Mittagsjournal 1993.06.21

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Das war's für heute.
    Guten Tag beim Mittag-Journal am ersten Sommertag 93, heute mit Manfred Kronsteiner und den folgenden Hauptthemen.
    Sieben Tote nach Bombenexplosionen in Madrid.
    Zwischenbilanz der UN-Menschenrechtskonferenz in Wien.
    Angebot Boutros Galis vor dem deutschen Höchstgericht in der Verhandlung über den Somalia-Einsatz der Bundeswehr auszusagen.
    Israels Innenminister unter Korruptionsanklage.
    Aspekte einer Verländerung des Wohnrechts als Österreich-Thema.
    All das und mehr nach einer Kompaktinformation in Nachrichtenform, in Meldungen von Hans Christian Scheidt, vorgetragen von Sibylle Norden.
    Spanien.
    Bombenterror in Madrid.
    Im Stadtzentrum explodierten heute früh hintereinander zwei Bomben.
    Bei der ersten Explosion starben sieben Menschen, weitere 15 Personen wurden verletzt.
    Nur wenig später detonierte ein zweiter Sprengsatz in unmittelbarer Nähe der amerikanischen Botschaft.
    Dabei gab es zwei Verletzte.
    Die Polizei vermutet, dass hinter den Anschlägen die baskische Terrororganisation ETA stehen könnte.
    Dänemark.
    In Kopenhagen hat am Vormittag das zweitägige EEG-Gipfeltreffen begonnen.
    Hauptthemen der Konferenz sind der Krieg im früheren Jugoslawien und die Wirtschaftskrise in Europa.
    Nach verschiedenen Äußerungen von EEG-Außenministern will sich die Gemeinschaft um die staatliche Einheit Bosniens bemühen.
    Zuletzt haben sich Kroaten und Serben für eine Teilung Bosniens in drei lose verbundene Staaten ausgesprochen.
    Der EG-Vermittler für das frühere Jugoslawien Lord Owen sagt in Kopenhagen, man müsse jetzt in Verhandlungen ein Maximum an Gebieten für die Moslems zurückgewinnen.
    Auf jeden Fall müssten die verfeindeten Volksgruppen zurück an den Verhandlungstisch.
    Nach Kopenhagen kommt heute auch der bosnische Präsident Izet Begovic.
    Er wird am Rande des EG-Gipfeltreffens von der sogenannten EG-Troika empfangen.
    Das sind die Außenminister Dänemarks, Großbritanniens und Belgiens.
    Bosnien-Herzegowina.
    Teils schwere Kämpfe kennzeichnen weiter die Lage in Bosnien.
    An den jüngsten seit Freitag geltenden Waffenstillstand halten sich die Kriegsparteien nicht.
    Vor allem in Zentralbosnien bekämpfen sich die früheren Verbündeten Moslems und Kroaten.
    Nach Berichten von Radio Sarajevo wurden wieder zahlreiche Menschen getötet.
    Neulich haben Serben einen Hilfskonvoi für Gorazde aufgehalten.
    Die Serben argumentierten, die Fahrt sei ihnen nicht im Voraus angekündigt worden.
    Die aus Belgrad kommenden Lastwagen mit etwa 80 Tonnen Lebensmitteln und Medikamenten hätten heute in der belagerten Stadt eintreffen sollen.
    Hilfe für Gorazde kam heute Nacht jedoch wieder auf dem Luftweg.
    Westliche Transportmaschinen warfen Hilfsgüter ab.
    Italien.
    Bei der zweiten Runde der Kommunalwahlen haben sowohl die ehemaligen Kommunisten als auch die Protestbewegung Liga Nord Erfolge erzielen können.
    Nach jüngsten Ergebnissen gewannen die Kommunisten in sechs von sieben Großstädten den Bürgermeistersessel.
    In Mailand hat sich der Kandidat der Liga Nord durchgesetzt.
    Der Vorsitzende der Liga Nord, Umberto Bossi, bezeichnete den Erfolg in Mailand wörtlich als eine Befreiung von den Politikern aus Rom.
    Russland, Schweden.
    Das russische Militär soll in drei Manövern seit April die Besetzung der baltischen Staaten geübt haben.
    Der schwedische Verteidigungsminister Björk sagte in einem Interview, solche Vorgänge irritierten ganz Europa.
    Der estnische Verteidigungsminister Ribas erklärte, die Russen hätten auf Proteste mit der Feststellung reagiert, dass die Manöver von langer Hand geplant gewesen seien und kein Grund zur Beunruhigung vorliege.
    Man lebe unter ständiger Provokation durch die Russen, ergänzte der Minister.
    Österreich Die Proteste gegen den Diözesanbischof von St.
    Pölten, Kurt Krenn, halten an.
    Gestern Abend haben in St.
    Pölten etwa 8000 Menschen gegen Krenn demonstriert.
    Der aus Protest gegen Krenn zurückgetretene Dompfarrer Opolzer warf dem Bischof Selbstherrlichkeit vor.
    Der Paudorfer Pfarrer Udo Fischer forderte Krenn zum Rücktritt auf.
    Am Rande der Kundgebung versammelten sich auch Anhänger des Bischofs.
    Etwa 50 Personen verlangten dessen Verbleib im Amt.
    Der Bischof selbst hielt sich gestern nicht in St.
    Pölten auf.
    Das jüngste Geiseltrama in Niederösterreich hat ein Todesopfer gefordert.
    Im Krankenhaus ist nun jener Mann gestorben, den der Amokläufer mit einer Pumpgun angeschossen hatte.
    Ein 51-jähriger St.
    Pöltner hatte der Polizei in der Nacht von Freitag auf Samstag eine abenteuerliche Verfolgungsjagd geliefert.
    Zwei Autofahrer wurden von ihm hintereinander als Geiseln genommen.
    Schließlich fuhr er zum Haus seines Schwagers und schoss diesen an.
    Seit einer Stunde haben wir offiziell Sommer und ob sich das Wetter an den letztlich fiktiven Beginn der heißen Jahreszeit hält, erklärt Jörg Stibor.
    Nein, eine längere sommerliche Periode ist nicht in Sicht.
    Vorübergehend wird es zwar wärmer, am Mittwoch können die Temperaturen in Ostösterreich auf knapp 30 Grad steigen, von Westen her erreicht uns dann aber eine Kaltfront und ab Donnerstag wird es in ganz Österreich regnerisch und kühl.
    So zumindest zeigen es unsere Prognosenkarten.
    Die aktuellen Meldungen.
    Wien wolkig 21 Grad, Eisenstadt bedeckt 19, St.
    Pölten wolkig 22, Linz heiter 21 Grad, Ostwien 25 Kilometer pro Stunde, Salzburg wolkig 22, Innsbruck stark bewölkt 22, Bregenz bedeckt 18, Graz und Klagenfurt stark bewölkt 20 Grad.
    Die Wolken werden jetzt von Westen her dichter, es bilden sich immer wieder Regenschauer und Gewitter.
    In Vorarlberg regnet es bereits, demnächst erreichen die Regenschauer auch Tirol, Salzburg und Oberösterreich.
    Im Laufe des Nachmittags muss man überall damit rechnen.
    Die Temperaturen steigen auf 20 bis 25 Grad.
    Morgen Dienstag halten sich in der Früh wieder Wolkenreste der nächtlichen Gewitter, im Laufe des Vormittags setzt sich meist die Sonne durch.
    Am längsten scheint sie morgen von Oberösterreich bis ins Burgenland, hier kommt es am Nachmittag auch nur vereinzelt zu Regenschauern.
    Häufig werden Regenschau und Gewitter hingegen auch morgen wieder im Westen und Süden sein.
    Die Frühtemperaturen liegen zwischen 11 und 17 Grad, die Höchstwerte zwischen 22 und 26, eventuell auch 27 Grad.
    In 2000 Meter Höhe erreichen die Werte 11 Grad.
    Am Mittwoch ist es zunächst noch zum Teil sonnig und heiß, es weht lebhafter Wind, an der Nordseite der Alpen wird es föhnig.
    Am Nachmittag bilden sich aber Regenschauer und Gewitter, die zum Teil heftig sein können.
    Sieben nach zwölf ist es jetzt und wir kommen zu den detaillierten Berichten.
    Mit zwei Bombenexplosionen ist heute in Madrid der Terror wieder aufgeflammt.
    Sieben Menschen wurden getötet, zahlreiche Passanten verletzt.
    Die Bombenattentäter werden in den Reihen der baskischen Separatistenorganisation ETA vermutet.
    Hintergrund der neuesten Terroraktionen dürften innerbaskische Auseinandersetzungen sein.
    Seit vor zwei Wochen baskische Nationalisten bei den spanischen Wahlen Mandatserfolge erzielen konnten, werden sie von den Sozialisten für eine Regierungskoalition umworben.
