Mittagsjournal 1992.07.18

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Er ist ein sehr guter Sänger.
    Guten Tag beim Samstag-Mittag-Journal, sagt Christel Reis.
    Folgendes Beitragsprogramm haben wir Ihnen in der kommenden Stunde zu bieten.
    Die Flüchtlinge im Zug.
    Ein Zug ist heute in Österreich eingetroffen.
    Wir erwarten einen Bericht von unserem Landestudio in Graz über die Ankunft der Kriegsflüchtlinge aus Bosnien.
    Dramatisch spitzt sich aber die Situation für die nach wie vor an der kroatisch-slowenischen Grenze festsitzenden Flüchtlinge zu.
    Es sind dies Tausende, die nicht weiterkommen.
    Die Lage im ehemaligen Jugoslawien ist auch Schwerpunktthema des Gipfeltreffens der zentraleuropäischen Initiative in Wien.
    Dann gibt es noch eine Analyse nach der gestrigen Souveränitätserklärung der Slowaken und der Rücktrittsankündigung Präsident Havels.
    Wie geht es weiter in der Noch-GSFR?
    In London kommt es heute zu einem Wechsel an der Spitze der Labour-Party.
    John Smith folgt Neil Kinnock.
    Im Journal zu Gast ist heute der designierte Intendant der Vereinigten Bühnen Wien, Rudi Klausnitzer.
    Vor diesen und vielleicht noch anderen Beiträgen die Nachrichten.
    Verfasst hat sie Wolfgang Wittmann, gelesen werden sie von Sibyl Norden.
    Österreich.
    Der Flüchtlingszug, der lange an der kroatisch-slowenischen Grenze aufgehalten worden war, ist in Österreich.
    An Bord sind schätzungsweise zwischen 1.000 und 1.500 Menschen, vor allem Frauen und Kinder.
    Sie werden in der Steiermark, in Kärnten, im Flüchtlingslager Traiskirchen, in Niederösterreich und in Wien untergebracht.
    Beim Grenzaufenthalt war es zu dramatischen Szenen gekommen, als kroatische Sicherheitskräfte die wehrfähigen Männer zwangen, den Zug zu verlassen und in die bosnischen Kampfgebiete zurückzukehren.
    In Wien treffen heute die Regierungschefs der Zentraleuropäischen Initiative zusammen.
    Dieser Initiative gehören Österreich, Italien, Polen, die Tschechoslowakei und Ungarn an.
    Slowenien und Kroatien sollen demnächst aufgenommen werden.
    Wie schon gestern die Außenminister werden heute auch die Regierungschefs vor allem nach Möglichkeiten zur Beendigung des Krieges in Bosnien-Herzegowina und zur Lösung des Flüchtlingsproblems suchen.
    Vereinte Nationen Der UNO-Sicherheitsrat versucht, die gestrige Vereinbarung einer Waffenruhe für Bosnien-Herzegowina zu unterstützen.
    Der Sicherheitsrat forderte die Konfliktparteien auf, die Übereinkunft einzuhalten.
    UNO-Generalsekretär Butrus Ghali wurde beauftragt, bis Montag einen Bericht zu erstellen, welche Maßnahmen seitens der UNO zur Durchsetzung des Abkommens getroffen werden können.
    Im Gespräch ist eine weitere Verstärkung der Friedensgruppe.
    Die Vereinigten Staaten haben die Waffenstillstandsvereinbarung begrüßt und verlangt, sie unbedingt rasch in die Tat umzusetzen.
    Nach der Vereinbarung soll die Waffenruhe morgen um 18 Uhr beginnen und vorerst zwei Wochen lang dauern.
    Tschechoslowakei Präsident Havel hat seinen Entschluss, am Montag zurückzutreten, als endgültig bezeichnet.
    In einer Fernsehrede sagte Havel, er habe diese Entscheidung reiflich überlegt und werde beim nächsten Wahlgang am 30.
    Juli nicht mehr kandidieren.
    Der erscheinende Präsident fügte hinzu, er wolle den großen Veränderungen des Staates und den Emanzipationsbestrebungen der Slowakei nicht im Wege stehen.
    Moldawien.
    Im Dniester-Gebiet wird wieder gekämpft.
    In der vergangenen Nacht wurden bei Gefechten zwischen moldawischen Sicherheitskräften und russischen Separatisten mindestens sieben Menschen getötet.
    Den Gefechten ging ein Angriff der russischen Nationalisten auf eine Polizeistation voraus.
    Den Angriff soll eine Gruppe von etwa 200 Freischärlern ausgeführt haben, die sich nicht an die vor zehn Tagen vereinbarte Waffenruhe hält.
    Israel – Ministerpräsident Rabin will den Ostfriedensprozess beschleunigen.
    Wie der israelische Rundfunk berichtet, wird Rabin am kommenden Dienstag in die ägyptische Hauptstadt Kairo reisen.
    Geplant sei ein Treffen mit dem ägyptischen Präsidenten Mubarak.
    Die Begegnung wäre die erste israelisch-ägyptische auf höchster Ebene seit sechs Jahren.
    Rabin hat zuletzt angeboten, in alle arabischen Hauptstädte zu reisen.
    Den König von Jordanien und die Präsidenten von Syrien und des Libanon lud er zu Gesprächen nach Jerusalem ein.
    Algerien In Algier und einigen anderen algerischen Städten ist es zu neuen Zusammenstößen zwischen muslimischen Fundamentalisten und Sicherheitskräften gekommen.
    Mehrere Menschen wurden getötet.
    Anhänger der verbotenen islamischen Heilsfront versammelten sich nach dem Freitagsgebet auf den Straßen, um gegen die jüngste Verurteilung der beiden Führer der Heilsfront zu protestieren.
    Großbritannien.
    Die britische Labour-Party wählt heute einen neuen Vorsitzenden.
    Nachfolger des zurückgetretenen Parteichefs Neil Kinnock wird wahrscheinlich der 53-jährige Schotte John Smith.
    Für den Posten des stellvertretenden Parteivorsitzenden ist erstmals in der Geschichte der Labour-Party eine Frau vorgesehen, die 49-jährige Margaret Beckett.
    Das waren die Meldungen und jetzt zum voraussichtlichen Wochenendwetter, wie es wird, das weiß Gerhard Steiner.
    Eine zügige Nordwestströmung bringt heute noch Wolken.
    In den kommenden Tagen stellt sich aber hochsommerliches Wetter ein.
    Die Meldungen von 12 Uhr.
    Wien stark bewölkt 26 Grad, Eisenstadt wolkig 26, St.
    Pölten stark bewölkt 24, Westwind 20 Kilometer pro Stunde.
    Linz stark bewölkt 24, Nordwestwind 20 km pro Stunde, Salzburg bedeckt 20, Innsbruck stark bewölkt 22, Bregenz heiter 23 und Graz und Klagenfurt stark bewölkt 24 Grad.
    Entlang des Alpen-Nordkams wechselt die Bewölkung ständig und ab und zu regnet es.
    Am sonnigsten ist es in Kärnten, der südlichen Steiermark und in Ostösterreich.
    Aber auch hier erwarten wir am Nachmittag noch einige Regenschauer.
    Die Temperaturen bleiben zwischen 24 und 28 Grad.
    In der kommenden Nacht ziehen die Wolken weitgehend ab und einem sonnigen Sonntag steht nichts mehr im Wege, nicht einmal die dünnen und hohen Wolkenfelder, die zeitweise den Osten streifen.
    Die Höchstwerte erreichen morgen 25 bis 30 Grad in 2000 Meter um 13.
    Ab Montag stehen uns dann richtige Hundstage ins Haus.
    Es wird schwül mit Temperaturen um oder über 30 Grad.
    Das war das Wetter von Gerhard Steiner.
    Neues über das Schicksal der Flüchtlinge im Zug.
    Seit vorgestern 22 Uhr saßen tausende Flüchtlinge aus dem bosnischen Kriegsgebiet an der slowenisch-kroatischen Grenze fest.
    Kroatien will sie nicht mehr aufnehmen, Slowenien auch nicht und weitertransportiert wurden sie nicht.
    weil auch Österreich und Italien sie nicht einreisen lassen wollten.
    Aber gestern Abend, nach intensiven Gesprächen, teilte Kanzler Wranitzki mit, Österreich werde ausnahmsweise einen Zug mit Flüchtlingen einreisen lassen.
    Auch Italien wolle das tun.
    Nun, ein Zug ist bereits heute Vormittag in Österreich eingetroffen, hat die Grenze Spielfeld passiert und kam vor etwas mehr als einer Stunde in Graz an.
    Aus der steirischen Hauptstadt ein Bericht gestaltet von Astrid Plank.
