berichten.
    Die Debattenbeiträge sind auch Schwerpunkt des heutigen Journal Panorama.
    Die befürchtete, aber durchaus absehbar gewesene Pleitewelle im Weinhandel beginnt jetzt zu rollen.
    Bereits vor 14 Tagen hat ja eine der größten Puncher-Firmen, die Gebrüder Grill OHG im niederösterreichischen Felsenwaggraum, den Konkurs angemeldet.
    Nun hat auch der Händler Johann Sautner aus Golsing-Burgenland vom Gefängnis aus die Pleite verkündet.
    Und er, der als erster in diesen Weinskandal hinter schwedische Gardinen gewandert ist, dürfte nicht der letzte sein.
    Die Folgen haben nun die Weinbauern zu tragen, vor allem jene im Seewinkel.
    Wie groß die Konsequenzen sind, dazu ein Beitrag von Hans-Christian Unger.
    Aus seiner Zelle ließ der Golzer-Weinhändler Johann Sautner das Landesgericht Eisenstadt wissen, dass er ab sofort alle Zahlungen an seine Gläubiger einstellen müsse, weil er schlicht und einfach zahlungsunfähig sei.
    Über das noch vorhandene Vermögen seines Unternehmens, in dessen Tanks zehntausende Liter glykolverseuchten Weins auf ihre Vernichtung warten, könne er keine Angaben machen.
    Ebenso wenig, wem er eigentlich wie viel schuldig sei, weil sein Büro vom Untersuchungsrichter unter Verschluss gehalten werde.
    Bis zur Einsichtnahme in die Geschäftspapiere Sautners bleiben als einzige Informierte jene Weinbauern übrig, die dem kriminellen Puncher zugeliefert hatten.
    Sie bleiben übrig im wahrsten Sinne des Wortes.
    Denn Geld werden sie vermutlich so gut wie keines mehr sehen.
    Und so wird es auch jenen gehen, bei denen die Gebrüder Grill in der Kreide stehen, die mit fast 60 Mio.
    Schilling überschuldet sind und die noch mit Schadenersatzforderungen von schätzungsweise 100 Mio.
    zu rechnen haben.
    Die Pleitewelle ist also ins Rollen gekommen.
    Und in den Kreditschutzverbänden erwartet man während der nächsten Wochen weitere Insolvenzanträge, sodass sich der Domino-Effekt mit dem Weinbauern als letzten Stein der Umfeld fortsetzen wird.
    Die Konsequenzen im meist betroffenen Gebiet, nämlich im Burgenland.
    Bei der Landwirtschaftskammer in Eisenstadt haben sich bisher 42 Produzenten gemeldet, die ihre Außenstände bei den Pantschern mit insgesamt 7 Millionen Schilling beziffert haben.
    40 davon leben allein im Seewinkel.
    Vier Betriebe beziffern ihren Schaden mit jeweils 400.000 Schilling.
    Eine Summe, die beim ersten Hinhören gar nicht exorbitant hoch wirkt.
    Ihre richtige Dramatik bekommt sie aber dann, wenn man bedenkt, dass sie den gesamten Jahresbruttoeinnahmen eines kleinen Vollerwerbsweinbauern entspricht.
    Tatsächlich dürfte der Schaden für die Weinbauern im Burgenland jedoch weit über der Grenze von 20 Millionen Schilling liegen.
    Denn viele haben sich noch nicht gemeldet und viele können es gar nicht, weil sie, wie in der Grauzone dieser Branche üblich, ihre Trauben auf Treu und Glauben abgeliefert haben, um später vom Händler das versprochene Geld schwarz auf die Hand zu bekommen.
    Ein besonders krasser Einzelfall.
    Da lagerte ein Weinbauer die Ernten von zwei Jahren und wartete geduldig auf einen höheren Weinpreis.
    Kaum war dieser geklettert, verkaufte er an einen der jetzt inhaftierten Händler.
    Jetzt hat er keinen Tropfen im Keller mehr und der Wechsel in seiner Schreibtischlade bleibt vermutlich ein wertloses Stück Papier.
    Burgenlands Weinbauern und die im Seewinkel im Speziellen sind deshalb wesentlich stärker betroffen als jene in Niederösterreich, dort ist erst eingeschädigter bekannt, da im östlichsten Zipfel unseres Landes eine extrem hohe Abhängigkeit von einigen wenigen großen Händlern besteht.
    Und da einige der Großen kaum wieder ihre Gewölbe öffnen werden können, tut sich ein neues Problem auf.
    Wohin mit den Trauben?
    Heuer ist die Gefahr, darauf sitzen zu bleiben, nicht groß.
    Was aber durchaus kein Trost ist, weil die Situation ausschließlich aufgrund der zu erwartenden Missernte entstanden ist.
    Im nächsten Jahr könnte sich das Fehlen einiger großer Abnehmer im Falle einer guten Lese aber preisdrückend auswirken.
    Der Ausweg für viele, der Beitritt zu einer Genossenschaft, für den man aber Geld braucht, um vorerst Anteile zeichnen zu können, ehe man Trauben abliefern kann.
    Und Geld ist derzeit knapp.
    Ein Beweis dafür, fast die Hälfte der burgenländischen Weinbauern sind mit ihren Sozialversicherungsbeiträgen im Rückstand.
    Wie viele Winzer wegen der kriminellen Geschäfte das Handtuch werfen müssen, wird man erst in ein oder zwei Jahren wissen.
    Ein Effekt wird sich aber auf alle Fälle ergeben.
    Das Absinken der Kaufkraft in ohnehin kaufkraftschwachen Regionen.
    Neben den Weinbauern werden auch einige Banken und Sparkassen mit Verlusten zu rechnen haben.
    Offiziell werden zwar keine Zahlen genannt, aber alles in allem dürfte der Burgenländische Kreditapparat an die Pantscher Kredite von mehr als 100 Millionen Schilling vergeben haben.
    Die Banken werden sich, im Gegensatz zu den Bauern, in erster Linie am noch vorhandenen Vermögen schadlos halten.
    Ein Beitrag war das von Hans-Christian Unger.
    Und im nächsten Bericht unserer Wirtschaftsredaktion geht es um die Probleme der Getreideernte 1985.
    Zwar hat man in diesem Sommer den Eindruck haben können, als gäbe es überhaupt nur den Wein als Produkt unserer Landwirtschaft.
    Schön langsam aber relativieren sich die Dinge doch.
    Zwei Drittel aller Bauern in Österreich sind auch Getreidebauern.