    Was der ETA ein Dorn im Auge ist, sind die Nationalisten doch ausgesprochene Terrorgegner aus Madrid Josef Manola.
    Mit zwei Autobomben, die heute Vormittag im Zentrum der spanischen Hauptstadt sieben Menschen lebten und mindestens 15 Verletzte forderten, hat die baskische Terrororganisation ETA auf brutale Weise wieder auf sich aufmerksam gemacht.
    Es war um Viertel neun, als ein klein Bus mit Soldaten in einer belebten Straße des Bezirks Salamanca das Ziel des ersten Attentats wurde.
    Eine in einem abgestellten Fahrzeug versteckte Sprengladung wurde aus sicherer Entfernung gezündet.
    Fünf Militär, sei die Insassen des Autobusses, wurden durch die Wucht der Explosion auf der Stelle getötet.
    Zwei Zivilisten, die in diesem Augenblick mit ihrem Auto auf dem Weg zur Arbeit waren, wurden ebenfalls Opfer der Explosion.
    Eine junge Passantin, die wenige Augenblicke später zufällig am Schauplatz des Anschlags eintraf, beschreibt eine apokalyptische Szene.
    Ein noch brennendes Fahrzeug mit zwei verkohlten Leichen, wenige Meter weiter ein von der Explosion verstümmelter Körper.
    Knapp eine Stunde später kam es zu einer zweiten Explosion.
    In kaum einem Kilometer Entfernung und in unmittelbarer Nachbarschaft der US-Botschaft detonierte wieder ein Springkörper in einem geparkten Fahrzeug.
    Drei Menschen wurden schwer verletzt, einer schwebte in Lebensgefahr.
    Ein Trafikant, dessen Kiosk völlig zerstört wurde, berichtete von einer gewaltigen Druckwelle, die ihm die Kleider vom Leib riss.
    Die beiden Attentate von heute Vormittag haben in Madrid zu einem Verkehrschaos geführt.
    In einer vorbereiteten Polizeiaktion wurden alle Ausfallstraßen gesperrt.
    Obwohl es noch keinen Bekenneranruf gibt, ist sicher, dass die Anschläge das Werk der baskischen Terrororganisation ETA sind.
    Erst am Freitag der vergangenen Woche wurden zwei führende ETA-Mitglieder in Paris zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
    Obwohl es auch in den letzten Monaten noch vereinzelt zu Pistolenattentaten gekommen war, hatte die Aktivität der Terroristen zuletzt deutlich nachgelassen.
    Das Ende des blutigen ETA-Terrors, von manchen schon vorhergesagt, ist nach den beiden Bombenattentaten mit vorerst sieben Toten wieder in weite Ferne gerückt.
    Josef Manola über den Bombenterror in Madrid.
    Ein überraschender Brief ist in Bonn auf den Tisch des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl geflattert.
    Der Absender, Boutros Boutros Ghali, Generalsekretär der Vereinten Nationen.
    Der Inhalt, Boutros Ghalis Angebot bei der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe über den Somalia-Einsatz der Bundeswehr zu erscheinen und sein höchstpersönliches Gewicht in die Waagschale Frau Justitias zu werfen.
    Die Verhandlung in Karlsruhe morgen und Mittwoch soll über den SPD-Antrag, den Somalia-Einsatz der Bundeswehr zu stoppen, entscheiden.
    Bettina Reuter berichtet über die deutsche Somaliakontroverse.
    Für ein Fernsehmagazin gingen vor einigen Wochen Bundeswehrsoldaten durch Köln.
    Immer schön zu zweit traten sie auf die Passanten zu und streckten ihnen die rechte Hand entgegen mit den Worten, auf Wiedersehen, wir gehen jetzt nach Somalia.
    Einige der Angesprochenen reagierten verwirrt, die meisten aber wünschten den Soldaten ganz ernsthaft viel Spaß.
    Nur mit dem Spaß könnte es für viele ein Ende haben, bevor er begonnen hat.
    Denn von den geplanten 1700 Soldaten des Hauptkontingents ist noch kein Mann in Somalia, die rund 250 Soldaten des Vorauskommandos sollen, wenn es nach der SPD und ihrer Verfassungsklage geht, schnellstens wieder zurück in die Heimat beordert werden.
    Denn der von Anfang an umstrittene UNO-Einsatz am Horn von Afrika ist nach Ansicht der Sozialdemokraten verfassungswidrig und er gefährde Leib und Leben der Soldaten.
    Die SPD will erreichen, dass die Verfassungsrichter in Karlsruhe, die von manchen auch schon die Nebenregierung genannt werden, bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Zulässigkeit des Einsatzes den Regierungsbeschluss aussetzen und das Vorauskommando aus Somalia zurückholen lassen.
    Den Ausschlag dafür gab der Tod der 23 pakistanischen UNO-Soldaten vor zwei Wochen und die Kämpfe in der Hauptstadt Mogadischu, die sich daran anschlossen.
    Dann nämlich, wenn sich die Leute von General Aydit ins Landesinnere zurückziehen sollten.
    Verteidigungsminister Volker Rühe von der CDU hält dem entgegen, dass Belletouenne von der UNO eindeutig als befriedetes Gebiet ausgewiesen sei und einem Einsatz der Deutschen daher nichts im Wege stehe.
    Und Kanzler Kohl befürchtet katastrophale Auswirkungen für das weltweite Ansehen Deutschlands, sollten Engagement und Einsatz der Bundeswehr
    in Zweifel gezogen oder gar abgedreht werden.
    Als absolutes Novum hat sich sogar UNO-Generalsekretär Butros Ghali angeboten, bei der Verhandlung des Verfassungsgerichts selbst zu erklären, wie notwendig die deutsche Beteiligung an der Somalia-Aktion sei.
    Der Verfassungsstreit als solcher dreht sich vor allem um die Frage, ob die Teilnahme an UNO-Einsätzen vom Grundgesetz gedeckt ist
    oder ob es vorher nicht einer Änderung der Verfassung bedarf.
    Die SPD meint, eine solche Neuregelung ist notwendig.
    Die CDU hingegen sieht in der geltenden Verfassung ausreichende Grundlagen für die Beteiligung an UNO-Einsätzen.
    Und Außenminister Kinkel trat vor kurzem mit einem Kompromissvorschlag an die Öffentlichkeit.
    Danach sollte man künftig Kampfeinsätze an eine Zweidrittelmehrheit binden.
    Das heißt nicht Zweidrittelmehrheit für Blauhelmeinsätze und friedenschaffende Maßnahmen, weil es aus meiner Sicht nicht praktikabel wäre, für jeden Blauhelmeinsatz noch so kleiner und einfacher Art jedes Mal im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit einzuholen.
    Das kann nicht richtig sein.
    Dort müssen wir mit Kanzlermehrheit im Bundestag entscheiden.
    Und was Kampfeinsätze anbelangt, wie gesagt, bisher das Angebot und der Vorschlag auch Kanzlermehrheit, aber wenn es nach mir ginge, könnte man da auf eine Zweidrittelmehrheit zusteuern.
    Dafür müsste ich allerdings auch erst noch in der FDP um absolute Zustimmung werben.
    Die Kanzlermehrheit ist natürlich die einfache Mehrheit.
    Doch der Verfassungsstreit ist eigentlich seit der SPD-Klage über die AWACS-Einsätze der Bundeswehr über den Luftraum von Bosnien schon anhängig.
    Damals hat das Gericht in der Sache nicht entschieden, sondern nur aufgrund des drohenden Verlusts für das außenpolitische Ansehen Deutschlands bestimmt, dass die Soldaten bis zum Urteil nicht abgezogen werden müssten.
    Ausschlaggebend dafür war auch, dass die Gefahr für die Soldaten als kaum vorhanden eingeschätzt wurde.
    In Somalia, so rechnen sich die Sozialdemokraten aus, kann dieses Argument nicht mehr so guten Gewissens herangezogen werden.
    Und deshalb hat man in der Regierung, wie es in schönem Politikerdeutsch heißt, den Abzug aus Somalia zumindest konkret angedacht, auch wenn man ihn nicht in Erwägung zieht.
    Von Bonn jetzt nach Kopenhagen zum heutigen EG-Gipfel.
    Ein wichtiges Thema dabei ist die zukünftige Politik gegenüber den Reformstaaten Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei.
    Es geht um das Schlagwort politische Öffnung.
    Die Osteuropäer vermuten aber, dass diese sogenannte neue Politik das Ziel verfolgen könnte, von konkreten Problemen abzulenken.
    Im Klartext, dass die Westeuropäer zwar von offenen Handelsgrenzen sprechen und auch entsprechende Abkommen schließen, wenn es aber konkret wird, darf der östliche Kostenvorteil durch billige Arbeitskraft dann nicht mehr gelten.
    Ein Bericht von Karl Stipsitz.
    Der große Gewinner des Umbruchs im Osten heißt Westeuropa.