    20 Tage schon unterwegs.
    Kommen ca.
    200 Meter in die Nähe von Haus und haben alles angezündet und die Leute umgebracht.
    Um halb elf ist der Zug mit 824 Flüchtlingen in Graz eingetroffen.
    Die Strapazen ihrer mehrtägigen Odyssee sind den Menschen ins Gesicht geschrieben.
    Viele weinen.
    Ihre armseligen Habseligkeiten tragen sie bei sich.
    Einige Kranke, vorwiegend alte Menschen, werden aus dem Zug geholt und auf Bahn gehievt.
    Ärzte und Rotes Kreuz versorgen sie.
    Für die Stärkeren gibt es als erste Labung Obst und Getränke.
    Die hygienischen Zustände in dem Zug waren katastrophal.
    Doch, so sagt einer der Organisatoren, seit der Zug die österreichische Grenze passiert hat, hat sich auch die Stimmung der Leute etwas gehoben.
    Für 220 der bosnischen Flüchtlinge ist die Zugsfahrt in Graz zu Ende.
    120 werden nach Spital an der Trau in Kärnten gebracht, 100 bleiben in der Steiermark.
    Sie kommen in Pensionen in Graz, Bruck an der Mur und Bad Gleichenberg und auch die Bundeswehrkaserne St.
    Michael nimmt wieder Flüchtlinge auf.
    Für die übrigen ging die Fahrt zum Mittag weiter nach Baden und Wien.
    Caritas-Mitarbeiter Peter Quendler hat den Flüchtlingszug von der kroatisch-slowenischen Grenze bis nach Graz begleitet.
    Seine Forderung an Europa.
    Ich glaube Österreich hat gestern ein Zeichen gesetzt, dass für ganz Europa gilt,
    Man muss die Grenzen öffnen, um auch gezielt die Flüchtlinge unterzubringen, nicht nur Österreich, nicht nur Ungarn, nicht nur Italien, sondern auf ganz Europa verteilt.
    Diese Belastung muss Europa tragen und ich glaube, wir müssen an Europa appellieren, sonst sind wir kein Europa.
    Caritas-Mitarbeiter Peter Quendler war das am Schluss eines Beitrages aus dem Landesstudio Steiermark gestaltet von Astrid Blank, eben berichtet Berichte über die Ankunft hunderter Flüchtlinge heute in Graz.
    Während diese hunderte Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet, wenn zwar auch mit Verzögerungen, nun aber doch in Österreich sind, warten noch tausende im kroatisch-slowenischen Grenzgebiet auf die erhoffte Ausreise in den Westen, bislang ein hoffnungsloses Warten.
    Und es warten noch Flüchtlinge in zwei Zügen.
    Einer in Saus-Gimarov, von wo aus auch der Österreich-Zug heute früh abgefahren ist.
    Der noch stehende Zug soll nach Italien reisen.
    Wird aber vermutlich nicht vor heute Abend abgefertigt.
    Und es steht auch noch ein dritter Zug mit Flüchtlingen.
    Gerhard Roth berichtet.
    Seit Donnerstag Nacht steht hier ein Zug, der direkt aus dem Kriegsgebiet von Nordbosnien gekommen ist.
    2800 Menschen hat man in die Waggons gepfercht.
    Vor allem Männer, bosnische Territorialverteidiger, die vor der serbischen Offensive geflüchtet sind.
    Zwischen den Uniformierten die meisten mehr ein paar Sitzen am Leib haben.
    Immer wieder Kinder und alte Frauen.
    Der Bahnhof ist überschwemmt mit Menschen.
    Es fehlt an allem.
    Außer vielleicht an kroatischer Miliz und Militärpolizei, die einen dichten Kordon um das Gelände gezogen haben.
    Hinaus kommt keiner mehr.
    Einer der verzweifelten Männer hat uns gebeten, EG-Beobachter und KV oder irgendjemanden über ihre aussichtslose Situation zu informieren.
    Die Männer müssen fürchten, dass man sie wieder zurück an die Front schickt, mit nackten Händen gegen Panzer und schwere Artillerie.
    Zurück will keiner und die Stimmung hier wird immer explosiver.
    Freiwillig wird sich niemand in den Zug nach Bosnien verfrachten lassen.
    Schwere Klagen gibt es immer wieder über die kroatische Polizei.
    Man habe ihnen die Autos abgenommen und alles andere.
    Dafür irgendwelche fragwürdigen Papiere in die Hand gedrückt tragen die Männer.
    Bei den Muslimen hier heißt es, Serbien ist unser Todfeind, aber die Kroaten haben uns verkauft.
    Gerhard Roth war das, direkt aus dem kroatisch-slowenischen Grenzgebiet.
    Morgen Abend soll im bosnischen Kriegsgebiet eine Waffenruhe in Kraft treten, darüber zumindest haben sich gestern unter EG-Vermittlung in London die Konfliktparteien geeinigt.
    Ob die neue Waffenruhe im Gegensatz zu allen bisher vereinbarten hält, muss abgewartet werden.
    Inzwischen wird in Sarajevo ein neues militärisches Gerät eingesetzt, näheres von Walter Erderic aus Sarajevo.
    Die Artilleriebeobachter der UNO-Truppen in Sarajevo konnten nicht eruieren, aus welcher Stellung jene Granate abgefeuert worden ist, die gestern während des Besuchs des britischen Außenministers Douglas Hurd direkt neben dem Präsidentenpalast einschlug.
    Das soll sich in Zukunft ändern.
    Die Kontrolle des schweren Feuers um Sarajevo soll verbessert werden.
    Zu diesem Zweck hat die Vorhut des ukrainischen UNPROFOR-Bataillons bereits ein Radargerät mitgebracht, das Artillerieabschüsse aufspüren kann.
    Dieses Artillerie-Radar hat, wie die meisten Waffensysteme der ehemaligen Roten Armee, einen NATO-Spitznamen.
    Es heißt Tall Mike, übersetzt etwa Langer Michel.
    Tall Mike ist eine Kombination aus einer Radareinrichtung, die mit Radiowellen arbeitet, und einer Sonareinrichtung, die mit Schallwellen arbeitet.
    Die Geräte sind auf einem Kettenfahrzeug montiert.
    Nur sehr große Armeen verfügen üblicherweise über solche technischen Mittel.
    Der ursprüngliche Zweck ist das Aufspüren gegnerischer Artilleriebatterien, um diese dann mit genaueren Zielangaben besser bekämpfen zu können.
    Die Aufgabe von Tolmaik bei der UNPROFOR-Mission in Sarajevo wird es sein, der UNO Beweise zu liefern, ob serbische Artillerie oder jene paar Rohre der bosnischen Territorialverteidigung als erste gefeuert haben.
    Bisher schieben sich die Konfliktparteien die Schuld jeweils gegenseitig zu.
    Das ukrainische Bataillon, in dem auch Elitsoldaten der ehemaligen Roten Armee vertreten sind, bereiten Tall Mike in diesen Tagen für den Einsatz vor.
    Wie gut das Gerät dann wirklich funktionieren wird, bleibt abzuwarten.
    Heute Vormittag konnte wieder ein Konvoi mit 128 Kindern die eingekesselte Stadt verlassen.
    Die Kinderbotschaft von Sarajevo, die sich schon seit Monaten um die Evakuierung von Kindern kümmert, hat eine Einladung der italienischen Regierung erhalten.
    Auf Staatskosten dürfen sich die Kinder, von denen 52 keine Eltern mehr haben, in der Nähe von Rimini zwei Monate lang vom Krieg erholen.
    Danach finanziert die dänische Regierung der Gruppe einen weiteren zweimonatigen Aufenthalt in einem Kindercamp in Slowenien.
    Wenn dann der Winter hereingebrochen sein wird und in Sarajevo noch immer gekämpft wird, soll Österreich die Kindergruppe aufnehmen und für sie sorgen, sagte heute ein Sprecher der Kinderbotschaft.
    Im Augenblick wird der Konvoi im serbischen Vorort Ilidja von der serbischen Polizei kontrolliert.
    Die Nervosität bei den Organisatoren ist sehr groß, denn schon vor eineinhalb Monaten sind 3.000 Kinder in Ilidja mehrere Tage wie Geiseln in einer Sporthalle festgehalten worden.
    Die Mitarbeiter der Kinderbotschaft hoffen, dass ihre Schützlinge diesmal unangefochten bis in die Küstenstadt Split durchkommen.
    Die Panzerfahrzeuge der UNPROFOR begleiteten den Konvoi nur bis zum ersten serbischen Checkpoint.
    Dann treten sie wieder um und überließen die Kinder den serbischen Behörden, die freies Geleit versprochen haben.
