Mittagsjournal 1998.10.24

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Mittagsschornal.
    Guten Tag, Samstagmittag, zu Mittagschanal begrüßt Sie Christel Reis.
    Eine knappe Stunde ausführlicher Information steht auf dem Programm, hier eine Themenvorschau.
    Erste Station ist Pörtschach.
    In dieser Kärntner Fremdenverkehrsgemeinde geben sich heute und morgen die EU-Staats- und Regierungschefs ein Stelldichein.
    Informelles EU-Gipfeltreffen ist die offizielle Bezeichnung.
    Wir sprechen mit unserem EU-Korrespondenten Günter Schmidt, derzeit Pörtschach, über die Erwartungen, die in diesen Gipfel gesetzt werden.
    Zweite Station, Bregenz.
    Personelle Entscheidungen der Grünen gilt es beim Bundeskongress zu treffen.
    In Wien wird nächste Woche Russlands Präsident Boris Jelzin Station machen, einen Tag lang.
    Ein sehr kranker Präsident wird kommen und gerade deshalb gibt es auch ganz besondere Vorkehrungen.
    In diesem Mittagsschanal sagen wir Ihnen auch noch Details aus dem Gerichtsakt in der Causa Franz Fuchs.
    In Baden findet die EU-Bildungsministerkonferenz statt, nicht ohne Proteste von Studenten.
    Michael Kerbler hat für die Samstagreihe im Journal zu Gast in Bozen eine Station gemacht und mit dem Südtiroler Landeshauptmann Louis Durenwalder gesprochen.
    Und noch die Schlagzeile zum Kulturbericht in diesem Mittagsschonal.
    Laurent Hegi zeigt im Museum moderner Kunst Sarajevo 2000.
    Erste Station im Mittagsschonal, das Nachrichtenstudio.
    Dort liest Josef Wenzel-Natik die von Edgar Theider verfassten Nachrichten.
    Europäische Union.
    In Pörtschach in Kärnten beginnt heute ein zweitägiges Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der EU.
    Dominierend werden voraussichtlich Fragen der Wirtschafts-, Finanz- und Beschäftigungspolitik sein.
    Mit konkreten Beschlüssen ist nicht zu rechnen.
    Das Treffen dient vielmehr einer grundsätzlichen Aussprache über die Gestaltung der Zukunft Europas.
    Heute Nachmittag wird Palästinenser Präsident Arafat in Pörtschach erwartet.
    Er wird die Staats- und Regierungschefs der EU über das gestern in Washington geschlossene Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern näher informieren.
    Zunächst unterrichtet Arafat in Wien EU-Ratspräsident Außenminister Schüssel.
    Eine gemeinsame Pressekonferenz der beiden Politiker beginnt in diesen Minuten.
    Nahe Osten USA.
    Nach neuntägigen intensiven Verhandlungen haben sich Israels Ministerpräsident Netanyahu und Palästinenser Präsident Arafat unter amerikanischer Vermittlung auf ein Teilabkommen geeinigt.
    Demnach wird Israel seine Truppen aus weiteren 13 Prozent des Westjordanlandes innerhalb von drei Monaten zurückziehen.
    Differenzen in Sicherheitsfragen konnten in letzter Minute beigelegt werden.
    Gegen das Abkommen regt sich bereits Widerstand.
    Radikale jüdische Siedler im Westjordanland werten es als Verrat am eigenen Volk.
    Bundesrepublik Jugoslawien, Vereinte Nationen.
    Drei Tage vor Ablauf ihres Ultimatums am Präsident Milosevic entsendet die NATO heute eine ranghohe Delegation nach Belgrad.
    Geleitet wird sie vom Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, dem deutschen General Klaus Naumann und dem NATO-Oberbefehlshaber in Europa, Wesley Clark,
    Sie werden darauf dringen, dass Milosevic die Bedingungen der UNO-Resolution 1199 zum Kosovo-Konflikt erfüllt.
    Dazu gehört der Abzug der Einheiten von Armee und Sonderpolizei aus dem Kosovo und die ungehinderte Rückkehr der Flüchtlinge.
    Hält sich Milosevic nicht an seine Zusagen, dann liegt es im Ermessen General Clarks,
    ab kommenden Dienstag Luftangriffe auf Ziele in Jugoslawien anzuordnen.
    Der UNO-Sicherheitsrat befasst sich heute mit einem Resolutionsentwurf zur Kosovo-Krise, in dem auch Gewaltanwendung nicht ausgeschlossen wird.
    In der Bundesrepublik Jugoslawien sind unterdessen erstmals drakonische Geldstrafen gegen regimekritische Journalisten verhängt worden.
    Österreich.
    Im starischen Bezirk Radkersburg ist heute ein Flugzeug abgestürzt.
    Nach bisher inoffiziellen Angaben sollen mehrere Personen ums Leben gekommen sein.
    Näheres ist dazu noch nicht bekannt.
    In Salzburg hat heute die katholische Delegiertenversammlung im Rahmen des Dialogs für Österreich begonnen.
    Anstelle des erkrankten Wiener Kardinals Schönborn führt der Grazer Diözesanbischof Johann Weber den Vorsitz.
    Er wies in einer Ansprache darauf hin, dass auch Papst Johannes Paul II.
    der Ansicht ist, dass es zum Dialog für Österreich keine Alternative gebe.
    Der Verdacht auf Lungenembolie als Folge einer Beinvenenthrombose bei Kardinal Schönborn hat sich nach Angaben des behandelnden Arztes bestätigt.
    Der Zustand des Kardinals sei aber den Umständen entsprechend sehr gut.
    Im Briggenser Festspielhaus hat heute der Bundeskongress der Grünen begonnen.
    Beraten wird über die Kandidatenliste für die Nationalratswahl 1999.
    Insgesamt bewerben sich 18 Kandidaten um die ersten sieben Plätze auf der Bundesliste.
    Deutschland
    Bei ihrem Parteitag in Bonn entscheiden heute die Bündnis 90 Grünern über den Koalitionsvertrag mit den Sozialdemokraten.
    Es wird mit großer Zustimmung der Delegierten gerechnet.
    Parteiintern umstritten ist die Frage, ob die künftigen Regierungsmitglieder der Grünen ihr Abgeordnetenmandat behalten dürfen oder nicht.
    Mit einem Festakt wird heute in Münster und Osnabrück des Endes des Dreißigjährigen Krieges vor genau 350 Jahren gedacht.
    Bei den Feierlichkeiten sind Monarchen und Präsidenten von insgesamt elf europäischen Staaten vertreten, die in den damals folgenschwersten Konflikt verwickelt waren.
    Europa.
    In der kommenden Nacht endet in Europa die Sommerzeit.
    Die Uhren werden um 3 Uhr auf 2 Uhr zurückgestellt.
    Im kommenden Jahr beginnt die Sommerzeit am 28.
    März und endet am 31.
    Oktober.
    Sechseinhalb Minuten nach zwölf Uhr.
    In Sölden begann heute mit dem Riesenturn auf der Darm an offiziell der Ski-Weltcup Winter.
    Übrigens nach dem ersten Durchgang führt die Norwegerin Flemmen vor der Italienerin Compagnoni, beste Österreicherin Alexandra Maisnitzer auf Platz drei.
    Nicht gerade spätsommerliche Aussichten hat Thomas Wostal für dieses verlängerte Wochenende zu bieten.
    Ganz im Gegenteil, ein bisschen Winter wird sich, glaube ich, schon bemerkbar machen.
    Zumindest auf den Bergen im Mittelgebirge kann es schon wieder winterlich werden, ein bisschen Schnee liegt ja schon oberhalb von 2000 Meter.
    Und mit dem ruhigen sonnigen Herbstwetter, das wir in den letzten Tagen genossen haben, ist es auf jeden Fall vorbei, denn in den nächsten Tagen strömt vom Atlantik her immer wieder feuchte Luft zu uns.
    Und am Montag wird es vorübergehend sogar sehr kühl, dann sind sogar bis knapp unter 1000 Meter Schneeschauer möglich.
    Vor den Einzelheiten noch ein Blick zum aktuellen Wetter der Landeshauptstädte.
    Wien momentan bedeckt bei 9 Grad, in den südlichen Bezirken regnet es auch ein wenig.
    Eisenstadt bedeckt 9, St.
    Pölten bedeckt 13, Linz stark bewölkt 11, Salzburg stark bewölkt 14, Innsbruck stark bewölkt 12, Bregenz stark bewölkt 13, Graz stark bewölkt 11 und Klagenfurt im Moment stark bewölkt bei 7 Grad.
    Die Regenschauer, jetzt vor allem in der Osthälfte Österreichs, werden in den nächsten Stunden seltener.
    Die Wolken lockern auf und somit kann sich heute Nachmittag zeitweise die Sonne zeigen.