    Ganz so wie es im westlich-liberalen Lehrbuch geschrieben steht, wollten Polen, Tschechen, Slowaken und Ungarn durch eine Öffnung der Märkte ihre Volkswirtschaften westlicher Konkurrenz aussetzen.
    Das sollte die eigene Industrie zu besserer Leistung anspornen.
    Das Ergebnis war, dass ganze Branchen hinweggefegt wurden.
    Im Vorjahr betrug der westliche Überschuss im Osthandel, die ehemalige Sowjetunion ausgenommen, umgerechnet 34 Milliarden Schilling.
    Während in den riesigen Handelströmen Westeuropas dieser Betrag eher geringfügig ist, spielen die westlichen Märkte für die Reformstaaten die entscheidende Rolle.
    Der Export ist die Hauptstütze des Wirtschaftswachstums.
    EG und EFTA kamen den Polen, der damaligen Tschechoslowakei und Ungarn durch die Gewährung von asymmetrischen Handelsverträgen entgegen.
    Das heißt, die Westeuropäer bauen ihre Zölle rascher ab als die noch schutzbedürftigen Oststaaten.
    Das hatte zunächst eine beispiellose Export-Offensive der Reformländer zur Folge.
    Die Einnahmen aus dem Export konnten die Volkswirtschaften in einer kritischen Umstellungsphase stabilisieren.
    Als Antwort darauf wurden die schönen Verträge durch die Einführung von Kontingenten systematisch ausgehöhlt.
    Die Konkurrenz durch billige tschechische Landmaschinen, polnische Eisenrohre, ungarische Fleischwaren, Düngemittel und Exilien, die Bereiche, in denen die Ostwirtschaften konkurrenzfähig sind, wurden vom Westen mit Quoten, Strafzöllen oder Einfuhrverboten belegt.
    Österreich, das trotz der verstärkten Konkurrenz für einige Branchen gesamtwirtschaftlich der Hauptnutznisser der Ostöffnung ist, wird von den Osteuropäern meist an erster Stelle genannt.
    Das hat sich bisher bei mehreren Ausschreibungen ausgewirkt, an denen österreichische Unternehmen mit einem Handicap teilnehmen.
    Seit Jahresbeginn ist allerdings der Westexport von Polen, Tschechen und Ungarn dramatisch zurückgegangen.
    Damit nimmt auch die Wahrscheinlichkeit ab, dass die Osteuropäer den Wandel aus eigener Kraft schaffen.
    Der Grund dafür sind die westeuropäische Rezession, aber auch die abnehmende Konkurrenzfähigkeit östlicher Produkte.
    Wo westliche Konsumenten schöne Verpackungen gewohnt sind, können Ostprodukte, auch wenn sie besser schmecken, nicht mithalten.
    Das fehlende Know-how und der Mangel an Sprach- sowie Marktkenntnissen sind Ursachen dafür, dass nicht alle von der EG gebotenen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden.
    Dazu kommen die Handelshemmnisse.
    Während der eigenen Landwirtschaft die staatlichen Unterstützungen fast zur Gänze entzogen wurden, stapeln sich in den Regalen der Supermärkte von Warschau, Prag und Budapest westliche und damit hoch subventionierte Lebensmittel.
    Die Folge?
    In Ungarn werden bereits Aufkleber mit dem Slogan Kauft ungarische Waren verteilt.
    Und jetzt nach Österreich.
    Morgen Nachmittag findet die nächste Verhandlungsrunde zum endlos Thema Mietrechtsreform statt.
    Die Gespräche waren Anfang Juni ohne Ergebnis abgebrochen worden, weil sich SPÖ und ÖVP nicht über strittige Fragen zum Thema Mietzinsbildung einigen konnten.
    Jetzt zeichnet sich allerdings eine Lösung ab.
    Welche?
    Das hat Hanno Setterle recherchiert.
    Über weite Teile des neuen Mietrechts sind sich Sozialisten und Volkspartei längst einig, gestritten wird aber noch immer über die Frage der Mietzinsbildung.
    Die SPÖ verlangte gesetzlich geregelte Obergrenzen bei den Zuschlägen zum jeweils im Bundesland gültigen Richtwert, was die ÖVP entschieden ablehnte.
    Nach jahrelangem Hin und Her zeichnet sich nun eine föderalistische Lösung des Problems ab.
    Die Bundesländer sollen selbst ihre Zuschläge zum Richtwert festlegen können.
    Ein Vorschlag, für den sich zuletzt Vizekanzler Busseck sowie Wiensbürgermeister Zilk erwärmen konnten.
    Der Chefverhandler der SPÖ, Eder, sprach sich heute ebenfalls für eine solche Regelung aus.
    Demnach sollen drei Bereiche in die Länderkompetenz übertragen werden.
    Die Frage der Zu- und Abschläge beim Mietzins, die Regelung befristeter Mietverträge sowie die Mietpreisbildung bei Eigenheimen.
    Die beiden letzten Punkte sind besonders für die westlichen Bundesländer von Bedeutung.
    Alles andere, wie etwa Strafsanktionen, Kündigungsschutz oder Nachfolgeregelungen, sollen weiterhin beim Bund bleiben.
    ÖVP-Chefverhandler Keimel hat die Hoffnung auf ein bundeseinheitliches Gesetz noch nicht aufgegeben.
    Seiner Meinung nach bringt die Verländerung wenig, die Probleme würden dadurch nur verneuenfacht.
    Außerdem befürchtet Keimel Verzögerungen, da in einigen Bundesländern Landtagswahlen anstehen.
    Wiens Wohnbaustadtrat Edlinger widerspricht.
    Er garantiere dafür, dass binnen drei Monaten ein unterschriftsreifes Wiener Mietrechtsgesetz auf dem Tisch liege, wenn die Kompetenzen übertragen werden, sagt Edlinger heute.
    Wie unterschiedlich die Länderinteressen sind, zeigt schon der Gültigkeitsbereich des Mietrechtsgesetzes.
    Es wird nämlich nur auf Wohnungen angewandt, die vor 1945 errichtet wurden.
    Das sind in Wien 60 Prozent der gesamten Bausubstanz, in Vorarlberg ganze drei Prozent.
    Dass sich solch unterschiedliche Interessen kaum unter einen Hut bringen lassen, darüber sind sich Eder und Keiml einig.
    Bleibt die Frage, warum dann überhaupt so lange darüber verhandelt wurde.
    Die sich nun abzeichnende Lösung ist nämlich nichts Neues.
    Die Länder haben genau diese Regelung bereits vor fünf Jahren vom Bund im Rahmen des Länderforderungsprogramms verlangt.
    Da gibt es also zur Zeit einiges, was die österreichischen Bundesländer da untereinander auszumachen haben.
    Mietrechtsfragen zum Beispiel, aber auch die Frage der Ländermineralölsteuer.
    Heute Nachmittag treffen sich in Wien die Finanzreferenten der Bundesländer mit dem Finanzminister Ferdinand Latsina.
    Das Thema, ein Länderzuschlag auf die Mineralölsteuer, um Projekte des öffentlichen Verkehrs zu finanzieren.
    Sollte ein solcher Zuschlag zustande kommen, so müssen sich die Länder über Höhe- und Aufteilungsschlüssel untereinander einig werden.
    Mehr von Herbert Hutter.
    Nicht ohne Ironie antwortete Finanzminister Ferdinand Laziena in einer Pressekonferenz einmal auf die Frage, ob und wann die Mineralölsteuer erhöht wird.
    Ich habe in das Einigungsvermögen der Bundesländer volles Vertrauen.
    Der Finanzminister hat es nämlich immer abgelehnt, von sich aus die Bundesmineralölsteuer zu erhöhen.
    Sein Argument?
    In Zeiten der Rezession ist jede Steuererhöhung abzulehnen.
    Und so hat er den Ball an die Länder weiter gespielt, ein entsprechendes Abkommen im Finanzausgleich unterschrieben und wartet nun, ob und wie sich die Länder einigen.
    Die Interessen der Bundesländer sind natürlich völlig unterschiedlich.
    Zunächst zur Gesetzeslage.
    Jede Steuer wird dort eingehoben, wo sich der Sitz der entsprechenden Firma befindet.
    Und beim Erdölmarkt ist das eben fast ausschließlich Wien, denn Wien ist Firmensitz nicht nur der ÖMV, sondern auch der Tochtergesellschaften der multinationalen Ölkonzerne.
    Auf das Wohlwollen der Wiener, wie die Milliarden dann aufzuteilen werden, wollen sich die anderen Länder natürlich nicht verlassen, auch wenn Wien versichert, die Nahverkehrsprobleme seien in der Bundeshauptstadt und in der näheren Umgebung am gravierendsten.
    Erscheint also der Firmensitz als Angepunkt für die Ländersteuer den übrigen Ländern als wenig akzeptabel, so wird nun auch der Bevölkerungsschlüssel für die Aufteilung ins Spiel gebracht.