    Und sie haben momentan mit einigen Sorgen zu kämpfen.
    Das Wetter will nicht richtig mitspielen bei dieser Getreideernte 1985.
    Abgesehen jetzt einmal überhaupt von jenen Gebieten, wo die Unwetter Anfang August überhaupt einen großen Teil der Getreideernte vernichtet haben.
    Hans Adler berichtet.
    Der Konsument kann zufrieden sein.
    90% des Getreides sind abgeerntet und das Ergebnis entspricht einer guten Ernte.
    Damit ist weit mehr Getreide in den Speichern, als Herr und Frau Österreicher verbrauchen können.
    Der Tisch ist gedeckt.
    Der Teufel sitzt wie immer im Detail, auch bei den Bauern.
    Die ungefähr 10% der Getreidefläche in den sogenannten Spätdruschgebieten, in denen er jetzt noch auf den Feldern steht oder eigentlich gerade gedroschen werden sollte, werden von wesentlich mehr als 10% der Bauern bewirtschaftet.
    In diesen Gebieten ist nämlich die Zahl der Kleinbetriebe wesentlich größer als in den wichtigen Getreideanbaugebieten, welche die eigentliche Kornkammer Österreichs darstellen.
    Die Zahl der Betroffenen von einer möglichen Missernte in den ungünstigen Produktionsgebieten steht also in keinem Verhältnis zum Ausmaß des Schadens, den ein Ernteausfall in diesen Regionen für die Gesamtlandwirtschaft bedeuten kann.
    Und diese Bereiche sind natürlich wieder das Waldviertel, das Voralpengebiet in Nieder- und Oberösterreich, das Mühlviertel, sowie Teile der Steiermark.
    Dort steht jetzt die Erntearbeit.
    Die Felder sind aufgeweicht, sodass die schweren Erntemaschinen darin versinken und, wenn trotzdem gefahren wird, schweren Schaden am Boden anrichten.
    Ganz abgesehen davon, dass nasses Getreide mit großem Aufwand an Heizöl getrocknet werden muss, sonst schimmelt es in den Speichern oder keimt und ist für den Konsumenten ungenießbar.
    Die Kosten für die Trocknung werden den Bauern vom Preis abgezogen, sind also für ihn ein Verlust.
    Der nasse Sommer 1985 hat auch in den günstigen Lagen die Ölrechnung für die Getreidetrocknung deutlich steigen lassen.
    Denn oft sind Bauern aus Angst vor einem neuen Schlechtwettereinbruch nach einem Regen zu früh mit dem Mähdrescher ausgefahren und das Getreide war noch nicht trocken.
    Viele Flächen sind aus Angst vor einem der vielen Gewitter dieses Jahres noch schnell mitgetroschen worden, obwohl sie eigentlich länger zur Reife gebraucht hätten.
    Und das alles hat sich in der Summe nicht stark, aber deutlich ausgewirkt.
    Im Einzelnen sind die Ernteergebnisse bei Weizen schlechter als im vergangenen Jahr, das allerdings eine Rekordernte gebracht hat.
    Daher bedeutet schlechter immer noch mehr als genug.
    Der Gerstenertrag war sehr gut.
    Über den Roggen kann man noch nicht allzu viel sagen, denn gerade er wird vor allem in Spätdruschgebieten angebaut und ist zu einem beträchtlichen Teil noch nicht geerntet.
    Hier besteht auch die relativ größte Gefahr eines Ernteverlustes durch Schlechtwetter.
    Auch wieder relativ zu sehen, denn was die Österreicher verbrauchen, ist längst in den Speichern.
    Betroffen könnten wieder einmal diejenigen Bauern sein, die schon im vergangenen Jahr staatliche und Landeshilfe erhalten haben, weil ihre Ernte bei Schlechtwetter am Boden verfault ist, sodass man sie überhaupt nur noch einackern oder zu Alkohol brennen konnte.
    dem Mais, der auch noch auf den Feldern steht, hat die große Feuchtigkeit des heurigen Sommers gut getan.
    Ernteprognosen will man aber in den Kammern noch nicht abgeben.
    Abschließend und ganz nebenbei, um eine andere Frucht macht man sich derzeit Sorgen.
    Die viele Nässe tut den Kartoffeln jetzt
    kurz vor der Ernte der Spätsorten, die ja die eigentliche Lagerware für den kommenden Winter sind, gar nicht mehr gut.
    Und besorgt schauen die Bauern auf ihre Erdäpfeläcker, auf denen das Kraut fault, und sie fragen sich, ob nicht darunter auch die Erdäpfel schon zu faulen beginnen.
    Vier Minuten vor halb eins ist das jetzt im Mittagsschnall, 12.26 Uhr.
    Eine kleine Zäsur, ehe wir zu den Berichten aus dem Ausland kommen.
    Worüber berichten wir noch im Verlauf dieser Sendung?
    Über den Beginn des Prozesses rund um die sogenannte Flick-Parteispendenaffäre, über die trostlose Situation der Menschenrechte in Chile,
    Über US-Schuhimportprobleme und die Kulturredaktion bringt einen Beitrag zum Thema Theorie der Fantasie.
    Das ist das Thema der ersten Sommerschule der Waldviertler Akademie.
    Jetzt aber, wie gesagt, ins Ausland.
    Bonn, ohnehin durch die Spionageaffären der letzten Tage im Blickpunkt auch des Auslands, hat ab heute neuerlich Interessantes zu bieten.
    Quasi nämlich einen Musterprozess zum Thema, ist die Politik käuflich?
    Wer macht wirklich die Politik?
    Jene, die vom Volk dazu gewählt werden oder jene, die das große Geld haben?
    Die Rede ist von der sogenannten Flick-Parteispenden-Affäre, wo sich ab heute vor dem Bonner Landgericht zwei frühere Wirtschaftsminister, und zwar die freiheitlichen Graf Otto Lambsdorff und sein Vorgänger im Amt Hans Friedrichs sowie der frühere Chefmanager des Flick-Konzerns Eberhard von Brauchitsch zu verantworten haben.
    In diesem aufsehenerregenden Verfahren soll geklärt werden, ob jene Gelder, die in den 70er Jahren aus dem Hause Flick an Lambsdorff und Friedrichs geflossen sind, es geht immerhin um 500.000 D-Mark, als Bestechungsgelder zu werten sind.
    Immerhin hat das Bundeswirtschaftsministerium damals dem Flick-Konzern im Gegenzug eine Steuerbefreiung in der Höhe von mehr als 800 Millionen Mark verschafft.