    Walter Erderitsch war das direkt mit einem Bericht aus Sarajevo.
    Das Wiener Austria Center ist heute Schauplatz eines Gipfeltreffens der Regierungschefs der Zentraleuropäischen Initiative, vormals hexagonale, vormals pentagonale.
    Mit dem heute vollzogenen Beitritt Sloweniens und Kroatiens zählt die Zentraleuropäische Initiative nun acht Mitglieder, nämlich noch Italien, Polen, die GSFR, Ungarn und Österreich.
    Im Mittelpunkt der Beratungen, das wurde schon vorher angedeutet, steht natürlich der Krieg im ehemaligen Jugoslawien.
    Im Mittelpunkt der Beratungen steht aber auch vor allem die Situation der nun schon mehr als 2,2 Millionen Kriegsflüchtlinge.
    Und es wird, das wurde schon im Vorfeld gesagt, auch Appelle an alle anwesenden Regierungschefs geben, doch etwas für diese Kriegsflüchtlinge zu tun.
    Und vor wenigen Minuten hat Ernest Hauer mit Bundeskanzler Branitski darüber gesprochen.
    Herr Bundeskanzler, was hat die CEI für die Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet gebracht?
    Wir haben einmal, um der Formalität gerecht zu werden, Bosnien-Herzegowina heute aufgenommen als Mitglied und es hat natürlich in den Beratungen die Kriegsszenerie und die Flüchtlingsproblematik im ehemaligen Jugoslawien einen ganz wesentlichen Teil eingenommen.
    Es ist eine eigene Bosnien-Deklaration beschlossen und verabschiedet worden.
    Und es geht im Großen und Ganzen darum, dass die Kampfhandlungen in Bosnien klarerweise verurteilt werden, dass an den wirtschaftlichen Sanktionen, finanziellen Sanktionen, anderen Sanktionen festgehalten, ja, dass sie noch verstärkt werden sollen.
    und dass die internationalen Anstrengungen verstärkt werden sollen, das Flüchtlingselend zu mildern.
    Das heißt im Großen und Ganzen, dass die Staatengemeinschaft übereinstimmt, dass man weiter verstärken muss, humanitäre Hilfe, dass man aber auch für die Menschen, die aus den bosnischen Kampfgebieten entweder flüchten oder vertrieben worden sind,
    Unterkunft und Aufenthaltsmöglichkeiten schaffen muss.
    Wir Österreicher haben uns ja bereits gestern dazu verstanden, dass wir für mehrere 10.000 Personen zunächst einmal, um die ärgste Not zu lindern, eine Zeltstadt aufbauen, zusammen mit den Kroaten.
    Aber da sind die Kroaten nicht ganz begeistert?
    Ja, aber sie sind jedenfalls auch nicht dagegen, weil sie haben ja auch keine andere Alternative, um die Flüchtlinge unterzubringen.
    Man muss natürlich dabei bedenken, dass eine Zeltstadt nicht für die Wintermonate gedacht sein kann, aber es geht um Sofortmaßnahmen.
    Und Sofortmaßnahmen sind eben nur auf diese Art und Weise möglich und denkbar, weil eben ein Zelt aufzustellen sehr rasch geht, ein Haus zu bauen dauert doch länger.
    Und es ist vollkommen klar, dass man für die Wintermonate eine andere Lösung suchen muss.
    Aber zunächst ist einmal die Zeltstadt das Einzige und es gibt keine raschere Alternative dazu.
    Es geht weiters darum, dass wir auch hier übereinstimmen.
    dass man sich schon jetzt einstellen muss darauf, wenn die Kampfhandlungen einmal zu Ende sein werden, die Menschen, die aus ihren Heimatdörfern, Heimatstädten weggehen mussten oder vertrieben wurden, wieder zurückzubringen und ihre angestammten Wohnorte wieder aufzubauen und dazu bedarf es weiter internationaler Unterstützung.
    Das ist im Großen und Ganzen
    die Zusammenfassung, was Flüchtlinge und Krieg in Jugoslawien betrifft.
    Darüber hinausgehend sind eine Reihe anderer sehr wichtiger Aktivitäten besprochen und behandelt.
    Bleiben wir bei den Kriegsfolgen im Süden.
    Ein Appell etwa an Staaten außerhalb dieser zentraleuropäischen Initiative, die Grenzen nicht zuzumachen, sondern im Gegenteil aufzumachen, sowas gibt es nicht.
    Einen solchen Appell habe ich selber in meiner Rede gesagt.
    Es geht ja nicht nur darum, dass die hier Versammelten
    sieben Länder sich um die Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina kümmern, sondern dass sämtliche Staaten in Europa aufgefordert sind, hier ihren Beitrag zu leisten.
    Und dazu wird auch Gelegenheit sein bei einem Zusammentreffen in Genf am Flüchtlingsgipfel.
    Aber die Sache ist ja so drängend und so dramatisch und so gefährlich und so tragisch,
    dass ich mich gar nicht damit begnügen möchte, bis zum 29.
    Juli zu warten, sondern ich habe diesen ganz starken Appell heute in meiner Rede schon gesagt und wir müssen alles unternehmen, dass wir tatsächlich auch andere Länder wieder gewinnen können, hier mitzutun.
    Ein Appell von Bundeskanzler Wranitzki, ausgesprochen heute beim Gipfeltreffen der Zentraleuropäischen Initiative.
    Ein Appell, der hoffentlich auch von den übrigen Regierungschefs befolgt wird.
    Übrigens, wenn es sich noch ausgeht, planen wir im Verlauf des Mittagsjournals vielleicht noch die eine oder andere Stellungnahme von den übrigen anwesenden Regierungschefs bei diesem Gipfeltreffen in Wien.
    Seit genau einer Woche hat das krisengeschüttelte Polen wieder eine funktionsfähige Regierung nach Tadeusz Mazowiecki, Jan Bilecki, Jan Olszewski und Waldemar Pawlak ist Hanna Suchocka fünfter Regierungschef nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems.
    Und Hanna Suchocka ist auch die erste Frau in diesem Amt in Polen.
    Nach anfänglichem Zögern stimmte Polens Präsident doch einer Kandidatur der Verfassungsexpertin zu und mehrheitlich billigte auch das polnische Parlament Suchockas sieben Parteienkabinett.
    Heute ist die neue polnische Regierungschefin mit dabei beim Treffen der Zentraleuropäischen Initiative in Wien.
    In Polen werden ihr inzwischen hohe Sympathiewerte bescheinigt.
    Nach einer heute veröffentlichten Umfrage glauben zwei Drittel der Polen, dass sie eine gute Regierungschefin wird und von allen bisherigen Regierungschefs ist sie übrigens am beliebtesten.
    Mit Hanna Suchocka spricht Konstanze Ripper.
    Frau Suchocka, Sie sind seit genau einer Woche Ministerpräsidentin einer Koalition mit sehr verschiedenen Parteien.
    Glauben Sie, dass diese Parteien die Probleme Polens bewältigen können?
    Werden sie zusammenbleiben?
    Natürlich, wenn ich mich entschieden habe, das Verantwortungsrolle, Regierungsamt zu unternehmen, muss ich glauben, dass die Koalition durchhalten wird.
    Sie werden in drei Monaten etwa ein Wirtschafts- und Sozialprogramm vorstellen.
    Jetzt ist ja ein Problem dieser Regierung, dass die einen sehr auf reine Marktwirtschaft ausgerichtet sind und die anderen wollen eine soziale Abdämpfung.
    Wie kann so etwas ungefähr aussehen?
    Ja, es gibt solche realen Unterschiede.
    Das will ich nicht leugnen.
    Aber in der Regierung gibt es keine Befürworter des sozialen Fürsorgestaates.
    Ich werde die Politik der sozialen Marktwirtschaft führen.
    Natürlich, gewisse Opfer gehören zu den Kosten der Reformen.
    Sie sind selbst aus der Bewegung Solidarnosch hervorgegangen, auch Ihre Partei.
    Wie ist denn Ihr persönliches Verhältnis und Ihr Arbeitsverhältnis zu Staatspräsident Wałęsa?
    Seitdem ich den Präsidenten persönlich kenne, also seit meiner Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten, pflegen wir sehr gute Kontakte.
    Und wir müssen natürlich einfach zusammenarbeiten.
    Ich hoffe, dass der Optimismus des Präsidenten uns alle anstecken wird.
    Es sind drei Männer an dieser Regierungsbildung gescheitert.
    Welche Fähigkeiten bringen Sie jetzt mit als Frau und im Gegensatz zu den vorigen Versuchen, diese Regierung zusammenzuhalten?