    Hier allerdings haben die fremden Verkehrsländer vor allem im Westen Österreichs wesentlich mehr Verkehr zu verkraften, als ihrer Bevölkerung entspricht.
    Die unterschiedlichen Länderinteressen schlagen sich auch in den Forderungen nieder.
    Zwischen 40 Groschen und einem Schilling, so ist im Laufe der Monate immer wieder eine Forderung nach der anderen durchgedrungen.
    Dann ist noch die Frage offen, welche Treibstoffe wie hoch zusätzlich besteuert werden sollen.
    Die Bundesmineralölsteuer ist am höchsten bei Superbenzin, am wenigsten Steuer liegt auf Diesel.
    Und dann spielt natürlich der Preisvergleich mit Deutschland eine Rolle, denn der Tanktourismus soll ja unterbunden werden.
    Nun ist zum Beispiel Superbenzin in Deutschland an der Zapfsäule um einen Schilling teurer als bei uns, Eurosup und Normalbenzin um 25 und 33 Groschen, Diesel ist ungefähr gleich teuer.
    Grundsätzlicher Unterschied, die Steuerbelastung in Prozenten ist in Deutschland wesentlich höher, dafür bekommen die Ölfirmen weniger.
    Sollten sich nun die Länder heute doch einigen und die Treibstoffe verteuern, so ist noch die Frage zu klären, wann das der Fall sein soll.
    Vieles spricht für den 01.01.1994, denn dann tritt die zweite Etappe der Steuerreform in Kraft und die Länder und Gemeinden verlieren durch die Senkung der Einkommensteuer, auch wenn der Bund die weitaus höheren Einbußen hat.
    12.23 Uhr und nach Berichten über den Madrider Bombenterror, die deutsche Somaliakontroverse, die Problematik EG, Ostreformstaaten,
    Mietrechtsverländerung und Ländermineralölsteuer in Österreich nochmals zu internationalen Themen.
    In Israel ist eine innenpolitische Krise ausgebrochen.
    Der Innenminister und Chef der ultrareligiösen Schaßpartei Ari Deri ist von der Generalstaatsanwaltschaft wegen Schmiergeldannahme angeklagt worden.
    Deris ultra-religiöse Partei hat nach den Parlamentswahlen einen Koalitionsschwenk hin zu der von der Arbeiterpartei getragenen Regierung Rabin vollzogen.
    Ohne Deris Partei verliere die Regierung ihre knappe Parlamentsmehrheit.
    Details von Ben Segenreich.
    Über drei Jahre lang sind die polizeilichen Erhebungen gegen Innenminister Arie Deri gelaufen, aber jetzt ist die Anklageschrift doch fertig geworden.
    Israel hat seine nächste innenpolitische Krise und wegen der prekären Koalitionsverhältnisse ist eine solche Krise immer eine Gefahr für die Regierung und damit für die Nahost- und Friedenspolitik.
    Arie Deri, der einzige religiöse Minister der Regierung Rabin, ist eine der schillerndsten Figuren der politischen Szene in Israel.
    Erst kürzlich hat er Schlagzeilen gemacht, als er die Entfernung der linksgerichteten Shulamit Aloni aus dem Unterrichtsministerium verlangte und auch durchsetzte.
    Terry ist ganze 35 Jahre alt, er war erst 29, als er vor sechs Jahren sein Amt antrat, doch ihm haftet keineswegs das Image jugendlicher Naivität an, sondern er gilt als überaus geschickter Taktierer, der die großen Parteien am Zügel führt.
    Aber jetzt scheint Terry sich übernommen zu haben.
    Die Anklageschrift wirft ihm Annahme von Bestechungsgeldern, Betrug und Vertrauensbruch vor.
    Dabei sind andere Verdachtsmomente im Zusammenhang mit Geldwäscherei, Grundstücksmanipulationen und dem Erwerben einer Reihe von Wohnungen noch nicht berücksichtigt.
    Die Polizei hatte zu untersuchen begonnen, weil Deris Lebensstandard plötzlich auffällig gestiegen war.
    Zwei Jahre lang machte der Innenminister von seinem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern, was sie natürlich in ein sehr ungünstiges Licht setzte.
    Erst vor einem Jahr sah Derry ein, dass er mit der Verschleppungstaktik nicht durchkommen würde und seither begibt er sich Woche für Woche mehrmals aufs Polizeikommissariat zum Verhör.
    Doch Derry dachte nicht an Rücktritt.
    Er ist der einzige Minister des gegenwärtigen Kabinetts, der schon in der letzten Sekundregierung unter Shamir gedient hat.
    Und der jetzige Premier Rabin musste Derry trotz der peinlichen Untersuchung im Amt belassen, weil ohne dessen Schaftspartei keine stabile Koalition möglich ist.
    Deri musste allerdings schriftlich versprechen, dass er sich selbst suspendieren würde, wenn gegen ihn Anklage erhoben werden sollte.
    Nun ganz so weit ist es noch nicht, denn die Anklageschrift ist zwar fertig, doch es gibt noch einige formale Hindernisse.
    Deri könnte das Recht auf Anhörung durch den Generalstaatsanwalt in Anspruch nehmen und er müsste, damit es zu einem Prozess kommt, durch das Parlament ausgeliefert werden.
    Der Innenminister beteuert nach wie vor seine Unschuld, es handele sich um eine Verleumdung und Verschwörung.
    Wenigstens sei jetzt der Vorwurf entkräftet, dass er sich nur deswegen in die Regierung gesetzt habe, um die polizeiliche Untersuchung zu blockieren.
    Innerhalb der Schafspartei wurden schon Stimmen laut, die auf Solidarität mit Derry das Ausscheiden aus der Regierung fordern.
    Der Innenminister selbst sprach sich öffentlich für den Fortbestand der Koalition aus.
    Wenn aber die Führungsfigur Derry wirklich ausfallen sollte, dann wäre die Schafspartei als Koalitionspartner ein unsicherer Kantonist,
    Dann müsste sich Premier Yitzhak Rabin ernste Sorgen um die Durchführbarkeit seiner großen Pläne machen.
    von Israel nach Montenegro.
    Vor etwa 14 Tagen haben in Montenegro mehrere tausend Menschen erstmals für die Trennung der kleinen Bergrepublik von Serbien demonstriert.
    Bei der Kundgebung war auch von einem wachsenden Faschismus in Serbien die Rede.
    Die Demonstration war von der oppositionellen, liberalen Allianz Montenegros organisiert worden.
    Für deren Vorsitzenden Perovic gelte es, sich der Diktatur des serbischen Präsidenten Milosevic zu widersetzen.
    Das Land zeigt also Abspaltungswillen.
    Zu sehr leidet man unter dem internationalen Embargo.
    Pläne für die Zeit ohne den großen Bruder werden geschmiedet.
    Doch die Regierung in Belgrad will dabei noch ein Wörtchen mitzureden haben.
    Veronika Seyer war in Montenegro.
    Hier ihr Bericht.
    Auf den Straßen der Hauptstadt Podgorica patrouilliert viel Polizei.
    In den dunklen Kampfanzügen der Sondereinheiten, bewaffnet mit Pistolen oder automatischen Gewehren, am Gürtelbaumel Handschellen.
    Kampf der Kriminalität heißt die offizielle Erklärung.
    Aber aufgetaucht sind die Polizeipatroullen erst seit der serbische Radikalenchef Sesel einen bewaffneten Aufstand in Montenegro angekündigt hat, gegen die zerstörerischen und verräterischen Kräfte, wie er sagte.
    Diese Drohung zielt vor allem auf die liberale Partei ab, die mit ihrer Forderung nach Loslösung aus Westjugoslawien Zulauf hat.
    Zwei Faktoren haben den Selbstständigkeitsbestrebungen Auftrieb gegeben.
    der Kollaps der montenegrinischen Wirtschaft unter den Sanktionen und das Ungleichgewicht gegenüber Serbien bei politischen Entscheidungen.
    Die Opposition sieht die kleine Republik in einer tödlichen Umarmung mit Milosevic.
    Montenegro sei in eine Vasalenrolle gedrängt und dient Belgrad nur als Alibi für eine Bundesrepublik, meint Slavko Berovic von der liberalen Partei.
    Der Republikspräsident Momir Bulatovic bezeichnete das Verhältnis zu Serbien als geradezu ideal.
    Er bemüht sich um einen vorsichtigen Kurs der Eigenständigkeit, der die großserbischen Interessen nicht zu sehr provoziert.
    Vor allem möchte er beweisen, sagt Bulatovic, dass Montenegro in den bosnischen Konflikt absolut nicht verwickelt ist.
    Er sehe daher auch kein Hindernis für die Stationierung von Beobachtern an den Grenzen zu Bosnien.