    In diesem Zusammenhang geht es dann auch um die Anklage der Beihilfe zur Steuerhinterziehung.
    Ein brisanter, auch politischer Prozess um Politik, Macht, Geld und Einfluss.
    Markus Peter und Werner Hahn berichten aus Bonn.
    In der Eingangshalle des Bonner Landgerichts steht, Friede sei mit denen, die hineintreten, aber auch mit denen, die hinausgehen.
    Sehr friedlich ging es aber heute früh zumindest vor dem Gerichtsgebäude nicht zu.
    Zahllose Fotografen, Kameraleute und Neugierige warteten dort auf drei Männer.
    Otto Graf Lambsdorff, Ex-Wirtschaftsminister, Hans Friedrich, Ex-Wirtschaftsminister und Eberhard von Brauchitsch, Ex-Manager des Flick-Konzerns.
    Sie sind die Angeklagten in diesem Prozess, der bereits der Prozess des Jahrzehnts oder gar der Prozess der Prozesse genannt wird.
    Unbestritten aber ist es der spektakulärste Prozess, der vor der siebten großen Strafkammer des Bonner Landgerichts je geführt wurde.
    Das Medieninteresse ist verständlicherweise übergroß.
    Trotzdem gelang es Graf Lambsdorff etwa, heute den Bildreportern ein Schnippchen zu schlagen.
    Er fuhr in schneller Fahrt durch einen kleinen Nebeneingang ins Gericht und gerade dort lauerten keine Fotografen.
    Von Brauchitsch und Friedrichs kamen zu Fuß und hatten da weniger Glück.
    Die Anklage gegen alle drei lautet Bestechung, Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung.
    Von Brauchitsch wird vorgeworfen, Wirtschaftsminister Friedrichs in den Jahren 1975 bis 1977 mit insgesamt etwa 2,7 Millionen Schilling und Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff in den Jahren 1977 bis 1980 mit etwa 950.000 Schilling Flickgeldern bestochen zu haben.
    damit sie dem Flick-Konzern die steuerfreie Wiederanlage eines Milliardenvermögens aus dem Verkauf seiner Daimler-Benz-Aktien ermöglichten.
    Der Vorwurf gegen die Minister lautet, sie hätten sich bestechen lassen, sie hätten das Geld in Kenntnis der von ihnen erwarteten Steuerbefreiung angenommen und diese Steuerbefreiung schließlich auch gewährt.
    Dies ist ein Teil des Verfahrens.
    Der andere Teil betrifft Steuerhinterziehung.
    Die beiden FDP-Politiker Lambsdorff und Friedrichs hätten, so nimmt die Anklage an, beim Flick-Konzern Parteispenden in Millionenhöhe akquiriert.
    Doch von Brauchitsch hat als Flick-Bewollmächtigter nicht versteuertes Geld aus schwarzen Kassen gespendet.
    Lambsdorff und Friedrichs hätten diesen Vorgang begünstigt.
    Die Angeklagten, sie werden von sieben Verteidigern vertreten, weisen in der Frage Bestechlichkeit und Bestechung alle Schuld schärfstens von sich.
    Und sie sagen, sie hätten in der Zeit, in der sie Minister waren, keine Flickspenden erhalten.
    In der Frage der Parteispenden räumen sie ein, dass in der Vergangenheit von allen Parteien Spenden auf nicht ganz saubere Art gesammelt worden sind.
    Aber dass bewusst dadurch Steuerhinterziehung ermöglicht worden ist, wird bestritten.
    Die Prozessakten umfassen übrigens hunderte von Aktenordnern mit zigtausend Seiten.
    Wie lange der Prozess dauern wird, wagt niemand vorherzusagen.
    Und wie die Urteile lauten werden, erst recht nicht.
    Otto Graf Lambsdorff ist sich auf jeden Fall eines Freispruchs sicher, denn er hat erst vor wenigen Tagen angekündigt, dass er sich in einem nordrhein-westfälischen Wahlkreis für die Bundestagskandidatur 87 bewerben wird.
    Bevor die heutige Verhandlung begonnen hat, so sagen viele, sei bereits die erste Prozessrunde in der Öffentlichkeit ausgetragen worden.
    Die Nachrichtenmagazine Spiegel und Stern haben jahrelang aus den geheimen Akten der Staatsanwaltschaft zitieren können.
    Die Quelle ihrer Informationen ist nie gefunden worden.
    Doch diese Berichterstattung hat immensen politischen Druck erzeugt.
    Lambsdorff musste als Feststand, dass Anklage erhoben wird, sein Amt aufgeben.
    Friedrichs trat als Vorstandssprecher der Dresdner Bank zurück.
    Diesen Posten hatte er nach seinem Ausscheiden aus der Regierung angenommen.
    Und Eberhard von Brauchitsch wurde von seinem Konzernherrn Flick gefeuert.
    Für das Gerichtsverfahren heute gab es allerdings nur 41 Plätze für die Presse im Saal 113.
    Diese Platzkarten wurden unter den interessierten Medien verlost.
    Bemerkung am Rande, Stern und Spiegel gingen dabei leer aus.
    Bedauerlicherweise aber auch wir vom ORF.
    Mehr Glück hatten da die Kollegen vom Westdeutschen Rundfunk.
    Sie können die Verhandlung im Gerichtssaal 113 direkt verfolgen.
    Hören Sie den Bericht der Kollegen.
    Mit einem freundlich klingenden Guten Morgen allerseits eröffnete heute Vormittag der Vorsitzende der Richter Hans-Henning Buchholz vor dem Bonner Landgericht den Prozess, auf den nicht nur die Angeklagten seit bald zwei Jahren gewartet haben.
    Und Eberhard von Brauchitsch, Hans Friedrichs sowie Otto Graf Lambsdorff erschienen denn auch überpünktlich.
    Schon um viertel vor neun hatten sie zusammen mit ihren sieben Verteidigern auf den wohlgepolsterten Armlehensesseln im Saal 113 des Bonner Landgerichtes Platz genommen.
    Aber es dauerte über eine weitere halbe Stunde, bis auch das Gericht erschien, denn die strengen Sicherheitsmaßnahmen hatten dazu geführt, dass die 82 Zuhörer nur sehr schleppend in den Gerichtssaal kommen konnten.
    Alle drei Angeklagte machten einen äußerst entspannten Eindruck und ihre braune Gesichtsfarbe verrät, dass sie noch nicht allzu lange aus dem Sommerurlaub zurück sein können.
    Doch mehr als ihre Personalien war bislang aus ihrem Mund noch nicht zu hören.
