Vom Sehen und Denken - Das Österreichische Filmmuseum

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Dieses Medium ist Teil des Gesamtwerks kultur.montag

Katalogzettel

Titel Vom Sehen und Denken - Das Österreichische Filmmuseum
Titelzusatz Kulturmontag Dokumentation
Spieldauer
Urheber/innen und Mitwirkende Stadler, Clarissa [Moderation] [GND]
Thalberg, Beate [Regie]
ORF 2 [Sendeanstalt]
Datum 2014.11.03 [Sendedatum]
Schlagworte Kultur ; Dokumentation ; TV-Mitschnitt
Typ video
Format DVD [DVD]
Sprache Deutsch
Signatur 12-10704_03
Medienart DVD
Gesamtwerk/Reihe kultur.montag

Information

Inhalt

Mainstream- und Avantgardefilm, Autorenkino und Hollywood, Dokumentar-, Werbe- und Lehrfilme werden im Österreichischen Filmmuseum gleichermaßen gewürdigt. Die subversiv gegründete Cinématèque in Wien, die eigentlich gar kein Museum ist, hat in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag.

Regisseurin Beate Thalberg feiert mit und lässt in ihrem Film das Sinnliche, Intellektuelle, Materielle und Geschichtliche des Films hochleben.

Das Filmmuseum war und ist eine "Schule des Sehens", auch für Generationen von österreichischen RegisseurInnen, bekennen Michael Haneke, Ruth Beckermann, Karl Markovics, Peter Tscherkassky und Ulrich Seidl in der Dokumentation.

Was ist Film? Diese Frage zieht sich durch die knapp 45 Minuten aufregende Einblicke in die revoltenartige Gründung des Hauses, in die Schatzkiste des Bestandes und in eine kaum wahrgenommene Kulturrevolution: das Verschwinden des Materials Film durch die Digitalisierung.

"Film ist schwer", konstatiert der Archivleiter des Filmmuseums, Paolo Caneppele. Schließlich wiege ein abendfüllender Spielfilm 22 Kilo. Film ist ein "Porträt des Gesehenen", erklärt Museumsgründer Peter Kubelka anschaulich in einer vergnüglichen Vorführung an einem Vergleich zwischen Unterarm und Löffel.

Dass Film und die Gründung des Filmmuseums auch eine Menge mit Bürokratie zu tun haben, wird in ausgegrabenen Schätzen aus dem ORF-Archiv gezeigt. Kurz bevor das Publikum schon in den ersten Wochen nach der Gründung das anspruchsvolle Kino stürmt und Besucher abgewiesen werden müssen, konstatiert die Genehmigungsbehörde: "Maximal 150 Menschen in Wien" würden sich für so etwas interessieren.

Die "k.u.k."-Gründer Peter Konlechner und Peter Kubleka, letzterer selbst ein international gefeierter Avantgarde-Filmer, standen in den ersten Jahren "ständig mit einem Fuß im Kriminal", weil sie Filme für Retrospektiven stets auf Pump erwarben.
"Die Leute haben ja kaum gewusst, was das ist, ein Filmmuseum. Denn man wollte, dass wir so etwas wie den Zahnstocher von Marylin Monroe ausstellen, golden gerahmt", erzählt Konlechner. Tatsächlich entstand hier so etwas wie eine manifestierte politische Haltung, die Randzonen der Aufmerksamkeit in die Mitte rückt.

Bildungsbürger und Friseurlehrling, Studentin und Beamter, sie alle treffen einander im Filmmuseum. Seit einem halben Jahrhundert. Im besten Fall ist Film: Mut und Freigeist. Das Filmmuseum ist von Beginn an um Unabhängigkeit bemüht. Schon seine Rechtsform als Verein soll das garantieren.

Neben der Vermittlung außergewöhnlicher Filmkunst im Original, also nicht digitalisiert und ohne Untertitel, hat das Österreichische Filmmuseum einen beachtlichen Schatz zusammengetragen. 25 000 Spielfilme, 6000 Rollen Amateurfilm-Material und unzählige Dokumente – vom acht Kilo schweren Privattagebuch der Entstehung der Sissi-Filme durch Ernst Marischka bis zum Vorlass von Michael Haneke. "In einer Zeit, in der die cinematographische Schule das Fernsehen ist, ist es dringend notwendig, dass es Gegenmodelle gibt. Wir verlernen ja sonst das Schauen", konstatiert der Regisseur.

Archiv der Blicke, Speicher der Gesten, Liebesglück im Abstellraum – auch das ist Film, erlebt man in der Dokumentation, wenn die Kamera durch unendliche Lagergänge fährt und Wortfetzen, Schluchzen oder Lachen aus 100 Jahren Filmkunst die Stille durchbrechen.

Kaum etwas veranschaulicht das Unheimliche des Films so sehr wie die über Jahrzehnte gesammelten Stummfilm-Kader der einstigen Archivarin des Filmmuseums, Edith Schlemmer. Niemand hatte sie dazu aufgefordert, ein derartiges Sammel-Genre gab es nicht. So zeigt sich, wie das Filmmuseum stets arbeitete: Man schaut hier gern über die 35-Millimeter-Perforation hinaus.

Das Österreichische Filmmuseum ist ein Ort der Praxis, ein Ort der Flucht, eine künstlerische Bewegung, eine politische Haltung – für jede und jeden ist es etwas anderes. Aus dem Kulturleben des Landes ist es in jedem Fall nicht mehr wegzudenken.
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