    Die saubische und restjugoslawische Führung hatte diesen Vorschlag weit von sich gewiesen.
    Montenegro behauptet von sich auch, das Embargo gegenüber Bosnien-Herzegowina zu beachten.
    Außer Medikamenten und Lebensmitteln, von denen Montenegro selbst nicht genug hat, muss aller Warenverkehr über die Grenze von der Regierung genehmigt werden.
    Um den Druck der UNO-Sanktionen zu lockern, bemüht sich Montenegro um das sogenannte irakische Modell, erklärt Außenminister Lekic.
    Ausfuhrgenehmigungen und so viele Produkte, vor allem Aluminium, um die notwendigsten humanitären Güter für die nächsten Monate kaufen zu können.
    Denn Montenegro habe nicht einmal mehr so viel Geld, um die vom Embargo ausgenommen war, zu kaufen.
    Die zwei größten Einnahmequellen, der Handelshafen von Bar und der Tourismus an der Adria-Küste, sind durch die Sanktionen versiegt.
    Nur ein einziges Unternehmen in Montenegro ist nicht vom Embargo betroffen, die Bierbrauerei in Nikšić.
    Die Inflation beträgt pro Tag 10 Prozent.
    Ein Drittel der Montenegriner lebt von minimalen staatlichen Zuschüssen.
    Nach den Standards der Weltbank sind 80 Prozent der Bevölkerung unter die Armutsgrenze gerutscht.
    Lasst uns Montenegriner allein wirtschaften, sagt Slav Koperović von der liberalen Partei, während er unter der alten montenegrinischen Königsfahne sitzt.
    Und wir machen in fünf Jahren aus Montenegro ein Monte Carlo.
    Veronika Sayers' Bericht aus Montenegro.
    In Moskau gibt es seit kurzem eine Art neues Gesellschaftsspiel.
    Es lautet, wer bekommt mehr Rubel für seine Dollars.
    Da die Zahl der ausländischen Unternehmen ständig steigt, wird das Teilnehmerfeld auch immer größer.
    So werden Dollars bis zum nächsten Kursverfall gehortet, auch vergleicht man jeden Tag genau den Kurs, der bei den Banken gezahlt wird.
    Dieser liegt in der Regel um 100 Rubel höher als der offizielle Wechselkurs.
    Seit fast zwei Jahren versuchen nun Präsident Yeltsin und seine Regierung den Rubel zu stabilisieren und die Inflation unter Kontrolle zu bringen.
    Bisher ist dies hauptsächlich an zwei Punkten gescheitert, berichtet aus Moskau Susanne Scholl.
    Erstens, weil trotz aller gegenteiligen Behauptungen die Politik der billigen Kreditvergabe an konkursreife staatliche Großbetriebe nach wie vor gang und gäbe ist.
    Und zweitens,
    weil der Rubel auch in allen anderen ehemaligen Sowjetrepubliken, sieht man einmal von Estland ab, immer noch Hauptzahlungsmittel ist.
    Auch dort, wo man offiziell eigentlich schon eine eigene Währung eingeführt hatte, wie zum Beispiel in der Ukraine.
    Bisher hat Russland versucht, die einheitliche Rubelzone der ehemaligen Sowjetrepubliken aufrechtzuerhalten.
    In der Annahme, dass nur auf diese Weise die ohnehin chaotischen Wirtschaftsbeziehungen zwischen den früheren Ruwe-Republiken gerettet werden können.
    Jetzt allerdings beginnt Russland seine Politik in dieser Frage zu ändern.
    Vor wenigen Tagen wandte sich die russische Regierung zum Beispiel mit einem Ultimatum an Weißrussland.
    Entweder ihr tretet aus der Rubelzone aus oder ihr gleicht eure Währungspolitik voll und ganz der Ungaren an, lautete der Brief aus Moskau sinngemäß.
    Weißrussland ist eine jener Republiken, die einerseits eine Art Übergangswährung, sogenannte Coupons, eingeführt hat,
    den Hauptteil seiner Geschäfte andererseits aber immer noch in Rubel abwickelt.
    Die Moskauer Regierung ist jetzt, fast ist man versucht zu sagen endlich, zu dem Schluss gekommen, dass eine Währung kaum stabilisiert werden kann, die in 15 verschiedenen souveränen Staaten mit verschiedener Wirtschaftspolitik verwendet wird.
    Hinzu kommt offenbar auch in Russland die Überzeugung, dass die Gemeinschaft unabhängiger Staaten, GUS, eben doch nicht die Fortsetzung der Sowjetunion mit anderem Namen ist.
    und man daher nicht von einer einheitlichen Wirtschafts- und Währungspolitik ausgehen kann.
    Deshalb ist sinnvoller erscheint, die wirtschaftlichen Beziehungen unter den früheren Mitgliedern eines einzigen Staates mittels bilateraler Verträge zu regeln.
    Bestes Beispiel dafür, wie schwierig diese Beziehungen trotz GOS und verbaler Bereitschaft aller ihrer Mitglieder einen gemeinsamen Wirtschaftsraum zu bilden sind, ist das Problem der russischen Energielieferungen zum Beispiel an die Ukraine.
    Es geht um die Zahlungsmodalitäten, die in der Sowjetzeit nicht so genau gehandhabt wurden.
    Jetzt aber, da zwei unabhängige Staaten betroffen sind, drohen die einen, Russland in diesem Fall, mit dem Zudrehen des Öl- und Gashahnes, und die anderen, die Ukraine, mit der Nichterfüllung ihrer Zahlungsverpflichtungen, weil Russland diese plötzlich geändert habe.
    Als Leonid Kravchuk in dieser Woche in Moskau war, hat er deshalb auch fast alle Wirtschaftsminister seiner Regierung mitgebracht.
    Wirklich geeinigt hat man sich nicht,
    Aber es gibt offenbar Lösungsansätze.
    So hat Russland sich bereit erklärt, von der Ukraine nicht unbedingt Zahlungen in harten Devisen zu verlangen, wenn diese ihrerseits bereit ist, Öl und Gas mit Lebensmittel und Konsumgüterlieferungen zu bezahlen.
    Bis sich allerdings tatsächlich normale Wirtschaftsbeziehungen zwischen den früheren Gründern entwickelt haben werden, wird sicher noch sehr viel Zeit vergehen.
    Und auch, bis das Moskauer Gesellschaftsspiel, der bekommt mehr Rubel für einen Dollar, ausgespielt sein wird.
    Sie hören das Mittag-Journal.
    Menschenrechte, das ist der gemeinsame Nenner für den weiteren Verlauf der Sendung.
    Zunächst ein Radio-Tipp zum Thema.
    Sie nahmen mir die Handschellen ab und auch die Binde von den Augen.
    Danach schossen sie sofort mit einer neunkalibrigen Pistole auf mich und trafen mich im Brustkorb, in die Rippen.
    Ich hatte Glück, denn einige Millimeter daneben hätte mich der Schuss sofort das Leben gekostet."
    Jose Ramirez hat den Versuch der chilenischen Militärs, ihn zu töten, überlebt.
    Das ist heute 18 Jahre her.
    Doch er leidet immer noch unter den psychischen Folgen des Mordversuches.
    Mit Hilfe eines Therapeutenteams lernt José Ramírez in einem Rehabilitationszentrum für Folteropfer wieder sein Leben in die eigene Hand zu nehmen.
    Doch wie geht es den anderen, den tausenden Opfern des Pinochet-Gewaltregimes?
    Haben sie den Schock der Todesbedrohung überstanden?
    Hören Sie mehr über die Folter Opfer von gestern.
    Wie leben sie heute?
    Was wird in der heutigen Demokratie getan, um den Opfern von gestern zu helfen?
    In einem Journal Panorama.
    18.20 Uhr Österreich 1.
    Weiter in den Mittagsberichten.
    Vor einer Woche hat sie begonnen, in einer Woche wird sie enden.
    Die große Wiener Menschenrechtskonferenz der Vereinten Nationen in Wien.
    Ob konkretes bei dieser Mammutveranstaltung herauskommen kann,
    Greifbares, das hier und da wenigstens punktuelle Verbesserungen der in zahlreichen Ländern untragbaren Menschenrechtssituation herbeiführen könnte, sei dahingestellt.
    Einen großen Erfolg kann diese UNO-Konferenz jedenfalls zweifelsfrei vorweisen.
    Kaum war jemals so viel von Menschenrechten die Rede wie in diesen Tagen, kaum jemals stand dieses globale Thema derart im Blickpunkt der Medien und somit des Einzelnen wie jetzt.
    In den nächsten Tagen sollte allerdings ein Schlussdokument zustande kommen, das den Schutz der Menschenrechte praktisch weiterentwickelt.
    Davon sind die Regierungen allerdings ein ganzes Stück entfernt.
    In den Verhandlungskomitees kommt es immer wieder zu Endlosdebatten.