    Das Wort hatten zunächst die Verteidiger.
    Und wenn es nach deren ersten Anträgen gehen sollte, dann wäre die siebte große Strafkammer des Bonner Landgerichtes für dieses Verfahren überhaupt nicht zuständig und der Prozess geplatzt, bevor er richtig begonnen hätte.
    Nach Ansicht der Verteidigung ist nämlich der Geschäftsverteilungsplan des Gerichtes rechtswidrig, da er auch der siebten großen Strafkammer Wirtschaftsstrafsachen zuweise.
    Obwohl diese in den vergangenen Jahren nur äußerst wenige Verfahren dieser Art zu entscheiden hatte.
    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes durften die Geschäfte unter den drei Bonner Wirtschaftsstrafkammern aber nur gleichmäßig verteilt werden.
    Aber auch die Schöffen zu diesem Verfahren seien nicht in rechtmäßiger Weise ausgewählt worden.
    Auf den Vorschlagslisten sei zum Beispiel das Zahlenverhältnis zwischen Männern und Frauen nicht ausgeglichen gewesen.
    Das Gericht hat sich zur Zeit erst einmal zur Beratung zurückgezogen.
    Am Nachmittag wird es im Fliegprozess weitergehen, wir berichten darüber sicher im Abendjournal.
    Die chilenische Militärjunta wird auch zwölf Jahre nach dem Putsch gegen den gewählten Präsidenten Salvador Allende an ihrem Kurs festhalten.
    Das betonte gestern Abend ganz eindeutig Stadtchef General Pinochet, als er bei einer Rede in Santiago de Chile die Vorschläge der Opposition zu einer Redemokratisierung des Landes strikt zurückwies.
    Ein Monat lang hatten Führer elf oppositioneller Gruppen unter der Schirmherrschaft der katholischen Kirche an Vorschlägen gearbeitet, die die Pinochet unterbreiten wollten.
    Dieser lehnte aber gestern jedes Gespräch ab und sagte, die Differenzen zwischen der Militärregierung und diesen oppositionellen demokratischen Forderungen seien unüberbrückbar.
    Wir würden das chilenische Volk verraten, sagte Pinochet wörtlich, wenn wir zu einer förmlichen und ausgehöhlten Demokratie zurückkehrten, die einige Politiker anstreben.
    Wer also nach der jüngsten Säuberungswelle im Polizeiapparat einen Hoffnungsschimmer am Horizont sah, muss jetzt zutiefst enttäuscht sein.
    Und für die Situation der Menschenrechte in Chile verheißt es auch nichts Gutes.
    Walter Hanf berichtet.
    In Chile sind in letzter Zeit ganz ungewöhnliche Dinge geschehen.
    die allerdings von einem durchaus typischen Vorfall eingeleitet wurden.
    Vor einiger Zeit schon wurden drei als Kommunisten verdächtigte Oppositionelle entführt, gefoltert und getötet.
    Man hatte ihnen den Hals durchgeschnitten.
    Wie immer in solchen Fällen mauerte die Militärjustiz bei der Untersuchung.
    Aber dann ermittelte ein ziviler Staatsanwalt und erhob Anklage gegen einige Angehörige der paramilitärischen Polizeitruppe, der Carabineros.
    Der Skandal zog solche Kreise, dass General Augusto Pinochet den Oberkommandierenden der Carabineros aus der dreiköpfigen Militärjunta hinauswarf und schließlich 29 hohe und höchste Carabinero-Offiziere ohne Erklärung in den vorzeitigen Ruhestand entließ.
    Eine solche Säuberung hat es noch niemals gegeben, seitdem sich vor annähernd zwölf Jahren der Heeresgeneral Augusto Pinochet gegen den sozialistischen Präsidenten Salvador Allende an die Macht geputscht hatte.
    So viel Lärm also um drei, sagen wir es zynisch, normale Opfer der staatlichen Willkür, wo es doch tausende von anderen gibt.
    Die Chilenen machen sich so ihre Gedanken über die Vorfälle, nur auf eine Idee kämen sie niemals.
    Dass in ihrem Lande plötzlich wieder die Menschenrechte geachtet würden, dass Übergriffe gegen Leib und Leben von der Justiz automatisch geahntet würden.
    Auf diese Gedanken käme, wie gesagt, kein Chilene,
    sondern eher schon auf die Vermutung, dass hier interne Machtkämpfe zwischen verschiedenen Sektoren der Militärdiktatur ausgetragen werden.
    Aber die mutige Aktion eines einzelnen Staatsanwaltes ist eben deshalb Tagesgespräch, weil sich die chilenische Justiz noch niemals so exponiert hat in all den langen Jahren der Diktatur.
    Die Justiz konnte dies auch gar nicht, weil sie sonst schlechthin den Bestand des Militärregimes infrage gestellt hätte.
    Denn das tragende Fundament dieses Regimes sind eben der Terror, die Übergriffe und die Einschüchterung eines ganzen Volkes.
    Das Regime muss für dieses Volk abschreckend, zumindest aber unberechenbar bleiben.
    Einigermaßen liberale Phasen werden von Zeiten der Härte abgelöst.
    Aber derart unverhüllt und exzessiv wie in den ersten Jahren nach dem Militärputsch hat sich die Gewalt nicht mehr wiederholt.
    Am schlimmsten war es zwischen 1973 und 1977, als das System seine Machtbasis zementierte.
    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International gibt die Zahl der bis heute verschwundenen und damit höchstwahrscheinlich Toten mit 1.500 Personen an.
    Andere Schätzungen liegen zwischen 1.000 und 3.000.
    700 Einzelschicksale sind dokumentarisch festgehalten und genau beschrieben.
    Es waren diese Zeiten der mit Häftlingen überfüllten Fußballstadien, der heimlichen Konzentrationslager im unwirtlichen Süden des Landes und in der Atacama-Wüste im Norden.
    Die Zeiten auch, als Zehntausende von Chilenen ihr Land verließen und bis heute nicht zurückkehren durften.
    Aber immer noch verschwinden Menschen, die dem Regime unbequem sind.
    Meist tauchen sie innerhalb von drei Wochen wieder auf, geschlagen und gefoltert,
    aber immerhin lebendig und nicht wie die drei Oppositionellen mit durchschnitzener Kehle.
    Oder aber sie werden der Militärjustiz überstellt, die sie dann für einige Monate in die, wie es heißt, innere Verbannung meist nach Feuerland schickt.