    Länger sonnig wird es aber nur westlich einer Linie Linz-Klagenfurt.
    Die höchsten Temperaturen liegen je nach Sonne zwischen 12 und 17 Grad.
    In der Nacht werden die Wolken wieder dichter und morgen bleibt es die meiste Zeit bewölkt.
    Außerdem muss man mit Regen rechnen.
    Am Vormittag regnet es vor allem im Westen Österreichs, spätestens am Nachmittag kann es aber in ganz Österreich regnen.
    Die Schneefallgrenze sinkt von über 2000 Meter in der Früh gegen 1500 Meter am Abend.
    Kräftiger Westwind kommt morgen auf, auf den Bergen wieder sogar stürmisch und die Temperaturen erreichen ähnlich wie heute 12 bis 17 Grad, wobei die Höchstwerte meist schon am Vormittag erreicht werden.
    Am Montag bleibt es windig und die Temperaturen gehen deutlich zurück, die Höchstwerte liegen dann nur noch um 10 Grad.
    Es ziehen auch einige Regenschauer durch und Schneeschauer sind bis knapp unter 1000 Meter möglich.
    Immerhin, zeitweise kommt am Montag auch die Sonne hervor, vor allem im Osten und im Süden Österreichs.
    Nach einer Idee von Helmut Kohl und Jacques Chirac findet der Stadt der Zukunftsgipfel der Europäischen Union an diesem Wochenende in Pörtschach.
    Beide Politiker drängten damals in einem Brief auf mehr Bürgernähe und beide konnten dem europäischen Zentralstaat zumindest in diesem Brief sehr wenig abgewinnen.
    Das Zauberwort dazu lautet Subsidiarität.
    Weniger Entscheidungen also auf zentraler, brüsseler Ebene.
    Diese sollten, wenn notwendig, eher auf nationaler bis lokaler Ebene getroffen werden.
    Es wurden ja sehr viele Themen in letzter Zeit noch angefügt an die ohnehin schon nicht anspruchslose und kleine Tagesordnung in Pörtschach.
    Es geht unter anderem um innere und äußere Sicherheit, um Industriepolitik, nicht zu vergessen die Beschäftigung, der Euro, aber auch aktuelle politische Ereignisse außerhalb der Union, Stichwort Kosovo.
    Und ich darf jetzt in Pörtschach unseren eigentlich Brüssel-Korrespondenten Günther Schmidt begrüßen.
    Guten Tag Herr Schmidt.
    Guten Tag Frau Reis.
    Als langjähriger EU-Beobachter und vor allem Beobachter vergleichbarer schon vorangegangener informeller Treffen von EU-Staats- und Regierungschefs, was kann denn Ihrer Ansicht nach herauskommen bei diesem Gipfeltreffen in Pörtschach?
    Ja, wissen Sie, es hat ein einziges Mal ein solches Treffen gegeben, wo wirklich nur die Staatschefs und Regierungschefs unter sich waren, sonst sind ja zumindest die Außenminister dabei und etliche Beamte.
    Diesmal sind sie also ganz unter sich und das hat es 1995 gegeben in Spanien und damals haben alle dann geschrieben, da ist nichts herausgekommen.
    Im Nachhinein weiß man, dass was dort in Form ein Tor auf Mallorca beschlossen worden ist und besprochen worden ist, dann ein halbes Jahr später sich wirklich in konkreten Beschlüssen
    niedergeschlagen hat.
    Also es ist, glaube ich, schon ganz wichtig und deswegen macht man ja das, dass die Chefs, die ja wirklich zu Hause kaum Widerspruch haben, die sind alles Wahlsieger, sie haben über sich sozusagen nur die Sterne, dass die dann einmal zusammenkommen und durchaus auch kontrovers diskutieren über längerfristige Probleme und dass sie so ein bisschen den Rahmen vorgeben, dass die Beamten und andere Minister und Politiker
    dann konkret weitermachen können.
    Also es wird sicherlich hier nichts Konkretes herauskommen, das sagen ja alle, aber der Rahmen, der hier besprochen wird, der kann sich auswirken.
    Nur das werden wir halt wissen in zwei Monaten frühestens.
    Aber Herr Schmidt, zurückzukommen auf diese Tagesordnung, die ja wirklich umfangreich ist schon und sie ist umfangreicher geworden, als Bundeskanzler Klima als Gastgeber sozusagen noch seine Tour der Kapital gemacht hat und durch die EU-Hauptstädte gereist ist und eigentlich
    von jedem Staats- und Regierungschef noch ein Thema, ein Tagungsthema mit ins Reisegebäck bekommen hat.
    Wo werden denn nun eigentlich die Schwerpunkte liegen?
    Führt hier Bundeskanzler Klimaregie oder werden hier bestimmte Themen ihm auch vorgegeben?
    Ja das hängt auch mit dieser Gruppendynamik unter den großen Chefs zusammen natürlich.
    Es gibt ja keine offizielle Tagesordnung, aber es kann jeder Regierungschef ein Thema aufbringen, das ihm besonders am Herzen liegt und das tun sie auch immer wieder und der Vorsitzende, der das moderiert sozusagen, der österreichische Bundeskanzler kann also nur versuchen den Rahmen dafür zu geben,
    Und das ist ja so geregelt worden, dass es drei Impulsreferate geben wird.
    Eines über wirtschaftliche Stabilität in der ganzen Welt und Beschäftigung, das wird der holländische Regierungschef Wim Kock machen.
    Eines über innere Sicherheit, das wird der Spanier Arsnal machen.
    Und über die Außen- und Sicherheitspolitik, das wird Tony Blair machen.
    Und das könnte vielleicht sehr interessant werden, denn Tony Blair hat ja in der letzten Zeit Pläne veröffentlicht, er will
    die EU und die NATO näher aneinander heranführen, das ist natürlich ein ganz heißes Eisen und man wird sehen, wie stark das hier überhaupt angegriffen wird oder ob man sich das jetzt nur einmal anhört und dann halt im Laufe der Zeit weiter diskutieren wird.
    Herr Schmidt, Sie und unsere Kollegen vom ORF werden ja am Wochenende dann noch ausführlich Gelegenheit haben, die einzelnen Punkte zu beleuchten.
    Was ich Sie noch fragen wollte, zur Organisation dieses Gipfeltreffens.
    Es gibt ein Großaufgebot an höchstrangigen Politikern samt Delegationen, an die 1.000 Journalisten sind ebenfalls mit dabei.
    Wie klappt eigentlich die Organisation dieses großen Treffens in Pörtschach?
    Also was wir bisher gesehen haben, klappt es hervorragend.
    Es gibt natürlich kleinere Probleme damit, dass sozusagen hier schon die Nachsaison ist und etliche Hotels noch einmal aufgemacht haben.
    Es mangelt gelegentlich an dem einen oder anderen.
    Mich hat jetzt der Hoteldirektor persönlich in das Pressezentrum geführt, weil in der Geschwindigkeit kein Taxi aufzutreiben war.
    Aber man hilft und die Bevölkerung hilft mit und ich glaube, es fühlen sich alle hier recht wohl.
    Dann hoffen wir auf viele andere österreichische Lösungen, die auch in Börtschag getroffen werden.
    Besten Dank Günter Schmidt für diese Informationen.
    Gerne.
    Sicherlich nicht zufällig, heute ebenfalls in Börtschach ist freiheitlichen Chef Jörg Haider.
    In einer Pressekonferenz am Vormittag hat er gefordert, auch freiheitliche Vorschläge für eine bürgernähere Gemeinschaft, wie etwa Vorschläge zum Steuerrecht, in die EU einfließen zu lassen.
    Aus Börtschach dazu Franzi Bürger.
    Vom ursprünglichen Zweck des Gipfeltreffens in Börtschach, nämlich über eine bürgernähere EU zu reden, davon sei eigentlich nichts mehr übrig, sagt FPÖ-Chef Birk Heider.
    Also präsentierten die Freiheitlichen heute einen Forderungskatalog, wie ihrer Meinung nach die Zukunft der EU aussehen sollte.
    Einer der Kernpunkte dabei, ein neuer Gerichtshof sollte entscheiden, welche Aufgaben überhaupt den EU-Zentralstellen in Brüssel übertragen werden.
    Alles andere sollte von den einzelnen Staaten entschieden werden.
    Das Europäische Parlament sollte die Möglichkeit erhalten, auch gegen einzelne Kommissare und nicht nur gegen die ganze Kommission Misstrauensanträge zu stellen.
    Nach den jüngst bekannt gewordenen Unterschlagungen und Unregelmäßigkeiten in der EU wäre jetzt zum Beispiel ein Misstrauensantrag gegen Kommissionspräsident Schaks Santa fällig, meint Haider.