    Da räumen sich die einzelnen Staaten zwar unisono das Recht ein, Einrichtungen für den Schutz der Menschenrechte zu schaffen, das Wort Verpflichtung muss aber fort aus dem Text.
    Hartmut Fiedler über den Stand der Verhandlungen.
    Es geht voran!
    So lautet heute im Austria-Center anscheinend das Motto für die Verhandlungen über ein Schlussdokument.
    Nach dem überaus zähen Beginn am Anfang der Weltkonferenz für Menschenrechte haben die Diplomaten am Wochenende einige Sonderschichten eingelegt und sich im Redaktionsausschuss über einige Prinzipien geeinigt.
    Das erkennen auch die Menschenrechtsorganisationen, die sogenannten NGOs, an.
    Diese sind zwar von den entscheidenden informellen Treffen der Regierungsdelegationen ausgeschlossen, haben aber ständigen Kontakt mit ihnen freundlich gesinnten Diplomaten.
    Reed Brody, einer der Sprecher der Menschenrechtsgruppe über die bisherigen Verhandlungen,
    Sie haben sich, was sehr wichtig ist, über das Prinzip der Universalität der Menschenrechte geeinigt.
    Eine sehr umstrittene Frage.
    Einigkeit besteht auch über die Verpflichtung der Staaten, Menschenrechte zu schützen und zu fördern.
    Ebenso über das Recht auf Entwicklung, das vor allem für die dritte Welt wichtig ist.
    Fortschritte gibt es auch bei der Frage der Minderheiten.
    Über viele Prinzipien herrscht Konsens.
    Es gibt Fortschritte bei den Minderheiten.
    Bei vielen Prinzipien gibt es einen Konsens.
    Die bis jetzt zustande gekommene Einigkeit umfasst allerdings vor allem Prinzipien.
    Nicht wenige dieser Prinzipien, so meinen Kritiker, bestünden seit 1948, seit der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte also und sollten längst nicht mehr strittig sein.
    Dazu kommt, dass das eigentliche Ziel der Menschenrechtskonferenz in Wien darin besteht, konkrete Maßnahmen zum wirksamen Schutz der Menschenrechte zu finden
    Und was das angeht, steht man noch am Anfang.
    Der niederländische Diplomat Kees Vlietermann über die größten Hindernisse, die in den kommenden Tagen noch zu beseitigen sind?
    Im Redaktionsausschuss sind es vor allem zwei Punkte.
    Einmal das Recht auf Selbstbestimmung.
    Darüber gibt es bisher keine Übereinkunft.
    Und das zweite Problem ist die Frage des Terrorismus und der Menschenrechte.
    Und im Unterausschuss, wo es um konkrete Maßnahmen geht, gibt es einige vorstechende Schwierigkeiten.
    Und die größte betrifft die Einrichtung eines Hochkommissars für die Menschenrechte.
    Die Menschenrechtsorganisationen und die meisten westlichen Staaten drängen zu einem solchen Hochkommissar.
    Viele Entwicklungsländer dagegen leisten diesem Vorhaben jedoch starken Widerstand.
    Sie fürchten im Wesentlichen den Versuch der Einflussnahme von außen.
    Umstritten ist auch ein internationaler Gerichtshof für die Verfolgung schwerer Menschenrechtsverletzungen.
    Die österreichische Verhandlungsdelegation ist dennoch einigermaßen zuversichtlich.
    Botschafter Franz Zede.
    Was natürlich festzustellen ist, dass die Arbeit sehr langsam, mühsam weitergeht, aber heute, am ersten Tag der zweiten und letzten Konferenzwoche,
    würde ich sagen, ist ein vorsichtiger Optimismus am Platze und ich würde es durchaus für möglich halten, dass wir am Ende der Woche mit einem Dokument darstellen, welches im Konsens angenommen werden kann.
    Schon jetzt allerdings sind Stimmen laut geworden, die vor dem Ehrgeiz warnen, irgendein Schlussdokument zu haben.
    Österreich, so heißt es mitunter, dränge mit einer solchen Vehemenz auf eine gemeinsame Erklärung, dass es bereit sei, den Inhalt derselben zu vergessen.
    Zwischendurch wieder nach Österreich, der nächste Bericht zum Thema Menschenrechtskonferenz lässt noch ein bisschen auf sich warten, es wird noch daran gearbeitet.
    In Deutschland wird seit vergangener Woche heftig über das Sammeln und Verwerten von Altstoffen, insbesondere von Kunststoffabfällen diskutiert.
    Das Sammelsystem ist in Schwierigkeiten geraten, die Verwertungsgesellschaft hat kein Geld, in manchen Deponien türmen sich Kunststoff
    Berge von illegalen Exporten vor allem nach Osteuropa ist die Rede und in einem Fall ermittelt sogar die Justiz und offenbar zu wenig passiert das, was eigentlich mit den Kunststoffabfällen passieren sollte, dass sie nämlich wieder zu Kunststoffprodukten verarbeitet werden.
    In Österreich tritt am 1.
    Oktober die Verpackungsverordnung in Kraft, die unter anderem auch regeln soll, was nun mit den Plastikverpackungen in Österreich passieren soll.
    Wie die derzeitige Situation bei Sammeln und Verwerten von Kunststoffen in Österreich aussieht, das untersucht im folgenden Franz Simbürger.
    Polyethylen, Polystyrol, PVC, PET, EPS oder Polyurethan, die Fülle verschiedener Kunststoffe ist kaum für den Experten, schon gar nicht für den Laien durchschaubar.
    Gemeinsam haben sie fast alle eines, Kunststoffe werden in allen Lebensbereichen täglich eingesetzt und fast alles bleibt nach Gebrauch als zumeist unerwünschter, jedenfalls in der ursprünglichen Form nicht mehr verwendbarer Abfall übrig.
    Rund 250.000 Tonnen Kunststoffe landen pro Jahr im Haushaltsmüll in Österreich, das sind etwa sieben Prozent der gesamten Haushaltsabfälle.
    Dazu kommen rund 160.000 Tonnen Industrie- und Gewerbeabfälle und noch einmal einige 10.000 Tonnen Sperrmüll, also große Plastikgegenstände, die als Ganzes weggeschafft werden müssen.
    Drei Wege gibt es, mit diesem Müll umzugehen.
    Der einfachste und häufigste, wenn auch am wenigsten umweltverträgliche und wirtschaftlich sinnvolle ist, die Plastikabfälle einfach auf Deponien zu lagern.
    1991 landeten immerhin rund 240.000 Tonnen Kunststoffe auf den Müllhalden, zumeist natürlich im Haushaltsmüll.
    Die zweite Möglichkeit, mit Kunststoffabfällen umzugehen, ist die Verbrennung, im Fachjargon thermische Verwertung genannt.
    Das gibt es in Österreich speziell für Kunststoff noch überhaupt nicht.
    Mit Inkrafttreten der Verpackungsverordnung ab 1.
    Oktober werden aber einige Kunststoffverbrennungsanlagen in Österreich auch errichtet werden.
    Wo genau und wie groß, das ist derzeit noch Gegenstand intensiver Planungen und Diskussionen.
    Verbrannt wird Plastik allerdings auch jetzt schon und zwar zusammen mit den rund 300.000 Tonnen Hausmüll, der pro Jahr unsortiert in die Verbrennungsöfen wandert.
    Ziel ist aber, den Heizwert, den das Erdölprodukt Plastik sozusagen natürlich hat, gezielt wieder herauszuholen.
    Und die thermische Verwertung dürfte jedenfalls auf absehbare Zeit die wichtigste Methode der Kunststoffentsorgung in Österreich werden.
    Dritte und umweltfreundlichste Methode des Umgangs mit Kunststoffen ist die tatsächliche Verwertung, also die Wiederverwendung in neuen Kunststoffprodukten oder die Beimengung zu anderen Produkten.
    Die Gesamtkapazitäten derzeit dafür liegen in Österreich bei rund 60.000 Tonnen pro Jahr, also bei weniger als einem Fünftel des anfallenden Kunststoffmülls.
    Mit Inkrafttreten der Verpackungsverordnung hofft man, diesen Anteil bereits im kommenden Jahr um fast die Hälfte steigern zu können, wobei es aber große Unterschiede zwischen den einzelnen Kunststoffen und ihrer Verwendung gibt.
    Bereits jetzt vergleichsweise hoch ist zum Beispiel der Verwertungsanteil bei Folien.
    Das sind Plastiksackerln ebenso wie die sogenannten Schrumpffolien, mit denen Konsumgüterpaletten überzogen sind.
    Von den rund 70.000 Tonnen Folien, die zurzeit auf den Markt kommen, wird knapp die Hälfte an die Firmen zurückgestellt und wieder zu Folien verarbeitet.
    Das Problem dabei ist allerdings, dass es für den Haushaltsbereich noch keine umfassenden Sammelsysteme gibt.