    Gebrochen und beruflich ruiniert sind auch diese Opfer der staatlichen Willkür allemal.
    Dass sich das chilenische Militärregime heute einigermaßen zügelt, ist das Verdienst der katholischen Kirche, die sich selbst als letztes und einziges Bollwerk für die Menschenrechte und die Menschenwürde versteht.
    Und so verstehen das auch alle bedrängten Chilenen.
    Schon kurz nach dem Militärputsch wurde in Santiago von katholischen Kirchenkreisen das Solidaritätsbikariat gegründet.
    La Bikaria de la Solidaridad.
    Seine Rechtsanwälte sind sofort zur Stelle, wenn ihnen gemeldet wird, dass Menschen verhaftet oder verschleppt wurden.
    Aber die Vicaria leistet nicht nur Rechtsbeistand und Rechtshilfe.
    Es gibt auch eine Repression, die sich nicht direkt gegen Leib und Leben richtet.
    Eine wirtschaftliche Repression nämlich, die Menschen dem nackten Elend und der sozialen Hilflosigkeit ausliefert.
    Und in diesen sozialen Abgrund sind heute Millionen von Chilenen gestürzt.
    Das Vicariat versucht zu helfen, so gut es geht.
    Wer keine Arbeit, kein Einkommen und keine Unterstützung hat, der kann vielleicht in einer der Werkstätten unterkommen, die das Vicariat betreibt.
    Kinder, deren Angehörige einsitzen, verschwunden oder auch nur völlig verarmt sind.
    Diese Kinder werden gratis gespeist.
    In einigen Krankenhäusern versorgen Ärzte und Schwestern kostenlos die Patienten, die nicht unter dem Schutz einer Krankenversicherung stehen.
    Das aber sind wiederum Millionen.
    Das Vikariat vertreibt auch Handarbeiten von Angehörigen politischer Häftlinge, da diese Angehörigen unverschuldet in Not geraten sind.
    Das alles steht auf einer unvollkommenen und karitativen Basis.
    Es ist jedoch ein Strohhalm und letztlich eine berede Anklage gegen ein System, das die Menschenrechte einfach aus seinem Katalog der Macht und Herrschaft gestrichen hat.
    Walter Hanf hat berichtet.
    Für viele geht in diesen Tagen der Sommerurlaub zu Ende, so auch für den amerikanischen Präsidenten, der sich in seiner kalifornischen Heimat von den Strapazen seines Amtes und zweier Krebsoperationen erholt hat, bevor es am Dienstag zurück nach Washington geht.
    Reagan übte auf Anraten der Ärzte noch etwas Zurückhaltung bei seinen Aktivitäten, wurde aber bereits bei seinem Lieblingssport, dem Reiten, gesehen und steht auch schon wieder im Mittelpunkt gesellschaftlicher Zusammenkünfte.
    So wurde in Santa Barbara zu seinen Ehren eine Party gegeben, bei der der Präsident politische Initiativen für den Herbst ankündigte.
    Geplaudert wurde dort über das Ost-West-Verhältnis ebenso, wie über die Frage amerikanischer Schuhimporte.
    Klaus Emmerich war in Santa Barbara auch dabei.
    In der Hoffnung läuft das, was sie eine richtige kalifornische Party nennen.
    Nach einem heißen Tag, einem kühlen Abend in Santa Barbara am Pazifischen Ozean ein Gastgeber, der sich bei Drinks und Barbecue nicht lumpen lässt.
    und seine fürstlich anmutende Ranch großzügig öffnet.
    Seine Dollar soll er mit Klimaanlagen gemacht und Ronald Reagan millionenfach Wahlspenden organisiert haben.
    Gäste aus dem hier so fernen Washington, über dessen Hitze gelernte Kalifornier auch Ronald Reagan selber spötteln.
    Und der Präsident als Stargast mit weißem Texas-Hut, gut gelaunt,
    etwas blasser als gewohnt, weil er wegen Hautkrebs nicht mehr in die Sonne gehen soll, aber eine Stunde lang unermüdlich für die Gäste zu späßen, ebenso aufgelegt ist, wie zu scharfen Bemerkungen etwa über nötige Härte amerikanischer Interessenwahrung in der Außenpolitik gegenüber Moskau.
    Herr Reagan fühlt sich fit, auch gegenüber dem 20 Jahre jüngeren Gorbatschow.
    Von Reagans doppelter Krebsoperation ist ihm äußerlich nichts mehr anzumerken.
    Im Herbst, der für ihn nächsten Dienstag mit der Rückkehr nach Washington politisch beginnt, werde er sofort durchstarten in der Außenpolitik.
    mit einer neuen Offensive um amerikanische Positionen zu erläutern, etwa auch in Sachen Südafrika oder Nicaragua und in der Innenpolitik gegenüber dem eigenen Kongress.
    Der Präsident meint da nicht nur Staatsfinanzen, Defizitverlängerung, Zinssenkung, Abbau des Dollarwertes oder eine radikalere Senkung und Vereinfachung der Steuern.
    Reagan meint auch einen bevorstehenden Kampf um die amerikanische Handelspolitik.
    Stichwort Protektionismus.
    Ein Beispiel von über 150 Gesetzentwürfen, die im Kongress eingebracht sind, um die verschiedensten amerikanischen Wirtschaftsbranchen vor Auslandskonkurrenz durch mengenmäßige Beschränkungen oder hohe Zölle zu schützen, darunter Stahl, Textilien, Schuhe oder Agrarzeugnisse.
    So war ein Partithema Regens soeben getroffene Entscheidung in Sachen Schuhen.
    Was eigentlich bei ihm als eingeschworenen Freihänder nicht überrascht, der Präsident ist gegen Einfuhrschutz für Schuhe und damit können auch österreichische Skischuhe weiterhin unbehindert nach Amerika geliefert werden.
    Auch sie waren von Beschränkungen bedroht, obwohl in Amerika diese Art von Schuhen überhaupt nicht hergestellt wird.
    Regen war von der zuständigen Handelskommission vorgeschlagen worden, auf fünf Jahre durch gleitende Mengenregeln den Einfuhranteil am amerikanischen Schuhmarkt von derzeit insgesamt über 70 Prozent zu senken.
    Die Schuhindustrie und die Schuhabwehr der Gewerkschaft hatten Schutz vor Lieferungen aus Korea, Brasilien, Italien und Spanien verlangt, nachdem
    die Zahl der amerikanischen Beschäftigten seit 1970 um fast die Hälfte auf 120.000 gesunken ist.