    Und schließlich verlangt der FPÖ-Chef, dass nicht nur die österreichische, sondern alle europäischen Nationalbanken einen Teil ihrer Geldreserven auflösen und für Arbeitsplätze und Steuersenkung zur Verfügung stellen.
    Die FPÖ-Steuervorschläge sollten so sozusagen ein Europamodell werden.
    Und vom Wörthersee in diesem Mittagsschanal zum Bodensee, von Börtschach nach Bregenz und von der EU zur Innenpolitik.
    Bregenz ist Schauplatz des Bundeskongresses der Grünen.
    Vor etwa einer Stunde hat er begonnen und er wird möglicherweise nicht ganz friktionsfrei verlaufen, denn es stehen personelle Weichenstellungen für die Nationalratswahl im nächsten Jahr an.
    Aus Bregenz ein Direktbericht von Helma Poschner.
    Das Bregenser Festspielhaus direkt am Bodensee scheint nicht zufällig für den Grünen-Bundeskongress ausgewählt.
    Sieht man nämlich durch die breiten Glasfronten über den See, hat man direkten Blickkontakt zur deutschen Grenze.
    In Deutschland haben die Grünen bereits das geschafft, wovon die österreichischen Grünen noch träumen, nämlich in der Regierung zu sitzen.
    So gesehen ein guter Ansporn, sagt Bundessprecher Alexander Van der Bellen.
    Jetzt, wo die Wahlen so ausgegangen sind, hat das natürlich ein bisschen eine, ich will nicht sagen, symbolische Bedeutung.
    Aber es ist ein Grund mehr, sich zu überlegen, was heißt das für Österreich?
    Unter welchen Bedingungen würden wir und welchen Voraussetzungen könnten wir in Regierungen auf Bundes- oder Landesebene eintreten?
    Van der Bellen hält seine Partei schon für durchaus reif für eine Regierungsbeteiligung.
    So regierungsfähig wie andere Parteien, die derzeitigen Regierungsparteien eingeschlossen sind, wir schon lange, glaube ich.
    Das ist nicht das Problem.
    Die Frage ist, unter welchen Bedingungen es Sinn macht, aus der Opposition in eine Regierung einzusteigen.
    Und natürlich gehört für so eine Geschichte zwei.
    Nach der Nationalratswahl im nächsten Jahr dürfte sich die Regierungsbeteiligung noch nicht ausgehen, meinen selbst Optimisten unter den Grünen.
    Dafür aber 2003.
    Mit einem erneuerten Team soll es gelingen, dieses Wunschziel zu erreichen.
    Am Nachmittag soll weitgehend feststehen, wer für die Grünen nächstes Jahr in den Nationalrat einzieht und künftig Grünpolitik macht.
    Fix auf der Bundesliste sind bisher Parteichef Van der Bellen, Klubchefin Madeleine Petrovic, Justizsprecherin Theresias Deuschitz und Behindertensprecherin Theresia Heidelmeier.
    Andere müssen noch um ihr Mandat rittern.
    Am spannendsten ist heute sicherlich das Duell zwischen dem grünen Aufdecker Peter Pilz, dem Innsbrucker Internisten Kurt Grünewald und dem Vorarlberger Lokalmatador Kaspar Naze Simmer.
    Das Rennen wird voraussichtlich zwischen Pilz und Grünewald entschieden.
    Parteichef Van der Bellen will sich vor der Abstimmung heute Nachmittag nicht auf einen Favoriten festlegen.
    Den Verlierern sagt er schon jetzt.
    Ich sage Ihnen, tragt es mit Fassung, mit Anstand.
    Geht es uns nicht verloren und seid weiterhin dabei.
    Am späteren Nachmittag wird der Kampf um die grünen Nationalratsmandate entschieden.
    Soweit mein Bericht hier aus dem Bregenzer Festspielhaus.
    Ich gebe zurück ins Studio des Mittagsjournals zu Christl Reitz.
    Danke Helma Poschner aus Bregenz über den Bundeskongress der Grünen.
    Bleibt es weiterhin dabei, das könnte auch ein Slogan sein der katholischen Kirche.
    Der Kirche geht es nicht gut, so begründete heute der Grazer Diozesanbischof Johann Weber beim Delegiertentag in Salzburg die Notwendigkeit dieser Veranstaltung.
    Hohe Vertreter der katholischen Kirche, engagierte und interessierte Laien beraten bis Montag die Kirchenkrise und ihre mögliche Bewältigung.
    Bischof Weber führt in Salzburg den Vorsitz für den erkrankten Wiener Erzbischof Kardinal Schönborn und vielleicht haben Sie es in den Nachrichten schon gehört, der Verdacht auf Lungenembolie infolge einer Beinvenenthrombose hat sich bei Kardinal Schönborn bestätigt.
    Das erklärte heute der behandelnde Arzt Prof. Dr. Andreas Steiner.
    Kardinal Schönborn ist aber den Umständen entsprechend in einem sehr guten Zustand, sagt sein Arzt.
    Und Professor Steiner geht davon aus, dass Kardinal Schönborn bereits im Laufe der nächsten Woche in häusliche Pflege entlassen werden kann.
    Dann wird man schon die Ergebnisse wissen des Delegierten Tages in Salzburg.
    Diese kirchliche Großveranstaltung wurde heute offiziell eröffnet.
    Aus Salzburg, Mathilde Schwabenieder.
    Der katholischen Kirche geht es nicht gut, konstatierte heute Bischof Johann Weber bei seiner Eröffnungsrede.
    Dies sei auch der Grund, warum die Delegiertenversammlung letztlich zustande gekommen ist.
    Als Gründe dafür nannte Weber unter anderem den dramatischen Rückgang der Katholiken von 90,5 Prozent 1934 auf 73,5 Prozent 1997 und den aktuellen Esoterikboom.
    Als Bild für die derzeitige Krisensituation verwendete Weber den Untergang der Titanic.
    mit furchtbaren Kämpfen, Ringen um einen Platz im Boot, Hinausstoßen, Niederschlagen.
    So schaut es auch oft aus.
    Rettungsversuche von innen, von außen, von verschiedenen Seiten.
    Wie bringen die es wieder ins Lot?
    Alles miteinander hat dann doch dazu geführt, ich sage es sehr banal, dass irgendwo die Stimmung ist, es reicht und es muss etwas Neues angesetzt werden.
    Damit die Delegiertenversammlung in Salzburg gut gehe, dazu müssten einige Grundvoraussetzungen erfüllt werden.
    So müsse die Kirche eine Hörende werden, denn wer nicht gehört wird verstummt oder beginnt zu schreien, meinte Weber.
    Außer Streit stehe, dass es nach Salzburg weitergehen müsse, wofür drei Eckpunkte notwendig seien.
    Auf eine Fortsetzung mit dem Geruch einer Kontrollkommission, darauf kann ich verzichten.
    Das möchte ich nicht.
    Eine Kontrollkommission, wie immer das ist.
    Zweiter Eckpunkt, wir sollten Österreich nicht neu erfinden wollen.
    Die Situation in den Diözesen sei nun einmal verschieden.
    Institutionen könnten nicht einfach alle in Bausch und Bogen verändert oder gar abgeschafft werden.
    Und drittens betonte Weber, dass es zu Beginn des Dialogs keine Reißbrettzeichnung, also keine fertigen Vorstellungen gegeben habe.
    Eine Voraussetzung für den Dialogprozess war, dass es keine Pressionen gegeben habe.
    Mit der Hand an der Kehle kann man nicht viel planen.
    Da vergeht einem die Freude dazu.
    Die Delegierten forderte Weber in seiner Eröffnungsansprache auf, möglichst viele Ideen zu sammeln, die ja dann an die Bischofskonferenz weitergereicht werden.
    Würden wir Bischöfe nur in einem Punkt, das sage ich jetzt für mich, aber ich bin ja Mitglied des Bischofskollegiums, würden wir nur in einem Punkt unernste Beruhigungsspiele mit Augen zwinkern wollen.
    Na, lassen wir es.
    dann glaube ich sind wir nicht am richtigen Platz.
    Sie sollen sich ganz ernst genommen wissen.
    Thomas Blankensteiner von der Plattform Wir sind Kirche, der sich wie andere Delegierte zu Wort meldete, betonte, dass der Delegiertentag in Salzburg kein Einzelereignis bleiben dürfe.
    eher blankensteinerige Filme eine Institutionalisierung derartiger Veranstaltungen an.
    Mathilde Schwabeneder aus Salzburg, gleich 22 Minuten nach 12.
    Der Name einer Halbinsel im US-Bundesstaat Maryland ist spätestens seit neun Tagen weltbekannt.
    Y-Plantation.
    In diesem abgeschiedenen Konferenzzentrum nahe Washington gelang, was in den letzten Monaten unmöglich schien.
    nämlich eine Annäherung zwischen Israelis und Palästinenser.