    Anders ist das zum Beispiel bei Joghurtbechern.
    Hier bestehen Sammelsysteme und manche neuen Joghurtbecher bestehen bereits zu mehr als der Hälfte aus zurückgegebenen alten Bechern.
    Freilich, hier mangelt es noch an der Bereitschaft der Konsumenten, die Becher tatsächlich zu den Sammelbehältern zu bringen.
    Nur rund ein Drittel der Becher wird tatsächlich zurückgebracht.
    Ähnliches gilt auch für die PET-Flaschen, wo es zur Zeit wohl auch an den Konsumenten liegt, Mülltrennung nicht nur zu verlangen, sondern selbst auch durchzuführen.
    Die Verwertungsexperten hoffen, die derzeitige Rücklaufmenge von rund einem Fünftel der verwendeten PET-Flaschen bereits im kommenden Jahr auf fast das Doppelte zu steigern.
    wie überhaupt der große Durchbruch beim Plastiksammeln und Verwerten in Österreich ab kommendem Jahr erwartet wird.
    Da ist dann ja die Verpackungsverordnung in Kraft, die der Industrie und dem Handel das Sammeln und Verwerten von Plastikabfällen vorschreibt.
    Für die Konsumenten wird das bedeuten, für Produkte mit teurer Verpackung auch mehr bezahlen zu müssen.
    Über die Höhe der Verwertungszuschläge wird ebenfalls zurzeit noch beraten.
    Ziel ist jedenfalls, bis zum Jahr 2000 nur noch 20% der derzeitigen Kunststoffmengen weiterhin auf Mülldeponien ungenutzt entsorgen zu müssen.
    Von unserer Plastiktivilisation, jetzt Viertelvereins, zurück zur Menschenrechtsthematik.
    Äußerst skeptisch ist die Position der engagierten Menschenrechts- und Gefangenenhilfeorganisation Amnesty International, was die Erwartungen von der Wiener Konferenz und von einem Schlussdokument betrifft.
    Immer wieder warnen Amnesty-Vertreter vor einem Scheitern der Großveranstaltung.
    Und ein Scheitern wäre es aus dem Blickwinkel Amnestys käme es zu einem bloßen Dreschen von Worthülsen und einer bloßen Bekräftigung der wichtigsten Menschenrechtsprinzipien, wie etwa der Erklärung, dass Menschenrechte für alle gelten und unteilbar sein sollen.
    Amnesty verlangt ein Aktionsprogramm mit eindeutigem Zeitrahmen, genau definierter Verantwortung und Kontrolle der Effizienz.
    Heute informierte Amnesty detailliert über politische Morde und Verschleppungen als Instrumente politischer Repression.
    Armin Wolf informiert.
    1976 wurde der Student Mohamed Nadrani gemeinsam mit vier Studienkollegen in Marokko verhaftet und in die Zentrale der Geheimpolizei in Rabatt gebracht.
    Dort begann eine Tortur, die mehr als acht Jahre dauern sollte, bis zu seiner Freilassung 1984.
    Man hat mir die Augen verbunden und dann hat man mich gefoltert.
    Die Folter wird systematisch angewandt in Marokko.
    Jeder, der festgenommen wird, wird gefoltert.
    Mich hat man auf verschiedene Weise gefoltert.
    Da war das, was wir Papagei nennen.
    Dann wurde ich immer wieder mit dem Kopf unter Wasser getaucht und dann die Elektroschocks.
    Dann wurden wir in winzige Zellen gesperrt, in meinem Fall ein Jahr, drei Monate und 30 Tage lang.
    Also insgesamt mehr als 480 Tage, mehr als 11.000 Stunden, Tag und Nacht, mit verbundenen Augen und gefesselten Händen.
    Später wird Nadrani in ein geheimes Arbeitslager in der Wüste verlegt.
    Wieder folgen Schläge, Hunger und nach einem Ausbruchsversuch eineinhalb Jahre Einzelhaft.
    Ende 1984 wird er plötzlich freigelassen und kann in seine Heimatstadt zurückkehren.
    Meine Mutter hat mich wiedergesehen und sie musste erst einmal eine alte Narbe suchen, um mich überhaupt wiederzuerkennen.
    Wenn ich diese Narbe nicht mehr gehabt hätte, hätte meine eigene Mutter mich nicht mehr als ihren Sohn erkannt.
    Mohamed Nadrani ist eines von hunderttausenden Opfern sogenannten Verschwindenlassens von Verschleppungen in allen Teilen der Welt.
    Die Behörden in 45 Ländern haben 1992 politische Gegner, Aktivisten ethnischer Minderheiten oder Vertreter von Religionsgemeinschaften verschwinden lassen oder ohne Gerichtsverfahren getötet, berichtet Amnesty International.
    Diese Methoden werden immer mehr zur bevorzugten Strategie mancher Regierungen im Umgang mit ihren Gegnern, sagt Amnesty-Generalsekretär Pierre Sané.
    Die Methode des Verschwindenlassens verletzt sämtliche Menschenrechte, die man sich vorstellen kann.
    Nicht nur das Recht, angehört zu werden oder auf ein ordentliches Verfahren, auch das Recht auf Leben, auf Sicherheit und sogar das Recht, anständig begraben zu werden.
    Aileen Bacalzo lebt auf den Philippinen.
    Ihr Mann war eines Tages verschwunden.
    Wohin, wusste sie nicht.
    Nur durch einen Zufall erfuhr sie, dass er verhaftet worden war und konnte ihn in einem Gefängnis wieder aufstöbern.
    Seither ist Aileen Bacalzo in der Organisation Familien von verschwundenen Häftlingen auf den Philippinen aktiv.
    Unwilliger Abschiebungen erzeugen eine traumatische Auszeichnung auf der Grundstücke der Gesellschaft, die die Familie ist.
    Die Methode des Verschwindenlassens hat dramatische Folgen für die elementarste Einheit einer Gesellschaft, für die Familie.
    Nicht nur, dass ein Gatte, ein Elternteil, ein Sohn, eine Tochter verschwinden, die ganze Familie wird auseinandergerissen.
    Jedes überlebende Familienmitglied leidet an dem Trauma des plötzlichen Verlustes.
    Und die besondere Natur des Verschwindenlassens erlaubt keine Antwort auf die Frage, ist der Vermisste noch am Leben?
    Unter der angeblich demokratischen Regierung von Corazon Aquino seien übrigens mehr Menschen verschwunden als unter der Marcos-Diktatur, berichtet Aileen Bacalso, nämlich 821 im Vergleich zu 759 unter Marcos.
    In den allermeisten Fällen gäbe es keine Zeugen, nur 16 Verschwundene der letzten zehn Jahre seien wieder aufgetaucht.
    Von Hunderten, ja Tausenden Verschwundenen berichtet auch Roger Niego vom Zentrum für Friedensstudien einer christlichen Menschenrechtsorganisation in Peru.
    Nach zehn Jahren des Verschwindenlassens und des staatlichen Mordens in Peru können wir ganz klar sagen, dass es sich hier nicht um Einzelfälle oder um Irrtümer handelt, sondern um eine Strategie des Militärs und der Sicherheitskräfte.
    Die Regierung in Peru versäume nicht nur diese Verbrechen zu untersuchen, sagt Diego.
    Die Regierung unterstütze sie sogar.
    Noch nie sei ein Verantwortlicher bestraft worden.
    Das gleiche wurde schon von den Philippinen berichtet.
    Das gleiche sagte auch der Mann aus Marokko.
    Der Appell von Diego?
    Ich glaube nicht an das Verzeihen, an das Vergeben.
    Ich denke, dass man bei Menschenrechten nicht auf die Perspektive verzichten kann, dass Verbrechen einmal bestraft werden.
    Ich glaube, es gibt einfach Verbrechen, die bestraft werden müssen, für die man bezahlen muss und über die alle künftigen Generationen auch Bescheid wissen müssen.
    Das sagt Roger Nieger vom Zentrum für Friedensstudien in Peru.
    Und von dieser sehr beeindruckenden Veranstaltung hier im Austria Center zurück ans Studio im Funkhaus.
    Folter, Mord, Verschleppungen.
    Armin Wolf über heute präsentierte Amnesty Informationen.
    Im letzten Mittagsschonalbeitrag geht es um Theaternachwuchs.
    Der österreichische Wissenschaftsminister Erhard Bussegg und sein deutscher Kollege Rainer Ortlip haben gestern Abend im Schönbrunner Schlosstheater das Theatertreffen deutschsprachiger Schauspielstudenten eröffnet, das heuer zum vierten Mal stattfindet und zum ersten Mal außerhalb Deutschlands.
    Bis zum kommenden Samstag werden Schauspielschulen aus der Schweiz, aus Österreich und aus Deutschland Produktionen zeigen, an Workshops teilnehmen und intensiven Austausch pflegen.