    Reagan erklärt jetzt, Schutz schade mehr als er nütze, versteinere falsche Wirtschaftsstrukturen, benachteilige die Verbraucher, führe zu Handelskrieg und damit zu einer weltweiten Krise.
    Stattdessen fordert er Umstellung, Anpassung und Umschulung für betroffene Schularbeiter.
    Im Western White House, wie der kleine Amtsdorf Regens hier in Kalifornien genannt wird, kalkuliert man nun Ärger mit dem Kongress in Washington.
    Hier in Santa Barbara gibt er sich teils kämpferisch, teils locker, in jedem Fall selbst sicher, wie drei Wochen lang.
    Alles, was diesmal bei den Präsidenten für ihn etwas anders.
    Nancy Reagan schämte den erholungsbedürftigen Präsidenten erfolgreich ab,
    Der Stab in den Hotels von Santa Barbara, einige Kilometer von Regens Ranch entfernt, wurde bewusst klein gehalten.
    Besuch gab es bei den Regens eigentlich nur von Familie und Freunden.
    Dazu einige Tage in Los Angeles.
    Im Ganzen weniger Neuigkeiten und Sensationen gar für die Medien, die sich in Kompaniestärke in den Hotels von Santa Barbara niedergelassen haben.
    Zurück jetzt nach Österreich, dreiviertel eins ist es ganz genau, zwölf Uhr und 46 Minuten.
    Die steirische Landeshauptstadt Graz steht ab heute für drei Tage im Blickpunkt der schachinteressierten Öffentlichkeit.
    In Graz wurde nämlich am Vormittag der Kongress des Weltschachbundes eröffnet.
    150 Teilnehmer, Schachfunktionäre aus aller Welt sind nach Graz gekommen, um hier über Fragen des Schachsportes zu beraten.
    Im Mittelpunkt dabei
    Natürlich die bevorstehende Schach-WM-Endrunde zwischen Anatoly Karpov und Garry Kasparov in Moskau.
    Hans-Christian Scheidt berichtet.
    Bei dem heute in Graz eröffneten Weltschachkongress wird vor allem der bevorstehende Schachweltmeisterschaftsendkampf zwischen Weltmeister Anatoly Karpov und seinem Herausforderer Garry Kasparov zur Sprache kommen.
    Der Präsident des Weltschachbundes, Florenzio Campomanes, hatte das Match im Februar dieses Jahres nach über fünf Monaten Spielzeit abgebrochen.
    Der Präsident hat aufgrund der langen Dauer der Weltmeisterschaft den Abbruch selbst entschieden.
    Diese Entscheidung muss jetzt praktisch durch den Kongress nachträglich abgesegnet werden.
    Künftig, so wird in Graz beschlossen, sollen Weltmeisterschaften auf 24 Partien beschränkt bleiben.
    Die in Graz beschlossene Regelung soll auch bereits für den in Moskau in der kommenden Woche beginnenden Wiederholungs-WM-Endkampf zwischen Karpov und Kasparov gelten.
    Ungewiss ist noch, wer diesen WM-Endkampf als Hauptschiedsrichter leiten wird.
    Auch dies muss in Graz geklärt werden.
    Bei den Schach-Großereignissen vergangener Jahre konnte man es sehr deutlich sehen.
    In das königliche Spiel Schach spielt in aller Welt sehr viel Politik hinein.
    Das berührt natürlich auch den Grazer Weltkongress.
    Merkt der Vizepräsident des Weltschachbundes, Österreichs Schachpräsident, Landeshauptmann-Stellvertreter Professor Kurt Jungwirth an.
    Bei einem solchen Kongress immer sehr stark auch um Politik.
    Schach wird in den meisten Ländern als Sport geführt und Sport hat selbstverständlich mit Politik, wie wir wissen, sehr viel zu tun.
    Eine solche Versammlung besteht aus drei Blöcken, so wie die Vereinten Nationen.
    Da gibt es den Westen, da gibt es den Osten, da gibt es die Dritte Welt.
    Das politische Prestige des Spiels ist vor allem im Osten und in der Dritten Welt sehr hoch.
    Das heißt also für die große Mehrheit der Länder sehr hoch, die vertreten sind.
    Es gibt daher immer wiederum auch politische Fragen, die aufs Tapet kommen, im Hintergrund.
    Eine solche politische Frage ist etwa die Frage der Teilnahme Israels an der Schach-Olympiade in den Vereinigten Arabischen Emiraten im kommenden Jahr.
    Insgesamt gehören dem Weltschachbund derzeit 121 Mitgliedsländer an.
    Hier in Graz werden drei Länder neu aufgenommen.
    Liechtenstein, Haiti und Katar.
    Graz hat in der internationalen Schachwelt einen ausgezeichneten Ruf, hat nun also als Auszeichnung einen Weltschachkongress erhalten.
    Dieser Kongress dient natürlich auch dazu, Graz noch weiter in den Blickpunkt der Schachöffentlichkeit zu stellen.
    Die steirische Landeshauptstadt war ja bereits vor dem gegenwärtigen WM-Endkampf zwischen Karpov und Kasparov als Austragungsort im Gespräch.
    Für den in zwei Jahren wieder stattfindenden Schach-WM-Endkampf wird Graz sich möglicherweise neuerlich als Austragungsort bewerben.
    Landeshauptmann-Stellvertreter Jungwirth?
    Dieser Kongress wird also sicherlich dazu beitragen, Graz wiederum neu in der Schachwelt bekannt zu machen.
    Es wird davon abhängen, welche Paarung
    das nächste Mal ins Haus steht.
    Wird diese Paarung auch für ein westliches Land wie Österreich interessant genug sein, dann kann ich mir vorstellen, dass wir über den österreichischen Schachbund, wenn die finanziellen Voraussetzungen natürlich lösbar sind, wieder einmal Graz als einen Austragungsort für eine Weltmeisterschaft präsentieren.
    Einige Entscheidungen des diesjährigen Weltschachkongresses werden bereits Österreich betreffen.
    Ein Land, das durch Initiativen wie Schulschach immer stärker zu einem Land der Schachspieler wird.
    So werden hier in Graz an den Salzburger Josef Klinger und an den Kärntner Franz Hölzl die Titel internationale Meister vergeben.
    Schachauszeichnungen also.
    Die Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck soll hier in Graz als Austragungsort der Schüler Schachweltmeisterschaft 1987 vorgeschlagen werden.
    Und jetzt zu unserem Kulturbericht im Mittagsjournal.