    Und gestern Nacht schließlich konnte sogar ein Abkommen unterzeichnet werden.
    Es trägt die Unterschriften des israelischen Präsidenten Netanyahu, des Palästinenser Präsidenten Arafat und auch des Initiators und Vermittlers der Gespräche, US-Präsident Bill Clinton.
    Wirklich ein Erfolg, ein Durchbruch oder ein mediales Großereignis, das vor allem einem Mann sehr gut tut, nämlich Bill Clinton selbst.
    Aus Washington dazu Eugen Freund.
    Die Reden müssen wie Wasser auf seine Mühlen gewirkt haben.
    Und gelegentlich hat man sogar den Eindruck gehabt, Präsident Clinton müsse sich sehr anstrengen, um nicht die eine oder andere Träne zu vergießen.
    Egal, ob es nun König Hussein von Jordanien war oder Yasser Arafat oder auch Benjamin Netanyahu.
    Jedes Mal, wenn einer dieser nahöstlichen Streitparteien den Präsidenten für seinen Einsatz, für seine Ausdauer und für sein Verhandlungsgeschick gelobt hat, war so etwas wie Glanz in den Augen des Präsidenten zu sehen.
    Hören Sie nur kurz die Rede von Benjamin Netanyahu, der gewiss nicht als alter Verbündeter oder gar Seelenverwandter des Präsidenten gilt.
    Er ist, wenn ich ein Klischee nennen kann, er ist ein Krieger für Frieden.
    Ich meine, er stoppt nicht.
    Bei solchen Worten ließ dann der verklärte Blick von Bill Clinton ahnen, was er sich dachte.
    So kann ich sein, wenn ich will, aber die Nachwelt wird mich immer nur mit Monica Lewinsky in Verbindung bringen.
    Tatsächlich ist der Name dieser Praktikantin, die dem Präsidenten ein Amtsenthebungsverfahren einbringen könnte, schon lange nicht mehr gefallen.
    So als hätten nach der Bevölkerung
    Nun auch plötzlich die Medien genug davon.
    Freilich nicht ganz.
    Am Nachmittag, wenige Minuten bevor die Unterzeichnungszeremonie im Weißen Haus beginnen sollte, hat sich ein Mitglied des Justizausschusses, dort wo ja die Entscheidung über Clintons Zukunft ursprünglich gefallen ist, hat sich also ein Abgeordneter dem CNN-Korrespondenten Wolf Blitzer genähert, der den ganzen Tag über das Nahostabkommen berichtet hat.
    Prompt hat Blitzer den demokratischen Abgeordneten vors Mikrofon gebeten und ihn gefragt, wie sich denn der Einsatz von Bill Clinton auf das Absetzungshearing auswirken würde.
    Clinton hat all jene Lügen gestraft, die ihn für politisch tot erklärt haben, sagt Robert Wexler, freilich ein Parteifreund des Präsidenten.
    Und schon gar nicht stimmt es, dass das Ausland jede Achtung vor ihm verloren hat.
    Ein gelähmter Präsident hätte nie zustande gebracht, was gerade im Weißen Haus über die Bühne gehen wird, sagt Wexler.
    Tatsächlich hat Clinton wieder einmal, zum wievielten Mal eigentlich schon, einen bemerkenswerten Erholungsprozess hinter sich.
    Nicht nur sind seine politischen Beliebtheitswerte so hoch wie schon lange nicht mehr,
    So wie sie zum letzten Mal der Teflon-Präsident Ronald Reagan in seinen besten Tagen gehabt hat, das Meinungsklima insgesamt verändert sich zusehends zu seinen Gunsten.
    Das geht mittlerweile schon so weit, dass einzelne demokratische Abgeordnete sogar Werbeeinschaltungen im Radio platzieren, die das Thema Amtsenthebung direkt ansprechen und die republikanischen Gegner beschuldigen, vor lauter Faszination mit Sex auf die eigentlichen Aufgaben für das Land vergessen zu haben.
    Und dem scheint die Bevölkerung durchaus zuzustimmen, denn in diversen Umfragen werden immer weniger überwältigende Gewinne der Republikaner vorausgesagt, sondern nur noch ganz bescheidene.
    Diese Umfragen sind darüber hinaus alle noch vor der Nahostzeremonie im Weißen Haus durchgeführt worden, in der sich Bill Clinton staatsmännischer denn je gegeben hat.
    Zieht man das noch mit ins Kalkül, so könnten am Ende die Gegner des Präsidenten, die ihn aus dem Amt jagen wollen, noch ziemlich kalte Füße bekommen.
    Am Dienstag kommt der russische Präsident Boris Jelzin zum ersten Mal nach Österreich.
    Eigentlich hätte Jelzin zwei Tage bleiben sollen.
    Nach den erneuten, unübersehbaren gesundheitlichen Problemen, zuletzt bei einem Besuch in Usbekistan und Kasachstan, stand die Wien-Visite zuerst überhaupt in Frage und wurde schließlich verkürzt.
    Die Devise für den kranken Jelzin heißt Anstrengung vermeiden.
    In Österreich ist man dennoch bemüht zu vermitteln, dass Jelzin ein Gast wie jeder andere sei.
    Ernst Kernmaier über die Vorbereitungen auf diesen Besuch.
    Wenn Präsidenten umfallen, dann beschreibt das meist ihre politische Standhaftigkeit.
    Der russische Präsident Boris Jelzin war zuletzt auch physisch nahe dran.
    Bei einer Visite in Usbekistan hatte er neben seinem Amtskollegen Islam Karimov Aufstellung genommen.
    Plötzlich schienen Jelzin die Kräfte zu versagen und er stolperte nach vorne.
    Der große Russe musste bei seinem Gastgeber präsidentielle Unterstützung suchen.
    Kein Grund zur Besorgnis hat einer von Jelzins Leibärzten bereits dem österreichischen Ärztestab mitgeteilt.
    In Usbekistan habe nur ein sensationslustiger Kameramann den russischen Präsidenten nachteilig aufgenommen.
    Jelzin sei eben verkühlt gewesen, sein Gesundheitszustand sei jetzt aber stabil.
    Der Arzt aus Moskau bildet die medizinische Vorhut von Jelzin in Wien.
    Er hat alle Gegebenheiten untersucht, von den Notarztwagen bis zur Intensivstation des Wiener AKH.
    Dort ist für den Fall der Fälle ein Bett reserviert.
    Die Abteilungen Notaufnahme, Anästhesie, Unfallchirurgie und Transfusionsmedizin sind in Bereitschaft.
    Alles nichts Besonderes, sagt der Chefarzt der österreichischen Präsidentschaftskanzlei und des Innenministeriums, Reinhard Mörz.
    Die Vorkehrungen seien nicht anders als bei jedem anderen Präsidentenbesuch.
    Ich habe die Informationen, dass es ihm gut geht und keinerlei Probleme sind.
    Das reicht einmal primär basismäßig aus.
    Und da muss ich mich auch an das halten, was die russischen Kollegen mir gegeben haben.
    Und ich stehe mit Ihnen in Verbindung.
    Sollte irgendetwas sein, würden Sie mich rechtzeitig informieren vor dem Besuch noch.
    Daher kann ich zu 100 Prozent sagen, dass der Gesundheitszustand derzeit sicher, stabil und gut ist.
    Die Information, dass es Jelzin gut gehe, war aber auch schon alles, was die Russen über den Gesundheitszustand ihres Präsidenten mitgeteilt haben.
    Das Kommando würden im Ernstfall ohnehin die drei russischen Ärzte übernehmen, die Jelzin mitbringt.
    Die österreichischen Mediziner würden mit ihnen aber in engem Kontakt stehen, sagt Chefarzt Reinhard Merz.
    Wir würden ganz sicher zusammenarbeiten.
    Also das ist ausgemacht, dass wir gemeinschaftlich die Betreuung übernehmen.
    Gemeinsam mit den russischen Kollegen, mit deren Wissen über eventuelle vorhandene Vorkrankheiten.
    Die Vorkehrungen sind nicht anders wie bei einem anderen Staatsbesuch.
    Das ist eine ganz übliche Forderungsweise.
    Dass Jelzin hier nur einen internationalen Auftritt für die Kameras abwickelt und in Wirklichkeit geschont wird, das bestreiten sowohl Gastgeber als auch Gäste.
    Aber zumindest Ehrengarde braucht Jelzin keine abzuschreiten.
    Schließlich ist der ursprünglich geplante zweitägige Staatsbesuch in einen sechsstündigen Arbeitsbesuch umgewandelt worden.
    Nach einem Treffen mit Bundespräsident Klestil kann sich Yeltsin für eine Zwischenuntersuchung durch seine Ärzte auch in einen Raum der Hofburg zurückziehen.