    Gernot Zimmermann von der Kulturredaktion hat sich ein wenig umgehört bei Proben der Schauspielschüler und Schauspielstudenten.
    Schülerinnen.
    Die Schauspielschüler aus Rostock bereiten sich mit Stimme- und Lockerungsübungen auf ihre Aufführung von Goethes Bürgergeneral vor.
    Rostock, bei uns durch die Ausschreitungen gegen Ausländer in Verruf gekommen, war in der ehemaligen DDR ein Ableger der legendären Ernst-Busch-Schule in Ostberlin.
    Im Vereinigten Berlin gibt es nun gleich zwei staatliche Schauspielschulen, die HDK im ehemaligen Westen und eben die Ernst-Busch-Schule, wo auch ein Schüler aus Kiel studiert.
    Aus Berliner Schule würde ich sagen, ist sehr viel mehr an Technik orientiert, ausgerechnet an formellen Gesichtspunkten.
    Auch in der Art der Szenenstudien ist es sehr viel mehr Öffentlichkeitsarbeit, die da betrieben wird.
    Eigentlich schon ab dem zweiten Studienjahr, dass man immer so einen Sechs-Wochen-Turnus hat.
    Und dann gibt es öffentliche Vorspiele, zu denen werden Gäste eingeladen, Regisseure und Schauspieler.
    Und das ist in der HDK, glaube ich, nicht der Fall.
    Ob man das Gefühl hat, in der ehemaligen DDR-Schauspielermeisterschmiede noch alten Drill und alte Techniken zu lernen, wenn die Ernst-Buch-Schule nun auch von bekannten Dramaturgen und Prechtbiografen Klaus Völck aus dem Westen geleitet wird, diese Frage beantwortet ein anderer Student.
    Also ich habe nicht das Gefühl, ich werde jetzt gedrillt.
    Im Gegensatz zur West-Uni ist es nicht so, dass man heute geht man zu dem Prof und dann morgen da und die Vorlesung fällt wieder aus, sondern unsere Dozenten sind fürchterlich am Ball.
    Die sind echt da, wenn man sie braucht, was an West-Unis sehr, sehr selten ist.
    Eine der bekanntesten Reinhardt-Seminaristinnen sitzt in der fünfköpfigen Jury, die am Ende der Woche den mit 70.000 Schilling dotierten Preis zur Förderung des Schauspielnachwuchses vergeben wird, Erika Bluhaar.
    Dass ich mich jetzt entschlossen habe, hier in einer Jury, wo ich Jurien eigentlich nicht leiden kann und überhaupt Wettbewerbe nicht leiden kann und Preise nicht leiden kann,
    Das hat sehr viel damit zu tun, dass ich mir gedacht habe, vielleicht ist es eine Aufforderung, mir wirklich anzusehen, was zurzeit junge Menschen, die am Theater anfangen wollen, wie sie sich das vorstellen, was sie da einbringen.
    Ich möchte einfach fühlen, was jetzt
    Beginnende Leute am Theater motiviert es zu tun.
    Es unterscheidet sich sicher irgendwie von meinen, wie ich fast sagen möchte, damals recht kindlichen Motiven.
    Ich wollte halt einfach Theater spielen.
    Ich glaube, ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass sich das verändert hat.
    Aber das Wichtige daran ist mir nicht, dass ich dann eine von denen bin, die einen Preis vergibt, sondern ich schaue mir das eine Woche lang sehr aufmerksam an.
    Sagt die Pluha und wir kommen zu den Schlussnachrichten.
    Spanien.
    Bei Bombenanschlägen in Madrid sind heute sieben Menschen getötet worden.
    Im Stadtzentrum explodierten in der Früh hintereinander zwei Sprengsätze.
    Die erste Bombe detonierte auf einer Haupteinfallstraße im Osten der Stadt, die zweite Bombe ging etwa eine Stunde später in der Nähe der amerikanischen Botschaft hoch.
    Die Polizei vermutet, dass die baskische Terrororganisation ETA die Anschläge verübt hat.
    Europäische Gemeinschaft.
    In Kopenhagen hat am Vormittag das zweitägige EG-Gipfeltreffen begonnen.
    Hauptthemen der Konferenz sind der Krieg im früheren Jugoslawien und die Wirtschaftskrise in Europa.
    Die EG will sich um die staatliche Einheit Bosniens bemühen.
    EG-Vermittler Lord Owen sagte, die verfeindeten Volksgruppen müssten zurück an den Verhandlungstisch.
    Man müsse versuchen, für die Moslems ein Maximum an Gebieten zurückzugewinnen.
    Auch der bosnische Präsident Izet Begovic kommt heute zum EG-Gipfel nach Kopenhagen.
    Österreich.
    Das jüngste Geiseltrauma in Niederösterreich hat nun ein Menschenleben gefordert.
    Im Krankenhaus ist jener Mann gestorben, die in der Amokläufe in der Nacht auf Samstag mit einer Pumpgun angeschossen hatte.
    Der Tote ist der Schwager des Geiselnehmers.
    Und zum Schluss noch ein Blick auf die Wetterlage.
    Am Nachmittag werden die Wolken von Westen her dichter.
    Es kommt häufig zu Regenschauern und Gewittern.
    Die Temperaturen liegen zwischen 20 und 25 Grad.
    Die Mittagstunde neigt sich dem Ende zu.
    Das Mittagjournal ist bereits zu Ende.
    Auf Wiederhören, sagt Manfred Kronsteiner.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Deutsches Verfassungsgericht entscheidet über Somalia-Einsatz
    Einblendung: Kinkel. Die SPD würde nach dem Tod der 23 pakistanischen Soldaten in Somalia den Einsatz der Bundeswehr gerne stoppen, da er ihrer Meinung nach verfassungswidrig sei und das Wohl der Soldaten gefährdet.
    Mitwirkende: Roither, Bettina [Gestaltung] , Kinkel, Klaus [Interviewte/r]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Krieg ; Militär ; Justizpolitik ; Diskussion ; Friede ; Regierung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Kontinente / Afrika
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    EG-Beitrittswillige Oststaaten reüssieren auf Europa-Markt
    Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei erhoffen sich von einem möglichem EU-Beitritt Wohlstand und Investitionen.
    Mitwirkende: Stipsicz, Karl [Gestaltung]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Wirtschaft ; Wirtschaftspolitik ; EU ; Handwerk und Gewerbe ; Industrie ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Was bringt die Verlängerung des Mietrechts?
    Die Bundesländer sollen selbst Mietzinsrichtwert festlegen können.
    Mitwirkende: Settele, Hanno [Gestaltung]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Soziales ; Justizpolitik ; Regierung ; Opposition ; Diskussion ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vor Beratungen Lacina-Länderreferenten über Mineralölsteuer
    Mitwirkende: Hutar, Herbert [Gestaltung]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wirtschaft ; Energiewesen ; Preis ; Justiz und Rechtswesen ; Finanzpolitik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Rubel soll stabiliiert werden
    Die Regierung versucht seit 2 Jahren vergebens den Rubel zu stabilisieren, noch immer werden maroden Staatsbetrieben Kredite gewährt, auch in den meisten anderen ehemaligen Sowjetrepubliken ist er noch immer Hauptwährung, was die Währung aber weiter destabilisiert.
    Mitwirkende: Scholl, Susanne [Gestaltung]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wirtschaft ; Währung ; Wirtschaftspolitik ; Währungspolitik ; Krisen und Konflikte ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Trailer Panorama: Der lange Schatten der Folter
    Einblendung: Jose Ramirez, chilenisches Folteropfer
    Mitwirkende: Schwarz, Alfred [Gestaltung]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Straftaten ; Justiz und Rechtswesen ; Menschenrechte ; Hilfe ; Zivilgesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    MRK: Redaktionskomitee vor Abfassung Schlußdokument
    Einblendung: Reed Brody, Menschenrechtsaktivist, Kees Flitterman, niederländischer Diplomat, Franz Cede
    Mitwirkende: Fiedler, Hartmut [Gestaltung] , Brody, Reed [Interviewte/r] , Flitterman, Kees [Interviewte/r] , Cede, Franz [Interviewte/r]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Menschenrechte ; Zivilgesellschaft ; Konferenz ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Probleme der Plastikmüllentsorgung
    Mitwirkende: Simbürger, Franz [Gestaltung]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Technik ; Müll ; Konsum ; Industrie ; Umweltpolitik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Festival deutschsprachiger Nachwuchsschauspieler in Wien
    Einblendung: Pluhar
    Mitwirkende: Zimmermann, Gernot [Gestaltung] , Pluhar, Erika [Interviewte/r]
    Datum: 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte: Kultur ; Theater ; Kulturveranstaltung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1993.06.21
    Spieldauer 00:55:51
    Mitwirkende Kronsteiner, Manfred [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1993.06.21 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-930621_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt
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