    Zum ersten Mal findet heuer in Weitra im Waldviertel als Gemeinschaftsveranstaltung der Waldviertelakademie, der Stadtgemeinde Weitra und des Instituts für Soziologie der Freien Universität Berlin eine Sommerschule statt.
    Eine Sommerschule, der in Zukunft dann weitere folgen sollen.
    Philosophen und andere Geisteswissenschaftler erarbeiten dort eine Theorie der Fantasie.
    In die Vorträge und Diskussionen werden durch Dichterlesungen ein Filmprogramm und eine Ausstellung ergänzt.
    Zentraler Schauplatz, das Renaissance-Schloss von Waitra mit seinem Schlosstheater.
    Zu der Veranstaltung Theorie der Fantasie ein Bericht von Heidi Grundmann.
    Am schönsten kommt man von Gmünd aus mit der von einer Dampflokomotive gezogenen Schmalspurbahn nach Weitra.
    Schon viele Minuten vor dem Eintreffen sieht man zwischen den Hügeln des Waldviertels das Schloss auftauchen, das über der sorgfältig und bunt restaurierten Stadt liegt.
    Hierher also sind Wissenschaftler aus Berlin, München und Kassel angereist,
    an ihrer Spitze Professor Dietmar Kamper und Professor Ulrich Sonnemann, um sich mit einem Thema weiter zu beschäftigen, das auch schon Gegenstand einer jeweils an die tausend Hörer anziehenden Vorlesungsreihe der Freien Universität Berlin gewesen ist.
    Der Organisator Wolfgang Müller-Funk.
    Die Aktualität des Themas, kann man wohl sagen, ist schon mit dem Jahre 68 gegeben gewesen, mit diesem zunächst ganz harmlosen, an der Peripherie gelagerten Spruch, mit der Phantasie, die an die Macht kommen soll, das ist sozusagen verdrängt worden durch eine gewisse Oberflächenpolitisierung danach und das ist sozusagen ein Thema, das unabgegolten geblieben ist.
    Prof. Ulrich Sonnemann gehört zu jenen, die darauf hinweisen, dass Fantasie in einem ganz anderen Sinne in unserer Gesellschaft durchaus an die Macht gekommen ist, und zwar als Fantasie von gestern und unter dem Deckmantel einer alles erobernden Vernunft.
    Also etwa, dass die Menschen jetzt durch die Luft fliegen können, dass sie den Erdball in die Luft sprengen können, das kann man alles schon in Beziehung setzen zu Träumen vergangener Zeiten, aber eben vergangener Zeiten.
    Wir wollten, indem die ihre Erfüllung finden, ist die Fantasie, die sich damit und dabei erfüllt, gar nicht mehr da, sondern die Menschen, die in diesem Zustand leben, erfahren mit recht steigender Beunruhigung, dass das ein Zustand ist, aus dem gerade ihre Fantasie ausbrechen möchte, ausbrechen müsste,
    und nur in allzu vielen Fällen nicht recht weiß, wie.
    Das gilt auch für eine Wissenschaft, die sich als von reiner Vernunft geleitet begreift.
    Professor Kamper?
    Es zeigt sich sehr deutlich, dass zumindest die Großbehauptungen, dass es möglich wäre, eine Geschichte auf vernünftigen Prinzipien, die Menschen sich ausdenken zu machen, dass dieses nach den Einsichten, die wir haben, unmöglich ist und bestenfalls darin endet, dass die Menschen Schluss machen mit sich selbst.
    Und das kann ja nicht der Sinn unserer Zukunft sein.
    Und er fügt hinzu?
    Bei der Vorüberlegung zu dieser Veranstaltung.
    ist schon sehr klar kalkuliert, dass mit der Fantasie ein Thema gewählt ist, das vielleicht beispielhaft diese spezifische Unzulänglichkeit der Vernunft demonstrieren könnte.
    Allerdings... Wir können mit den Mitteln disziplinärer Wissenschaften dieses Thema nicht adäquat behandeln.
    Wir müssen uns also
    aus diesem Bereich hinaus bewegen, sei es, dass wir mit anderen Disziplinen Kontakt aufnehmen und das zusammenfassen, sei es aber auch, dass wir aus dem Bereich der Wissenschaft überhaupt hinausgehen.
    Genau deshalb ist in Vytra die Begegnung der Theorie mit der Praxis der Fantasie eingeplant.
    Es gibt ein anspruchsvolles Filmprogramm, es gibt Lesungen und Arbeitsgruppen.
    In einer wird die Gegend um Vytra fantasievoll erwandert, in einer anderen wird mit einer Videokamera gearbeitet, in einer weiteren wird nach den Bedürfnissen der ortsansässigen Jugend gefragt.
    Und in einer vierten Unterleitung des Grotowski-Schülers, Hinnerk Peitmann, wird ein Theater der Bilder ohne Worte gemacht.
    Für mich ist interessant, dass es nicht darum geht, das gegenseitig auszuschließen, eine praktische künstlerische Arbeit und das reine Denken am grünen Tisch.
    Ich wünschte mir, dass die Referenten
    in der Gruppe, in dieser Theater, in dieser praktischen Theatergruppe mitarbeiten würden, um ihnen auf einer Ebene eine Arbeit zu vermitteln, die sie an ihrem, ich sag's einfach so polemisch, an ihrem grünen Tisch nicht erfahren können.
    Wenn also die Vermischung von Theorie und Praxis auch in weiterer noch nicht so weit gediehen ist, dass die Wissenschaftler tatsächlich in die praktische Fantasiearbeit des Theaters einsteigen, beim morgigen Abschlussfest im Schloss werden die Schranken zwischen Theorie und Praxis und vielleicht auch die zwischen den aus den Betondenkfabriken der deutschen Städte angereisten und der einheimischen Bevölkerung fallen.
    Mehr zur Theorie der Fantasie, dann heute um 19.30 Uhr im Programm Österreich 1 in der Sendung Kunstradio.
    Und bei uns am Ende des Mittagsschanals steht jetzt nochmal seine Zusammenfassung der wichtigsten Meldungen.
    Österreich.
    Der Nationalrat beschließt heute Nachmittag in einer Sondersitzung das neue Weingesetz.
    Zustimmen werden die Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.
    Die ÖVP hat gestern angekündigt, den Gesetzentwurf abzulehnen.
    Nach Ansicht der Volkspartei enthält das Gesetz bürokratische Schikanen und steuerliche Belastungen für die Weinbauern.
    Außerdem verlangt die ÖVP eine parlamentarische Untersuchung gegen Gesundheitsminister Kurt Steirer und Landwirtschaftsminister Günter Heiden.