    Allerdings nur für fünf Minuten, bevor es zum nächsten Termin geht.
    Schließlich ist das, wir wissen es bereits, ein Besuch wie jeder andere.
    Boris Yeltsin kommt am Dienstag nach Österreich über die Vorbereitungen vor dem Besuch eines kranken Staatsmannes, hat Ernst Kernmayr berichtet.
    Eine Minute vor halb eins, gleich Halbzeit im Mittagsschornal und Zeit für unsere Samstagsserie.
    Im Journal zu Gast.
    Und zu Gast ist heute ein Mann, dessen Lebenslauf wohl symbolhaft steht für den politischen und wirtschaftlichen Aufstieg Südtirols.
    Der Südtiroler Landeshauptmann Dr. Luis Durenwalder.
    Für ihn trifft, was seinen Ursprung betrifft, zu, was man landläufig als aus einfachen Verhältnissen stammend nennt.
    Durenwalder kommt aus einer Bauernfamilie im Pustatal.
    Er selbst sagt, meine Eltern hatten elf Kinder und sieben Kühe.
    Louis Durenwalder konnte die Mittelschule besuchen und absolvierte ein Doppelstudium.
    Vor 30 Jahren begann seine politische Karriere als Bürgermeister seiner kleinen Heimatgemeinde Pfalzen.
    Vor fast zehn Jahren wurde Durenwalder Landeshauptmann der autonomen Region Südtirol.
    Sein Vorsatz, Landeshauptmann für alle Südtiroler zu sein.
    Also nicht nur für die deutsch sprechenden Tiroler und Ladinser, sondern auch für die italienische Minderheit.
    Thurnwalder schaffte es, historische Hypotheken abzutragen, mit Selbstbewusstsein die Boots einer Position gegenüber Rom zu vertreten und aus dem Schatten seines Vorgängers Silvius Magniago herauszutreten.
    Vergangenheitsbewältigung in Südtirol, die Rolle der Südtiroler Volkspartei und das Verhältnis von Bootsen zu Rom einerseits und zu Brüssel andererseits.
    Darum geht es im folgenden Gespräch.
    Michael Körbler hat es geführt und wie Sie gleich hören werden, es geht ihm wie sehr vielen Österreichern in diesen Tagen, er ist leider
    verkühlt.
    Herr Landeshauptmann Durenwalder, in Rom gibt es wieder eine Regierung, die Regierung Talema.
    Für Südtirol war es eigentlich immer entscheidend, wer in Rom regiert.
    Glauben Sie, dass sich an dem Kurs von Romano Prodi, dem Südtirol eigentlich sehr gewogenen Kurs, etwas ändern wird?
    Ich glaube nicht.
    Erstens ist es so, dass D'Alema ja nicht neu ist.
    Er war ja in der bisherigen Regierung auch drinnen.
    Und man kann auch nicht sagen, dass die Regierung weiter nach links ricken würde, denn es kommt erstens einmal die Partei von Kosiga mit hinein, die ja sicher als Mitte bis Mitte etwas rechts zu betrachten ist.
    Und außerdem kommt die Refondazione, das heißt, die effektiven Kommunisten kommen hinaus.
    Und so gesehen rückt die Regierung etwas mehr ins Zentrum.
    Was die Südtiroler Gewogenheit anbelangt, so muss ich sagen, dass die Linksparteien eigentlich eher südtirolgewogen sind oder südtirolfreundlich sind wie die Rechteren und schon gar nicht die Rechtsparteien.
    Also glaube ich nicht, dass sich diesbezüglich etwas ändert.
    Wir haben auch dieser Regierung ganz klare Forderungen gestellt und ich muss sagen,
    dass die ersten Aussprachen auch sehr positiv verlaufen sind.
    Man hat uns bestätigt, dass man die begonnenen Initiativen weiterführen wird, dass man vor allem Richtung dynamischer Autonomie gehen wird und das lässt sicher die Hoffnung zu, dass wir auch mit der neuen Regierung recht gut fahren werden.
    Sie haben in einem Interview wörtlich die Regierung Brodia als effizient, unkompliziert, minderheiten- und autonomiefreundlich geglaubt.
    Stimmt mein Eindruck, dass das Feindbild Rom schon langsam verblasst?
    Ich kann in diesem Zusammenhang nicht sagen, leider, aber es ist so, dass es effektiv so ist, dass wir in letzter Zeit eigentlich immer mehr Verständnis gefunden haben, dies auch im Zusammenhang mit der Finanzregelung.
    RAHM muss Einsparungen tätigen und wir haben ja eine Finanzregelung mit RAHM, dass wir 90 Prozent aller Steuern und Gebühren bekommen, in fast allen Bereichen.
    Das heißt also, dass wir eigentlich eine recht gute Finanzregelung haben und deshalb auch ein bisschen Geld haben.
    Und wenn wir dann anbieten und sagen, gib uns die Kompetenzen in diesem und jenem Bereich, so sind wir dann auch bereit, diese auch zu bezahlen.
    Und auf die Art und Weise haben wir eigentlich mit der letzten Regierung einige Einigungen und einige Lösungen gefunden in einigen Bereichen, die sich für Südtirol recht positiv auswirken.
    Das heißt, es war nicht immer nur das Verständnis für die Minderheit, das Verständnis für Südtirol, sondern es waren ab und zu auch handfeste Gründe, die dazu geführt haben, dass man die Einigung etwas leichter gefunden hat.
    Da entdecke ich einen levantinischen Charakter zu geniehen.
    Schauen Sie, es ist in der Politik immer so, dass man Lösungen und auch ab und zu Kompromisse finden muss.
    Und ich sage halt, wir haben ein Ziel vor Augen, und das Ziel vor Augen heißt, möglichst Unabhängigkeit, möglichst viel Autonomie.
    Denn wir wissen ganz genau, Selbstbestimmung wird heute sicher nicht gewährt, eigener Staat wird sicher nicht gewährt.
    Ich vergesse, wir können nur das anstreben, was mit der Verfassung, mit den internationalen Verträgen vereinbar ist.
    Das heißt, eine möglichst große Autonomie.
    Und wir gehen bis an den Rand.
    Wenn wir dabei dann mit einigen Regierungen besser fahren als mit anderen, dann ist das vielleicht teilweise ein persönliches Verhältnis, teilweise sind es auch Umstände, die solche Verhandlungen etwas erleichtern.
    Und ich muss halt sagen, dass wir in letzter Zeit sehr viel herausgeholt haben.
    Wenn RAHM nachgibt, ist uns das nur recht.
    Ist Ihnen aufgefallen, dass Sie kurz gezögert haben, wie Sie gesagt haben, wir gehen bis an die Grenze?
    Ja, bis an die Grenze und an den Rand ist ziemlich gleich.
    Ich verstehe darunter das Gleiche.
    Das heißt, wir möchten, dass die Grenze, wenn Sie unter Grenze wirklich Staatsgrenze meinen, dass die durchlöchert wird, dass sie humaner wird, dass sie menschlicher in der Form wird, dass man kaum noch die Schwierigkeiten hat, wenn man sie überschreitet.
    Wir werden sicher nicht in der Lage sein, Staatsgrenzen zu verschieben in einen gemeinsamen Europa, denn das kann nur auf dem Verhandlungswege geschehen und das ist nicht möglich zurzeit oder mit Gewalt und das möchten wir nicht und das wäre ja auch nicht möglich.
    Herr Landeshauptmann, bleiben wir kurz bei den Grenzen.
    Brennergrenze, eine Unrechtsgrenze oder eine Sacro-Confine, eine heilige Grenze ist.
    Haben Sie den Eindruck, dass durch den Beitritt zum Schengen-Abkommen diese Grenze nicht nur materiell, sondern auch in den Köpfen, vor allem zum Beispiel bei der italienischen Bevölkerung gefallen ist, im Kopf?
    Es hat sich in der italienischen Bevölkerung in den letzten Jahren einiges getan.
    waren die Italiener vor 15 oder auch vor 10 Jahren noch total gegen Südtirol und sie haben sich fast geschämt, sich als Südtiroler italienischer Muttersprache auszugeben.
    So ist es heute schon ein Problem, dass wir den Begriff Südtiroler neu definieren müssen, vor allem auch in Bezug auf die Italiener.
    Es sind immer mehr junge Italiener, die sagen,
    Was sollten wir sein?
    Und unsere Eltern sind aus Sizilien eingewandert, aus Sardinien oder irgendwo anders, und die sind dort noch geboren, sind dort aufgrund ihrer Verwandtschaften und auch ihrer materiellen Verhältnisse irgendwie noch geblieben, geistig wenigstens.
    Der Junge ist aber hier geboren.