    Natürlich, ich weiß, wir hatten viele Schwierigkeiten, aber ich glaube, ich kann nur kurz passen.
    Geduld, Konsequenzen, guten Willen und viel Glauben.
    Vielleicht ist es nicht gut für Politiker, aber wir müssen glauben.
    Sie sind verglichen worden mit Margaret Thatcher.
    Können Sie mit diesem Vergleich etwas anfangen und wie würden Sie sich selbst charakterisieren?
    Ich habe schon gesagt, dass jetzt, ich bin erste Sochocka, nicht zweite Margaret Thatcher.
    Aber es war so, dass es ein sehr sympathischer für mich, aber ein bisschen bedrohlicher Vergleich.
    Das bedeutet nämlich die großen Erwartungen.
    Und ich möchte gerne erst nach dem Abschluss meiner Mission solche Vergleiche hören.
    Und würden Sie das angenehm finden, wenn Sie mit Frau Stetscher verglichen werden oder eher nicht?
    Ja, natürlich, das ist sehr angenehm.
    Konstanze Ripa sprach mit der neuen, durchaus optimistischen Regierungschefin Polens, Hanna Suchocka.
    Zwei einschneidende Ereignisse gab es gestern in unserem Nachbarland Tschechoslowakei.
    Einerseits proklamierte der Nationalrat der Slowakei die Souveränität der Slowaken.
    Unmittelbar darauf kündigte Präsident Vaclav Havel seinen Rücktritt für kommenden Montag, also übermorgen, an.
    Nach der samtleren Revolution, nach dem Ende der GSSR, beginnt nun ein neues Kapitel.
    Eigentlich zwei, nämlich getrennt für Tschechen und Slowaken.
    Eine Analyse von Barbara Kudenhof-Kalergi.
    Mit Freudenfeuern auf allen Bergen der Slowakei haben die Slowaken heute Nacht die Geburt ihrer souveränen Nation gefeiert.
    Ein Signal an Europa, aber auch, wie es hieß, an die slawischen Brüder im Osten.
    Auf der Prager Burg packt in dessen Präsident Havel die Koffer.
    Am Montag, Punkt 18 Uhr, wird die Präsidentenfahne eingeholt.
    Vaclav Havel tritt dann endgültig ab.
    Übrigens mit seiner gesamten, engeren Mannschaft, inklusive Kanzler Karl Schwarzenberg.
    Die gestrige Summarinitätserklärung des slowakischen Parlaments war nur der letzte Anlass zum Rücktritt des Präsidenten.
    Spätestens seit den Wahlen im Juni hat Václav Havel zu erkennen gegeben, dass er an die Fortdauer der tschechoslowakischen Föderation nicht mehr glaubt und immer wieder gemahnt, dass die Trennung, wenn sie schon sein muss, möglichst schnell, zivilisiert und geordnet vor sich gehen muss.
    Hier ist er übrigens einer Meinung mit dem tschechischen Premierminister Václav Klaus.
    Ab Montag gehen die meisten verfassungsmäßigen Kompetenzen des Präsidenten an die neue föderale Regierung von Premierminister Jan Straßky über, ab 5.
    Oktober, dem endgültigen Auslaufen von Havels Amtsperiode, an das Präsidium des föderalen Parlaments.
    Auf dem Prager Ratschin soll der ehemalige Verteidigungsminister Lubosz Dobrowski den Apparat zusammenhalten, bis eines Tages ein tschechischer Präsident dort einzieht.
    Er wird vermutlich wieder Vaclav Havel heißen.
    In den kommenden Monaten müssen nun in Windeseile zwei neue Staaten mit allen dazugehörigen Institutionen aus dem Boden gestampft werden, wobei die Slowakei, die ja schon seit langem an einer eigenen Verfassung arbeitet, der tschechischen Republik voraus ist.
    Auch die slowakischen Politiker, inklusive Premierminister Mečiar, haben indessen eingesehen, dass die von ihnen gewünschte Konföderation nicht möglich ist.
    Das, was die Tschechen slowakische Unabhängigkeit mit tschechischer Rückversicherung nennen.
    Jetzt wird es vor allem darum gehen, die Bedingungen für die künftige, vor allem wirtschaftliche Zusammenarbeit der neuen Staaten festzulegen.
    Jeder weiß, dass es ohne diese nicht geht und um die schwierige Frage der Teilung des gemeinsamen Besitzes.
    Eine Sommerpause, so viel steht fest, wird es für die politische Klasse in Prag und Bratislava heuer nicht geben.
    Eine Analyse war das von Barbara Kudenhof-Kallierge, jetzt ein Bericht aus Österreich.
    Österreichs Wohnbauförderung ist in der Krise.
    Trotz eines sehr hohen Mitteleinsatzes würden die Ziele nicht erreicht, kritisiert etwa die OECD das heimische Förderungssystem.
    Finanzminister Ferdinand Latziner kündigt jetzt eine Reform an.
    Die Privilegien der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften sollen dabei ebenso fehlend lassen wie die Privilegien der Genossenschaftsmieter.
    Dafür soll verstärkt Geld in den Wohnungsneubau fließen.
    Über Lazenas Pläne informiert Fritz Dittlbacher.
    Knapp 40 Milliarden Schilling gibt der Staat jährlich an Wohnbauförderung aus.
    Rund 40 Prozent davon sind Steuerbegünstigungen, der Rest direkte Förderungen.
    Damit werden im Jahr rund 35.000 neue Wohnenheiten erstellt, etwas mehr als die Hälfte davon als Wohnungen, der Rest als Einfamilienhäuser.
    Und hier beginnt die Diskrepanz.
    Während der private Häuselbauer mit rund 400.000 Schilling an Förderungen das Auslangen findet, benötigen die sogenannten Gemeinnützigen genau das Doppelte an öffentlicher Stützung.
    Und selbst damit würde noch nicht einmal das Ziel genügender und erschwinglicher Sozialwohnungen erreicht, kritisiert Finanzminister Ferdinand Latzinger.
    Studien über die Verteilungswirkung von Staatsausgaben haben mir gezeigt, dass die jetzige Wohnbauförderung eigentlich an den Einkommensschwachen vorbeifördert.
    Das heißt, was wir aufrechterhalten wollen, ist die Förderung für
    Das Eigenheim, das funktioniert eigentlich am besten.
    Im mehrgeschossigen Wohnbau funktioniert es am schlechtesten und es funktioniert besonders schlecht dort, wo einkommensschwache Schichten mit Wohnungen, die sie sich wirklich leisten können, versorgt werden.
    Es würden insgesamt zu wenig Wohnungen gebaut, findet Latziner.
    Und der Gesetzgeber sei daran nicht unschuldig.
    Denn im gegenwärtigen System zwinge er die Gemeinnützigen fast dazu, statt neuer Wohnungen lieber hohe Rücklagen anzulegen.
    Denn dadurch, dass der Mietzins etwa in geförderten Genossenschaftswohnungen einmal festgesetzt für alle Ewigkeiten gleich bleibt, sei die Investition in den Wohnungsbau wirtschaftlich kontraproduktiv.
    Wohnbauvereinigungen würden doppelt so hohe Erträge einfahren, wenn sie ihre Gelder auf Bankkonten parkten.
    Und genau das geschieht auch.
    Acht Milliarden an sogenannten Übervermögen liegen derzeit auf gemeinnützigen Konten.
    Sechs Milliarden davon könnten sofort flüssig gemacht werden, rechnet Laziner vor, und 4.000 Wohnungen könnten damit gebaut werden.
    Ein neues Steuermodell soll daher den Rücklagen den Garaus machen.
    Im Gegenzug zu einer dann erlaubten Anhebung der Mietzinse sollen Steuerprivilegien der Gemeinnützigen fallen, erklärt Lazina.
    In Wirklichkeit würde das so funktionieren, dass wir auf der einen Seite für künftige Mieten die Valorisierung der Verzinsung zulassen.
    Das heißt, es kommt zu günstigen Preisen, so wie bisher, für den Jüngeren und auch Einkommensschwächeren.
    Allerdings steigt dann der Preis entsprechend dem Verbraucherpreisindex für die Miete in den nächsten Jahren.
    Zum Zweiten würden wir dafür eine steuerrechtliche Regelung brauchen, die die Wohnbauvereinigungen unter einen gewissen Druck setzt, diese Mittel auch tatsächlich für den Wohnbau zu verwenden.
    Sie werden nicht gezwungen, das zu tun, aber sie können nur dann steuerrechtlich begünstigt und gemeinnützig sein, wenn sie
    die Rücklagen, und zwar nicht zur Gänze, sondern einen Teil davon werden sie ja brauchen, im Wesentlichen für Wohnbauzwecke verwenden.
    und Körperschaftssteuerbefreiung.