    Die Zahl der Verhaftungen im Weinskandal hat sich mittlerweile auf 54 erhöht.
    Bundesrepublik Deutschland.
    Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, der CDU-Politiker Bernhard Vogel, hat heute schwere Vorwürfe gegen Verantwortliche in der österreichischen Weinwirtschaft und in der österreichischen Bundesregierung erhoben.
    In einer Regierungserklärung über Auswirkungen und Konsequenzen des Weinskandals sagte Vogel vor dem Landtag in Mainz, rücksichtslose verbrecherische Geschäftemacher in Österreich hätten aus Profitsucht über Jahre hindurch Millionen Litern österreichischen Weins die giftige Substanz Diethylenglykol beigemischt.
    Über diese Praktiken sei nach ihrer Aufdeckung von österreichischer Seite absolut unzureichend und missverständlich informiert worden.
    Österreich habe die Vorgänge verharmlost, erklärte der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz.
    Wie soeben gemeldet wird, wird der Bonner Bundestag am kommenden Dienstag eine Sondersitzung zur Spionageaffäre abhalten.
    Ein entsprechender Antrag wurde von der sozialdemokratischen Fraktion eingereicht.
    Bundeskanzler Kohl hat heute die erwarteten personellen Konsequenzen aus der Spionageaffäre bekannt gegeben.
    Der Chef des Bundesnachrichtendienstes, Heribert Hellenbroich, wurde abgelöst.
    Hellenbroich wird vorgeworfen, als Vorgesetzter des in die DDR übergelaufenen Verfassungsschutzbeamten Hans-Joachim Tietke über dessen Alkohol- und Schuldenprobleme informiert gewesen zu sein und Tietke trotzdem im Amt belassen zu haben.
    Neuer Chef des Bundesnachrichtendienstes ist der bisherige Botschafter Bonds bei der NATO, Hans-Georg Wieg.
    Vor dem Landgericht Bonn hat heute der Prozess um die Flick-Parteispendenaffäre begonnen.
    Angeklagt sind die ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff von Hans Friedrichs sowie der frühere Generalbevollmächtigte des Flick-Konzerns Eberhard von Brauchitsch.
    Die Anklage lautet auf Bestechlichkeit, Bestechung und Steuerhinterziehung.
    Den Angeklagten drohen bis zu fünf Jahren Gefängnis.
    Österreich.
    Finanzminister Franz Franitzski lehnt die Forderung nach billigen Wohnbaukrediten ab.
    Nach einer Aussprache mit Vertretern der Geldinstitute in Alpbach, in Tirol, sagte Franitzski, in diesem Bereich wären Sonderregelungen nicht zweckmäßig.
    Der Minister sprach sich auch gegen billige Personalkredite der Betriebsräte aus.
    Südafrika.
    Die gestrigen Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Südafrika haben mindestens 15 Menschenleben gefördert.
    Ausgangspunkt der Unruhen war die Umgebung von Kapstadt, wo die Polizei gewaltsam einen Protestmarsch zu jenem Gefängnis auflöste, in dem der schwarze Bürgerrechtskämpfer Nelson Mandela seit mehr als 20 Jahren inhaftiert ist.
    Die Regierung in Pretoria hat unterdessen allen Journalisten verboten, die von Schwarzen bewohnten Städte von Kapstadt zu betreten.
    Mehrere Journalisten wurden bereits festgenommen.
    Chile.
    Zwei Bombenanschläge in der Hauptstadt Santiago haben gestern sechs Verletzte gefordert.
    Der Sprengkörper explodierte nur wenige Stunden vor einer Rede von Staatschef General Pinochet.
    In dieser Ansprache lehnte Pinochet Verhandlungen mit der Opposition neuerlich ab.
    Und nun die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend.
    Im Osten teilweise noch stärkere Bewölkung, sonst vielfach sonnig.
    Nachmittagstemperaturen 18 bis 23 Grad.
    Und das war im Mittagsschanal des aktuellen Dienstes.
    Ilse Oberhofer hat Sie durch die Sendung geführt.
    Auf Wiederhören.
    Untertitel der Amara.org-Community

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vor Beschlußfassung über neues österreichisches Weingesetz
    Einblendung: Landwirtschaftsministe Haiden, Gesundheitsminister Steyrer, Bundeskanzler Sinowatz, ÖVP-Obmann Mock, Bundespräsident Kirchschläger
    Mitwirkende: Pesata, Fritz [Gestaltung] , Haiden, Günter [Interviewte/r] , Steyrer, Kurt [Interviewte/r] , Sinowatz, Fred [Interviewte/r] , Mock, Alois [Interviewte/r] , Kirchschläger, Rudolf [Interviewte/r]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vor Pleite in der Weinwirtschaft?
    Mitwirkende: Unger, Hans Christian [Gestaltung]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Probleme bei Getreide-Ernte und -Versorgung in Österreich
    Mitwirkende: Adler, Hans [Gestaltung]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Aufriß zum Beginn des Lambsdorff-Prozesses
    Mitwirkende: Peter, Markus [Gestaltung]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Eröffnungsbericht Lambsdorff-Prozeß
    Mitwirkende: Hahn, Werner [Gestaltung]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Ort: Bonn [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Menschenrechtssituation in Chile
    Mitwirkende: Hanf, Walter [Gestaltung]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Reagan erörtert Restriktion der Schuh-Importe in die USA
    Mitwirkende: Emmerich, Klaus [Gestaltung]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Ort: Los Angeles [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Beginn des Welt-Schach-Kongresses in Graz
    Einblendung: österreichischer Schachpräsident Jungwirth
    Mitwirkende: Scheid, Hans-Christian [Gestaltung] , Jungwirth, Kurt [Interviewte/r]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Ort: Graz [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Sommerschule der Waldmüller-Akademie und der FU Berlin in Weitra
    Einblendung: Organisator Müller-Funk, Philosoph Sonnemann, Philosoph Kamper, Theaterpädagoge Peitmann
    Mitwirkende: Grundmann, Heidi [Gestaltung] , Müller-Funk, Wolfgang [Interviewte/r] , Sonnemann, Ulrich [Interviewte/r] , Kamper, Dietmar [Interviewte/r] , Peitmann, Hinnerk [Interviewte/r]
    Datum: 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1985.08.29
    Spieldauer 00:59:50
    Mitwirkende Oberhofer, Ilse [Moderation]
    Kronsteiner, Manfred [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1985.08.29 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-850829_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Inhalt

    Nachrichten

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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