    Er ist weder Sizilianer, wenn wir jetzt sagen, Südtiroler sind nur die hier wohnenden deutscher und latinischer Muttersprache, was ist dann der Italiener, der hier geboren ist?
    Ich glaube, wir müssen auch sagen, dass es in Zukunft Südtiroler, deutscher, italienischer und latinischer Sprache gibt.
    Das ist auch bei uns nicht so leicht überzubringen, weil vielfach noch die Mentalität ist, der Italiener ist automatisch ein Fremder.
    Jetzt hat es in Südtirol immer Italiener gegeben,
    hat es nur eine kurze Zeit Italiener gegeben, die Vorrechte gehabt haben, und die haben wir jetzt abgeschaffen, und die möchten wir auch wieder nicht einführen.
    Wir glauben, alle drei Volksgruppen in Südtirol müssen die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten haben.
    Nun, wenn die drei Volksgruppen gleichberechtigt sein sollen, warum ist es dem Landeshauptmann Thurnwalder, der ja sagt, ich bin ein Landeshauptmann für alle drei Volksgruppen, nicht gelungen, die SVB davon zu überzeugen, dass die italienische Volksgruppe
    genauso viel wert ist wie die latinische oder eben die deutsch sprechenden Tiroler.
    Warum dürfen die Italiener nicht Mitglied werden in dieser Partei, die Volkspartei heißt?
    Sie sagen, ja, in der Partei.
    Sie haben ja auch sicher einen Einfluss in der Partei.
    Ja, den habe ich schon, glaube ich.
    Aber Sie müssen halt hier sagen, dass die SVP, die Südtiroler Volkspartei, gegründet worden ist, vor allem um die Rechte und den Schutz der deutschen und der latinischen Minderheit irgendwie zu vertreten, zu verteidigen.
    Wir sind also eine ethische Partei in der Form, dass wir von vornherein nur gegründet worden sind für die deutsche und latinische Volksgruppe, denn das sind die Sprachminderheiten.
    Die Italiener in Südtirol sind keine Sprachminderheiten.
    Sie sagen jetzt, ja, könnten Sie dann jetzt langsam öffnen, nachdem das Paket abgeschlossen ist.
    Wir haben Mitglieder italienischer Muttersprache innerhalb unserer Partei.
    Fällt sich ein italienischsprachiger Südtiroler zu den Grundsätzen zum Schutz der Minderheiten, zur Gleichberechtigung in unserem Lande und so weiter,
    bekennt, das heißt, dass er die Ideologie unserer Partei akzeptiert, dann kann er sich ohne weiteres einschreiben.
    Wir haben im Unterland Ortschaften, wo wir zum Beispiel die SVP-Versammlungen in Italienisch oder teils Deutsch, teils Italienisch abhalten.
    Das heißt also nicht, dass wir zur Zeit keine italienischsprachigen Mitglieder hätten.
    Nur sagen wir eines, wir wollen nicht eine Partei werden, wie es die DTC ist, die eben in ganz Italien kandidiert oder wie es von ihrer Seite Forza Italia ist oder wie es die Grünen sind und so weiter.
    Wir sind von vornherein aufgrund unserer Statuten eine Partei, die letzten Endes für die österreichische Minderheit in Italien geschaffen worden ist.
    In den 60er und auch noch in den 70er Jahren waren die Gräben zwischen der italienischen Volksgruppe und der deutschsprachigen noch ziemlich tief.
    Ist es Ihnen gelungen, das, was Sie beim Amtsantritt formuliert haben, als eines Ihrer Ziele, ich zitiere, Südtirol muss seinen inneren Frieden finden, ist Ihnen das gelungen?
    Wie weit sind die Gräben zugeschüttet?
    Ich muss sagen, dass mir es nicht so gelungen ist, wie ich es gerne hätte.
    Das heißt, dass es unkompliziert und unförmlich zugeht in der Form, dass man zusammenarbeitet, dass eine wenigstens passive Zwei- oder Dreisprachigkeit garantiert wird.
    Das ist mir sicher in der Form noch nicht gelungen.
    Auch nicht, dass die Italiener endlich auch offen zugeben, dass sie uns in den 20er- und 30er-Jahren unrecht getan haben und dass die Autonomie nicht nur uns als deutschsprachige oder ländischsprachige Vorteile bringt, sondern auch ihnen.
    Das ist mir noch nicht gelungen, obwohl wir auf einem guten Weg sind.
    Es dauert etwas länger, wie ich mir in meiner Euphorie und in meiner Haflinger Manier vorgestellt habe.
    Ich habe geglaubt, da werden wir jetzt gleich einmal rein dreschen und dann wird es natürlich schon möglich sein.
    So schnell geht es nicht, es braucht einen Reifungsprozess.
    Aber ich muss sagen, dass vieles, vieles bereits anders worden ist.
    Heute kann man über all diese Probleme ganz offen reden, ohne dass man angeklagt wird oder Angst haben muss, dass man als Rechtsextremist verschrien wird und so weiter.
    Ich zum Beispiel rede ganz offen, wenn es auch vielen nicht passt, von den Freiheitskämpfern der 60er-Jahre.
    Hätte ich das vor zehn Jahren gesagt, dann wäre ich wegen Staatsbeleidigung angeklagt worden.
    Heute sage ich das zu jedem Minister oder wenn ich heute zum Beispiel
    die traditionellen Waffen für die Schützen verlange, dann wäre das in den 70er-Jahren ja unmöglich gewesen.
    Man hätte mich ja verschrieben als Rechtsextremist.
    Heute kann man mit dem Minister und auch mit den Leuten hier ganz offen reden.
    Wir müssen sagen, dass wir besser sind, dass wir nicht Hergeloffene sind, die sie müssen haben kultivieren, nicht durch Siegesdenkmal, sondern dass wir eigentlich hier schon eine Tradition und Geschichte gehabt haben, bevor sie da hergekommen sind.
    Es gibt in den Augen vieler Südtiroler, vor allem derjenigen, die die Vorzüge der Autonomie schätzen gelernt haben, so den Eindruck, dass die EU Vorzüge, ich sage jetzt im Bereich der Landwirtschaft, im Bereich der Industrie, Stichwort Subventionierungen, dass die EU Rechte, die man sich erkämpft hat gegenüber Rom,
    dass Brüssel diese Rechte beginnen wird, langsam wieder einzuschränken.
    Verstehen Sie diese Befürchtungen Ihrer Bevölkerung?
    Ja, sehr wohl, weil es auch meine Befürchtungen sind.
    Es ist natürlich klar, dass die Entwicklung in Europa dahin geht, dass die einzelnen Staaten Kompetenzen abgeben müssen nach Brüssel und dass Brüssel immer mehr Bedeutung und die einzelnen Hauptstädte bzw.
    Länder immer weniger Bedeutung im wirtschaftlichen Bereich bekommen.
    Und so ist es auch mit den Minderheiten.
    Bisher haben die einzelnen Staaten Schutzklauseln gehabt für den Schutz dieser Minderheiten.
    Diese Schutzklausel greifen aber jetzt nicht mehr überall.
    weil eben gewisse Kompetenzen vom Staat an Brüssel abgegeben worden sind und deswegen irgendwie nicht mehr vereinbar sind mit den Rahmenbedingungen in Brüssel.
    Und deswegen sage ich immer, wir müssen versuchen, nicht nur wir allein, sondern alle Minderheiten,
    dass auch Brüssel eine Schutzbestimmung für die Minderheiten in Europa erlässt.
    Wir haben hier 62 Minderheiten in Europa, die geschützt werden müssen und die zum Teil Schutzklausel haben, die heute nicht mehr vollwirksam sind.
    Und aus dem Grund verlangen wir als erstes, und auch das möchten wir unserer Bevölkerung immer wieder sagen, dass
    Brüssel eine Schutzklausel für die Minderheiten erlassen muss.
    Und das ist das Zweite, dass auch im wirtschaftlichen und auch im sozialen Bereich einiges gegen uns spricht, was Brüssel macht.
    Und ich verlange von Brüssel nicht, dass sie uns besser behandelt wie andere Gebiete.
    Ich sage nur, Sie müssen uns den notwendigen Freiraum lassen, damit die von Natur aus gegebenen Nachteile oder aufgrund des Sozialgefüges gegebenen Nachteile irgendwie ausgleichen können.
    Wenn heute ein Bergbauer im Fundus, wenn der auf 1500 Meter Meereshöhe
    eine kürzere Vegetationszeit hat, wie der Bauer in der Boebene.
    Wenn er steile Flächen hat, teurere Mechanisierung, teurere Produktionskosten, weiter entfernt vom Markt, wenn ich diese Nachteile nicht durch Sondermaßnahmen, Ausgleichszahlungen, Transportkostenbeiträge ausgleichen kann, dann wird er nie produzieren können, wie der Bauer in der Boebene.