    Dies würde die Rücklagenrondite unter die Inflationsrate drücken.
    Die Reform der Wohnbauförderung wird aber noch weitergehen.
    Eben erst hat der Verfassungsgerichtshof die Aufteilung der Förderungen für verfassungswidrig erklärt.
    Denn dort wird nur auf das Steueraufkommen, nicht aber auf den Wohnbedarf der einzelnen Bundesländer Rücksicht genommen, so das Höchstgericht.
    Und wenn es nach Lazena geht, wird es noch eine weitere Neuerung geben.
    Statt der altbekannten Wohnbaudarlehen
    soll es künftig Zuschüsse zu normalen Bankkrediten geben.
    Ich bin eigentlich der Auffassung, dass wir von der öffentlichen Hand her nicht Kreditgeber sein sollten, das können die Banken besser, sondern dass es hier Zuschüsse sein sollten.
    Abgestimmt auch mit dem Mietenrecht ist ein gesamtes Paket an Maßnahmen möglich.
    Erklärt Latziner, die ganze Reform soll übrigens bis Jahresende über der Bühne sein.
    Österreichs Wohnbauförderung in der Krise.
    Der Finanzminister kündigt eine Reform an.
    Details waren das von Fritz Dittlbacher.
    Wechsel an der Spitze der britischen Labour-Party.
    Heute Nachmittag wird Neil Kinnock abgelöst.
    Sein Nachfolger steht schon so gut wie fest.
    Es ist der 53-jährige Schotte John Smith.
    Neil Keanock übernahm nach der schweren Labour-Wahlniederlage 1979 die Partei.
    Und wie ein Kommentator seine Karriere in Kurzfassung beschrieb, Neil Keanock mag die Labour-Party auch in bürgerlichen Kreisen salonfähig gemacht haben.
    Sein Problem war indessen, dass er persönlich weit unpopulärer ist als seine Partei.
    Aus London, Brigitte Fuchs.
    Hätte John Smith schon vor den letzten Parlamentswahlen im April die Nachfolge Neil Keanocks als Labour-Vorsitzender angetreten gehabt,
    so sind viele am rechten Flügel der britischen Arbeiterpartei überzeugt, dann hieße der Premierminister heute nicht John Major, sondern John Smith.
    Dem 53-jährigen Wirtschaftsanwalt aus Schottland, so bestätigten die Meinungsumfragen vor den Wahlen, hätten die Wähler eher zugetraut, die richtige Medizin für die angeschlagene Wirtschaft Großbritanniens zu wissen, als Kinog oder Major.
    Umso ironischer ist es wohl, dass die Labour-Party
    die monatelang in sämtlichen Umfragen ganz deutlich vor den regierenden Konservativen gelegen war, gerade wegen John Smith verloren hat, oder besser gesagt, wegen seiner Steuerpläne, die John Smith wenige Wochen vor den Wahlen präsentiert hatte.
    Diese Steuerpläne hätten nämlich nicht nur die Superreichen zur Kasse gebeten, sondern auch den britischen Mittelstand, der in den Thatcher-Jahren mit einer ganzen Reihe von Steuersenkungen ins konservative Wählerlager geholt worden war.
    Noch hat sich die sozialistische Oppositionspartei des britischen Unterhauses nicht ganz vom Schock ihrer Wahlniederlage vom 9.
    April erholt.
    Vor allem auch deshalb nicht, weil die Gründe für die Niederlage trotz eines monatelang anhaltenden Umfragenhochs erst genau analysiert werden mussten.
    Auch wenn Nils Kinnock mit seiner Rücktrittsankündigung unmittelbar nach den Wahlen sofort die Konsequenzen gezogen hatte, so wäre es doch zu einfach, die Schuld der Niederlage ausschließlich beim Parteivorsitzenden zu suchen.
    Denn Kinnock hatte ja jene Reformen innerhalb seiner Partei durchgeführt, die dazu führen sollten, aus dem zerstrittenen Haufen vom Anfang der 80er Jahre eine regierungsfähige Staatspartei zu machen.
    So wurde der Einfluss der Gewerkschaften weit zurückgedrängt und die Partei von allzu linken Ideologien und Funktionären konsequent gesäubert.
    Aber, und das war die bittere Erkenntnis der britischen Sozialisten nach ihrer Wahlniederlage,
    Die Abschaffung der alten Parteistrukturen und Ideologien, die Vergatterung der Funktionäre auf eine entideologisierte, pragmatische Parteilinie allein haben nicht den erhofften Wählerzustrom gebracht.
    John Smith, der heute Nachmittag mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit zum neuen Lebervorsitzenden gewählt wird, muss nun dem demoralisierten Heer von Funktionären nicht nur Mut, sondern auch neue Inhalte vermitteln.
    Diese Inhalte werden sich wohl weniger an der traditionellen Arbeiterbewegung Großbritanniens orientieren als an den pragmatischen Programmen der westeuropäischen Sozialdemokraten.
    Der Einfluss der Gewerkschaften, die die Labour Party bisher zum größten Teil finanziert haben, soll unter John Smith weiter zurückgedrängt werden.
    Dafür soll unter seinem Vorsitz auf der Ebene der lokalen Parteiorganisationen wieder mehr und offener diskutiert werden können als unter Neil Kinnock.
    Und John Smith will anders als sein Vorgänger auch auf eine Wahlrechtsreform hinarbeiten, die absolute Mehrheiten im Unterhaus, wie sie jetzt mit 40 Prozent der Stimmen möglich sind, in Zukunft verhindert.
    Seine angekündigte Zusammenarbeit auf diesem Gebiet mit den Liberaldemokraten stört zwar viele am linken und am Gewerkschaftsflügel der Labour-Party, ist aber wohl die realistischste Chance, für John Smith in spätestens fünf Jahren John Major in Downing Street Nummer 10 abzulösen.
    Ein Bericht war das von Brigitte Fuchs aus London.
    Offiziell verfolgt die Kommunistische Partei Vietnam seinen vorsichtigen Reformkurs, doch echte Rede und Versammlungsfreiheit sind für die 64 Millionen Vietnamesen etwas völlig Unbekanntes.
    So hält sich auch die Begeisterung über die Wahlen zur Nationalversammlung morgen Sonntag in Grenzen.
    Zwar war es erstmals möglich, Politikern offen Korruption und herrschende Missstände vorzuwerfen.
    Ob die Nationalversammlung aber auch dafür sorgen kann, dass den Vorwürfen konkrete Gegenmaßnahmen folgen, bleibt abzuwarten.
    Von den derzeit 490 Abgeordneten sind 90 Prozent Mitglieder der KP.
    Morgen werden einer Reform zufolge nur mehr 395 Vertreter gewählt werden.
    601 Kandidaten bewerben sich um die Plätze, Chris Sattelberger berichtet.
    Saigon vibriert.
    Die Stadt wird vom Fieber geschüttelt, vom Fieber des Kapitalismus.
    An allen Ecken und Enden entstehen Geschäfte, die Währungseinheit ist wieder einmal der Dollar.
    Abends bieten die Zeitungsjungen vor dem Rex Hotel die neuesten Ausgaben der Herald Tribune und der Bangkok Post an.
    Kaum jemand verwendet noch den offiziellen Namen der Stadt.
    Seit der kommunistischen Machtübernahme von 1975 heißt Saigon Ho Chi Minh Stadt.
    Doch passt der Name dieses Asketen wohl schlecht zu der 4-Millionen-Metropole, deren Einwohner stolz davon berichten, dass Vietnam soeben einen Exportüberschuss von etwa 1 Milliarde Schilling erwirtschaftet hat.
    Ein Erfolg, den sich der Süden um Saigon zu 100% auf die eigenen Fahnen heftet.
    In der allgemeinen Betriebsamkeit fallen die riesigen Wahlplakate kaum auf.
    Lachende Menschen sind darauf zu sehen, die Wahlzettel in Urnen stecken.
    Darauf angesprochen reagieren die meisten Saigonesen mit einem verächtlichen Achselzucken.
    Was sollen sie mit wahlen?
    Offiziell dürfen wohl erstmals unabhängige Kandidaten teilnehmen, die Realität sieht jedoch anders aus.
    Vietnam kennt keinerlei Versammlungs- oder Meinungsfreiheit.
    Versammlungen dürfen nur von staatlich genehmigten und gelenkten Organisationen veranstaltet werden, ein unabhängiger Kandidat darf dies nicht.
    Er darf natürlich auch keinerlei Wahlplakate affichieren oder sonst wie Werbung für sich machen.
    Diesen Widrigkeiten zum Trotz hatten sich in Saigon immerhin elf unabhängige Kandidaten gemeldet.
    Doch leider, erklärt der Leiter der Wahlkommission, Herr Van Tam Hoa, haben sechs davon ihre Kandidatur nach reiflicher Überlegung wieder zurückgezogen.
    Die übrigen fünf wurden für nicht würdig befunden, an den Wahlen teilzunehmen.
    Nicht würdig ist ein Kandidat hier bereits, wenn, so Herr Hoa, ein Familienmitglied nicht den Prinzipien der Partei folgt.
    Und diese ist nicht bereit, von ihrem Allmachtsanspruch abzugehen.
    Auf die Frage, ob sie sich in Zukunft ein demokratisches Teil der Macht vorstellen könne, antwortet Frau Dr. Thi Phuong, eine der offiziellen Kandidatinnen, mit einem klaren Nein.
    So kann es nicht verwundern, wenn zumindestens den Saigonesen Kommerz wichtiger ist als Kandidaten, der Dollar wichtiger als Demokratie.
    Diese Gleichgültigkeit passt denn auch bestens ins Konzept der Regierung.
    Betreibt auch Vietnam vorläufig eine Politik der wirtschaftlichen Öffnung ohne entsprechende Demokratisierung der Gesellschaft.
    Die jüngere Geschichte der Region sollte den Machthabern in Hanoi allerdings zu denken geben.
    Folgt jedoch überall, von Korea über China und Taiwan bis Thailand, der ökonomischen Liberalisierung der Ruf nach mehr Demokratie.
    Wie lange sich Hanoi noch darauf stellen kann, bleibt abzuwarten.
    Morgenwahlen zur Nationalversammlung in Vietnam, Chris Sattelberger hat informiert.
    Mitten im Hochsommer wurden diese Woche wichtige kulturpolitische Weichen gestellt.
    Der ehemalige Ö3-Chef und jetzige Privatfernsehmanager Rudi Klausnitzer übernimmt ab 1993 von Peter Weg die aus Theater an der Wien, Raimundtheater und Ronnacher bestehenden Vereinigten Bühnen Wien.
    Wobei allerdings das renovierte Ronnacher an den Berliner Veranstalter Peter Schwenkow verpachtet wird.
    Klausnitzer wird sich also vor allem um das Theater an der Wien, das in Zukunft auch wieder Open-Produktionen offenstehen soll, und um das Raimund-Theater zu kümmern haben, in dem langfristig erfolgreiche Musicals gespielt werden sollen.
    Der jetzt 44-jährige Klausnitzer stammt aus Oberösterreich, studierte Publizistik und Politologie und begann seine ORF-Karriere im Landesstudio Linz.
    1972 wurde Klausnitzer persönlicher Referent von Generalintendant Gerd Bacher, 1979 Chef von Ö3.
    Es folgten Managerpositionen bei den deutschen Privatfernsehanstalten Sat.1 und Premier.
    Dazwischen leitete Klausnitzer auch die Werbeabteilung des ORF.
    Vorgestern hat Klausnitzer einen Fünfjahresvertrag als Intendant der Vereinigten Bühnen Wien unterzeichnet.
    Rudi Klausnitzer ist heute bei Hans Langsteiner,
    im Journal zu Gast.
    Herr Klausnitzer, noch bevor Sie in Wien den Vertrag als neuer Intendant der Vereinigten Bühnen unterschrieben haben, mussten Sie in Zeitungen Kommentare lesen wie, da staunen nicht nur gestandene Theaterleute, wird Klausnitzer der Zauberlehrling der Vereinigten Bühnen?
    Also durchaus etwas skeptischere Kommentare.
    Gab es da Momente, wo Sie sich ein bisschen gedacht haben, warum tue ich mir eigentlich das jetzt noch an?
    Ja, sicher.
    Dieser Effekt tritt sicher immer wieder ein, wenn man mit Kritik konfrontiert ist, die man vielleicht nicht so als gerechtfertigt empfindet oder überzogen empfindet.
    Auf der anderen Seite, wenn man nachliest in der Geschichte der Wiener Theaterdirektoren,
    Da merkt man, was die sich alles sagen haben lassen müssen, auch wenn sie aus dem Theaterfach gekommen sind, vor ihrem Antritt, dann ist das eigentlich durchaus zu akzeptieren.
    Meine deutschen Freunde haben gesagt, ich habe einen aktuellen Anfall an Masochismus, weil die wussten, was auf Theaterdirektoren in Wien zukommt.
    Aber ich würde sagen, wenn man in zwei Jahren zusammensitzt und dann sagt, Bilanz zieht und dann Kritik übt,
    dann ist das okay.
    Diese Zeit werde ich mit Sicherheit brauchen und dann kann man über alles diskutieren.
    Der Kern der Einwände, wenn man es so formulieren will, betrifft Ihre mangelnde Erfahrung im Theaterbereich.
    Etwas, was man nicht vom Tisch wischen kann.
    Richtig.
    Ich habe in der praktischen Theaterarbeit keine Erfahrung.
    Jetzt ist die Frage, ob das unbedingt notwendig ist.
    Ein Schauspieler zum Beispiel, der Theaterdirektor wird, hat in vielen Bereichen der Unternehmensführung keine praktische Erfahrung, hat auch in vielen Bereichen der Theaterarbeit keine praktische Erfahrung.
    Daher glaube ich, dass das nicht unbedingt Voraussetzung ist, im Fall der Vereinigten Bühnen noch weniger, weil es hier ja nicht um einen klassischen Theaterdirektor geht, sondern um einen Geschäftsführer, der den künstlerisch-programmlichen Teil betreut, gleichzeitig aber auch ein Auge auf den wirtschaftlichen Teil und auf die Weiterentwicklung des Unternehmens haben soll.
    Denn es ist schon geplant, schrittweise in den nächsten Jahren, die Vereinigten Bühnen
    über den reinen Bühnenbetrieb hinaus auch noch zu einem Kultur- und Unterhaltungsbetrieb auszubauen.
    Was sie in Wien erwartet, ist ein bisschen die Quadratur des Kreises.
    Sie sollen besseres Theater machen, zu weniger Geld.
    Sie werden eine Prämie bekommen, glaube ich, wenn die Subventionen gekürzt werden können.
    Wie ist das zu schaffen?
    Schon Peter Weck hat ja Ähnliches versucht.
    Das ist sicher sehr schwierig und die zwei wesentlichen Ansatzpunkte sind auf der einen Seite Kosteneffizienz.
    Es gibt heute durch betriebswirtschaftliche Instrumente wie Controlling schon sehr gute Ansätze sehen zu können, ob irgendwo Geld raus rinnt, das nicht unbedingt raus rinnen muss.
    Das andere ist die Erhöhung der Eigenmittelaufbringung.
    Die Erhöhung der Eigenmittelaufbringung
    wäre eben zu erzielen, wenn es zusätzliche Betätigungsfelder des Unternehmens gibt, im Bereich der Vermarktung zum Beispiel.
    Was aber keineswegs geplant ist, ist jetzt das Einsparen um jeden Preis.
    Es sollte eher einen gezielteren Einsatz von Mitteln geben.
    Das heißt, in dem Bereich, wo die Vereinigten Bühnen
    im weitesten Sinn kommerzielles Produzieren, dort sollte eigentlich die Möglichkeit einer weitgehenden Kostendeckung geschaffen werden, um die Mittel, die als Subvention zur Verfügung stehen, dann dort einzusetzen, wo diese Kostendeckung durch den Markt nicht erzielbar ist, dort aber dann durchaus opulenter produziert werden kann.
    Also kein lineares Einsparen.
    Nun hat man immer gesagt, auch bei WEG etwas kostendeckenderes als ein Musical, das, glaube ich, mehr als sieben Jahre gelaufen ist, wie Cats, kann es eigentlich nicht geben.
    Trotzdem mussten dem Theater an der Wien Millionenbeträge zugeschossen werden.
    Jetzt muss man sich im Detail anschauen, wie die Kostenstrukturen sind, also welche Kosten sind zum Beispiel Fixkosten, die nicht davon abhängen, ob CATS oder Phantom oder was immer produziert wird, und welche variablen Kosten durch welche Art von Produktion erzeugt werden.
    Und ich glaube, dann kann man eine Auskunft geben, was wird, solange man bestimmte
    Arbeitsverfassungsgesetze einhalten muss, bestimmte Sozialleistungen einhalten muss, was man ja auch will, unvermeidbar sein.
    Und wo kann es die Entscheidung geben zwischen, das leiste ich mir und das ist nicht unbedingt notwendig, weil das der freie Markt ohnehin anbietet.