    Und das verlangen wir von Brüssel.
    Also nicht Bevorzugung unseres Gebietes, sondern nur die Möglichkeit, selbst wenn wir es mit eigenem Geld tun,
    die Möglichkeit, dass wir eben diesen Ausgleich finden können, die von Natur aus gegebenen Nachteile ausgleichen.
    Und um das kämpfen wir.
    Silvius Maniago war 28 Jahre lang Landeshauptmann.
    Sie haben ungefähr jetzt ein Drittel dieser Amtszeit hinter sich.
    Was haben Sie sich denn für ein persönliches Ziel gesteckt?
    Ich bin jetzt 25 Jahre in der Landesregierung, beziehungsweise in der Regierung, fünf Jahre in der Regionalregierung und 20 Jahre in der Landesregierung.
    Ich bin erst seit zehn Jahren Landeshauptmann und ich möchte auch nicht 28 Jahre Landeshauptmann bleiben.
    Am Ende dieser Amtsperiode habe ich dann 30 Jahre in der Landesregierung oder in der Regierung gearbeitet.
    Fünf Jahre war ich zusätzlich noch Bürgermeister.
    Ich glaube, man hat dann genug.
    Und die Leute wollen einfach ein anderes Gesicht einmal sehen und wollen auch wieder einmal eine andere Formulierung gewisser Sätze, weil wir immer wieder in den gleichen Fehler verfallen, dass wir glauben,
    Wenn wir irgendeinen Witz haben oder Pointe haben, das ist immer interessant, das ist einmal interessant, das zweite Mal akzeptiert man es noch, das dritte Mal ist es lästig und das vierte Mal sagen es die Leute schon im Vorhinein, jetzt kommt das nicht.
    Und deswegen bin ich der Meinung, dass ein Wechsel auch in der Politik sein sollte, weil wir dürfen uns nicht einbilden, dass immer nur unsere Ideen die guten sind.
    Und deswegen soll ein Wechsel stattfinden.
    Ich möchte also nach meiner Auffassung das nächste Mal nicht mehr antreten.
    Das ist natürlich in der Politik, soll man nie nie sagen, weil man weiß nicht, was sich ändert.
    Und dann möchte ich mich zurückziehen, ein bisschen im Volontariat der ehrenamtlichen Organisationen, ein bisschen mitarbeiten, damit man etwas zu tun hat.
    Und möchte natürlich ein bisschen einiges umsetzen, was von wovon ich jetzt bisher nur geträumt habe, vor allem ein bisschen reisen.
    ein bisschen meinen Hobbys nachgehen, ganz gleich, ob es die Jagd ist oder die Gärtnerei ist.
    Das heißt also, ich möchte praktisch dann Privatmensch spielen und dann halt in den ein und anderen Organisationen noch ehrenamtlich ein bisschen mitarbeiten.
    Das ist mein Ziel.
    Ob natürlich mein Wunsch dann in Erfüllung geht, das weiß ich noch nicht.
    Aber ich werde immer ein politisch interessierter Mensch bleiben.
    Aber Sie haben ja einen eisernen Willen.
    Ich meine, auch der Wille wird mit der Zeit ein bisschen rostig.
    Wir wissen ja, der Eisen, wenn es allzu lange dauert, dann fangen sie an ein bisschen rostig zu werden und gebrechlich zu werden und so weiter.
    Und so ist es halt auch mit meinem Willen.
    Heute ist er noch frisch und der Eisen, wie lange er so weitergehen will und wann er ein bisschen Rost ansetzt, das weiß ich nicht.
    Ich habe mich jetzt lassen untersuchen und ich darf noch eines vorwegnehmen, jedenfalls die Arterien, die in den Kopf hinaufführen, die sind noch ohne irgendwelche Ablagerungen.
    Das hat man gehört.
    Ich danke Ihnen für das Gespräch.
    Danke auch Ihnen.
    Der Südtiroler Landeshauptmann Louis Durenwalder war heute bei Michael Kerbler im Journal zu Gast.
    Die Vorbereitungen für den Prozess gegen Franz Fuchs, den mutmaßlichen Briefbombenbauer, laufen auf Hochtouren.
    Der Gerichtsakt umfasst an die 100.000 Seiten.
    Darin enthalten Vernehmungsprotokolle, psychiatrische Gutachten sowie Ermittlungsergebnisse.
    Die Zeitschrift Profil bringt in seiner neuesten Ausgabe Auszüge aus dem Akt und daraus geht hervor, dass Fuchs, wie oftmals spekuliert, tatsächlich ein hochintelligenter Mann ist, der aufgrund seiner Lebensumstände fanatische Ideen entwickelte und offenbar auch umsetzte, Hannes Eigelsreiter berichtet.
    Vierfacher Mord, Mordversuch in zwei Fällen sowie schwere Körperverletzung.
    So lautet die Anklageschrift gegen Franz Fuchs.
    Sie ist seit Oktober rechtskräftig.
    Waren bislang im Fall Fuchs vielfach auf Spekulationen angewiesen, so listet der nun vorliegende Gerichtsakt Fakten auf.
    Laut Profil machen etwa die psychiatrischen Gutachten die innere Entwicklung von Franz Fuchs vom Biedermann zum blitzgefährlichen Brandstifter nachvollziehbar.
    Und tatsächlich lässt sich aus den Unterlagen herauslesen, dass es sich bei der Persönlichkeit des 49-jährigen Einzelgängers aus dem starischen Kraller um einen hochintelligenten Menschen handelt, mit fanatischen Ideen, ausländerfeindlich und verschrobenen politischen Ansichten.
    Laut Profil kommt etwa der Psychiater Reinhard Haller zum Schluss, Zitat,
    dass Franz Fuchs 1993 das Bild eines sozial isoliert lebenden, beruflich unerfüllten, hochintelligenten Menschen mit einer kombinierten Persönlichkeitsstörung gezeigt hat, welcher über ein hohes Maß an destruktiver Energie verfügte und durch die Reaktivierung alter Kränkungserlebnisse eine letztendlich fanatische Idee herangebildet hat.
    Die Staatsanwaltschaft geht schon längst davon aus, dass die Beweise erdrückend seien und für Schuldsprüche reichen würden.
    Die Verteidigung wiederum kritisiert, dass von einem Einzeltäter keine Rede sein könne, dies sei nur von den Ermittlern so dargestellt worden.
    Der Prozess gegen den mutmaßlichen Briefbomber Franz Fuchs soll Anfang nächsten Jahres im Landesgericht Graz stattfinden.
    Wir warten in diesem Mittagsschanal noch auf einen Bericht von einer Pressekonferenz von Palästinenser Präsident Arafat.
    Er ist unterwegs zum EU-Gipfel nach Börtschach und macht zurzeit Station in Wien bei Außenminister Schüssel.
    Wie gesagt, auf diesen Bericht warten wir noch und ziehen deshalb den Kulturbericht vor.
    In Wien macht dieser Tage ein internationales Großprojektstation, das sich Ars Evi nennt, zu Deutsch die Kunst der Zeit.
    Renommierte europäische Museen bauen eine große Kunstsammlung für ein geplantes zeitgenössisches Museum in Sarajevo auf.
    Bisher fanden sogenannte Schenkungsausstellungen in Mailand, Jubiläana,
    in Prato und bei der Biennale in Venedig statt.
    Jetzt ist als fünfte Station das Museum moderner Kunst in Wien an der Reihe.
    Dort wird am Nationalfeiertag die Ausstellung Sarajevo 2000 eröffnet.
    Dorothee Frank stellt das Projekt vor.
    Das Projekt Ars Evi ist eine weltweite, prestigereiche, von langer Hand vorbereitete Aktion.
    Und zwar nach dem Prinzip, berühmte Künstler und wichtige Privatsammler spenden Arbeiten für ein zeitgenössisches Museum in Sarajevo.
    Die Liste der bisher 100 teilnehmenden Künstler liest sich wie ein Register der Weltprominenz.
    Bill Viola, Michelangelo Pistoletto, Rosemarie Trockel, Nan Goldin, Franz West, Günter Bruss, Christian Woltanski, Laurence Weiner, Marina Abramovic – sie alle machen mit.
    In Sarajevo selbst wird das großzügige Projekt aber auch nicht auf eine kulturelle Wüste treffen.
    Ganz im Gegenteil, wie Laurent Hégé vom Wiener Museum moderner Kunst betont.
    In Sarajevo ist es unglaublich, dass die Kunst sehr viel geholfen hat, eine Moral während des Krieges im Leben zu halten.
    Sehr viele Künstler haben gesagt, wir haben wirklich mit der Kunst überlebt.
    Es gab Filmfestivals, es gab Ausstellungen in der Stadt während des Krieges.