    Würden Sie, wenn Sie könnten, wie Sie gern wollten, ein bisschen da die Arbeitsverfassung zurückstutzen wollen, würden Sie gern der Leistungsgesellschaft im Kunstbereich mehr Geltung verschaffen?
    Nein, ich glaube, dass es gut wäre, wenn man einen direkteren Bezug zum auch wirtschaftlichen Erfolg herstellen kann.
    Das heißt, dass wenn es gelingt,
    auch unter den Arbeitsbedingungen, wie sie in einem jeweiligen Unternehmen gegeben sind, wirtschaftlichen Erfolg herbeizuführen, dass dann die Mitarbeiter auch etwas davon haben sollen.
    Ich zitiere jetzt aus dem Papier, das bei der Pressekonferenz anlässlich Ihrer Präsentation vorgelegt wurde, Förderung der Stoffentwicklung auf breiterer Basis, sowohl eigene nationale Entwicklung wie auch internationale Kooperationen.
    Fast genau das hat ja auch Peter Weck angekündigt und zum Teil auch versucht.
    Wieso glauben Sie, Sie werden da mehr Erfolg haben als er?
    Also ich gehe jetzt gar nicht in den Vergleich und sage,
    mehr oder weniger, sondern ich glaube, dass das eine Aufgabe für uns ist, mit dafür zu sorgen, dass Stoffe entwickelt werden.
    Und ich könnte mir vorstellen, dass wenn man die Voraussetzungen schafft, dass junge Leute, die noch keinen Namen haben, die noch nicht etabliert sind, die noch nicht den vermeintlichen Erfolg garantieren,
    wenn man denen die Möglichkeit gibt, eine gewisse Zeit an ihren Ideen, an ihren Arbeiten zu feilen, dass wir unter Umständen erstaunliche Ergebnisse bekommen.
    Und ich könnte mir vorstellen, dass an dem auch andere Partner interessiert sind.
    Also ich kann mir vorstellen, dass jemand wie Rundfunkanstalten, Verlage ebenso interessiert sind, denn wir kämpfen alle mit dem gleichen Problem.
    Es gibt zu wenig Autoren.
    Und wenn wir da weiterkommen, indem wir einen Teil des Budgets dazu verwenden, dass diese jungen Leute die Möglichkeit erhalten, eine gewisse Zeit an etwas zu arbeiten, dann glaube ich, können wir einen Schritt weiterkommen.
    International glaube ich, dass wir bei der Entwicklungsarbeit, wenn wir in andere Märkte exportieren wollen, bereits im Vorproduktionsstadium versuchen müssen, die Nachverwertungspartner zu finden.
    War das aber nicht ein bisschen das Rezept der bisherigen Führung der Vereinigten Bühnen?
    Man hat Erfolge eingekauft in Produktionen, die durchaus vergleichbar auch weltweit anderswo angeboten wurden.
    Hat man ein bisschen diese Talentsuche vernachlässigt in den letzten Jahren?
    Also ich glaube nicht, dass so große Bühnen wie die Häuser der Vereinigten Bühnen ohne den Einkauf von internationalen Produktionen insgesamt auskommen.
    Ich glaube auch, dass man diese Stoffförderung, diese Entwicklung nicht unbedingt jetzt zwangsläufig schon verbinden muss mit einer Umsetzung an einer dieser beiden Bühnen.
    Es kann durchaus sein, dass das etwas ist, was dann an einer
    Off-Broadway-Bühne, eine Off-Bühne basiert und ich würde mir das auch wünschen, dass wir das in irgendeiner Form realisieren können, sei es indem wir mit einer kleineren Bühne in Wien zusammenarbeiten, sei es indem wir mit Sponsoren sogar eine eigene Einrichtung schaffen.
    Das Imperium Clausnitzer beginnt sich schon ein bisschen zu vergrößern.
    Nein, also das hat ja nichts mit Imperium zu tun, denn, das wissen wir alle, mit so einer Off-Bühne können Sie überhaupt kein Geld verdienen.
    Aber was Sie machen können, ist ein kreatives Biotop zu schaffen.
    Und das wäre schon wichtig, denn wo ich eine große Chance, nicht nur für die Vereinigten Bühnen, insgesamt für Österreich ist, so ein bisschen das Softwarezentrum des deutschsprachigen Raumes zu werden.
    Und das waren wir ja einmal.
    Und ich glaube, mit dieser umweltverträglichen Industrie hätten wir eine große Chance.
    Und dieser deutschsprachige Markt ist ja wirklich interessant.
    Mittlerweile drängen die Amerikaner stark in diesem Markt, weil sie entdeckt haben, dass es erstens einmal 100 Millionen Menschen sind,
    dass aber zweitens einmal die 100 Millionen auf viel engerem Raum leben als irgendwo anders.
    Das heißt, dass die Verbreitung in diesem Raum günstiger ist als in großen Räumen, wo einfach die Verbreitungskosten viel höher sind.
    Also da sehe ich schon eine Chance von Österreich und im speziellen Wien und die sollten wir in den nächsten Jahren nützen.
    Herr Klausnitzer, Ihre Person haftet, ich darf das ganz wertfrei sagen, ein bisschen das Image des Quicken-Jappis an.
    Sie gelten als smarter Erfolgstyp, der von einem Job zum anderen sich weiter bewegt.
    Hat Sie das je gestört?
    Sicher stört einen das, weil man sich selber anders sieht und weil man immer nachdenkt, warum kommt dann ein Journalist zum Beispiel zu einer solchen Wertung.
    Ich habe in fast 25 Berufsjahren insgesamt drei verschiedene Arbeitgeber gehabt.
    Ich empfinde das nicht als Jobhoppen.
    Bei mir war es halt immer auch etwas spektakulär.
    Erstens, weil ich durch meine Moderationstätigkeit bei Ö3 halt eine Person des öffentlichen Interesses war.
    mehr bemerkt wurde, wenn ich eine neue Funktion übernommen habe.
    Ich habe die Funktionen auch immer danach beurteilt, ob sie für mich eine Weiterentwicklung sind.
    Entschuldigen Sie, was war das Gemeinsame all dieser Funktionen?
    Das Gemeinsame war eigentlich, dass es immer mediale Tätigkeiten waren.
    Ich habe mit der Frage vorhin mehr gemeint, was war das gemeinsame Movens all dieser Tätigkeiten?
    Reizt sie
    Menschen zu beeinflussen, reizte das Prinzip der großen Zahl, gemeint mögliche Adressaten ihrer Tätigkeit?
    Also das, glaube ich, wechselt doch immer wieder im Laufe der Zeit.
    Eine Zeit lang war es sicher die Faszination der großen Zahl und des großen Marktes.
    Es ist sicher für jemand, der in Österreich beginnt und die Möglichkeiten und die Mittel in Österreich kennt, faszinierend plötzlich in einem Markt zu sein, wo alles mit mal zehn multipliziert wird und wo für Produktionen und Dinge plötzlich viel mehr zur Verfügung steht.
    Das ist, glaube ich, auch ein Grund, warum so viele Österreicher in größeren Märkten auch erfolgreich sind, weil sie gelernt haben,
    eigentlich mit meistens bescheideneren Mitteln letztlich ein ähnliches Resultat zu erzielen, weil man halt die Produktion einer Sendung, einer Zeitung, vieler anderen Dinge, kostet in Österreich genauso viel wie in einem anderen größeren Markt.
    Nur im anderen Markt ist die Rückverdienbarkeit wesentlich größer.
    Als Sie noch bei Ö3 waren, hatten Sie den Spitznamen Rudi Rastlos.
    Wird Rudi Rastlos jetzt als Chef der Vereinigten Bühnen zur Ruhe kommen?
    Werden Sie alle fünf Jahre durchdienen?
    Also ich habe vor, nicht nur die fünf Jahre durchzudienen.
    Und wenn es uns gelingt, das Unternehmen auch auszubauen, dann wird es ja immer wieder Möglichkeiten geben, sich auch mit neuen Dingen zu beschäftigen.
    dass ich grundsätzlich vom Charakter her, von der Disposition her, wenn man so will, rastlos bin und nicht zum Augenblicke sage, verweile, du bist so schön.
    Das ist klar.
    Ich bin neugierig, ich bin zukunftsorientiert und daher sicher nicht geruhsam.
    Alles Gute für Ihre Tätigkeit.
    Danke für das Gespräch.
    Rudi Klausnitzer, designierter Intendant der Vereinigten Bühnen Wien, war heute bei Hans Langsteiner im Journal zu Gast.
    Und was noch bleibt im Mittagsschonal ist Zeit für die Nachrichten.
    Österreich.
    Der Flüchtlingszug, der lange an der kroatisch-slowenischen Grenze aufgehalten worden war, ist am Vormittag in Österreich eingetroffen.