    Laurent Hedy hat für seine Ausstellung Sarajevo 2000 auch etliche Künstler aus Sarajevo ausgewählt.
    Es gibt eine unglaublich interessante junge Kunstszene.
    Diese junge Generation erlebte den Krieg in der Stadt.
    Und das ist natürlich ein unglaubliches, natürlich negatives Erlebnis.
    Diese Künstlergeneration ist irgendwie während dieser drei Jahre reifer geworden als die anderen ähnlichen jungen Künstler überall in der Welt.
    Der Initiator und Leiter des gesamten Projektes heißt Enver Haciomir Spahic und war Kurator der einstigen Biennale von Sarajevo, die als eine Art jugoslawische documenta galt.
    Dort, wo früher diese Biennale stattfand, nämlich im Olympischen Zentrum Skenderija, dort soll nächsten Juni die Sammlung des Zeitgenössischen Museums für Sarajevo erstmals gesammelt, ausgestellt werden.
    Für das endgültige Museum soll dann aber etwas ganz Neues gebaut werden.
    Allerdings nicht ein zentraler Museumsbau, denn so ein Architekturmonument hat für potenzielle Besucher manchmal auch etwas Abschreckendes an sich, wie er meint.
    Deshalb sollen im Zentrum der Stadt insgesamt zehn Pavillons errichtet werden, sodass ein Museumsparcours entsteht.
    Zehn weltberühmte Architekten werden für die Planung der zehn Pavillons eingeladen und so soll Sarajevo zu einem Schaufenster der neuen Architektur werden.
    In den Pavillons wird aber auch Platz für kommerzielle Nutzer sein, so kann das zukünftige Museum einen Teil seines Betriebes selbst finanzieren.
    Andererseits bekommt jeder Pavillon zusätzlich sein eigenes Profil als Zentrum für zeitgenössische Musik, zeitgenössisches Design und so weiter.
    Die Ausstellung Sarajevo 2000 wird im Museum moderner Kunst im Palais Lichtenstein am Montagabend eröffnet.
    Bereits am Nachmittag gibt es eine Podiumsdiskussion über Perspektiven eines neuen Museums in Sarajevo.
    Und jetzt wie angekündigt noch einmal zum gestern Nacht erfolgreich beendeten Nahostgipfel in den USA und damit im Zusammenhang noch einmal zum EU-Gipfel in Börtschach.
    Dort hin unterwegs ist nämlich Palästinenser Präsident Yassir Arafat.
    Er will die Staats- und Regierungschefs der Union aus erster Hand über die Gipfelergebnisse nahe Washington informieren.
    Zuvor hat aber Arafat heute Mittag in Wien bei Außenminister Schüßl Station gemacht und er gab vor wenigen Minuten eine Pressekonferenz, von der sich nun mein Kollege Christian Lieninger direkt meldet.
    Noch sichtlich erschöpft von den Marathon-Verhandlungen in Y-Plantation zieht Palästinenser Präsident Arafat ein kurzes Resümee.
    Es waren zehn harte Tage, aber auch zehn Tage, die sich gelohnt haben.
    Arafat gibt sich optimistisch, dass das Abkommen nun auch umgesetzt werde.
    Auf das angeblich immer wieder schlechte Klima während der Verhandlungen mit Israels Präsidenten Netanyahu will Arafat nicht näher eingehen.
    Er wurde jetzt mein Partner.
    Er ist jetzt mein Partner, so wie früher mein alter Partner Rabin und mein zweiter Partner Shimon Peres.
    Jetzt haben wir Netanyahu als neuen Partner für den Friedensprozess.
    Auf den für die Israelis wichtigsten Punkt, ob auch die radikale Hamas nun von Anschlägen gegen Israel absehen wird, meint auch Arafat nur.
    Ich weiß es nicht.
    Ich weiß nicht, ob sie das Abkommen akzeptieren oder nicht, aber ich bin sicher, dass die Mehrheit der Palästinenser den Friedensprozess von Anfang an akzeptiert haben.
    EU-Ratspräsident Schüsser sagt, das Wichtigste sei nun, dass Europa eine Spendenkonferenz organisiert zur Unterstützung, zur wirtschaftlichen Unterstützung des Friedensprozesses.
    Und damit zurück ins Funkhaus.
    Danke Christian Lieninger für diesen Direktbericht von der Pressekonferenz Jassir Arafat in Wien.
    Wie gesagt, am Nachmittag wieder dann nach Pörtschach weiterreisen.
    Wir reisen jetzt noch einmal ganz kurz ins Nachrichtenstudio.
    Österreich.
    Beim Absturz eines Flugzeugs vom Typ Piper in der Südoststeiermark sind heute alle vier Insassen ums Leben gekommen.
    Die Maschine gehörte der steirischen Motorflugunion.
    Sie war bei einem Rundflug offensichtlich in dichten Nebel geraten.
    Nähere Angaben sind derzeit nicht bekannt.
    Europäische Union in Pörtschach in Kärnten beginnt heute ein zweitägiges Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs.
    Die Diskussionen werden sich voraussichtlich auf Fragen der Wirtschafts-, Finanz- und Beschäftigungspolitik konzentrieren.
    Konkrete Beschlüsse werden nicht erwartet.
    Vor Beginn des Sondergipfeltreffens sind die Regierungschefs und Parteiführer der sozialdemokratischen Parteien Europas am Wörthersee zusammengekommen.
    In elf der 15 EU-Staaten sind sozialdemokratisch geführte Regierungen an der Macht.
    Erstmals soll auch der künftige deutsche Bundeskanzler Schröder an den Beratungen teilnehmen.
    Am Nachmittag wird Palästinenser Präsident Arafat, wie berichtet, in Peratschach erwartet.
    Derzeit informiert er EU-Ratspräsident Schüssel über das gestern in Washington geschlossene Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern.
    Das Wetter immer wieder Wolken, stellenweise etwas Regen, länger sonnig nur im Westen, Höchsttemperaturen zwischen 12 und 17 Grad, morgen meist bewölkt, zeitweise Regen, kräftiger Wind bei ähnlichen Temperaturen wie heute.
    Das war das Mittagschanal am Samstag, Sendungsregie Astrid Blank, Tonmeister war Toni Benedikt und ihre Sendungsbegleiterin Christel Reis noch einen schönen Nachmittag.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Mitwirkende: Wostal, Thomas [Gestaltung]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Klima und Wetter ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    EU-Gipfel Pörtschach: Moderationsgespräch
    Mitwirkende: Schmidt, Günter [Gestaltung]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; EU ; Konferenz ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Bundesland / Kärnten
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Haider zu EU-Gipfel Pörtschach
    Mitwirkende: Simbürger, Franz [Gestaltung] , Haider, Jörg [Interviewte/r]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; EU ; Konferenz ; Parteien / FPÖ ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Bundesland / Kärnten
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    Inhalt: Nachrichten
    Grünen Kongress Bregenz: Referat van der Bellen
    Mitwirkende: Poschner, Helma [Gestaltung] , Van der Bellen, Alexander [Interviewte/r]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Parteien / Grüne ; Konferenz ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Bundesland / Vorarlberg
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Dialogkonferenz in Salzburg
    Mitwirkende: Schwabeneder, Mathilde [Gestaltung] , Weber, Johann [Interviewte/r]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; römisch - katholische Kirche ; Konferenz ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Bundesland / Salzburg
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    Inhalt: Nachrichten
    Clinton zieht in den Wahlkampf
    Mitwirkende: Freund, Eugen [Gestaltung] , Netanjahu, Benjamin [Interviewte/r]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Wahlen ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; USA - Vereinigte Staaten von Amerika
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vorkehrungen für den Besuch des kranken Jelzin in Wien
    Mitwirkende: Kernmayer, Ernst [Gestaltung]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Außenpolitik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Russland ; Bundesland / Wien
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Luis Durnwalder
    Mitwirkende: Kerbler, Michael [Gestaltung] , Durnwalder, Luis
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Porträt ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Italien
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Fuchs Anklage im Detail
    Mitwirkende: Aigelsreiter, Hannes [Gestaltung]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Justiz und Rechtswesen ; Terror ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Lorand Hegy zeigt im Museum Moderner Kunst Sarajewo 2000
    Mitwirkende: Frank, Dorothee [Gestaltung]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Kultur ; Kulturveranstaltung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Bundesland / Wien
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Arafat in Wien auf dem Weg zum EU-Gipfel in Pörtschach
    Mitwirkende: Lininger, Christian [Gestaltung]
    Datum: 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; EU ; Konferenz ; Außenpolitik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Bundesland / Wien
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1998.10.24
    Spieldauer 00:55:50
    Mitwirkende ORF [Produzent]
    Datum 1998.10.24 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Rechte Mit freundlicher Genehmigung: ORF
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-981024_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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