    Nach jüngsten Berichten aus Graz befanden sich 824 Personen, vor allem Frauen, Kinder und alte Menschen in dem Zug.
    Sie werden in der Steiermark, in Kärnten, im Flüchtlingslager Dreiskirchen und in Wien untergebracht.
    Beim Grenzaufenthalt zwangen kroatische Sicherheitskräfte die wehrfähigen Männer, in die bosnischen Kampfgebiete zurückzukehren.
    Caritas Mitarbeiter Peter Quendler meinte, Österreich habe mit der Aufnahme der Menschen ein Zeichen gesetzt.
    Es müsse für ganz Europa gelten, die Grenzen zu öffnen.
    Im kroatischen Grenzgebiet befinden sich nach wie vor tausende Flüchtlinge.
    Ein Zug soll spätestens am Abend nach Italien reisen, ein dritter Zug steht vor der slowenischen Grenze.
    Die Regierungschefs der Zentraleuropäischen Initiative beraten heute in Wien über den Flüchtlingsstrom aus den Krisengebieten des früheren Jugoslawien.
    Dieser Initiative gehören Österreich, Italien, Polen, die Tschechoslowakei und Ungarn an.
    Zu Beginn der heutigen Beratungen ist der offizielle Beitritt Sloweniens und Kroatiens vollzogen worden.
    Auch Bosnien-Herzegowina wurde als Mitglied aufgenommen.
    Bundeskanzler Franitzki eröffnete die Sitzung mit einem Appell an die anderen europäischen Staaten, ihre Grenzen zu öffnen und bei der Lösung des Flüchtlingsproblems mitzuhelfen.
    In einem Interview im Mittagsschonal sagte Franitzki, es sei außerdem eine Deklaration zu Bosnia-Herzegowina verabschiedet worden.
    Darin werden die Kampfhandlungen verurteilt.
    Ferner wird festgehalten, dass die Sanktionen gegen Serbien verstärkt und die internationalen Bemühungen vergrößert werden müssten, um das Flüchtlingselend zu lindern.
    Serbien vereint Nationen.
    Der britische Außenminister Hörth setzt seine Vermittlungsreise im früheren Jugoslawien fort.
    Nach seinem gestrigen Besuch in Sarajevo traf er heute in Belgrad mit dem jugoslawischen Ministerpräsidenten Panić zusammen.
    Hörth will bei seinen Gesprächen deutlich machen, dass eine Aufteilung Bosnien-Herzegowinas nicht hingenommen werden könne.
    Der UNO-Sicherheitsrat versucht unterdessen, die gestern vereinbarte Waffenruhe für Bosnien zu unterstützen.
    Die Feuerpause soll morgen um 18 Uhr beginnen und vorerst zwei Wochen lang dauern.
    Moldawien.
    Im Dniester-Gebiet wird wieder gekämpft.
    Bei Gefechten zwischen moldawischen Sicherheitskräften und russischen Separatisten sind in der Nacht mindestens sieben Menschen ums Leben gekommen.
    Anlass für die neulichen Kämpfe war offenbar ein Angriff der russischen Nationalisten auf eine Polizeistation.
    Den Angriff soll eine Gruppe von etwa 200 Freischärlern ausgeführt haben, die sich nicht an die vor zehn Tagen vereinbarte Waffenruhe hält.
    Großbritannien.
    Die Labour-Party erhält heute einen neuen Vorsitzenden.
    Etwa 1.500 Delegierte bestimmen auf einem außerordentlichen Parteikongress in London einen Nachfolger für den zurückgetretenen Parteichef Neil Kinnock.
    Zur Wahl steht der 53-jährige Schotte John Smith.
    Für den Posten des stellvertretenden Parteivorsitzenden ist erstmals in der Geschichte der Labour-Party eine Frau vorgesehen, die 49-jährige Margaret Beckett.
    Österreich, Iran.
    Außenminister Mock ist zu einem zweiten gegenoffiziellen Besuch in den Iran abgereist.
    Im Mittelpunkt der Gespräche stehen Probleme des Nahen Ostens, die neuen Entwicklungen in den Zentralasiatischen Republiken und Fragen der Zusammenarbeit zwischen Wien und Teheran.
    Mock hat sich zuletzt im Februar 1991 am Höhepunkt des Golfkrieges im Iran aufgehalten.
    Japan.
    Ein starkes Erdbeben im Pazifik hat den Norden Japans erschüttert.
    Seismologen geben die Stärke mit 7,0 auf der Richterskala an.
    Bericht über Verletzte oder Schäden gibt es derzeit nicht.
    Für die Küsten der Hauptinseln Honshu und Hokkaido wurde eine Flutwarnung herausgegeben, da es durch das Beben zu einer Flutwelle kommen könnte.
    Und jetzt noch ein Blick auf das Wetter heute Samstag.
    Auch am Nachmittag wechselhaft und einige Regenschauer, vor allem an der Alpen-Nordseite.
    Die Temperaturen liegen zwischen 24 und 28 Grad.
    Die Aussichten für morgen Sonntag.
    Es wird meist sonnig und sehr warm, allerdings ziehen einige hohe Wolkenfälle durch.
    Frühtemperaturen 13 bis 18, Höchstwerte 25 bis 30 Grad.
    Und mit diesen hochsommerlichen Wochenendwetter-Aussichten geht das Mittagsjournal zu Ende.
    Im Namen aller Mitarbeiter verabschiedet sich Christel Reis noch einen schönen Nachmittag, schönes Wochenende.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Der Flüchtlingszug von der kroatisch-slowenischen Grenze ist in Österreich
    Einblendung: Bosnische Flüchtlinge, Caritas-Mitarbeiter Peter Quendler. Flüchtlinge waren tagelang im Zug unterwegs, in dem katastrophale hygienische Bedingungen geherrscht haben. Die Flüchtlinge berichten über "ethnische Säuberungen", Vertreibungen und Morde an Zivilisten durch serbische Cetnik-Einheiten.
    Mitwirkende: Plank, Astrid [Gestaltung] , Anonym, bosnischer Flüchtling, bosnische Flüchtlinge [Interviewte/r] , Quendler, Peter [Interviewte/r]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Ort: Graz
    Schlagworte: Politik ; Medizin ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Es stehen noch weitere Flüchtlingszug an der Grenze
    Noch zwei Züge warten im slowenisch-kroatischen Grenzgebiet, es fehlt an allem. Kroatische Milizen haben Kordon um Bahnhöfe gezogen. Männer befürchten, wieder an die Front geschickt zu werden. Zudem häufen sich Klagen der Flüchtlinge über ihre Behandlung durch die kroatische Polizei.
    Mitwirkende: Roth, Gerhard [Gestaltung]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Ort: Graz
    Schlagworte: Politik ; Medizin ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Die Zentraleuropäische Initiative berät den Jugoslawien-Flüchtlingsstrom. Appell an EU, Flüchtlinge aufzunehmen
    Interview: Vranitzky
    Mitwirkende: Erdelitsch, Walter [Gestaltung] , Vranitzky, Franz [Interviewte/r]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Medizin ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Gespräch mit der neuen polnischen Ministerpräsidentin Hanna Suchocka
    Interview: Hanna Suchocka
    Mitwirkende: Ripper, Konstanze [Gestaltung] , Suchocka, Hanna [Interviewte/r]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Analyse der Slowakei-Unabhängigkeit nach Havel Rücktritt
    Slowaken feiern Geburt ihrer souveränen Nation
    Mitwirkende: Coudenhove-Kalergi, Barbara [Gestaltung]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Was soll mit den Rücklagen der Wohnbaugesellschaften geschehen?
    Einblendung: Lacina
    Mitwirkende: Dittlbacher, Fritz [Gestaltung] , Lacina, Ferdinand [Interviewte/r]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Labour-Party: John Smith folgt Neil Kinnock
    Mitwirkende: Fuchs, Brigitte [Gestaltung]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wahlen in Vietnam
    Erstmals dürfen im kommunistischen Vietnam 11 unabhängige Kandidaten antreten, in Wahrheit ist der Wahlkampf jedoch gleichgeschaltet. Bereits sechs haben ihre Kandidatur zurückgezogen, der Rest wurde von der kommunistischen Führung als der Kandidatur "unwürdig" befunden.
    Mitwirkende: Sattelberger, Christian [Gestaltung]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Ort: Saigon
    Schlagworte: Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Rudi Klausnitzer
    Interview: Rudi Klausnitzer
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung]
    Datum: 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Kultur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1992.07.18
    Spieldauer 00:57:51
    Mitwirkende Reiss, Christl [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1992.07.18 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-920718_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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